Vortrag Werner Forkel
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Vortrag Werner Forkel
Informationsveranstaltung Geothermie Kehl Rechtliche Möglichkeiten Betroffener im Schadensfall © Rechtsanwalt Werner Forkel, 76872 Steinweiler Rechtsfragen Schadenshaftung Überblick • Bergschadensrecht und Tiefengeothermie Definition Bergschaden Umfang der Ersatzpflicht Ersatzpflichtige Personen Verjährung Beweislast Bergschadensvermutung DIN 4150 Weitere typische Einwendungen der Betreiberseite • Beweissicherung und Schadensregulierung Beweissicherung vor der Bohrung / Inbetriebnahme Schäden außergerichtlich geltend machen Höhe des Prozesskostenrisikos, Rechtsschutzversicherung 10.04.2014 - Informationsveranstaltung Geothermie Kehl - Folie 2 Rechtsfragen Schadenshaftung Bergschadensrecht und Tiefengeothermie • • Verschuldenshaftung (§ 823 BGB) Ausgleichsanspruch für duldungspflichtige Einwirkungen (§ 906 BGB) • Bergschadenshaftung (§ 114 BBergG) Gefährdungshaftung, also verschuldensunabhängig • Bergschaden - Definition (Kurzfassung): Personen- oder Sachschaden, der durch Bergbautätigkeit entstanden ist • Sachschaden: Gebäudeschaden durch induziertes Erdbeben • Bergbautätigkeit: Aufsuchung oder Gewinnung von Erdwärme 10.04.2014 - Informationsveranstaltung Geothermie Kehl - Folie 3 Rechtsfragen Schadenshaftung Bergschadensrecht und Tiefengeothermie Abgrenzung Bergschadenshaftung (und Zuständigkeit) Nicht der gesamte Betrieb des GKW unterfällt dem Bergrecht, ein Schaden obertägiger Genese ist kein Bergschaden. Die Bergschadenshaftung endet da, wo auch die Bergaufsicht endet. Abgrenzungspunkt: Wärmetauscher zwischen Primär- und Sekundärkreislauf 10.04.2014 - Informationsveranstaltung Geothermie Kehl - Folie 4 Abgrenzung Zuständigkeiten/Haftung anhand der Kraftwerkstechnik Schematische Darstellung Turbine Öffentliches Stromnetz Sekundärkreislauf Wärmetauscher Trennlinie Haftung und Zuständigkeiten 120-160 °C Ca. 60 °C Förderpumpe Re-Injektionspumpe P r i m ä r k r e i s l a u f 10.04.2014 - Informationsveranstaltung Geothermie Kehl - Folie 5 Rechtsfragen Schadenshaftung Bergschadensrecht und Tiefengeothermie • Umfang der Ersatzpflicht wie BGB (§ 117 Abs. 1 BBergG) Einschränkungen: • Bei Personenschäden „Deckelung“: • Kapitalbetrag 600.000 Euro pro Person • Rentenbetrag von jährlich 36.000 Euro pro Person • Bei beweglichen Sachen max. „gemeiner Wert“ = Verkehrswert, aber z. B. kein entgangener Gewinn • Verjährung wie BGB: 3 Jahre (§ 117 Abs. 2 BBergG) 10.04.2014 - Informationsveranstaltung Geothermie Kehl - Folie 6 Rechtsfragen Schadenshaftung Bergschadensrecht und Tiefengeothermie Ersatzpflichtig sind als Gesamtschuldner (§ 116 Abs. 1 BBergG): a) der Unternehmer (Betreiber) (§ 115 Abs. 1 BBergG) b) der Bergbauberechtigte, auch nach Erlöschen der Berechtigung (§ 116 Abs. 1 BBergG) Kein Direktanspruch gegen Haftpflichtversicherer des Betreibers Auch nicht im Insolvenzfall nach § 115 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 VVG, da keine Pflichtversicherung i. S. d. § 113 VVG (OLG Bremen, Beschl. v. 02.08.2011, 3 AR 6/11; OLG Nürnberg, Beschl. v. 21.06.2012, 5 W 1109/12). 10.04.2014 - Informationsveranstaltung Geothermie Kehl - Folie 7 Rechtsfragen Schadenshaftung Bergschadensrecht und Tiefengeothermie • Beweislast: Der Geschädigte trägt die volle Beweislast (vorbehaltlich § 120 BBergG) für • Kausalität zwischen Erdwärmegewinnung und Erdbeben • Kausalität zwischen Erdbeben und Schaden • Schadenshöhe 10.04.2014 - Informationsveranstaltung Geothermie Kehl - Folie 8 Rechtsfragen Schadenshaftung Bergschadensrecht und Tiefengeothermie § 120 BBergG (Bergschadensvermutung): „Entsteht im Einwirkungsbereich der untertägigen Aufsuchung oder Gewinnung eines Bergbaubetriebes durch Senkungen, Pressungen oder Zerrungen der Oberfläche oder durch Erdrisse ein Schaden, der seiner Art nach ein Bergschaden sein kann, so wird vermutet, dass der Schaden durch diesen Bergbaubetrieb verursacht worden ist.“ 10.04.2014 - Informationsveranstaltung Geothermie Kehl - Folie 9 Rechtsfragen Schadenshaftung Bergschadensrecht und Tiefengeothermie • Bergschadensvermutung ist keine Beweislastumkehr • nur widerlegbarer Anscheinsbeweis • Es gibt Ausschlüsse: • • • • offensichtlicher Baumangel als mögliche Ursache baurechtswidrige Nutzung als mögliche Ursache naturbedingte geologische oder hydrologische Einflüsse auf Baugrund Einwirkung nichtuntertägiger Art durch Dritte (Großbaustelle, Tunnelbau) • Vermutung kann durch Betreiber widerlegt werden • § 120 BBergG hat kaum praktische Bedeutung (juris < 5 Urteile) 10.04.2014 - Informationsveranstaltung Geothermie Kehl - Folie 10 Rechtsfragen Schadenshaftung Bergschadensrecht und Tiefengeothermie Bergschadensvermutung auf Tiefengeothermie anwendbar? Nur im Einwirkungsbereich der untertägigen Aufsuchung oder Gewinnung Tiefengeothermie „untertägig“? (jur. Kommentarliteratur eher verneinend) • Contra: • Bohrlochbergbau sei eigener Bergbauzweig neben obertägigem Bergbau und untertägigem Bergbau, daher folglich nicht „untertägig“ (m. E. falsch) • Bohrungen werden „von Übertage aus“ ausgeführt (Landesregierung) • Pro: • Bohrlochbergbau = überwiegend untertägig, geringfügig obertägig • Reservoir/Aquifer ist untertägig • Hydraulische Stimulation / Fracking findet untertägig statt • Die Frage ist gerichtlich noch nicht entschieden worden! 10.04.2014 - Informationsveranstaltung Geothermie Kehl - Folie 11 Rechtsfragen Schadenshaftung Bergschadensrecht und Tiefengeothermie Betreiber verweisen zur Kausalität Erdbeben-Schaden i.d.R. auf die DIN 4150: Aussage der DIN 4150: Bei Schwingungsgeschwindigkeiten unter 5 (bzw. 3) mm/sek. sollen angeblich(!) keine Schäden an Bauwerken auftreten • Über die Beben-Ursache (induziert/natürlich) trifft die DIN 4150 keine Aussage • DIN 4150 bietet keine echte Beweislastumkehr - selbst bei über 5 mm/sek. ist kein Vollbeweis geführt und Betreiber kann Kausalität widerlegen • DIN 4150 für Schäden durch Bautätigkeit entwickelt, für Erdbeben untauglich! • Schwinggeschwindigkeiten differieren örtlich (Mikrozonierung? Messnetzdichte?) • DIN-Normen nach Rechtsprechung wie antezipierte Sachverständigengutachten • BGH: DIN 4150 unverbindlich (Urt. v. 20.11.1998, V ZR 411/97, NJW 1999, 1029) 10.04.2014 - Informationsveranstaltung Geothermie Kehl - Folie 12 Rechtsfragen Schadenshaftung Typische Einwendungen gegenüber Geothermieopfern • • • • • • • • • • • • Natürliches Erdbeben als Ursache Baumängel, fehlerhafte Statik „die üblichen Setzungsrisse“ Baugrund war ungeeignet und daher ursächlich Erschütterungen durch Schwerlastverkehr oder Bauarbeiten Baugrund hat sich von selbst verändert Starke Windlasten haben auf das Gebäude eingewirkt „Die Risse waren schon vorher da“ Richtwerte der DIN 4150 wurden nicht überschritten „Das andere (benachbarte) Geothermiekraftwerk ist schuld“ Abzug „Neu für Alt“? (Bsp.: Putzriss in 40 Jahre alter Fassade) Wirtschaftlicher Totalschaden Æ nur Anspruch auf Ersatz des Zeitwerts! 10.04.2014 - Informationsveranstaltung Geothermie Kehl - Folie 13 Rechtsfragen Schadenshaftung Beweissicherung vor Bohrung/Inbetriebnahme falls Vorhaben nicht verhinderbar • Durch Betreiber? Vorteil: Kostenersparnis, falls Übernahme durch Betreiber? Nachteil: Transparenz und Detailumfang ungewiss, Freiwilligkeit • Eigeninitiative des Einzelnen? Vorteil: Vollständigkeit, Transparenz, Status quo ist festgestellt Nachteil: Kosten, Eigenverantwortung für Umfang 10.04.2014 - Informationsveranstaltung Geothermie Kehl - Folie 14 Rechtsfragen Schadenshaftung Schäden geltend machen (außergerichtlich): • • • • • • Beweissicherung nach Schadenseintritt (Fotos, Zeugen, Gipsmarken, Sachverständigengutachten, Kostenvoranschlag) Schaden beim Betreiber schriftlich geltend machen, Beweise in Kopie beifügen Keine voreiligen Reparaturen! Besichtigung abwarten! Keine pauschale Abfindung akzeptieren, wenn der Schadensumfang nicht feststeht, es sind Folge- und Spätschäden möglich! Verjährung beachten (3 Jahre) Außergerichtliche Geltendmachung als solche hemmt Verjährung nicht! Einschaltung Rechtsanwalt empfohlen („Waffengleichheit“, bei Betreiber und Versicherung sitzen auch Juristen) 10.04.2014 - Informationsveranstaltung Geothermie Kehl - Folie 15 Rechtsfragen Schadenshaftung Prozesskostenrisiko Klage (Beispiel Schaden 7.500,00 €): 1. Instanz: 3.369,80 € 2. Instanz: 3.898,38 € Zusammen: 7.268,18 € Hinzu kommen Sachverständigenkosten (geschätzt): Sachverständiger für Gebäudeschäden 2.000,00 € Evtl. Baugrundsachverständiger 3.000,00 € Evtl. seismologischer Sachverständiger 3.000,00 € Gesamtkostenrisiko 15.268,18 € Evtl. weitere Kosten für Privatgutachten, usw. Rechtsschutz: keine Deckung für Bergschäden / aufgrund § 3 Abs. 1 Buchst. c ARB 10.04.2014 - Informationsveranstaltung Geothermie Kehl - Folie 16 Informationsveranstaltung Geothermie Kehl Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! Werner Forkel Rechtsanwalt Dipl.-Verwaltungswirt (FH) Klingbachstraße 22 - 76872 Steinweiler Telefon 06349/929370 - Telefax 06349/929371 [email protected] www.rechtsanwalt-forkel.de 10.04.2014 - Informationsveranstaltung Geothermie Kehl - Folie 17