Wachstumshormontherapie
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Wachstumshormontherapie
Wachstumshormontherapie wann und für wen? Josef Pichl St. Theresien-Krankenhaus Nürnberg www.theresien-krankenhaus.de Hormone von griech. „hormao“ = antreiben spezifische Substanzen (z. B. Eiweiße) stammen aus spezialisierten Zellen „Hormondrüsen“ werden in die Blutbahn abgegeben und wirken in der Regel entfernt von ihrem Bildungsort Hormondrüsen Hirnanhangdrüse = Hypophyse Schilddrüse Nebenniere Eierstöcke Hormonwirkung Die Wirkorte besitzen für die Hormone spezifische Rezeptoren (Schlüssel / Schloss) die Rezeptoren binden das Hormon mit hoher Bindungsstärke die Rezeptoren sind je nach Hormon unterschiedlich lokalisiert Hormonwirkung Schlüssel / Schloss second messenger z.B. cAMP Hormone des Hypophysenvorderlappens ACTH Nebenniere TSH Schilddrüse LH/FSH Geschlechtsdrüsen STH = Wachstumshormon Prolaktin Antidiuretisches Hormon Wo liegt die Hypophyse? Steuerung durch Regelkreise Releasing- / Inhibitor- Hormone CRH HVL ACTH Periphere Drüse Cortisol Gewebe Adrenocortioctropes Hormon Steuert die Cortisol-Ausschüttung durch die Nebennierenrinde, Cortisol macht den Organismus „stressfähiger“ Fördert Umbau von Eiweiss in Traubenzucker Steigert Wirkung von Adrenalin Erhöht den Blutdrucks Hemmt die Immunabwehr ACTH, Cortisol Mangel an Cortisol: Gewichtsabnahme,Leistungsverlust, Müdigkeit, Unterzuckerung Zuviel an Cortisol: Fettablagerung in Bereich von Nacken, Gesicht und Bauch, Vollmondgesicht, Verlust von Muskulatur Vermehrte Körperbehaarung, Diabetes, Störung der Infektabwehr Thyreoidea stimulierendes Hormon TSH steuert die Ausschüttung des Schilddrüsenhormons Thyroxin aus der Schilddrüse Schilddrüsenhormone regulieren den Stoffwechsel, fördern Wachstum und Reifung des Gehirns Mangel an Schilddrüsenhormonen Führt zu Müdigkeit, Antriebsmangel, Pulsverlangsamung, Abfall der Körpertemperatur, Frieren Luteinisierendes Hormon, Follikel-stimulierendes Hormon Steuerung der Sexualfunktionen Mangelzustände führen zum Verlust von Libido und Potenz beim Mann zum Verlust der Libido und zum Ausbleiben der Menstruation und zum Verlust der Fortpflanzungsfähigkeit bei der Frau Prolaktin Förderung der Milchproduktion in der Stillzeit Zuviel führt zu einem Milchfluss auch außerhalb der Schwangerschaft Zu einem Potenzverlust beim Mann, zu einem Ausbleiben der Regel und zum Verlust der Fortplanzungsfähigkeit bei der Frau Wachstumshormon Somatotropes Hormon Mangel führt in der Kindheit zum Minderwuchs, nach Abschluss des Wachstums zu einem Abbau der Muskulatur, einer Zunahme des Fettgewebes, zur Verlust von Knochensubstanz, zu einem Verlust von Leistungsfähigkeit und Wohlbefinden Überschuss führt zur Akromegalie Wachstumshormon-Achse STH IGF I Hypophysenhinterlappen Speicher für antidiuretisches Hormon, das der Wasserhaushalt des Körpers reguliert ohne ADH würden wir bis zu 20 Liter Urin pro Tag ausscheiden (Diabetes insipidus) Selten bei Hypophysentumoren Hypothalamus Releasing-Hormone CRH, GRH, GnRH TRH, ACTH Kreislaufregulation Temperaturregulation Regulation des Wasserhaushalts Ursachen der HVL-Insuffizienz Makroadenom Mikroadenom Erkrankungen der Hypophyse führen zu Hormonüberschuss und/oder Hormonmangelzuständen Tumoren der Hirnanhangdrüse (Tumor = Krebs?) Kraniopharyngeom Andere Tumoren des Gehirns „Empty sella“-Syndrom Sheehan Syndrom Verletzungen Entzündungen weitere Erkrankungen mit Hormonüberschuss STH produzierende HVL-Adenome Akromegalie Prolaktin-produzierende HVL-Adenome Prolaktinom ACTH-produzierende HVL-Adenome Morbus Cushing Hypophysenvorderlappen Insuffizienz Mangel an ACTH Weisse Haut, Schwäche, Muskelschwund Antriebslosigkeit Mangel an TSH Kältempfindlichkeit, Verlangsamung des Stoffwechsels Mangel an LH/FSH Verlust von Libido und Potenz, Amenorrhoe Mangel an Wachstumshormon Verlust von Muskulatur, Schwäche, Reduktion der Lebensfreude Empfindlichkeit hypophysärer Systeme Substitution von Kortison Folgen des Cortison-Mangels: Leistungsminderung, Muskelschwäche, Gefahr der krisenhaften Verschlechterung mit potentiell lebensbedrohlichem Krankheitsbild Durchführung der Therapie: 10 – 25 mg Hydrocortison in 2 – 3 Einzeldosen Notfallausweis und Notfallmedikation mit sich führen Substitution von Schilddrüsenhormonen Folgen des Mangels an Schilddrüsenhormonen: Kälteempfindlichkeit, Müdigkeit Verlangsamung der Stoffwechselprozesse Verlangsamung der Reflexe Durchführung der Therapie: 50 – 150 µg Thyroxin täglich morgens Substitution von Sexualhormonen bei der Frau Ziele und Effekte der Therapie: Erhaltung sog. sekundärer Geschlechtsmerkmale, Aufrechterhaltung normaler Sexualfunktionen und Vermeidung langfristiger Folgen eines Östrogenmangels. Durchführung der Therapie: zyklische / kontinuierliche Östrogentherapie bzw. zyklische / kontinuierliche Östrogen/Gestagentherapie Vorgehen bei Kinderwunsch: Behandlung mit Gonadotropinen oder pulsatil verabreichtem LHRH Substitution von Sexualhormonen beim Mann Ziele und Effekte der Therapie Erhaltung der sekundärem männlichen Geschlechtsmerkmale Aufrechterhaltung normaler Sexualfunktionen Vermeidung langfristiger Folgen eines Testosteronmangels Durchführung der Therapie Testosteron transdermal (z. B. Testogel® 50 mg) täglich Testosteronenanthat (Testoviron Depot®) 250mg alle 2-3 Wo. i.m. Testosteronundecanoat (Nebido®) alle 8 – 12 Wochen i.m. Vorgehen bei Kinderwunsch: Behandlung mit Gonadotropinen oder pulsatil verabreichtem LHRH Substitution von ADH Ziele und Effekte der Therapie Vermeidung des Wasserverlustes durch die Niere und des damit verbunden großen Flüssigkeitsumsatzes Durchführung der Therapie Substitution von ADH (Desmopressin) durch Nasenspray (Alltag) Tabletten (z. B. auf Reisen) Injektionen (im Krankenhaus) Hormonsubstitution Schilddrüsenhormone Cortisol Substitution von Wachstumshormon Bei Kindern, die noch wachsen müssen, logisch 16 Jahre 136 cm aber warum beim Erwachsenen? Häufigkeit Patienten mit GH-Mangel (%) 100 n=83 75 50 25 0 0 1 2 3 Zahl der Funktionsausfälle (ohne GH-Mangel) Geschichte Synthetisches Kortison 1948 Synthetische Schilddrüsenhormone 1928 Reindarstellung von Testosteron 1935 Wachstumshormon 1956 Warum so lange keine Substitution von Wachstumshormon? Geschichte Warum so lange keine Substitution von Wachstumshormon? 1. Grund: Verfügbarkeit Wachstumshormon aus Leichenhypophysen = Mangelware Gentechnologisch hergestelltes Wachstumshormon seit Ende der 1980er Jahre erhältlich (in rauhen Mengen) 2. Rationale IntensivierteSuche nach (früher schon vermuteten) Wirkungen von Wachstumshormon auch beim Erwachsenen in den 70er und 80er Jahren: Aufbau von Muskeleiweiß (Anabolie) Abbau von Körperfett (Lipolyse) Besserung der Konzentrationsfähigkeit Anstieg der Herzleistung Senkung von Cholesterin Verbesserung der Lebensqualität Rationale Mardh G. et.al. JCEM Supp A: 43-49 (1994) Vandeweghe M. et. A. Clin. Endocrinol 39:409-415 (1993) Rationale Anfänge Studien von 1989 bis 1995 Zulassung durch das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte 1995 Erstattung durch die Krankenkasse bei Ausfall mindestens zweier hypophysärer Achsen (ohne Wachstumshormonachse) Notwendige Diagnostik Insulin-Hypoglykämie-Test Stimulation der Ausschüttung von Wachstumshormon durch Unterzuckerung GRH-Arginin-Test Stimulation der Wachstumshormonsekretion durch Injektion von GRH und Infusion von Arginin Bestimmung von IGF I STH-Therapie Mögliche Folgen des Wachstumshormonmangels Abnahme der Leistungsfähigkeit, depressive Verstimmung, Zunahme des Körperfetts, speziell im Bauchbereich, verminderte Muskelmasse, Verringerung der Knochendichte, Einschränkung der Herzfunktion Durchführung der Therapie rekombinantes Wachstumshormon, 1x tgl. subkutan Festlegung der Dosis anhand des Verlaufs der IGF-I Werte Mittlere Dosis ca. 0,4 mg / Tag Hormonsubstitution Schilddrüsenhormone Cortisol Wachstumshormon Durchführung Tägliche Selbst- Injektion von durchschnittlich 0,4 mg Wachstumshormon mit Pen Kosten bis 10000 E/Jahr Nebenwirkungen Flüssigkeitseinlagerungen vor allem zu Beginn der Therapie Blutdruckanstieg Gelenksschmerzen Karpaltunnelsyndrom Kein Einfluss auf Tumorwachstum! Blutzucker meist unbeeinflusst Notwendige Kontrollen Gespräch mit Arzt über Wirkung und Nebenwirkungen IGF I als Marker der Effektivität Blutzucker, Blutfette, HbA1c Gewicht, Körperzusammensetzung Macht Sinn! Wann? Wenn ein Wachstumshormonmangel nachgewiesen ist Für wen? Wenn der Wachstumshormonmangel nachgewiesen ist und der Patient von der Behandlung profitiert.