Operationelle Risiken Was sind operationelle Risiken?
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Operationelle Risiken Was sind operationelle Risiken?
Operationelle Risiken Operationelle Risiken Operationale Risiken = Operative Risiken Operational Risk Mathematisch-Statistische Verfahren des Risikomanagements - SS 2004 1 Was sind operationelle Risiken? • In Banken z.B.: – – – – – – Betrug Diebstahl Limitüberschreitung Insiderhandel Falsch bewertete Positionen Systemausfälle Mathematisch-Statistische Verfahren des Risikomanagements - SS 2004 2 1 Was sind operationelle Risiken? • Beispiele aus der Bankenpraxis: • Barings Bank of England GBP 827 Mio. (Limitüberschreitung, Naturkatastrophe) • Dubai Islamic Bank GBP 150 Mio. (Betrug) • Giro Credit Bank Österreich €50 Mio. (Diebstahl) • MGAM €800 Mio. (Insider Handel, Prozessschwächen) Mathematisch-Statistische Verfahren des Risikomanagements - SS 2004 3 Was sind operationelle Risiken? • Bei anderen Unternehmen z.B.: – – – – – Schäden an Kraftwerken Prozessschwächen Schlechte Produkte Naturkatastrophen Aber auch ähnliche Probleme wie in Banken durch Diebstahl, Betrug, falsche Investitionen, etc. Mathematisch-Statistische Verfahren des Risikomanagements - SS 2004 4 2 Was sind operationelle Risiken? • Beispiele aus der Industrie: • • • • • • Metallgesellschaft €1,2 Mrd. (Falscher Handel) Flowtex €1,5 Mrd. (Betrug) Firma Wahl €25 Mio. (Diebstahl) Sumitomo $1,8 Mrd. (unauthorisierter Handel) Electrolux €30 Mio. (unauth. Euro-Handel) Fleet Factors Corp. $85 Mio. (Umweltverschmutzung) Mathematisch-Statistische Verfahren des Risikomanagements - SS 2004 5 Regulatorische Vorgaben • Folge der extremen Verluste: Eingriff der Regulatoren • Ab 2007 tritt Basel II in Kraft • „Drei Säulen“-Modell für verbesserte Sicherheit und Bewusstsein von Risiken Mathematisch-Statistische Verfahren des Risikomanagements - SS 2004 6 3 Regulatorische Vorgaben Die drei Säulen von Basel II Umfassender Ansatz zur Verbesserung der Kapitaladäquanz Erste Säule Zweite Säule Dritte Säule Mindestkapitalanforderungen Qualitative Aufsicht Marktdisziplin • Risikodefinition • Risikoquantifizierung • Kapitalunterlegung • Bewertung der Kontrollqualität • Eingriffe der Aufsicht Offenlegung von: • Kapitalstruktur • Risikoprofil •Drei Ansätze zur Eigenkapitalberechnung Mathematisch-Statistische Verfahren des Risikomanagements - SS 2004 7 Regulatorische Vorgaben „Operationelles Risiko ist die Gefahr von Verlusten, die in Folge der Unangemessenheit oder des Versagens von internen Verfahren, Menschen und Systemen oder in Folge externer Ereignisse eintreten.“ - Basel II Mathematisch-Statistische Verfahren des Risikomanagements - SS 2004 8 4 Regulatorische Vorgaben • 1. Basisindikatoransatz K BIA = [∑ (GI1...n ⋅ α)] / n • Eigenkapital als fester Prozentsatz des Bruttoeinkommens der Bank (gross income), gemittelt über die letzten n Jahre • n=Anzahl der letzten drei Jahre mit GI > 0, AlphaFaktor wird von den Regulatoren bestimmt, liegt bei 15% Mathematisch-Statistische Verfahren des Risikomanagements - SS 2004 9 Regulatorische Vorgaben • 2. Standardansatz K TSA = {∑ years 1−3 max[∑ (GI1−8 ⋅ β1−8 ), 0]} / 3 • Bank unterteilt in acht Geschäftsfelder • Faktor des Bruttoeinkommens pro Geschäftsfeld, gemittelt über drei Jahre • “Betas” ebenfalls von den Regulatoren festgelegt • Summe der Einzelforderungen Mathematisch-Statistische Verfahren des Risikomanagements - SS 2004 10 5 Regulatorische Vorgaben Geschäftsfeld Corporate Finance Trading and sales Retail Banking Commercial Banking Payment and settlement Agency Services Asset management Retail brokerake Betafaktor 18% 18% 12% 15% 18% 15% 12% 12% • Warum ein so hoher Prozentsatz des Bruttoeinkommens? Mathematisch-Statistische Verfahren des Risikomanagements - SS 2004 11 Regulatorische Vorgaben Kreditrisiko Marktrisiko „Other risks“ Operationelle Risiken • Operationelle Risiken haben derzeit ca. einen Anteil von 20-40% am Gesamtrisiko von Banken • Die meisten großen bekannten Verluste der Finanzwelt sind auf Operationelle Risiken zurückzuführen Mathematisch-Statistische Verfahren des Risikomanagements - SS 2004 12 6 Regulatorische Vorgaben • 3. Fortgeschrittene Bemessungsansätze Mathematisch-Statistische Verfahren des Risikomanagements - SS 2004 13 Regulatorische Vorgaben • “Let 1000 flowers bloom” • Regulatoren legen Verantwortlichkeit der Modellfindung in die Hände der Banken • Konzept ging auf bei Marktrisikomessung • Gute Idee auch bei OpRisk? Mathematisch-Statistische Verfahren des Risikomanagements - SS 2004 14 7 Regulatorische Vorgaben • Vorgaben: – Unterteilung der Bank in 8 Geschäftsfelder – Zusätzliche Unterteilung in 7 Verlustkategorien – Verwendung von internen und externen Daten, zusätzlich “scenario analysis, business environment, internal control factors” Mathematisch-Statistische Verfahren des Risikomanagements - SS 2004 15 Risikomodellierung • Klassischer Ansatz: Value-at-Risk • Schadensfälle treten jedoch nicht regelmäßig auf (wie etwa Tagesdaten beim Marktrisiko) • Frequenz der Schadenshöhen muss also zusätzlich modelliert werden • Zweidimensionale Zufallsvariable nötig Mathematisch-Statistische Verfahren des Risikomanagements - SS 2004 16 8 Risikomodellierung Schadenshäufigkeit (Frequency Distribution) Schadenshöhe (Severity Distribution) N ~ Po(λ ) ln( X i ) ~ N (µ, σ) ∞ G ( x ) = ∑ p(n )F n* ( x ), F n* ( x ) = ∫ ∫ ∫ K ∫ f ( x i )dx i ∏ xi ≤x ∑ n =1 i n Gi = ∑ Xk k =1 Mathematisch-Statistische Verfahren des Risikomanagements - SS 2004 17 Monte Carlo-Simulation zur OpVaR-Bestimmung 1. Schritt: Simulieren der Verlusthäufigkeit Anzahl der Verluste: 2 2. Schritt: Simulieren der Verlusthöhe Verlust 1: 20 Verlust 2: 35 3. Schritt: Aggregieren der Einzelverluste Gesamtverlust: 55 N-fache Wiederholung = Wahrscheinlichkeitsvert. VaR 99%-VaR (VaR = Differenz zwischen 99%-Quantil und Mittelwert) Mathematisch-Statistische Verfahren des Risikomanagements - SS 2004 18 9 Regulatorische Vorgaben • Macht ein VaR-Ansatz Sinn? • Wie sehen operationelle Verlustdaten überhaupt aus? • Wie können diese Daten gesammelt werden? Mathematisch-Statistische Verfahren des Risikomanagements - SS 2004 19 Verlustdaten nach Basel II • • • • • Operationelle Risiken entstehen im Tagesgeschäft Sie existieren in allen Teilen der Bank Sie sind größtenteils dokumentierbar Trotzdem fällt es schwer sie zu sammeln. Warum? Dokumentierbarkeit garantiert noch keine Vollständigkeit und Richtigkeit • Neues Problem: „Brauchbare“ Daten erhalten Mathematisch-Statistische Verfahren des Risikomanagements - SS 2004 20 10 Verlustdaten nach Basel II „Operationelles Risiko ist die Gefahr von Verlusten, die in Folge der Unangemessenheit oder des Versagens von internen Verfahren, Menschen und Systemen oder in Folge externer Ereignisse eintreten.“ - Basel II CP3 Mathematisch-Statistische Verfahren des Risikomanagements - SS 2004 21 Verlustdaten nach Basel II • Definition stellt bereits Kategorisierung in 4 Klassen dar. • Tatsächlich soll im Rahmen der fortgeschrittenen Ansätze gearbeitet werden mit: – 7 Ereigniskategorien – 8 Geschäftsfeldern • Resultat: 56 Kategorien müssen mit Daten „gefüllt“ werden. Mathematisch-Statistische Verfahren des Risikomanagements - SS 2004 22 11 Probleme Interner Daten • Idealer Fall: Für jede der 56 E/GF-Kategorien existieren hinreichend viele Daten, um statistisch aussagekräftig modellieren zu können, beispielsweise mit zweidimensionalen Schätzverfahren oder Extremwertmethoden. • Ergebnis: VaR für eine Kategorie • Danach Aggregation auf Gesamtbank-VaR Mathematisch-Statistische Verfahren des Risikomanagements - SS 2004 23 Probleme Interner Daten Mathematisch-Statistische Verfahren des Risikomanagements - SS 2004 24 12 Probleme Interner Daten Aktueller Stand laut LDCE2003. Mathematisch-Statistische Verfahren des Risikomanagements - SS 2004 25 Probleme Interner Daten • Aktueller Stand: Interner Betrug macht laut LDCE nur 3,3% der Verlustdaten aus. • Konsequenz: Sehr hohe Dunkelziffer verschleiert die tatsächliche Risikosituation. • Bias in den Daten erschwert die Modellierung. Mathematisch-Statistische Verfahren des Risikomanagements - SS 2004 26 13 Probleme Interner Daten • Datenproblematik kann in zwei Klassen aufgeteilt werden: 1. Probleme die von der Datensammlung verursacht werden 2. Probleme die von den Daten selbst stammen Mathematisch-Statistische Verfahren des Risikomanagements - SS 2004 27 Probleme Interner Daten • „Sammelprobleme“: – Nicht gemeldete Fehler – Fehler beim Reporten – Fehler beim Aufteilen eines Schadenfalls der mehrere Geschäftsfelder betrifft – Zu spät erkannte Fehler – Fehler die nicht direkt monetär messbar sind – Behandeln von „recoveries“ wie Versicherungen und Regresszahlungen Mathematisch-Statistische Verfahren des Risikomanagements - SS 2004 28 14 Probleme Interner Daten • Datenprobleme: • Threshold = Daten werden nur über einem gewissen Niveau gesammelt (e.g.€10000) • Ereignisse passieren aber auch unterhalb dieses Thresholds • Konsequenz: Messmethode muss verändert werden Mathematisch-Statistische Verfahren des Risikomanagements - SS 2004 29 Probleme Interner Daten • Übliche Methode: Verschiebung des Trägers. • Parameter werden aus empirischen Werten neu geschätzt. • Stabilität wird bei ca. 10000 Datenpunkten erreicht. • Realität: Üblicherweise <500 Datenpunkte Mathematisch-Statistische Verfahren des Risikomanagements - SS 2004 30 15 Probleme Interner Daten • Konsequenz: Schätzungen schlecht Mathematisch-Statistische Verfahren des Risikomanagements - SS 2004 31 Probleme Externer Daten • Bietet der Einkauf externer Daten eine Lösung? • Zunächst: Externe Daten sind interne Daten anderer Unternehmen • In jedem Fall gleiche Probleme wie bei internen Daten • Cut-off sogar noch deutlich höher als bei internen Daten, da nur extreme Ereignisse benannt werden Mathematisch-Statistische Verfahren des Risikomanagements - SS 2004 32 16 Probleme Externer Daten • Bias ebenfalls sehr stark, da Unternehmen peinliche/sensible Verlustfälle nach Möglichkeit nicht an die Öffentlichkeit dringen lassen • Unterschiedlichkeit der Herkunft zwischen Konsortiendaten, allgemeinen externen Daten bekannter bzw. unbekannter Herkunft Mathematisch-Statistische Verfahren des Risikomanagements - SS 2004 33 Aktuelle Anwendbarkeit • Externe Daten eignen sich derzeit vor allem zur Anwendung im qualitativen bzw. Managementbereich. • Experten können die Relevanz externer Ereignisse für das eigene Unternehmen abschätzen. • Mitarbeiter können motiviert werden, ähnliche Schadensfälle zu unterbinden. Mathematisch-Statistische Verfahren des Risikomanagements - SS 2004 34 17 Aktuelle Anwendbarkeit • Anwendung dieser Art beispielsweise via Risk Workshops und Fragebögen. • Quantitativ sind externe Daten insbesondere für Szenario-Analysen relevant (Was wäre wenn in unserem Haus ein ähnlicher Schaden eintritt?) Mathematisch-Statistische Verfahren des Risikomanagements - SS 2004 35 Aktuelle Anwendbarkeit • Die Anwendbarkeit interner Daten leidet immer noch sehr stark unter dem Cut-Off Problem. • Verlässliche Schätzungen sind derzeit mit rein quantitativen Methoden kaum umzusetzen. • Weiteres Problem sind die genauen Vorgaben und Auflagen seitens der Regulatoren, wie etwa die einjährige Haltedauer. • Garbage-In-Garbage-Out Phänomen. Interne Daten als einzige Datenquelle praktisch nutzlos Mathematisch-Statistische Verfahren des Risikomanagements - SS 2004 36 18