NAT 52-56 Flechten
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NAT 52-56 Flechten
Chrüteregge Prachtflechte (Xanthoria elegans) Flechten sind Doppelwesen von Pilz und Alge, die sich in reicher Zahl auf Bäumen, Steinen, Dächern, Mauern und Zäunen verbreiten. Flechten werden auch als Bioindikatoren bezeichnet – als Gradmesser für saubere oder verschmutzte Luft. Ihre Inhaltsstoffe sind gesundheitsfördernd und werden zu natürlichen Heilmitteln für Mensch und Tier verarbeitet, insbesondere das Isländische Moos, die Lungen- und die Bartflechte. Von Bruno Vonarburg (Text und Fotos) 52 Natürlich/Chrüteregge Nr.1-2003 Rund 20 000 Flechtenarten sollen auf der Erde existieren; bis 2000 Spezies sind in der Schweiz bekannt. Carl von Linné, der Taufvater der Pflanzen, nannte die Flechten «rustici pauperine», was so viel bedeutet wie «armseligster Pöbel». Der Pflanzengelehrte schenkte den blütenlosen Gebilden von runzeliger Gestalt, denen er in reicher Zahl auf seiner Lapplandreise von 1773 begegnete, keine grosse Beachtung. Im alten Brauchtum dagegen galten die Flechten keineswegs als belanglos. Im hohen Norden verarbeitete man sie zu Pulver und benutzte sie als Mehlersatz mit reichem Nährstoffgehalt. Sibirische Bewohner pflegten ein bierähnliches Getränk aus Flechten herzustellen. Das Gebräu wurde auch vergoren und zu hochprozentigem Flechtenschnaps destilliert. In Skandinavien dienen die pflanzlichen Gebilde als Nahrung für Rentiere und Karibus, die den eiskalten Polarwinter ohne die zahlreichen Rentierflechten (Cladonia rangiferina) nicht überstehen könnten – um so mehr als eine Flechtenmahlzeit aufgrund der antibiotischen Stoffe vor Erkältungen schützt. Allerdings sind seit der Tschernobyl-Reaktorkatastrophe viele nordeuropäische Flechtenarten mit radioaktiven Isotopen angereichert, wodurch zahlreiche Rentiere verseucht wurden und notgeschlachtet werden mussten. Bei uns wird die Cladonia rangifera aus skandinavischen Ländern importiert und an Allerheiligen als Grabschmuck verwendet. Ob diese eingeführte Ware radioaktiv belastet ist, wurde noch nie kontrolliert. Vom Wolfsköder zum Färbemittel Als in unseren einheimischen Wäldern noch Wölfe hausten, versuchte man die Tiere mit Hilfe von Ködern zu vergiften. Hierzu verwendete man die äusserst giftige, olivgrüne Wolfsflechte (Letharia vulpina), die hier und dort an der Rinde von Lärchenbäumen zu finden ist. Man vermischte sie mit Schweinefett und Blut zu einem Klumpen und legte sie auf den Waldboden. Die toxische Vulpinsäure aus Letharia vulpina sorgte für die Dezimierung der Wolfsbestände. Es gibt aber nicht nur giftige, sondern auch wohlduftende Flechten, wie z. B. das Eichenmoos (Evernia prunasti) und das Baummoos (Pseudevernia furfuracea). Ihre ätherischen Öle werden in der Parfümherstellung verwendet. Die alten Ägypter mumifizierten damit die Toten. Auch als Farbstofflieferanten besassen die Flechten früher grosse Bedeutung, bis sie durch die Anilinfarben verdrängt wurden. Einzig Orseille wird von Kennern noch gebraucht, ein aus Rocella- und Lecanora-Arten extrahiertes Kolorierungsmittel, das insbesondere Woll- und Seidenstoffe purpur, blau, gelb und braun färbt. Vom Chemieunterricht her ist uns vielleicht der Indikator-Farbstoff Lackmus bekannt, der sich bei alkalischem Milieu blau und bei saurem rot verfärbt. Dieses Color wird von der Flechte Rocella tinctoria gewonnen. Nr.1-2003 Innige Partner Flechten wurden erstmals durch den griechischen Naturphilosophen Theophrastus von Eresos beschrieben, der sie auf Olivenbäumen entdeckte und die eigenartigen Gebilde als «leiken = Baummoos» betitelte. Heutige Flechtenforscher (Lichenologen) bezeichnen sie als sogenannte «Lichenes». Was bei blosser Betrachtung wie eine einzige Pflanze aussieht, ist in Wirklichkeit ein Doppelwesen, d. h. eine Partnerschaft von Pilz und Alge. Diese Erkenntnis verdanken wir dem Schweizer Botaniker Simon Schwendener, der das Bauprinzip des Flechtenorganismus 1869 im richtigen Sinne entdeckte. Bis dahin waren die Flechten als Sonderformen der Moose oder Algen betrachtet worden. Flechten sind also eine Lebensgemeinschaft von Pilz und Alge, die sich zum gegenseitigen Nutzen zusammentun. Der Pilz (Mycobiont) bestimmt das Aussehen der Flechte, indem er ihre Architektur bildet. Dabei handelt es sich um niedere Pilze, nicht wie Eierschwamm, Steinpilz oder Champignon, sondern um mittelgrosse Schlauchpilze. Ihre häufig schüsselförmigen Fruchtkörper bestehen aus fadigen Strukturen, den sogenannten Hyphen. Diese umspinnen die Algen, bilden ein dichtes Netzwerk und können sogar in die Algenwände eindringen. Betrachtet man die Flechte unter dem Mikroskop, sieht man ein verfilztes Dickicht von Fäden – dies ist der Pilz – mit darin eingestreuten kleinen kugeligen Zellen – den Blau- oder Grünalgen. Wie funktioniert diese Zweckgemeinschaft? Als Photosymbionten der Flechte sind die Algen zuständig für die Bildung von Assimilaten: Sie führen den Pilzen Nährstoffe zu, denn nur sie können mit Hilfe des Sonnenlichts den lebensnotwendigen Zucker aufbauen. Die Pilze dagegen versorgen die Algen mit Feuchtigkeit und Mineralien. Flechten können sich geschlechtlich (generativ) und ungeschlechtlich (vegetativ) fortpflanzen. Bei der vegetativen Vermehrung lösen sich bei trockenem Wetter kleine Bruchstücke vom Thallus ab, wobei Gewebeteile mit Algen und Pilzfäden austreiben. Die so entstandenen Körner (Soredien) fallen ab, werden von Wind und Wasser fortgetragen und bilden an einer anderen Stelle neue Flechten. Bei der generativen Vermehrung bildet der Pilz Sporen aus, die Dient Rentieren als Kraftnahrung: Rentierflechte der Wind verbreitet. Treffen diese Sporen auf eine passende Alge, entsteht eine neue Flechte. 1 Als Köder ein Gift gegen Wölfe: Wolfsflechte 2 Wächst nur 0,6 mm im Jahr: Landkartenflechte 1 Eine Welt voller Flechten Flechten kann man überall finden, selbst an Orten, wo keine andere Pflanze mehr Wurzeln schlagen kann. Ob an den Erdpolen, in den Tiefen der Meere, auf den Felsen höchster Berge oder in der Wüste: Die Flechten können sich an jeden Standort anpassen. Sie wachsen weltweit auf kalk- oder kieselhaltigen Gesteinen, auf Rinden, Mauern, Baumblättern, Dächern, ja sogar auf Glasscheiben. Sie überziehen Denkmäler, Grabsteine, Holz- und Metallkonstruktionen. Die Überlebenskünstler überstehen arktische Kälte, tropische Hitze und hochgradige Trockenheit. Bei Extremtemperaturen produzieren sie spezielle Säuren, die ihnen als Frost- oder Hitzeschutz dienen. An exponierten Stellen können sich die Doppelwesen bei Temperaturen von minus 50 °C bis plus 100 °C behaupten. Auch monatelange Trockenheit führt ihnen keinen Schaden zu. Einige Tropfen Wasser genügen, um den Flechtenstoffwechsel nach langer Durststrecke wieder auf Touren zu bringen. Dabei ist es erstaunlich, dass die Pilz- und Algenzwillinge den Wasserhaushalt selbst regulieren können. Bei extremer Dürre werden sie starr, um wieder völlig biegsam und elastisch zu werden, sobald genügend Luftfeuchtigkeit entsteht. Ausserdem wachsen Flechten langsam. Sie sind genügsam und haben Zeit. Zum Beispiel vergrössert sich die Landkartenflechte (Rhizocarpon geographicum), die kalkreiche Felsen mit gelbschwarzen Flecken überzieht, um 0,6 mm pro Jahr. Laub- und Strauchflechten schaffen 3 bis 10 mm im Jahr. Die schnellste ist die Bartflechte; sie verlängert sich jährlich um 2 cm. Vielfältig sind auch die Formen der Flechten: blättrig, fadig, bärtig, gestielt, geweihartig, korallig, verzweigt, trompeten- oder schüsselförmig. Unter dem Mikroskop präsentieren sie ein wahres Wunderwerk der bunten Farben: weisslich, grünlich, orange, braun, neonfarbig, rötlich, grau und schwarz. Um sie alle artgetreu differenzieren zu können, müssen die Lichenologen häufig chemische Reagenzien zu Hilfe nehmen. Botanisch unterscheidet man 5 Hauptgruppen von Flechtenarten: – Krustenflechten: dünne Krusten, die einfache Überzüge auf Steinen und Holz bilden. – Blattflechten: blattartige Gebilde, sogenannte Loben, die auf der Erde gedeihen. – Nabelflechten: im Untergrund festgewachsene Flechten. – Strauchflechten: besitzen einen dünnem Thallus und erinnern an kleine Bäume oder Sträucher. – Bartflechten: hängen wie greises Haar von den Zweigen der Bäume herunter. Sensible Bioindikatoren Vor über 100 Jahren stellte der Lichenologe Nylander fest, dass sich die Verbreitung von Flechten in den Zentren grosser Städte stark reduzierte. Auch in den Industriegebieten war ein deutlicher Rückgang der Flechten zu registrieren. Wissenschaftler bewiesen, dass die zunehmende Luftverschmutzung durch Schwefeldioxyd, Ozon, Stickoxyde und Schwermetalle für die Verminderung der Flechten verantwortlich ist. Die pflanzlichen Doppelwesen sind nämlich imstande, die Luftfeuchtigkeit mit allen darin enthaltenen Substanzen direkt aufzunehmen. Dabei speichern sie weitaus mehr Schadstoffe als andere Pflanzen, vor allem Metallsalze, radioaktive Elemente, Fluor und Schwefeldioxyd. Das sensible Symbiosegleichgewicht von Pilz und Alge wird durch die schädlichen Umweltemissionen erheblich gestört. Die Flechten verfärben sich, sie hören auf zu keimen und zu wachsen, bis letztlich der ganze Thallus abstirbt. Vor allem die Laub- und Strauchflechten, so zum Beispiel die 2 Nr.1-2003 Lungenflechte, die Rentierflechte und die Bartflechte, verschwinden zuerst. Ihre Empfindlichkeit macht diese Flechten zu ausgezeichneten Messinstrumenten für den Grad der Luftverschmutzung. An ihrem Rückgang lässt sich erkennen, wie stark die Umwelt belastet ist. Vom Heilwert der Flechten Flechten beinhalten zahlreiche Substanzen, die für ihren Stoffwechsel von zentraler Bedeutung sind. Vor allem die Flechtensäuren (Depside, Depsidone und Usninsäure) haben wichtige Aufgaben zu erfüllen: Aufgrund ihrer antibiotischen Eigenschaften schützen sie die Pflanze vor Mikroorganismen und Insekten. Ausserdem sind sie in der Lage, Metallionen aus Gesteinsunterlagen herauszulösen, zu chelatisieren und dem Flechtenstoffwechsel zugänglich zu machen. Es gibt sogar Flechten, die den härtesten Fels (Quarz) in wasserlösliche Komplexe überführen können. Ganz besonders schätzt man die Flechten auch als Arzneipflanzen. Schon im alten Ägypten wurden sie als Heilmittel eingesetzt. Im Mittelalter stiegen ihre Anwendungsmöglichkeiten erheblich. Damals war man der Ansicht, dass Pflanzen, die bestimmten Körperteilen ähneln, auch für diese hilfreich seien. Aufgrund der Signaturenlehre empfahl man z. B. die fadenförmige Bartflechte als Haarwuchsmittel, die Lungenflechte gegen Lungenkrankheiten und die gelbe Flechte gegen Gelbsucht. Unter den zahlreichen Flechten werden noch heute 3 Arten als heilkundliche Spitzenreiter gerühmt: das Isländische Moos, die Lungen- und die Bartflechte. Isländisches Moos Der Gattungsname «Cetraria» stammt vom lateinischen «cetra = kleiner Lederschild» und bezieht sich auf die Gestalt des Fruchtkörpers. Der Beiname «islandica» weist darauf hin, dass die Pflanze häufig in 3 Island wächst. Der deutsche Name «Isländisches Moos» ist eine irreführende Bezeichnung, denn diese Strauchflechte ist nicht nur in Island, sondern in ganz Nord- und Mitteleuropa beheimatet. Auch die Bezeichnung «Moos» ist falsch und stammt aus der Zeit, als man botanisch noch nicht zwischen Moos und Flechte unterschied. In verschiedenen Gebieten des deutschen Sprachraums ist das Isländische Moos als Heideflechte, Fiebermoos, Hirschhornflechte, Purgiermoos, Felsenflechte oder Gastrauten bekannt. Das Isländische Moos gehört zur botanischen Familie der Strauchflechten (Parmeliaceae). Es wird etwa 10 cm hoch und hat eine sparrige, gabelige bis geweihartige Wuchsform. Die Pflanze riecht leicht nach Tang und hat einen herben, bitteren Geschmack. Die Flechte beinhaltet an wirksamen Substanzen bis zu 70% Schleimstoffe, bittere Cetrarsäure, Bitterstoffe, Lichenin, Flechtenstärke, Vitamin A, B12, Zucker, Usninsäure, Jod, Eisen, Kupfer, Lithium, Schwefel, Silizium und Zink mit kräftigenden, krampflösenden, hustenlindernden, reizmildernden, entzündungshemmenden und milchfördernden Eigenschaften. Klinische Untersuchungen zeigen, dass das inhaltliche Cetrarin die Vermehrung der roten und weissen Blutkörperchen anregt, weshalb die Verwendung der Pflanze bei Blutarmut empfohlen wird. Als Schleimdroge (Mucilaginosa) wirkt das Isländische Moos reizmildernd: Seine Schleimstoffe hüllen die entzündlichen Schleimhäute in Mund, Rachen, Luftwegen, Magen und Darm ein und beruhigen sie. Der Tee als Aufguss der getrockneten Flechtenkörper (Cetraria lichen) wird bei Erschöpfung, Blutarmut, Husten, Keuchhusten, Bronchitis, Bronchialasthma, Heiserkeit, Erkältung, Verschleimung der Luftwege, Lungenemphysem sowie bei anormalen Gärungsprozessen in Magen und Darm und bei Schwangerschaftserbrechen empfohlen. Gebrauchsanweisung: 1 TL voll getrocknetes Isländisches Moos wird in einer Tasse mit kochend heissem Wasser angebrüht. Dann lässt man 5 Minuten ziehen, filtriert ab und trinkt den Tee ungesüsst oder mit Honig versüsst dreimal täglich nach den Mahlzeiten. 3 Zählen zu den zähesten Lebewesen: Flechten, hier am Stamm einer Lärche 4 Heilmittel bei Husten: Isländisches Moos 4 Natürlich/Chrüteregge 55 Hängt silbrig von den Bäumen: Bartflechte Bartflechte In europäischen Gebirgswäldern stösst man da und dort – in der Schweiz im Engadin – auf alte Rottannenund Arvenbestände, sogenannte Märchenwälder, wo Rübezahl aus den Nebelschwaden auftauchen könnte. Von den Ästen der Bäume hängt ein dichtes, eisgraues oder grasgrünes Fadengewirr herunter, das unwillkürlich an Bärte von Gnomen erinnert. Diese Bärte, hinter denen die Stämme und Zweige nahezu verschwinden, hüllen die Baumgestalten in einen geheimnisvollen Schleier. Die stark verästelten, bis zu 1 m langen Gebilde sind die Lager von Bartflechten (Usnea barbata). Der Gattungsname «Usnea» wird vom griechischen «usnoides = moosähnlich» abgeleitet und charakterisiert die Pflanze als Flechte. «Barbata», der Beiname, ist lateinischen Ursprungs und bedeutet bärtig, womit die bärtigen Geflechte bezeichnet werden. Im Volksmund kennt man die Bartflechte auch als Baummoos oder Baumbart. In der Pflanzenheilkunde wird Usnea barbata als schleimlösendes und entzündungswidriges Mittel bei Bronchitis, Erkältung, Katarrh, Durchfall und Magenschwäche eingesetzt. In der Drogerie und Apotheke sind Usnea-Hustentropfen und -Hustenbonbons der Firma Bioforce erhältlich. Die in der Bartflechte vorkommende Usninsäure entfaltet gegenüber Erregern von Mund-, Rachen und Atemwegsinfektionen eine spezifische abwehrkräftigende Wirkung. Ihre antibiotischen Eigenschaften sind klinisch nachgewiesen. 56 Natürlich/Chrüteregge Lungenflechte Die Lungenflechte, die einen buchtig gelappten, handtellergrossen Thallus mit netzförmig eingedellter Oberfläche besitzt, steht ganz im Banne ihrer Signatur: ihr lungenförmiger Habitus weist auf die innewohnende Heilkraft bei Lungenerkrankungen hin. Inspiriert von diesem Erscheinungsbild verwendeten unsere Vorfahren Sticta pulmonaria bei entsprechenden Beschwerden der Luftwege und tauften die Pflanze «Lungenflechte». Selbst der botanische Artname «pulmonaria» aus dem lateinischen «pulmo = die Lunge», bringt sowohl die organspezifische Ähnlichkeit der Flechte als auch ihre Verwendbarkeit bei Krankheiten der Lunge zum Ausdruck. «Sticta», die Gattungsbezeichnung, lässt sich aus dem griechischen «stictos = gefleckt, punktiert» ableiten und charakterisiert den dunkel punktierten Flechtenkörper. Im Gegensatz zum Isländischen Moos bildet Sticta pulmonaria keine aufrechten, strauchartigen Polster, sondern tiefbauchige bis handtellergrosse Lappen. Diese weisen oberseits grubige Vertiefungen auf, deren Ränder insgesamt ein Adernetz bilden. Der Thallus ist grünlich, leder- oder rotbraun, während die Ränder und Netzleisten oft mit gelblich weissmehligen Häutchen besetzt sind. Die Unterseite ist hellbraun und in den Furchen schwarzfilzig gefärbt. Als Epiphyt (Pflanze, die bei selbständiger Ernährung auf anderen Pflanzen wächst) lebt die Lungenflechte auf verschiedenen Bäumen, meist an Buche und Ahorn. Allerdings ist sie infolge der zunehmenden Luftverschmutzung seltener geworden und in grossen Beständen nur noch in Gegenden mit staubfreier, reiner Luft im hohen Norden, in den Alpen und auf dem Balkan zu finden. In der früheren Volksheilkunde wurde die Lungenflechte wie das Isländische Moos bei Erkrankungen der Atmungsorgane eingesetzt. Sie besitzt ähnliche Wirkstoffe wie Cetraria islandica: Stictinsäure, Norstictinsäure, Arabit, Bitter- und Gerbstoffe. Die Pflanze ist heute hauptsächlich in der Homöopathie in Gebrauch und wird primär bei beginnenden Erkältungskrankheiten und allergischen Erkrankungen des Atemtraktes mit Schnupfen, Rachen- und Kehlkopfentzündung angewendet. Die Infekte sind gekennzeichnet durch trockenen Schnupfen mit ständiger Neigung, die Nase zu schneuzen, ohne dass Sekret herauskommt. Die Schleimhäute des oberen Atemtraktes sind äusserst trocken und schmerzhaft, wobei sich die rhinitischen Beschwerden, mit gelegentlicher Bildung von trockenen Borken in der Nase, zu den Bronchien hinunter verlagern und mit Bronchitis enden können. Dabei besteht ein krampfhafter Reizhusten, begleitet von Kopfschmerzen und Schmerzen im Brustkorb, d.h. vom Brustbein bis zur Wirbelsäule ausstrahlend. Der Reizhusten verstärkt sich besonders nachts und beim Hinlegen (beim Aufsitzen besser). Letztlich wird ein ständiger Druck an der Nasenwurzel empfunden. Nr.1-2003