Aufrufe im Internet zu Aktionen gegen Flüchtlingsheim

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Aufrufe im Internet zu Aktionen gegen Flüchtlingsheim
Aufrufe im Internet zu Aktionen gegen Flüchtlingsheim | Manuskript
Aufrufe im Internet zu Aktionen gegen Flüchtlingsheim
Bericht: Thomas Datt
Aufgeheizte Stimmung gestern Abend in Freital. Nicht alle erhalten Einlass zur
Bürgerversammlung zum Thema Asylbewerberheim. Im vollen Saal kochen zwei Stunden die
Emotionen hoch - Bild- und Tonaufnahmen sind nicht erlaubt.
Dabei ist spontan erstmals der sächsische Innenminister Ulbig angereist. Drinnen hören wir
später, wie er ausgebuht wird - hasserfüllte Wortmeldungen gegen Flüchtlinge und den
Staat dominieren.
Einwohner von Freital
Wir werden beschissen von vorne bis hinten. Das könnt Ihr filmen.
Vor zwei Wochen wurde das ehemalige Hotel „Leonardo“ in der Stadt vor den Toren
Dresdens kurzfristig zur Erstaufnahme-Einrichtung für Flüchtlinge gemacht. Die Folge:
Tagelang belagerten ausländerfeindliche Bürger das Heim.
Asylgegner vor Heim in Freital
Vorrufer: Kriminelle Ausländer?
Demonstranten: Raus.
Vorrufer: Und der Rest?
Demonstranten: Raus.
Vorrufer: Und die Antifa?
Demonstranten: Raus.
Hooligans und Neonazis aus der Region waren als Verstärkung willkommen.
Hooligans und Neonazis
Antifa, Antifa, Hurensöhne.
Eine Eskalation mit Ansage. Seit Monaten wird in Freital gegen Flüchtlinge gehetzt. Rückblick
auf eine Kette aus Hass, Ignoranz und Versagen.
Februar 2015
Es begann im Februar, als bekannt wird, dass das Hotel „Leonardo“ Asylbewerberheim
werden soll. Davon fühlen sich Anwohner wie Mario Wagner überrumpelt. Er schreibt eine
Petition, sammelt fast 2.000 Unterschriften:
Hinweis: Dieses Manuskript ist urheberrechtlich geschützt und darf nur für den privaten Gebrauch des Empfängers
verwendet werden. Jede Verwertung ohne Zustimmung des Urheberberechtigten ist unzulässig.
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Mario Wagner
Die Forderung war: Keine zentrale Massenunterbringung von Asylbewerbern im LeonardoHotel. Und dazu waren auch Gründe gesagt von mir. Und zwar. Es liegt keine Bau- und
Nutzungsänderung vor. Und es besteht kein Sicherheitskonzept.
Mario Wagner gründet mit anderen die Bürgerinitiative „Nein zum Hotelheim“, die auf
Facebook Stimmung macht. Und meldet Demonstrationen an.
März 2015
Kurz nach Einzug der ersten Asylbewerber gehen 1.500 Freitaler und Auswärtige auf die
Straße. An dieser Kreuzung eskaliert die Situation. Hooligans wollen in Richtung
Flüchtlingsunterkunft durchbrechen - die Polizei kann das in letzter Sekunde verhindern.
Demonstranten, 6. März 2015
Wir sind das Volk, wir sind das Volk.
April / Mai 2015
Die Teilnehmerzahlen bei den mittlerweile wöchentlichen Demos sinken. Zugleich kommen
„Spontanversammlungen“ am Heim in Mode und die extreme Stimmungsmache bei
Facebook vervielfacht sich - selbst Vernichtungsphantasien werden nur selten gelöscht.
Andreas Schäffel: „Die Treibjagd ist eröffnet.“
Dorit Haney: „Ich warte nur auf den Tag, bis mal einer die Asylhütte … anzündet.“
Warum geht es in Freital so extrem zu?
Robert Feustel, Politikwissenschaftler, Universität Leipzig
Einerseits gibt es politische Probleme, Verteilungsprobleme, was die Flüchtlinge angeht.
Andererseits gibt es eine starke radikale Basis, das ist bekannt. Und es gibt ein breites
Spektrum von rechtskonservativen Wählern. Und hinzukommt, dass die politischen
Würdenträger in den letzten Monaten nichts weiter zu tun hatten, als permanent Öl ins
Feuer zu gießen, indem man ständig auf der Frage von Asylrecht, von kriminellen
Ausländern rumgeritten ist.
Vor den Oberbürgermeisterwahlen sind kriminelle Asylbewerber ein Hauptthema bei
Heimgegnern, AfD und CDU. Dabei ist das Sicherheitsproblem in Freital ein anderes.
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Die Polizei ermittelt wegen mehrerer Attacken auf Flüchtlingsunterkunft und Bewohner. Ein
Asylbewerber wird in der Stadt angegriffen, ein anderer durch einen Steinwurf in seinem
Zimmer verletzt. Ein Böller fliegt ins Heim, der Wachdienst stoppt einen Mann mit MolotowCocktail.
Juni 2015
Am 22. Juni wird das Heim endgültig zum Brennpunkt. Nachdem überraschend 280 neue
Asylbewerber angekündigt worden sind, versammelt sich eine wütende Menge vor dem
„Leonardo“.
Demonstranten
Weg mit dem Dreck. Weg mit dem Dreck.
Linke Gruppen und Parteien holen in den Folgetagen Unterstützer für die Flüchtlinge nach
Freital. Eine Woche stehen sich beide Lager gegenüber.
Nur wenige Freitaler engagieren sich für Flüchtlinge. Ines Kummer gehört dazu. Die
Stadträtin der Grünen ist das Gesicht des Willkommensbündnisses und seit Wochen
Anfeindungen ausgesetzt. Wie kann der rassistische Ausbruch in Freital gestoppt werden?
Wir bringen Ines Kummer mit René Seyfried zusammen. Er ist zurzeit der Kopf der
Heimgegner, war ihr OB-Kandidat. Hetze auf der Facebookseite seiner Gruppe leugnet er.
René Seyfried, „Nein zum Hotelheim“
Aber es ist nie irgendwo auf dieser Seite. da wäre ich erste, der weg wäre und alles
hinschmeißen würde, sobald aus unseren Reihen Aufrufe zu Gewalt kämen.
Ines Kummer, Willkommensbündnis: Da muss ich mal dazwischen gehen. Ich selber hab
nen Strafantrag gestellt weil ich selber massiv bedroht worden bin auf Ihren Seiten und da
wird gerade ermittelt. Jetzt lassen wir mal die Kuh im Dorf.
Seyfried: Von Beiträgen von uns oder von den Kommentaren?
Kummer: Ja, aus den Kommentaren.
Seyfried: Ja, na ja.
Kummer: Das ist Ihre Verpflichtung, dann auch mit nachzugucken, was sich an
Kommentaren auf Ihrer Seite tummelt und manche Tage ist das echt nicht zu ertragen
gewesen.
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Nach diesem Gespräch erhalten wir Kopien interner Chats der Heimgegner zugespielt. Hier
klingt René Seyfried ganz anders. Er regt an, die Asylbewerber mit
„Spontandemonstrationen“ zu zermürben. Zitat: „Provozieren bis die scheiße bauen …
irgendwann knallt es und dann haben wir gewonnen“
Am 22. Juni, dem Beginn der Belagerung durch Heimgegner, bedauerte er: „
„ich bin nicht da aber ich würde jetzt alle da hochjagen wollen“
Hinter verschlossenen Türen hat die Stadt mit den Heimgegnern um Seyfried verhandelt seit einer Woche stehen keine Pöbler mehr vor der Unterkunft.
Nach der Bürgerversammlung gestern Abend ist klar, dass die Kommune Seyfried und Co.
auch künftig als Gesprächspartner betrachtet. Der örtliche CDU-Chef sieht kein Problem, tut
Hasstiraden gegen Ausländer als Kraftmeierei ab:
Peter Darmstadt, CDU-Vorsitzender Freital
Sie können nur mit den Leuten reden, die da sind. Und mit Seyfried zu reden, mit anderen
in dieser Initiative zu reden, kann sinnvoll sein, wir wissen aber dass bei diesen Themen
die Bereitschaft zum Verbalradikalismus weit verbreitet ist und das schlägt sich
insbesondere bei Facebook und bei anderen sozialen Medien nieder.
Vergangene Woche wurde ein provisorischer Zaun um das Heim gezogen. Polizisten in Zivil
und Uniform sind im Dauereinsatz.
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