Stellungnahme des Bundesministeriums der

Transcrição

Stellungnahme des Bundesministeriums der
Stellungnahme
des Bundesministeriums der Verteidigung
zum Jahresbericht 2013
des Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages
Zu diesem Heft:
Der Jahresbericht 2013 des Wehrbeauftragten des Deutschen
Bundestages (55. Bericht - Bundestagsdrucksache 18/300) ist hier
mit der Stellungnahme des Bundesministeriums der Verteidigung
abgedruckt.
Bericht und Stellungnahme werden fortlaufend abgedruckt, sodass
dem Leser die Stellungnahme zu jedem Abschnitt des Berichts unmittelbar vorliegt.
Die Stellungnahme des Bundesministeriums der Verteidigung ist
durch blaue Farbgebung hervorgehoben.
2
Markus Grübel
Parlamentarischer Staatssekretär
Mitglied des Deutschen Bundestages
Berlin, 17. Juni 2014
Der Jahresbericht des Wehrbeauftragten 2013 ist wie jeder Jahresbericht ein Ergebnis langer Recherchen, vieler Mühen und verantwortlicher Bewertung. Deshalb
möchte ich dem Wehrbeauftragten und seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern für
ihren Einsatz danken.
Die im Bericht des Wehrbeauftragten dargestellte Sicht auf die Bundeswehr von außen und innen bildet für das Bundesministerium der Verteidigung eine wichtige
Grundlage seiner Bewertung über den inneren Zustand der Streitkräfte. Die dargestellten Mängel, aber auch die unterbreiteten Lösungs- und Verbesserungsvorschläge wurden daher intensiv ausgewertet.
Das Bundesministerium der Verteidigung schenkt allen aufgezeigten Handlungsfeldern seine uneingeschränkte Aufmerksamkeit. Dabei werden die im Jahresbericht
2013 besonders hervorgehobenen Punkte, die Auslandseinsätze, die Fortsetzung
der Neuausrichtung der Bundeswehr und die Attraktivität der Bundeswehr, auch im
Ministerium als große Herausforderungen angesehen.
Der Fachkräftemangel macht auch vor der Bundeswehr nicht halt. Mittel- bis langfristig muss sich die Bundeswehr daher noch viel deutlicher als attraktiver Arbeitgeber
präsentieren, um engagierte Menschen für die Bundeswehr gewinnen und halten zu
können.
An diese Menschen richtet sich die Agenda „BUNDESWEHR IN FÜHRUNG – Aktiv.
Attraktiv. Anders.“. Diese Agenda umfasst eine ganze Reihe von unterschiedlichen
Maßnahmen in unterschiedlichen Themenfeldern, mit denen die Bundeswehr das
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Ziel verfolgt, zu einem der attraktivsten Arbeitgeber in Deutschland zu werden. Die
Soldatinnen und Soldaten sowie die zivilen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sollen
die Gelegenheit bekommen, trotz aller dienstlichen Belastungen und Entbehrungen –
insbesondere durch Einsätze – ihren Beruf und ihr Privatleben in einer guten Balance
zu halten. Die Bundeswehr wird dadurch insgesamt stärker und kann ihren Auftrag
einer optimierten Einsatzbereitschaft und -fähigkeit noch besser erfüllen.
Die Bundeswehr wird flexible und moderne Arbeitsbedingungen schaffen, eine zeitgemäße, von Mitarbeiterorientierung und Lebenslagenbezug geprägte Führungskultur leben, ein modernes Gesundheitsmanagement aufbauen und ihren Beschäftigten
interessante und stabile berufliche Perspektiven eröffnen, die beispielsweise auch in
Teilzeit möglich sind. Dabei wird den Führungskräften der Bundeswehr eine herausragende Rolle beigemessen. Denn Attraktivität ist in erster Linie eine Frage der
Selbstverpflichtung und der tiefen inneren Überzeugung. Es sind zuerst die Vorgesetzten, die attraktive Arbeitsbedingungen so gestalten, dass die Menschen in der
Bundeswehr ihre Fähigkeiten voll entfalten und breite Erfahrungen einbringen können.
Markus Grübel
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Vorwort des Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages
Im vergangenen Jahr hatte die Bundeswehr nach längerer Zeit wieder einen Gefallenen zu beklagen.
Dies zeigt einmal mehr, dass der langjährige und herausfordernde Einsatz in Afghanistan noch lange
nicht als abgeschlossen betrachtet werden kann. Er wird unsere Soldatinnen und Soldaten in diesem
Jahr und wohl auch darüber hinaus weiter fordern und ihre Angehörigen bis zu ihrer sicheren Heimkehr in Sorge halten. Wir sind es den Soldatinnen und Soldaten schuldig, ihnen auch in dieser Phase
des Umbruchs alle erforderlichen Mittel an die Hand zu geben, um vermeidbare Risiken für Leib und
Leben auszuschließen. Ich freue mich, dass sich die Bundesministerin der Verteidigung hierzu ausdrücklich bekannt hat.
Das Berichtsjahr 2013 war für die Soldatinnen und Soldaten ebenso wie für ihre Angehörigen ein Jahr
des Umbruchs. Die Neuausrichtung der Bundeswehr stellte die bisherige neben die zukünftige Struktur. Das vorhandene Personal musste trotz erheblicher Reduzierung beide Strukturen unter der vollen
Belastung der seit Jahren laufenden und auch neu begonnenen Einsätze ausfüllen. Die damit verbundene Anspannung wurde noch durch die Unsicherheit vieler Soldatinnen, Soldaten, Zivilbeschäftigten und ihrer Familien gesteigert, ob und, falls überhaupt, wo und mit welcher Aufgabe sie
künftig ihren Platz in der neuen Bundeswehr finden werden. Das hat tiefe Spuren von Unzufriedenheit
und Enttäuschung hinterlassen, die noch lange nicht überwunden sind.
Nicht alles, was Enttäuschungen verursacht hat, kann rückgängig gemacht werden. Oft muss es das
auch nicht, weil Betroffene sich bei aller Verärgerung auf die neue Situation eingestellt haben. Das
sollte indessen Veränderungen am Konzept nicht ausschließen, jedenfalls dort, wo besonders gravierende Probleme erkannt und noch keine unveränderlichen Fakten geschaffen worden sind.
Auch wenn die Auslandseinsätze weiterhin unsere besondere Aufmerksamkeit fordern werden, müssen wir den Blick wieder verstärkt auf die Situation in der Heimat richten. Die Ausstattung im Einsatz
hatte in den vergangenen Jahren zu Recht bei den Beschaffungen Priorität und hat in erheblichem
Umfang Mittel gebunden. Nun sollte die hoffentlich bevorstehende Entlastung durch die Reduzierung
des Einsatzes in Afghanistan genutzt werden, die an vielen Standorten vernachlässigte Infrastruktur
zu erneuern und die in einigen Bereichen massiv übernutzte oder veraltete Ausstattung und Bewaffnung zu erneuern.
Die „neue“ Bundeswehr muss aber jenseits ablauforganisatorischer Überlegungen heute vor allem die
Basis dafür schaffen, dass sie auch in Zukunft genügend und ausreichend qualifizierten Nachwuchs
gewinnen kann. Das ist vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung und verschärfter Konkurrenz mit dem zivilen Arbeitsmarkt eine Überlebensfrage für die Streitkräfte. Der Dienst in den
Streitkräften ist schon von der Aufgabenstellung her sehr herausfordernd. Sich für ihn zu entscheiden
setzt Gemeinsinn, Belastbarkeit und Leistungsbereitschaft voraus, die nur wenige andere Berufe fordern. Umso mehr kommt es jetzt darauf an, den Dienst so zu gestalten, dass er dennoch ein befriedigendes Familienleben und den Erhalt eines normalen sozialen Umfeldes zulässt. Dazu bedarf es
mehr als bloßer Bekenntnisse, dazu bedarf es der Bereitschaft, erforderlichenfalls auch zusätzliche
finanzielle Mittel für diese Aufgaben zur Verfügung zu stellen. Die Abgeordneten des 17. Deutschen
Bundestages waren stets aufgeschlossen und bereit, auch über die konkreten Forderungen der Exekutive hinaus in diesem Bereich eigene Schwerpunkte zu setzen und Haushaltsansätze heraufzusetzen. Das Parlament war sich seiner Position als Auftraggeber der Parlamentsarmee Bundeswehr
stets bewusst. Dafür danke ich den Abgeordneten, insbesondere jenen des Verteidigungs- und des
Haushaltsausschusses, sehr. Ich bin sicher, der neu zusammengesetzte Bundestag wird sich ebenso
aufgeschlossen zeigen, wenn es gilt zu helfen, wo es erforderlich ist.
Ich danke Herrn Bundesminister Dr. de Maizière für eine stets kollegiale Zusammenarbeit seines
Hauses mit meinem Amt. Frau Ministerin Dr. von der Leyen wünsche ich in ihrem schwierigen Amt
Fortune und bedanke mich bereits jetzt für ihre ermutigenden Stellungnahmen zu drängenden Themen wie der Vereinbarkeit von Familie und Dienst oder der Gewährleistung größtmöglicher Sicherheit
für unsere Frauen und Männer im Einsatz.
Mein besonderer Dank gilt unseren Soldatinnen und Soldaten und ihren Familien, die sowohl im Einsatz, als auch im Inland für unser Land erhebliche Lasten tragen.
So hat die Bundeswehr im Berichtsjahr auf Bitten der Bundesländer Bayern, Sachsen, Thüringen,
Sachsen-Anhalt, Brandenburg, Niedersachsen, Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein die
zivilen Kräfte bei der Bekämpfung des Hochwassers unterstützt. Dies war der größte Fluthilfeeinsatz
in der Geschichte der Bundeswehr. Bis zu 20.000 Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr, darun-
5
ter 520 Reservisten, aus allen Teilstreitkräften und Organisationsbereichen kämpften an der Seite der
Bevölkerung gegen die Folgen des Hochwassers. Die Hubschrauber der Bundeswehr waren über
1.400 Stunden zum Schutz der Bevölkerung in der Luft. Dies ist eine beeindruckende Bilanz und eine
Leistung, der ich großen Respekt zolle.
Ich wünsche mir, dass die Soldatinnen und Soldaten zukünftig auch in der Öffentlichkeit die Anerkennung finden, die sie verdient haben. Den Hinterbliebenen unserer Gefallenen und im Dienst Verunglückten spreche ich mein tief empfundenes Mitgefühl aus. Den Verwundeten oder an der Seele Verletzten wünsche ich baldige Genesung.
6
Inhaltsverzeichnis
Vorwort des Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages ..........................................................5
Das Berichtsjahr im Überblick ............................................................................................................10
1
Führungsverhalten................................................................................................................12
1.1
Umgangston und Umgangsformen.....................................................................................13
1.2
Reaktion auf Dienstpflichtverletzungen .............................................................................14
1.3
Politischer Extremismus, Antisemitismus und Fremdenfeindlichkeit ............................15
1.4
Sicherheitslage Inland ..........................................................................................................15
2
Ausbildung ............................................................................................................................18
2.1
Grundausbildung ..................................................................................................................18
2.2
Ausstattung für die Ausbildung ..........................................................................................18
2.3
Umgang mit Handwaffen ......................................................................................................21
3
Bearbeitung von Eingaben und Führen disziplinarer Ermittlungen................................22
3.1
Bearbeitungsdauer von Überprüfungsersuchen des Wehrbeauftragten........................22
3.2
Verstöße gegen das Benachteiligungsverbot....................................................................22
3.3
Dauer disziplinarer Ermittlungen ........................................................................................23
4
Auslandseinsätze..................................................................................................................24
4.1
Einsatzplanung......................................................................................................................26
4.2
Einsatzdauer und strukturelle Überforderung ...................................................................27
4.3
Unterbringung im Einsatz ....................................................................................................31
4.3.1
Gazi-Kaserne, Türkei ............................................................................................................32
4.3.2
Camp Eggers, Kabul .............................................................................................................32
4.3.3
Camp Koulikoro, Mali ...........................................................................................................33
4.4
Logistischer Umschlagpunkt Trabzon................................................................................33
4.5
Ausrüstung ............................................................................................................................34
4.5.1
Sicherung des deutschen ISAF-Kontingents und einer Folgemission ...........................35
4.5.2
Transporthubschrauber CH-53............................................................................................35
4.5.3
Persönliche Ausrüstung.......................................................................................................36
4.6
Transport in den und aus dem Einsatz...............................................................................36
4.7
Auslandsverwendungszuschlag .........................................................................................38
4.8
Betreuungskommunikation im Einsatz...............................................................................39
4.8.1
Allgemeine Situation.............................................................................................................39
4.8.2
Betreuungskommunikation an Bord seegehender Einheiten ..........................................40
4.9
Ausstattung mit Sportgeräten an Bord seegehender Einheiten ......................................41
4.10
Flughafen Masar-e Scharif ...................................................................................................41
4.11
Postversorgung.....................................................................................................................41
4.12
Verleihung der Einsatzmedaille der Bundeswehr .............................................................42
4.13
Umgang mit Alkohol .............................................................................................................43
4.14
Vorschriftenlage bei strafrechtlichen Ermittlungen ..........................................................43
5
Umgang mit sozialen Netzwerken im Internet....................................................................44
6
Personal .................................................................................................................................45
6.1
Beförderungssituation..........................................................................................................45
6.2
Verschiebung des Auswahlverfahrens für die Übernahme in das Dienstverhältnis
eines Berufssoldaten............................................................................................................46
6.3
Vorzeitige Versetzung in den Ruhestand und Dienstzeitverkürzung..............................47
6.4
Dienstzeugnisse....................................................................................................................48
6.5
Zivilberufliche Aus-und Weiterbildung ...............................................................................48
7
6.6
6.7
6.7.1
6.7.2
6.8
6.9
7
7.1
7.1.1
7.1.2
7.1.3
7.2
7.2.1
7.2.1.1
7.2.1.2
7.2.1.3
7.2.2
7.2.2.1
7.2.2.2
7.2.2.3
7.3
8
8.1
8.2
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10
11
12
13
14
14.1
14.2
14.3
14.4
14.5
15
15.1
15.2
15.3
15.4
16
17
18
19
20
20.1
20.2
Bearbeitung von Anträgen, Beschwerden und Eingaben ................................................49
Fähigkeitstransfer Hubschrauber .......................................................................................50
Versetzung von „Querschnittspersonal“ ...........................................................................50
Bekanntgabe von Versetzungsentscheidungen insbesondere bei
Standortschließungen ..........................................................................................................51
Entpflichtung von Hubschrauberpiloten ............................................................................52
Flugverkehrslotsen ...............................................................................................................53
Vereinbarkeit von Familie und Dienst.................................................................................53
Verwendungsplanung und Personalentscheidungen im Zuge der Umstrukturierung..54
Lebensphasen der Familiengründung................................................................................59
Anerkennung schwerwiegender persönlicher Gründe .....................................................60
Soldatenehepaare und Soldatenpaare................................................................................60
Vereinbarkeit von Familie und Dienst unter dem Gesichtspunkt Kinderbetreuung ......61
Kinderbetreuung im Inland ..................................................................................................61
Standortnahe Betreuung ......................................................................................................61
Familienfreundliche Planung von Fortbildungen und Lehrgängen .................................62
Familienfreundliche Arbeitszeiten, Ausgleich familienbedingter Vakanzen ..................63
Kinderbetreuung bei Auslandseinsätzen ...........................................................................64
Kinder unter drei Jahren als Einsatzhinderungsgrund.....................................................64
Familien- und Haushaltshilfen.............................................................................................65
Kinderbetreuung bei Auslandsverwendungen ..................................................................65
Ungelöstes Pendlerproblem ................................................................................................65
Frauen in den Streitkräften ..................................................................................................66
Frauenspezifische Diskriminierungen ................................................................................68
Militärische Gleichstellungsbeauftragte.............................................................................68
Mobbing, Sexuelle Belästigung...........................................................................................70
Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung, Kinderpornographie ........................71
Äußeres Erscheinungsbild/Haar-und Barterlass...............................................................72
Freiwilliger Wehrdienst.........................................................................................................73
Reservisten............................................................................................................................76
Sanitätsdienst........................................................................................................................78
Sanitätsoffiziere ....................................................................................................................78
Nichtärztliches Sanitätspersonal in Bundeswehrkrankenhäusern .................................80
Bundeswehrkrankenhäuser .................................................................................................82
Truppenärztliche Inlandsversorgung..................................................................................84
Kostenerstattung im Rahmen der sanitätsdienstlichen Versorgung ..............................87
Einsatzbedingte psychische Erkrankungen.......................................................................88
Früherkennung, Ausbildung und Therapieangebote ........................................................89
Einbeziehung Angehöriger in das Therapieangebot.........................................................91
Sicherstellung der therapeutischen Versorgung ..............................................................93
Ansprüche ausgeschiedener Soldatinnen und Soldaten, insbesondere
Einsatzrückkehrer .................................................................................................................93
Härtefallstiftung.....................................................................................................................96
Einsatz und Beschädigtenversorgung ...............................................................................97
Übernahme der Kosten für eine künstliche Befruchtung (In-vitro-Fertilisation)......... 101
Wegfall des Kindergeldes bei Freiwilligem Wehrdienst ................................................ 102
Verlagerung von Aufgaben der Bundeswehrverwaltung............................................... 102
Zulässigkeit und Folgen der Ressortvereinbarung für die parlamentarische Kontrolle103
Bearbeitung von Beihilfeanträgen ................................................................................... 104
8
20.3
20.4
21
22
23
24
Bearbeitung von Trennungsgeldanträgen ...................................................................... 106
Bearbeitung von Erstattungsanträgen für Berufsförderungsmaßnahmen.................. 107
Fehlerhafte Berechnung von Dienstbezügen ................................................................. 108
Übergangsregelung bei der Berufsförderung................................................................. 110
Kritik am derzeitigen Versorgungsausgleich.................................................................. 110
Militärseelsorge.................................................................................................................. 111
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Stellungnahme BMVg
zum Jahresbericht 2013 des Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages
ge nach dem Verbleib der dort eingerichteten
Gedenkstätten für die Soldaten, die im Einsatz
ihr Leben ließen. Nach einer Entscheidung des
Bundesministeriums der Verteidigung werden die
Gedenksteine und -tafeln in einen neu zu errichtenden Ehrenhain beim Einsatzführungskommando der Bundeswehr in der Henning-vonTresckow-Kaserne in Potsdam-Geltow eingebracht. Dieser Ehrenhain wird auch für Angehörige und Besucher zugänglich sein. Aus der Sicht
des Wehrbeauftragten ist mit dem Ehrenhain eine würdevolle Form der Fortsetzung des Gedenkens gefunden worden, die auch auf die Zustimmung der Angehörigen sowie der Soldatinnen und Soldaten trifft.
Das Berichtsjahr im Überblick
Für die Bundeswehr war 2013 ein Jahr großer
Umbrüche, sowohl im Hinblick auf die Beteiligung an internationalen Einsätzen, als auch
auf die Neuausrichtung der Streitkräfte.
Der Schwerpunkt deutscher Einsätze lag einmal
mehr auf dem Engagement in Afghanistan im
Rahmen der International Security Assistance
Force (ISAF). Allerdings wurde das deutsche
ISAF-Kontingent im Berichtsjahr erheblich verkleinert.
Die Reduzierung und Rückführung von militärischem Personal und Material aus einem
Einsatzgebiet ist immer eine besonders labile
Phase, weil sie die Frage nach der Absicherung der verbleibenden Kräfte stellt. In dem
unter deutscher Verantwortung geführten Regionalkommando Nord wurden im Berichtsjahr
der OP (Observation Post) North und das
Feldlager Kunduz geräumt. Unabhängig davon
blieb die Zahl der Anschläge auf afghanische
und auch deutsche Kräfte im Bereich des Regionalkommandos Nord hoch. Anfang Mai
2013 fiel bei einem Feuergefecht mit Aufständischen erstmals seit fast zwei Jahren
wieder ein deutscher Soldat, ein weiterer wurde verwundet. Der Vorfall zeigt, wie gefährlich
die Lage vor Ort immer noch ist. Vor diesem
Hintergrund ist insbesondere darauf zu achten,
dass die Sicherheit der verbleibenden Kräfte
gewährleistet bleibt.
Im Inland stand im Berichtsjahr die Umsetzung
der nach der Neuausrichtung einzunehmenden
zukünftigen Struktur der Streitkräfte und der
Bundeswehrverwaltung im Vordergrund. Zwei
Veränderungen grundsätzlicher Art geben Anlass, noch einmal die Frage nach ihrer Zulässigkeit aufzuwerfen.
Die erste Veränderung ist die Führung von
Soldaten in gemischten Dienststellen durch beamtenrechtliche Weisung. Nach dem Dresdner
Erlass des Bundesministers der Verteidigung
de Maizière soll es in gemischten Dienststellen
keine truppendienstliche Unterstellung von Soldaten mehr geben. Ungeachtet dessen behalten Soldaten auch in gemischten Dienststellen
ihren Status und unterliegen damit dem Disziplinarrecht nach der Wehrdisziplinarordnung
und sind von militärischen Vorgesetzen zu beurteilen. Beides soll zukünftig durch damit beauftragte Vorgesetzte geschehen. Es bestehen
Zweifel, dass das zulässig ist. Sowohl die
Ausübung der Disziplinarbefugnis als auch das
Recht zur Beurteilung sind Ausdruck der Vorgesetztenstellung, können selbst eine solche
Stellung aber nicht begründen. Unter diesem
Gesichtspunkt bleibt abzuwarten, ob die derzeit geübte Praxis einer rechtlichen Überprüfung standhält.
Neben den laufenden Einsätzen kamen für die
Bundeswehr im Berichtsjahr neue Einsätze im
Senegal, in Mali und in der Türkei hinzu. Die
Stationierung der deutschen Truppenkontingente vor Ort deckte erhebliche Mängel in der
Planung und Vorbereitung der Stationierung
auf. Der Bericht geht darauf ausführlich ein.
Darüber hinaus machen die neuen Einsätze
deutlich, dass die derzeit eingenommene
Struktur im Hinblick auf die Einsätze noch immer nicht als nachhaltig bezeichnet werden
kann. Konkrete Beispiele dazu finden sich unter dem Gesichtspunkt einer strukturellen
Überforderung. Dabei bilden die genannten
Beispiele nur die Spitze des Eisbergs. Die
Bundeswehr steht mit den laufenden Einsätzen
personell wie materiell nach wie vor an den
Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit. Das gilt inzwischen nicht nur für Spezialisten aller Teilstreitkräfte und Organisationsbereiche, sondern
auch für Infanteriekräfte des Heeres ebenso wie
für den taktischen Lufttransport und die Einsatzkräfte der Marine.
Die zweite Veränderung ist die Umsetzung der
Ressortvereinbarung vom November 2012 zwischen dem Bundesministerium der Verteidigung, dem Bundesministerium des Innern und
dem Bundesministerium der Finanzen und die
darin verfügte Verlagerung von Zuständigkeiten der Bundeswehrverwaltung in den Geschäftsbereich des Bundesministeriums des
Innern beziehungsweise des Bundesministeriums der Finanzen. Einzelheiten zu der Vereinbarung sowie ihrem Inhalt und den für die
Betroffenen sehr belastenden Folgen ihrer Umsetzung finden sich im Kapitel „Verlagerung
von Aufgaben der Bundeswehrverwaltung“.
Mit Aufgabe der Feldlager in Feyzabad und
Kunduz sowie des OP North stellte sich die Fra-
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Stellungnahme BMVg
zum Jahresbericht 2013 des Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages
Darüber hinaus äußerten erneut zahlreiche
Petenten Sorgen, aufgrund der Anrufung des
Wehrbeauftragten dienstlich benachteiligt zu
werden. Vorgesetzte bleiben insoweit aufgefordert, nicht nur auf die Einhaltung des Benachteiligungsverbotes zu achten, sondern ein Klima des Vertrauens zu schaffen, das Sorgen
um mögliche Benachteiligungen gar nicht erst
aufkommen lässt. Der Wehrbeauftragte wird
auch zukünftig die Beachtung des Benachteiligungsverbotes mit allen ihm zu Gebote stehenden Mitteln durchsetzen.
An der Zulässigkeit der Ressortvereinbarung
bestehen Zweifel. Selbst wenn sie zulässig
sein sollte, wirft sie weitreichende Fragen zur
Zuständigkeit des Verteidigungsausschusses
und den Kontrollrechten des Wehrbeauftragten
im Rahmen der parlamentarischen Kontrolle
der Streitkräfte auf, die noch einmal sorgfältig
durchdacht und beantwortet werden müssen.
Für die Soldatinnen und Soldaten kam es vor
allem darauf an, dass auch nach der Verlagerung der Zuständigkeit ihre Beihilfe-, Trennungsgeld- und Erstattungsanträge für Berufsförderungsmaßnahmen sach- und zeitgerecht
bearbeitet werden. Das war nicht der Fall. Allein bei Beihilfeanträgen von Versorgungsempfängern kam es im Sommer 2013 zu einem Stau von 60.000 Anträgen. Der Bericht
erläutert, wie es dazu kam und welche vorläufigen Maßnahmen ergriffen wurden, um den
entstandenen Stau in den Griff zu bekommen.
Bis zum Jahresende ist das nicht gelungen.
Auch aus diesem Grund sollten die Verlagerung an sich wie auch ihre Umsetzung noch
einmal grundsätzlich auf den Prüfstand gestellt
werden.
Auch im Personalbereich kam es zu erheblichen Verzögerungen bei der Bearbeitung von
Anträgen, Beschwerden und Eingaben. Ursächlich dafür war unter anderem eine Vervielfachung des Beschwerde- und Klageaufkommens. Überraschen konnte das nicht. Im
Berichtsjahr hat die Umsetzung der Neuausrichtung auf Einheits- und Verbandsebene eingesetzt. Viele Betroffene waren mit den getroffenen Entscheidungen nicht einverstanden. Sie
klagten dagegen oder wandten sich an den
Wehrbeauftragten. Besonderen Ärger bei den
Betroffenen löste die Umsetzung der Entbindung von über 600 Hubschrauberpiloten von
ihrer fliegerischen Verwendung aus. Daneben
bot der „Fähigkeitstransfer Hubschrauber“ verständlichen Anlass zu zahlreichen Klagen. Der
Bericht geht darauf ein.
Führungsverhalten und Ausbildung sind Themen, denen sich der Jahresbericht regelmäßig
zuwendet, so auch in diesem Jahr. In den einschlägigen Kapiteln finden sich konkrete Beispiele für Fehlverhalten einzelner Vorgesetzter.
Besonders misslich ist es, wenn solches Fehlverhalten in der Grundausbildung auftritt. Junge Soldatinnen und Soldaten nehmen das
nicht selten zum Anlass, der Bundeswehr
wieder den Rücken zu kehren.
Angesichts der Kritik an zahlreichen Versetzungsentscheidungen stellt sich die Frage, warum der Dienstherr nicht versucht – wie von mir
vorgeschlagen – neue Wege einzuschlagen,
beispielsweise indem Dienstposten ausgeschrieben werden. Andere Nationen haben damit gute
Erfahrungen gemacht. Die Ausschreibung von
Dienstposten könnte unter anderem zu einer
deutlichen Verbesserung der Vereinbarkeit von
Familie und Dienst führen. Anstelle der personalführenden Dienststellen würden dann nämlich
die Soldatinnen und Soldaten selbst einschätzen,
welche der zu besetzenden Dienstposten am
besten zu ihrer Laufbahnplanung und ihrem familiären Umfeld passen und sich auf diese Dienstposten bewerben. Dadurch könnte viel Spannung aus Versetzungsentscheidungen herausgenommen werden.
Anschläge auf die Bundeswehr sowie auf Soldatinnen und Soldaten im Inland geben Anlass,
auf die Sicherheitslage der Bundeswehr einzugehen. Einzelheiten dazu finden sich im Kapitel „Sicherheitslage Inland“. Vor dem Hintergrund der Anschläge sollte die Sicherung von
Kasernen und Liegenschaften der Bundeswehr
einer grundsätzlichen Überprüfung unterzogen
werden.
Für die Arbeit des Wehrbeauftragten ist die
Bearbeitung von Eingaben in den Dienststellen
und Kommandobehörden der Bundeswehr von
entscheidender Bedeutung. Eine zügige Bearbeitung ist nur gewährleistet, wenn die dazu
vorgesehenen Dienstposten in der Truppe besetzt sind. Das war im Berichtsjahr in weiten
Bereichen nicht der Fall. Dadurch kam es zu
erheblichen Verzögerungen bei der Bearbeitung von Eingaben. Der ehemalige Bundesminister der Verteidigung de Maizière hatte Abhilfe zugesagt.
Der Schlüssel für die Steigerung der Attraktivität des Dienstes liegt in der Verbesserung der
Vereinbarkeit von Familie und Dienst. Die Vereinbarkeit von Familie und Dienst hat viele
Facetten. Dazu gehören neben dem Abbau der
dienstlichen Belastung eine stärkere Transparenz der Einsatz- und Verwendungsplanung,
die Verringerung der Entfernung zwischen
Dienst- und Wohnort wie auch eine bessere
11
Stellungnahme BMVg
zum Jahresbericht 2013 des Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages
Kinderbetreuung. Auf all diese Aspekte geht
der Bericht ausführlich ein. Dabei wird deutlich,
dass sich – entgegen anders lautender Ankündigungen – die von der Bundeswehr dazu
bisher ergriffenen Maßnahmen auf den Versuch einer Optimierung der vorhandenen
Strukturen beschränken, anstatt sich davon zu
lösen und nach neuen Wegen zu suchen.
1
Führungsverhalten
Seit Aufstellung der Bundeswehr ist militärische Führung den Grundsätzen der Inneren
Führung unterworfen. Zu diesen Grundsätzen
gehören unter anderem gegenseitige Achtung
und Respekt. Nicht alle Vorgesetzten werden
diesem Anspruch gerecht, wie negative Beispiele zu den Stichworten Umgangston und
Umgangsformen zeigen. Auch die Reaktion
auf Dienstpflichtverletzungen war nicht immer
angemessen. Besondere Aufmerksamkeit gilt
weiterhin allen Vorkommnissen mit Anhaltspunkten für politischen Extremismus, Antisemitismus und Fremdenfeindlichkeit.
Beunruhigende Meldungen über sexuelle Übergriffe haben die Situation der Frauen in den
Streitkräften wieder stärker ins Blickfeld gerückt. Vor diesem Hintergrund ist nicht zu verstehen, dass die seit inzwischen fast einem
Jahr vorliegende Studie „Truppenbild ohne
Dame?“ noch immer nicht veröffentlicht ist.
Das könnte Anlass zu Mutmaßungen geben,
die Ergebnisse entsprächen nicht den Erwartungen des Ministeriums. Bei Gesprächen im
Rahmen von Truppenbesuchen klagten zahlreiche Frauen über frauenspezifische Diskriminierungen. Einzelheiten dazu finden sich im
Kapitel „Frauen in den Streitkräften“.
Stellungnahme BMVg
Die Konzeption Innere Führung und das Leitbild
vom Staatsbürger in Uniform bleiben auch in
Zukunft die Grundlagen für die Führung in der
Bundeswehr. Ein von gegenseitigem Respekt
geprägtes Führungsverhalten bildet die unabdingbare Basis verantwortungsbewusster, auftragsorientierter und zeitgemäßer Menschenführung. Die kritische Reflektion eigenen Führungsverhaltens ist Schlüssel zur Weiterentwicklung
und Festigung der eigenen Führungsfähigkeit.
Erkannten Führungsmängeln wird im Rahmen
helfender Dienstaufsicht durch erzieherische und,
wenn erforderlich, auch durch disziplinare Maßnahmen entgegengewirkt.
Menschenführung ist Kernaufgabe aller militärischen Vorgesetzten. Sie legt den Grundstein
für die Akzeptanz und das Vertrauen der Soldatinnen und Soldaten in die Führung und ist
wesentlicher Eckpfeiler für die Motivation, die
Gefolgschaft und Leistung der Untergebenen.
Nur ein von gegenseitigem Respekt geprägtes
intaktes Verhältnis zwischen Vorgesetzten und
Untergebenen ist der Garant für die erfolgreiche Ausführung des Auftrags der Bundeswehr. Menschenführung, basierend auf den
Prinzipien der Inneren Führung, bleibt Bestandteil aller Laufbahn- und Führungslehrgänge.
Defizite im Führungsverhalten werden nicht
geduldet und mit den zur Verfügung stehenden
Möglichkeiten abgestellt und ggf. gemäß der
Wehrdisziplinarordnung geahndet.
Rechtsextremismus, Antisemitismus und Fremdenfeindlichkeit sowie jede andere Form von Extremismus werden in der Bundeswehr nicht toleriert. Dies wird bereits in den Einstellungsverfahren berücksichtigt. Darüber hinaus wird
auch im Truppenalltag sowie auf Lehrgängen
durch Vorgesetzte aller Führungsebenen zu der
Thematik aufgeklärt. Hinweisen auf Verdachtsmomente hinsichtlich Rechtsextremismus, Antisemitismus und Fremdenfeindlichkeit geht die
Bundeswehr konsequent nach und klärt die
Sachverhalte umfassend auf und reagiert mit
Erhebliche Sorgen bereitet nach wie vor die
sanitätsdienstliche Versorgung der Soldatinnen
und Soldaten. Zur Neuausrichtung der Bundeswehrkrankenhäuser gehört die Ausprägung
von Fachkompetenzen, ohne dass bisher allerdings das dazu erforderliche Personal bereit
stünde und der notwendige klinische Systemverbund eingerichtet wäre. Außerdem fehlt die
Infrastruktur für die Unterbringung von ambulanten Patienten und Angehörigen stationär
aufgenommener Patienten, die wegen der Entfernung des Krankenhauses nicht an demselben Tag zu ihrem Dienst- beziehungsweise
Wohnort zurückkehren können.
Auch die truppenärztliche Versorgung leidet
weiter unter erheblichem Personalmangel. Nur
unter Ausschöpfung aller Ressourcen, darunter der Rückgriff auf zivile Vertragsärzte, die
Abordnung früherer Musterungsärzte und die
Einbindung von Reservisten, konnte die erforderliche Tagesantrittsstärke von 75 Prozent bei
Truppenärzten erreicht werden. Im Ergebnis ist
festzustellen, dass die bisher ergriffenen Maßnahmen trotz allen Bemühens noch nicht zu
einer nachhaltigen Lösung der bestehenden
Probleme geführt haben.
Für traumatisierte Soldatinnen und Soldaten und
ihre Angehörigen ist das Therapieangebot im Berichtsjahr ausgeweitet worden. Gleichwohl reichen die verfügbaren Kapazitäten immer noch
nicht aus, um dem weiter steigenden Bedarf gerecht zu werden. Nähere Ausführungen dazu finden sich im Kapitel „Einsatzbedingte psychische
Erkrankungen“.
12
Stellungnahme BMVg
zum Jahresbericht 2013 des Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages
Das vorgelebte und im Dienstalltag erlebbare
Führungsverhalten von Vorgesetzten aller
Ebenen, das auch Umgangsformen und Umgangston ausdrücklich mit einbezieht, ist dabei
ausschlaggebend für die lebendige Umsetzung
der Grundsätze der Inneren Führung, insbesondere auch in der derzeitigen Phase der
Neuausrichtung.
Darüber hinaus wird dieses auf den Grundsätzen der Inneren Führung beruhende Führungsverhalten in der Erziehung und Ausbildung von Vorgesetzten und jungem Führernachwuchs immer wieder vermittelt. Nur gegenseitiger Respekt und gegenseitiges Vertrauen bilden ein tragfähiges Fundament für
erfolgreiches Handeln im Team sowohl im
Grundbetrieb, wie auch im Einsatz. Eine Anrede nur mit Namen ohne Ansprache ist respektlos und zeugt von mangelnder Achtung.
Die korrekte Anrede zwischen Angehörigen
der Streitkräfte ist in der Zentralen Dienstvorschrift 10/8 eindeutig festgelegt und verbindlich.
Soldatinnen und Soldaten unterschiedlicher
Dienstgradgruppen sowie Vorgesetzte und
Untergebene reden sich gegenseitig mit der
dienstlichen Anrede an. Dies gilt auch, wenn
Vorgesetzte und Untergebene denselben
Dienstgrad tragen. Die dienstliche Anrede wird
um den Namen ergänzt, wenn mehrere Soldatinnen oder Soldaten mit demselben Dienstgrad anwesend sind. Hierzu hat sich in den
Streitkräften in Bereichen, wo Vorgesetzte und
Untergebene täglich eng zusammenarbeiten
und sich ein besonderes Vertrauensverhältnis
gebildet hat, über Jahre eine Praxis entwickelt,
nach der Vorgesetzte ihre Untergebenen mit
„Herrn / Frau“ und „Namen“ unter Weglassung
des Dienstgrades anreden. Diese Praxis ist h.
E. nicht zu beanstanden. Der Gebrauch der
dienstlichen Anrede würde in diesen Bereichen
teilweise als zu distanziert aufgefasst werden.
Verstöße im Bereich der Menschenführung
und gegen die Pflichten als Vorgesetzter werden sehr ernst genommen und intensiv verfolgt.
Defizite oder Mängel, auch wenn es sich nur
um Einzelfälle handelt, werden nicht toleriert
und jeweils geahndet.
Die dargestellten verbalen Entgleisungen haben
nichts mit dem Menschenbild in der Bundeswehr
gemein und müssen mit allen gebotenen Mitteln
verfolgt werden. Betroffene Soldatinnen und Soldaten sollen Vorgesetzte ins Vertrauen ziehen
und gegebenenfalls Vertrauenspersonen, die militärischen Gleichstellungsbeauftragten oder
Gleichstellungsvertrauensfrauen als bereits
strukturell und dauerhaft verankerte Ansprechpartner mit einbeziehen. Der Hinweis des Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages wird
in den Organisationsbereichen zum Anlass genommen, Vorgesetzte aller Führungsebenen auf
die korrekte Anrede hinzuweisen sowie für einen
Nachdruck auf Fehlverhalten. Der in Erstellung
befindliche Zentralerlass „Vorbeugung und Umgang mit Extremismus in der Bundeswehr“ dient
dazu als Grundsatzdokument.
1.1
Umgangston und Umgangsformen
Zu den Grundsätzen der Inneren Führung gehört ein angemessener Umgang miteinander.
Umgangston und Umgangsformen prägen das
Verhältnis zwischen Vorgesetzen und Untergebenen. In ihnen spiegeln sich gegenseitige
Achtung und Respekt.
An Achtung und Respekt gegenüber Untergebenen mangelt es Vorgesetzten, die diese
nicht, wie in der Zentralen Dienstvorschrift
(ZDv) 10/8, Ziffer 626 ausdrücklich vorgeschrieben, mit Dienstgrad, sondern nur mit ihrem Namen anreden. Nach Einlassung Betroffener ist das eine weit verbreitete Praxis in der
Bundeswehr. Gleichstellungsbeauftragte berichteten, dass in einigen Ämtern Soldatinnen,
im Gegensatz zu ihren Kameraden, grundsätzlich nur mit Namen angeredet würden. Sie
empfinden das zu Recht als besondere Form
der Diskriminierung. Die vorgenannte Anrede
ist unzulässig. Höhere Vorgesetzte sind verpflichtet, im Wege der Dienstaufsicht dagegen
vorzugehen.
Respektlosigkeit beginnt mit Flapsigkeit und
vermeintlicher Lockerheit. Sie sind der Nährboden für Überheblichkeit, die bis zu Beleidigung und Bedrohung von Untergebenen reicht.
Das galt beispielsweise für einen Offizier, der
Untergebene unter anderem mit den Worten
anschrie: „Wenn Sie noch mal ungehorsam
sind, zerreiße ich Sie in der Luft. Ich kann in
diesem Bataillon machen was ich will. Sie sind
nichts wert.“
Noch gravierender sind Beleidigungen, die mit
primitivsten Formulierungen in Sexismus abgleiten. So benutzten Vorgesetzte Begriffe wie
„Schlampe“ „Hure“ oder „Schwuchtel“. Solchen
Entgleisungen muss mit allen gebotenen Mitteln des Disziplinar- und Strafrechts begegnet
werden.
Stellungnahme BMVg
Die Grundsätze der Inneren Führung bilden die
Grundlage für den militärischen Dienst in der
Bundeswehr und bestimmen das Selbstverständnis der Soldatinnen und Soldaten. Sie
sind Leitlinie für die Führung von Menschen in
der Bundeswehr und den richtigen Umgang
miteinander. Den Maßstab bildet die Werteordnung des Grundgesetztes.
13
Stellungnahme BMVg
zum Jahresbericht 2013 des Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages
angemessenen verbalen Umgang miteinander
zu sensibilisieren.
pflichtverletzungen gefährden den Zusammenhalt und die Disziplin der Truppe. Ein Beispiel dafür findet sich im Abschnitt „Führungsverhalten“. Vorgesetzte sind im Rahmen der
Dienstaufsicht aufgerufen, die Ausübung der
Disziplinarbefugnis zu beobachten und auf eine ausgewogene Anwendung hinzuwirken.
1.2
Reaktion auf
Dienstpflichtverletzungen
Pflichtwidriges Verhalten von Soldatinnen und
Soldaten ist mit der gebotenen Sorgfalt aufzuklären und angemessen zu ahnden. Voraussetzung dafür sind gefestigte Rechtskenntnisse im Disziplinar- und Beschwerderecht. Nicht
alle Vorgesetzten wurden diesem Anspruch
gerecht. Angesichts der aufgetretenen Mängel
bleibt der Dienstherr aufgefordert, die erforderliche Aus- und Weiterbildung von Vorgesetzten
in diesem Bereich sicherzustellen. Positiv herauszustellen ist in diesem Zusammenhang die
Einsetzung eines „Beauftragten für die
Rechtsausbildung in den Streitkräften“ am
Zentrum Innere Führung. Die Einsetzung dieses Beauftragten ist ein wichtiger Beitrag zur
Sicherstellung der Rechtsausbildung auf hohem Niveau.
Stellungnahme BMVg
Die für die Ausübung der Disziplinarbefugnis
erforderlichen Kenntnisse werden in den Laufbahn- und entsprechenden Führungslehrgängen ebenengerecht durch Rechtslehrerinnen
und -lehrer vermittelt. Darüber hinaus werden
in den Verbänden durch die jeweils zuständigen Rechtsberaterinnen und Rechtsberater
regelmäßig Rechtsunterrichte durchgeführt.
Das Zentrum Innere Führung bietet – auch in
Erkenntnis des dargestellten Weiterbildungsbedarfs – ergänzend einen Lehrgangstyp
„Handlungstraining Wehrrecht für Disziplinarvorgesetzte und Personaloffiziere“ an. Damit
wird eine weitere Verbesserung des Ausbildungsstandes der Vorgesetzten und verantwortlichen Offiziere erreicht.
Mit der Implementierung des “Beauftragten für
die Rechtsausbildung in den Streitkräften“ am
Zentrum Innere Führung wird die Dienstaufsicht im Bereich der Rechtsausbildung und
auch in der Rechtsanwendung nachhaltig verdichtet werden können.
Den Disziplinarvorgesetzten kommt mit der
Ausübung der Disziplinarbefugnis eine bedeutende Rolle im inneren Gefüge der Streitkräfte
zu. Die Ermittlungen wie auch die Ausübung
der Disziplinargewalt werden durch die Soldatinnen und Soldaten wahrgenommen und nehmen damit Einfluss auf deren Rechtsempfinden. Gleichwohl darf dabei nicht außer Acht
gelassen werden, dass die tatsächliche Entscheidung des jeweiligen Disziplinarvorgesetzten immer auf den individuellen Einzelfall bezogen getroffen wird. Die Disziplinarvorgesetzten entscheiden dabei alleinverantwortlich; ihnen darf gemäß Wehrdisziplinarordnung nicht
befohlen werden, ob und wie sie ahnden sollen.
Einer möglichen Übersteuerung dieser Entscheidung sind durch die Wehrdisziplinarordnung gesetzliche Grenzen gesetzt. Bewusste Verzögerungen in der Bearbeitung von
Disziplinarangelegenheiten sind, insbesondere
wenn die Anwendung disziplinarer Maßnahmen dadurch nicht mehr möglich ist, nicht hinnehmbar. Hier sind die nächsthöheren Vorgesetzten gefordert, auf eine ausgewogene
Anwendung der Disziplinarbefugnis hinzuwirken.
Dem zuständigen Disziplinarvorgesetzten fällt
bei der Aufklärung und Ahndung von Dienstvergehen eine besondere Verantwortung zu.
Er entscheidet nach Ausübung pflichtgemäßen
Ermessens, ob und wie er auf Dienstpflichtverletzungen reagiert. Seine Entscheidung hat
unmittelbare Auswirkungen auf den Zusammenhalt der ihm unterstellten Soldatinnen und
Soldaten. Sie erwarten, fair behandelt zu werden. Eine unangemessene Ahndung von
Dienstpflichtverletzungen verletzt das Gerechtigkeitsempfinden der Soldaten und schadet
dem Zusammengehörigkeitsgefühl. Auch im
vergangenen Jahr gab es Fälle, in denen eine
angemessene Reaktion auf festgestelltes
Fehlverhalten unterblieb. So wurde in Fällen, in
denen die Verhängung einer einfachen Disziplinarmaßnahme geboten gewesen wäre, darauf verzichtet oder die Ermittlungen bis zum
Ablauf von sechs Monaten nicht abgeschlossen, so dass die Verhängung einer einfachen
Disziplinarmaßnahme nach Paragraph 17 Absatz 2 Wehrdisziplinarordnung ausgeschlossen
war. In einigen dieser Fälle drängte sich der
Eindruck auf, dass ganz bewusst auf den Ablauf der Frist gewartet wurde. In anderen Fällen wurde von der gebotenen Einleitung eines
gerichtlichen Disziplinarverfahrens abgesehen
oder eine weniger belastende Disziplinarmaßnahme verhängt. Auch das widerspricht den
Grundsätzen des Disziplinarrechts und verletzt
den Gleichheitsgrundsatz, der die Rechte aller
Soldaten sichern soll.
Unangemessene
Reaktionen
auf
Dienst-
14
Stellungnahme BMVg
zum Jahresbericht 2013 des Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages
fordert, politischem Extremismus, Antisemitismus und Fremdenfeindlichkeit mit aller Deutlichkeit und der gebotenen Entschlossenheit
entgegenzutreten.
1.3
Politischer Extremismus,
Antisemitismus und
Fremdenfeindlichkeit
Meldungen über Vorfälle mit Verdacht auf politischen Extremismus, Antisemitismus und
Fremdenfeindlichkeit in der Bundeswehr werden vom Wehrbeauftragten weiterhin mit besonderer Aufmerksamkeit verfolgt. Im Berichtsjahr wurden 58 einschlägige Vorkommnisse gemeldet. Im Jahr zuvor waren es 67.
Stellungnahme BMVg
Die Bundeswehr nimmt hinsichtlich des Umgangs mit politischem Extremismus eine besondere gesamtgesellschaftliche Verantwortung
wahr. Die Bundeswehr duldet keine Angehörigen,
von denen extremistische Bestrebungen und
Verhaltensweisen ausgehen, die extremistischen
Personenzusammenschlüssen angehören oder
solche Personenzusammenschlüsse unterstützen. Deshalb werden Verstöße unnachgiebig
verfolgt und geahndet. Ein noch in diesem Jahr
in Kraft tretender Zentralerlass „Vorbeugung und
Umgang
mit
Extremismus
in
der
Bundeswehr“ wird alle bestehenden Weisungen
und Erlasse unter einem Dach zusammenfassen.
Damit können sich Vorgesetzte noch eingehender mit dem Thema Extremismus und seinen
Erscheinungsformen auseinandersetzen und
ihrer Verantwortung in der Führung und
Wahrnehmung vollumfänglich nachkommen.
Dazu werden ihnen die nötigen Handreichungen und Materialen benannt, um ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aufzuklären und durch
politische Bildung, Ausbildung und rechtliche
Unterweisung im rechtsstaatlichen Bewusstsein zu schulen und zu festigen.
Eine besondere Sorgfaltspflicht besteht darüber
hinaus bereits vor Einstellung in die Bundeswehr
im Rahmen der Personalgewinnung, um damit
mögliche oder erkannte Gewalttäter und Funktionäre extremistischer Organisationen fernzuhalten.
Die Prävention im aktiven Personalkörper bildet darüber hinaus einen weiteren Schwerpunkt. Mitläufer oder für Extremismus anfällige
Angehörige der Bundeswehr sind frühzeitig zu
identifizieren und durch Aufklärung, Erziehung
und dienstrechtliche Maßnahmen vom falschen Weg abzuhalten und auf den Boden der
freiheitlich-demokratischen Grundordnung zurückzuführen. Die Bekämpfung aller Formen
des politischen Extremismus ist ein vitales Ziel
und dient zugleich der Stärkung des inneren
Zusammenhaltes.
Die Summe der anwendbaren Maßnahmen
trägt dazu bei, politischem Extremismus, Antisemitismus und Fremdenfeindlichkeit mit aller
Deutlichkeit und der gebotenen Entschlossenheit entgegenzutreten bzw. mögliche Bewerberinnen und Bewerber für einen Dienst in der
Bundeswehr nicht einzustellen.
Inhaltlich ging es ganz überwiegend um sogenannte Propagandadelikte, das heißt die Benutzung einschlägiger Parolen, die Verwendung von Kennzeichen verfassungsfeindlicher
Organisationen, die Verbreitung von Propagandamaterial sowie den Besitz, das Einbringen und Verwenden von Tonträgern mit einschlägiger Musik.
In rund 22 Prozent der Verdachtsfälle konnten
Dienstvergehen nicht nachgewiesen oder Täter nicht ermittelt werden. Waren Täter dingfest
zu machen, handelte es sich um Mannschaftsdienstgrade (55 Prozent) und Unteroffiziere (40
Prozent), in einzelnen Fällen sogar um Offiziere.
Drei Meldungen im Berichtsjahr waren besonders schockierend. Drei Marinesoldaten wird
vorgeworfen, in einem arabischen Land im
Poolbereich eines Hotels in unterschiedlicher
Tatbeteiligung erhebliche Mengen selbst mitgebrachten Alkohols konsumiert, den „Hitler-Gruß”
gezeigt und Hotelpersonal mit diskriminierenden
Äußerungen beleidigt zu haben. In zwei weiteren
Fällen werden zwei Offiziere verdächtigt, gegenüber Soldaten den Holocaust geleugnet zu
haben. In allen Fällen sind disziplinare Ermittlungen aufgenommen und die zuständigen
Staatsanwaltschaften eingeschaltet worden.
Was Soldaten zu einem solchen Verhalten
bewegt, kann nicht immer aufgeklärt beziehungsweise nachgewiesen werden. Ungeachtet dessen ist ein solches Verhalten in keinem
Fall zu tolerieren. Wer bedacht oder unbedacht
nationalsozialistische Gesten verwendet und
entsprechende Äußerungen tätigt, extremistische Musik hört oder gar den Holocaust leugnet, verlässt den Boden unserer gemeinsamen
Rechtsordnung und ist dafür konsequent zur
Verantwortung zu ziehen. In den dem Wehrbeauftragten bekannt gewordenen und abgeschlossenen Fällen ist das auch geschehen.
Das ist zu begrüßen.
1.4
Sicherheitslage Inland
Anschläge auf die Bundeswehr im Inland hat
Alle Soldatinnen und Soldaten bleiben aufge-
15
Stellungnahme BMVg
zum Jahresbericht 2013 des Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages
es vereinzelt immer gegeben. Art und Umfang
der Anschläge im Berichtsjahr geben Anlass,
in diesem Bericht näher darauf einzugehen.
Besondere Schlagzeilen machten ein Brandanschlag auf eine Kaserne in Havelberg und
das Eindringen eines Unbefugten in ein Luftfahrzeug der Flugbereitschaft der Bundeswehr
auf dem Flughafen Köln-Wahn. Darüber hinaus wurden in zahlreichen Liegenschaften der
Bundeswehr Radmuttern von militärischen wie
privaten Fahrzeugen gelöst.
rischen beziehungsweise privaten Fahrzeugen
gelöst wurden. Die Zahl solcher Vorfälle ist
besorgniserregend. In den Jahren 2011und
2012 wurden jeweils mehrere Hundert solcher
Vorfälle gemeldet. Für das Berichtsjahr konnte
das Bundesministerium der Verteidigung keine
endgültigen Zahlen nennen. Aus der Entwicklung des ersten Halbjahres kann aber auf eine
ähnlich signifikante Zahl geschlossen werden.
Täter konnten bisher in keinem Fall ermittelt
werden.
Am 27. Juli 2013 gegen 2.00 Uhr morgens
wurde in der Elb-Havel-Kaserne in Havelberg
ein Brandanschlag verübt, bei dem 19 Bundeswehrfahrzeuge in Brand gerieten. Personen kamen zum Glück nicht zu Schaden. Der
durch den Anschlag verursachte Sachschaden
wird auf mehrere Millionen Euro geschätzt.
Ausgelöst wurde der Brand durch mehrere
miteinander verbundene Brandsätze mit verzögerten Zündern. Täter konnten bisher nicht
ermittelt werden.
Angesichts dieser Fälle sollte die Bewachungssituation in den betroffenen Standorten
überprüft werden. Ein Schritt zur Erhöhung der
Sicherheit könnte darin liegen, noch mehr Parkmöglichkeiten innerhalb des bewachten Kasernengeländes anzubieten. Darüber hinaus ist es
aus meiner Sicht zum Schutz der Soldatinnen
und Soldaten durchaus zulässig, auch durch
Befehl das Überprüfen des festen Sitzes von
Radmuttern vor Fahrtantritt sicherzustellen. Im
Interesse der eigenen Sicherheit sollten alle Betroffenen Verständnis dafür haben.
Anfang August gelang es einem jungen Mann,
der sich Zutritt zum militärischen Teil des
Flughafens Köln-Wahn verschafft hatte, dort in
ein Luftfahrzeug der Flugbereitschaft einzudringen. Der Vorfall fiel nur dadurch auf, dass
der Täter im Inneren des Flugzeuges ein Notsignal auslöste, durch das die Wache alarmiert
wurde und der Täter schließlich festgenommen
werden konnte. Neben dem entstandenen
Schaden von rund 50.000 Euro warf das Eindringen an sich und die Tatsache, dass der
Täter zunächst unentdeckt blieb, Fragen zur
Absicherung der Liegenschaft und des Luftfahrzeugs auf.
Stellungnahme BMVg
Der Bericht des Wehrbeauftragten stellt Einzelfälle heraus, die für die Militärische Sicherheit
der Bundeswehr Ausnahmen darstellen, denen
in jedem Einzelfall mit größter Sorgfalt nachgegangen wird. Das System der Bewachung
und Absicherung von Liegenschaften der Bundeswehr ist angemessen aufgestellt. Die Anzahl der gemeldeten Vorkommnisse mit Verdacht auf Straftaten gegen die Bundeswehr in
den letzten zehn Jahren ist rückläufig. Dennoch nimmt das Bundesministerium der Verteidigung jeden Einzelfall ernst und prüft Ursachen, Hintergründe und ggf. Handlungsbedarf
zur Vermeidung künftiger Vorfälle. Der Brandanschlag in der Elb-Havel-Kaserne in Havelberg
wurde nach polizeilicher Auswertung in den
Zusammenhang mit dem zeitgleich beim Truppenübungsplatz Altmark stattfindenden „Sommercamp“ von Linksextremisten gebracht.
Nach internen Ermittlungen des Militärischen
Abschirmdienstes (MAD) können auch Innentäter nicht ausgeschlossen werden. Im Vorfeld
des „Sommercamps“ waren durch den MAD
Hinweise zu potenziellen Gefährdungen an die
umliegenden Standorte weitergegeben worden.
Im Bereich der Elb-Havel-Kaserne hatten sie
den Kasernenkommandanten nicht erreicht, da
die Informationen zu spät bzw. innerhalb der
Liegenschaft nicht umfassend und sachgerecht
weitergegeben wurden. Daher wurden keine
bewachungsverstärkenden Maßnahmen getroffen. Zur Vermeidung zukünftiger Anschläge
wurde durch das Bundesministerium der Verteidigung mit Sicherheitshinweisen auf die
Unabhängig von den beiden zuvor genannten
Vorfällen sprachen den Wehrbeauftragten
Soldaten bei Truppenbesuchen vermehrt auf
Probleme bei der Bewachung von Liegenschaften der Bundeswehr an. Sie klagten darüber, dass militärische Wachen immer mehr
ausgedünnt würden und die Wachbelastung
angesichts der Auftragslage und einer dünnen
Personaldecke nicht zu bewältigen sei. Beides,
die genannten Vorfälle und die Hinweise aus
der Truppe, geben Anlass, die Bewachung von
Liegenschaften der Bundeswehr einer nachhaltigen Überprüfung zu unterziehen. In KölnWahn ist das geschehen und die Bewachung
verstärkt worden. Entsprechende Reaktionen
sind auch an anderen Standorten erforderlich.
Eine andere Art von Bedrohung geht von Anschlägen aus, bei denen Radmuttern an militä-
16
Stellungnahme BMVg
zum Jahresbericht 2013 des Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages
men abgesichert. Auch mit dem Ziel, die Truppe
von Bewachungsaufgaben im Inland zu entlasten,
wird dies in Zukunft verstärkt der Fall sein. Art
und Intensität der Bewachung und Absicherung
richten sich nach der Bedrohung und Schutzbedürftigkeit der jeweiligen Liegenschaft. Grundlage
dafür bildet die Gesamtabsicherungsanalyse des
MAD. Anhand dieser Analyse stellt die Kommission Bewachung und Absicherung für die jeweilige Liegenschaft den konkreten Bewachungsbedarf fest. Die Umsetzung der Bewertungen der
Kommission Bewachung und Absicherung stellt
stets einen Kompromiss zwischen den Sicherheitsforderungen und der organisatorischen
Machbarkeit, der technischen Realisierbarkeit
sowie den finanziellen Rahmenbedingungen dar.
Die Verbindlichkeit der Bewertungen der Kommission Bewachung und Absicherung“ wurde
deutlich gestärkt, um die Forderungen der Militärischen Sicherheit umzusetzen.
Die Bundeswehr greift bei der Bewachung und
Absicherung ihrer Liegenschaften seit den
1990iger Jahren vermehrt auf Unternehmen
der Sicherheitswirtschaft zurück. Für den Sicherheitsstandard ist nicht der Status des
Wachpersonals (militärisches / ziviles Wachpersonal der Bundeswehr oder gewerbliches
Sicherheitspersonal) entscheidend, sondern
der jeweilige Ausbildungsstand, die Qualifikation und die Integrität des eingesetzten Personals. Das zur Bewachung von Liegenschaften der Bundeswehr eingesetzte gewerbliche
Personal wird vor dem erstmaligen Einsatz
durch das Bundesministerium für Wirtschaft
und Energie (die Ordnungsbehörden / Landesämter für Verfassungsschutz) sicherheitsüberprüft und ggf. vom MAD einer weiteren Überprüfung bezüglich des Sabotageschutzes unterzogen. Nach einer Auftragsvergabe kommt
zur Qualitätssicherung die regelmäßige Überprüfung des gewerblichen Wachpersonals zu
Vorschriftenkenntnissen, zu Kenntnissen über
Besonderheiten des zu bewachenden Objektes und der Schießleistungen einschließlich
Waffenkunde hinzu. Darüber hinaus werden
durch die Kommission Bewachung und Absicherung unangekündigte Wachtests durchgeführt. Eine Verbesserung der Sicherheit
kann durch den verstärkten Rückgriff auf moderne Absicherungstechnik erzielt werden.
Diese Absicherungstechnik wird ergänzend zu
den Grundsätzlichen Militärischen Infrastrukturforderungen von der Kommission Bewachung und Absicherung aus fachlicher Sicht
gefordert. Zu deren Realisierung muss diese
fachliche Forderung in eine konkrete Militärische Bedarfsforderung umgesetzt und entsprechend priorisiert werden, um die Finanzierung im Rahmen der zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel sicherzustellen.
Gefährdung durch Brandanschläge gegen die
Bundeswehr hingewiesen.
Das Eindringen in den Flugplatzbereich der
Flugbereitschaft BMVg in Köln-Wahn ist über
den Zugang zur Luftwaffenkaserne erfolgt. Es
wurde festgestellt, dass der Eindringling die
letzten Sperren in Richtung Flugfeld ohne Auslösung der technischen Überwachungseinrichtungen überwunden hat. Der Täter konnte
verhaftet werden. Offenbar war der Zugang zur
Luftwaffenkaserne durch den fehlerhaften Umgang mit Vereinbarungen für den Zutritt der
Gäste der Offizierheimgesellschaft Wahn möglich. Zusätzlich waren die zur Absicherung des
Flugbereiches verbauten technischen Überwachungsmittel durch Bedienungsfehler oder Versäumnis des militärischen Nutzers nicht eingeschaltet. Dies führte dazu, dass erst die innerhalb des Flugzeugs eingebaute Absicherung einen Alarm auslöste.
Lösen von Radmuttern an militärischen bzw.
privaten Fahrzeugen ist ein periodisch bundesweit auftretendes Phänomen, das auch Polizisten dienstlich und privat betrifft. Das Problem wurde in Arbeitstagungen der Beratungskommissionen
Bewachung
(künftig
Kommission Bewachung und Absicherung) erörtert und durch das Bundesministerium der
Verteidigung in Sicherheitshinweisen behandelt. Eine eindeutige Täterzuordnung konnte
bisher nicht nachgewiesen werden. Die Vorfälle mit gelösten Radmuttern betrafen Fahrzeuge, die sowohl innerhalb als auch außerhalb von Kasernen abgestellt waren.
Diese Form der Vorgehensweise gegen die
Bundeswehr wurde in linksextremistischen Internetforen thematisiert, ohne jedoch einen
Beweis für die Urheberschaft zu liefern. In einigen Fällen muss von Innentätern ausgegangen werden. Die technische Überwachung aller Flächen, auf denen in Kasernen Privat-Kfz
abgestellt werden, ist wegen des damit verbundenen Haushaltsmittelbedarfs nicht umsetzbar. Die in vielen Liegenschaften getroffenen organisatorischen Maßnahmen, wie stärkere
Bestreifung der Parkflächen, Konzentration der
Kfz-Abstellmöglichkeiten auf größere und
leichter überwachbare Bereiche sowie Belehrung der Bundeswehrangehörigen zu sorgfältigen Prüfungen und Kontrollen der Dienst- und
Privatfahrzeuge werden als ausreichend und
zielführend bewertet, allerdings ohne Restrisiken vermeiden zu können.
Von den Liegenschaften der Bundeswehr sind
455 zu bewachen. Die Bewachungsleistung
kann durch Soldaten, durch ziviles Wachpersonal der Bundeswehr oder durch zivil-gewerbliches Wachpersonal erbracht werden. Ca. 80 Prozent aller bewachten Bundeswehrliegenschaften werden bereits ganz oder
teilweise durch private Sicherheitsunterneh-
17
Stellungnahme BMVg
zum Jahresbericht 2013 des Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages
ermittlungen wurden aufgenommen. Eine Abgabe an die Strafverfolgungsbehörden ist erfolgt.
2
Ausbildung
2.1
Grundausbildung
Ziel der dreimonatigen Grundausbildung ist es,
die Rekruten an den Dienst in den Streitkräften
heranzuführen. Dabei geht es in diesem ersten
Ausbildungsabschnitt darum, die notwendigen
militärischen Grundfertigkeiten zu vermitteln
und die Leistungsfähigkeit der Rekruten so zu
steigern, dass sie in der Lage sind, den geistigen und körperlichen Anforderungen des
Dienstes gewachsen zu sein. Insgesamt handelt es sich bei der Grundausbildung um eine
sehr fordernde Ausbildung, die die Soldatinnen
und Soldaten durchaus an die Grenze ihrer
Belastbarkeit heranführt. Das gehört zum Soldatenberuf dazu und wird von den Rekrutinnen
und Rekruten auch akzeptiert.
Eine Misshandlung oder entwürdigende Behandlung von Untergebenen hat mit militärisch
notwendiger Härte nicht das Geringste zu tun.
Sie zerstört die Autorität des Vorgesetzten, das
gegenseitige Vertrauen und die Bereitschaft
füreinander einzustehen. Im Übrigen fördert sie
bei nicht wenigen Soldatinnen und Soldaten
den Entschluss, die Truppe möglichst schnell
wieder zu verlassen.
Stellungnahme BMVg
Eine von klaren Zielen geleitete und sachgerecht gestaltete Grundausbildung legt die Basis für die weitere Ausbildung, vermittelt erste
Anforderungen an den Soldatenberuf und ist
ein Indikator für die Attraktivität des Dienstes in
der Bundeswehr. Zur Grundausbildung gehört
u.a. das erste Heranführen an körperliche und
mentale Belastungen. In diesem Zusammenhang ist unangemessener Ausbildung, überzogener
Härte
und
falschem
Führungsverhalten entschieden entgegenzutreten.
Dies ist verpflichtende Aufgabe aller Vorgesetzten. Nur so können die beschriebenen
Fälle von Fehleinschätzung und -verhalten verhindert werden. Am Zentrum Innere Führung
wurden mit den Lehrgängen „Vorgesetzter in
der Grundausbildung – Grundausbildung erfolgreich gestalten“ und „Ausbilder in der
Grundausbildung“ zwei Lehrgangstypen implementiert, die die Fähigkeiten und Kompetenzen der Vorgesetzten und Ausbilder in der
Grundausbildung, aber auch ihre Leistungen
im Bereich der Menschenführung, verbessern
helfen.
Eine unangemessene, überzogene Ausbildung
dagegen widerspricht den Grundsätzen der
Inneren Führung und gibt nicht Wenigen Anlass, die Bundeswehr vorzeitig wieder zu verlassen. Auch im vergangenen Jahr wurden
überzogene Härte und schlechtes Führungsverhalten in der Grundausbildung beklagt.
Als Reaktion auf einen Bedienungsfehler einer
Soldatin an der Pistole P8 ergriff ein Schießausbilder während einer Schießübung im Rahmen der Grundausbildung eine Pistole P8 und
schoss in etwa zweieinhalb Metern Entfernung
vor ihm selbst und der Soldatin fünfmal in den
Boden. Während eines Schießens mit dem
Gewehr G36 entgegnete er auf einen Einwand
der Soldatin lauthals mit dem Ausspruch: „Es
ist mir scheißegal!“. Gegen den Ausbilder
wurde Anfang März 2013 lediglich eine einfache Disziplinarmaßnahme im unteren Bereich
verhängt.
2.2
Ausstattung für die Ausbildung
Angesichts der mit den Einsätzen verbundenen Belastungen und Gefahren wurde in
den vergangenen Jahren der Ausstattung der
Einsatzkontingente Vorrang eingeräumt. Das
war richtig. Inzwischen hat die Ausrüstung im
Einsatz ein hohes und von den Soldaten zu
Recht geschätztes Niveau erreicht. Darüber
hinaus konnten durch die Reduzierung und
Rückführung von Fahrzeugen und Material aus
Afghanistan im Berichtsjahr auch zahlreiche
Ausstattungslücken im Bereich der Einsatzvorausbildung geschlossen werden. Das ist zu
begrüßen.
In einem aktuellen Fall werden zwei Ausbilder
dringend verdächtigt, ihre Dienstpflichten durch
eine entwürdigende Behandlung der ihnen anvertrauten Soldaten verletzt zu haben. Es sollen
unter anderem nachfolgende Äußerungen gefallen sein: „Der Zug ist schlimmer als dressierte
Äffchen, denn denen kann man immerhin noch
etwas beibringen!“, „Wenn Sie uns als Ausbilder
wie das Letzte behandeln, behandeln wir Sie
auch wie das Letzte, was einige von Ihnen schon
sind!“. Des Weiteren soll ein Soldat mehrfach
ohnmächtig geworden und aus eigener Kraft
nicht mehr in der Lage gewesen sein weiterzumarschieren. Ein anderer Soldat soll wegen einer
Äußerung an seiner Feldbluse gepackt und aus
der marschierenden Formation mit den Worten
gezogen worden sein „Halten Sie die Fresse und
marschieren Sie weiter!" Disziplinare Vor-
Indes hat durch die Priorisierung der Einsätze
die Ausstattung des Grundbetriebs im Inland
gelitten. Ohne den Grundbetrieb könnten Auslandseinsätze aber nicht geleistet werden. Die
18
Stellungnahme BMVg
zum Jahresbericht 2013 des Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages
vom Typ WOLF hat nur mittelbare Auswirkungen auf die einsatzvorbereitende Ausbildung,
da der Fahrzeugtyp nicht geschützt ist und
daher im Einsatzgebiet ISAF außerhalb der
Feldlager nicht eingesetzt wird.
Aus- und Weiterbildung im Grundbetrieb legt
das Fundament für die Fähigkeiten, die später
im Einsatz benötigt werden.
Stellungnahme BMVg
Die Verfügbarkeit von Fahrzeugen und Material wird sich mit der zunehmenden Rückführung
aus Afghanistan weiter erhöhen und damit
auch die Ausstattung im Grundbetrieb verbessern. Grundsätzlich konnte die Ausbildung im
Grundbetrieb sachgerecht durchgeführt werden.
Das Sanitätsregiment 22 „Westfalen“ in Aalen
verfügte, wie im Rahmen eines Truppenbesuchs festgestellt wurde, nur über vier Maschinengewehre MG3. Um die vorgesehene
Ausbildung am Maschinengewehr durchführen
zu können, wurden entsprechende Waffen von
Nachbareinheiten ausgeliehen. Die Soldaten
bezeichneten dieses Verfahren als „Rucksacklogistik“.
Bei Truppenbesuchen im Inland zeigte sich, dass
die Ausbildung in den Stammeinheiten und Verbänden erheblich unter der Überalterung und
dem Fehl von Ausbildungsmaterial leidet. So
machte ein Truppenbesuch in Freyung deutlich,
dass das Aufklärungsbataillon 8 eine Ausbildung
an den Drohnensystemen LUNA und KZO
mangels entsprechenden Ausbildungsmaterials
nicht durchführen konnte. Im Einzelnen zeigte
sich, dass die Ausbildung der leichten Spähgruppen wegen des vollständigen Fehlens geeigneter Gruppenfahrzeuge vom Typ Transportpanzer FUCHS nur eingeschränkt möglich
war. Derzeit habe, so wurde erläutert, das Bataillon zwei Transportpanzer dieses Typs von
anderen Truppenteilen ausgeliehen. Strukturell
seien sechs Fahrzeuge für den Ausbildungsbetrieb vorgesehen. Das Bataillon verfügt
darüber hinaus derzeit nur über 28 von 61 vorgesehenen Fahrzeugen vom Typ WOLF.
Stellungnahme BMVg
Zum 1. Januar 2012 wurde für den Bereich des
Zentralen Sanitätsdienstes der Bundeswehr
(ZSanDstBw) eine Ausbildungsweisung in
Kraft gesetzt, die erstmals eine Schießausbildung am Maschinengewehr angewiesen hat,
ohne dass im Vorgriff die materiellen Grundlagen dafür geschaffen waren. Entsprechende
Ausstattungsgrundlagen für den ZSanDstBw
wurden durch die Maßnahme zur Änderung
der SOLL-Organisation vom 20. März 2013 geschaffen. Der zwischenzeitliche Engpass an
Maschinengewehren MG 3 wurde durch Abstellungen aus anderen Bereichen überbrückt.
Das Sanitätsregiment 22 "Westfalen" verfügt
inzwischen über 14 MG 3 (SOLL-Bestand: 15).
Mit der Realisierungsgenehmigung für "Neue
Maschinengewehre, mittel MG 5" vom
21. Mai 2013 wurde der Bedarf für den
ZSanDstBw in Gänze anerkannt. Derzeit befindet sich das MG 5 in der Einsatzprüfung, die
voraussichtlich im Oktober 2014 abgeschlossen wird. Mit der Auslieferung der ersten Maschinengewehre ist ab Oktober 2015 zu rechnen. Damit sind für den Bereich des
ZSanDstBw alle Voraussetzungen geschaffen,
um die Ausbildung an dieser Waffe durchführen zu können.
Stellungnahme BMVg
Die Ausbildung der Einsatzkräfte für das Aufklärungssystem LUNA des Aufklärungsbataillons 8 konnte durch einen Ausbildungsverbund
des
Verbandes
mit
dem
Gebirgsaufklärungsbataillon 230 materiell und
personell sichergestellt werden. Zur Kompensation des personellen und materiellen Fehls
wird die Ausbildung des Fachpersonals für die
Aufklärungssysteme LUNA und KZO zentral
durch das Kommando Heer gesteuert. Damit
ist die Inübunghaltung des Personals sichergestellt.
Die Ausstattungslücken im Bereich der Gruppenfahrzeuge Transportpanzer FUCHS im Aufklärungsbataillon 8 treffen zu. Das Bataillon
verfügt derzeit nur über ein Gefechtsfahrzeug
dieser Art. Darüber hinaus sind im Verband 13
alternativ nutzbare Transportpanzer FUCHS –
Funk und Führung/Funk – vorhanden. Weitere
für die einsatzvorbereitende Ausbildung benötigte Fahrzeuge wurden aus dem Ausbildungssatz Einsatzgerät Heer oder durch die 10. Panzerdivision zur Verfügung gestellt.
Die begrenzte Anzahl verfügbarer Fahrzeuge
Mit Einnahme seiner neuen Struktur hat das
Heer aus haushalterischen Gründen auch die
Ausstattung der Truppe mit Großgerät erheblich reduziert. Durch diese Reduzierung wird
der Übungsbetrieb beeinträchtigt. Um diese
Beeinträchtigung auszugleichen, hat das Heer
ein sogenanntes „dynamisches Verfügbarkeitsmanagement“ für Großgerät eingeführt.
Über dieses Managementverfahren soll Einheiten und Verbänden für Übungsvorhaben
zusätzliches Großgerät zur Verfügung gestellt
werden. Das „dynamische Verfügbarkeitsmanagement“ ist damit nichts anderes als Aus-
19
Stellungnahme BMVg
zum Jahresbericht 2013 des Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages
warten, wie im Rahmen der für 2014 vorgesehenen Evaluierung der Neuausrichtung nachgesteuert wird.
druck der Akzeptanz einer systemischen
Mangelverwaltung. In der Regel soll das zusätzliche Großgerät erst in der Einsatzvorbereitung zur Verfügung gestellt werden. Eine
kontinuierliche Ausbildung und Inübunghaltung
ist danach nur eingeschränkt möglich.
Stellungnahme BMVg
Die Evaluierung ist als Instrument der lernenden Organisation Bundeswehr Bestandteil
der Neuausrichtung. Sie trägt dazu bei, die
komplexen Entscheidungen – nach einer angemessenen Phase der praktischen Anwendung – in ihrer Wirkung zu prüfen und erforderlichenfalls eine Feinjustierung vorzunehmen.
Der zeitlichen Abfolge der Neuausrichtung folgend wird sich die derzeit laufende erste Evaluierung auf die Betrachtung von Prozessen
und Strukturen im Bundesministerium der
Verteidigung und auf der ersten nachgeordneten Ebene beschränken.
Stellungnahme BMVg
Das Ausrüstungskonzept des Heeres wird vor
allem durch die nationale Zielvorgabe „Level of
Ambition“ (LoA) bestimmt. Dabei ist die geforderte Durchhaltefähigkeit für Einsätze im Rahmen von Stabilisierungsoperationen strukturbestimmend. Dazu hat das Heer einen im gesamten Fähigkeitsspektrum angemessenen Beitrag
zur Landes- und Bündnisverteidigung zu stellen.
Aus dieser Forderung lässt sich ein umfassender
Bedarf an moderner Ausstattung herleiten. Die
Möglichkeit der Umsetzung muss sich an der
Priorisierung der verfügbaren Haushaltsmittel
unter Gesamtbetrachtung der Fähigkeiten und
des Bedarfs der Streitkräfte orientieren. Durch
Konzentration zunächst auf eine LoA-orientierte
Ausstattung wird diesem Umstand Rechnung getragen. Um mit dem zur Verfügung gestellten
reduzierten Umfang an Waffensystemen und
Fahrzeugen die gesetzten Aufträge erfüllen, vorbereiten und ausbilden zu können, ist eine hochflexible bedarfsorientierte Verfügbarkeit (auch
„Dynamisches Verfügbarkeitsmanagement” genannt) erforderlich.
Das Verfügbarkeitsmanagement wird sich an
den Einsatzerfordernissen und der Ausbildungsplanung des Heeres orientieren. Die
Truppe muss ihren materiellen Bedarf (Waffensysteme und Fahrzeuge) vorausschauend
planen, damit die Systeme bedarfsorientiert an
den Orten und in der Anzahl bereitgestellt
werden, wie sie von den Heeresverbänden benötigt werden. Das Verfügbarkeitsmanagement
verfolgt dabei einen ganzheitlichen Ansatz, um
Anforderung, Bereitstellung und Instandhaltung
der Waffensysteme und Fahrzeuge durch ein
zentrales Flottenmanagement zu steuern. Dies
erfordert einen Leistungsaufwuchs im Vergleich zum derzeitigen HIL-Vertrag. Nur so
kann das Heer auch künftig seine Einsatz- und
Ausbildungsaufträge zuverlässig erfüllen. Im
Rahmen von Pilotprojekten wird zu prüfen sein,
ob nicht vertretbare Einschränkungen in Ausbildung und Übung zu verzeichnen sind. Auf
diesen Ergebnissen basierend wird dann über
Nachsteuerungsbedarf entschieden.
Als ein besonderes Problem erwiesen sich bei
vielen Truppenbesuchen die Übernutzung und
Überalterung von Sturmgewehren des Typs
G36. Ein Truppenteil, der davon besonders
betroffen ist, ist das Kommando Spezialkräfte
(KSK). Viele der dort genutzten Sturmgewehre
von Typ G36k der ersten Generation überschreiten die prognostizierte Nutzungsdauer
bereits um ein Vielfaches. Zwei dieser Waffen
der ersten Generation dieses Sturmgewehrs
fielen bei Schießübungen bereits wegen Materialermüdung aus. Waffen dieser Generation
wurden daraufhin für die Schießausbildung
grundsätzlich gesperrt. Die Ausstattung des
KSK mit Sturmgewehren des Typs G36k der
neuesten Generation wurde mittlerweile eingeleitet. Für viele andere Truppenteile und
Verbände, die ebenfalls mit dem Problem einer
Waffenüberalterung und Übernutzung zu
kämpfen haben, gilt das noch nicht. Insoweit
besteht Handlungsbedarf. Ein weiteres besonderes Materialproblem stellte sich in der
Marine. Dort kam es auf der Korvette
BRAUNSCHWEIG bei einem Übungsschießen
mit dem Geschützturm zu einer Störung. Im
Zuge der anschließend vorschriftsmäßig durch
Fachpersonal
durchgeführten
Störungsbeseitigung wurde ein zur Störungsbeseitigung
herangezogener Artilleriewaffenmeister von
sogenannten „Beschleunigungsstangen“ getroffen und erlitt eine schwere Verletzung am
Hinterkopf. Auf der Grundlage der anschließenden Unfalluntersuchung kam das Bundesministerium der Verteidigung zu dem
Schluss, dass ein entsprechendes Fehlerbild
an der Waffe bisher nicht aufgetreten sei und
auf Grund der Komplexität von Mechanik und
Hydraulik auch nicht ausgebildet werden könne. Das kann nicht das letzte Wort sein. Es ist
Die vorgenannten Beispiele zeigen, dass die
Neuausrichtung der Bundeswehr in den Zieldimensionen Einsatzorientierung, solide Finanzierung und Personalgewinnung den eigenen Ansprüchen nicht genügt. Es bleibt abzu-
20
Stellungnahme BMVg
zum Jahresbericht 2013 des Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages
auf Truppenverwendbarkeit zu testen. Erst
dann sind sie in der Truppe zur sicheren Anwendung freizugeben. Bei einem Vorfall unter
gleichen Rahmenbedingungen kann auch
durch die bereits jetzt gültige „Fachliche Weisung Leitender Ingenieur Waffen, Sensoren,
Munition 04-2014“ eine Wiederholung ausgeschlossen werden.
nicht hinnehmbar, dass einem Standardgeschütz der Marine Störungen auftreten können, die selbst ein ausgebildeter, erfahrener
Artilleriewaffenmeister nicht kennen kann. Auf
Grund der potentiellen Gefährdung für Leib
und Leben des Geschützpersonals besteht
Handlungsbedarf. Die Umsetzung der durch das
Bundesamt für Ausrüstung, Informationstechnik
und Nutzung der Bundeswehr ausgesprochenen
Empfehlungen zur künftigen Vermeidung vergleichbarer Vorfälle wird der Wehrbeauftragte
genau beobachten.
2.3
Umgang mit Handwaffen
Meldungen über Unfälle mit Handwaffen und
ungewollte Schussabgaben geben Anlass,
auch in diesem Jahresbericht auf die Gefahren
hinzuweisen, die von einem unsachgemäßen
oder leichtfertigen Umgang mit Waffen ausgehen. Ein besonderer Vorfall ereignete sich kurz
vor Weihnachten in Masar-e Scharif, wo es
beim Entladen eines auf einem deutschen
Fahrzeug montierten Maschinengewehrs zur
Abgabe von 170 Schuss kam.
Stellungnahme BMVg
Für Handwaffen ist keine Nutzungsbegrenzung
hinsichtlich der Schussbelastung, des Alters
oder einer sonstigen Belastung vorgesehen.
Sie werden im Rahmen regelmäßig durchzuführender technischer Materialprüfungen u. a.
auf Verschleiß überprüft. Auffällige Waffen
werden instand gesetzt oder ausgesondert. Bei
den angesprochenen Waffen des Kommandos
Spezialkräfte (KSK) handelt es sich um Gewehre G36k der ersten Baureihe (A0), die
durch das KSK lange und intensiv genutzt
wurden. Im Zuge der Untersuchung der zwei
ausgefallenen G36k wurden vorsorglich alle
G36k der A0-Serie des KSK aus der Nutzung
genommen. Der vordringliche Bedarf des KSK
wurde mit 100 Waffen im Juli 2013 gedeckt.
Die weitere Regeneration mit G36k A4 wird im
Laufe des ersten Halbjahres 2014 abgeschlossen. Das Regenerationskonzept für Handwaffen der Spezialkräfte wird an die besonderen
Nutzungsgegebenheiten des KSK angepasst
und sich zukünftig auch am Alter der Waffen
orientieren. Eine grundsätzliche gleichartige
Problematik – Waffenüberalterung in Verbindung mit Übernutzung – ist bei anderen Truppenteilen und Verbänden aufgrund des abweichenden Nutzerverhaltens nicht gegeben.
Beim Geschütz 76 mm wurden durch das Bundesamt für Ausrüstung, Informationstechnik
und Nutzung der Bundeswehr (BAAINBw)
Maßnahmen zum Verfahren "Sichern der
Rücklaufenden Masse" vorgeschlagen. Diese
wurden zusammen mit dem Marineunterstützungskommando, der Marinetechnikschule,
dem Marinearsenal (MArs) sowie dem Beauftragten für Havarien der Marine erarbeitet. Von
den vorgeschlagenen Maßnahmen sind diejenigen, die in der „Fachlichen Weisung Leitender Ingenieur Waffen, Sensoren, Munition
04-2014“ beschrieben sind, direkt umsetzbar.
Für eine endgültige, abschließende an Bord
einfach zu handhabende Lösung ist ein technisches Hilfsmittel herzustellen.
Dazu hat BAAINBw einen Wehrtechnischen
Auftrag (WTA) erteilt. Verfahren und evtl. benötigte Hilfsmittel sind sorgfältig zu prüfen und
Unachtsamkeit und Leichtfertigkeit sind die
häufigsten Ursachen für ungewollte Schussabgaben. So geschehen auf einem Schießstand, als sich ein Stabsunteroffizier nach einer Schießübung mit einem geladenen und
entsicherten G36 auf einen Hocker hinter dem
Schreiber- und Munitionshäuschen setzte und
dabei einen Schuss auslöste, der in zirka ein
Meter Entfernung in den Boden schlug. Im
Einsatz führte ein Soldat auf dem Bett sitzend
eine Funktionsüberprüfung seiner Pistole P8
durch, in der ein vollgeladenes Magazin
steckte. Beim Betätigen des Abzuges löste
sich ein Schuss, der nach Durchschlagen einer
Tür und einer Wand im Kopfkissen eines Bettes stecken blieb, in dem ein Kamerad schlief.
Es ist allein dem Zufall zu danken, dass dieser
nicht verletzt wurde.
Vorfälle wie diese machen deutlich, wie wichtig
es ist, Soldaten Respekt vor der Waffe zu vermitteln und die Beachtung von Sicherheitsbestimmungen als unabdingbare Voraussetzung für
einen sicheren Umgang mit Waffen durchzusetzen. Das kann allerdings nicht durch Vorgesetzte
geschehen, die selbst mit schlechtem Beispiel
vorangehen. So berichteten Einsatzsoldaten,
dass Offiziere einschließlich ihres Kommandeurs
am wöchentlich befohlenen Waffenreinigen im
Flur nicht teilnahmen und ihre Waffen statt dessen auf der Stube reinigten, obwohl aus Sicherheitsgründen das gemeinsame Reinigen
sowie
Sicherheitsüberprüfungen
im
Vier-Augen-Prinzip befohlen waren.
Besonders gefährlich wird es, wenn Soldaten
Waffen vorsätzlich missbrauchen. So gab ein
21
Stellungnahme BMVg
zum Jahresbericht 2013 des Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages
auftragten mit, dass die angefragten Vorgänge
entsprechend ihres zeitlichen Eingangs abgearbeitet würden. Mit der Bearbeitung des ältesten Vorganges, der drei Monate unbearbeitet geblieben war, sei nicht vor Ablauf von vier
Wochen zu rechnen. Ähnlich lange Bearbeitungszeiten gab es auch in anderen Kommandos und Dienststellen.
Stabsgefreiter mit einem G36, das mit Manövermunition geladen war, im Büro einer Tankstelle einen Schuss auf den Boden ab, um den
vor ihm sitzenden Kameraden zu erschrecken.
Der Kamerad erlitt ein Knalltrauma. Der Täter
wurde mit einem Disziplinararrest belegt und
zu einer Geldstrafe verurteilt.
Angesichts solcher Vorfälle kann nur angemahnt werden, den sachgerechten Umgang
mit Schusswaffen und die Beachtung der Sicherheitsvorschriften auch durch höhere Vorgesetzte strengstens zu überwachen und Verstöße dagegen mit aller gebotenen Konsequenz zu ahnden.
Ursächlich für die Verzögerungen waren entweder personelle Vakanzen, insbesondere in
neu aufgestellten Verbänden, oder die Tatsache, dass die planmäßige Personalausstattung
einfach nicht ausreichte, um die Arbeitsflut zu
bewältigen.
Beides ist nicht akzeptabel. Ohne die Bearbeitung von Stellungnahmen in angemessener
Zeit kann der Wehrbeauftragte seinem gesetzlichen Auftrag, dem Schutz der Grundrechte der
Soldaten und der Unterstützung des Deutschen
Bundestages bei der Ausübung der parlamentarischen Kontrolle, nicht nachkommen. Gegebenenfalls muss in den genannten Fällen eine
Personalverstärkung organisiert werden. Der Inspekteur der Streitkräftebasis hat dies für den
ihm unterstellten Bereich zugesagt und teilweise
auch schon umgesetzt. Bis zum Jahresende
konnte der entstandene Bearbeitungsstau bereits merklich reduziert werden.
Stellungnahme BMVg
Militärische Führer auf allen Ebenen sind verpflichtet, den sachgerechten Umgang mit
Schusswaffen sowie die Beachtung von Sicherheitsvorschriften strengstens zu überwachen und Verstöße mit aller gebotenen Konsequenz zu ahnden. Die geschilderten Fälle sind
auf unsachgemäße Behandlung und Nichtbeachtung von Sicherheitsvorschriften zurückzuführen. Die weitere Umsetzung des neuen
Schießausbildungskonzepts führte auch in
2013 zu einer intensiveren Schießausbildung
und damit verbunden zu einer Stärkung der
Eigenverantwortung im Umgang mit Handwaffen. Die Vermittlung von Sicherheitsbestimmungen und der vorschriftsmäßige Umgang
mit Munition und Waffe sind im neuen Schießausbildungskonzept grundlegend verankert und
in ihrer Bedeutung nochmals deutlich hervorgehoben. Durch die kontinuierliche Inübunghaltung, auch in den Einsatzgebieten, wird der Respekt vor der Waffe erhalten. Die Ausbildungsgrundlagen und Ausbildungsinhalte werden stetig überprüft und fortgeschrieben, den
Einsatzerfordernissen angepasst und sind vor
diesem Hintergrund bedarfsgerecht. Dieses
schließt aber individuelles Fehlverhalten im Einzelfall nicht aus.
Stellungnahme BMVg
Die Bearbeitungsdauer von Überprüfungsersuchen des Wehrbeauftragten des Deutschen
Bundestages verzögerte sich im Berichtsjahr in
Einzelfällen aufgrund unterschiedlicher Rahmenbedingungen. Durch Maßnahmen der Personalverstärkung und weitere Verbesserungen
im Bearbeitungsablauf werden zukünftig angemessene Bearbeitungszeiten ermöglicht.
3.2
Verstöße gegen das Benachteiligungsverbot
Nach dem Gesetz darf kein Petent wegen der
Anrufung des Wehrbeauftragten dienstlich gemaßregelt oder benachteiligt werden. Vorgesetzte, die Untergebene von Eingaben, Meldungen oder Beschwerden abhalten oder diese unterdrücken, können nach Paragraph 35 Wehrstrafgesetz sogar mit Freiheitsstrafe bis zu drei
Jahren bestraft werden. Trotz dieser klaren gesetzlichen Regelungen äußerten Petenten vermehrt die Befürchtung, aufgrund einer von ihnen
eingelegten Eingabe dienstliche Nachteile zu erfahren. Sie baten deshalb darum, ihren Namen
bei der Überprüfung der Eingabe nicht zu nennen. Der Wehrbeauftragte nimmt solche Befürchtungen außerordentlich ernst und prüft sehr
3
Bearbeitung von Eingaben und
Führen disziplinarer Ermittlungen
3.1
Bearbeitungsdauer von Überprüfungsersuchen des Wehrbeauftragten
Bei einer nicht unerheblichen Zahl von Eingaben waren auf Seiten der eingeschalteten
Dienststellen im Berichtsjahr gravierende Verzögerungen bei der Bearbeitung festzustellen.
So teilte das Kommando Streitkräftebasis Mitte
des Jahres zum Sachstand der Bearbeitung
von Überprüfungsersuchen des Wehrbe-
22
Stellungnahme BMVg
zum Jahresbericht 2013 des Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages
Die Möglichkeit, sich ohne Furcht vor Benachteiligung an den Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages wenden zu können, ist in
der Bundeswehr ein Grundrecht aller Soldatinnen und Soldaten. Vorgesetzte aller Ebenen
bleiben aufgefordert, möglichen Verstößen
konsequent nachzugehen.
genau, ob es Anhaltspunkte für mögliche Benachteiligungen oder anderes pflichtwidriges
Verhalten von Vorgesetzten gegenüber Petenten
gibt.
Nach Paragraph 9 Wehrbeauftragtengesetz
kann der Wehrbeauftragte dem Wunsch eines
Petenten, seinen Namen bei der Überprüfung
der Eingabe nicht zu nennen, entsprechen. So
wird in diesen Fällen in der Regel auch verfahren.
3.3
Dauer disziplinarer Ermittlungen
Zu Verzögerungen wegen Personalmangels
kam es auch in Disziplinarverfahren, beispielsweise bei der 1. Panzerdivision. Die
Wehrdisziplinaranwaltschaft der Division teilte
mit, dass Disziplinarverfahren wegen Personalmangels vom 1. Januar bis 18. November
2013 nicht zeitgerecht weitergeführt werden
konnten. Die vier Dienstposten der Wehrdisziplinaranwaltschaft waren in dieser Zeit nie alle
gleichzeitig besetzt. Vom 7. Januar bis 8. Februar 2013 und vom 21. Mai bis 17. Juli 2013
waren drei der vier Dienstposten, vom 8. April
bis 4. Mai 2013 sogar alle vier Dienstposten
nicht oder nur stundenweise besetzt. Die Unterbesetzung beeinträchtige auch die Rechtsberatung, die angesichts der Größe der Division und ihrer Dislozierung einen erheblichen
Aufwand erfordert.
Ein Kommandeur kritisierte das mit dem Hinweis,
dass Soldaten dadurch im Schutz der Anonymität dienstliche Fragen und Entscheidungen „nahezu öffentlich“ in Frage stellen könnten, ohne
mit ihren Vorgesetzten darüber in einen Dialog
treten zu müssen. Dem ist zu widersprechen.
Eine Eingabe an den Wehrbeauftragten ist nicht
öffentlich, sondern wird immer vertraulich behandelt. Darüber hinaus sieht das Gesetz im Interesse des Schutzes des Petenten in geeigneten Fällen die Möglichkeit der Anonymisierung
einer Eingabe ausdrücklich vor.
In der Sache ist hinzuzufügen, dass dem
Wunsch nach einer anonymisierten Überprüfung oftmals fehlendes Vertrauen in die Vorgesetzten zugrunde liegt. Ein Untergebener
wird sich nur dann mit Problemen an seinen
Vorgesetzten wenden, wenn er den Eindruck
hat, dass dieser sich sachlich und fair damit
auseinandersetzen wird. Vorgesetzte bleiben
aufgefordert, die dazu notwendige vertrauensvolle Atmosphäre zu schaffen. Wo Untergebene Angst vor möglicher Benachteiligung haben, ist das offensichtlich nicht gelungen.
Im August 2013 hatte das Bundesministerium
der Verteidigung eine personelle Verstärkung der
Rechtsberater und Wehrdisziplinaranwälte der 1.
Panzerdivision angekündigt. Die Umsetzung zog
sich hin. Erst ab dem
18. November 2013 waren alle vier Dienstposten besetzt. Mit der Übernahme der Aufgaben einer Leitdivision kommen weitere Belastungen hinzu, da mit der Abstellung von
Rechtsberatern der Division in den Einsatz zu
rechnen ist. Die Probleme bei der Besetzung
der Dienstposten waren teilweise hausgemacht. Nach Auskunft des zuständigen Fachreferats im Bundesministerium der Verteidigung wurden zu wenige Rechtsberater eingestellt, um die vorhandenen Dienstposten zu
besetzen. Darüber hinaus werden Stabsoffiziere mit der Befähigung zum Richteramt bisher nicht in der Rechtsberatung eingesetzt, obwohl dies aufgrund ihrer juristischen Ausbildung möglich wäre.
Stellungnahme BMVg
Der offene und ehrliche Dialog zwischen Vorgesetzten und Untergebenen in der Bundeswehr
ist ein wichtiger Baustein für das gegenseitige
Vertrauen. Dieser wird in vielen Bereichen, z.B.
in Befehlsgebung, Diensteinteilung, Beurteilungsgesprächen oder im täglichen Dienst erfolgreich
praktiziert. Eine generelle, durch Eingaben verursachte Angst vor möglicher Benachteiligung ist
in der Bundeswehr nicht erkennbar.
Die Bearbeitung von Wehrbeauftragtenangelegenheiten und die Beachtung des Benachteiligungsverbotes ist fester Bestandteil der Führeraus- und -weiterbildung. Zusätzlich wird
dieses Thema auf Fachtagungen, wie Einheitsführer- und Kommandeurtagungen, behandelt.
Die Beachtung des Benachteiligungsverbotes
wird in der Bundeswehr sehr ernst genommen.
Hier ist kein Spielraum für Toleranzen vorhanden.
Festzustellen bleibt, dass überlange Ermittlungsverfahren Soldatinnen und Soldaten
massiv belasten können und auch gegen die
Grundsätze der Inneren Führung verstoßen.
Darüber hinaus ist es nicht vertretbar, einzelne
Rechtsberater und Wehrdisziplinaranwälte auf
Dauer ohne die notwendige Unterstützung mit
23
Stellungnahme BMVg
zum Jahresbericht 2013 des Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages
Selbstmordanschlag auf einen deutschen Konvoi
in Kabul im Dezember 2013 als labil bezeichnete.
Eine Reihe größerer Anschläge zeigt, wie gefährlich die Lage vor Ort immer noch ist. Vor diesem
Hintergrund muss bei der Rückverlegung des
Personals und der Ausrüstung der Sicherheit der
Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr auch
weiterhin höchste Priorität eingeräumt werden.
der Vertretung mehrerer Dienstposten zu belasten.
Stellungnahme BMVg
Von den vier Dienstposten der Wehrdisziplinaranwaltschaft bei der 1. Panzerdivision waren in
dem im Jahresbericht des Wehrbeauftragten
genannten Zeitraum drei besetzt. Zu personellen
Engpässen kam es aufgrund von Elternzeit,
Wehrübungen, längeren Erkrankungen und Abordnungen des Personals. Diesen wurde mit
personellen Unterstützungsmaßnahmen wie z.B.
einer mehrmonatigen Abordnung eines erfahrenen Rechtsberaters / Wehrdisziplinaranwalts
begegnet. Ursache der Vakanzen in der Rechtspflege sind Dienstpostenzuwächse infolge der
Neuausrichtung der Bundeswehr und den damit
verbundenen Personalfluktuationen. Zur personellen Bewältigung der Strukturreform im Bereich
der Rechtspflege der Bundeswehr wurden in
2013 zielgerichtet und kontinuierlich Juristinnen
und Juristen in die Bundeswehr eingestellt. Acht
Neueinstellungen von Rechtsberaterinnen und
Rechtsberatern bzw. Rechtslehrerinnen und
Rechtslehrern in diesem Zeitraum ermöglichten
die Besetzung aller vier Dienstposten bei der
1. Panzerdivision ab November 2013. Auch im
Jahr 2014 werden im Rahmen der zur Verfügung
stehenden Planstellen systematisch Rechtsberaterinnen und Rechtsberater in die Bundeswehr
eingestellt. Dadurch verbessert sich die Personalsituation in der Rechtspflege.
Stellungnahme BMVg
Die Sicherheitslage in Afghanistan ist weiterhin
unbeständig und heterogen. Die afghanischen
Sicherheitskräfte haben landesweit die Sicherheitsverantwortung übernommen und werden
dieser überwiegend gerecht. Ihr Ansehen in
der Bevölkerung steigt. Sie sind derzeit in der
Lage, eine ausreichend kontrollierbare Sicherheitslage in den Bevölkerungszentren und entlang bedeutsamer Verkehrsinfrastruktur zu gewährleisten. Rund 80 Prozent der afghanischen Bevölkerung leben in diesen Gebieten.
Regierungsfeindliche Kräfte verfügen jedoch
noch immer und auf absehbare Zeit über eine für
die afghanische Administration bedrohliche
Handlungs- und Bewegungsfähigkeit. Die immer
wiederkehrenden, auch größeren Anschläge gegen Ziele in der Hauptstadt und den Provinzen
zeigen dies. Die Bedrohung durch regierungsfeindliche Kräfte in deren traditionellen Hochburgen in einigen ländlichen, paschtunisch geprägten Gebieten der Provinzen Kunduz, Baghlan
und Faryab wird vermutlich auch zukünftig erheblich bleiben. Aufgrund des komplexen und
schwierigen Umfeldes befindet sich Afghanistan
auf einem nicht vollständig zufriedenstellenden
Weg. Regierungsfeindliche Kräfte stellen unverändert eine Bedrohung der afghanischen Administration, der Bevölkerung und von ISAF dar.
ISAF bleibt Gelegenheits- und Prestigeziel.
4
Auslandseinsätze
Der Schwerpunkt der Beteiligung der Bundeswehr an internationalen Einsätzen lag im Berichtsjahr erneut in Afghanistan. Der Einsatz
deutscher Soldatinnen und Soldaten im Rahmen
von ISAF war geprägt von der fortschreitenden
Reduzierung und Rückführung von Personal
und Material. Nachdem im vorangegangen Jahr
bereits das Feldlager Feyzabad aufgelöst worden war, folgten im Frühjahr des Jahres 2013 der
Außenposten „Observation Post North (OP
North)" und Mitte Oktober das Feldlager Kunduz.
Auf einen besonderen Sicherheitsaspekt wiesen Soldatinnen und Soldaten des deutschen
ISAF-Kontingents bei Truppenbesuchen im
April und Oktober des Berichtsjahres hin. Sie
äußerten die Sorge, dass afghanische
Sprachmittler und ihre Familien nach Abzug
der Bundeswehr bedroht werden könnten und
dass dies ihre Loyalität gegenüber der Bundeswehr und ihren Soldatinnen und Soldaten
beeinflussen könnte. Die Bundesregierung hat
sich der Problematik angenommen und in
Aussicht gestellt, Sprachmittlern eine Aufnahme in der Bundesrepublik Deutschland anzubieten. Dafür reicht der Nachweis einer latenten Gefährdung des Antragstellers aus. Das ist
zu begrüßen. Es bleibt zu hoffen, dass im Falle
der Anerkennung einer solchen latenten Gefährdung den betroffenen Personen auch in
angemessener Zeit ein Visum erteilt wird.
Erstmals seit fast zwei Jahren ist am 5. Mai
2013 wieder ein deutscher Soldat gefallen und
ein weiterer Soldat verwundet worden, als Aufständische das Feuer auf afghanische und
ISAF-Kräfte nördlich des OP North eröffneten.
Auch nach Übernahme der Sicherheitsverantwortung durch afghanische Kräfte bleibt die
Sicherheitslage angespannt. Diese Einschätzung
wird auch vom Bundesministerium der Verteidigung geteilt, das die Sicherheitslage nach einen
24
Stellungnahme BMVg
zum Jahresbericht 2013 des Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages
Rund dreihundert deutsche Soldatinnen und
Soldaten nehmen angesichts des Syrien-Konflikts zur Verstärkung der integrierten
Luftverteidigung der NATO im türkischen Kahramanmaras an der Mission Active Fence Turkey (AF TUR) teil. Seit Frühjahr 2013 verrichten deutsche Soldaten ihren Dienst auch als
Teil der Trainingsmission der Europäischen
Union in Mali (EUTM). Die Mission dient der
Unterstützung der malischen Verteidigungsund Sicherheitskräfte bei der Stabilisierung des
Landes. Dabei übernehmen deutsche Soldatinnen und Soldaten im Feldlager Koulikoro
unter anderem die Aufgabe der Pionierausbildung sowie, mit Unterstützung Ungarns und
Österreichs, die sanitätsdienstliche Versorgung
der Mission. Ebenfalls zur Verbesserung der
Sicherheitslage in Mali unterstützte die Bundeswehr vom französischen Luftwaffenstützpunkt Dakar im Senegal aus mit Lufttransport
und Luftbetankung die afrikanisch geführte African-led International Support Mission to Mali
(AFISMA). Seit Juli 2013 wird dieser Einsatz im
Rahmen der Stabilisierungsoperation United Nation Multidimensional Integrated Stabilization
Mission in Mali (MINUSMA) fortgeführt.
Stellungnahme BMVg
Die in Afghanistan tätigen Ressorts sind sich
der Fürsorgepflicht gegenüber ihren afghanischen Mitarbeitern bewusst – dies gilt insbesondere für all diejenigen, deren Beschäftigungsverhältnis aufgrund der Reduzierung der
deutschen Präsenz in Afghanistan endet. Die
Ortskräfte werden durch ein Informationsblatt
in den gebräuchlichen Landessprachen über
Handlungsmöglichkeiten zur Weiterbeschäftigung, Weiterbildung sowie für den Fall einer
individuellen Bedrohung informiert.
Mit diesem individualisierten Verfahren kann den
Interessen aller Beteiligten am besten entsprochen werden. Jede Ortskraft, die von der Reduzierung der deutschen Präsenz in Afghanistan
betroffen ist, erhält eine maßgeschneiderte und
großzügige Unterstützung. Gleichzeitig werden
die Interessen der afghanischen Regierung und
der Zivilgesellschaft, die sich gegen jede Form
von Pauschallösungen ausgesprochen haben,
berücksichtigt. Darüber hinaus ist der verantwortungsvolle Umgang mit den Ortskräften auch
ein Gradmesser der Verlässlichkeit Deutschlands
als Arbeitgeber und dient nicht zuletzt der Sicherheitsvorsorge für unser deutsches Personal in
Afghanistan.
Jeder individuell gefährdeten Ortskraft und den
engen Angehörigen, sofern im Einzelfall dargelegt wurde, dass hinsichtlich dieser Personen eine Gefährdungslage besteht, bietet die
Bundesregierung unter Federführung des Bundesministeriums des Innern (BMI) die Aufnahme in Deutschland an. Hierbei wird ein großzügiger Maßstab angewendet – im Zweifel wird
für die Ortskraft entschieden. Ergibt sich aus
der Prüfung eine Gefährdung der Ortskraft,
wird der Fall über das Auswärtige Amt an das
BMI weitergeleitet. Diese Aufnahmezusage hat
zurzeit Gültigkeit bis Ende (Dezember) 2015.
Der Ortskraft steht es dann offen, einen Visumantrag für die Ausreise nach Deutschland
zu stellen. Mit Stand 28. Mai 2014 haben 320
afghanische Ortskräfte der Bundeswehr eine
Aufnahmezusage nach Deutschland erhalten,
davon sind 139 afghanische Ortskräfte mit ihren Familienangehörigen (Ehefrau und leibliche Kinder) nach Deutschland ausgereist.
Insgesamt hat sich das ressortgemeinsame
Verfahren zum Umgang mit den afghanischen
Ortskräften bewährt.
Zu den vorangegangenen Absätzen erfolgt
keine Stellungnahme, da es sich um eine
Sachstandsdarstellung handelt.
Die Beförderung der deutschen Soldatinnen und
Soldaten in den Einsatz nach Afghanistan erfolgt
weiterhin über den Flughafen Termez in Usbekistan, obwohl ein Anfliegen des Flughafens
Masar-e Scharif inzwischen möglich wäre. In
Termez beklagten sich die dort eingesetzten
Soldatinnen und Soldaten über ihre Versorgung
mit frischen Lebensmitteln. Solche Lebensmittel
dürften aus hygienischen Gründen vor Ort nicht
eingekauft werden. Stattdessen würden sie unter
Inkaufnahme eines mehrtägigen Transports aus
Drittstaaten angeliefert. Nicht wenige Lebensmittel würden auf dem Transportweg verderben.
Angesichts dieser Schilderungen drängt sich die
Frage auf, warum frische Lebensmittel nicht auf
den regelmäßigen Flügen von Deutschland nach
Termez mitgeführt werden.
Stellungnahme BMVg
Oberstes Ziel der Verpflegungsversorgung in
den Einsatzgebieten ist die Bereitstellung einer
sicheren, unbedenklichen und qualitativ hochwertigen sowie bedarfsgerechten Ernährung. Die
Fürsorgepflicht des Dienstherrn sowie die in den
deutschen und europäischen Rechtsnormen
verankerten, auf die Einhaltung der Gesundheit
und körperlichen Unversehrtheit abzielenden
Der Entlastung durch die beginnende Rückführung von Personal und Material aus Afghanistan standen im Berichtsjahr drei neue Einsätze gegenüber, an denen sich die Bundeswehr im Rahmen multinationaler Verbände
beteiligt:
25
Stellungnahme BMVg
zum Jahresbericht 2013 des Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages
Schutz- und Sicherheitsbestimmungen, erfordern
insbesondere bei Auslandseinsätzen und Gebieten mit schlechtem Hygienestandard besondere Aufmerksamkeit. Ein Abweichen von diesen
Sicherheitsstandards ist deshalb nur dann zulässig, wenn eine Gefährdung der Gesundheit
der Soldatinnen und Soldaten und zivilen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nicht zu erwarten
ist. Die im Einsatzgebiet ISAF (auch in Usbekistan) vorherrschenden lebensmittelhygienischen
Verhältnisse entsprechen nicht den in der Europäischen Union vorgeschriebenen Anforderungen. Zudem lassen sich die qualitativen Anforderungen an für die Bundeswehr zu beschaffende Lebensmittel nur schwer mit den
vorhandenen Produkten des lokalen Marktes
vergleichen. Unter Zugrundelegung der im Oktober 2013 aufgetretenen Unzulänglichkeiten hat
das Verpflegungsamt der Bundeswehr die Belieferung mit frischem Obst und Gemüse für das
Deutsche Einsatzkontingent neu geregelt. Der
Strategische Lufttransportstützpunkt Termez wird
seit Januar 2014 qualitätsgesichert im Lufttransport über Mazar-e Sharif versorgt.
ten sind. Dies gilt umso mehr, wenn es sich –
wie im Falle von AF TUR – um einen Einsatz in
einem NATO-Land handelt, auf den unter anderem das NATO-Truppenstatut anzuwenden
und zur Grundlage der bilateralen Vereinbarung oder vergleichbarer Schutz- und Fürsorgevorkehrungen für die eingesetzten Soldaten
zu machen ist.
Im Nachhinein kann festgestellt werden, dass
für Kahramanmaras ein „modus vivendi“ gefunden wurde, der allerdings die grundsätzlichen Fragen unbeantwortet lässt, wie sich unter anderem in Trabzon gezeigt hat.
Nicht alle Probleme des Einsatzes in der Türkei
waren dem zwischenstaatlichen Bereich zuzuordnen, einige waren auch hausgemacht. So
wurde für das erste Kontingent AF TUR nach
dem Bundestagsbeschluss vom 14. Dezember
2012 bis Mitte März 2013 zwischen den Truppenstellern und dem Einsatzführungskommando
der Bundeswehr kein Leitverband benannt. Angesichts der heterogenen Zusammensetzung
des Kontingents aus Luftwaffensoldaten, Feldjägern, ABC-Abwehrkräften und Sanitätspersonal
wäre dies zur Koordinierung der Stationierung
aber erforderlich gewesen. Das hat auch das Ministerium eingeräumt.
4.1
Einsatzplanung
Sorgfältige Planung ist Voraussetzung für eine
zeit- und sachgerechte Stationierung von Soldatinnen und Soldaten im Einsatzland. Das war im
Berichtsjahr nicht überall gewährleistet. Insbesondere bei der Stationierung des deutschen Truppenkontingents in Kahramanmaras
wurden Planungsschwächen sichtbar, die zu
unnötigen Belastungen der Soldatinnen und
Soldaten führten.
Schließlich hat sich auch das derzeitige Verfahren zur Anforderung des Einsatzbedarfs als
ungeeignet erwiesen. Bereits im Dezember
2012 war der Bedarf im Rahmen der Vorerkundung abgeschätzt und die Verfügbarkeit
des Materials in Deutschland geprüft worden.
Gleichwohl konnte das Material noch nicht in
die Türkei verbracht werden. Nach dem derzeit
gültigen Bereitstellungsverfahren können Bedarfsanforderungen nämlich nicht durch das
Vorerkundungsteam, sondern erst durch das
Kontingent gestellt werden. Es liegt auf der
Hand, dass unter Anwendung dieses Verfahrens zwischen der Vorerkundung und der Anforderung durch das Kontingent wichtige Wochen verstrichen, die für eine rechtzeitige Ausstattung des Kontingents hätten genutzt werden können.
Stationierungen im Rahmen internationaler Einsätze müssen, wenn sie mit Zustimmung des
Einsatzlandes erfolgen, mit diesem abgestimmt
werden. Dazu gehören Vereinbarungen über den
Status der zu entsendenden Soldaten, das auf
sie anzuwendende Recht sowie die mögliche
Nutzung vom Einsatzland bereitgestellter Liegenschaften und Einrichtungen. Im Falle der Stationierung deutscher Kräfte in Kahramanmaras
kam es nach der Verlegung der Soldaten zu erheblichen Diskussionen über die Unterbringung
der Soldaten vor Ort. Einzelheiten dazu finden
sich im übernächsten Kapitel.
Angesichts der festgestellten Unzulänglichkeiten hat das Bundesministerium der Verteidigung eine Verbesserung der genannten
Verfahrensabläufe angekündigt. Konkrete
Maßnahmen stehen allerdings noch aus.
Die Diskussion und die auf deutsche Bitten hin
ergriffenen Maßnahmen zur Mängelbeseitigung unter anderem an den Unterkunftsgebäuden machen deutlich, wie wichtig die Erkundung und eine möglichst präzise vertragliche Vereinbarung zwischen der Entsendenation und dem Gastland über den Status und
die Stationierung der Soldatinnen und Solda-
Stellungnahme BMVg
Durch die Türkei wurde per Implementierungsübereinkommen mit der NATO am
26
Stellungnahme BMVg
zum Jahresbericht 2013 des Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages
12. Januar 2013 vertraglich eine angemessene
Unterbringung von bis zu 400 Soldaten am
Standort Kahramanmaras im Rahmen Host
Nation Support (HNS) zugesagt. Deutschland
ist dem Übereinkommen per Beitrittserklärung
am 17. Januar 2013 beigetreten. Vor dem Hintergrund der langjährigen und stabilen
deutsch-türkischen militärischen Beziehungen
wurde eine für beide Seiten akzeptable Lösung
gefunden. Bis zur Bereitstellung von angemessenen Unterkünften (Neubau durch Host Nation Türkei) in der Gazi-Kaserne war das Deutsche Einsatzkontingent in Hotels untergebracht. In diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, dass zwischen dem Beschluss
der NATO und dem Einsatzbeginn in der Türkei lediglich ein Zeitraum von acht Wochen lag.
In Bezug auf die geschilderten Probleme in der
Einsatzvorbereitung wurden folgende Entscheidungen getroffen:
Mit Beginn des 2. Einsatzsatzkontingentes
(April 2013) hat das Kommando Luftwaffe die
koordinierenden Aufgaben im Sinne eines Leitverbandes übernommen. Das Verfahren zur
Materialanforderung bleibt unverändert. Eine
Anforderung, ohne die genauen Gegebenheiten vor Ort bei Einsatzbeginn zu kennen, ist
nicht zielführend. Im Rahmen der Vorerkundung ACTIVE FENCE Türkei wurde zur Erfüllung des Einsatzauftrages als erforderlich
identifiziertes Material im Seetransport ins Einsatzgebiet verlegt und traf dort am 20. Januar
2013 zusammen mit dem Großteil des Personals ein. Die Einsatzbereitschaft des Deutschen Einsatzkontingents war zu keinem Zeitpunkt gefährdet.
Die in Bezug auf den Einsatz ACTIVE FENCE
Türkei getroffenen Maßnahmen lassen sich
nicht wie angedeutet auf den logistischen Umschlagpunkt Trabzon übertragen.
Beim logistischen Umschlagpunkt Trabzon
handelt es sich um eine Auslandsdienststelle
der Bundeswehr, die im Rahmen der Rückverlegung von Material aus Afghanistan nach
Deutschland geschaffen wurde. Insofern können hier die für Auslandseinsätze der Bundeswehr gültigen Regelungen nicht vollumfänglich
umgesetzt werden.
in ausreichender Tiefe hinterlegt hat. Für die
Zukunft folgt daraus die Forderung, weitere
Auslandseinsätze nur zuzulassen, wenn die
Bundeswehr das benötigte Personal auch
durchhaltefähig stellen kann. Für die nachgenannten Bereiche ist das derzeit nicht gewährleistet.
Stellungnahme BMVg
Dem Aspekt der besonderen Einsatzbelastung
für Personal mit Schlüsselqualifikation wurde im
Zuge der Strukturreform der Bw durch das Prinzip des stärkeren Fähigkeitsbezugs der Streitkräfte Rechnung getragen. Die Stehzeit im Einsatz / Einsatzdauer auf vier Monate und eine
Regenerationszeit von 20 Monaten zwischen
zwei Einsätzen sind in der „Konzeption der Bundeswehr“ planerisch festgelegt und damit
Grundlage für die Einsatzplanung. Von dieser
grundsätzlichen Regelung kann abgewichen
werden, sofern es für die Einsatzerfordernisse
beziehungsweise für eine spezifische Aufgabe
erforderlich ist. Die Regelung lässt dabei sowohl
längere als auch kürzere Stehzeiten zu. Längere
Stehzeiten finden insbesondere bei der Besetzung von Dienstposten in multinationalen Hauptquartieren Anwendung, in denen die Stehzeiten
zwischen den Partnernationen abgestimmt werden. Zudem wirkt sich der Umbau der Einsatzkontingente, insbesondere in Afghanistan,
auf die Personalplanung aus. Hierbei verändern
sich nicht nur die Größenordnungen, sondern
auch in Akzenten das Fähigkeitsspektrum. Umplanungen und zeitliche Verschiebungen sind
unvermeidbare Konsequenzen. Hierdurch kann
es in Einzelfällen kurzfristig und ungeplant, z.B.
durch Ausfall der geplanten Nachbesetzung, zu
einer Verlängerung der Stehzeit über die grundsätzliche Dauer von vier Monaten kommen,
wenn eine Vakanz des Dienstpostens nicht hinnehmbar ist. Informationen dazu haben unverzüglich zu erfolgen. Der Auftrag des Einsatzkontingentes steht grundsätzlich vor dem Einzelinteresse einer Soldatin bzw. eines Soldaten.
Den persönlichen Belangen der Soldatinnen und
Soldaten ist durch die Vorgesetzten gerade auch
in der Situation der Neuausrichtung der Streitkräfte und zeitgleich laufender Einsätze wo immer möglich gerecht zu werden. Im Rahmen der
Agenda „Bundeswehr in Führung – Aktiv. Attraktiv. Anders.“ wird durch Maßnahmen im Themenfeld
1
„Führungsund
Organisationskultur“ das Führungsverhalten
noch mehr an den Lebensphasen der
Soldatinnen und Soldaten und an ihren
besonderen privaten Bedingungen ausgerichtet.
Maßnahmen des Themenfeldes 3 der Agenda
sollen darüber hinaus die Balance von Familie
und Dienst fördern.
4.2
Einsatzdauer und strukturelle
Überforderung
Erneut kam es im Berichtsjahr zu Klagen über
zu häufige Einsätze und zu kurze Regenerationszeiten zwischen den Einsätzen. In diesem
Zusammenhang ist die Einsatzbelastung von
Personal mit Schlüsselqualifikationen besonders hervorzuheben. Die im Folgenden beispielhaft geschilderten Bereiche zeigen, dass
die Bundeswehr zwar ein breites Spektrum an
Fähigkeiten vorhält, dieses aber personell nicht
Zur militärischen Flugsicherung gehören der
27
Stellungnahme BMVg
zum Jahresbericht 2013 des Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages
bisher zweigeteilten lehrgangsgebundenen Praxisausbildung, der Wegfall der Wiederholungsmöglichkeit für den Gesamtlehrgang im Fall einer
nicht bestandenen Prüfung sowie die Flexibilisierung der Ausbildung am Arbeitsplatz in den Verbänden.
Das BAPersBw wurde durch Kdo Lw gebeten,
die vakanten Dienstposten im Bereich der
TSLw 1 mit Priorität zu besetzen. Weiterhin
wurde die Regenerationsquote für die Einstellung von Anwärtern für diesen Werdegang für
die nächsten Jahre sachgerecht reduziert.
Als flankierende Maßnahme wird für die Anwärter Militärischer Flugverkehrkontrolldienst
(MilFVK) die lehrgangsgebundene Zweitausbildung extern durch die Deutsche Flugsicherung
GmbH (DFS) durchgeführt.
Mit den beschriebenen Maßnahmen kann der
Stau der auf die lehrgangsgebundene Praxisausbildung wartenden Anwärterinnen und Anwärter im Laufe des Jahres 2014 komplett abgebaut werden.
Unter Berücksichtigung der reduzierten Regenerationsquote wird die Anzahl der auf den
Beginn der Fachausbildung MilFVK wartenden
Soldatinnen und Soldaten im Jahr 2014 deutlich reduziert. Unter der Annahme vergleichbarer Rahmenbedingungen in den Folgejahren
ist mit dem vollständigen Abbau dieses Staus
bis Mitte 2016 zu rechnen. Durch eine individualisierte, transparente und verlässliche Personalentwicklung werden die bereits eingeleiteten Maßnahmen zusätzlich zu einer Verbesserung der Situation beitragen. Dies wird durch
die Verbesserung von Rahmenbedingungen
durch Maßnahmen der Agenda „Bundeswehr in
Führung – Aktiv. Attraktiv. Anders.“ im Themenfeld 5 „Karrierepfade“ unterstützt.
Flugverkehrskontrolldienst und die Flugberatung.
Der Flugverkehrskontrolldienst wird von Offizieren geleistet. Die Besetzung der dafür ausgeworfenen Dienstposten leidet derzeit unter einer
Unterdeckung von zirka 20 Prozent. Gleiches gilt
für die Dienstposten der Flugberaterfeldwebel.
Besonders prekär ist die Situation in der Flugberatungszentrale in Frankfurt/ Main, wo auf 19
Dienstposten für Flugberaterfeldwebel derzeit
nur zehn Soldaten Dienst leisten. Die Unterbesetzung führt zu einer hohen, teilweise grenzwertigen Einsatzbelastung des verfügbaren Personals. Eine Aussicht auf Besserung in diesem
Bereich besteht kurz- und mittelfristig nicht, denn
neues
Personal
für
den
Flugverkehrskontrolldienst kann nicht zeitnah ausgebildet werden. Die Wartezeit für die Ausbildung der Anwärter für die Militärische Flugsicherung an der Technischen Schule der Luftwaffe in
Kaufbeuren beträgt derzeit bis zu drei Jahre.
Stellungnahme BMVg
Die derzeitige Personalsituation ist ein unmittelbares Ergebnis der Ausbildungsdauer für
den Werdegang der Flugberaterfeldwebel in
Verbindung mit der eingeschränkten Attraktivität des Standortes Frankfurt. Zur Bewertung
der Situation aus ganzheitlicher Sicht und zur
Entwicklung von Lösungsoptionen wurden im
Januar 2014 Lösungsmöglichkeiten zwischen
dem Amt für Flugsicherung der Bundeswehr
(AFSBw) und dem Kommando Einsatzverbände erörtert. Als erstes Ergebnis wird das
AFSBw die Möglichkeiten einer verkürzten
Ausbildungsdauer für Unterstützungspersonal
im Rahmen einer Probeausbildung prüfen.
Daneben wird auch die Neugestaltung der
Regenerationspraxis für die Flugberaterfeldwebel als geeignete Möglichkeit zur Abhilfe
bewertet. Der im Jahr 2013 bestehende Ausbildungsstau in diesem Werdegang war in
erster Linie das Ergebnis einer Unterbesetzung
der Dienstposten für Lehroffiziere an der Technischen Schule der Luftwaffe 1 (TSLw 1), die
auch durch die Gestellung von Gastlehrern
nicht vollständig kompensiert werden konnte,
verbunden mit einer hohen Anzahl an Durchfallraten geschuldeten Wiederholungsausbildungen.
Der derzeit in einem 2-Schichtsystem genutzte
„Großsimulator Platzkontrolle“ befindet sich an
seiner Kapazitätsgrenze. Eine Beschaffung von
dezentralen Kleinsimulatoren „Ausbildungsausstattung Flugsicherung Simulator Platzkontrolle
II“ (AFSP II), die in einigen Bereichen Entlastung
schaffen sollen, ist im Rahmen freier Haushaltsmittel beabsichtigt.
Zum Abbau dieses Staus wurde bereits in 2013
ein Bündel von Maßnahmen umgesetzt. Die
Kernmaßnahmen sind die Zusammenlegung der
Besonders gravierende Auswirkungen hat
diese Situation auf die sogenannten Combat
Controller des Heeres. Nach Auskunft des
Bundesministeriums der Verteidigung haben
sich Luftwaffe und Heer darauf geeinigt, dass
für die Combat Controller der Fallschirmjägertruppe und des Kommandos Spezialkräfte eine
Ausbildung für den Flugverkehrskontrolldienst
künftig nicht mehr erforderlich sein soll. Zu den
Aufgaben der Combat Controller zählen unter
anderem das Erkunden, Einrichten und
Betreiben von Behelfsflugplätzen im Rahmen
von Luftlandeoperationen. Auf behelfsmäßigen
Feldflugplätzen wäre damit bis zum Eintreffen
der
Luftwaffenkräfte
kein
Flugverkehrskontrolldienst möglich. Das würde die
Versorgung der Luftlandetruppen gefährden.
Darüber hinaus stellt sich die Frage, welches
Personal den Luftverkehrskontrolldienst übernehmen soll, wenn beispielsweise deutsche
28
Stellungnahme BMVg
zum Jahresbericht 2013 des Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages
Durchhaltefähigkeit unter Zugrundelegung der
Einsatzsystematik 4/20 ist daher bereits jetzt
nicht gegeben. Diese Situation kann auch
durch die geringfügige Anhebung der Anzahl
der Dienstposten für Luftumschlagfeldwebel
auf 14 nicht nachhaltig verbessert werden.
Staatsbürger aus Krisenstaaten militärisch
evakuiert und dafür Behelfsflugplätze genutzt
werden müssen.
Stellungnahme BMVg
Die Durchführung der Flugverkehrskontrolle im
Rahmen der Einsatzaufgaben im Ausland ist,
entsprechend internationalem Luftrecht, von
einer völkerrechtlichen Mandatierung des
Gastlandes abhängig. Grundsätzlich erfordert
der Kernauftrag der Combat Control Teams
(CCT) keine Lizenzierung des Personals zur
Befähigung der militärischen Flugverkehrskontrolle. Im Konsens mit dem zuständigen
Amt für Flugsicherung Bundeswehr (AFSBw)
wurde durch das Bundesministerium der Verteidigung zuletzt 2012 festgestellt, dass die
wesentlichen Ausbildungsanteile zur Einsatzbefähigung der Combat Controller im Bereich
Flugsicherung den Tätigkeiten im Bereich
Fluginformationsdienst entsprechen. Ungeachtet dessen wurde durch das Heer angewiesen, ein Gesamtkonzept zur Ausbildung
von Combat Controlling-Personal, mit dem Ziel
einer international anerkannten Lizenzierung,
einschließlich Befähigung zur Teilhabe an der
militärischen Flugsicherung im Rahmen des
Einsatzauftrages, zu erarbeiten. Im Hinblick
auf mögliche militärische Evakuierungsoperationen wird das Personal, auch nach Abschluss der zukünftigen Ausbildungskonzeption, über die notwendigen theoretischen, praktischen und international anerkannten Kenntnisse für das Betreiben eines Behelfsflugplatzes und für die sichere Durchführung des
Flugbetriebes ohne Flugverkehrskontrolle verfügen.
Stellungnahme BMVg
Im Bereich des Logistikkommandos der Bundeswehr sind in der Zielstruktur 28 Dienstposten für Luftumschlagfeldwebel (LuUgFw) ausgebracht. Davon sind derzeit 12 Dienstposten
mit ausgebildetem und auslandsverwendungsfähigem Personal besetzt. Damit kann
eine Durchhaltefähigkeit für zwei Einsatzgebiete sichergestellt werden. Ende 2016 werden
mit Einnahme der Zielstruktur und nach erfolgter Ausbildung der LuUgFw alle 28 Dienstposten besetzt sein.
Ähnlich angespannt ist die Lage bei den Marinefliegern. So wurde im Jahr 2013 nach Mitteilung des Marinekommandos beispielsweise
im Bereich P-3C Orion und für 2014 auch für
die
Bordhubschrauberstaffel
des
Marinefliegergeschwaders 5 eine operative
Einsatzunterbrechung von sechs Monaten „erwirkt“. Diese Formulierung zeigt, dass eine
kurze Regenerationsphase von nur sechs
Monaten zwischen zwei Einsätzen aus Sicht
der Betroffenen bereits als Verbesserung der
Lage wahrgenommen wird. Für die betroffenen
Soldaten und ihre Familien ist das nicht ausreichend. Auch in diesem Bereich besteht
Handlungsbedarf.
Stellungnahme BMVg
Die Einsatzunterbrechung diente in erster Linie
der notwendigen Regenerationsausbildung von
Besatzungen zur Schaffung eines größeren
Pools von Einsatzbesatzungen, um die
Einsatzbelastungen gleichmäßig zu verteilen
und für die Einzelnen zu reduzieren. Vor dem
Hintergrund der Balance von Familie und
Dienst standen die Besatzungsangehörigen
außerhalb der Ausbildungszeiten ihren Familien zur Verfügung. Zusätzlich wurde durch das
Marinefliegerkommando eine Familienbetreuungsstelle eingerichtet, die hohe Akzeptanz
erfahren hat.
Kritisch ist auch die Situation der Luftumschlagkräfte. Die Besetzung der Dienstposten
bei ISAF, KFOR, ATALANTA, AF TUR sowie
am logistischen Umschlagpunkt Trabzon in der
Türkei erfordert nach Einschätzung des Logistikkommandos der Bundeswehr einen Bedarf
von fünf Luftumschlagfeldwebeln gleichzeitig.
Um die genannten Einsätze durchhaltefähig
besetzen zu können, besteht ein Bedarf von 30
auslandsverwendungsfähigen Luftumschlagfeldwebeln. Dieser Bedarf ergibt sich aus der
sogenannten Einsatzsystematik 4/20, wonach
planerisch vier Monate Einsatz und 20 Monate
Inlandsdienst zwischen den Einsätzen anzustreben sind. Der Bedarf für einsatzgleiche
Verpflichtungen wie die NATO Response
Force oder die EU Battlegroups ist dabei noch
nicht eingerechnet. Von den derzeit elf
Dienstposteninhabern im Bereich des Logistikkommandos der Bundeswehr sind nur acht
auslandsdienstverwendungsfähig.
Eine
Drastische personelle Engpässe zeichneten
sich im Berichtsjahr auch bei den Feuerwehrkräften ab. Allein durch die Umsetzung der
EU-Arbeitszeitrichtlinie mussten beim zivilen
Personal der Flughafenfeuerwehren so viele
Arbeitsstunden durch Freizeit ausgeglichen
werden, dass es, wie in Wunstorf beim Luft-
29
Stellungnahme BMVg
zum Jahresbericht 2013 des Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages
LUNA innerhalb der Aufklärungstruppe ist bekannt. Vor dem Hintergrund der aktuellen
Einsatzverpflichtungen war diese jedoch erforderlich, da Fähigkeiten in der Vergangenheit
weder strukturell noch organisatorisch in dem
Umfang abgebildet waren, wie es notwendig
gewesen wäre, um die Einsatzbelastung der
Einzelnen zu verringern. Diesem Aspekt wurde
bei der Ausplanung der neuen Struktur der Divisionen, Brigaden und Bataillone des Heeres
Rechnung getragen. Die Belastung der Einzelnen im Blick zu behalten, ist Aufgabe der
entsendenden Vorgesetzten. Qualitativ und
quantitativ hat sich die Situation durch Anpassung der Dienstpostenstruktur an den Bedarf
im Einsatz in den letzten Jahren deutlich verbessert. Aufgrund der im Vergleich zum Jahr
2012 deutlich höheren Einsatzverpflichtungen
des Verbandes im Jahr 2013 war eine weitaus
höhere Anzahl truppenärztlicher Untersuchungen auf Auslandsverwendungsfähigkeit
erforderlich. Ein unmittelbarer Zusammenhang
mit der Einsatzbereitschaft des Verbandes
kann nicht abgeleitet werden.
transportgeschwader 62 und in Cochem/ Büchel beim Taktischen Luftwaffengeschwader
33 geschehen, kurzzeitig zur Aussetzung des
Flugbetriebs kam. Nach Auskunft des Bundesministeriums der Verteidigung wird sich
diese Situation aufgrund der Dauer der Ausbildung von Feuerwehrleuten kurzfristig auch
nicht entspannen.
Stellungnahme BMVg
Der Bereich des Brandschutzes der Bundeswehr weist ein personelles Fehl bezogen auf
die gegenwärtige Struktur auf. Dies hat temporären Einfluss auf den Dienstbetrieb einiger
Standorte. Die Vakanzen sind u.a. durch den
Aufwuchs von Dienstposten infolge der Neugestaltung der Arbeitszeitverordnung im Rahmen der europarechtlichen Vorgaben zur Reduzierung der zulässigen Arbeitszeit auf
höchstens 48 Stunden pro Woche sowie durch
operative Erfordernisse begründet. Das Bundesministerium der Verteidigung hat eine Reihe von Maßnahmen zur Nachwuchswerbung
und
Attraktivitätssteigerung
im
Feuerwehrdienst eingeleitet. Eine Entspannung der
Lage wird erst mit der Annäherung an die Zielstruktur der Bundeswehr erwartet, wenn zunehmend Standorte mit Feuerwehrpersonal
schließen und es zu einer Angleichung des
Umfangs der eingerichteten Dienstposten und
des beschäftigten Feuerwehrpersonals kommt.
Mit der kontinuierlichen Verringerung der in
Afghanistan eingesetzten Soldatinnen und Soldaten hat sich der Bedarf an Brandschutzkräften in den Einsatzgebieten auf ein Niveau
verringert, das den Einsatz und die Regeneration der Kräfte grundsätzlich erlaubt.
Vor dem Hintergrund der genannten Beispiele
wurde das Bundesministerium der Verteidigung um Auskunft über die Einsatzbelastung
und die Regenerationszeiten der nach Einschätzung des Wehrbeauftragten am stärksten
belasteten Verwendungsreihen gebeten. Die
Auskunft konnte bis zum Redaktionsschluss
des Berichts nicht erteilt werden. Zur Begründung wies das Ministerium unter anderem
darauf hin, dass das Personalwirtschaftssystem der Bundeswehr auf Truppengattungen
abstelle und eine Betrachtung einzelner Verwendungsreihen mit dem derzeitigen Datenerfassungs- und Datenverarbeitungssystem
kurzfristig nicht möglich sei. Im Ergebnis
musste das Ministerium damit einräumen, sogar selbst keinen Überblick über die Einsatzbelastungen konkreter Truppenteile zu haben
und auch keine Prognose zur weiteren Entwicklung in diesem Bereich abgeben zu können. Eingeräumt wurde seitens des Bundesministeriums der Verteidigung immerhin, dass
für die Spezialpioniere der Streitkräftebasis
und die Feldnachrichtenkräfte des Heeres die
Zielerreichung des Regenerationszeitraums
über 20 Monate zwischen den Einsätzen infolge des operativen Bedarfs und der strukturellen Ausplanung nicht erreicht werden kann.
Hier klaffen operativer Bedarf und strukturelle
Ausplanung auf absehbare Zeit auseinander.
Während eines Truppenbesuchs beim Aufklärungsbataillon 8 in Freyung wurde vorgetragen,
dass der gesamte Verband seit 1998 durch
regelmäßige und teilweise lang andauernde
Auslandsverwendungen belastet sei. Ein drastisches Beispiel sei ein Feldwebeldienstgrad
mit insgesamt 1399 Einsatztagen. Die hohe
Einsatzbelastung führe bereits zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen. So seien im Jahr
2013 insgesamt 47 Soldatinnen und Soldaten
des Bataillons die Einsatzverwendungsfähigkeit (BA 90/5) aberkannt worden. Angesichts
dieser ernüchternden Zahlen kann von einer
Einsatzdurchhaltefähigkeit des Bataillons nicht
die Rede sein.
Stellungnahme BMVg
Die hohe Belastung von Soldatinnen und Soldaten in Spezialverwendungen wie z.B. Feldnachrichtenwesen, militärisches Nachrichtenwesen, Luftfahrzeugnachprüfung KZO und
Stellungnahme BMVg
Seit dem 1. April 2012 werden neu entwickelte
Funktionalitäten im Personalwirtschaftssystem
30
Stellungnahme BMVg
zum Jahresbericht 2013 des Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages
aus der Konzeption der Bundeswehr in Verbindung mit den Leitlinien zur Neuausrichtung
der Bundeswehr abgeleitete operative Bedarf
für die Aufgabe Konfliktverhütung und Krisenbewältigung ist strukturbestimmend und wurde
der strukturellen Ausplanung der Feldnachrichtenkräfte des Heeres zugrunde gelegt.
Ungeachtet dieser Feststellung kann der derzeitige operative Bedarf im Einsatz nur unter
Eingriff in die vorgegebene Einsatzsystematik
personell gedeckt werden. Auch vor diesem
Hintergrund wurde die Struktur der Feldnachrichtenkräfte so gestaltet, dass das Defizit auf
der Zeitachse beginnend ab der 2. Jahreshälfte 2014 abgebaut werden kann. Dazu ist ein
entsprechender Personalaufwuchs im Rahmen
einer individualisierten und flexibleren Personalentwicklung, verbunden mit der intensiven
Ausbildung bei den Feldnachrichtenkräften
unabdingbar. Der Abschluss wird mit der Einnahme der Struktur HEER2011 in 2017 erreicht.
Eine mögliche Entlastung der Soldatinnen und
Soldaten erfordert „individuelle Lösungen“, wie
z.B. bei der Marine die Anwendung von Mehrbesatzungsmodellen, den Besatzungswechsel
im Einsatz oder die Beschaffung weniger personalintensiver seegehender Einheiten. Ein
weiterer Ansatz der Entlastung und Regeneration von Soldatinnen und Soldaten ist die Anwendung des sogenannten „Splittings“. Dies
ermöglicht ein flexibles Verfahren zur Regelung der Einsatzdauer und damit auch kürzere
Stehzeiten im Einsatz. Dies erfolgt gerade mit
dem Ziel, die Durchhaltefähigkeit von besonders einsatzbelastetem Personal zu gewährleisten. Dies bedingt allerdings auch eine größere Einsatzhäufigkeit. Insbesondere in Bereichen mit geringer Personaldecke hat sich
Splitting zur Sicherstellung der Einsatzaufträge
und des Grundbetriebes bewährt. Die kurzen
Stehzeiten im Einsatz von bis zu ca. acht Wochen fördern die Motivation der Soldatinnen
und Soldaten, ggf. auch mehr als zwei Einsätze in einem 24-Monatszeitraum zu absolvieren.
der Bundeswehr (PersWiSysBw) zur Aufstellung, Planung und personellen Führung von
deutschen Einsatzkontingenten unter dem
Begriff „Einsatzbezogene Personalbearbeitung“ durch das Einsatzführungskommando
der Bundeswehr (EinsFüKdoBw) und die Personal stellenden Organisationsbereiche flächendeckend genutzt. Eine zentrale Auswertung der Einsatzbelastungen ist derzeit durch
das EinsFüKdoBw für die Dauer von insgesamt 180 Tagen nach Einsatzende möglich,
sofern die nachgefragten Informationen im
PersWiSysBw gespeichert sind. Diese zeitlich
eingeschränkte Berechtigung lässt die Bearbeitung sämtlicher Fragen zum Themenkomplex Einsatzdauer und Karenzzeit im Einsatz
nicht zu.
Zum Aufbau einer Einsatzhistorie und Verbesserung der personellen Einsatzplanung
unter besonderer Berücksichtigung der
Einsatzbelastungen von spezialisiertem Fachpersonal wird eine entsprechende operationelle Forderung des EinsFüKdoBw vom Februar
2014 durch das Bundesministerium der Verteidigung fachlich und datenschutzrechtlich bewertet. Mit einer verbesserten IT-Unterstützung
soll das EinsFüKdoBw in die Lage versetzt
werden, unter Berücksichtigung datenschutzrechtlicher Auflagen einen protokollierten und
revisionssicheren Zugriff auf ausgewählte
personenbezogene Daten des Personalwirtschaftssystems zu erhalten, um fachliche und
organisatorische Kompetenz für alle Fragen
des Einsatzes beim EinsFüKdoBw zusammenzuführen.
Mit der Beendigung des ISAF-Einsatzes, der
deutlichen Verringerung der deutschen Kräfte
im Rahmen einer möglichen Resolute Support
Mission (RSM) und der Konzentration der in
Afghanistan eingesetzten Kräfte in Mazar-e
Sharif und Kabul ist eine Entlastung der Spezialpioniere zu erwarten. Diese Entwicklung ist
mit Schließung der PRT Fayzabad (Oktober
2012) und Kunduz (Oktober 2013) bereits für
2013 nachweisbar. Gerade bei den Spezialpionieren gilt der Grundsatz, dass diese nur dort
eingesetzt werden, wo eine unabweisbare
Notwendigkeit besteht.
In der Zielstruktur HEER2011 wird das Heer in
jeder seiner zwei mechanisierten Divisionen
über drei Aufklärungsbataillone (Verbände)
verfügen. Aufbauorganisatorisch verfügt jeder
dieser Verbände über eine leichte Aufklärungskompanie, in welcher jeweils drei Feldnachrichtenzüge ausgeplant sind. Ergänzend
zu diesen insgesamt 18 Feldnachrichtenzügen
ist ein weiterer Feldnachrichtenzug in der Luftlandeaufklärungskompanie 310 der Division
Schnelle Kräfte abgebildet. Somit wird das
Heer in der Zielstruktur HEER2011 in Summe
über 19 Feldnachrichtenzüge verfügen. Der
4.3
Unterbringung im Einsatz
In den meisten der im Berichtsjahr besuchten
Einsatzorte war die Unterbringung der Soldatinnen und Soldaten angemessen. Dies galt
insbesondere dort, wo die Bundeswehr Liegenschaften und Feldlager in nationaler Verantwortung betrieb, wie beispielsweise das
inzwischen an die afghanischen Streitkräfte
übergebene Feldlager in Kunduz, oder durch
zivile Anbieter betreiben ließ, wie beispielsweise das Camp Qasaba in Kabul. Mit Einschränkungen aufgrund der extremen Staub-
31
Stellungnahme BMVg
zum Jahresbericht 2013 des Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages
insgesamt nicht bewohnbar sein würde. Insbesondere im Bereich der Sanitäreinrichtungen
wurden Belastungswerte erreicht, welche
selbst die in deutschen Abfallbeseitigungsunternehmen geltenden Grenzwerte um ein Vielfaches überschritten. Die fehlende Bewohnbarkeit des Bestandsgebäudes führte nach
dem Umzug des Deutschen Einsatzkontingents im Mai 2013 in die Gazi-Kaserne
zu einer Verdichtung der Belegung der Stuben
in dem neu errichteten Unterkunftsgebäude.
Zudem fehlten in den Stuben der beiden ersten
Einsatzkontingente über Monate hinweg eine
ausreichende Zahl von Tischen, Stühlen und
Spinden sowie hinreichend lange Matratzen.
Darüber hinaus wurden auch an dem neuen
Unterkunftsgebäude bereits erhebliche Mängel
an der Elektroinstallation und den Sanitäranlagen festgestellt.
und Sandbelastung galt die positive Einschätzung auch für Kilagay. Lediglich die vorübergehende Unterbringung der aus Kunduz zurückkehrenden Soldatinnen und Soldaten im
Camp Marmal in Masar-e Scharif in Großraumzelten war beanstandungswürdig. Unzureichend ist auch die Unterbringung in Duschanbe, wo die deutschen Soldatinnen und
Soldaten, die mit französischen Maschinen in
den Einsatz gebracht werden, zwischenlanden.
Erhebliche Probleme bis hin zur Aufgabe der
Nutzung eines Gebäudes traten dagegen dort
auf, wo deutsche Soldatinnen und Soldaten in
vom Gastland gestellten Liegenschaften und
Lagern untergebracht waren, namentlich in der
Gazi-Kaserne in Kahramanmaras, im Camp
Eggers in Kabul sowie in Koulikoro/Mali.
Stellungnahme BMVg
Soldatinnen oder Soldaten, die sich aufgrund
der Aufgabe der Einsatzliegenschaft Kunduz
nur temporär bzw. übergangsweise im Camp
Marmal aufhielten, wurden in Großraumzelten
untergebracht. Da die vorhandenen Containerraummodule vollständig belegt waren,
standen bessere Optionen nicht zur Verfügung.
Grundsätzlich ist bei Flügen nach Afghanistan
der Flugplatz Termez in Usbekistan für eine
Zwischenlandung vorgesehen. Die Verlegung
von Personal mit französischen Luftfahrzeugen
über Dushanbe in Tadschikistan stellte die
Ausnahme dar. Die kurzzeitige Unterbringung
im Zuge der Verlegung entsprach hinsichtlich
des Zustands und der Sauberkeit der vorhandenen Zelte sowie der Lärmbelästigung
nicht dem durch die Bundeswehr angestrebten
Standard. Durch das Einsatzführungskommando der Bundeswehr mit französischen Vertretern geführte Gespräche zur Verbesserung
der Situation verliefen erfolglos.
Seit Juli 2013 wird deutsches Personal nicht
mehr über diesen Flugplatz verlegt.
Die aufgezeigten Mängel sind inzwischen bis
auf die Belegungsdichte weitgehend behoben.
Sie zeigen allerdings, dass der Nutzung fremd
gestellter Liegenschaften und Einrichtungen
bei der Einsatzplanung und Einsatzvorbereitung besondere Aufmerksamkeit geschenkt werden muss.
Stellungnahme BMVg
Sowohl das Einsatzführungskommando der
Bundeswehr als auch die Führung des Deutschen Einsatzkontingents führen fortwährend
Gespräche mit den Verantwortlichen der Host
Nation Türkei, um die Unterbringungssituation
in der Gazi-Kaserne zu verbessern. Die gemeinsamen Abstimmungsprozesse gestalteten
sich zu Beginn aufgrund unterschiedlicher nationaler Standards schwierig. Das beanstandete Gebäude wurde im Zeitraum November
2013 bis Januar 2014 durch die Türkei saniert
und Anfang April 2014 durch die Bundeswehr
übernommen.
Auf Antrag des deutschen Einsatzkontingents
wird Mobiliar (Betten und Spinde) aus
Deutschland zugeführt. Dieses Mobiliar steht in
Deutschland vor der Aussonderung und kann –
bei Bereitstellung des Liegenschaftsmaterials
durch die Türkei – vor Ort verwertet werden.
4.3.1
Gazi-Kaserne, Türkei
Zu Beginn des Einsatzes in der Türkei im Januar des Berichtsjahres waren die deutschen
Soldatinnen und Soldaten zunächst in Hotels
untergebracht. Nach Herrichtung durch die türkische Seite sollten sie in ein neu errichtetes
und ein saniertes Bestandsgebäude in der Gazi-Kaserne umziehen. Während eines Besuchs
im Einsatzgebiet im Februar 2013 zeigte sich,
dass das zu sanierende Gebäude stark von
Schimmel befallen war. Die daraufhin eingeleiteten Untersuchungen eines Baubiologen
ergaben, dass das Gebäude trotz Sanierung
4.3.2
Camp Eggers, Kabul
Im Berichtsjahr waren einige wenige deutsche
Soldaten auch in dem von den USA geführten
Camp Eggers in Kabul untergebracht. Der Zustand der Sanitäranlagen in dem stark überbelegten Camp war durch Rost und Schwarzschimmelbefall hygienisch kaum hinnehmbar.
Aufgrund der Aufgabe des Camps zum Ende
des Jahres 2013 waren nach Auskunft des
32
Stellungnahme BMVg
zum Jahresbericht 2013 des Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages
Bundesministeriums der Verteidigung seitens
der USA keine weiteren Investitionen zur Verbesserung der Unterbringungssituation zu erwarten. Zur Entschärfung der Gesamtsituation
habe man den Soldaten zusätzliche Desinfektions- und Reinigungsmittel zur Verfügung gestellt. Die ursprünglich in Camp Eggers verbliebenen deutschen Soldaten werden jetzt im
Hauptquartier oder in einer neuen Unterkunftsanlage in der Nähe, dem sogenannten
New Kabul Compound, untergebracht.
4.4
Logistischer Umschlagpunkt
Trabzon
Seit März 2013 leisten rund 200 Soldatinnen
und Soldaten Dienst im türkischen Trabzon am
Schwarzen Meer. Dort hat die Bundeswehr
einen logistischen Umschlagpunkt eingerichtet.
Aus Afghanistan zurückzuführendes Material,
das mit dem Flugzeug nach Trabzon verbracht
wird, wird dort zur weiteren Rückführung nach
Deutschland auf Schiffe verladen.
Zum Bedauern vieler in Trabzon eingesetzter
Soldaten sind diese nicht Teil des Deutschen
Einsatzkontingents ISAF, sondern werden im
Rahmen einer zeitlich befristeten allgemeinen
Auslandsverwendung eingesetzt. Dies hat zur
Folge, dass die Verwendung der Soldatinnen
und Soldaten anderen gesetzlichen Regelungen und Weisungen unterliegt, als bei Angehörigen mandatierter Auslandseinsätze. So beziehen die Soldatinnen und Soldaten keinen
Auslandsverwendungszuschlag und unterliegen auch nicht den versorgungsrechtlichen
Bestimmungen der Soldaten im Einsatz.
Schließlich gilt für sie auch nicht der für Angehörige von Einsatzkontingenten angestrebte
Einsatzrhythmus von vier Monaten Einsatz und
20 Monaten Dienst in der Heimat. Hier ist der
Dienstherr gefordert, die für Kontingentangehörige geltenden Grundsätze auf die in Trabzon eingesetzten Soldatinnen und Soldaten so
weit wie möglich zu übertragen.
Stellungnahme BMVg
Um die Situation kurzfristig zu verbessern,
wurden neben den zusätzlich zur Verfügung
gestellten Desinfektions- und Reinigungsmitteln, die Matratzen ausgetauscht sowie Farben
zur Verbesserung der Unterbringungssituation
bereit gestellt.
4.3.3
Camp Koulikoro, Mali
Beanstandungen gab es auch zu Beginn des
Einsatzes deutscher Soldaten im Camp Koulikoro in Mali. Dort fehlten unter anderem Moskitonetze zum Schutz der Soldaten während
der Nachtruhe. Dazu ist anzumerken, dass das
Feldlager nur wenige hundert Meter von einem
Flussufer entfernt liegt und Mali ganzjährig als
Malariagebiet einzustufen ist. Die Moskitonetze
wurden zwischenzeitlich zur Verfügung gestellt.
Eine noch größere Gefährdung ging nach Einschätzung deutscher und polnischer Kampfmittelbeseitiger von überalterter Munition und
Explosivstoffen der malischen Streitkräfte aus,
die auf dem Gelände des Camps unsachgemäß und ohne genügenden Sicherheitsabstand von den Unterkünften der Soldaten gelagert wurden. Nach Sichtung der Bestände und Rücksprache mit dem französischen Kommandeur der Einsatzkräfte im
Rahmen eines Truppenbesuchs konnte eine
vorläufige Sicherung der Unterkünfte durch die
Errichtung eines Walls aus Schüttgutkörben
und die spätere komplette Räumung der Munitionslager durch die malische Armee erreicht
werden.
Stellungnahme BMVg
Der Einsatz im Logistischen Umschlagpunkt in
Trabzon fällt nicht unter die Voraussetzungen
einer besonderen Verwendung im Ausland im
Sinne des § 56 Bundesbesoldungsgesetz
(BBesG). Die Soldatinnen und Soldaten werden im Rahmen einer allgemeinen Verwendung im Ausland zum Logistischen Umschlagpunkt in Trabzon kommandiert. Sie erhalten Auslandsdienstbezüge gem. § 53
BBesG. Der Bezug von Auslandsdienstbezügen schließt die Gewährung eines Auslandsverwendungszuschlags aus. Die besonderen, gegenüber der „normalen“ Unfallversorgung deutlich herausgehobenen Leistungen
der Einsatzversorgung nach dem Soldatenversorgungsgesetz (SVG) sind unter verfassungsmäßigen Aspekten nur dadurch zu
rechtfertigen, dass sich die Soldatinnen und
Soldaten im Einsatz einer wesentlich gesteigerten Gefährdungslage aussetzen, die nicht
mit der Gefährdungslage im Inland oder im
sonstigen Ausland (außerhalb von Krisengebieten) vergleichbar ist. Der Aufenthalt in
Trabzon erfüllt diese Voraussetzungen nicht,
weil keine besondere Auslandsverwendung
nach § 63c Absatz 1 Satz 1 SVG und auch
Stellungnahme BMVg
Die dem Deutschen Einsatzkontingent EUTM
MALI zunächst zugeführten Moskitonetze waren aufgrund der Ausmaße sowie Zuschnitt vor
Ort nur eingeschränkt verwendbar. Nach der
eingeleiteten Beschaffung sind im August 2013
die beantragten Moskitonetze beim Deutschen
Einsatzkontingent EUTM MALI eingetroffen.
33
Stellungnahme BMVg
zum Jahresbericht 2013 des Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages
datin oder der Soldat noch der Dienststelle
angehört, bei der die besondere zeitliche Belastung zu Stande kam. Das Personal der Auslandsdienststelle Logistischer Umschlagpunkt
Trabzon setzt sich aus Soldatinnen und Soldaten zusammen, die auf Kommandierungsbasis und über kurze Zeiträume entsandt werden, wobei die Dienststelle aufgrund der gewählten Kommandierungszeiträume nicht in
der Lage ist, besondere zeitliche Belastungen
der kommandierten Soldatinnen und Soldaten
in Gänze durch Freizeitausgleich vor Ort abzubauen. Deshalb wurde für den Sonderfall
des Logistischen Umschlagpunktes Trabzon
die Genehmigung erteilt, vor Ort nicht abgebaute Ausgleichsansprüche ausnahmsweise
durch die Stammeinheiten abzugelten. Allerdings lässt die Rechtslage lediglich die Gewährung von Freizeitausgleich zu. Die für das
Personal der Auslandsdienststelle Logistischer
Umschlagpunkt Trabzon erteilte Genehmigung, Ausgleichsansprüche in der Stammeinheit in Freizeit auszugleichen, stellt eine Maßnahme dar, um der besonderen Situation in
der Auslandsdienststelle Logistischer Umschlagpunkt Trabzon Rechnung zu tragen.
keine vergleichbar gesteigerte Gefährdungslage im Sinne von § 63c Absatz 1 Satz 2 SVG
vorliegt.
Die Einsatzsystematik dient dazu, den Kräfteund Fähigkeitsbedarf mit den Belastungsgrenzen des Personals in Einklang zu bringen.
Um unterschiedlichen Anforderungen an Fähigkeiten in Einsätzen Rechnung zu tragen,
sind Zeiten im Einsatz und Zeiträume zwischen
den Einsätzen flexibel zu halten. Die Fürsorge
für das eingesetzte Personal, den Erhalt und
die Steigerung der physischen und psychischen Fitness sowie die Attraktivität des
Dienstes sind zu berücksichtigen. Planerisch
ist eine Einsatzsystematik zur Gewährleistung
von vier Monaten Einsatz und 20 Monaten Zeit
zwischen den Einsätzen anzustreben. Die
Grundsätze der Einsatzsystematik 4/20 gelten
auch für Trabzon, um die Durchhaltefähigkeit
sicherzustellen und die Belastung zu verteilen.
Ein besonderes Problem besteht für die in
Trabzon eingesetzten Soldatinnen und Soldaten im Ausgleich für mehr geleisteten Dienst.
Ein solcher Ausgleich ist für Bezieher von
Auslandsdienstbezügen wie in Trabzon nur in
Form der Gewährung von Freizeit zulässig.
Freizeitausgleich kann in Trabzon wegen der
zeitlichen Begrenzung des Einsatzes aber
nicht gewährt werden. Deshalb hat das Bundesministerium der Verteidigung für die in
Trabzon eingesetzten Soldatinnen und Soldaten im Wege der Einzelfallregelung ausnahmsweise zugelassen, den Anspruch auf
Dienstzeitausgleich (DZA) in ihre Stammeinheiten mitzunehmen und dort in Freizeit ausgleichen zu lassen. Das Problem wird dadurch
allerdings nicht gelöst. Auch in den Stammeinheiten kann DZA angesichts der Auftragslage und Personalknappheit in der Regel nicht
durch Gewährung von Freizeit sichergestellt
werden; wenn doch, so belastet dies die Kameradinnen und Kameraden, die dann entsprechend mehr Dienstleisten müssen. Außerdem widerspricht die Übertragung von
DZA-Ansprüchen auf die Stammeinheiten dem
vom Bundesministerium der Verteidigung vertretenen, vernünftigen Prinzip, DZA-Ansprüche
dort abzugelten, wo sie entstehen. Vor diesem
Hintergrund sollte über einen Ausgleich in Geld
oder eine anderweitige Kompensation nachgedacht werden.
4.5
Ausrüstung
Im Verlauf der Auslandseinsätze der Bundeswehr zeichnete sich frühzeitig ab, dass die
mittel- und langfristig ausgerichtete Ausrüstungsplanung mit ihren zeitaufwendigen Beschaffungsverfahren nicht geeignet ist, in allen
Fällen eine sach- und zeitgerechte Deckung
des vielschichtigen und dynamischen Einsatzbedarfs zu gewährleisten. Deshalb wurde ein
beschleunigtes Beschaffungsverfahren für den
sogenannten Einsatzbedingten Sofortbedarf
(ESB) geschaffen. Das Verfahren hat sich bewährt. So konnte im Berichtsjahr beispielsweise
endlich
die
Rückwand
für
den
MG-Kampfstand auf dem Transportpanzer
FUCHS, das sogenannte Krähennest, beschafft und die Nachrüstung aufgenommen
werden.
Trotz der positiven Erfahrungen hat das Bundesministerium der Verteidigung im Berichtsjahr verfügt, ESB-Beschaffungen durch ein
neues Verfahren unter der Bezeichnung „Sofortinitiative für den Einsatz“ zu ersetzen. Ob
sich das neue Verfahren in der Praxis ähnlich
bewährt wie das alte, bleibt abzuwarten. Der
Wehrbeauftragte wird das neue Verfahren
auswerten und über die Ergebnisse berichten.
Stellungnahme BMVg
Eine besondere zeitliche Belastung ist – unabhängig davon, ob es sich um eine „Inlandsdienststelle“ oder um eine „Auslandsdienststelle“ handelt – abzugelten, solange die Sol-
Stellungnahme BMVg
Mit Inkraftsetzung des novellierten Customer
Product Managements (CPM (nov.)) zum
34
Stellungnahme BMVg
zum Jahresbericht 2013 des Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages
1. Januar 2013 wurden alle neu initiierten Projekte auf Grundlage der neuen Verfahrensbestimmungen des novellierten CPM durch die
damit einhergehende Neuorganisation des
Ausrüstungs- und Nutzungsmanagements
umgesetzt. Um Maßnahmen, Aktivitäten und
Prozessschritte der bisherigen Regelungen zur
Deckung des Einsatzbedingten Sofortbedarfes
(ESB-Verfahren) in die gemäß CPM (nov.)
vorgesehene Bearbeitung von „Sofortinitiativen
für den Einsatz“ für unvorhersehbar auftretende dringende Einsatzbedarfe zu überführen,
wurden erforderliche Rahmenbedingungen und
Voraussetzungen festgelegt, mit denen eine
durchgängige, schnelle und sichere Anwendung des CPM (nov.) für den Anteil Sofortinitiative für den Einsatz erreicht werden. Übergangsweise werden dringende Einsatzbedarfe
zunächst noch nach dem bisherigen
ESB-Verfahren bearbeitet, solange die Voraussetzungen für den neuen Verfahrensanteil
noch nicht abgeschlossen sind. Die Sicherstellung einer optimierten Einsatzfähigkeit und
Auftragserfüllung und die damit verbundene
materielle Ausstattung für die Angehörigen der
Bundeswehr haben weiterhin höchste Priorität.
Im Rahmen eines Pilotprojekts wird derzeit der
Anteil „Sofortinitiative für den Einsatz“ gemäß
CPM (nov.) in der Praxis erprobt, um Erfahrungen zu gewinnen und hieraus möglichen
Präzisierungsbedarf in der Ablauf- und / oder
der Aufbauorganisation abzuleiten. Darüber
hinaus
unterliegt
der
Übergang
vom
ESB-Verfahren zum Verfahrensanteil „Sofortinitiative für den Einsatz“ gem. CPM (nov.) der
aktuell laufenden Evaluierung.
Rückführung hinaus sollte schließlich der
Schutz der Angehörigen einer möglichen
ISAF-Folgemission berücksichtigt werden. Bei
der Steuerung der Rückführung bleibt daher
eine sorgfältige Bewertung, die die Sicherheit
der verbleibenden Soldatinnen und Soldaten
gewährleistet, eine der größten Herausforderungen.
Stellungnahme BMVg
Die Sicherheit und der Schutz der Soldatinnen
und Soldaten der Deutschen Einsatzkontingente hat immer höchste Priorität und ist eine
der zentralen Stellgrößen der Einsatz- und
Operationsführung in den Einsatzgebieten der
Bundeswehr. Die personelle und materielle
Rückverlegung des Deutschen Einsatzkontingents ISAF während des laufenden Einsatzes
stellt eine Herausforderung dar, der dadurch
Rechnung getragen wird, dass sie ein integraler Bestandteil der Operationsführung ist und
somit nicht losgelöst von den operativen Vorgaben und Erfordernissen erfolgt. Bei der
Steuerung der Rückführung gilt den Kräften
und Mitteln, die für die Bereitstellung der Fähigkeiten zum Schutz der Soldatinnen und
Soldaten des Deutschen Einsatzkontingents
als erforderlich erachtet werden, besonderes
Augenmerk. Ziel der Planungen ist es, diese
Fähigkeiten bruchfrei über das Ende ISAF
hinaus auch für eine mögliche Folgemission in
Afghanistan zur Verfügung zu stellen und die
hierfür erforderlichen deutschen Kräfte und
Mittel erst dann zurückzuverlegen, wenn die
Fähigkeiten anderweitig, z.B. durch multinationale Kräfte, bereitgestellt werden können.
4.5.1
Sicherung des deutschen
ISAF-Kontingents und einer
Folgemission
Im Hinblick auf das Ende 2014 auslaufende
ISAF-Mandat wurde das deutsche Truppenkontingent in Afghanistan erheblich verringert.
Ziel ist es nach Auskunft des Bundesministeriums der Verteidigung, die verbleibenden
deutschen Kräfte in Masar-e Scharif und Kabul
zu konzentrieren und alle anderen Außenposten und Feldlager aufzulösen. So wurde bereits im Juni 2013 der OP North aufgegeben
und im Oktober das Feldlager Kunduz geräumt
und an die afghanischen Sicherheitskräfte
übergeben. Sicherheitsrelevante Vorfälle wurden dazu nicht gemeldet. Dennoch bereiten
Geschwindigkeit und Ausmaß der Rückführung
von Fahrzeugen und Waffen aus Afghanistan
auch Sorge. So erfuhr der Wehrbeauftragte bei
einem Truppenbesuch im Oktober 2013 von
mehreren sicherheitsrelevanten Zwischenfällen
in Kilagay. Über die Sorge um eine sichere
4.5.2
Transporthubschrauber CH-53
Auf die notwendige Ausrüstung des Transporthubschraubers CH-53 mit einer Rettungsund Bergewinde ist in den Jahresberichten der
zurückliegenden Jahre mehrfach hingewiesen
worden. Diese Lücke ist nach Freigabe der
vorgesehenen Winde für die Ausbildung und
den Einsatz durch die zuständige wehrtechnische Dienststelle inzwischen geschlossen.
Dagegen steht die Nachrüstung eines ballistischen Schutzes für vitale Komponenten des
Hubschraubers immer noch aus. Nach derzeitigen Planungen sollen in den Jahren 2014 bis
2017 jährlich jeweils fünf Hubschrauber nachgerüstet werden. Zur Begründung für die lange
Dauer der Umrüstung verweist das Bundesministerium der Verteidigung unter anderem
auf die begrenzte industrielle Kapazität des mit
der Nachrüstung beauftragten Unternehmens.
Das wirft die Frage auf, ob die Festlegung der
Geschwindigkeit bei der Herstellung von
Schutzmaßnahmen für Soldatinnen und Sol-
35
Stellungnahme BMVg
zum Jahresbericht 2013 des Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages
Bedrohung der Luftfahrzeuge und ihrer Besatzungen durch Laser im Einsatzgebiet Afghanistan nicht hinnehmbar.
daten privaten Auftragnehmern überlassen
werden darf und welche Handlungsmöglichkeiten dem Bundesministerium der
Verteidigung zur Beschleunigung des Verfahrens gegebenenfalls zur Verfügung stehen.
Stellungnahme BMVg
Erkenntnisse aus dem Einsatz in Afghanistan
identifizierten die größte Bedrohung im „infraroten und grünen Frequenzbereich“. Als Interimslösung soll die eingeführte Fliegerbrille mit
marktverfügbaren Laserschutzfiltern ausgestattet werden. Hierzu werden derzeit Flugtests
zum Nachweis der Systemverträglichkeit
durchgeführt. Diese Lösung muss mit der
Umgebung im Hubschrauber (Helm, Cockpit-Avionik) verträglich und zulassbar sein.
Nach jetziger Planung sollen die Brillen bei
reibungslosem Ablauf bis Mitte Juni 2014 verfügbar sein. Diese Brillen werden die Frequenzspektren für IR- und Grünlaser abdecken.
Stellungnahme BMVg
Der Antrag auf Einsatzbedingten Sofortbedarf
(ESB) wurde im März 2011 gestellt. Nach den
erforderlichen Erhebungen (Marktsichtung in
den USA, Freigabe der Teile durch die USA)
konnte mit der waffensystembetreuenden Firma Eurocopter der Musterbau erfolgreich Ende
2012 abgeschlossen werden. Hiermit waren
die Voraussetzungen geschaffen, um den Vertrag zur Einrüstung des ballistischen Schutzes
für vitale Komponenten der Transporthubschrauber CH-53GS abzuschließen. Der Vertrag wurde im Februar 2013 geschlossen. U.a.
die Komplexität der Einrüstung, die Verfügbarkeit der CH-53GS für die Einrüstung im Inland nach Rückkehr aus Afghanistan und nicht
zuletzt die Kapazitäten des Auftragnehmers
führten zu einer sich bis 2017 erstreckenden
Realisierungsplanung.
Ein Laserschutzvisier für das integrierte Fliegerhelmsystem wird nach Mitteilung des Bundesministeriums der Verteidigung nicht vor
2016 verfügbar sein. Eine Zwischenlösung ist
verfügt. Der Wehrbeauftragte wird verfolgen,
ob und inwieweit das ausreicht.
4.5.3
Persönliche Ausrüstung
Bei der persönlichen Ausrüstung der Soldatinnen und Soldaten hat es im Berichtsjahr Verbesserungen gegeben. So konnte im Bereich
der Nachtsicht- und Nachtkampffähigkeit für
die Spezialkräfte eine lang bekannte Fähigkeitslücke geschlossen werden: Im Rahmen
einer ESB-Maßnahme wurden 60 Sätze binokulare und modulare Nachtsichtbrillen beschafft. Die Beschaffung weiterer 20 Nachtsichtbrillen zur Restlichtverstärkung mit großem Sehfeld für Spezialkommandoeinsätze
sollte im November 2013 abgeschlossen sein,
wird sich nach letzten Mitteilungen des Ministeriums wegen Lieferverzögerungen aber noch
bis Januar 2014 hinziehen.
Stellungnahme BMVg
Ein in das Helmsystem des Unterstützungshubschraubers TIGER integrierter und für den
Flugbetrieb zugelassener Laserschutz wird als
abschließende Lösung unverändert angestrebt. Eine zeitnahe Realisierung ist hierfür
jedoch auf Grund der aufwändigen Maßnahmen am Helm nicht möglich. Eine Initiative für
ein Laserschutzvisier ist in der Mitzeichnung.
Nach Einschätzung von Airbus Helicopter
dauert die Umsetzung ab Vertrag bis zum Lösungsvorschlag ca. 28 Monate. Danach erfolgen Zulassung, Beschaffung und Logistik. Dies
ist mit zwölf Monaten (grobe Schätzung, da
weder Lösungsvorschlag noch Beschaffungszeiten bekannt sind) anzusetzen.
Stellungnahme BMVg
Für Spezialkommandoeinsätze wurden insgesamt 30 Nachtsichtbrillen (20 für Kommando
Spezialkräfte, 10 für Spezialisierte Einsatzkräfte Marine) zur Restlichtverstärkung mit
großem Sehfeld beschafft. Die Auslieferung
der Artikel durch den Hersteller ist am
5. März 2014 an das Materialdepot Hesedorf
erfolgt. Die Genehmigung zur Nutzung wurde
erteilt. Die Auslieferung hat begonnen.
4.6
Transport in den und aus dem
Einsatz
Nach wie vor belasten nicht ausreichende
Lufttransportkapazitäten die Verlegung der
Soldatinnen und Soldaten in den Einsatz. Der
Flugbereitschaft der Bundeswehr und offenbar
auch dem europäischen Lufttransportkommando (European Air Transport Command,
EATC) fehlt es an hinreichenden Redundanzen für den Truppentransport in die Einsatzorte.
Im Ergebnis kommt es dadurch zu häufigen
Flugverschiebungen und Verzögerungen. Als
besonders schwierig erwies sich der Transport
Dagegen weist die Ausrüstung der Besatzungen der Unterstützungshubschrauber
TIGER noch Lücken auf. Ihnen fehlt ein Laserschutz. Das ist vor dem Hintergrund der
36
Stellungnahme BMVg
zum Jahresbericht 2013 des Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages
für die Einsatzsoldaten genutzt werden.
der im afghanischen Kandahar eingesetzten
deutschen Soldaten. Sie berichteten, dass eine
Verlegung nach Kandahar zwei bis vier Tage
in Anspruch nehme. In einem Fall sei ein Soldat sogar neun Tage unterwegs gewesen. Eine Aufstockung der nationalen Lufttransportkapazitäten erscheint vor diesem Hintergrund
erforderlich.
Stellungnahme BMVg
Vor dem Hintergrund, dass eine kurz- bis mittelfristig signifikante Verschlechterung der Sicherheitslage in Nord-Afghanistan gegenwärtig
wenig wahrscheinlich, aber nicht gänzlich
auszuschließen ist, besteht ein Restrisiko.
Daher gilt für den Personentransport mit Luftfahrzeugen der Bundeswehr von und nach Afghanistan das Prinzip, dass deutsches Personal grundsätzlich nur in geschützten Luftfahrzeugen verlegt. Abhängig von der jeweils aktuellen Sicherheitslage vor Ort sind Landungen
und Starts in ungeschützten Luftfahrzeugen
der Bundeswehr für VIP-Flüge, Personal- /
Materialtransporte, insbesondere im Zuge des
Redeployments sowie zum Zweck des
STRATAIRMEDEVAC auf dem Flugplatz Mazar-e Sharif unter Anlegen eines strengen
Maßstabes im Einzelfall zulässig. Die Entscheidung hierüber erfolgt nach enger Abstimmung des Befehlshabers Einsatzführungskommando der Bundeswehr mit dem Inspekteur Luftwaffe. Ein Direktflug – ohne den
Umweg über Termez – vereinfacht den Personentransport in den Einsatz und zurück.
Dabei stehen der Schutz und die Sicherheit
unserer Soldatinnen und Soldaten im Vordergrund. Dies ist bei der Entscheidung über den
ungeschützten Anflug des Flugplatzes Mazar-e
Sharif zu berücksichtigen. Der routinemäßige
Anflug mit ungeschützten Luftfahrzeugen wird
derzeit durch das Bundesministerium der Verteidigung im Rahmen einer Gesamtbetrachtung unter besonderer Berücksichtigung des
Aspektes Schutz sowie anderer operativer und
politischer Faktoren untersucht, besonders für
die mögliche Folgemission Resolute Support
Mission RSM.
Stellungnahme BMVg
Ziel der Lufttransportplanung der Bundeswehr
ist die Gewährleistung einer möglichst verzugslosen Verlegung der Soldatinnen und
Soldaten in und insbesondere aus dem
Einsatzland. Sollten im Einzelfall für einen
Truppentransport keine Luftfahrzeuge der
Luftwaffe oder des europäischen Lufttransportkommandos verfügbar sein, so besteht für
das Logistikzentrum der Bundeswehr zusätzlich die Möglichkeit der Vergabe an einen
kommerziellen Dienstleister. Hierdurch entstehen bedarfsgerechte Lufttransportkapazitäten mit unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten
vertretbarem Flexibilisierungspotenzial. Es
können jedoch nicht alle unvorhersehbaren
Flugausfälle (wie z.B. aufgrund technischer
Defekte am Luftfahrzeug, Nichterteilung einer
Landegenehmigung, Wetterbedingungen am
Abflugs- oder Ankunftsort) kompensiert werden,
da diese meist sehr kurzfristig eintreten. Flüge
nach Kandahar Air Field werden im Einsatzgebiet durch eigene bzw. Luftfahrzeuge anderer
Nationen abgedeckt. Dabei wird eine größtmögliche Auslastung der jeweiligen Flüge angestrebt, so dass Zwischenlandungen zum Beoder Entladen beispielsweise in Mazar-e Sharif
oder Kabul die Folge sein können. Dadurch
können längere Transportzeiten entstehen.
Dabei handelt es sich innerhalb von Afghanistan um einen häufig anzutreffenden Tatbestand, der alle in diesem Land Reisenden
betreffen kann.
Erneut kam es im Berichtsjahr zu Klagen über
die Planbarkeit der Ein- und Ausflugtermine
sowie die Durchführung der Flüge. Gründe für
die Probleme bei der Planung und Durchführung sind unter anderem die Nichterteilung von
Lande- oder Überfluggenehmigungen, Wetterbedingungen am Abflugs- oder Ankunftsort,
technische Störungen an Luftfahrzeugen sowie
sich aus Lageänderungen ergebende operative Gesichtspunkte.
Auf wenig Verständnis bei Soldaten stößt,
dass Soldatinnen und Soldaten auf ihrem Weg
nach Masar-e Scharif noch immer nach Termez/Usbekistan gebracht und von dort mit einer C-160 Transall nach Masar-e Scharif weitergeflogen werden, anstatt direkt nach Masar-e Scharif zu verlegen. Die früher angeführten Sicherheitsgründe für das derzeit noch
praktizierte zeitaufwendige und umständliche
Verfahren über Termez scheint es nicht mehr
zu geben. Der Flughafen Masar-e Scharif wird
mittlerweile von zahlreichen Fluggesellschaften
im Linienflugbetrieb angeflogen. Auch Flugzeuge der Flugbereitschaft landeten im November und Dezember 2013 mehrfach auf
dem Flughafen. Diese Möglichkeit sollte auch
Stellungnahme BMVg
Der Lufttransport erfolgt auf Grundlage eines
festgelegten Flugplans. Die Flugzeiten können
sich aber aufgrund operativer Erfordernisse
und unvorhersehbarer äußerer Einflüsse kurzfristig verschieben. Operative Erfordernisse
haben bei der Flugplanung grundsätzlich Priorität.
37
Stellungnahme BMVg
zum Jahresbericht 2013 des Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages
den Maßnahme. Diese Voraussetzungen sind
beispielsweise für die Dauer der Teilnahme an
den Operationen ACTIVE ENDEAVOUR und
UNIFIL erfüllt. Die Flottendienstboote hingegen
befinden sich im Rahmen der nationalen Krisenvorsorge und unter nationalem Kommando
im Mittelmeer. Die Besatzungen dieser Boote
gehören nicht zu Kontingenten mandatierter
Einsätze ebenso wie die Soldatinnen und Soldaten am logistischen Umschlagpunkt in
Trabzon, die nicht Angehörige des Deutschen
Einsatzkontingents ISAF sind.
Flugplanänderungen aus den genannten
Gründen werden sich nie ganz vermeiden lassen. Dennoch sollten sich alle Beteiligten um
größtmögliche Verlässlichkeit bemühen. Sind
Änderungen unvermeidlich, müssen diese gegenüber den Soldatinnen und Soldaten und
ihren Angehörigen zeitnah kommuniziert und
erläutert werden.
Stellungnahme BMVg
Die am Verfahren Beteiligten kennen die Bedeutung einer verlässlichen Flugplanung gerade auch vor dem Hintergrund der Belastungen der Familien und Angehörigen der Kontingentangehörigen. Ziel ist es, gegenüber den
Soldatinnen und Soldaten eine größtmögliche
Transparenz sicherzustellen, die erforderlichen
Informationen über einen sehr kurzfristigen
Flugausfall und die damit verbundene Terminverschiebung des Fluges schnellstmöglich an
die betroffenen Soldatinnen und Soldaten weiterzugeben und auf berechtigte Interessen
einzelner betroffener Soldatinnen und Soldaten
Rücksicht zu nehmen.
Ein Anspruch auf Gewährung des Auslandsverwendungszuschlages entsteht nach derzeitiger Rechtslage auch nicht dadurch, dass die
auf den Booten eingesetzten Soldaten sich
dienstlich in einem Einsatzgebiet aufhalten und
damit der gleichen Gefährdungslage ausgesetzt sind. Die Besatzungen der Flottendienstboote ebenso wie die Soldatinnen und
Soldaten in Trabzon werden daher lediglich
nach den Zulagenbestimmungen und Vergütungsregelungen für mehrgeleisteten Dienst
finanziell abgefunden. Der Hinweis des Bundesministeriums der Verteidigung, dass diese
Zuschläge den AVZ ausgleichen, trifft nicht zu,
weil sie abhängig von der Steuerklasse in den
meisten Fällen deutlich darunter liegen.
4.7
Auslandsverwendungszuschlag
Erneut beklagten sich im Berichtsjahr zahlreiche Soldatinnen und Soldaten über Probleme
bei der Gewährung des Auslandsverwendungszuschlages (AVZ).
Die finanzielle Ungleichbehandlung von Besatzungsangehörigen der Flottendienstboote
und Angehörigen der deutschen Einsatzkontingente UNIFIL und ACTIVE ENDEAVOUR ist
für viele Soldaten angesichts der großen faktischen Ähnlichkeit ihrer Verwendungssituation
zu Recht nur schwer nachvollziehbar. Das
Bundesministerium der Verteidigung gibt
diesbezüglich zu bedenken, dass der finanzielle Unterschied letztendlich nicht gravierend
sei. Umso weniger nachvollziehbar ist das
Festhalten an der derzeitigen Rechtslage. Die
Betroffenen leiden unter der damit zum Ausdruck kommenden geringeren Wertschätzung
ihres Dienstes.
Zum Stichwort AVZ kritisierte der Bundesrechnungshof in seinem Bericht zum Haushaltsjahr 2013, dass das Bundesministerium
der Verteidigung keine vollständigen Datensätze zur Zahlung des AVZ vorlegen konnte
und die beabsichtigte Überprüfung deshalb
begrenzt werden musste. In den überprüften
Fällen stellte der Bundesrechnungshof zahlreiche Über- und Unterzahlungen fest.
Eingaben zum Thema AVZ gab es insbesondere von Besatzungsangehörigen der Flottendienstboote, die mit ihren Einheiten im östlichen Mittelmeer operieren, und von Soldatinnen und Soldaten in Trabzon. Sie beschwerten
sich darüber, keinen AVZ zu erhalten.
Lobend ist in diesem Zusammenhang herauszustellen, dass das Bundesministerium der
Verteidigung in Würdigung der besonderen
Situation der Betroffenen auf den Flottendienstbooten unter Gesichtspunkten der Personalführung
(Beförderung,
Beurteilung,
Einsatzmedaille) deren nationalen Einsatz als
einem mandatierten Einsatz vergleichbar anerkannt hat. Angesichts der sich entsprechenden Belastungs- und Gefährdungslage an Bord
der Flottendienstboote und der im Rahmen
mandatierter Einsätze operierenden Einheiten
gilt es von Seiten des Dienstherrn, die Forde-
Rechtliche Voraussetzung für die Gewährung
eines Auslandsverwendungszuschlages nach
Paragraph 56 Absatz 1 des Bundesbesoldungsgesetzes ist die Verwendung im Ausland
oder außerhalb des deutschen Hoheitsgebietes auf Schiffen oder in Luftfahrzeugen im
Rahmen einer von der Bundesregierung beschlossenen humanitären oder unterstützen-
38
Stellungnahme BMVg
zum Jahresbericht 2013 des Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages
(Erhöhung von 35,79 Euro auf 65,50 Euro pro
großem Anrechnungsfall) sowie die Zulage für
Dienst zu ungünstigen Zeiten (ca. 22 Euro pro
Wochenende). Beide Zulagen liegen – trotz
Steuerpflicht – etwa auf der Höhe eines AVZ
der Stufe 2.
rung nach Schaffung eines angemessenen
Ausgleiches weiter zu verfolgen.
Stellungnahme BMVg
Die Mängel im Verfahren zur Abrechnung und
Zahlung des Auslandsverwendungszuschlags
sind erkannt. Erste Maßnahmen zur Verbesserung wurden ergriffen. Die elektronische
Nachweisführung kann nur durch eine vollständige Umstellung des Zahlungs- und Abrechnungsverfahrens auf das SAP-basierte
Personalwirtschaftssystem der Bundeswehr
behoben werden. Erst in diesem Zusammenhang können auch die Vorgaben zur – gegebenenfalls elektronischen – Aktenführung
komplett überarbeitet werden. Beides ist nicht
kurzfristig realisierbar.
Zwingende Voraussetzung für die Gewährung
eines Auslandsverwendungszuschlags (AVZ)
nach § 56 Abs. 1 Satz 1 des Bundesbesoldungsgesetzes (BBesG) ist die Verwendung
der Soldatin oder des Soldaten im Ausland
oder außerhalb des deutschen Hoheitsgebietes auf Schiffen oder in Luftfahrzeugen im
Rahmen einer von der Bundesregierung beschlossenen humanitären oder unterstützenden Maßnahme (besondere Verwendung im
Ausland).
Die Soldatinnen und Soldaten in Trabzon
werden im Logistischen Umschlagpunkt
(LogUgPkt) eingesetzt. Beim LogUgPkt handelt es sich um einen abgesetzten Zug des
Logistikzentrums der Bundeswehr (LogZBw)
mit Dienstort im Ausland und damit der Basis
Inland zugehörig. Der Umschlagpunkt ist organisatorisch und rechtlich nicht dem Einsatzkontingent ISAF zugeordnet. Angehörige der
Bundeswehr werden zum LogUgPkt Trabzon
kommandiert und erhalten für diese allgemeine
Verwendung im Ausland Auslandsdienstbezüge (ADB) gem. § 53 BBesG. Der Bezug von
ADB schließt die Gewährung eines AVZ aus.
Flottendienstboote befinden sich im Rahmen
der nationalen Krisenvorsorge und unter nationalem Kommando auf Aufklärungsfahrt im
Mittelmeer. Die Boote operieren daher außerhalb von mandatierten Einsätzen. Die Grundlage für die Gewährung eines AVZ fehlt somit.
Eine finanzielle Ungleichbehandlung wird im
Rahmen der bestehenden Regelungen nicht
erkannt. Die Angehörigen der mandatierten
Einsätze UNIFIL und ACTIVE ENDEAVOUR,
die als besondere Verwendung im Ausland
qualifiziert sind, erhalten einen AVZ der Stufe 2
(46 Euro/Tag), der im Wesentlichen mit der
besonderen zeitlichen Belastung begründet ist.
Die Angehörigen der Flottendienstboote werden für vergleichbare zeitliche Belastungen mit
Zulagen und Vergütungen entschädigt. Dazu
rechnen die seit 1. Juli 2012 deutlich erhöhte
Vergütung für besondere zeitliche Belastungen
4.8
Betreuungskommunikation im
Einsatz
4.8.1
Allgemeine Situation
Ende 2010 schloss das Bundesministerium der
Verteidigung einen Rahmenvertrag über die
Betreuungskommunikation in den Einsatzgebieten bis Mitte 2015. Nach diesem Vertrag
erhalten die Bundeswehrangehörigen wöchentlich 30 Freiminuten zur Telefonie ins
deutsche Festnetz oder alternativ 17 Freiminuten ins deutsche Mobilfunknetz beziehungsweise zur Videotelefonie. Seit dem
zweiten Halbjahr 2013 können jetzt auch Kontingentangehörige mandatierter Einsätze der
Bundeswehr, die bis dahin nicht von dem bestehenden Vertrag zur Sicherstellung der
Betreuungskommunikation erfasst waren, wie
zum Beispiel die Unterstützungsmission der
Bundeswehr in Mali, diese Regelung in Anspruch nehmen. Diese Verbesserung ist zu
begrüßen.
Weitere Leistungen sind für die Kontingentangehörigen zurzeit kostenpflichtig. Allerdings
wurden durch die beauftragte Firma innerhalb
der Vertragslaufzeit wiederholt zeitlich begrenzte oder auch dauerhafte Preisnachlässe
gewährt. Ungeachtet dieser Vergünstigungen
konnte den Forderungen der Soldatinnen und
Soldaten nach einem kostenlosen Internetzugang und kostenfreier Telefonie in den
Einsatzgebieten während der Laufzeit des bestehenden Vertrages nicht entsprochen werden.
Stellungnahme BMVg
Innerhalb der Laufzeit des aktuellen Vertrages
zur Sicherstellung der Betreuungskommunikation im Einsatz (BKE) kann den Forderungen
der Kontingentangehörigen im Auslandseinsatz nach Bereitstellung eines kostenfreien Internetzugangs sowie der kostenfreien Telefonie vollumfänglich nicht entsprochen werden.
Eine Übernahme der Kosten einzelner wie
auch aller Dienstleistungen durch den Bund ist
mit dem durchgeführten Vergabeverfahren
nicht vereinbar und würde eine Neuausschreibung erforderlich machen. Unabhängig davon
stellen der bestehende Vertrag und die damit
verbundenen Leistungen des Dienstherrn eine
maßgebliche Verbesserung in der Umsetzung
39
Stellungnahme BMVg
zum Jahresbericht 2013 des Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages
von Zielen der Betreuung und Fürsorge dar.
Das „Sich kümmern“ um die Belange der Familien stellt sich hier exemplarisch dar.
pflichtungen im Rahmen der ständigen, multinationalen maritimen Einsatzverbände der
NATO regelmäßig durch lange Abwesenheitszeiten von der Heimat betroffen. Umso
wichtiger ist eine funktionsfähige Betreuungskommunikation an Bord aller Einheiten. Die
Einrichtung der erforderlichen Satellitenkommunikation insbesondere auf den kleineren
Einheiten kommt allerdings nur schleppend
voran. Für die Fregatten F122 ist eine Installation von Betreuungsnetzwerken wegen der
mittelfristig geplanten Außerdienststellungen
überhaupt nicht mehr beabsichtigt. Diese Planungsvorgabe ist insbesondere für diejenigen
Besatzungsangehörigen belastend, deren
Einheiten vor der Außerdienststellung noch
mehrere Jahre zur See fahren werden, wie
etwa die Fregatte Karlsruhe (bis 2017), die
Fregatte Lübeck (bis 2018) oder die Fregatte
Augsburg (bis 2019). Hier besteht dringender
Handlungsbedarf.
Das Bundesministerium der Verteidigung hat
zugesichert, die Kostenfreistellung für die Soldatinnen und Soldaten im Rahmen einer Neuausschreibung der Betreuungskommunikation
mit dem Folgevertrag für 2015 zu betrachten.
Der Wehrbeauftragte wird darauf achten, dass
es nicht nur bei der Betrachtung bleibt. Die
Gewährung kostenfreien Telefonierens nach
Deutschland ist ein Gebot der Fürsorge. So
sieht es offensichtlich auch der Deutsche
Bundestag, der die Bundesregierung bereits im
März 2012 in einem interfraktionellen Beschluss aufgefordert hat, eine umfassende,
moderne
Betreuungskommunikation
einschließlich der Möglichkeit des kostenfreien
Telefonierens nach Deutschland zu gewährleisten.
Stellungnahme BMVg
Im laufenden Vertrag zur Sicherstellung der
Betreuungskommunikation im Einsatz (BKE)
werden für seegehende Einheiten während der
Hafenliegezeiten in Djibouti Leistungen bereitgestellt. In 2013 wurden Voraussetzungen dafür geschaffen, um auch den seegehenden
Einheiten in mandatierten Einsätzen, die den
Hafen in Djibouti nicht anlaufen, 30 Freiminuten zur Telefonie aus dem Einsatzgebiet nach
Deutschland zu gewähren. So es der taktisch-operative Dienst erlaubt, kann nach
Freigabe durch den Kommandanten die dienstliche SatCom-Strecke auch für die BKE mitgenutzt werden. Weiterhin besteht die Möglichkeit, 30 Freiminuten pro Woche auch während der Liegezeit in einem Auslandshafen
über im Vorfeld angeforderte Telefonkarten zu
nutzen.
Um die BKE auf See sicherzustellen, ist neben
der SatCom-Anbindung über eine separate
Antennenanlage ein gesondertes Betreuungsnetzwerk an Bord zur Verwirklichung einer
leistungsfähigen BKE erforderlich. Dieses
muss aus Sicherheitsgründen vollständig vom
operativen Netz getrennt sein. Die Einrüstung
eines Betreuungsnetzwerks ist aufgrund der
für die raumübergreifende Verkabelung erforderlichen schiffbaulichen Maßnahmen nur im
Rahmen von planmäßigen oder außerplanmäßigen Liegezeiten über einen Zeitraum von
mindestens sechs Wochen möglich. Planmäßige Liegezeiten sind für einzelne Klassen
aufgrund deren bevorstehenden Außerdienststellung nicht mehr vorgesehen. Unabhängig
davon wurden auf den Fregatten der Klasse
122 zwischenzeitlich Betreuungsnetzwerke installiert.
Stellungnahme BMVg
Die Leistungsbeschreibungen zum Folgevertrag zur Sicherstellung der Betreuungskommunikation im Einsatz (BKE) sind erstellt und
wurden veröffentlicht. Neben der kostenfreien
Telefonie aus dem Einsatzgebiet nach
Deutschland ohne zeitliche Begrenzung wird
auch die kostenfreie Internetnutzung ohne zeitliche Begrenzung berücksichtigt. Weiterhin
wird beabsichtigt, eine abrufbereite Erstbefähigung zur Telefonie und zur Internetnutzung
in Form von mobilen Betreuungskommunikationscontainern vorzuhalten, die mit den ersten
Kräften in einen Auslandseinsatz verlegt werden können. Diese Verbesserungen sind als
Maßnahme „Freie Kommunikation im Einsatz“ Bestandteil der Agenda „Bundeswehr in
Führung – Aktiv. Attraktiv. Anders.“. Eine belastbare Aussage über die inhaltliche Ausgestaltung des Folgevertrages zur Sicherstellung
der BKE und damit der Umsetzung der noch
offenen Punkte aus dem interfraktionellen Beschluss des Deutschen Bundestages "Für eine
umfassende und moderne Betreuungskommunikation im Einsatz", kann erst nach dessen
vorgesehener Unterzeichnung im Januar 2015
getroffen werden.
4.8.2
Betreuungskommunikation an
Bord seegehender Einheiten
Bereits im vergangenen Jahr war die unzureichende Betreuungskommunikation auf den
seegehenden Einheiten der Marine Gegenstand des Jahresberichts. Besatzungen von
Marineeinheiten sind durch die mandatierten
Auslandseinsätze ATALANTA, UNIFIL und
ACTIVE ENDEAVOUR, aber auch durch Ver-
40
Stellungnahme BMVg
zum Jahresbericht 2013 des Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages
Im Folgevertrag zur Sicherstellung der BKE
wird insbesondere den seegehenden Einheiten
der Marine Rechnung getragen, die sich an
nichtmandatierten Einsätzen, wie den Standing
NATO Maritime Groups beteiligen. Damit wird
im Rahmen der Sicherstellung der BKE ab
dem 1. Juli 2015 erstmalig nicht mehr zwischen mandatierten und nichtmandatierten
Einsätzen unterschieden.
Es wird mit Hochdruck daran gearbeitet, die
technischen Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass der im Folgevertrag zur Sicherstellung der BKE vorgesehene neue Standard
nicht nur während der Aufenthalte in Auslandshäfen, sondern auch auf See genutzt
werden kann. Auch diese Verbesserungen
sind als Maßnahme „Freie Kommunikation im
Einsatz“ Bestandteil der Agenda „Bundeswehr in
Führung – Aktiv. Attraktiv. Anders.“.
4.10
Flughafen Masar-e Scharif
Im Rahmen eines Truppenbesuches bestätigten sich die bereits im Jahresbericht 2012 angesprochenen Probleme der Flugverkehrskontrolle am Flughafen Masar-e Scharif. Noch
immer fehlt insbesondere das Radarsystem
„Airport Surveillance Radar (ASR)“. Dies wurde
zwar bereits vor Ort installiert, ist aber noch
nicht freigegeben.
Der geforderte neue Kontrollturm wurde zwischenzeitlich errichtet. Dieser kann jedoch erst
im I. Quartal 2014 in Betrieb genommen werden. Zurzeit stellt der Neubau sogar eine Erschwernis für das Flugverkehrskontrollpersonal
dar, denn er beeinträchtigt die Sicht vom derzeit noch genutzten alten Kontrollturm auf den
Endanflug der Luftfahrzeuge. Ebenso würde
der alte Kontrollturm die Sicht von dem neuen
Turm nach dessen Inbetriebnahme behindern.
4.9
Ausstattung mit Sportgeräten an
Bord seegehender Einheiten
Auf die unzureichende Ausstattung seegehender Einheiten der Marine mit Sportgeräten
ist bereits in früheren Jahresberichten hingewiesen worden. Obwohl die vom Bundesministerium der Verteidigung eingeleiteten Einbauuntersuchungen auf allen Einheiten der
Marine bereits im April 2013 abgeschlossen
wurden, sind bislang keine nennenswerten
Verbesserungen zu verzeichnen, weil mit der
Realisierung der Einbauten erst nach Bereitstellung entsprechender Mittel im Haushalt
2015 begonnen wird. Diese Verzögerung beim
Einbau der Sportgeräte ist den Betroffenen
kaum noch zu vermitteln.
Obwohl die Verantwortung und Belastung der
Fluglotsen aufgrund der vorhandenen baulichen und technischen Mängel sowie des erheblichen Flugaufkommens sehr hoch ist, bewertet das Bundesministerium der Verteidigung die Bedingungen für die Durchführung
des Flugverkehrskontrolldienstes unverändert
als vertretbar. Die Betroffenen sehen das anders. Es müssen alle Anstrengungen unternommen werden, die Belastungen der Fluglotsen zu senken und die Sicherheit des Flugverkehrs auf dem Flugplatz Masar-e Scharif zu
erhöhen.
Stellungnahme BMVg
Das Radar-Sichtgerät „Airport Surveillance
Radar ASR-8“ wurde am 10. März 2014 gemeinsam mit dem neuen Tower in Betrieb genommen.
Die Rundumsicht vom neuen Tower wird durch
den alten, niedrigeren Kontrollturm nur geringfügig eingeschränkt. Diese Sichtbeschränkung
betrifft zudem nicht den laufenden Flugbetrieb,
sondern allein die rückwärtige Sichtachse zu
Flughafengebäuden.
Die Fluglotsen werden seit Aufnahme der
Flugsicherungsdienste am neuen Tower durch
eine nunmehr zeitgemäße Arbeitsumgebung
mit modernster Flugkontrolltechnik entlastet.
Daneben hat sich die spezifisch für die Verhältnisse am Flughafen Mazar-e Sharif entwickelte Zusatzausbildung, mit der die Fluglotsen
vor ihrem Einsatz gezielt auf die dortigen Anforderungen vorbereitet werden, bewährt.
Stellungnahme BMVg
Zur Verbesserung der Sportmöglichkeiten an
Bord seegehender Einheiten sind zwei unterschiedliche Maßnahmenpakete geplant bzw.
umgesetzt. Zum einen wird durch die bereits
erfolgte Beschaffung von zeitgemäßen und an
die Besatzungsstärken angepassten Sportgerätesätze eine kurzfristig wirksame Übergangslösung bereitgestellt. Zum anderen ist
geplant, durch schiffbauliche Veränderungen
Sport- und Fitnessgeräte in größerem Umfang
als bisher bereitstellen zu können. Überall dort,
wo dies außerhalb eines Rüstungsplanungsprozesses aufgrund der baulichen Gegebenheiten umzusetzen war, ist diese Anpassung
bereits vorgenommen oder vorgesehen (Beispiel: Einsatzgruppenversorger, Korvette 130,
Fregatte 125). Bei allen anderen seegehenden
Einheiten sind erhebliche schiffbauliche Veränderungen für eine solche Einrüstung notwendig und daher an den vorgegebenen Rüstungsplanungsprozess gebunden.
4.11
Postversorgung
Wie im vergangenen Jahr klagten auch 2013
41
Stellungnahme BMVg
zum Jahresbericht 2013 des Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages
öffnet wurden.
einzelne Soldaten darüber, dass Feldpostsendungen aus Afghanistan den Adressaten in
Deutschland geöffnet, beschädigt beziehungsweise nicht vollständig erreicht hätten.
Als mögliche Ursache für die Beschädigung
der Briefe und die damit verbundenen Verluste
kommt gemäß Mitteilung des Bundesministeriums der Verteidigung auch in diesen Fällen
eine unsachgemäße Verpackung sowie eine
mechanische Beschädigung durch die automatisierte Sortierung der Postsendungen in Betracht. Auch ein strafbares Handeln Dritter auf
dem Weg von der Feldpoststelle bis zum
Empfänger kann nicht gänzlich ausgeschlossen werden. Die geführten Ermittlungen
ergaben kein Fehlverhalten der eingesetzten
Feldpostsoldaten oder Dienststellen der Bundeswehr.
Stellungnahme BMVg
Im Falle des Diebstahls der Kleidungsstücke
aus Paketen des Einsatzgebietes ATALANTA
wurden sowohl die seitens des zivilen
Postdienstleisters und der Bundeswehr ergriffenen als auch die strafrechtlichen Ermittlungsmaßnahmen ausgeschöpft. Diese führten
jedoch zu keiner erfolgreichen Täterermittlung.
Der Dienstherr bleibt aufgefordert, für die sichere Beförderung der Sendungen von und zu
den Soldaten im Einsatz Sorge zu tragen, gegebenenfalls durch einen Transport mit eigenen Mitteln.
Stellungnahme BMVg
Die Bundeswehr stellt für ihre Soldatinnen und
Soldaten die Wahrung des Postgeheimnisses
gemäß Artikel 10 Grundgesetz in Verbindung
mit § 39 Postgesetz mit allen ihr zur Verfügung
stehenden Kräften und Mitteln sicher. Werden
Mängel, Fehlverhalten oder Verstöße festgestellt, wird diesen unverzüglich mit geeigneten
Maßnahmen entgegengewirkt.
Stellungnahme BMVg
Die Sicherstellung der Postversorgung stellt
eine sehr wichtige Maßnahme des Dienstherrn
im Rahmen der Fürsorge und Betreuung gegenüber den Soldatinnen und Soldaten im
Einsatz und den Familien zu Hause dar. Aus
diesem Grund räumt die Bundeswehr dem sicheren und ordnungsgemäßen Feldpostbetrieb
einen sehr hohen Stellenwert ein. Vereinzelt
aufgetretene Beschädigungen oder Verluste
von Feldpostsendungen hatten ihre Ursache
zumeist in der Nichtbeachtung festgelegter
Vorgaben für den Versand der Feldpostsendungen durch den jeweiligen Nutzer. Bei
Nichtbeachtung dieser Vorgaben können Beschädigungen von Feldpostsendungen mit
daraus resultierenden Verlusten nicht immer
ausgeschlossen werden. Die Sensibilisierung
aller Feldpostnutzer im Umgang mit Feldpostsendungen zur Verringerung von Beschädigungen und Verlusten wird durch die Leitverbände mit der angebotenen Unterstützung
durch die Prozessverantwortlichen der Bundeswehr und der Deutschen Post DHL konsequent weiter erfolgen.
4.12
Verleihung der Einsatzmedaille der
Bundeswehr
Wie schon im Jahr zuvor meldeten Soldaten
auch 2013, dass Einsatzmedaillen häufig nicht
vor Ort, sondern erst nach Rückkehr in die
Heimatstandorte und nicht selten mit mehreren
Monaten Verspätung ausgehändigt oder per
Post zugesandt würden. Ursächlich dafür war
offenkundig das der Entscheidung über die
Verleihung der Medaille zugrunde liegende
Verfahren.
Materielle Voraussetzung für die Verleihung
der Einsatzmedaille ist die Ableistung einer
bestimmten Anzahl von Einsatztagen. Verfahrenstechnisch muss die Verleihung allerdings
vom Disziplinarvorgesetzten beantragt und
über das Einsatzführungskommando der Bundeswehr dem Bundesministerium der Verteidigung zur Genehmigung vorgelegt werden.
Das ist nicht zu verstehen. Dem Einheitsführer,
dem einerseits im Einsatz das Leben seiner
Soldatinnen und Soldaten anvertraut ist, wird
andererseits nicht zugetraut, deren Einsatztage ordnungsgemäß zu zählen. Das Ergebnis
sind nicht vertretbare Verzögerungen bei der
Verleihung der Medaille.
Auch aus dem Einsatzgebiet ATALANTA wurde berichtet, dass Pakete der Deutschen Unterstützungsgruppe in Djibouti die Postverteilerstelle des Marinestützpunktkommandos
Wilhelmshaven geöffnet und in durchwühltem
Zustand erreicht hätten. Nach Abschluss der
Ermittlungen zeigte sich, dass Kleidungsstücke,
Uniformteile und zivile Kleidung im Wert von
rund 50 Euro gestohlen worden waren. Täter
konnten nicht ermittelt werden. Nach den
Laufzetteln des beauftragten Versandunternehmens wurden die Pakete mehrmals umgeschlagen, sodass nicht mehr feststellbar war,
wo und wann die Sendungen unberechtigt ge-
Es ist bedauerlich, dass trotz der offenkundig
unnötigen Bürokratisierung des Verfahrens das
42
Stellungnahme BMVg
zum Jahresbericht 2013 des Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages
ten bereitet der Umgang mit Alkohol in den
Einsätzen grundsätzlich keine Probleme. Das
schließt Übertretungen bestehender Regelungen zum Alkoholkonsum nicht aus, beispielsweise wenn Soldaten sich Alkohol über den
Versandhandel zuschicken lassen.
Bundesministerium der Verteidigung bisher
keine Notwendigkeit für die Änderung der einschlägigen Verfahrensweise sieht.
Soldatinnen und Soldaten sind zu Recht stolz,
wenn sie ihre Einsatzmedaille empfangen. Eine Verleihung zum Ende des Einsatzes im
Rahmen einer Verleihungszeremonie, der sogenannten „Medal Parade“, stellt hierfür einen
würdigen Rahmen dar. Umso frustrierender ist
es, wenn Soldaten hiervon aufgrund bürokratischer Hürden ausgeschlossen werden.
In der Regel ist der Umgang mit Alkohol im
Einsatz durch Feldlagerordnungen oder
Grundsatzweisungen jeweils einsatzbezogen
reglementiert. So werden zum Beispiel Ausschankschlusszeiten in den Betreuungseinrichtungen befohlen, Verkauf und Konsum von
Spirituosen geregelt oder auch der Genuss
von Alkohol durch Angabe von Höchstmengen
begrenzt. Wo bestehende Regelungen nicht
eingehalten werden, wird unverzüglich reagiert
bis hin zur Repatriierung der betroffenen Soldaten.
Stellungnahme BMVg
Die Einsatzmedaille der Bundeswehr wird nur
in Ausnahmefällen erst in der Heimat ausgehändigt. Hier handelt es sich i.d.R. um Fälle
wie vorzeitige Rückkehr aus dem Einsatz aus
zwingenden persönlichen Gründen (Verwundung, Krankheit, etc.) oder widrige Umstände
im Einsatzland (Gefährdungslagen, Witterungsbedingungen), die verhindern, dass die
Auszeichnungen zeitgerecht an alle Soldatinnen und Soldaten im Einsatzland ausgehändigt
werden.
Des
Weiteren
können
sog. „Kurzdiener“ (Einsatzverwendungsdauer
< 6 Wochen) betroffen sein, da die kurze
Stehzeit nicht ausreicht, um eine ordnungsgemäße Bearbeitung durchzuführen und die
Aushändigung noch im Einsatzland sicherzustellen.
Das Verleihungsverfahren ist gesetzlich geregelt und damit bindend. Es sieht vor, dass
ausschließlich die Bundesministerin der Verteidigung als Stifterin berechtigt ist, die
Einsatzmedaille zu verleihen und es daher ihrer persönlichen Billigung der Vorschlagslisten
bedarf. Ungeachtet dieser rechtlichen Rahmenbedingungen hat das Bundesministerium
der Verteidigung im Jahr 2007 folgende unbürokratische Lösung gebilligt: Im Ausnahmefall
können Vorschlagslisten zur Verleihung der
Einsatzmedaille unmittelbar per Fax dem
Bundesamt für Personalmanagement vorgelegt werden. Dort werden Urkunde und Empfangsbekenntnis erstellt und grundsätzlich am
selben Tag per Fax ins Einsatzland zurückgesandt. Damit liegt für den Kontingentführer die
Genehmigung zur Aushändigung der Einsatzmedaille vor. Zudem wird jedem Kontingentführer ein Handvorrat an Einsatzmedaillen
(Medaille, aber ohne Blanko-Urkunde) zur
Verfügung gestellt.
Das in den Verfahrenshinweisen zur Verleihung der Einsatzmedaille festgelegte Verfahren hat sich aus hiesiger Sicht bewährt.
Probleme im Hinblick auf die Grundsatzweisung traten im Berichtsjahr im Zusammenhang
mit dem UNIFIL-Einsatz auf. Die geltende Regelung zum Umgang mit Alkohol erfasste nur
Wachsoldaten, nicht aber die übrigen Kontingentangehörigen. Erst infolge mehrerer Vorfälle wurden die Regelungen für den Landgang
auf Zypern und in Beirut um eine allgemeine
Vorschrift zum Alkoholkonsum ergänzt. Der
Handhabung von Alkohol im Auslandseinsatz
ist besondere Aufmerksamkeit zu schenken.
Dies gilt nicht nur im Hinblick auf das Ansehen
der deutschen Truppe im Gastland und im
multinationalen Verband. Es dient vor allem
auch dem Schutz der Soldatinnen und Soldaten.
Stellungnahme BMVg
Die Regelungen zum Alkoholkonsum im Einsatz erfolgen in Verantwortung des jeweiligen
Kontingentführers und tragen damit den jeweils
spezifischen Einsatzbedingungen vor Ort
Rechnung. Die Einhaltung der Regelung des
Alkoholkonsums in den deutschen Einsatzkontingenten wird durch alle Vorgesetzten überwacht. Verstöße gegen die Befehle zum Umgang mit und Konsum von Alkohol werden
strikt geahndet. Die Kommandeure in den
Einsatzgebieten werden hinsichtlich des Umganges mit Alkohohl sensibilisiert. Die aktuelle
Weisungslage zum Alkoholkonsum in den
deutschen Einsatzkontingenten wird durch das
Bundesministerium der Verteidigung regelmäßig überprüft.
4.14
Vorschriftenlage bei
strafrechtlichen Ermittlungen
Nach der ZDv 20/7 sollen Soldatinnen und
4.13
Umgang mit Alkohol
Nach den Erkenntnissen des Wehrbeauftrag-
43
Stellungnahme BMVg
zum Jahresbericht 2013 des Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages
aler Netzwerke, zu einem weltweiten Kommunikationsforum entwickelt. Die damit verbundene Verbreitung von Informationen und Meinungen wirft allerdings auch zahlreiche Fragen
zu möglichen Rechtsverletzungen auf. Betroffen davon sind auch Soldatinnen und Soldaten.
Soldaten, gegen die straf- und disziplinarrechtliche Ermittlungen laufen, nicht gefördert werden. Betroffen von dieser Regelung sind unter
anderem sowohl Soldaten, die im Einsatz sind,
als auch solche, die im Einsatz waren und gegen die wegen des Einsatzes ihrer Waffen ermittelt wird. Solche Ermittlungen werden regelmäßig aufgenommen, wenn dritte Personen
durch den Waffeneinsatz zu Schaden gekommen sind.
Ein Soldat wandte sich an den Wehrbeauftragten, weil auf der Facebook-Seite des Regionalkommandos Nord der Schutztruppe
ISAF ein Foto von ihm zu finden war, zu dessen Veröffentlichung er kein Einverständnis
gegeben hatte. Ein weiterer Petent beklagte
sich, dass Kameraden und Vorgesetzte über
ihn in einem auf Facebook eingerichteten Blog
rufschädigende Kommentare verfasst hätten.
Auch Straftaten oder Dienstvergehen werden
in sozialen Netzwerken begangen. Das Spektrum reicht von dem Versuch, dienstlich gelieferte Ausrüstungsgegenstände über Facebook
zu veräußern, bis zum Austausch von Bilddateien mit verfassungsfeindlichen Inhalten in
einer „Whatsapp"-Benutzergruppe.
Veranlasst durch die Eingabe eines Offiziers
wurde die ZDv 20/7 Ziffer 135 b sprachlich
präzisiert. Diese Vorschrift regelt, unter welchen Umständen Soldatinnen und Soldaten
trotz gegen sie gerichteter strafrechtlicher Ermittlungen ausnahmsweise dienstlich gefördert
werden können. Bei strenger Lesart der Vorschrift kamen bisher nur diejenigen Soldaten in
den Genuss der Ausnahme vom Förderverbot,
deren Auslandsverwendung noch andauerte.
Nunmehr profitieren auch diejenigen Soldaten
von der Ausnahme, deren besondere Auslandsverwendung bereits beendet ist. Dies
stellt eine erfreuliche Verbesserung des
Rechtsschutzes insbesondere der vormals in
Afghanistan eingesetzten Soldatinnen und
Soldaten dar.
Der Nutzung sozialer Netzwerke im Internet
durch Soldatinnen und Soldaten aber auch
durch den Dienstherrn liegt eine vielschichtige,
teils widerstreitende Interessen- und Rechtslage zu Grunde. Persönlichkeitsrechte der
Soldaten, Urheberrecht und Datenschutz, das
Interesse des Dienstherrn an zweckmäßiger
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, militärische
Sicherheit und Geheimschutz, wie auch das
Straf- und Disziplinarrecht sind nur einige Gesichtspunkte, die bei der Nutzung entsprechender sozialer Netzwerke zu berücksichtigen
und in Einklang zu bringen sind. Die bestehende Weisungslage bleibt bedauerlicherweise
hinter dieser Entwicklung zurück. Die durch
das Bundesministerium der Verteidigung am
14. Mai 2012 unter dem Titel „Empfehlungen
für die Nutzung sozialer Medien" herausgegebene Orientierungshilfe scheint angesichts der
zunehmenden praktischen Bedeutung und
Komplexität des Themas in ihrer knappen und
abstrakten Fassung zur Schaffung von Handlungssicherheit bei allen Betroffenen unzulänglich. Sie sollte unbedingt überarbeitet werden.
In diesem Zusammenhang ist anzumerken,
dass die Bundeswehr staatsanwaltschaftliche
Ermittlungen nicht beschleunigen kann. Umso
wichtiger scheint es, dass die Streitkräfte in
jedem Einzelfall die betreffenden Ermittlungsbehörden auf die laufbahnrechtlichen
Konsequenzen für den beschuldigten Soldaten
hinweisen.
Stellungnahme BMVg
Die Staatsanwaltschaften haben die Entscheidungsgewalt über den Gang und Abschluss
von Ermittlungsverfahren. Jeder Eindruck einer
Einflussnahme seitens der Bundeswehr auf die
Ermittlungsbehörden ist zu vermeiden. Die zuständigen Rechtsberater und Wehrdisziplinaranwaltschaften stellen die gebotene Nähe zu
den Ermittlungsbehörden in angemessener
Weise sicher. Vor diesem Hintergrund wird die
Auffassung, die Streitkräfte sollten in jedem
Einzelfall die betreffenden Ermittlungsbehörden auf die laufbahnrechtlichen Konsequenzen
für den beschuldigten Soldaten hinweisen,
nicht geteilt.
Stellungnahme BMVg
Das Internet hat sich vom Informations- zu einem „Mitmach“-Netz entwickelt. In Verbindung
mit der rasanten Verbreitung mobiler Endgeräte hat heute jeder die Möglichkeit, eigene
Inhalte einzustellen oder sich an Diskussionen
zu beteiligen – jederzeit und überall. Die Wahrung von Urheber-, Persönlichkeits- und Leistungsschutzrechten ist immer sicherzustellen –
5
Umgang mit sozialen Netzwerken
im Internet
Das Internet hat sich in den vergangenen Jahren, insbesondere durch die Einrichtung sozi-
44
Stellungnahme BMVg
zum Jahresbericht 2013 des Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages
legt oder aufgelöst werden. Dies alles wirkt
sich zwangsweise sehr intensiv auf das Personal und damit auf jeden einzelnen Angehörigen der Bundeswehr aus. Phasen einer
Überdehnung des Personalkörpers sind dabei
temporär nicht auszuschließen.
auch online. Dagegen kommt es offline und
online immer wieder zu Verstößen. Die Vorkommnisse sind jedoch nicht kausal auf die
sozialen Netzwerke zurückzuführen, sondern
das Ergebnis von Fehlverhalten auch von Mitarbeitern der Bundeswehr. Die Interessen- und
Rechtslage entspricht der Situation im
Offline-Bereich. So ist z.B. bei allen Printprodukten das Persönlichkeitsrecht der Abgebildeten zu wahren, das Urheberrecht der Textbeiträge zu berücksichtigen, die Corporate Design-Vorgaben der Öffentlichkeitsarbeit einzuhalten und die Weitergabe von eingestuften
Daten zu verhindern. Es gilt, dass der Umgang
mit sozialen Netzwerken fester Teil der Ausbildung und von Belehrungen ist.
6.1
Beförderungssituation
Unverändert hoch war im Berichtsjahr die Anzahl der Eingaben, in denen Soldatinnen und
Soldaten ihre Unzufriedenheit mit ihrer Beförderungssituation ausdrückten. Dabei ging es
um Fälle, in denen die Betroffenen zwar die für
eine Beförderung erforderlichen persönlichen
Voraussetzungen erfüllten, mangels einer
ausreichenden Zahl von Planstellen aber nicht
befördert werden konnten. Folge dieser Situation
war
die
Bildung
von
Beförderungsreihenfolgen, die zu Beförderungsstaus
und Wartezeiten von teilweise mehreren Jahren führten. Betroffen davon waren insbesondere Oberfeldwebel, die auf die Beförderung
zum Hauptfeldwebel warten und Offiziere,
namentlich Hauptleute und Majore, die zum
Major beziehungsweise Oberstleutnant befördert werden könnten.
6
Personal
Die Bundeswehr verzeichnete im Berichtsjahr
einen Rückgang der durchschnittlichen Gesamttruppenstärke von 197.880 auf 184.012.
Das ist ein Minus von sieben Prozent. Die Verringerung der Truppenstärke verbunden mit
den im Übergang zur Neuausrichtung der Bundeswehr entstehenden parallelen Strukturen
führte zu erheblichem Personalmangel vor allem beim Heer und der Marine. Insbesondere
bei den Mannschaftsdienstgraden fehlten Soldaten, um den Übergang in die neuen Strukturen abzufedern. Die Eingaben im Berichtsjahr belegten darüber hinaus, dass im Hinblick
auf die Personalsituation Defizite bei der Neustrukturierung negative Auswirkungen auf die
vorzeitige Versetzung in den Ruhestand, die
Dienstzeitverkürzungen und die Beförderungssituation hatten. Auch der im Rahmen der
Neustrukturierung veranlasste Fähigkeitstransfer Hubschrauber sowie die Umstände
der Entpflichtung von Hubschrauberpiloten
gaben Anlass zur Kritik. Gleiches gilt für die
durch ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichts notwendige Verschiebung der Auswahlverfahren für die Übernahme in das Dienstverhältnis eines Berufssoldaten.
Darüber hinaus wiesen bei Truppenbesuchen
und in Eingaben Soldatinnen und Soldaten
darauf hin, dass sie aufgrund von Einsatzzeiten, Auslandsverwendungen oder auch fehlender Lehrgangsplätze unverschuldet die
Voraussetzungen für eine Beförderung nicht
erfüllen konnten.
Seit Jahren sind diese Probleme akut, ohne
dass sich eine Lösung abzeichnet. Nicht nur
für die Betroffenen, für die Truppe insgesamt
ist das demotivierend.
Stellungnahme BMVg
Zur Verbesserung der Beförderungssituation
und zur Attraktivitätssteigerung haben die in
den letzten Jahren erreichten Planstellenverbesserungen für alle militärischen Laufbahngruppen beigetragen. So konnten in den Jahren 2002 bis 2012 allein für die Feldwebeldienstgrade (Besoldungsgruppen A 7 bis
A 9mZ) rund 12.900 Planstellenverbesserungen erzielt werden.
Mit den seit 2012 im Einzelplan 14 des Bundeshaushalts ausgebrachten Planstellen der
Besoldungsgruppen A 8mZ (Hauptfeldwebel/-bootsmann),
A9
(Stabsfeldwebel/
-bootsmann) und A 9mZ (Oberstabsfeldwebel/
-bootsmann) sind sowohl der nach dem
PSM 185 vorgesehene Dienstposten- und
Ausbildungsumfang abgedeckt, als auch die im
Stellungnahme BMVg
Die Bundeswehr befindet sich im Rahmen der
Neuausrichtung in einem der größten Umbrüche in ihrer Geschichte. Dabei finden mit Blick
auf den Personalkörper zeitgleich ein Personalabbau mit einer Reduzierung des Streitkräfteumfangs, ein Personalumbau zu mehr
Zeitsoldaten und weniger Berufssoldaten sowie ein Personalaufbau inklusive Regeneration
und Verjüngung statt. Parallel dazu werden
bisherige Strukturen verändert, indem Truppenteile und Dienststellen umgegliedert, ver-
45
Stellungnahme BMVg
zum Jahresbericht 2013 des Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages
Bundesbesoldungsgesetz geregelten Obergrenzen für den Umfang der Planstellen für
Stabsfeldwebel und Oberstabsfeldwebel sowie
entsprechende Marinedienstgrade ausgeschöpft. Weitere Planstellenverbesserungen
für Unteroffiziere sind daher nicht erforderlich.
Das Bundesministerium der Verteidigung
bringt in die Haushaltsaufstellungsverfahren
der Jahre 2014 und 2015 weitere Planstellenverbesserungen ein. Damit soll insbesondere
der mit dem im November 2013 novellierten
Personalstrukturmodell (PSM) beabsichtigte
Aufwuchs an Oberstabsgefreiten nach Umfang
und Dotierung abgedeckt werden.
Mit Erlass des PSM 185 im Jahr 2012 betrug
die Planstellenabdeckung der Hauptleute/ Kapitänleutnante in der Besoldungsgruppe A 12
aufgrund der um 596 gegenüber dem PSM
2010 erhöhten Dienstposten- und Ausbildungsumfänge in dieser Besoldungsgruppe
nur noch etwa 82 Prozent (PSM 2010 = 98
Prozent). Dies entsprach seinerzeit einem Fehl
von 638 Planstellen für Einweisungen in die
Besoldungsgruppe A 12. Mit dem Bundeshaushalt 2013 und 2014 (Entwurf) wurden allein für diese Besoldungsgruppe jeweils 100
neue Planstellen ausgebracht.
Verbesserungen im gleichen Umfang sind für
die Haushaltsjahre 2015 und 2016 vorgesehen.
Gemessen am PSM 185 wird das Fehl in dieser Besoldungsgruppe dann noch 252 Planstellen betragen.
Im Rahmen finanzieller Freiräume werden daher weitere Planstellenverbesserungen angestrebt.
Auslandsverwendungen wirken sich nicht
nachteilig auf Beförderungen aus. Vor einer
Auslandsverwendung bzw. einem Auslandseinsatz wird die jeweilige zentrale personalbearbeitende Stelle beteiligt, um eine Zustimmung zu einer solchen Maßnahme zu erteilen. Diese Zustimmung erfolgt regelmäßig
nach Prüfung, ob Gründe, z.B. laufbahnrelevante Lehrgänge, Planungen aus Sicht der
Personalentwicklung / der Personalführung
gegen einen Auslandseinsatz / eine Auslandsverwendung sprechen, um dadurch mögliche Nachteile für die Soldatinnen und Soldaten zu vermeiden.
Ausbildungserfordernisse werden durch die
zentralen personalbearbeitenden Stellen mit
Priorität auf die laufbahnrelevanten Anteile hin
geplant, um das Vorliegen der beförderungsrelvanten Voraussetzungen innerhalb der
Mindestzeit zu gewährleisten. In wenigen Einzelfällen kann es durch mangelnde Ausbildungsressourcen in sehr spezialisierten Ausbildungsgängen zu Verzögerungen kommen.
6.2
Verschiebung des
Auswahlverfahrens für die
Übernahme in das
Dienstverhältnis eines
Berufssoldaten
Für die Übernahme in das Dienstverhältnis eines Berufssoldaten stehen regelmäßig mehr
Bewerber zur Verfügung als nach den Strukturvorgaben gebraucht werden. Aus diesem
Grunde werden einmal pro Jahr entsprechende Auswahlverfahren durchgeführt.
Bisher erfolgte die Auswahl immer auf der Basis von Geburtsjahrgängen. Dazu wurden jeweils nur bestimmte Jahrgänge sowie Ausbildungs- und Verwendungsreihen zur Auswahl
herangezogen. Gehörten Bewerber nicht dem
aufgerufenen Bewerberkreis an, wurde die
Bewerbung von vornherein abgelehnt.
Diese Verfahrensweise hat das Bundesverwaltungsgericht für rechtswidrig erklärt. In seiner Entscheidung führte das Gericht unter anderem aus, dass nach bisher geltendem Recht
nur Eignung, Befähigung und fachliche Leistung als Auswahlkriterien herangezogen werden dürften. Eine Auswahl auf der Grundlage
von Jahrgängen dagegen sei mangels gesetzlicher Grundlage rechtswidrig.
Angesichts der Entscheidung des Gerichts
wurden die Auswahlverfahren für das Jahr
2013 zunächst ausgesetzt. Bereits gestellte
Übernahmeanträge für das Auswahljahr 2013
behalten ihre Gültigkeit und werden gegebenenfalls in die Auswahlverfahren 2014 einbezogen werden. Antragsteller, deren Dienstzeit
absehbar vor Abschluss der Auswahlkonferenz
2014 endet, können eine Dienstzeitverlängerung beantragen, um noch an den Auswahlverfahren 2014 teilnehmen zu können.
Im Oktober 2013 teilte das Ministerium zum
weiteren Vorgehen mit, dass man beabsichtige,
Auswahlverfahren zukünftig nicht mehr auf der
Basis von Geburtsjahrgängen durchzuführen
und dazu das entsprechende Modell eines
neuen Auswahlverfahrens erarbeite. Wegen
eines vom Bundesministerium der Verteidigung als dringend eingeschätzten Bedarfs
wurde das Auswahlverfahren für Offiziere Ende 2013 zwar nicht mehr auf der Grundlage
der Geburtsjahrgänge, ansonsten aber noch
einmal nach dem bisherigen Verfahren durchgeführt. Für Feldwebel soll das im Berichtsjahr
2013 ausgesetzte Verfahren erst Mitte 2014
nachgeholt werden, was bei den betroffenen
Soldatinnen und Soldaten nachvollziehbar auf
46
Stellungnahme BMVg
zum Jahresbericht 2013 des Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages
Grundlage für die Genehmigung eines Antrags
auf vorzeitige Zurruhesetzung ist stets ein
dienstliches Interesse. Ein solches Interesse
besteht generell nicht bei Offizieren, deren reguläre Dienstzeit auch ohne vorherige Zurruhesetzung vor dem 31. Dezember 2017 endet.
Unverständnis stieß. In vielen Fällen scheiden
Soldaten jetzt aus und werden in berufsfördernde Maßnahmen eingegliedert, um später
gegebenenfalls wieder eingestellt zu werden.
Zehn Monate nach dem Urteil muss im Interesse der Vielzahl der Betroffenen und der
Folgen für die Soldatinnen und Soldaten nunmehr zügig über die maßgebenden Kriterien
für das neue Auswahlverfahren entschieden
werden, damit Bewerberinnen und Bewerber
ihre weitere Berufs- und Lebensplanung darauf
abstellen können. Im Übrigen gilt: Je mehr sich
das Auswahlverfahren verzögert, desto größer
ist die Gefahr, dass sich die besten Bewerberinnen und Bewerber beruflich bereits anderweitig orientiert haben.
Die vorgenannte Regelung kann dazu führen,
dass Offiziere älteren Jahrgangs bis zu ihrem
regulären Dienstzeitende ihren Dienst leisten
müssen. Demgegenüber wird jüngeren Offizieren, die das 52. Lebensjahr vollendet haben
und regulär nicht bis zum 31. Dezember 2017
ausscheiden würden, die vorzeitige Zurruhesetzung ermöglicht. Unter Berücksichtigung
des Ziels einer Verjüngung des Personalkörpers erscheint dieses Ergebnis widersprüchlich.
Stellungnahme BMVg
Das Bundesamt für das Personalmanagement
der Bundeswehr hat für die Offiziere im
IV. Quartal 2013 die Auswahlverfahren für die
Übernahme von Soldatinnen auf Zeit und Soldaten auf Zeit (SaZ) in das Dienstverhältnis
einer Berufssoldatin oder eines Berufssoldaten
(BS) auf Grundlage der bislang noch gültigen
Erlasslage, jedoch ohne Geburtsjahrgangsbezug durchgeführt. Die Durchführung des
BS-Auswahlverfahrens für die Feldwebel war
aufgrund des hohen administrativen Aufwandes in der Vorbereitung (z.B. Durchführung der
erforderlichen Potenzialfeststellung in den Karrierecentern der Bundeswehr) in 2013 nicht
mehr realisierbar. Die BS-Auswahl der Feldwebel erfolgt beginnend ab dem II. Quartal
2014 auf der Grundlage des in der finalen Erarbeitung befindlichen neuen Erlasses. Mit
dem beabsichtigten Auswahlverfahren für das
Jahr 2014 wird sichergestellt, dass kein potenzieller Bewerber oder keine potenzielle Bewerberin bei Erfüllung der Voraussetzungen für
die Antragstellung verloren geht.
Auch Zeitsoldaten erhofften aufgrund der Reduzierung der Dienstposten in der Bundeswehr
ein vorzeitiges Ausscheiden aus der Bundeswehr durch eine Verkürzung ihrer Dienstzeit
realisieren zu können. Wie schon im vergangenen Jahr gab es dazu auch im Berichtsjahr
eine große Anzahl von Eingaben. Oftmals geht
es dabei um eine Verkürzung um wenige Wochen oder Monate im Hinblick auf den Eintritt
in eine Ausbildung oder den Antritt einer zivilen
Beschäftigung.
Eine gewünschte Verkürzung der Dienstzeit ist
aber nur möglich, wenn sie im dienstlichen Interesse liegt. Die Berücksichtigung von Interessen des Antragstellers ist bisher nicht vorgesehen. Wünschenswert wäre es aber, wenn
Soldaten, die im Hinblick auf die Aufnahme
einer Ausbildung oder eines zivilen Beschäftigungsverhältnisses die Bundeswehr vorzeitig
verlassen möchten, eine Verkürzung der
Dienstzeit auch zu diesem Zwecke ermöglicht
würde.
6.3
Vorzeitige Versetzung in den
Ruhestand und
Dienstzeitverkürzung
Viele Berufssoldaten baten den Wehrbeauftragten im Berichtsjahr um Unterstützung ihres
Antrages auf vorzeitige Versetzung in den
Ruhestand. Nach dem Streitkräftepersonalstruktur-Anpassungsgesetz besteht im Rahmen der Neuausrichtung der Bundeswehr seit
dem vergangenen Jahr für Berufssoldaten die
Möglichkeit der vorzeitigen Versetzung in den
Ruhestand nach Vollendung des 52. Lebensjahres. Ziel der vom Gesetzgeber geschaffenen vorzeitigen Zurruhesetzung ist die Verjüngung des Personalkörpers.
Stellungnahme BMVg
Aus dem Reformziel, den Personalkörper unter
dem Gesichtspunkt einer altersgerechten
Struktur zukunftsorientiert anzupassen und
den für eine Ausgliederung geltenden Altersgrenzen
leitet
sich
der
„abbaustrategische“
Grundsatz
ab,
interessierten
Berufssoldaten
(BS)
mit
längeren
Restdienstzeiten
den
Vorzug
gegenüber BS mit kürzeren Restdienstzeiten
zu geben. Auf diese Weise kann im
Reformzeitfenster bis 2017 der Personalkörper
wirkungsvoller und nachhaltiger angepasst
Das dienstliche Interesse für eine vorzeitige
werden.
Versetzung in den Ruhestand (vZRS) wird
grundsätzlich durch den Bedarf der Bundes-
47
Stellungnahme BMVg
zum Jahresbericht 2013 des Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages
wehr definiert, der an der ab Ende 2017 einzunehmenden Zielstruktur des PSM 185 gemessen wird. Der daraus abgeleitete Abbaubedarf von BS wird durch gesetzliche, haushalterische und (personal-) strukturelle Vorgaben beeinflusst. So ist trotz eines höheren
Abbaubedarfs die Zahl der vZRS durch das
Streitkräftestrukturanpassungsgesetz
(SKPersStruktAnpG) auf 2.170 begrenzt. Stellt
das Bundesministerium der Verteidigung nach
dem 30. September 2014 einen unabweisbaren Bedarf für weitere vZRS fest, kann es zulassen, dass bis zu 3.100 BS vorzeitig mit ihrer
Zustimmung in den Ruhestand versetzt werden. Auch damit wird dem Abbaubedarf nicht
vollständig Rechnung getragen, sodass trotz
bestehenden dienstlichen Interesses für vZRS
von BS nicht allen Interessenbekundungen
stattgegeben werden kann. Die personalbearbeitenden Stellen treffen die Entscheidungen
unter Beachtung dieser Vorgaben nach
pflichtgemäßem Ermessen.
Die bereits nach § 40 Abs. 7 des Soldatengesetzes bestehende Möglichkeit, bei dienstlichem Interesse die Dienstzeit einer Soldatinnen auf Zeit bzw. eines Soldaten auf Zeit (SaZ)
auf Antrag zu verkürzen, wird nach § 10
SKPersStruktAnpG um die zusätzliche Regelung ergänzt, dass sich die Ansprüche nach
dem Soldatenversorgungsgesetz auf Berufsförderung und Dienstzeitversorgung weiterhin
nach der in der ursprünglichen Verpflichtungserklärung angegebenen Verpflichtungszeit
richten. Letzteres gilt nur für diejenigen SaZ,
deren Dienstverhältnis vor dem Inkrafttreten
des
Bundeswehrreformbegleitgesetzes
(BwRefBeglG) begonnen hat und deren Anträgen nach Inkrafttreten des BwRefBeglG
stattgegeben wird. Mit dieser Möglichkeit sollen diejenigen SaZ durch einen zusätzlichen
Anreiz zur Antragstellung motiviert werden, für
die die Bundeswehr keine Weiterverwendungsmöglichkeit in den neuen Strukturen
sieht. Auch wenn das dienstliche Interesse
handlungsleitend ist, finden die persönlichen
Wünsche der interessierten SaZ im Rahmen
der Möglichkeiten Berücksichtigung.
lenden Erstellung eines Dienstzeugnisses.
Wie wichtig für den ausscheidenden Soldaten
die Erstellung eines Dienstzeugnisses ist,
wurde im Jahresbericht 2012 ausführlich dargelegt. Es ist nicht länger hinnehmbar, dass
trotz mehrfacher Ankündigung des Ministeriums, für Abhilfe zu sorgen, noch immer keine
befriedigende Lösung gefunden wurde.
Stellungnahme BMVg
Das Dienstzeugnis ist nach den Bestimmungen des Soldatengesetzes durch die nächsten
Disziplinarvorgesetzten der ausscheidenden
Soldatinnen und Soldaten zu erstellen. Die Erstellung von Dienstzeugnissen ist eine wichtige
Führungsaufgabe der zuständigen Vorgesetzten. Es kann auf deren zukünftige zivilberufliche und soziale Chancen entscheidenden Einfluss nehmen und ist ein wichtiger Beitrag für
die zivilberufliche Eingliederung.
Die Fürsorgepflicht gebietet es, dass die Disziplinarvorgesetzten die Dienstzeugnisse mit
besonderer Sorgfalt erstellen. Bei der Erstellung des Dienstzeugnisses sind die Soldatinnen und Soldaten zu beteiligen, um ihre Vorstellungen und individuellen Erfordernisse für
Bewerbung und Berufswahl berücksichtigen zu
können. Diese sind vor Erteilung des Dienstzeugnisses anzuhören. Alle diese Grundsätze
sind in den Bestimmungen für die Erstellung
der Dienstzeugnisse festgelegt. Es mangelt
nicht an Vorgaben, sondern an deren Umsetzung. Im Rahmen der Überprüfung wurde den
berechtigten Beanstandungen bei fehlenden
oder inhaltlich unzureichenden Dienstzeugnissen abgeholfen. Durch die zuständigen
Stellen wurden und werden auch weiterhin alle
Anstrengungen unternommen, um derartige
Geschehnisse zu vermeiden.
6.5
Zivilberufliche Aus-und
Weiterbildung
Probleme wurden im Berichtsjahr von der Zivilberuflichen Aus- und Weiterbildung gemeldet.
Die Zivilberufliche Aus- und Weiterbildung ist
Teil der militärfachlichen Ausbildung. Sie dient
in erster Linie der Verbesserung der militärischen Auftragserfüllung und Effektivität.
Grundsätzlich erhält jeder länger dienende
Zeitsoldat entweder eine zivilberuflich verwertbare Ausbildung oder die Möglichkeit,
während seiner Dienstzeit seine zivilberufliche
Qualifikation zu verbessern. Die Zivilberufliche
Aus- und Weiterbildung erfolgt in Kooperation
mit Handwerkskammern und Verbänden und in
enger Zusammenarbeit mit der Wirtschaft.
6.4
Dienstzeugnisse
Wie bereits in den vergangenen Jahren erreichten den Wehrbeauftragten auch 2013
zahlreiche Eingaben von Soldatinnen und
Soldaten, in denen Versäumnisse bei der Erstellung und Aushändigung der Dienstzeugnisse zum Ende der Dienstzeit beschrieben
wurden. Die Beanstandungen der Petenten
reichten von der Kritik am unzureichenden beziehungsweise unzutreffenden Inhalt des
Dienstzeugnisses über Unklarheiten hinsichtlich der Versendung bis zum Problem der feh-
Berichtet wurde von Mängeln im organisatori-
48
Stellungnahme BMVg
zum Jahresbericht 2013 des Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages
geleitet und Abhilfe geschaffen.
schen und fachlichen Bereich von Zivilberuflichen Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen
etwa durch eine mangelnde Abstimmung des
Lehrplans der Bildungseinrichtung mit dem
Rahmenlehrplan oder den Prüfungsvorgaben
der Industrie- und Handelskammer. Bemängelt
wurde auch die fehlende fachliche Qualifikation
einzelner Dozenten und der häufige Wechsel
des Lehrpersonals. In Einzelfällen waren die
aufgetretenen Mängel so gravierend, dass das
Vertragsverhältnis mit dem Bildungsträger
vorzeitig beendet und im Rahmen einer erneuten Vergabeentscheidung ein neuer Bildungsträger verpflichtet wurde.
6.6
Bearbeitung von Anträgen,
Beschwerden und Eingaben
Anlass zu erheblichen Beanstandungen gab
die Dauer der Bearbeitung von Anträgen, Beschwerden und Eingaben an den Wehrbeauftragten im Bundesamt für das Personalmanagement der Bundeswehr (BAPersBw). Nicht
selten kam es vor, dass Anträge von Soldaten
monatelang nicht beschieden wurden. Dies ist
besonders dann nicht hinnehmbar, wenn der
eigentliche Antragsgrund – etwa eine beantragte Dienstzeitverkürzung oder Dienstzeitverlängerung – durch eine schleppende
Bearbeitung obsolet wird. So beantragte ein
Hauptmann, der von seinem Personalführer
signalisiert bekam, dass einer Verkürzung
seiner Dienstzeit nichts entgegenstehe, im
September 2012 die Verkürzung seiner
Dienstzeit zum 31. Dezember 2012. Als er
Ende November 2012 vom BAPersBw immer
noch keine Antwort erhalten hatte, wandte er
sich mit einer Eingabe an den Wehrbeauftragten. Erst am 19. Dezember 2012 erhielt der
Petent einen ablehnenden Bescheid gegen
den er am 10. Januar 2013 Beschwerde einlegte. Am 8. Juli 2013 wies das BAPersBw
schließlich die Beschwerde zurück. Dem
Wehrbeauftragten übermittelte das BAPersBw
den Bescheid erst am 17. September 2013.
Als Grund für die Verzögerungen wurden eine
Vervielfachung des Beschwerde- und Klageaufkommens und eine massive Dienstpostenvakanz in den zuständigen Referaten genannt.
Sind derartige Mängel festgestellt worden, obliegt es dem zuständigen Berufsförderungsdienst, in Verhandlungen mit dem Bildungsträger die Mängel abzustellen. Gelingt dies
nicht, können die betroffenen Soldaten aufgrund der geltenden zivilen Prüfungsbestimmungen, beispielsweise der Industrie- und
Handelskammer, keinen Aufschub und auch
keine Wiederholung der Prüfung erreichen und
müssen mit dem schlechten Prüfungsergebnis
leben. Das ist für die Betroffenen außerordentlich misslich. Aus der Sicht des Wehrbeauftragten kann den betroffenen Soldatinnen und
Soldaten nur der Rat gegeben werden, Mängel
und Defizite der Ausbildung so schnell wie
möglich zu melden, damit der zuständige Berufsförderungsdienst tätig werden kann.
Stellungnahme BMVg
Mit 30 Eingaben im Berichtsjahr, in denen
fachliche Mängel bei der Durchführung der Zivilberuflichen Aus- und Weiterbildung (ZAW)
gerügt wurden, ist deren Tendenz weiter rückläufig. Im Jahre 2013 haben ca. 8.000 Soldatinnen auf Zeit und Soldaten auf Zeit (SaZ) an
ZAW-Maßnahmen teilgenommen. Durchgängig haben sich 2013 ca. 4.500 SaZ in
ZAW-Maßnahmen befunden.
ZAW-Maßnahmen wurden in diesem Jahr an
63 Orten in 55 verschiedenen Ausbildungsberufen und in 34 verschiedenen Aufstiegsfortbildungen durchgeführt.
Die fachliche Kontrolle der ZAW-Maßnahmen
wird effektiv und erfolgreich durch den Berufsförderungsdienst der Bundeswehr gesteuert.
Die Qualitätskontrolle der Bildungsträger beginnt bereits im Vergabeverfahren, bei dem nur
geeignete Bewerber mit der Durchführung von
ZAW-Maßnahmen beauftragt werden. Nahezu
alle
mit
der
Durchführung
von
ZAW-Maßnahmen beauftragten Bildungsträger
weisen ihre Eignung durch die Zertifizierung
nach. Bei aufgetretenen Problemen wurden
unter Einbeziehung der Betroffenen stets
schnellstmöglich geeignete Maßnahmen ein-
Das erhöhte Aufkommen rechtfertigt die Verzögerungen nicht, die festgestellten Vakanzen
erst recht nicht. Der Dienstherr muss auch in
der Phase der Neuausrichtung die Bearbeitung
von Anträgen und Beschwerden in einer angemessenen Frist sicherstellen. Gegebenenfalls muss einem höheren Beschwerdeaufkommen, womit im Zuge einer so umfassenden Neuausrichtung immer zu rechnen ist, mit
einer vorübergehenden Personalverstärkung
Rechnung getragen werden. Die Soldaten haben einen Anspruch darauf, ihr gesetzlich verbrieftes Beschwerderecht auch effektiv wahrnehmen zu können.
Auch die Bearbeitung von Überprüfungsersuchen des Wehrbeauftragten aufgrund von
Eingaben war von der genannten verzögerten
Bearbeitung betroffen. Bearbeitungszeiten von
bis zu einem Jahr und mehr sind keine Seltenheit. Damit kann der Wehrbeauftragte seinem Auftrag nicht angemessen nachkommen,
49
Stellungnahme BMVg
zum Jahresbericht 2013 des Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages
rungsstand auch das jeweilige Dienstzeitende
sowie die persönlichen Belange der Soldaten
berücksichtigt werden. Soweit die Theorie. In
der Praxis sahen allerdings viele Betroffene
ihre Belange nicht berücksichtigt.
Petenten in angemessener Zeit einen qualifizierten Bescheid zu ihrer Eingabe zukommen
zu lassen.
Stellungnahme BMVg
Insgesamt war im Berichtszeitraum ein erhöhtes Aufkommen an Anträgen, Beschwerden
und Eingaben zu verzeichnen, das zudem in
die Phase der Aufstellung des Bundesamtes
für das Personalmanagement der Bundeswehr
(BAPersBw) fiel und aufgrund von Doppelstrukturen im Rahmen der Umgliederung der
Streitkräfte auch mit einem Personalfehl einherging. Das Arbeitsaufkommen war auch bei
höchster Belastung der Bearbeiterinnen und
Bearbeiter in Teilbereichen nicht zu bewältigen. Die Umgliederung des Bundesministeriums der Verteidigung und die Abschichtung
von ministeriellen Aufgaben in den nachgeordneten Bereich führten bei organisationsbereichsübergreifenden Eingaben zu erhöhtem
Koordinationsaufwand bei der Bearbeitung von
Beschwerden und Eingaben. Das BAPersBw
hat dem Umstand mit personeller Unterstützung entgegengewirkt. Unabhängig davon ist
es dennoch in Einzelfällen zu zeitlichen Verzögerungen bei der Bearbeitung von Anträgen,
Beschwerden und Eingaben gekommen.
Stellungnahme BMVg
Im Rahmen der Neustrukturierung der Bundeswehr wurde eine neue Fähigkeitszuordnung im Bereich Drehflügler entschieden und
umgesetzt, in deren Folge die Waffensysteme
NH90 und UH-1D dem Heer und alle CH-53
der Luftwaffe zugeordnet wurden. Dieser Fähigkeitstransfer Hubschrauber hatte u.a. erhebliche Auswirkungen auf das Personal in
den betroffenen Verbänden. Neben dem
bruchfreien Erhalt der Einsatzbereitschaft im
Einsatz und bei einsatzgleichen Verpflichtungen galt es auch, den Wissens- und Kompetenztransfer des Fachpersonals zu gewährleisten. Zur Sicherstellung und Koordinierung
des Personaltransfers wurde eine gemeinsame
Leitlinie für die Personalplanungen und die
Personalmaßnahmen im Zuge des Fähigkeitstransfers Hubschrauber in Kraft gesetzt, um
sowohl das dienstliche Interesse als auch den
Belangen der Betroffenen angemessen Rechnung zu tragen. Dabei wurde auf der Basis einer ganzheitlichen Betrachtung, unabhängig
vom bisherigen Uniformträgerbereich, über die
Besetzung der Dienstposten in der neuen
Struktur entschieden. Die jeweiligen Personalführer des Heeres und der Luftwaffe arbeiteten
hierbei eng zusammen, um möglichst sachgerechte Lösungen zu finden. Dabei standen bei
den Personalentscheidungen äußerste Sorgfalt
und Transparenz stets im Vordergrund. Derart
tiefgreifende organisatorische Veränderungen
führen jedoch zwangsläufig auch in Einzelfällen dazu, dass für Soldatinnen und Soldaten
Personalmaßnahmen getroffen werden mussten, die zu persönlichen Härten führten oder
von den Betroffenen als solche empfunden
wurden.
6.7
Fähigkeitstransfer Hubschrauber
Im Rahmen der Neuausrichtung der Bundeswehr hat das Bundesministerium der Verteidigung entschieden, mit dem sogenannten „Fähigkeitstransfer Hubschrauber“ in Zukunft den
leichten taktischen Lufttransport im Heer und
alle anderen Lufttransportkapazitäten in der
Luftwaffe zu konzentrieren. In der Praxis bedeutet das die Zusammenführung aller Hubschrauber vom Typ NH-90 im Heer und die
Übergabe der Hubschrauber des Typs CH-53
vom Heer an die Luftwaffe.
Natürlich hat eine solche tiefgreifende organisatorische Veränderung auch erhebliche Auswirkungen auf das Personal. Zur Koordinierung
des Transfers wurde daher eine gemeinsame
Leitlinie für die Personalplanung und die Personalmaßnahmen im Zuge des Fähigkeitstransfers Hubschrauber in Kraft gesetzt. Diese
Leitlinie legt fest, dass für die Besetzung der
Dienstposten in der neuen Struktur eine ganzheitliche Betrachtung des betroffenen Personals von Heer und Luftwaffe, ungeachtet der
bisherigen Zugehörigkeit zu einer Teilstreitkraft,
erfolgt. Dabei sollen neben Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung, dem Stand der
bereits absolvierten erforderlichen Ausbildung
und dem individuellen Kenntnis- und Erfah-
6.7.1
Versetzung von
„Querschnittspersonal“
Betroffen vom „Fähigkeitstransfer Hubschrauber“ ist unter anderem der Standort Laupheim,
wo das Heeresfliegerregiment 25 aufgelöst
und das Gros des neu aufzustellenden Hubschrauberregiments 64 der Luftwaffe stationiert
wird. Im Zuge des damit verbundenen Personaltransfers wurde zwischen waffensystemspezifischem Personal, das von der Luftwaffe
übernommen werden sollte, und sogenanntem
„Querschnittspersonal“, darunter Stabs- und
Flugbetriebspersonal, das beim Heer verbleiben sollte, unterschieden. Für das „Quer-
50
Stellungnahme BMVg
zum Jahresbericht 2013 des Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages
Standortauflösungen betroffen ist und regional
eingeplant werden soll oder muss.
schnittspersonal“ bedeutet der Verbleib im
Heer die notwendige Versetzung an andere
Heeresstandorte. Entsprechende Verfügungen
wurden im Berichtsjahr bereits umgesetzt. Den
versetzten Heeressoldaten folgten Luftwaffensoldaten, die an anderer Stelle freigesetzt
worden waren und nun nach Laupheim versetzt wurden. Für die Einheiten in Laupheim
war damit ein nachhaltiger Bruch im inneren
Gefüge verbunden. Auch für die Familien
führte dieses Vorgehen zu erheblichen Belastungen.
6.7.2
Bekanntgabe von
Versetzungsentscheidungen
insbesondere bei
Standortschließungen
Auch an einem anderen Standort verlief der
Fähigkeitstransfer Hubschrauber nicht reibungslos. Nachhaltig betroffen waren die Soldaten des aufgelösten mittleren Transporthubschrauberregiments 15 in Rheine. Nach
Bekanntgabe der Entscheidung, den Standort
Rheine aufzugeben und das mittlere Transporthubschrauberregiment 15 aufzulösen,
hofften die Soldaten, schnellstmöglich Klarheit
über ihre zukünftige Verwendung und ihren
nächsten Dienstort zu bekommen. Genährt
wurde diese Hoffnung von der Ankündigung
des Ministeriums, dass bis Mitte 2012 jeder
Soldat eine Versetzungsverfügung in der Hand
halten sollte.
Den betroffenen Heeressoldaten fehlte jedes
Verständnis für die getroffene Entscheidung.
Sie nahmen ihre Versetzung als völlig unnötige
und unsinnige bloße Verdrängung durch die
Luftwaffe war. Das ist nachvollziehbar. Es
bleibt unverständlich, warum die Organisationsbereiche übergreifende Betrachtung und
Dienstpostenbesetzung beim Querschnittspersonal nicht stattgefunden hat. Nicht wenigen Soldaten wäre dadurch ein unnötiger
Standortwechsel erspart geblieben und das
damit verbundene Pendeln.
Ungeachtet der Ankündigung waren zum Zeitpunkt der Auflösung des mittleren Transporthubschrauberregiments 15 am 30. Juni 2013
mangels vorliegender Organisationsgrundlagen zu den neu aufzustellenden Hubschrauberregimentern noch immer dutzende
Soldaten ohne Versetzungsverfügung. Diese
Unsicherheit belastet die Soldaten und ihre
Familien erheblich. Zusammen mit den laufenden Einsatzverpflichtungen und den daraus
folgenden Abwesenheiten führte die Unsicherheit über die dienstliche Zukunft die Betroffenen und ihre Familien schnell an ihre Belastungsgrenze.
Stellungnahme BMVg
Die Personalmaßnahmen bei der Aufstellung
des Hubschraubergeschwaders 64 und damit
die Überleitung und die weitere Verwendung
des Personals des Heeres werden auf Grundlage der Vorgaben der „gemeinsamen Leitlinie
zum Fähigkeitstransfers“ vorgenommen. Der
Standort Laupheim bleibt erhalten, wird jedoch
im Personalumfang reduziert. Dies hat zur
Folge, dass Personal mit längerer Dienstzeit,
insbesondere Berufssoldatinnen und Berufssoldaten, an andere Standorte versetzt werden
muss. Davon betroffen ist überwiegend das
Personal, das nicht waffensystemspezifisch
eingesetzt werden kann. Für den Übergang in
die Zielstruktur wird auch sogenanntes Querschnittspersonal, das in der Regel in den Führungsgrundgebieten 1 bis 6 eingesetzt und
waffensystemunabhängig ist, benötigt. Das
neuaufzustellende Hubschraubergeschwader
64 der Luftwaffe hat einen deutlich höheren
Anteil an waffensystemspezifischem Personal
als das mittlere Transporthubschrauberregiment 25 des Heeres. Somit sind für dieses
Personal in der Zielstruktur deutlich weniger
Dienstposten ausgeplant. Ein kleiner Anteil
wird befristet für die Dauer von zwei Jahren
einen Dienstposten wahrnehmen und nicht in
den Organisationsbereich Luftwaffe wechseln.
Dies ist vor dem Hintergrund von Vorgaben
hinsichtlich einer ausgewogenen Personalstruktur in den einzelnen Ausbildungs- und
Verwendungsreihen bzw. den Werdegängen
zu sehen, da auch Luftwaffenpersonal von
Stellungnahme BMVg
Aus technischen Gründen sind für die personalbearbeitenden Stellen für die Erstellung
von Versetzungsverfügungen grundsätzlich
struktursichere Organisationsgrundlagen unabdingbare Voraussetzung.
Unabhängig davon setzten Verwendungsplanungen erheblich vorher ein und wurden
auch entsprechend kommuniziert.
Somit war sichergestellt, dass die Betroffenen
so früh wie möglich über die jeweiligen Planungen informiert waren. Das Themenfeld 5
„Karrierepfade“ der Agenda „Bundeswehr in
Führung – Aktiv. Attraktiv. Anders.“ soll unter
anderem dazu beitragen, dass zukünftig der
enge Dialog mit den Betroffenen noch intensiver und vorausschauender gestaltet wird.
51
Stellungnahme BMVg
zum Jahresbericht 2013 des Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages
6.8
Entpflichtung von
Hubschrauberpiloten
Neben dem Fähigkeitstransfer belastete die
Heeresfliegertruppe im Berichtsjahr die im Zuge der Neuausrichtung vorgesehene drastische Verringerung des fliegerischen Personals.
Zum 1. Juli 2013 wurden über 400 Hubschrauberpiloten aus der aktiven Verwendung
im Cockpit herausgelöst, im Fachterminus
„entpflichtet“. 200 weitere Piloten folgten im
Verlauf des 2. Halbjahres. Die Umsetzung
dieser Entpflichtung führte zu massiven Klagen
des betroffenen Personals.
Stellungnahme BMVg
Bei der Einnahme der neuen Struktur der
Heeresfliegertruppe bestand die Notwendigkeit, den Umfang des fliegerischen Personals
frühzeitig dem künftigen Bedarf anzupassen.
Dabei wurden die Angehörigen der Heeresfliegertruppe frühzeitig über die anstehenden
tiefgreifenden Strukturveränderungen informiert. Im Rahmen von Informationsveranstaltungen wurde deutlich gemacht, dass absehbar Luftfahrzeugführer aus Bedarfsgründen
nicht mehr auf fliegerischen Dienstposten geführt werden können und damit ihre Lizenzen
und die damit zusammenhängenden Zulagen
verlieren würden. Am 9. und 10. Oktober 2012
wurde im damaligen Personalamt der Bundeswehr eine Personalauswahlkonferenz mit
dem Ziel durchgeführt, das Personal der Heeresfliegertruppe, das zukünftig im fliegerischen
Dienst verwendet werden soll (Arbeitsbegriff
„Zukunftspersonal“), bedarfsgerecht, nach
Eignungs-, Befähigungs- und Leistungskriterien zu identifizieren und auszuwählen. Zur
Sicherstellung einer größtmöglichen Transparenz der Auswahlentscheidungen nahmen neben den truppendienstlichen Vorgesetzten
auch die Bedarfsträger sowie die Militärische
Gleichstellungsbeauftragte des Personalamtes
der Bundeswehr als Beobachter an der Auswahlkonferenz teil. Eine Beteiligung des Gesamtvertrauenspersonenausschusses
an
Grundsatzregelungen des nachgeordneten
Bereichs sieht das Soldatenbeteiligungsgesetz
nicht vor. Infolgedessen unterblieb die förmliche Anhörung des Gremiums.
Die Auswahl des zukünftigen fliegerischen
Personals der Heeresfliegertruppe erfolgte auf
der Grundlage eines durch Stab Inspekteur
Heer erarbeiteten Kriterienkataloges auf der
Basis der zukünftigen strikteren Einsatzorientierung der fliegerischen Dienstposten. Bei den
Auswahlentscheidungen wurden neben Eignung, Leistung und Befähigung, dem strukturellen Bedarf, dem Stand der bereits absolvierten erforderlichen Ausbildung und dem individuellen Kenntnis- und Erfahrungsstand
auch das jeweilige Dienstzeitende (im Sinne
der verbleibenden Nutzungszeit) sowie die
persönlichen Belange der Betroffenen angemessen berücksichtigt. Weiter wurden durch
den General der Heeresfliegertruppe in Begleitung der Personalführung die Standorte der
Heeresfliegertruppe besucht, um die Entscheidungen und deren Zustandekommen mit
den Betroffenen zu erörtern. Darüber hinaus
wurden Einzelpersonalgespräche mit den
Luftfahrzeugführern durchgeführt, die nicht
mehr für fliegerische Verwendungen vorgesehen werden sollten, um ihnen alternative Verwendungsplanungen aufzuzeigen.
Keiner der betroffenen Piloten stellte die Verringerung der Cockpitbesatzungen an sich in
Frage. Die Kritik richtete sich vielmehr gegen
die für die Betroffenen nicht nachvollziehbare
Aufstellung der Auswahlkriterien, die unterbliebene Beteiligung des Gesamtvertrauenspersonenausschusses beim Bundesministerium der Verteidigung und die uneinheitliche
Anwendung der vorgegebenen Kriterien.
Demgegenüber machte das Ministerium in
seiner Stellungnahme geltend, dass die Kriterien vom General der Heeresfliegertruppe
aufgestellt worden seien und eine Beteiligung
des Gesamtvertrauenspersonenausschusses
daher nicht erforderlich gewesen sei. Erkenntnisse über eine uneinheitliche Anwendung der
vorgegebenen Auswahlkriterien lägen dem Ministerium nicht vor. Im Übrigen stehe jedem
betroffenen Piloten der Klageweg offen.
Eine solche Erwiderung, die nicht einmal den
Versuch macht, auf die Soldaten zuzugehen,
ist mit den Grundsätzen der Inneren Führung
nicht vereinbar. Das gilt schon für die Bezeichnung der für eine weitere fliegerische
Verwendung ausgewählten Soldaten als „Zukunftspersonal“. Alle anderen mussten das als
Affront gegen sich verstehen. Im Übrigen traf
auch die Erklärung des Ministeriums zu einer
angeblich einheitlichen Anwendung der Auswahlkriterien nicht zu. So musste der Vertreter
des Ministeriums in einem von einem Betroffenen angestrengten Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht einräumen, dass die
Tropenverwendungsfähigkeit als Voraussetzung für die Auswahl des „Zukunftspersonals“ bei drei ausgewählten Piloten nicht vorlag.
Angesichts dieser Sachlage sollten alle Auswahlentscheidungen noch einmal überprüft
und nachweisbare Fehler korrigiert werden.
52
Stellungnahme BMVg
zum Jahresbericht 2013 des Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages
die Organisations- und Planstellenverantwortung
der
unterschiedlichen
Uniformträgerbereiche und der damit verbundenen fehlenden Vergleichbarkeit. Unabhängig von der
formaljuristischen Betrachtungsweise, die keineswegs überzeugt, ist diese unterschiedliche
Beförderungspraxis keinem betroffenen Soldaten vermittelbar. Abgesehen davon, dass
alle Anwärter die gleiche Ausbildung durchlaufen und den gleichen Widrigkeiten unterliegen, haben sie alle den gleichen Dienstherrn,
der in allen Uniformträgerbereichen für gleiche
Behandlung zu sorgen hat. Dem war der
Dienstherr bislang nicht nachgekommen. Aufgrund der zahlreichen Beschwerden und Eingaben hat das Bundesministerium der Verteidigung das Problem erkannt und Mitte Dezember 2013 mitgeteilt, dass nunmehr eine
streitkräfteeinheitliche
Beförderungspraxis
verfügt sei.
Zur planmäßigen Umsetzung der Neustrukturierung der Heeresfliegertruppe und der in der
Folge erforderlichen Entpflichtungen von Luftfahrzeugführern gab es keine Alternative. Defizite bei der Berücksichtigung der Grundsätze
der Inneren Führung und formale Defizite bei
der Einbindung der Beteiligungsgremien sind
insgesamt nicht zu erkennen.
6.9
Flugverkehrslotsen
Weiter schwierig stellt sich die Lage der Offiziere des Militärfachlichen Dienstes, die für eine spätere Verwendung im Bereich der Militärischen Flugsicherung/Militärischen Flugverkehrskontrolle vorgesehen sind, dar. Sie werden in einer gemeinsamen, teilstreitkraftübergreifenden Ausbildung auf ihre spätere Verwendung vorbereitet.
Derzeit reichen die zur Verfügung stehenden
Ausbildungskapazitäten jedoch nicht aus, um
sämtliche Anwärter zeitgerecht auszubilden.
Die Wartezeit bis zum Beginn der Ausbildung
beträgt für Soldaten zurzeit durchschnittlich 36
Monate. Aufgrund dieser Wartezeit verzögert
sich auch der mögliche Beförderungszeitpunkt.
Stellungnahme BMVg
Die konditionierte Beförderung zum Oberfähnrich im Bereich der Flugsicherung (erst nach
Erwerb der ersten Erlaubnis) in den Uniformträgerbereichen Heer und Luftwaffe wurde
aufgehoben. Seit dem 18. Dezember 2013 erfolgt im Bereich der Flugsicherung eine streitkräfteeinheitliche Beförderung zum Oberfähnrich regelmäßig 24 Monate nach erfolgter Zulassung zur Laufbahn der Offiziere des Militärfachlichen Dienstes.
Grundsätzlich ist die Ausbildung der Offizieranwärter in der Laufbahn der Offiziere des Militärfachlichen Dienstes für die militärische
Flugsicherung und die Flugverkehrskontrolle
so angelegt, dass die Beförderungsvoraussetzungen zum Oberfähnrich nach 24
Monaten und die zum Leutnant nach 36 Monaten erreicht werden. Abweichend davon regelt der Erlass für die Zulassung, Ausbildung
und Beförderung von Anwärtern der Militärischen Flugsicherung im Heer und in der
Luftwaffe, dass die Beförderung zum Oberfähnrich erst nach Erreichen der ersten und die
zum Leutnant nach Erreichen der zweiten Erlaubnis (Lizenz) erfolgt. In der Marine gilt das
nicht.
7
Vereinbarkeit von Familie und
Dienst
Die Vereinbarkeit von Familie und Dienst ist
ein zentrales Thema für die Streitkräfte, weil
alle Bereiche der Bundeswehr davon berührt
sind und die Bundeswehr im Wettbewerb mit
anderen Arbeitgebern ohne nachhaltige Lösungen für die hier bestehenden Defizite nicht
konkurrenzfähig sein wird.
Die Bündelung des Themas bei der Beauftragten für die Vereinbarkeit von Familie und
Beruf/Dienst in der Bundeswehr in der Abteilung Personal des Bundesministeriums der
Verteidigung ist sehr zu begrüßen, wenn auch
die damit einhergehende personelle Aufstockung dieses Bereichs noch nicht ausreichend
erscheint. Das hohe Engagement der Beauftragten und ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und die von dort ausgehenden Impulse
zur Weiterentwicklung der Vereinbarkeit von
Familie und Dienst in den Streitkräften setzen
positive Zeichen.
In der Praxis führen die unterschiedlichen Regelungen dazu, dass angehende Marineoffiziere des Militärfachlichen Dienstes im Bereich
der Flugsicherung innerhalb der Regelzeiten
befördert werden, während ihre Kameradinnen
und Kameraden aus Heer und Luftwaffe durch
die angesprochenen Ausbildungsverzögerungen und den damit verbundenen späteren Lizenzerwerb erst viel später zum Zuge kommen.
Gegenüber den Soldaten, die sich über diese
Ungleichbehandlung beschwerten, berief sich
das Bundesministerium der Verteidigung auf
Hinsichtlich der Vereinbarkeit von Familie und
53
Stellungnahme BMVg
zum Jahresbericht 2013 des Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages
Dienst in den Streitkräften gibt es nach wie vor
deutlichen Verbesserungsbedarf. Ein Anzeichen dafür ist der Anstieg der Zahl der Eingaben, in denen die mangelnde Vereinbarkeit
von Familie und Dienst beklagt wird. Gegenstand der Eingaben im Berichtsjahr waren vor
allem Probleme der Verwendungsplanung sowie der Wunsch nach Planungssicherheit und
heimatnaher Verwendung. Die darin zu Tage
getretenen Probleme waren vielschichtig und
nicht immer zu lösen. In den meisten Fällen
hätten eine bessere Kommunikation und die
Einbindung der Soldatinnen und Soldaten in
die Entscheidungsprozesse die zum Teil
schwierigen Umstände aber nachvollziehbar
machen und damit zumindest ein wenig Verständnis für die Entscheidungen schaffen
können.
7.1
Verwendungsplanung und
Personalentscheidungen im Zuge
der Umstrukturierung
Die Bereitschaft der Soldatinnen und Soldaten,
die mit dem Soldatenberuf verbundenen Belastungen des Familienlebens auf sich zu
nehmen, ist nach wie vor hoch. Für viele ist die
Grenze des Hinnehmbaren inzwischen allerdings erreicht, für nicht wenige ist sie bereits
überschritten. Immer wieder wird in diesem
Zusammenhang die Trennung von Wohn- und
Dienstort genannt.
Ein Oberfeldwebel drückte es folgendermaßen
aus: „Die Stimmung ist bei mir und vielen Kameraden ziemlich am Ende, wenn wir uns am
Sonntag ins Auto setzen müssen, um an unseren Dienstort zu fahren, mit dem Ausblick,
dies, wie in meinem Fall, noch einmal fünf
Jahre zu tun. Meine aktuelle Beziehung geht
gerade aufgrund dieser Entscheidung wieder
einmal in die Brüche, ein Privatleben und die
Vereinbarkeit von Familie und Dienst sind in
dieser Armee undenkbar. Ich leide an Schlafstörungen und wache jede zweite Nacht
nassgeschwitzt auf. Ich befürchte, dass ich
noch einmal fünf Jahre Bundeswehr mental
nicht durchstehe“.
Stellungnahme BMVg
Die Personalführung ist um intensive und
frühzeitige Einbindung der betroffenen Soldatinnen und Soldaten bemüht. Zu diesem Zwecke findet das schon seit Jahren bewährte
„Drei-Stufen-Modell“ bei den Unteroffizieren
Anwendung. Das Verfahren stellt durch die
Beteiligung der Betroffenen sowie deren Vorgesetzten sicher, dass den entscheidenden
personalbearbeitenden Stellen frühzeitig alle
erforderlichen Informationen über die persönlichen Rahmenbedingungen bekannt sind und
damit unter deren Berücksichtigung eine möglichst einvernehmliche Personalplanung möglich ist. Die Einbindung der Betroffenen hat
darüber hinaus das Ziel, Personalentscheidungen hinreichend transparent zu machen
und durch frühzeitige Festlegung auch ein
Höchstmaß an Planungssicherheit zu geben.
Für den Bereich der Offiziere findet dieses
formalisierte Verfahren keine Anwendung.
Dennoch werden auch die Offiziere durch die
jeweiligen Personalführer sowie unter Einbindung der Vorgesetzten an Personalentscheidungen im Zuge der Umstrukturierung intensiv
beteiligt. Aufgrund der Komplexität des gesamten Prozesses der Neuausrichtung, inklusive vielfältiger Abhängigkeiten, kommt es trotz
aller Bemühungen der verantwortlichen Stellen
dennoch zu teils kurzfristigen Entscheidungen
bzw. zu Phasen längerer Ungewissheit.
In Umsetzung der Agenda „Bundeswehr in
Führung – Aktiv. Attraktiv. Anders.“ wird dem
Aspekt der intensiveren Kommunikation zwischen Personalverantwortlichen und Beschäftigten zur Berücksichtigung individueller Bedürfnisse im Themenfeld 5 „Karrierepfade“ ein
breiter Raum eingeräumt.
Ein Berufssoldat, der an sechs Auslandseinsätzen teilgenommen und eine Reihe
von Umzügen absolviert hatte, rechnete vor:
„Von den letzten 22 Monaten war ich insgesamt nur sechs Monate, Wochenenden und
Urlaub zusammen gerechnet, bei meiner Familie. Durch die dauernde Trennung bin ich psychisch und physisch am Limit angelangt und
das mit 42 Jahren“. Er beantragte seine Entlassung.
Auch ein 35-jähriger Generalstabsoffizier im
Dienstgrad eines Majors, der sechsmal umgezogen war und Anfang des Jahres noch nicht
wusste, wo seine Tochter eingeschult werden
wird, stellte resümierend fest, dass ihm als
junger Soldat nicht bewusst gewesen sei, wie
schwierig es sei, mit zwei Kleinkindern umzuziehen.
Neben der Planung des Umzugs und der Suche nach neuen Kindergärten oder Schulen,
einem neuen Haus beziehungsweise einer
Wohnung, muss auch eine geeignete Arbeitsstelle für die Ehefrau oder den Ehemann gefunden werden. Das Auto, Versicherungen, die
Krankenkasse und Abonnements müssen in
den meisten Fällen ebenso umgemeldet werden wie der Einzug der Rundfunkgebühren.
Vereinsmitgliedschaften müssen gekündigt
54
Stellungnahme BMVg
zum Jahresbericht 2013 des Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages
nen. Dies wird sich jedoch nicht in allen Fällen,
schon aufgrund der Dislozierung der Bundeswehrstandorte, realisieren lassen.
sowie Gas, Wasser, Strom und Müllabfuhr am
neuen Wohnort angemeldet werden. Zahlreiche Behördengänge, beispielsweise zum Einwohnermeldeamt, sind zu absolvieren. Das alles muss auch bei Umzügen im zivilen Bereich
bewältigt werden. Die besondere Belastung für
Soldaten besteht allerdings in der Häufigkeit
ihres Dienstortwechsels. Besonders belastend
ist darüber hinaus für viele Betroffene der Verlust des privaten sozialen Umfelds sowie von
Freunden und Nachbarn.
Die Bundeswehr muss sich grundsätzlich Gedanken machen, wie sie diese Belastungen
nachhaltig reduzieren kann. Dazu gehören
unter anderem die Verlängerung der Stehzeiten, das ist die Dauer der Verwendung auf einem Dienstposten, und die Reduzierung der
sogenannten Pflichttore, das heißt Verwendungen, die in der Regel durchlaufen werden
müssen, um in höherwertige Führungsfunktionen zu gelangen.
Stellungnahme BMVg
Belastungen, die durch Versetzungen entstehen, werden nicht verkannt, stellen aber eine
mit dem Soldatenberuf mitunter einhergehende
Situation dar. Gleichwohl stellt die aufgrund
der derzeitigen Neuausrichtung auftretende
Häufung von Versetzungen für die Betroffenen
eine hohe Belastung dar. Diese besonderen
Anforderungen, insbesondere auch für die
Vereinbarkeit von Familie und Beruf/Dienst,
sind erkannt. Trotzdem bleibt das Prinzip der
jederzeitigen Versetzbarkeit von Soldaten zur
Erhaltung von Einsatzbereitschaft und Kampfkraft der Streitkräfte unabdingbar und hat für
eine hieran orientierte Personalführung besondere Bedeutung.
Der Dienstpostenwechsel ist dabei kein
„Selbstzweck“ oder „Willkür“ der Personalführung, sondern immer dem dienstlichen Zweck
verpflichtet. Zudem ist jeder Dienstpostenwechsel eine Einzelfallentscheidung unter Berücksichtigung dienstlicher und persönlicher
Belange. Versetzungen werden durch die
Personalführung grundsätzlich nur verfügt zur
Sicherstellung der Bedarfsdeckung bzw. der
Einsatzbereitschaft. Dies gilt besonders im
Zuge von Umstrukturierungen und Organisationsänderungen, aus Gründen der Personalentwicklung, speziell im Rahmen der Förderung von Personal mit oder auf Antrag der
Soldatinnen und des Soldaten auf Grund persönlicher Gründe (z.B. Wunsch nach Versetzung in Heimatnähe). Die Personalführung
strebt, wo immer realisierbar, eine größtmögliche Berücksichtigung der persönlichen Belange der Soldatinnen und Soldaten an. Die angeregten Überlegungen wurden bereits in einer
Reihe konzeptioneller Papiere (z.B. der Teilkonzeption Personalmanagement, Konzeption
Personalentwicklung, Konzept Verwendungsaufbau der Offiziere des Truppendienstes) und
auch in der Agenda „Bundeswehr in Führung –
Aktiv. Attraktiv. Anders.“ aufgenommen und
werden somit verstärkt Eingang in die praktische Personalführung finden. Dabei ist die
Organisation der Regionalisierung von Verwendungslaufbahnen eine denkbare Lösung,
um die Soldatinnen und Soldaten regelmäßig
in ihrem familiären Umfeld verwenden zu kön-
Stellungnahme BMVg
Mit der Teilkonzeption für das Personalmanagement der Bundeswehr sowie dem Personalentwicklungskonzept wurden zwei richtungsweisende Grundlagendokumente in Kraft
gesetzt. Hiermit wurden die Rahmenbedingungen geschaffen, die Kompetenzen unserer
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter besser zu
nutzen und gezielter zu fördern und dabei die
Notwendigkeit zum Erhalt der physischen und
psychischen Leistungsfähigkeit angemessen
zu berücksichtigen. Verlässliche strukturelle
und organisatorische Grundlagen sowie an der
Lebenswirklichkeit und dem Lebensverlauf
ausgerichtete soziale und materielle Rahmenbedingungen kommen dabei ebenso zum
Tragen, wie eine möglichst individuelle und
planbare berufliche Karrieregestaltung im engen Dialog mit allen Beteiligten.
Über den Umgang mit den Folgen von Umstrukturierung und Stationierungsentscheidungen hinaus zielt die Agenda „Bundeswehr
in Führung – Aktiv. Attraktiv. Anders.“ darauf
ab, grundsätzlich Versetzungen mit Standort-/
Dienstortwechsel – sofern unter Bedarfsgesichtspunkten und Berücksichtigung von persönlichen Vorstellungen möglich – zu reduzieren und die Rahmenbedingungen für einen regionalen Verwendungsaufbau zu verbessern.
Die Neuausrichtung bringt aufgrund von
Strukturveränderungen und Standortschließungen zahlreiche Personalveränderungen mit
sich. Deutlich kritisiert wurde in den Eingaben
dazu das Kommunikationsverhalten des
Dienstherrn und die Art und Weise der Unterrichtung über die weitere Verwendungsplanung
nach Bekanntgabe von Standortschließungen
oder Auflösungen von Verbänden. Viele Soldatinnen und Soldaten vermissten eine rechtzeitige und umfassende Information und hatten
den Eindruck, mit ihren Sorgen um ihre weitere
berufliche Zukunft und deren Auswirkungen
auf die Familie nicht ausreichend ernst ge-
55
Stellungnahme BMVg
zum Jahresbericht 2013 des Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages
nommen zu werden. Der Unmut von Soldatinnen und Soldaten, die aus dem Radio erfahren
mussten, dass der eigene Standort geschlossen wird, ist nachvollziehbar. Monatelanges
Warten auf konkrete Planungen und Personalgespräche führten zur Zermürbung.
So schrieb die Ehefrau eines Berufssoldaten:
„Seit anderthalb Jahren warten wir auf die Einlösung der versprochenen rechtzeitigen und
verlässlichen Personalplanung nach Schließung der Dienststelle“. Ein Hauptmann beklagte: „Niemand kann mir heute sagen, für
wie lange mein jetziger Dienstposten noch am
Standort bleibt. Für meine Familie brauche ich
aber Planungssicherheit, spätestens dann,
wenn mein ältester Sohn eingeschult wird“.
Stellungnahme BMVg
Sorgen und Nöte im Zusammenhang mit
Standortschließungen und Versetzungen sowie der damit verbundenen Aufgabe des gewohnten sozialen Umfeldes sind nachvollziehbar und werden ernst genommen. Eine
rechtzeitige und umfassende Information der
Betroffenen und eine aussagekräftige Kommunikation der geplanten Maßnahmen sind vorgesehen und werden in den allermeisten Fällen auch sichergestellt. Dabei kann es in Einzelfällen zu Informationsdefiziten kommen, die
weder beabsichtigt sind noch, trotz aller Bemühungen, auch zukünftig völlig vermeidbar
sein werden.
Die Ehefrau eines Offiziers schrieb: „Uns ereilt
das gleiche Schicksal wie vor zwei Jahren. Wie
kann es sein, dass einer Familie mit zwei kleinen Kindern zugemutet wird, innerhalb von
drei Monaten ihren Lebensmittelpunkt zu verlegen. Das ist eine schier unlösbare Aufgabe“.
Nach derzeitiger Vorschriftenlage ist dem betroffenen Soldaten spätestens drei Monate vor
Dienstantritt bei der neuen Einheit/Dienststelle
der Wechsel des Standortverwaltungsbereichs
bekanntzugeben. Diese häufig sogar noch unterschrittene Schutzfrist ist insbesondere für
Soldatenfamilien mit Kindern, die an den neuen Dienstort umziehen möchten, nicht ausreichend und muss vor dem Hintergrund der
oben beschriebenen umzugsbedingten Belastungen deutlich verlängert werden. Längerfristige Verwendungsperspektiven, wie sie bereits
in den vorangegangenen Jahresberichten gefordert wurden, sowie die ebenfalls in der Vergangenheit durch den Wehrbeauftragten geforderte Festlegung der Versetzungstermine
auf Schuljahresanfangstermine sind nach wie
vor ungenutzte Möglichkeiten, die zu einer
Verbesserung der Lage der betroffenen Soldatinnen und Soldaten beitragen würden.
Irritationen gab es in einem Fall, in dem der
Zeitumfang für Personalinformationsgespräche
bei Offizieren höher angesetzt worden war als
bei Unteroffizieren. Wie die zuständige Dienststelle dazu mitteilte, sei die Gesprächsdauer
lediglich als Planungsanhalt angesetzt worden.
In der Praxis seien die Gespräche bedarfsabhängig durchgeführt und jedem Soldaten so
viel Zeit zur Verfügung gestellt worden, wie
erforderlich gewesen sei. Unabhängig von
dieser Erklärung war festzustellen, dass allein
durch die Planungsanhalte der Eindruck entstanden war, dass der Verwendungsplanung
rangniedrigerer Laufbahnen weniger Aufmerksamkeit geschenkt werde, obgleich die
Folgen für die Betroffenen die gleichen waren.
Stellungnahme BMVg
Mängel in der Bearbeitung von Personalangelegenheiten führen regelmäßig zu einem Vertrauensverlust bei den betroffenen Soldatinnen
und
Soldaten.
Personalangelegenheiten
betreffen jede Soldatin und jeden Soldaten
unmittelbar und bestimmen vielfach die weitere
Lebensplanung. Entsprechend sorgfältig und
zeitnah muss die Bearbeitung erfolgen. Im
Rahmen fachaufsichtlicher Überprüfungen
werden in Fällen, in denen grundsätzliche Defizite oder ablauforganisatorische Mängel erkannt werden, erforderliche Maßnahmen durch
die zuständigen Stellen getroffen, um derartige
Vorfälle in der Zukunft zu vermeiden.
Die Einhaltung der dreimonatigen Schutzfrist
vor Versetzung in einen anderen Standortbereich ist durch die personalbearbeitenden
Stellen einzuhalten und kann nur mit Zustimmung des Soldaten bzw. der Soldatin unterschritten werden. Die Einhaltung dieser Rege-
Stellungnahme BMVg
Die Weisung zur Durchführung von Personalgesprächen sieht keinerlei Differenzierungen
bei der Durchführung von Personalgesprächen
in Abhängigkeit von Laufbahn oder Status vor.
Dem wird durch die Personalführung grundsätzlich Rechnung getragen. Der subjektiv
entstandene Eindruck in diesem Einzelfall ist
nachvollziehbar und berechtigt, auch wenn er
objektiv keine nachteiligen Konsequenzen für
die Betroffenen hatte.
Lange Zeiträume der Ungewissheit über die
zukünftige Verwendung oder die Bescheidung
von Anträgen auf Umwandlung des Dienstverhältnisses beziehungsweise Verkürzung der
Dienstzeit trübten die Stimmung in der Truppe
in weiten Bereichen.
56
Stellungnahme BMVg
zum Jahresbericht 2013 des Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages
getragen, indem auf die Kommunikation mit
den Betroffenen besonderer Wert gelegt wird.
Sollte diesem Grundsatz im Einzelfall durch die
Vorgesetzten im Einsatz nicht entsprochen
worden sein, muss der zuständige Disziplinarvorgesetzte der Stammeinheit, wenn er denn
informiert ist, steuernd eingreifen. Um dies zu
gewährleisten steht es jeder Soldatin bzw. jedem Soldaten frei, auch aus dem Einsatz ihren
bzw. seinen Disziplinarvorgesetzten der
Stammeinheit zu informieren und um Unterstützung zu bitten.
lung ist schon unter Berücksichtigung des
Fürsorgegedankens des Dienstherrn gegenüber seinen Soldatinnen und Soldaten geboten.
Als Reaktion auf die zunehmenden Forderungen nach längerfristigen Verwendungsperspektiven wurde dies in erlassenen konzeptionellen Dokumenten berücksichtigt. Soldatinnen und Soldaten mit schulpflichtigen Kindern
wird bei Versetzungen an einen anderen
Standort durch die personalbearbeitenden
Stellen besondere Aufmerksamkeit gewidmet.
Nicht immer ist es aus dienstlichen Gründen
möglich, die Versetzungstermine mit dem Anfang des Schuljahres in Einklang zu bringen. In
diesen Fällen kann jedoch der Umzugstermin
der Familie, unabhängig vom Versetzungstermin, so gewählt werden, dass er mit dem
Schuljahresbeginn kompatibel ist. Auch wenn
das unter dem Gesichtspunkt der Vereinbarkeit
von Familie und Beruf nicht die bevorzugte
Lösung sein kann, bietet es trotzdem den Betroffenen die nötige Flexibilität, die familiären
Belastungen soweit wie möglich zu reduzieren.
In der „Agenda Bundeswehr in Führung – Aktiv.
Attraktiv. Anders.“ werden im Rahmen des
Themenfeldes 5 „Karrierepfade“ Maßnahmen
ergriffen, ab 2016 den Vorlauf für Personalmaßnahmen auf sechs Monate zu verlängern
und die Einführung von nur noch zwei festen
Veränderungsterminen pro Jahr, einen in Verbindung mit den Sommerferien, festzuschreiben.
Verbitterung hinterließen Entscheidungen,
wenn im Falle einer notwendigen Versetzung
zuvor geweckte Hoffnungen auf Berücksichtigung eines Standortwunsches enttäuscht
wurden.
So schrieb ein Hauptfeldwebel: „Letztlich
musste ich wieder lernen, wie auch bei früheren Strukturveränderungen in den Streitkräften,
dass Soldaten nur Dienstpostenfüller sind und
es keinen interessiert, ob ein Soldat eine
glückliche Familie hat und motiviert ist“.
Ein Oberfeldwebel, der die für ihn getroffene
Personalentscheidung nicht nachvollziehen
konnte, fragte: „Hat denn niemand unsere
Personalfragebögen gelesen oder gar ausgewertet? Warum kann ich nicht Soldat sein und
gleichzeitig ein Familienvater?“.
Die Einbeziehung der Soldatinnen und Soldaten in die weitere Verwendungsplanung durch
die Abfrage von Standortwünschen ist eine
naheliegende fürsorgliche Maßnahme. Sie darf
allerdings nicht – wie geschehen – dazu führen,
dass eine Reihe von Soldaten, die gerade in
den Einsatz verlegt haben, aus ihren Heimatverbänden telefonisch kontaktiert und aufgefordert werden, ohne ausreichende Möglichkeit
der Abstimmung mit der Familie umgehend zu
Wunschstandorten im Rahmen der Einnahme
der Zielstruktur Stellung zu nehmen. Dieses
Vorgehen hat bei den betroffenen Soldaten zu
einer deutlichen Verunsicherung geführt. Fürsorglicher wäre es gewesen, die Stellungnahmen über den Kompaniechef im Einsatz koordinieren zu lassen und den Soldaten vorher
ausreichend Zeit zur Beratung mit den Familien einzuräumen.
In beiden Fällen fehlte jede Begründung, warum die Wunschstandorte nicht berücksichtigt
werden konnten. Häufig wird den Betroffenen
erst im Zuge der Überprüfung aufgrund einer
Eingabe an den Wehrbeauftragten eine Begründung gegeben, die noch dazu nicht selten
fragwürdig ist.
Stellungnahme BMVg
Standortwünsche im Zusammenhang mit der
Neuausrichtung der Bundeswehr werden im
Regelfall auf Umsetzbarkeit geprüft. Die notwendigen Personalentscheidungen können
aber aufgrund der Schere zwischen verfügbaren Dienstposten und den an diesen Dienstposten interessierten Soldatinnen und Soldaten nicht immer für alle zufriedenstellend sein.
Auch hier ist eine nachvollziehbare und rechtzeitige Kommunikation durch die zuständigen
personalführenden Stellen ein wesentlicher
Faktor, Verständnis zu erzeugen.
Stellungnahme BMVg
Für Soldatinnen und Soldaten, die sich im
Auslandseinsatz befinden, stellen Personalentscheidungen, die gegebenenfalls mit einem
Standort- oder Wohnortwechsel verbunden
sind, eine besondere Belastung dar. Diesen
Ausnahmesituationen wird speziell Rechnung
Angesichts der zuvor geschilderten Probleme
verwies das Bundesministerium der Verteidigung in seiner Stellungnahme zum vorange-
57
Stellungnahme BMVg
zum Jahresbericht 2013 des Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages
An ca. 10 Prozent aller Standorte der Bundeswehr stehen in nicht ausreichendem Maße
Pendlerunterkünfte zur Verfügung. Der im Jahr
2012 mit dem Bundesministerium der Finanzen erwirkte Haushaltsvermerk lässt die Weiternutzung vorhandener, für die Unterbringung
anspruchberechtigter Personen nicht mehr
benötigter Infrastruktur zu. Er schließt ausdrücklich den Einsatz von Haushaltsmitteln für
Neubau / Sanierung / Herrichtung / Umbau der
Gebäude aus. Absicht des Haushaltsvermerkes ist es, insbesondere dem Pendler oder der
Pendlerin, der bzw. die weder Trennungsgeld
noch Reisebeihilfe erhält, im Rahmen der verfügbaren Möglichkeiten eine Unterkunft gem.
den gültigen Bestimmungen ohne Anspruch
auf einen bestimmten Standard zur Verfügung
stellen zu können. Um dieses Problem grundlegend einer Lösung zuzuführen, wurde eine
Untersuchung zum zukünftigen Unterkunftsbedarf der Bundeswehr eingeleitet. Ziel ist es,
unter den bedarfsbegründenden Gesichtspunkten Ausbildung, Betreuung und Fürsorge
sowie Attraktivität ein den Belangen einer modernen, sich im Wettbewerb mit anderen Arbeitgebern befindlichen Bundeswehr mit einer
Zeit- und Berufssoldatenarmee gerecht werdendes Unterkunftsbedarfskonzept zu entwickeln. Damit soll das noch für eine Wehrpflichtigenarmee entwickelte Unterkunftsbedarfskonzept abgelöst werden. Die Agenda „Bundeswehr in Führung – Aktiv. Attraktiv. Anders.“ wird im Zusammenhang mit Maßnahmen zu Arbeitsautonomie, Karrierepfaden und
modernen Unterkünften (Themenfelder 4, 5
und 7 der Agenda) auch hier weitere Verbesserungen bringen.
gangenen Jahresbericht auf ein dem Deutschen Bundestag bereits 2011 vorgelegtes
Maßnahmenpaket zur Steigerung der Attraktivität des Dienstes in den Streitkräften. Zu den
nach Angaben des Ministeriums inzwischen
weitestgehend umgesetzten Maßnahmen gehörten unter anderem auch erfolgreiche Strategien zur Vermeidung des Pendelns zwischen
Heimat- und Dienstort.
Eingaben und Gespräche mit Betroffenen aus
Anlass von Truppenbesuchen, zuletzt bei der
Luftwaffe in Nörvenich, zeichneten ein anderes
Bild und bestätigten Erkenntnisse aus den vorangegangenen Jahren. Danach hat sich die
Anzahl der Pendler keinesfalls verringert,
sondern, unter anderem durch Versetzungen
im Zuge der Umstrukturierung, eher noch erhöht.
Das Maßnahmenpaket als alleinige Lösung für
die notwendige Entlastung der Soldatinnen
und Soldaten ist jedenfalls nicht ausreichend.
Entgegen offiziellen Verlautbarungen des
Bundesministeriums der Verteidigung steht
eine ausreichende Anzahl von Pendlerunterkünften nicht an allen Standorten zur Verfügung. Dies gilt sowohl für Pendler, die keinerlei
finanzielle Unterstützung wie Trennungsgeld
und Reisebeihilfe erhalten, als auch für trennungsgeldberechtigte Pendler, die günstigen
Wohnraum suchen.
Stellungnahme BMVg
Das Maßnahmenpaket zur Steigerung der Attraktivität des Dienstes in der Bundeswehr beinhaltet verschiedene Maßnahmen, die insbesondere die negativen finanziellen Folgen des
Pendelns abmildern. Die Maßnahmen zur zeitlich befristeten Vermeidung des Pendelns aus
familiären Gründen, insbesondere Kindererziehung oder Betreuung pflegebedürftiger Angehöriger, sind in Form der Schaffung konzeptioneller Grundlagen erfolgt. Diese müssen
sich in der zukünftigen Umsetzung bewähren
und können so einen Beitrag zur Reduzierung
des Pendelns leisten.
Im vergangenen Jahr hat das Bundesministerium der Verteidigung damit begonnen, die
Pendlerthematik in einen größeren Zusammenhang einzuordnen. Unter dem Thema
„Berufliche Mobilität in der Bundeswehr“ wird
die gesamte Bandbreite der Möglichkeiten untersucht, mobil zu sein – vom täglichen
(Nah-/Fern-)Pendeln über das Wochenendpendeln bis hin zum beruflich veranlassten
Umzug. Daneben wurde der Grundstein für
eine kontinuierliche, detaillierte Datenbereitstellung im Rahmen eines Lagebilds zur beruflichen Mobilität in der Bundeswehr gelegt.
Bereits im letzten Jahr wurde angeregt, über
Veränderungen in den Verwendungsaufbaukonzepten der einzelnen Laufbahnen nachzudenken, um längere oder langfristige Stehzeiten an einem Standort zu ermöglichen. Das
Bundesministerium der Verteidigung kündigte
dazu an, den Verwendungsaufbau, typische
Verwendungsfolgen und sich daraus ergebende Ausbildungserfordernisse für die Betroffenen zumindest transparent zu machen.
Kommunikation und Transparenz sind – wie
bereits dargelegt – wesentliche Elemente bei
der Verwendungsplanung und in der Tat noch
ausbaufähig. Transparenz und das Wissen um
die Planungen für die Zukunft allein führen
aber nicht zu langfristigen Stehzeiten. Hier sind
andere Konzepte gefragt.
Stellungnahme BMVg
Im September 2013 wurde ein Konzept für den
Verwendungsaufbau der Offiziere des Truppendienstes erlassen. Mit diesem Konzept
58
Stellungnahme BMVg
zum Jahresbericht 2013 des Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages
werden verbindliche Vorgaben und Kriterien
zur Erstellung bundeswehrgemeinsamer Verwendungsaufbaumodelle festgelegt. Diese
ermöglichen es allen Betroffenen, sich grundsätzliche Informationen über ihren eigenen
Werdegang zu beschaffen. Exemplarisch definiert dieses Konzept durch Vorgabe einer
Werdegangsystematik und der aufeinander
aufbauenden Phasen der Basisqualifizierung,
der Spezialisierung und der Kompetenzorientierung Grundlagen für die Erstellung innerhalb
der Uniformträgerbereiche Heer, Luftwaffe und
Marine vergleichbarer Rahmenrichtlinien für
den Verwendungsaufbau. So werden im Rahmen der Agenda „Bundeswehr in Führung –
Aktiv. Attraktiv. Anders.“ (Themenfeld 5) ab
Mitte 2015 Konzepte eines soldatischen Karrierewegs mit einer verminderten Anzahl an
Auflagen erstellt und hierbei auch "Spezialistenlaufbahnen" konzipiert, um Versetzungen
zu reduzieren und die Möglichkeiten eines regionalen Verwendungsaufbaus zu verbessern.
Lange Stehzeiten auf Dienstposten für Stabsoffiziere mit erreichter individueller Entwicklungsprognose sollen ebenso gewährleistet
werden. Die durch das Konzept Personalentwicklung in der Bundeswehr definierten Ziele
können hierdurch wirksam verfolgt werden.
Verteidigung in vielen Fällen dadurch abfedern,
dass es Busunternehmen dazu veranlasst,
solche Standorte verkehrstechnisch anzubinden oder indem es selbst entsprechende Verbindungen einrichtet.
Grundsätzlich sollte bei Laufbahn- und Verwendungsentscheidungen das Bedürfnis von
Soldaten nach Familienleben stärker berücksichtigt werden, unabhängig vom Charakter
und der Rechtsform einer Beziehung.
Stellungnahme BMVg
Die besondere Herausforderung für junge
Soldatinnen und Soldaten sowie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unter Berücksichtigung der
Bedingungen einer Einsatzarmee in der Phase
der Partnersuche und späteren Familiengründung wird nicht verkannt. Dazu kommen mit
der Neuausrichtung der Bundeswehr, der Aufgabe von Standorten und des Rückzuges aus
der Fläche weitere Faktoren, die für die Bundeswehrangehörigen die Situation zusätzlich
erschweren können. Es liegt in der Hand der
fürsorglichen Vorgesetzten, wo immer möglich
Bedingungen zu schaffen, die es Beschäftigten
mit Familienpflichten ermöglichen, ihren familiären Bedürfnissen unter Berücksichtigung
dienstlicher Notwendigkeiten so gut wie möglich nachzukommen. Dies wird nicht immer zur
Zufriedenheit jedes Einzelnen zu realisieren
sein.
Das Problem der fehlenden Anbindung einzelner Standorte der Bundeswehr an das öffentliche Personennahverkehrsnetz ist nicht
neu. Das Bundesministerium der Verteidigung
hat daher bereits mit Erlass vom 3. Februar
1990 die Möglichkeit geschaffen, dass Dienststellen der Bundeswehr bei Bedarf Werk-,
Schul- und/oder Fürsorgefahrten mit Dienstfahrzeugen einrichten können. Insbesondere
Werkfahrten können unter der Voraussetzung,
dass keine oder nur unzureichende öffentliche
Verkehrsverbindungen bestehen, als regelmäßige oder gelegentliche Fahrten zur Beförderung von Soldatinnen und Soldaten und zivilen
Beschäftigten der Bundeswehr zwischen
Wohnort oder Sammelpunkt und Dienststelle
zu Beginn und Ende der täglichen Dienst- und
Arbeitszeit eingerichtet werden. Familiäre Bedürfnisse werden bei Laufbahn- und Verwendungsentscheidungen so weit wie möglich berücksichtigt. Weitere Möglichkeiten zur Verbesserung der Rahmenbedingungen bietet die
Agenda „Bundeswehr in Führung – Aktiv. Attraktiv. Anders.“ in Themenfeld 4 „Arbeitsautonomie“ mit zusätzlichen Möglichkeiten ortunabhängigen Arbeitens sowie mit verstärkter Lebensphasenorientierung durch Langzeitarbeitskonten.
7.1.1
Lebensphasen der
Familiengründung
Berufsein- und Berufsaufstieg fallen für Soldatinnen und Soldaten immer öfter mit der Zeit
der Familiengründung zusammen. In dieser
Lebensphase eine Balance zwischen Beruf
und Familie zu finden, stellt gerade in den
Streitkräften eine große Herausforderung hinsichtlich Mobilität, Flexibilität und Verfügbarkeit
dar.
Ein junger Familienvater beispielsweise, das
ist zu verstehen, möchte nach der Geburt seines Kindes möglichst viel Zeit mit der Familie
verbringen. Wenn ein Hauptgefreiter mit Kleinkind für eine Heimfahrt und Rückfahrt zum
Standort zwei Urlaubstage nehmen muss, um
effektiv zwei Tage am Wochenende zuhause
zu sein und dies nicht zuletzt aufgrund der
hohen Kraftstoffpreise nur einmal, maximal
zweimal im Monat realisieren kann, wird das
dem verständlichen Wunsch nach mehr Familienleben nicht gerecht.
Nachteilig wirkt sich für Pendler in diesem Zusammenhang oftmals auch die fehlende Anbindung einzelner Standorte der Bundeswehr
an das öffentliche Personennahverkehrsnetz
aus. Diesen strukturellen Nachteil einzelner
Standorte könnte das Bundesministerium der
59
Stellungnahme BMVg
zum Jahresbericht 2013 des Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages
gescheiterten Ehe eingegangen wurden. Ohne
den Schutzzweck des Artikels 6 Grundgesetz
zu verkennen, sollte die Einbeziehung zumindest langjähriger nichtehelicher und nicht verpartnerter Lebensgemeinschaften inklusive der
in die Gemeinschaft eingebrachten Kinder erwogen werden, um der auch hier bestehenden
menschlichen und gesellschaftlichen Verantwortung Rechnung zu tragen.
7.1.2
Anerkennung schwerwiegender
persönlicher Gründe
Bei Anerkennung sogenannter schwerwiegender persönlicher Gründe im Sinne der
„Richtlinien zur Versetzung, zum Dienstpostenwechsel und zur Kommandierung von Soldaten“ wird eine Soldatin oder ein Soldat in der
Regel heimatnah unter Inanspruchnahme eines sogenannten „dienstpostenähnlichen Konstrukts“ (DPäK) verwendet. Das ist ein fiktiver
Dienstposten, bei dem der Soldat so eingesetzt wird, als gäbe es diesen Dienstposten
bereits. Der Begriff „dienstpostenähnliches
Konstrukt“ vermittelt allerdings den Eindruck,
dass der Betroffene nicht mehr gebraucht
werde.
Stellungnahme BMVg
Die Richtlinien zur Versetzung, zum Dienstpostenwechsel und zur Kommandierung von
Soldaten oder Soldatinnen wurden im Bereich
der schwerwiegenden persönlichen Gründe
letztmalig 2009 angepasst. Der Kreis der berücksichtigungsfähigen Personen wurde deutlich erweitert und den modernen Gegebenheiten angepasst. Allerdings sind nicht alle unter
einem noch weiter gefassten Begriff der Angehörigen denkbaren Fälle abgedeckt. Hier gilt
es auch, die Bedürfnisse des Dienstherrn nach
Deckung des Personalbedarfs an einem bestimmten Standort umzusetzen. Grundsätzlich
gilt, dass die Personalführung im Rahmen
verfügbarer Dienstposten darum bemüht ist,
Härten aufgrund der familiären Situation soweit
möglich abzumildern.
Stellungnahme BMVg
Wird eine Soldatin oder ein Soldat bei Anerkennung
schwerwiegender
persönlicher
Gründe heimatnah eingesetzt, obwohl es dort
keinen besetzbaren Dienstposten gibt, findet
die Versetzung grundsätzlich unter Nutzung
einer sogenannten „zbV-Stelle“ (zur besonderen Verwendung) statt. Zur Darstellung der
zwingend erforderlichen Organisationsgrundlage einer solchen Maßnahme im Personalwirtschaftssystem wird der technische Begriff
des „Dienstpostenähnlichen Konstruktes“ genutzt. Damit wird keinerlei Wertung gegenüber
den Nutzern einer solchen Stelle verbunden.
7.1.3
Soldatenehepaare und
Soldatenpaare
Soldatenehepaare und Soldatenpaare stehen
im Hinblick auf die Vereinbarkeit von Familie
und Dienst vor der besonderen Schwierigkeit,
zwei Laufbahnentwicklungen und Verwendungsplanungen in der Bundeswehr aufeinander abzustimmen und soweit wie möglich
mit dem Familienleben in Einklang zu bringen.
Zusätzliche Probleme treten auf, wenn dabei
auch Kinder aus vorherigen Ehen oder Beziehungen berücksichtigt werden müssen. In solchen Fällen ist das besondere Engagement
der jeweiligen Personalführer gefordert. Nicht
nachvollziehbar ist nach wie vor, warum es mit
Einverständnis beider Soldaten nicht möglich
sein soll, einen entsprechenden Vermerk zum
Soldatenstatus sowie die konkreten weiteren
Verwendungsplanungen des jeweiligen Partners in die Personalakten aufzunehmen. Hier
wird Datenschutz missverstanden.
Schwerwiegende persönliche Gründe sind unter anderem der Gesundheitszustand der Soldatin beziehungsweise des Soldaten, des
Ehepartners oder eines Kindes. Auch die
Pflege von Angehörigen kann als schwerwiegender persönlicher Grund anerkannt werden.
Großeltern zählen nach der oben aufgeführten
Richtlinie jedoch nicht zum berücksichtigungsfähigen Personenkreis, obwohl auch deren
Pflege mitunter von Soldatinnen und Soldaten
übernommen wird. Demgegenüber werden im
Handbuch zur Vereinbarkeit von Familie und
Dienst in den Streitkräften („Allgemeiner Umdruck 1/500“) Großeltern als Teil der Familie
betrachtet.
Unverheiratete Paare zählen ebenso nicht zum
berechtigten Personenkreis, selbst wenn sie
gemeinsame Kinder haben. Eine pflegebedürftige schwere Erkrankung einer Lebensgefährtin oder eines Lebensgefährten stellt jedoch für
einen heimatfern eingesetzten Soldaten beziehungsweise eine Soldatin die gleiche Belastung dar wie bei einem Ehepartner. Zum
Teil handelt es sich bei diesen Beziehungen
um Partnerschaften, die nach einer bereits
durch die Belastungen des Soldatenberufs
Das Einverständnis der betroffenen Soldaten
kann, so wie bereits in der Vergangenheit gefordert, eingeholt werden. Dies würde dem jeweiligen Personalführer erlauben, im Falle geplanter Veränderungen mit dem Personalführer
der Partnerin oder des Partners der Soldatin
beziehungsweise des Soldaten gemeinsam
nach Lösungen zu suchen, Belastungen für
60
Stellungnahme BMVg
zum Jahresbericht 2013 des Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages
das Familienleben zu vermeiden oder zumindest zu minimieren.
versität der Bundeswehr München und dem
Bundeswehrzentralkrankenhaus Koblenz die
ersten beiden Einrichtungen in Betrieb genommen werden. Die Bautätigkeiten für den
Betriebskindergarten am Bundeswehrkrankenhaus Ulm haben begonnen, die Inbetriebnahme ist für das Frühjahr 2015 vorgesehen.
Die weitere Umsetzung der geplanten Einrichtung eines Betriebskindergartens am Bundeswehrkrankenhaus Berlin steht noch unter dem
Vorbehalt der Anerkennung des Kinderbetreuungsbedarfs durch das Bundesministerium der Finanzen. Der aktuelle Bedarf an der
Helmut-Schmidt-Universität der Bundeswehr in
Hamburg konnte vorerst mit dem Erwerb von
18 Belegrechten gedeckt werden. Daneben
wurden im Berichtsjahr auch an einer Reihe
weiterer Standorte Belegrechte erworben. Dazu zählen Dresden, Nienburg, Leipzig, Berlin
und Faßberg. An weiteren zehn Standorten
sind die Bedarfsabfragen abgeschlossen. Die
Standorte Erfurt und Wilhelmshaven werden
nach Angaben des Bundesministeriums der
Verteidigung die nächsten Standorte sein, an
denen Belegrechte erworben werden.
Stellungnahme BMVg
Moderne und transparente Personalführung
zeichnet sich ganz wesentlich durch einen Dialog zwischen dem Soldaten / der Soldatin, der
Personalführung und den jeweiligen zuständigen Vorgesetzten aus. Dieser Dialog ist
grundsätzlich keine Einbahnstraße, sondern
verlangt von allen Beteiligten den Willen, jeweils einen Beitrag zu leisten. Dazu gehört
auch, dass die Soldatin oder der Soldat seine
persönlichen Verhältnisse der Personalführung
zur Kenntnis gibt. Nach § 29 Soldatengesetz
gehören alle Unterlagen, die die Soldatin / den
Soldaten betreffen, soweit sie mit ihrem / seinem Dienstverhältnis in einem unmittelbaren
inneren Zusammenhang stehen (Personalaktendaten) zur Personalakte. Personalaktendaten dürfen ohne Einwilligung der Soldatin oder
des Soldaten nur für Zwecke der Personalführung und -bearbeitung sowie der Personalwirtschaft verwendet werden. Der Abstimmungsprozess, inwieweit die automatische
Weitergabe von Personaldaten möglich ist, ist
nicht abgeschlossen. Allerdings ist die Durchführung von Personalgesprächen unter Beteiligung eines Soldatenpaares sowie der jeweiligen Personalführer / Personalführerinnen zur
Regel geworden.
Das Verfahren über die Aufnahme eines Vermerkes in die Personalakte über den jeweiligen Partner, sofern sie / er ebenfalls Soldatin
oder Soldat ist, wurde eingeleitet.
Kinderbetreuungsbedarf besteht insbesondere
auch im Zusammenhang mit Lehrgängen. Um
zu verhindern, dass Lehrgänge an der Sanitätsakademie in München wegen fehlender
Kinderbetreuung nicht angetreten werden,
wurde ein auf drei Jahre angelegtes Pilotprojekt im Münchener Norden gestartet. Es sieht
den Erwerb von fünf Belegrechten an bestehenden Kindertageseinrichtungen vor. Auf der
Grundlage der damit gewonnenen Erfahrungen
soll dann ein Konzept zur Betreuung von Kindern der Lehrgangsteilnehmerinnen und Lehrgangsteilnehmer an der Sanitätsakademie erstellt werden.
7.2
Vereinbarkeit von Familie und
Dienst unter dem Gesichtspunkt
Kinderbetreuung
Die Betreuung, Erziehung und Versorgung von
Kindern stellt Eltern, die Dienst in der Bundeswehr leisten, vor große Herausforderungen.
Dies gilt im Inland und mehr noch bei Auslandsverwendungen und im Einsatz.
Bereits im Jahresbericht 2010 war Kritik am
Verfahren zur Ermittlung des bundeswehrspezifischen Bedarfs an Kinderbetreuungsplätzen
geübt worden. Hier besteht nach wie vor
Handlungsbedarf. Das Verfahren ist zu kompliziert und von den Verantwortlichen neben
dem Dienstgeschäft nur schwer zu leisten. Das
ist originäre Aufgabe des Dienstherrn. Darüber
hinaus muss, unabhängig von der konkreten
Bedarfsfeststellung, eine bestimmte Kapazität
für die Kinderbetreuung vorgehalten werden,
um einen auftretenden Betreuungsbedarf sofort decken zu können. Nach Auskunft des
Bundesministeriums der Verteidigung ist das
Problem erkannt, bislang blieb diese Erkenntnis aber ohne Folgen.
7.2.1
Kinderbetreuung im Inland
7.2.1.1 Standortnahe Betreuung
Die standortnahe Betreuung von Kindern ist
eine wesentliche Voraussetzung für die Vereinbarkeit von Familie und Dienst. Eine derartige Kinderbetreuung ist in der vorhandenen
öffentlichen Infrastruktur nicht an allen Standorten gewährleistet.
Erfreulich ist, dass der Bau einiger Betriebskindergärten voranschreitet. Im Frühjahr beziehungsweise Herbst 2014 sollen an der Uni-
61
Stellungnahme BMVg
zum Jahresbericht 2013 des Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages
muss.
Stellungnahme BMVg
Die Gewährleistung der Kinderbetreuung ist in
erster Linie die Aufgabe der Länder und
Kommunen. Nur wenn das Land / die Kommune nicht in der Lage ist, die Kinderbetreuung mit den vorhandenen Betreuungseinrichtungen am Standort sicherzustellen, kann die
Bundeswehr einspringen. Da die Kinderbetreuung in die Zuständigkeit der Bundesländer fällt, sind die Rahmenbedingungen von
Standort zu Standort unterschiedlich. Eine
einheitliche Regelung für alle Bundeswehrstandorte kann es deshalb nicht geben. Die
Beauftragte für die Vereinbarkeit von Familie
und Beruf/Dienst dient als zentrale Ansprechstelle für die Standortältesten. Sie berät und
unterstützt, wenn es zu Betreuungsproblemen
kommt. Die Bundeswehr wird im Rahmen der
Agenda „Bundeswehr in Führung – Aktiv. Attraktiv. Anders.“ (Themenfeld 3 „Balance Familie und Dienst“) ihr Engagement in der betrieblichen Kinderbetreuung weiter ausbauen und
künftig eine Kinderbetreuung an den Standorten der Bundeswehr einrichten, die einen Bedarf an Kinderbetreuung haben. Die Betreuungszeiten werden dabei auf die Arbeitszeiten
der Bundeswehrangehörigen passgenau abgestimmt. An vielen Standorten hat die Bundeswehr bereits in Zusammenarbeit mit der
Kommune Belegplätze erworben und Großtagespflegen unterstützt. An Standorten mit hohem bundeswehrspezifischem Betreuungsbedarf werden Betriebskindergärten gebaut. An
Lehrgangsstandorten sollen künftig zusätzliche
Großtagespflegen eingerichtet werden, um die
Bundeswehrangehörigen während der Lehrgangsphasen hinsichtlich der notwendigen
Kinderbetreuung zu unterstützen.
Das Verfahren zur Bedarfsermittlung an Kinderbetreuungsplätzen wird derzeit überarbeitet. Das Erhebungsverfahren wird vereinfacht
und „verschlankt“. Diese verbleibt als grundsätzliche Verantwortung bei den Standortältesten. Sie sind diejenigen vor Ort, die im Bedarfsfall aktiv eine Lösung kritischer Betreuungssituationen einleiten und dabei bei Bedarf
durch das Bundesministerium der Verteidigung
unterstützt werden.
Mitunter liegen Lehrgänge von Soldatinnen
und Soldaten mit schulpflichtigen Kindern im
Ferienzeitraum. Die Verantwortlichen sind
aufgefordert, bei der Lehrgangsplanung zielgerichtet diejenigen Soldatinnen und Soldaten
einzuplanen, deren Kinder zu den Lehrgangszeiten keine Schulferien haben.
Positiv ist zu vermerken, dass Grundlagen geschaffen wurden, Teile von Ausbildungsmaßnahmen für Soldatinnen und Soldaten mit Eltern- und auch Pflegeverantwortung mittels
Fernausbildung durchführen zu können. Die
Realisierbarkeit ist in jedem Einzelfall durch
den Disziplinarvorgesetzten und die Ausbildungseinrichtung in Abstimmung mit der für
den Lehrgang fachlich zuständigen Stelle zu
prüfen. Hier sind die Disziplinarvorgesetzten
gefordert, die Soldatinnen und Soldaten entsprechend zu informieren und bei Bedarf die
notwendigen Maßnahmen in die Wege zu leiten. Die Möglichkeit der Fernausbildung ist allerdings unter anderem abhängig vom Zugang
zu den dafür notwendigen Medien, beispielsweise dem Internet beziehungsweise dem Intranet. Die technischen Voraussetzungen dafür
sind aber nicht an allen Standorten gegeben
und müssen schnellstmöglich geschaffen
werden.
Die Fälle der Beantragung und tatsächlichen
Umsetzung dieser Maßnahmen sollten durch
die Bundeswehr zunächst statistisch aufgenommen und erfasst werden. Nur so wird sich
beurteilen lassen, ob und in welchem Umfang
die mit der Maßnahme beabsichtigten Entlastungen auch tatsächlich realisiert werden können.
Stellungnahme BMVg
Die Personalführung hat ein eigenes Interesse
an Transparenz und einer langfristigen Personalsteuerung. Allerdings ist es auch erforderlich, dass die Soldatinnen und Soldaten den
Dialog suchen und ihre persönliche Situation
dem zuständigen Personalführer / der zuständigen Personalführerin zur Kenntnis geben.
Nur so kann auf ihre Bedürfnisse Rücksicht
genommen werden. Im Einzelfall können sich
Verschiebungen von Lehrgängen ergeben, die
nicht in der Verantwortung der Personalführung liegen. Unabhängig vom Grund der Abweichung von der Planung hat dies für die Betroffenen häufig negative Konsequenzen, insbesondere wenn sie Familienpflichten wahrnehmen müssen. Grundsätzlich ist im Rahmen
der Vereinbarkeit von familiären Pflichten und
Beruf/Dienst eine Lehrgangssteuerung, die auf
7.2.1.2 Familienfreundliche Planung von
Fortbildungen und Lehrgängen
Wenig familienfreundlich stellte sich in einigen
Fällen die Planung von Fortbildungen und
Lehrgängen dar. Der Unmut eines Offiziers mit
vier Kindern unter zwölf Jahren und berufstätiger Ehefrau über die dreimalige Verschiebung
eines für die Laufbahn notwendigen Lehrgangs
ist verständlich, wenn jedes Mal die Arbeitszeiten der Frau angepasst und die Buchung
einer Kinderbetreuung verschoben werden
62
Stellungnahme BMVg
zum Jahresbericht 2013 des Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages
schulpflichtige Kinder Rücksicht nimmt, anzustreben. Allerdings werden sich die persönlichen Wünsche und die dienstlichen Notwendigkeiten nicht immer in Einklang bringen lassen. Lehrgänge, die über mehrere Monate
oder nur einmal jährlich stattfinden, können die
präferierten Zeiträume aller Lehrgangsteilnehmer und Lehrgangsteilnehmerinnen aus
unterschiedlichen Bundesländern nicht immer
berücksichtigen.
Ausbildungsmaßnahmen der Fernausbildung
werden
als
individuelles
Fernlernen
(E-Learning) sowie als Lehrgang durch speziell
weitergebildete Teletutoren angeboten. Für
eine Teilnahme sind die Bereitstellung eines
dienstlichen PC-Arbeitsplatzes und der Zugang
zum Intranet der Bundeswehr Voraussetzung.
Lehrgänge mit einem sehr hohen theoretischen Anteil und der Möglichkeit einer integrierten Erfolgskontrolle sind für eine Umwandlung in Fernausbildung besonders geeignet.
Zukünftige Entwicklungsschritte sind daher die
Identifizierung weiterer geeigneter Lehrgänge
und die Schaffung der technischen Voraussetzungen für den Zugang zum Intranet der
Bundeswehr auch über das Internet sowie die
Nutzung moderner Applikationen (App) für den
Zugriff auf Inhalte. Ausbildungsmaßnahmen
der Fernausbildung dienen vor allem der Reduzierung des organisatorischen Aufwands in
der lehrgangsgebundenen Ausbildung. Sie
werden in Lehrgangsform über das Integrierte
Ausbildungsmanagementsystem (IAMS) zur
Nutzung angeboten. Über dieses System ist
eine statistische Erfassung der quantitativen
Auslastung von Ausbildungsmaßnahmen der
Fernausbildung in Lehrgangsform grundsätzlich möglich.
engen Voraussetzungen möglich ist. Der wesentliche Unterschied zwischen der Telearbeit
und mobiler Arbeit besteht darin, dass beim
mobilen Arbeiten der Arbeitsplatz völlig frei
gewählt werden kann. Bei der Telearbeit besteht eine Bindung an einen, gegebenenfalls
mehrere Orte.
Eine nach den Erfahrungen der Gleichstellungsbeauftragten wenig bekannte und wenig
beachtete Möglichkeit zur Verbesserung der
Vereinbarkeit von Familie und Dienst ist darüber hinaus die Flexibilisierung des Arbeitsplatzes, das heißt die zeitweise Verlegung der
dienstlichen Tätigkeit in das familiäre Umfeld.
Diese findet sich unter Nummer 305 des Allgemeinen Umdrucks 1/500 im Handbuch zur
Vereinbarkeit von Familie und Dienst in den
Streitkräften.
Im Einzelfall ist eine Verlegung der dienstlichen Tätigkeit in das familiäre Umfeld der
Soldatin oder des Soldaten für einen vorübergehenden Zeitraum oder in Form der Telearbeit und der Teilnahme an Fernausbildungsmaßnahmen möglich. Die Entscheidung hierüber trifft der Disziplinarvorgesetzte auf Antrag.
Auf diese Möglichkeit sollten Betroffene durch
Personalsachbearbeiter, Gleichstellungsbeauftragte oder Kompaniefeldwebel hingewiesen
werden. Disziplinarvorgesetzte sollten davon
mehr Gebrauch machen. Damit eröffnet sich
die Chance, kurzfristig und flexibel auf familiäre Notsituationen zu reagieren.
Ein nach wie vor nicht gelöstes Problem bleibt
die Kompensation der durch Elternzeit oder
Teilzeitarbeit entstehenden Vakanzen. Gegenwärtig wird nach einer Mitteilung des Bundesministeriums der Verteidigung durch die
Bereiche Organisation, Personalplanung und
Personalführung gemeinsam eine Lösung erarbeitet, die frühestens 2014 realisierbar sein
wird. Es werde – so das Ministerium – nicht in
jedem Einzelfall Abhilfe geschaffen werden
können, Ziel sei es jedoch, spätestens bis zur
Einnahme der Zielstruktur insbesondere in
Bereichen mit besonders hohen familienbedingten Abwesenheiten die Aufgabenwahrnehmung zu sichern.
7.2.1.3
Familienfreundliche Arbeitszeiten,
Ausgleich familienbedingter
Vakanzen
Tele- und Teilzeitarbeit gewinnen im Rahmen
der Verbesserung der Vereinbarkeit von Familie und Dienst weiter an Bedeutung. Es ist erfreulich, dass der Anschlussvertrag zur Bereitstellung
von
Telearbeitsplätzen
zwischenzeitlich unterzeichnet ist. Mit diesem
Vertrag wird von der bisherigen Alleinstellung
des Anbieters abgewichen und die Möglichkeit
der Verwendung von Telefonanschlüssen anderer Anbieter für die Telearbeit vorgesehen.
Damit werden die bis dahin bestehenden
Probleme bei der Einrichtung genehmigter Telearbeitsplätze beseitigt.
Die Wahrnehmung von Elternzeit ist ein gesetzlicher Anspruch. Insoweit hat der Dienstherr dafür Sorge zu tragen, dass er tatsächlich
wahrgenommen werden kann. Mögliche Anspruchsteller dürfen nicht – auch nicht durch
von Kameraden aufgebauten sozialen Druck –
in den Zwiespalt geraten, sich als schlechte
Kameradin oder schlechter Kamerad zu fühlen
Eine weitere Option, die Arbeit familienfreundlicher zu gestalten, liegt in der Ausweitung des
mobilen Arbeitens, welches bisher nur unter
63
Stellungnahme BMVg
zum Jahresbericht 2013 des Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages
abgewichen wurde.
oder von der Beantragung Abstand zu nehmen,
weil durch die Inanspruchnahme von Elternzeit
die Kameradinnen und Kameraden eine noch
höhere Arbeits- oder Einsatzbelastung zutragen haben. Bei allem Verständnis für das Erfordernis der Erfüllung der Auftragslage dürfen
derartige Überlegungen Vorgesetzte nicht dazu verleiten, die Inanspruchnahme von Elternzeit in welcher Form auch immer in Frage zu
stellen und dahingehend auf die Soldatinnen
und Soldaten einzuwirken.
7.2.2
Kinderbetreuung bei
Auslandseinsätzen
7.2.2.1 Kinder unter drei Jahren als
Einsatzhinderungsgrund
Die Sorge um das Kindeswohl gibt Veranlassung, in diesem Jahresbericht nochmals Auslandseinsätze von Soldatinnen und alleinerziehenden Soldaten mit Kindern unter drei
Jahren kritisch anzusprechen. Die Betreuung
von Kindern unter drei Jahren als grundsätzlichen Einsatzhinderungsgrund festzuschreiben,
wie vom Wehrbeauftragten mehrfach angeregt,
lehnt das Bundesministerium der Verteidigung
bislang ab. Stattdessen setzt das Ministerium
auf die einvernehmliche Einigung zwischen der
Soldatin oder dem Soldat und dem entscheidenden Vorgesetzten. Das Ministerium vertraut
nach eigener Aussage darauf, dass die zuständigen Vorgesetzten mit den betroffenen
Soldatinnen oder Soldaten über die Einplanungsabsicht sprechen und sowohl bei einem
Einplanungswunsch der betroffenen Soldaten,
als auch bei einer Ablehnung einer Einplanung
zu einer tragfähigen, für beide Seiten akzeptablen Lösung kommen.
Stellungnahme BMVg
Mobiles
Arbeiten
mit
Laptops
bei
UMTS-Anbindung
(sogenannte
Travelling
User) findet bisher vor allem im Rahmen von
Dienstreisen statt. Für das Bundesministerium
der Verteidigung wurden zwanzig zusätzliche
solcher Travelling User zugunsten der Verbesserung der Vereinbarkeit von Familie und
Dienst beschafft. Seit Mitte Februar stehen pro
Dienstsitz jeweils 10 Laptops mit UMTS-Anbindung als temporäre Notfalllösung in einem
"Vereinbarkeits-Pool" zur Verfügung, die kurzfristig abgerufen werden können. Entsprechende Lösungen werden auch im nachgeordneten Bereich angestrebt. Im Rahmen des
Themenfeldes 4 „Arbeitsautonomie“ der
Agenda „Bundeswehr in Führung – Aktiv. Attraktiv. Anders.“ sollen 3000 zusätzliche Laptops für Mobiles Arbeiten, insbesondere für die
bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf/Dienst beschafft und in Pools den Dienststellen der Bundeswehr bereitgestellt werden;
1000 in 2014, 2000 in 2015. Die Möglichkeit
der vorübergehenden Verlegung der dienstlichen Tätigkeit ins häusliche Umfeld ist noch
zuwenig bekannt. Maßnahmen der Abstellung
sind eingeleitet.
Derzeit werden im Bundesministerium der
Verteidigung verschiedene personalplanerische Vorhaben zur Kompensation vornehmlich
familienbedingter Vakanzen bearbeitet. Ein
erster wichtiger Meilenstein zur Kompensation
von Vakanzen durch Elternzeit bzw. Betreuungsurlaub wurde 2013 erzielt. Die Nutzung
von „Leerstellen“ bildet die Grundlage für eine
erweiterte Personalgewinnung und -bindung.
Soldatinnen und Soldaten haben gemäß Soldatengesetz einen rechtlichen Anspruch auf
Elternzeit bis zur Vollendung des dritten Lebensjahres ihres Kindes. Dieser Anspruch
kann grundsätzlich von zur Fürsorge verpflichteten Vorgesetzten nicht in Zweifel gezogen
werden. Im Rahmen der Funktion als Vorgesetzter ist dieser darüber hinaus verpflichtet,
alle ihm unterstellten Soldatinnen und Soldaten
bei der Inanspruchnahme ihnen rechtlich zustehender Ansprüche zu unterstützen. Es ist
nicht auszuschließen, dass im Einzelfall davon
Mich überzeugt dieses Verfahren nicht. Das
Prinzip der eigenen Entscheidung führt viele
Soldatinnen in das Dilemma, sich dem Vorwurf
auszusetzen, entweder eine Rabenmutter oder
aber eine schlechte Kameradin zu sein. Entsprechendes gilt für alleinerziehende Väter.
Exemplarisch zeigt dies die Eingabe einer Frau
Oberfeldwebel: Ihr Disziplinarvorgesetzter erläuterte ihr, dass lediglich eine erneute
Schwangerschaft oder ein psychiatrisches
Gutachten sie vor einem Auslandseinsatz
schützen könne. Der Vorgesetzte hatte in diesem Fall entgegen der Aufforderung zu verantwortungsbewusstem Verhalten das Kindeswohl nicht im Blick. Nicht selten fehlt es
Vorgesetzten aber auch an personellen Alternativen, was dazu führt, dass das Kindeswohl
schnell aus dem Blick gerät.
Stellungnahme BMVg
Die vorgeschlagene Betreuung von Kindern
unter drei Jahren für alleinerziehende Soldatinnen und Soldaten als Einsatzhinderungsgrund festzuschreiben, ist nicht erforderlich
und findet auch bei den militärischen Gleichstellungsbeauftragten mit dem Hinweis auf den
Gleichbehandlungsgrundsatz für Soldatinnen
und Soldaten keine Unterstützung. Der Auslandseinsatz einer Soldatin oder eines Soldaten, der aufgrund ungeklärter familiärer Verpflichtungen schon psychisch belastet begon-
64
Stellungnahme BMVg
zum Jahresbericht 2013 des Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages
führte Besuchsreisen können ab diesem Zeitpunkt abgerechnet werden.
nen wird, stellt ein nicht hinnehmbares Risiko
dar. Dieses ist in jedem Fall zu vermeiden.
Stellungnahme BMVg
Die Federführung für Regelungen der Schulund Kinderreisebeihilfe liegt grundsätzlich beim
Auswärtigen Amt. Nach der zum 1. September
2012 in Kraft getretenen Neufassung der
„Verwaltungsvorschrift über die Zahlung von
Schul- und Kinderreisebeihilfen an Angehörige
des Auswärtigen Dienstes im Sinne des Gesetzes über den Auswärtigen Dienst (GAD) im
Ausland“ wird Kinderreisebeihilfe für Reisen
gezahlt, die hauptsächlich der Pflege des
Kontakts zwischen Kindern und Eltern und der
Ausübung des Umgangsrechts dienen. Mit der
Neufassung hat das Auswärtige Amt den Kreis
der berücksichtigungsfähigen Kinder durch
Verweis auf das GAD erstmals auch auf Kinder
aus geschiedenen Ehen und auf nichteheliche
Kinder sowie auf Stiefkinder erweitert. Die anfänglichen Schwierigkeiten bei der Auslegung
der Neufassung der Verwaltungsvorschrift im
Hinblick auf die Anwendung bei Stiefkindern
sind zwischenzeitlich ausgeräumt.
7.2.2.2 Familien- und Haushaltshilfen
Selbst wenn ein Elternteil zur Betreuung eines
Kleinkindes zur Verfügung steht, kann die Abwesenheit des anderen Elternteils Probleme
bereiten. So äußerte ein Soldat, der kurz nach
der Geburt seines dritten Kindes zum wiederholten Mal in den Auslandseinsatz kommandiert wurde, den Wunsch nach Unterstützung
seiner Familie durch eine vom Dienstherrn finanzierte Familien- oder Haushaltshilfe.
Dem Wunsch konnte auf der Grundlage der
geltenden Bestimmungen nicht entsprochen
werden. Gleichwohl war er nachvollziehbar.
Das Bundesministerium der Verteidigung ist
aufgefordert, die Initiative für die Schaffung der
entsprechenden Rechtsgrundlagen zu ergreifen und nicht abzuwarten, bis das Parlament
von sich aus tätig wird.
Stellungnahme BMVg
Der Empfehlung zur Schaffung entsprechender
Rechtsgrundlagen wird seit Ende 2013 gefolgt.
Die Bedarfsforderung nach finanzieller Unterstützung für Familien- und Haushaltshilfen, die
Bundeswehrangehörige während besonderer
Auslandseinsätze, der einsatzvorbereitenden
Ausbildung, einsatzgleicher Verpflichtungen
und Dauereinsatzaufgaben benötigen, ist gebilligt. Die Rechtsgrundlage soll bis zum
I. Quartal 2015 geschaffen werden. Dazu wird
diese Maßnahme für die Aufnahme in das
„Gesetz zur Steigerung der Attraktivität des
Dienstes in der Bundeswehr“ betrachtet.
7.3
Ungelöstes Pendlerproblem
Angesichts der mit einem Umzug verbundenen
Belastungen entscheiden sich die meisten
Soldaten, im Falle einer Versetzung ihren
Wohnort beizubehalten und stattdessen zu ihrem Dienstort zu pendeln. Nach Einschätzung
des Gesamtvertrauenspersonenausschusses
beim Bundesministerium der Verteidigung
pendeln derzeit weit mehr als 50 Prozent der
Soldatinnen und Soldaten zwischen ihrem
Wohn- und ihrem Dienstort, 38 Prozent davon
als Wochenendpendler. Sie benötigen in der
Woche eine Unterkunft, sei es in der Kaserne
oder in einer angemieteten Wohnung am
Dienstort.
7.2.2.3
Kinderbetreuung bei
Auslandsverwendungen
Bei Auslandsverwendungen werden die Soldatinnen und Soldaten in der Regel von ihren
Familien begleitet. Kindern, die beispielsweise
aufgrund ihrer Ausbildung die Familie nicht begleiten können, werden für Besuchsreisen vom
Dienstherrn Schul- und Kinderreisebeihilfen
gewährt. Durch Eingaben wurde zu dieser
Thematik eine hierbei bisher bestehende Benachteiligung von Stiefkindern offenbar. Auf
Anregung des Wehrbeauftragten wurde geprüft,
ob die Rechtslage angepasst werden muss.
Die erfolgte Prüfung ergab, dass die Nichtberücksichtigung von Stiefkindern auf der falschen Auslegung einer Verwaltungsvorschrift
durch das Bundesministerium der Verteidigung
beruhte. Das Bundesministerium der Verteidigung hat seine Rechtspraxis nun rückwirkend
zum 1. September 2012 angepasst. Durchge-
Die Einschätzung des Bundesministeriums der
Verteidigung, dass in über 90 Prozent der
Standorte die Nachfrage nach Pendlerwohnungen gedeckt werden könne, kann ich nicht
teilen. In keinem der von mir im Berichtsjahr
besuchten Standorte wurden die Unterbringungsmöglichkeiten für Pendler als ausreichend erachtet.
Zum einen fehlt es an geeigneten Gebäuden in
den Kasernen. Die Absicht, im Zuge der Neuausrichtung freigeräumte Gebäude für die Unterbringung von Pendlern zu nutzen, hat sich
nicht als tragfähig erwiesen. Haushaltsmittel
für die Weiternutzung solcher Gebäude dürfen
nur im Rahmen des Bauunterhalts aufgewen-
65
Stellungnahme BMVg
zum Jahresbericht 2013 des Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages
zum Wohnen gestellt haben, bestätigen
grundsätzlich das Ergebnis.
Die Bedeutung angemessener und zeitgemäßer Unterkünfte für die Attraktivität des Dienstes und insbesondere die Bindung qualifizierter
Bundeswehrangehöriger werden nicht verkannt. Zur Erhebung des Bedarfs und vor allem der Vorstellungen der Betroffenen wird
derzeit ein Fragebogen zum Thema "Zukünftige Unterbringung in der Bundeswehr" erarbeitet. Fragestellungen betreffen u.a. Art und Anzahl benötigter Unterkünfte, Bedarf an den jeweiligen Standorten, Erwartungen an die jeweiligen Unterkünfte und Unterstützungsleistungen in den Dienstgrad- und Altersgruppen sowie unterschiedlichen Organisationsbereichen.
Die Befragung soll im III. Quartal 2014 erfolgen. Die „“Agenda Bundeswehr in Führung –
Aktiv. Attraktiv. Anders.“ wird im Zusammenhang mit modernen Unterkünften (Themenfeld
7) auch hier weitere Verbesserungen mit Blick
auf Einrichtung und Ausstattung bringen.
det werden. Eine in den meisten Fällen notwendige Sanierung der Gebäude dagegen ist
nicht zulässig. Zum anderen fehlt es, was die
Anmietung geeigneten Wohnraums auf dem
privaten Wohnungsmarkt angeht, an vielen
Standorten an einem für Soldaten bezahlbaren
Angebot.
Hier ist der Dienstherr gefordert. Schon die ihn
treffende Fürsorgepflicht gebietet es, für eine
angemessene Unterbringung auch der Pendler
zu sorgen. Das ist eine Frage sowohl der
Quantität als auch der Qualität der angebotenen Unterbringung. Die Frage nach der
Unterbringung ist ein Attraktivitätsfaktor. Wenn
es mittel- und langfristig nicht gelingt, auch
Pendlern eine angemessene Unterbringung
anzubieten, werden sie sich zu Recht zuerst
über die Bedingungen ihres Dienstes beklagen
und sich am Ende gegen einen Verbleib in der
Bundeswehr entscheiden.
Stellungnahme BMVg
Die Pendlerthematik wurde in einer sozialwissenschaftlichen Befragung mit Blick auf die
Neuausrichtung der Bundeswehr untersucht.
Die Befragung führte zu dem Ergebnis, dass
40 Prozent der Soldatinnen und Soldaten zum
damaligen Zeitpunkt am Wochenende nach
Hause pendelten und unter der Woche am
Dienstort wohnten. Hierbei gilt es zu bedenken, dass die Ursache und der Zeitraum des
Pendelns (z.B. temporär aufgrund langjähriger
Aus- und Fortbildungen oder dauerhaft aufgrund einer Standortauflösung) nicht weiter
differenziert betrachtet wurden.
Das Bundesministerium der Verteidigung hat
im Januar 2014 eine empirische Studie beauftragt, die unter anderem die Vielfalt der beruflichen Mobilität in ihrer gesamten Bandbreite
genauso erfassen soll, wie die Ursachen und
Begleitumstände. Es ist beabsichtigt, erste
Studienergebnisse im IV. Quartal 2014 vorzulegen. Die Feststellung, dass in 90 Prozent der
Standorte entsprechende Kapazitäten zur Unterbringung von Bundeswehrangehörigen ohne
finanzielle Unterstützung zur Verfügung stehen, basiert auf einer Abfrage des Kommandos Streitkräftebasis vom Januar 2013.
Grundlage für diese Abfrage war der im Jahr
2012 erwirkte Haushaltsvermerk, der darauf
abzielt, Unterkunftskapazitäten für betroffene
Bundeswehrangehörige bereitzustellen. Dies
begründet keinen Anspruch auf einen bestimmten Standard. Aktuelle Auswertungen der
Personal-IST-Daten (Stand: September 2013)
in Verbindung mit den Infrastrukturbestandsund -bedarfsdaten unter Berücksichtung der
vom Wohnen in der Gemeinschaftsunterkunft
befreiten unterkunftspflichtigen Bundeswehrangehörigen und derjenigen, die einen Antrag
8
Frauen in den Streitkräften
Im Berichtsjahr ist die absolute Anzahl von
Frauen in der Bundeswehr mit 18.535 leicht
gestiegen. Darunter waren 1.728 Berufssoldatinnen, 16.016 Zeitsoldatinnen und 791 Freiwillig Wehrdienst Leistende.
Die vorliegenden Eingaben lassen, wie auch
schon im vergangenen Jahr, keine grundsätzlichen geschlechtsspezifischen Probleme in
den Streitkräften erkennen. In Gesprächen
wurde jedoch deutlich, dass es durchaus eine
Reihe von Sachverhalten gibt, in denen Soldatinnen keine Beschwerde oder Eingabe einlegen, aber dennoch eine Ungleichbehandlung
sehen. So wurde beispielsweise vorgetragen,
dass es Bereiche in der Bundeswehr gibt, in
denen es selbstverständlich ist, Soldaten mit
Dienstgrad und Nachnamen anzusprechen,
während Soldatinnen nur mit ihrem Nachnamen angeredet werden. Diese Unterscheidung
ist eine Form der Abwertung, die nicht hinnehmbar ist. Darüber hinaus bedeutet eine
solche Unterscheidung in der Anrede eine
Verletzung der in der Zentralen Dienstvorschrift 10/8 geregelten Gruß- und Anredeformen in der Bundeswehr.
Stellungnahme BMVg
Vorgesetzte sollen sicherstellen, dass es bei
den Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr nicht zu Benachteiligungen aufgrund des
Geschlechts, der Rasse, der ethnischen Herkunft, der Religion, der Weltanschauung oder
der sexuellen Identität für den militärischen
66
Stellungnahme BMVg
zum Jahresbericht 2013 des Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages
legt und am 24. Januar 2014 dem Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages zugestellt.
Die Ergebnisse der Studie wurden kurz darauf
im Rahmen einer Pressekonferenz im Bundesministerium der Verteidigung der Öffentlichkeit präsentiert. Die Studie ist im Internet
abrufbar.
Dienst kommt. Über eine generelle geschlechtsorientierte Ansprache von Soldatinnen nur mit Namen, ohne Dienstgrad, liegen
keine Erkenntnisse vor.
Weit verbreitet scheint nach wie vor die Auffassung zu sein, dass Frauen körperlich anspruchsvollen Funktionen beispielsweise im
Feld nicht gewachsen seien. Dies könnte unter
anderem ein Grund für die Beobachtung sein,
dass der Anteil weiblicher Zugführer in Ausbildungskompanien sehr gering ist. Auch dies
wird von Soldatinnen zu Recht als Benachteiligung empfunden.
Unabhängig davon gilt die Aufforderung an die
Bundeswehr, in allen Dienstgradgruppen ein
attraktiver Arbeitgeber für Frauen zu sein. Dazu zählt für Soldatinnen auch die Chance,
Spitzenpositionen zu erreichen. Dies setzt
voraus, dass sie die Gelegenheit erhalten, sich
auf Dienstposten zu bewähren, die Führungsverantwortung beinhalten und die weitere Förderung in höhere Positionen ermöglichen, wie
etwa als Zugführer, Chef, Kommandeur oder
deren Stellvertreter. Das ist bisher nicht in
ausreichendem Maße gewährleistet. So hat
beispielsweise der prozentuale Anteil weiblicher Sanitätsoffiziere auf der Dotierungsebene
A15, der im Jahr 2010 bei lediglich 16 Prozent
lag, bisher so gut wie keine weitere Steigerung
erfahren, obwohl auch das Bundesministerium
der Verteidigung hier Nachholbedarf festgestellt hatte. Der Wehrbeauftragte wird die weitere Entwicklung beobachten.
Stellungnahme BMVg
Die vom Zentrum für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr im Januar
2014 vorgelegte Studie „Truppenbild ohne
Dame?“ bietet ein differenziertes Lagebild zur
Integration von Frauen in die Streitkräfte. Einige Ergebnisse deuten auf Probleme bei der
Integration hin: Rund ein Drittel der männlichen
Soldaten ist der Meinung, dass Soldatinnen
dem „harten Leben im Feld“ nicht gewachsen
sind und dass die Integration der Frauen zu
einem Verlust an Kampfkraft führt. Die Mehrheit der männlichen Soldaten teilt diese Auffassungen jedoch nicht. Einige Studienergebnisse sprechen zudem für eine Verbesserung
des Integrationsklimas: Die Soldatinnen sind in
Bezug auf ihr eigenes Leistungsvermögen
selbstbewusster geworden und stellen eine
Normalisierung des Umgangs mit ihnen fest.
Stellungnahme BMVg
Im Zuständigkeitsbereich der Personalführung
Unteroffiziere/Mannschaften kommen lediglich
die Verwendungen Zugführer Streitkräfte und
Kompaniefeldwebel Streitkräfte als Spitzenverwendungen für Soldatinnen in Betracht. Bei
der Verwendung Kompaniefeldwebel Streitkräfte ist zusätzlich zu beachten, dass der
überwiegende Anteil der Dienstposten in der
Dotierung Oberstabsfeldwebel / Oberstabsbootsmann ausgebracht sind, so dass Soldatinnen außerhalb der Laufbahn des Sanitätsdienstes noch nicht über die zeitlichen Beförderungsvoraussetzungen verfügen dürften, da
die Öffnung aller militärischer Verwendungen
und Laufbahnen in den Streitkräften für Frauen
erst im Jahr 2001 erfolgte.
Weibliche Offiziere haben uneingeschränkt die
Möglichkeit und Gelegenheit, sich auf Dienstposten zu bewähren, die sowohl Führungsverantwortung beinhalten als auch die weitere
Förderung in höhere Positionen ermöglichen.
So ist die Übernahme von Führungsverwendungen auf der Zug- und Einheitsebene nicht
mehr in absoluten Zahlen, aber stets in Relation zum Frauenanteil insgesamt und unter
Berücksichtigung der bereits oben erwähnten
Öffnung der Streitkräfte für Frauen im Jahr
2001 sowie des dadurch bedingten Fortschritts
im Verwendungsaufbau zu sehen. Neben
Es ist bedauerlich, dass die Studie des Zentrums für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr „Truppenbild ohne
Dame?“, die seit nahezu einem Jahr fertig gestellt ist, dem Deutschen Bundestag immer
noch nicht vorliegt, denn diese verspricht eine
tiefer gehende Analyse der Situation der
Frauen in der Bundeswehr. Eine Begründung,
warum die Studie unter Verschluss gehalten
wird, gibt es bislang nicht.
Stellungnahme BMVg
Ein erster Arbeitsentwurf der Studie wurde im
März 2013 vorgelegt. Um die Erkenntnisse zur
Integration von Soldatinnen in die Bundeswehr
im Kontext betrachten und bewerten zu können, wurde das Zentrum für Militärgeschichte
und Sozialwissenschaften der Bundeswehr
beauftragt, die Untersuchung um vergleichbare
Befunde für die Streitkräfte anderer Nationen
bzw. für die Belegschaften großer Unternehmen zu ergänzen. Am 21. Januar 2014 wurde
die Studie „Truppenbild ohne Dame?" vorge-
67
Stellungnahme BMVg
zum Jahresbericht 2013 des Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages
Führungsverwendungen befinden sich Frauen
auch in Hochwertausbildungen wie z.B. dem
LGAN und sind – weitere Eignung, Befähigung
und Leistung vorausgesetzt – für einen Verwendungsaufbau bzw. eine Förderung deutlich
oberhalb der allgemeinen Laufbahnperspektive
vorgesehen.
In der Laufbahn der Sanitätsoffiziere liegt der
Frauenanteil über alle Dienstverhältnisse hinweg derzeit bei ca. 42 Prozent. Bezogen auf
die Berufssoldaten liegt dieser Anteil bei ca. 19
Prozent. Die Verwendung auf einem
A15-dotierten Dienstposten ist in der Regel mit
dem Abschluss einer Fachausbildung verbunden. Bis zum Jahr 2010 machte der Verwendungsaufbau der Sanitätsoffiziere einen solchen Abschluss für Zeitsoldaten eher unwahrscheinlich, so dass Zeitsoldaten in der Regel
im Dienstgrad Oberstabsarzt entlassen wurden. Erst seit dem Jahre 2010 wird zur Bindung des Personals eine frühere Zusage der
fachlichen Weiterbildung getroffen. Wegen der
mehrjährigen Weiterbildung zum Facharzt
werden Effekte daraus erst gegen Ende des
Jahrzehnts spürbar werden.
Mit Stand Februar 2014 sind 18,4 Prozent aller
A15-dotierten Dienstposten mit Frauen besetzt.
Unter den Zeitsoldaten sind zum gleichen
Stichtag 21,6 Prozent Frauen im Dienstgrad
Oberfeldarzt. Die Tendenz über die Erhebungen von Februar 2010 (16 Prozent) über Februar 2011 (17,7 Prozent) zum heutigen Stand
(18,4 Prozent) ist durchaus positiv und zeugt
von den erfolgreichen Bemühungen der Frauenförderung im Sanitätsdienst. Da seit mehreren Jahren der Anteil der Frauen, die zum Berufssoldaten übernommen wurden, konstant
dem Frauenanteil im Gesamtpersonalkörper
entspricht, wird sich diese Entwicklung erkennbar weiter fortsetzen.
stellung kein ernsthaftes Interesse daran, in
den Dienst zurückzukehren, sondern wolle
vielmehr im Status ‚Krank zu Hause‘ das Gehalt
kassieren“,
hat
als
Führungsverantwortlicher komplett versagt. Glücklicherweise stellen Fälle wie diese Ausnahmen
dar.
Mit der Kampagne „Schwanger in der Bundeswehr“ will der Dienstherr Schwangere, stillende Mütter und deren Vorgesetzte über Regelungen zum Arbeits-, Gesundheits- und
Mutterschutz informieren und dazu beitragen,
einen optimalen Schutz zu gewähren. Fortschritt und Ausbau der Kampagne belegen,
dass Schwangerschaften von Soldatinnen zunehmend auch im Verständnis der Vorgesetzten zum selbstverständlichen Arbeitsalltag der
Bundeswehr gehören.
Stellungnahme BMVg
In der Gesamtschau der bearbeiteten Eingaben stellte der angeführte Sachverhalt und
seine durch den Disziplinarvorgesetzten unangemessene Würdigung eine, wenngleich
exponierte, Ausnahme dar. Der Führungsverantwortliche hat mit der Diktion seines Entwurfs zum Antrag der Petentin komplett versagt. Die Vorgesetzten sind zur Fürsorge gegenüber den ihnen Unterstellten verpflichtet
und haben Diskriminierungen in Zusammenhang mit Schwangerschaft und Mutterschaft
entgegenzuwirken.
Mit
der
Kampagne
„Schwanger in der Bundeswehr“ hat die "Öffentlich-rechtliche Aufsicht für Arbeitssicherheit
und Technischen Umweltschutz der Bundeswehr und bei den Gaststreitkräften" erreicht,
dass Schwangere, stillende Mütter und deren
Vorgesetzte über Regelungen zum Arbeits-,
Gesundheits- und Mutterschutz besser informiert wurden und dazu beigetragen, einen
besseren Schutz der Schwangeren und Stillenden in der Bundeswehr zu gewährleisten.
Die Auswertung der Kampagne belegt, dass
Schwangerschaften von Soldatinnen zunehmend auch im Verständnis der Vorgesetzten
zum selbstverständlichen Arbeitsalltag der
Bundeswehr gehören.
8.1
Frauenspezifische
Diskriminierungen
Soldatinnen beklagten im Berichtsjahr in Eingaben Diskriminierungen in Zusammenhang
mit Schwangerschaft und Mutterschaft. Gegenstand der Klagen waren vor allem abfällige
Äußerungen. So erklärte ein Vorgesetzter: „Sie
haben sich für die Unteroffizierlaufbahn entschieden, da hätten Sie sich früher überlegen
müssen, ob Sie sich schwängern lassen“.
Ebenso inakzeptabel wie diese Äußerung war
das – wenn auch angeblich nur scherzhaft
gemeinte – Verbot, nicht schwanger zu werden,
bis der Vorgesetzte in den Ruhestand geht.
Auch ein Disziplinarvorgesetzter, der zum Antrag auf Verkürzung der Elternzeit einer erneut
schwangeren Soldatin äußerte, „die Soldatin
habe aufgrund der charakterlichen Grundein-
8.2
Militärische
Gleichstellungsbeauftragte
Militärische Gleichstellungsbeauftragte sorgen
seit 2005 dafür, dass in den Streitkräften die
Regeln des Soldatinnen- und Soldatengleichstellungsgesetzes umgesetzt werden. Nach
ihrem gesetzlichen Auftrag wirken sie bei allen
personellen, organisatorischen und sozialen
Maßnahmen ihrer Dienststelle mit, welche die
Vereinbarkeit von Familie und Dienst, den
68
Stellungnahme BMVg
zum Jahresbericht 2013 des Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages
len Belästigung oder eines Übergriffs im Raum
steht, erforderlich. Sie muss darauf einwirken
können, dass es zu angemessenen und abschreckenden Sanktionen kommt und die Angelegenheit nicht verharmlost wird. Ansonsten
kann sie ihrem Präventionsauftrag nicht hinreichend nachkommen.
Schutz vor sexueller Belästigung am Arbeitsplatz sowie die Gleichstellung von Soldatinnen
und Soldaten betreffen. Dazu gehören vor allem auch die Beseitigung bestehender und die
Verhinderung künftiger Diskriminierungen wegen des Geschlechts. Die Militärischen Gleichstellungsbeauftragten sind von daher auch
wichtige Ansprechpartnerinnen, wenn Soldatinnen sich von Vorgesetzten benachteiligt
oder diskriminiert fühlen oder sich Mobbing
ausgesetzt sehen. Im Hinblick auf die angesprochenen Themenkreise sind sie darüber
hinaus Ansprechpartnerinnen für Transsexuelle und homosexuelle Soldatinnen und Soldaten.
Darüber hinaus setzt die sach- und zielgerichtete Unterstützung der Soldatinnen oder Soldaten voraus, dass die Gleichstellungsbeauftragte bei entsprechendem Wunsch der Betroffenen auch an deren Vernehmung als Zeugin oder Zeuge teilnehmen kann. Bedingt
durch den geringen Frauenanteil in Vorgesetztenpositionen werden diese Vernehmungen vorrangig von männlichen Soldaten
durchgeführt. Vor dem Hintergrund der Sensibilität des Themas ist ein erfahrener weiblicher
Beistand gerade bei Soldatinnen wünschenswert. Ein derartiges Zugeständnis würde die
vom ehemaligen Bundesminister der Verteidigung de Maizière für das Problem der sexuellen Belästigung und sexuellen Übergriffe bekräftigte „Null-Toleranz-Grenze“ nachhaltig mit
Leben füllen.
Wahlberechtigt und wählbar für das Amt der
Gleichstellungsbeauftragten sind nach dem
Soldatinnenund
Soldatengleichstellungsgesetz nach wie vor nur
Soldatinnen. Vielfach wird der Wunsch nach
einer Änderung dieser Rechtslage geäußert,
sodass auch Soldaten wahlberechtigt und
wählbar sind. Die Diskussion darüber läuft.
Die strukturellen und organisatorischen Veränderungen durch die Neuausrichtung der
Bundeswehr haben dazu geführt, dass einzelne Gleichstellungsbeauftragte für einen noch
größeren Personenkreis zuständig sind. Um
dem gerecht zu werden, aber auch um eine
lückenlose Wahrnehmung der Aufgaben sicherzustellen, ist es wichtig, deren Wahl und
Bestellung verzugslos durchzuführen.
Der Wehrbeauftragte verfolgt, wie dargestellt,
im Rahmen der Beobachtung der Besonderen
Vorkommnisse alle Fälle, in denen es um sexuelle Belästigung und Übergriffe geht. Soweit
die Militärische Gleichstellungsbeauftragte in
diese Fälle einbezogen wird, ist deren Bewertung des Vorgangs für den Wehrbeauftragten
von besonderem Interesse.
Ein Dienststellenleiter, der die ihm zugeordnete Gleichstellungsbeauftragte umfassend einbindet, unterstützt und dafür Sorge trägt, dass
sie ihre Aufgabe, wie es gesetzlich vorgeschrieben ist, weisungsfrei durchführen kann,
macht nicht nur deutlich, dass ihm die Gleichstellung ein wichtiges Anliegen ist, er kommt
auch seiner Vorbildfunktion nach und setzt für
Untergebene Maßstäbe im Hinblick auf den
Umgang mit der Gleichstellungsbeauftragten.
Die Aufgaben der Militärischen Gleichstellungsbeauftragten sind anspruchsvoll und breit
gefächert. Die Übernahme dieses Amtes wird
für geeignete Soldatinnen nur dann attraktiv
sein, wenn trotz entgegenstehender gesetzlicher Regelung nicht das Gefühl entsteht,
Laufbahnnachteile zu erleiden. Um dies zu verifizieren, wurde das Bundesministerium der
Verteidigung gebeten, die Laufbahnen dieser
Soldatinnen statistisch zu erfassen.
Von besonderer Bedeutung für die Gleichstellung ist die Beteiligung der Gleichstellungsbeauftragten in Beurteilungsverfahren und zwar
auch hinsichtlich der Förderperspektive der
Kandidatinnen und Kandidaten. Andernfalls
lässt sich nur schwer feststellen, wie Soldatinnen im Leistungsvergleich mit den Kameraden
einzuordnen sind.
Stellungnahme BMVg
Die militärische Gleichstellungsbeauftragte ist
nicht nur Ansprechpartnerin für Soldatinnen,
sondern selbstverständlich auch für männliche
Soldaten. Das gilt für alle in ihren Zuständigkeitsbereich fallende Anfragen. Darüber hinaus
steht die Gleichstellungsbeauftragte auch der
Dienststellenleitung und Soldatinnen und Soldaten mit Vorgesetztenfunktion als Ansprechpartnerin für Fragen der Gleichstellung, der
Verbesserung der Vereinbarkeit von Familie
und Dienst und des besseren Schutzes vor
Eine umfassende Einbindung der Militärischen
Gleichstellungsbeauftragten ist darüber hinaus
in Verfahren, in denen der Vorwurf der sexuel-
69
Stellungnahme BMVg
zum Jahresbericht 2013 des Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages
sexueller Belästigung zur Verfügung. Die Anregungen des Wehrbeauftragten zur Beteiligung der Gleichstellungsbeauftragten in Beurteilungsverfahren, Disziplinar- und Beschwerdeverfahren sowie als Begleitung von Zeugen
werden bei der derzeitigen Überarbeitung der
Ausführungsbestimmungen zum Soldatinnenund Soldatengleichstellungsgesetz im Rahmen
der gesetzlichen Möglichkeiten umgesetzt. Das
Personalwirtschaftssystem der Bundeswehr
sieht bislang keine eindeutige Schlüsselung für
freigestellte Gleichstellungsbeauftragte vor.
Eine maschinelle Auswertung einer Erfolgsquote der Anträge von Gleichstellungsbeauftragten auf Übernahme in das Dienstverhältnis
einer Berufssoldatin oder den Wechsel in die
Laufbahn der Offiziere des militärfachlichen
Dienstes war daher bislang nicht möglich. Eine
manuelle Überprüfung entsprechender Anträge
der derzeit im Amt befindlichen Gleichstellungsbeauftragten hat keine Hinweise auf eine
Benachteiligung ergeben. Für künftige Auswahlverfahren für die Übernahme als Berufssoldatin oder in den militärfachlichen Dienst
werden Anträge von Gleichstellungsbeauftragten gesondert erfasst. Dies lässt die erbetene statistische Auswertung entsprechender
Anträge vor dem Hintergrund einer eventuellen
Benachteiligung von Gleichstellungsbeauftragten künftig zu.
Unverantwortlich ist es, wenn ein Vorgesetzter
die Meldung einer Soldatin über heimliche
Filmaufnahmen durch einen Kameraden im
Umkleideraum zunächst mit Lachen quittiert
und während der laufenden strafrechtlichen
und disziplinarrechtlichen Ermittlungen gegen
den Kameraden nicht dafür Sorge trägt, dass
es zu einer dienstlichen Trennung zwischen
der Soldatin und dem beschuldigten Soldaten
kommt, so geschehen in einem Fachsanitätszentrum. Eine disziplinare Würdigung dieses
Verhaltens ließ sich aufgrund des Eintritts des
Vorgesetzten in den Ruhestand nicht mehr
nachholen. Gegen den Kameraden, der die
Soldatin heimlich gefilmt hatte, wurde ein Beförderungsverbot in Verbindung mit einer Kürzung der Dienstbezüge verhängt.
Ein Ausbilder, dem eine Soldatin die private
Telefonnummer lediglich für den Notfall hinterlassen hatte, sendete ihr Textnachrichten und
Bilder, die auf ein näheres Kennenlernen zielten. Es ist verständlich, dass die Soldatin die
Annäherungsversuche des Vorgesetzten als
befremdlich, belästigend und schließlich als
bedrohlich empfand. Sie vermochte nicht einzuschätzen, ob und wie sich die Ablehnung
eines solchen Kontaktversuchs auf den Dienst
auswirken würde. Im Hinblick auf das Verhalten des Vorgesetzten stellte schon die Zweckentfremdung der Rufnummer für eine private
Kontaktaufnahme ein Dienstvergehen dar. Die
Verfehlung des Vorgesetzten wurde mit einem
strengen Verweis geahndet.
9
Mobbing, Sexuelle Belästigung
Klagen über „Mobbing“ gibt es immer wieder,
so auch im Berichtsjahr. Jenseits der Tatsache,
dass sich trotz sorgfältiger Ermittlungen dieser
Vorwurf regelmäßig nicht belegen ließ, wurden
in den überprüften Fällen doch häufig Mängel
in den Umgangsformen, zwischenmenschliche
Konflikte und atmosphärische Störungen sichtbar, die den Dienstbetrieb gestört und die Betroffenen nachhaltig belastet hatten. Dies führte auch zu Konsequenzen für die Vorgesetzten.
In Gesprächen mit Betroffenen wurde deutlich,
dass oftmals Hemmungen bestehen, Mobbingverhalten und Fälle von sexueller Belästigung sowie sexuelle Übergriffe zu melden. Als
Gründe wurden negative Auswirkungen auf die
eigene Beurteilung, Laufbahnnachteile, aber
auch die Furcht vor unzureichender Sachverhaltsaufklärung genannt, weil häufig persönliche Freundschaften zwischen dem Täter und
den mit der Aufklärung des Sachverhalts
betrauten Personen bestehen. Diese Vorbehalte sind verständlich aber auch bedauerlich,
weil sie Täter schützen. In solchen Fällen ist es
– wie teilweise auch geschehen – durchaus
hilfreich, wenn Dritte, die von derartigen Vorfällen erfahren, eine Meldung oder Eingabe
machen.
Sexuelle Belästigungen bleiben ein Thema für
die Truppe und damit auch für den Wehrbeauftragten. Erschreckende Meldungen kamen
Ende des Jahres aus den USA. Dort stieg die
Zahl gemeldeter sexueller Belästigungen und
Übergriffe in der Truppe innerhalb eines Jahres von knapp 3.400 auf 5.000. Solche Zahlen
gibt es in der Bundeswehr zum Glück nicht.
Die Zahl der Eingaben, in denen Soldatinnen
und Soldaten sexuelle Belästigungen schildern,
ist nach wie vor gering. Dennoch gibt es solche
Vorgänge, und es ist nicht auszuschließen,
dass darüber hinaus eine hohe Dunkelziffer
besteht.
Kommt es zu einer Meldung oder Eingabe, so
ist jede Benachteiligung oder dienstliche Maßregelung des Verfassers oder der Verfasserin
verboten. Gleichwohl ist ein Fall bekannt geworden, in dem Vorgesetzte und Kameraden
die betroffene Soldatin ihre Ablehnung spüren
70
Stellungnahme BMVg
zum Jahresbericht 2013 des Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages
die Soldatin bzw. gegen den Soldaten eine
Disziplinarmaßnahme oder eine gerichtliche
Strafe verhängt worden ist oder entsprechende
Ermittlungen oder Vorermittlungen anhängig
waren oder sind, in einer Beurteilung nicht erwähnt werden. Erkenntnisse zur Persönlichkeit
aus den vorgenannten Verfahren sind in der
Beurteilung zu berücksichtigen, soweit dies die
vollständige Darstellung der Persönlichkeit erfordert. Dabei ist es vom Einzelfall abhängig,
ob und in welchem Umfang sich dies auf die
Bewertung der dienstlichen Eignung, Befähigung und Leistung und des Potenzials auswirkt.
ließen und es zu anonymen Angriffen auf die
Soldatin kam. Auch ein solches Verhalten ist
nicht nur unkameradschaftlich, sondern
pflichtwidrig.
Ließen sich in den hier vorliegenden Fällen
sexuelle Belästigungen oder Übergriffe nachweisen, konnte festgestellt werden, dass sie
angemessen disziplinar geahndet wurden.
Ungeachtet dessen muss eine solche Tat, je
nach Ausprägung, aus hiesiger Sicht darüber
hinaus auch Eingang in die aktuelle Beurteilung eines Soldaten, insbesondere die Bewertung der Förderperspektive finden. Auf diese
Weise kann ein späterer Vorgesetzter ins Bild
gesetzt und ähnlichen Pflichtverletzungen
entgegengewirkt werden.
10
Straftaten gegen die sexuelle
Selbstbestimmung,
Kinderpornographie
Neben der Bearbeitung von Eingaben wegen
sexueller Übergriffe beobachtet der Wehrbeauftragte alle Meldungen über Besondere
Vorkommnisse wegen des Verdachts auf
Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung. Bis zum 19. Dezember 2013 wurden 64
derartige Fälle gemeldet. Dabei waren Soldatinnen Opfer von Übergriffen männlicher Kameraden beziehungsweise Unbekannter. Außerhalb des Dienstes kam es zu sexuellen
Übergriffen von Soldaten gegen weibliche Zivilpersonen sowie zu exhibitionistischen
Handlungen. Die Ermittlungen sind in vielen
dieser Fälle noch nicht abgeschlossen.
Das gilt auch für Fälle, in denen sich konkretes
Mobbingverhalten gegenüber Untergebenen
zwar nicht nachweisen lässt, die Ermittlungen
aber ergeben, dass der Beschuldigte grundsätzliche Defizite im Umgang und in seiner
Persönlichkeitsstruktur aufweist.
Schließlich sollte auch in Fällen, in denen die
dienstliche Trennung der Beteiligten nach dem
Ergebnis der Ermittlungen notwendig ist, vorrangig der Täter versetzt werden, es sei denn,
das Opfer wünscht von sich aus eine Versetzung. Ansonsten wird die Furcht von anderen
Betroffenen, sich mit einer Meldung zu offenbaren, gestärkt.
Stellungnahme BMVg
Im Januar 2014 hat das Zentrum für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr die Studie "Truppenbild ohne Dame?"
vorgelegt. Erkenntnisse aus der Studie zu
Vorfällen mit sexueller Belästigung deuten auf
eine Größenordnung hin, die innerhalb der
Spannbreite anderer europäischer Streitkräfte
oder deutscher Großunternehmen liegt. Allerdings ist dieser Befund in keinem Fall hinnehmbar und verlangt nach zielgerichteten und
nachhaltigen Konsequenzen. Im Rahmen eines Symposiums, das im III. Quartal 2014
stattfinden wird, werden die Ergebnisse der
Studie "Truppenbild ohne Dame?" unter Beteiligung interner und externer Expertinnen und
Experten ausgewertet und in einen breiten
Kontext eingeordnet. Auf die Erkenntnisse des
Symposiums aufbauend sollen zu einem späteren Zeitpunkt Arbeitsgruppen zur Ableitung
konkreter Handlungsempfehlungen zur besseren Integration von Soldatinnen in die Bundeswehr und zur Prävention von sexueller Belästigung eingerichtet werden. Nach den Bestimmungen zur Beurteilung der Soldatinnen
und Soldaten darf die Tatsache, dass gegen
Verdachtsfälle auf Straftaten nach Paragraph
184 b Strafgesetzbuch wegen Verbreitung,
Erwerb oder Besitz kinderpornographischer
Schriften wurden im Berichtsjahr insgesamt elf
gemeldet. In einem Fall wurden die Ermittlungen eingestellt, in den anderen Fällen dauern
die Ermittlungen noch an. In den im Berichtsjahr 2012 gemeldeten vier Besonderen Vorkommnissen zu diesem Thema wurden die
Soldaten, sofern die Tat nachgewiesen werden
konnte, neben den strafrechtlichen Sanktionen
als Folge der disziplinaren Ermittlungen aus
der Bundeswehr entlassen.
Stellungnahme BMVg
Verdachtsfälle auf Verstöße gegen die sexuelle Selbstbestimmung sind als Straftatbestände
meldepflichtige Ereignisse. Zu den im Berichtsjahr gemeldeten 64 Verdachtsfällen wurden durch die zuständigen Vorgesetzten Ermittlungen aufgenommen. In wie vielen Fällen
es davon zu disziplinaren oder strafrechtlichen
Maßnahmen gekommen ist, kann nicht abschließend beantwortet werden, da hierüber
71
Stellungnahme BMVg
zum Jahresbericht 2013 des Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages
keine Daten nachgehalten werden und Strafverfahren mitunter über mehrere Jahre andauern können. Die Ergebnisse dieser Strafverfahren erreichen nicht immer die Bundeswehr
bzw. die ursprünglich beteiligten Dienststellen
oder können nicht zu dem Ursprungsjahr zurück verfolgt werden, in dem der Vorfall gemeldet wurde. Auch können Dienststellen aufgelöst, verlegt oder umgegliedert sein, sodass
eine Zuordnung des ursprünglichen Falles und
der tatsächliche Nachweis einer Straftat oder
deren Entkräftung nicht bekannt und erfasst
werden können. Disziplinare Maßnahmen
werden in der Regel erst nach Abschluss von
strafrechtlichen Verfahren vorgenommen, in
denen es zu keiner Verurteilung gekommen ist.
Sollte der betroffene Soldat oder die betroffene
Soldatin zwischenzeitig entlassen sein, ist eine
disziplinare Ahndung nicht mehr möglich.
11
Äußeres
Erscheinungsbild/Haar-und
Barterlass
Seit nunmehr 13 Jahren wird in den Jahresberichten aufgrund entsprechender Eingaben auf
die unterschiedliche Auslegung der bestehenden Vorschriften zum äußeren Erscheinungsbild von Soldaten und die Notwendigkeit der
Überarbeitung der Vorschriften hingewiesen.
Die zuletzt für das Jahr 2013 angekündigte
Überarbeitung als Neufassung innerhalb der
ZDv 37/10 unter dem eigenständigen Kapitel
„Äußeres Erscheinungsbild“ lässt bisher weiter
auf sich warten. Damit wird den Vorgesetzten
die benötigte Handlungssicherheit vorenthalten
und der militärische Alltag unnötig erschwert.
Eine tatsächlich auf alle Lebensumstände eingehende Regelung wird es in diesem Bereich
schwerlich geben. Dennoch muss es möglich
sein, die Vorschriftenlage so zu gestalten, dass
anhand von konkreten Vorgaben und Beispielen ein Maßstab gesetzt wird, der als Richtschnur dienen kann und der nicht mehr, wie
bisher, weitreichende Interpretationsmöglichkeiten zulässt. Bestimmte geschlechtsspezifische Besonderheiten sind Ausdruck der Unterschiedlichkeit der Geschlechter und können
sich nicht vereinheitlichen lassen, was insoweit
auch Berücksichtigung finden sollte. Nach einem angemessenen Zeitraum wäre zu evaluieren, ob und wo sich noch Lücken finden und
inwieweit Nachbesserungsbedarf besteht.
Nach der ZDv 10/13 sind Vorfälle mit Verdacht
auf Straftaten gegen das Recht auf sexuelle
Selbstbestimmung meldepflichtig. Sie werden
zentral erfasst und ausgewertet. Eine Meldung
darf nicht – wie in einem Fall geschehen –
deshalb unterbleiben, weil Strafverfolgungsbehörden darum bitten, militärische Ermittlungen zunächst zurückzustellen. Dies kann trotz
Meldung erfolgen. Unterlassene Meldungen
tragen dazu bei, das Gesamtbild der Besonderen Vorkommnisse zu verfälschen und führen in der Bewertung zu nicht sachgerechten
Ergebnissen. Gerade in diesem sensiblen Bereich sind vollständige Erkenntnisse unerlässlich, um Rückschlüsse ziehen und entsprechend reagieren zu können.
Immer wieder beschweren sich Soldaten, dass
sie wegen eines Verstoßes gegen die Vorschriften zum äußeren Erscheinungsbild gemaßregelt werden. Ein Einschreiten gegen
solche Verstöße ist zulässig und notwendig.
Umso weniger verständlich ist es, wenn Vorgesetzte sich über ein einheitliches Erscheinungsbild hinwegsetzen. Insbesondere für
niedrigere Dienstgrade bleibt es unverständlich,
wenn Vorgaben nur bei ihnen und nicht auch
bei Vorgesetzten durchgesetzt werden. Ein
solches Verhalten zerstört das Vertrauen in die
Einheitlichkeit der Befehlsgebung.
Stellungnahme BMVg
Eine Meldung durch die Dienststelle hätte erfolgen müssen. Weitere Fälle sind nicht bekannt.
Die Initiative des Bundesministeriums der Verteidigung, aufgrund der zur Zeit eine bundeswehrweite Befragung zum Thema „Sexuelle
Selbstbestimmung/Sexuelle
Belästigung“ durchgeführt und ausgewertet wird, ist
zu begrüßen. Es sollte dafür Sorge getragen
werden, dass die Ergebnisse schnellstmöglich
vorliegen, um auf deren Basis Maßnahmen ergreifen zu können.
Zum äußeren Erscheinungsbild gehören unter
anderem die Uniformen. Die Anzugordnung für
die Soldaten der Bundeswehr (ZDv 37/10) und
die sowohl für die kostenfrei ausgegebenen
Uniformen als auch für Selbsteinkleider maßgeblichen Technischen Lieferbedingungen des
früheren Bundesamtes für Wehrtechnik und
Beschaffung bieten derzeit einen Interpretationsspielraum hinsichtlich der Farbe „hellgrau“ für den Dienstanzug der Soldatinnen und
Stellungnahme BMVg
Siehe Stellungnahme zum Abschnitt 9.
72
Stellungnahme BMVg
zum Jahresbericht 2013 des Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages
den Anzugarten fest: "Der Dienstanzug ist
beim Heer grau". Davon abgeleitet regelt die
Zentrale Dienstvorschrift (ZDv) 37/10 "Anzugordnung für die Soldaten der Bundeswehr" die
Grundform des Dienstanzuges für Heeresuniformträger
sowie
erlaubte
Ergänzungen/Abwandlungen. Darin ist ausschließlich
vom "Dienstanzug, grau" bzw. der "Dienstjacke,
grau" die Rede. Eine genauere Spezifizierung
der Farbe "grau" erfolgt nicht. Aktuell wird im
Heer an einer entsprechenden Befehlsgebung
mit dem Ziel gearbeitet, über alle Statusgruppen hinweg ein einheitliches „heeresgrau“ zumindest in geschlossenen Formationen zu erreichen.
Soldaten des Heeres. Die trotz einer entgegenstehenden Weisung des Inspekteurs des
Heeres aus dem Jahre 1980 noch immer fehlende Einheitlichkeit der Farbvorgabe führt in
der Praxis zu einem uneinheitlichen Bild.
In der Weisung vom 30. April 1980 (Fü H I 3
-Az 49-01-00) heißt es, dass bei Anlässen, zu
denen Truppenteile in geschlossener Formation im Dienstanzug antreten, das unterschiedliche Erscheinungsbild negativ auffällt. Der
Weisung zufolge musste spätestens bis zum 1.
April 1982 sichergestellt werden, dass bei geschlossenem Antreten ein einheitliches äußeres Erscheinungsbild gewährleistet ist. Selbstund Teileinkleider sollten bis dahin über einen
Dienstanzug verfügen, der dem Heeresgrau
der ab 1968 dienstlich gelieferten Dienstanzugsjacken entsprach.
12
Freiwilliger Wehrdienst
Der Freiwillige Wehrdienst war in der Vergangenheit von einer auffällig hohen Abbrecherquote betroffen. Für die Dienstantritte im Jahr
2012 lag sie bei rund 28,8 Prozent. 24,7 Prozent beendeten den Freiwilligen Wehrdienst
auf eigenen Wunsch, 4,1 Prozent wurden von
der Bundeswehr entlassen. Im Januar des Berichtsjahres lag die Abbrecherquote sogar
noch darüber, bis Mai 2013 war sie allerdings
deutlich rückläufig. Die Auswertung der Gesamtzahlen für das Jahr 2013 liegt frühestens
Ende Februar 2014 vor.
Offensichtlich ist diese Weisung in Vergessenheit geraten. Derzeit ist das einheitliche
Erscheinungsbild nicht gegeben. Das sollte
korrigiert werden. Am einfachsten wäre es, eine einheitliche Uniform vorzuschreiben. Damit
wären die Probleme ausgeräumt.
Stellungnahme BMVg
Die neuen Regelungen zum äußeren Erscheinungsbild wurden am 10. Januar 2014 als
Zentrale Dienstvorschrift A-2630/1 „Das äußere Erscheinungsbild der Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr“ durch den Generalinspekteur der Bundeswehr gebilligt und sind am
1. Februar 2014 in Kraft getreten. Der Erlass
„Die Haar- und Barttracht der Soldaten“ wurde
zum selben Zeitpunkt außer Kraft gesetzt. Die
Erarbeitung erfolgte zunächst in einer mit Disziplinarvorgesetzten und Kompaniefeldwebeln
besetzten Arbeitsgruppe, in die auch Ergebnisse von Truppenbesuchen und -befragungen
durch das Streitkräfteamt eingeflossen sind.
Die militärischen Gleichstellungsbeauftragten
der Bundeswehr, der Gesamtvertrauenspersonenausschuss beim Bundesministerium der
Verteidigung und die Beratergruppe „Spieße“ beim Generalinspekteur der Bundeswehr
haben sich ebenfalls aktiv in die Erarbeitung
eingebracht. Daneben wurden Vergleiche zu
entsprechenden Regelungen anderer Streitkräfte und ziviler Arbeitgeber gezogen.
Das Ergebnis ist ein Regelwerk, das weitgehend Rechts- und Handlungssicherheit für
Vorgesetzte und Soldaten schafft, gleichzeitig
aber für den Einzelfall Ermessensspielräume
eröffnet.
Die Anordnung des Bundespräsidenten über
die Dienstgradbezeichnungen und die Uniform
der Soldaten vom 14. Juli 1978 (zuletzt geändert durch Anordnung vom 31.05.1996) legt zu
Nach einem Bericht des Bundesministeriums
der Verteidigung an den Verteidigungsausschuss des Deutschen Bundestages sind
bessere zivilberufliche Alternativen beziehungsweise fehlende Zukunftsperspektiven bei
der Bundeswehr die meist genannten Gründe
für das Ausscheiden. Daneben wird häufig
auch auf eine unzureichende Verwendungsplanung verwiesen.
Stellungnahme BMVg
Die für das Jahr 2012 angegebenen Umfänge
für Abbrecherquoten, Beendigung auf eigenen
Wunsch bzw. durch die Bundeswehr veranlasste Entlassungen werden grundsätzlich
bestätigt. Die Abbrecherquoten für das Jahr
2013 (Stand: 15. April 2014) ergeben für die
Diensteintrittstermine 2013 nach abgeschlossener Probezeit eine Gesamtabbrecherquote
von ca. 25%; wobei 20% der Feiwilligen Wehrdienstleistenden auf eigenen Wunsch und
5,0% durch die Bundeswehr entlassen wurden.
Durch Auswertung einer Befragung vorzeitig
ausscheidender Freiwilligen Wehrdienstleistender wurde festgestellt, dass sich die Abbrecherquote über die im Bericht genannten
Gründe hinaus vor allem durch eine bessere
Information der Karriereberatung Bundeswehr
73
Stellungnahme BMVg
zum Jahresbericht 2013 des Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages
Grundlage werden verschiedene Optionen betrachtet und Einstellungsmöglichkeiten aufgezeigt, aus denen die Bewerberin oder der Bewerber ihre persönliche Entscheidung trifft.
Dieser Grundsatz ist integraler Bestandteil der
Ausbildung der Karriereberaterinnen und Karriereberater an der Akademie für Information
und Kommunikation der Bundeswehr wie auch
der obligatorischen Einweisung neu zuversetzter Karriereberaterinnen und Karriereberater im Bundesamt für das Personalmanagement der Bundeswehr. Sofern im Rahmen eines Beratungsgespräches für die Bewerberin
bzw. den Bewerber von Interesse, sind Angaben zu der Verortung bestimmter Verwendungen Bestandteil der Karriereberatung. Zusagen
zu Verwendungsorten oder bestimmten Eignungen sind der Karriereberatung hingegen
nicht möglich. Diese können allein im Zuge der
Einplanung der Bewerberin bzw. des Bewerbers auf Grundlage der Ergebnisse eines erfolgreich abgeschlossenen Auswahlverfahrens
in den Karrierecentern der Bundeswehr erfolgen.
Ferner hat die Dienstgestaltung großen Einfluss sowohl auf die Entscheidung aktiver
Freiwilligen Wehrdienstleistender (FWDL) zum
Statuswechsel zum Soldaten auf Zeit als auch
auf die Multiplikatorenwirkung entlassener
FWDL. Alle Vorgesetzten sind deshalb angehalten, den Dienst abwechslungs-, erkenntnisreich und interessant im Rahmen zeitgemäßer Menschenführung zu gestalten und auf
erkannte Unzufriedenheiten einzugehen. Attraktivere Ausbildungs- und Tätigkeitsprofile für
die FWDL sowie mehr Mitbestimmungsmöglichkeiten in der Verwendung können erste
Schritte sein, um das Potenzial der zumeist gut
qualifizierten FWDL nicht zu vergeuden. Maßnahmen zur Vermeidung von Fehlinformationen und Fehlplatzierungen der FWDL sind
durch die Streitkräfte unmittelbar mit der Karriereberatung eingeleitet.
weiter verringern und so die Chancen zur
Personalbindung vergrößern ließen. Der Abschlussbericht einer vertiefenden sozialwissenschaftlichen Begleituntersuchung zur Evaluation des Freiwilligen Wehrdienstes wurde
zur Vorlage im Bundesministerium der Verteidigung mit Termin in der ersten Jahreshälfte
2014 beauftragt und wird in der Folge ministeriell ausgewertet.
Die in den genannten Gründen enthaltene Kritik deckt sich mit den Inhalten von Eingaben
Freiwillig Wehrdienst Leistender, die bei der
Bundeswehr bleiben. Einer der Hauptkritikpunkte ist die Klage, von den Kreiswehrersatzämtern und heutigen Karrierecentern der Bundeswehr nur unzureichend beraten worden zu sein. Den Beratern in den Karrierecentern gehe es mehr darum, bestehende
Vakanzen bei Dienstposten – unabhängig von
vorhandenen Qualifikationen und Wünschen
der Bewerber – zu besetzen. So berichtete eine Freiwillig Wehrdienst Leistende, die über
eine abgeschlossene Ausbildung als Mediengestalterin verfügte, ihr sei im Kreiswehrersatzamt zunächst ein Einsatz als Kraftfahrerin empfohlen worden. Erst auf ihre Initiative
hin sei sie in einem Fachmedienzentrum eingesetzt worden. Ähnliches berichtete eine
ausgebildete Musikerin mit dem Wunsch, Militärmusikerin zu werden. Ihr wurde vom Wehrdienstberater mit dem Hinweis, von „diesen
Exoten“ keine Ahnung zu haben, stattdessen
ein Einsatz bei den Fallschirmjägern oder beim
Kommando Spezialkräfte (KSK) empfohlen.
Andere Freiwillig Wehrdienst Leistende berichteten, ihnen seien falsche Hoffnungen auf
eine Verwendung an bestimmten Orten und in
bestimmten Einheiten gemacht und im Falle
einer Weiterverpflichtung Möglichkeiten, in
andere Laufbahnen zu wechseln, verschwiegen worden. Schließlich wurde moniert, dass
Karrierecenter Bewerbern keine Zusage für
einen bestimmten Dienstposten oder Standort
machen könnten, wohingegen Bewerber, die
sich direkt in einer Kaserne für einen bestimmten Dienstposten bewerben, dort eine
konkrete Zusage erhalten könnten. Die Beratung in den Karrierecentern sollte im Hinblick
auf diese Kritik überprüft werden.
Unabhängig von Hinweisen auf eine als unzureichend empfundene Beratung durch die Karrierecenter machten Rekruten nicht selten
schon unmittelbar nach Beginn der Allgemeinen Grundausbildung geltend, sich durch die
neuen Umstände, die körperlichen und geistigen Anforderungen des Dienstes sowie das
ungewohnte Zusammenleben in der Kaserne
überfordert zu fühlen. Sie bemängelten den
strengen Befehlston von Vorgesetzten, die
Umgangsformen und die hohen sportlichen
Leistungsanforderungen.
Stellungnahme BMVg
In der Karriereberatung steht der konkrete Berufswunsch der Bewerberin bzw. des Bewerbers in Verbindung mit den vorliegenden Qualifikationsnachweisen in Bezug auf den zu deckenden Bedarf im Vordergrund. Auf dieser
In der überwiegenden Zahl der Fälle war diese
Kritik nicht berechtigt. In den wenigen Fällen,
in denen eine überzogene Ausbildung festzu-
74
Stellungnahme BMVg
zum Jahresbericht 2013 des Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages
nahme in das Dienstverhältnis einer Soldatin
oder eines Soldaten auf Zeit. Dabei wurden
insbesondere die lange Bearbeitungsdauer der
entsprechenden Anträge und die mangelnden
Übernahmechancen der Bewerber aus dem
Freiwilligen Wehrdienst kritisiert. Nach wie vor
sollte aus hiesiger Sicht kein geeigneter Freiwillig Wehrdienst Leistender, der eine Erstverpflichtung als Soldat auf Zeit beantragt, abgelehnt und auf die Möglichkeit der Wiedereinstellung verwiesen werden.
stellen war, wurde darauf angemessen reagiert.
Ungeachtet dessen bleibt festzuhalten, dass
die Grundausbildung erhebliche körperliche
und mentale Belastungen mit sich bringt, die
für eine erfolgreiche soldatische Ausbildung
unerlässlich sind.
Stellungnahme BMVg
Körperliche Leistungsfähigkeit ist eine Voraussetzung für die Auftragserfüllung, insbesondere im Einsatz. Die Grundausbildung stellt
erste Anforderungen an die körperliche und
mentale Belastbarkeit junger Soldatinnen und
Soldaten, die es im weiteren Ausbildungsverlauf zu steigern bzw. zu erhalten gilt. Physische und psychische Fitness sind Grundvoraussetzungen des Soldatenberufs. Im Rahmen
der Grundausbildung wird zunächst eine Basisfitness als Mindestanforderung hergestellt.
Diese wird systematisch bis zu einer Einsatzfitness weiterentwickelt. Die Anforderungen der
Basisfitness sind in Disziplinen aufgeteilt und
mit einem Punktesystem hinterlegt. Diese
Systematik ermöglicht zum Einen die Vergabe
eines Qualifikationsmerkmals von „ausreichend“ bis „sehr gut“. Zum Anderen schließt
sie eine Einschränkung nur auf hohe Leistungsanforderungen aus.
Eine angemessene körperliche Fitness ist eine
der „Lebensversicherungen im Einsatz“. Dieses muss den angehenden Soldatinnen und
Soldaten möglichst vor Dienstantritt, besonders aber in den ersten Ausbildungsabschnitten bewusst gemacht werden. Abstriche am
erforderlichen Ziel (Einsatzfitness) sind unverantwortbar.
Stellungnahme BMVg
Das Gewinnen von Freiwilligen Wehrdienstleistenden (FWDL) für ein Dienstverhältnis als
Soldat auf Zeit (SaZ) bildet neben der Einstellung Ungedienter einen wichtigen und unverzichtbaren Teil der bedarfsgerechten Personalregeneration der Streitkräfte. Der quantitative und qualitative Bedarf kann in den verschiedenen
Organisationsbereichen
und
Laufbahnen unterschiedlich oder gar nicht
vorhanden sein. Insgesamt ist es gelungen, in
2013 etwa 2.700 FWDL den Statuswechsel zu
ermöglichen. Dies ist weit mehr als personalstrukturell vorgesehen. Die Durchlässigkeit und
Aufstiegsmöglichkeiten für den FWDL sind
attraktiv und werden genutzt.
Vor allem in struktursicheren, einsatzrelevanten und priorisierten Spezialverwendungen
werden Erstverpflichtungen von FWDL umgesetzt. Neben Bedarfsgründen bilden im Einzelfall die fehlende Eignung, Leistung, Befähigung, festgestellte Dienstuntauglichkeit, fehlende Versetzungsbereitschaft oder charakterliche Eignungsmängel der Betroffenen weitere
Hinderungsgründe für den Statuswechsel. Die
lange Bearbeitungsdauer resultiert fallweise
auch aus der Einzelfallprüfung vorgelegter Anträge. Ziel und Pflicht der Vorgesetzten ist es,
alle Möglichkeiten einer bedarfsgerechten Erstoder Weiterverpflichtung zu nutzen. Dies gilt
auch für die Sicherstellung der zeitlichen Voraussetzungen für die Bearbeitung des Antrages auf Statuswechsel. Es wird jedoch darauf
hingewiesen, dass eine Vielzahl von Antragstellern einen Statuswechsel erst in den
letzten Dienstmonaten anstrebt und damit häufig zu spät handelt, da die externe Personalgewinnung schon eine anderweitige Einplanung für die angestrebte Stelle erreichen
konnte.
Einige Freiwillig Wehrdienst Leistende haben
die Bitte geäußert, ihnen noch nach Ablauf der
sechsmonatigen Probezeit zu einem vorzeitigen Ausscheiden aus der Bundeswehr zu
verhelfen, weil sie – im Sinne einer einmaligen
Chance – das Angebot auf einen attraktiven
Ausbildungs- oder Studienplatz erhalten hätten.
Solche
Wünsche
sind
nachvollziehbar,
gleichwohl müssen Freiwillig Wehrdienst Leistende sich darüber im Klaren sein, dass nicht
nur die Bundeswehr, sondern auch sie selbst
sich vertraglich verpflichtet haben und diese
Verpflichtung für beide Seiten bindend ist. Der
Wehrbeauftragte wird in diesen Fällen nicht
helfen. Nur beim Vorliegen von Gründen, die
eine besondere Härte darstellen, ist ein vorzeitiges Ausscheiden möglich. Darüber sollten die
jungen Rekruten rechtzeitig aufgeklärt werden.
Auf einen besonderen Aspekt machte Ende
des Jahres ein junger Freiwillig Wehrdienst
Leistender aufmerksam. Er rechnete vor, dass
bei einer Regeldienstzeit von 45 Stunden pro
Woche und einem Gehalt von 1.000 Euro pro
Monat der Stundenlohn eines Freiwillig Wehr-
Auch im Jahr 2013 gab es erneut Beschwerden über die Ablehnung von Anträgen von
Freiwillig Wehrdienst Leistenden auf Über-
75
Stellungnahme BMVg
zum Jahresbericht 2013 des Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages
Reservisten erfolgen nach den Vorgaben der
Soldatenlaufbahnverordnung und der Zentralen Dienstvorschrift (ZDv) 20/7 „Bestimmungen
für die Beförderung und für die Einstellung,
Übernahme und Zulassung von Soldatinnen
und Soldaten“. Die Anerkennung der Leistungen erfolgt in den zu erstellenden Beurteilungen und führt, nach Erfüllen aller anderen
Voraussetzungen und bei entsprechendem
Bedarf, zur Beförderung. Hierbei ist die Verleihung von Dienstgraden der Reserve nur zulässig, wenn durch den Dienst im Rahmen von
Reservistendienstleistungen der Nachweis von
Eignung, Befähigung und Leistungsvermögen
für den höheren Dienstgrad erbracht worden
ist und für die beorderte Reservistin oder den
beorderten Reservisten eine dem höheren
Dienstgrad entsprechende Funktion vorgesehen ist.
dienst Leistenden mit 6 Euro pro Stunde deutlich unter dem im Koalitionsvertrag vorgegebenen Mindestlohn von 8,50 Euro pro Stunde
liege. Das Schreiben wurde dem Bundesministerium der Verteidigung zur Stellungnahme
übersandt.
Stellungnahme BMVg
Der gesetzliche Mindestlohn (steuer- und sozialversicherungspflichtiges Einkommen) hat das
Ziel, die Beschäftigten in die Lage zu versetzen, den Lebensunterhalt für sich und die Familienangehörigen ohne Anspruch auf weitere
staatliche Unterstützung sicherzustellen. Soldatinnen oder Soldaten, die nach § 58b des
Soldatengesetzes einen "Freiwilligen Wehrdienst als besonderes staatsbürgerliches Engagement" leisten (FWDL), haben Anspruch
auf Bezüge nach dem Wehrsoldgesetz einschließlich damit verbundener unentgeltlicher
Leistungen für Verpflegung, Bekleidung, Unterkunft und truppenärztliche Versorgung.
Darüber hinaus kann der FWDL Leistungen
nach dem Unterhaltssicherungsgesetz zur Sicherung der Lebensverhältnisse in bestimmten
Lebensbereichen sowie zur Sicherung des
Unterhalts von Familienangehörigen beanspruchen. Im Ergebnis wird der Lebensunterhalt des FWDL auf höherem Niveau als auf der
Basis eines Mindestlohnes sichergestellt. Das
Bundesministerium der Verteidigung sieht daher keine Notwendigkeit, die nach Tages- und
Monatssätzen gegliederten Leistungen des
Wehrsoldgesetzes unter dem Gesichtspunkt
"Mindestlohn" anzupassen.
Eine mögliche Anpassung des Wehrsoldtagessatzes, der seit 2008 nicht mehr angepasst
wurde, wird für die Aufnahme in das „Gesetz
zur Steigerung der Attraktivität des Dienstes in
der Bundeswehr“ betrachtet.
Anerkennung ist ein wichtiger Faktor, wenn es
um die Würdigung der Leistungen von Reservisten geht. Deshalb sind Beschwerden über
Einschränkungen beim Tragen von Ehrenzeichen wie zum Beispiel der Ehrennadel eines
Bundeslandes an der Uniform der Bundeswehr
ebenso verständlich wie die Enttäuschung
über das Versäumnis der Aushändigung der
Einsatzmedaille der Bundeswehr. Hinsichtlich
der erwähnten Ehrennadel wurde inzwischen
eine
Änderung
der
ZDv
37/10 ,,Anzugsordnung der Bundeswehr“ vorgenommen. Unangemessen ist es, wenn sich
Stabsoffiziere oder sonstige Vorgesetzte über
arbeitslose Reservedienstleistende geringschätzig äußern. Das gleiche gilt für abfällige
Bemerkungen über Soldaten, die sich nach
Erreichen der besonderen Altersgrenze weiterhin als Reservisten zur Verfügung stellen.
Manche Bereiche wären ohne diese Reservisten nicht in der Lage, ihrem Auftrag und ihren
Aufgaben nachzukommen. Ihnen gebührt daher Dank und nicht Kritik.
13
Reservisten
Aus den Eingaben der Reservisten – nur eine
Reservistin wandte sich im Berichtsjahr an den
Wehrbeauftragten – gingen erneut deren hohe
Motivation und ihr Engagement für die Bundeswehr hervor. Viele Reservisten äußerten
den Wunsch, für einen Reservistendienst im
In- oder Ausland eingeplant oder auf einen bestimmten Dienstposten beordert zu werden,
von dem sie meinten, er sei unbesetzt und
entspreche ihrer Qualifikation. Darüber hinaus
forderten sie eine größere Anerkennung ihrer
Leistung ein, beispielsweise durch Beförderungen.
Stellungnahme BMVg
Leistungen von Reservistinnen und Reservisten sind in gleicher Weise anzuerkennen wie
die der aktiven Soldatinnen und Soldaten. Jeder engagierte Reservist, unabhängig des aktuellen Arbeitsverhältnisses, leistet einen wichtigen Beitrag für die Aufgabenerfüllung entsprechend des artikulierten Bedarfs der Bundeswehr. Ehemalige Berufssoldaten sind aufgrund ihrer Berufserfahrung und ihrer hohen
Qualifikation von besonderer Bedeutung und
gehören neben den ehemaligen Soldatinnen
und Soldaten auf Zeit unverändert zum bevorzugten Personenkreis einer Besetzung von
Beorderungsdienstposten.
Stellungnahme BMVg
Beförderungen beorderter Reservistinnen und
76
Stellungnahme BMVg
zum Jahresbericht 2013 des Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages
wöhnlich kooperative Arbeitgeber zukünftig in
besonderer Weise würdigt.
In den zahlreichen Einzelfällen wurde immer
wieder deutlich, dass sich die Reservisten aktiv
in das Bundeswehrleben einbringen wollen.
Daher drehten sich die Eingaben um allgemeine Mängel bei der Organisation und Gestaltung von Wehrübungen oder um die Tauglichkeit der Reservisten, unter anderem den
„Body-Mass-Index“, zu hohen Blutdruck oder
sonstige gesundheitliche Einschränkungen und
abgesagte Weiterbildungsmaßnahmen wie
beispielsweise die Absage von Feldwebellehrgängen für Reservefeldwebelanwärter. So
kam es unter anderem zur vorzeitigen Beendigung eines Afghanistan-Einsatzes eines
Reservisten ohne Beachtung der einschlägigen Regelungen, die eine Anhörung des Betroffenen verlangt hätte.
Stellungnahme BMVg
Es wird künftig darauf ankommen, den Bedarf
der Bundeswehr deutlich gegenüber zivilen
Arbeitgebern zu kommunizieren und über Möglichkeiten und Chancen zu informieren. Im
Fokus steht ein zentraler Dialog mit der Arbeitgeberseite, auf dessen Basis die fortwährende Notwendigkeit des Reservistendienstes
herausgestellt und mögliche Synergieeffekte
vermittelt werden sollen. Maßnahmen zur Zusammenarbeit der Bundeswehr mit Arbeitgebern werden in der Umsetzung des Maßnahmenkataloges zur Konzeption der Reserve
durch das Bundesministerium der Verteidigung
kontinuierlich vorangetrieben und können die
Würdigung kooperativer Arbeitgeber zum Inhalt haben.
Stellungnahme BMVg
Ist bei Reservistendienst Leistenden (RDL) eine Grunduntersuchung erforderlich, so erfolgt
sie nach den Vorgaben der Zentralen Dienstvorschrift (ZDv) 46/1 „Allgemeine Durchführungsbestimmungen zu der ärztlichen Untersuchung bei Musterung und Dienstantritt von
Wehrpflichtigen, Annahme und Einstellung von
Bewerberinnen und Bewerbern für den freiwilligen Dienst in den Streitkräften sowie bei der
Entlassung von Soldatinnen und Soldaten“.
Die Feststellung der gesundheitlichen Eignung
dient dem Schutz der Bewerberinnen und Bewerber vor absehbaren gesundheitlichen
Überforderungen während einer späteren
Dienstleistung als Soldatin bzw. Soldat, als
auch dem Schutz des Dienstherrn vor der Heranziehung von gesundheitlich nicht geeigneten freiwilligen RDL-Bewerberinnen und
-Bewerbern. Dabei werden RDL genau gleich
mit den aktiven Soldaten hinsichtlich der Begutachtung und der Ausschlüsse behandelt.
Einzelfallentscheidungen sind dabei grundsätzlich möglich.
Die Ausbildung von Reservisten erfolgt bedarfsgerecht unter dem Gebot des wirtschaftlichen Handelns. Die Absage von Feldwebellehrgängen der Reserve war dort geboten, wo
die erforderliche Mindestteilnehmerzahl nicht
erreicht werden konnte. Wo möglich werden
Lehrgangsteilnehmer in andere Lehrgänge
umgeplant. Die laufende streitkräftegemeinsame Harmonisierung dieser Lehrgänge ermöglicht zukünftig noch stärker eine organisationsbereichs-übergreifende Einplanung und
ggf. notwendige Umplanung von Reservisten.
Nach wie vor spielten auch die Themen
Wehrsold, Reisekosten, Leistungszuschläge
oder Unterhaltssicherung eine Rolle, wobei die
lange Bearbeitungsdauer von entsprechenden
Anträgen oder die Höhe der gezahlten Leistungen beanstandet wurde. Die bereits seit
langem geplante Reform des Unterhaltssicherungsgesetzes ist in der vergangenen 17.
Wahlperiode nicht mehr erfolgt. Es bleibt zu
hoffen, dass die Novellierung des Unterhaltssicherungsgesetzes in der neuen 18. Wahlperiode zügig in Angriff genommen und in Kraft
gesetzt wird, damit zum Beispiel den berechtigten finanziellen Ansprüchen der Reservisten
für die während der Wehrübungen erbrachten
Leistungen in möglichst kurzer Bearbeitungszeit besser Rechnung getragen werden kann.
Dabei sollten auch die Leistungen für Selbständige und deren Nachweispflichten auf den
Prüfstand gestellt werden.
Stellungnahme BMVg
Die für die 18. Wahlperiode geplante Novellierung des Unterhaltssicherungsgesetzes ist
eingeleitet.
Die körperliche Leistungsfähigkeit ist eine
Voraussetzung für den Erwerb und Erhalt der
individuellen Grundfertigkeiten und ist auch für
Reservisten und vor allem solche, die an besonderen Auslandsverwendungen teilnehmen
sollen, eine Verpflichtung. Wie eine Eingabe
offenbarte, lässt die derzeitige Vorschriftenlage
es nur eingeschränkt zu, dass Reservisten
außerhalb von Reservedienstleistungen den
Konditions- und Fitnessbereich in einer Kaserne unentgeltlich nutzen. Diese Vorschrif-
Zu loben sind an dieser Stelle Arbeitgeber, die
Arbeitnehmer für Reserveübungen freistellen.
Hier wäre darüber nachzudenken, ob die
Bundesministerin der Verteidigung außerge-
77
Stellungnahme BMVg
zum Jahresbericht 2013 des Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages
tenlage sollte mit Blick auf die aktuellen Vorgaben der Konzeption der Reserve geändert
werden.
Stellungnahme BMVg
Sowohl die Feststellung zur Zielsetzung der
Neuausrichtung im Sanitätsdienst der Bundeswehr als auch die Feststellung, dass die
Modernisierung der Infrastruktur und Verbesserung der medizinisch-technischen Ausstattung sowie die Besetzung der Dienstposten mit
qualifiziertem Personal im Berichtsjahr noch
nicht erreicht werden konnte, treffen zu. Die
Realisierung aller Maßnahmen zur Neuausrichtung erfolgt entsprechend den für die jeweiligen Organisationsbereiche festgelegten Realisierungsplänen zur Einnahme der Zielstruktur.
Stellungnahme BMVg
Das Bundesministerium der Verteidigung hat
die erforderlichen untergesetzlichen Änderungen erarbeitet und auf dem Erlasswege geregelt. Der Erlass bedarf noch der Billigung des
Gesamtvertrauenspersonenausschusses
im
Bundesministerium der Verteidigung und bleibt
zunächst vorläufig. Erst mit der vorgesehenen
Umsetzung der entsprechenden Änderungen
in den Vorschriften der Bundeswehr werden
die Festlegungen abschließend. Im Ergebnis
können beorderte Reservisten zum Erhalt ihrer
individuellen körperlichen Fitness und zur Vorund Nachbereitung ihrer Reservistendienstleistungen alle Sportstätten der Bundeswehr
unentgeltlich nutzen.
14.1
Sanitätsoffiziere
Bei den Sanitätsoffizieren hat sich die prekäre
Personalsituation auch 2013 nicht wesentlich
gebessert. Zwar konnten für knapp 300 neu
eingestellte Sanitätsoffizieranwärter Studienplätze zur Verfügung gestellt werden. Außerdem stiegen aufgrund der starken Studienjahrgänge im vierten Jahr in Folge die Bewerberzahlen für Sanitätsoffizieranwärter gegenüber 2012 um 12 Prozent. Darüber hinaus
konnten 70 approbierte „Seiteneinsteiger“ als
Sanitätsoffiziere sowie 30 ehemalige Musterungsärzte für den Sanitätsdienst gewonnen
werden. Dennoch waren im Hinblick auf das
neue
Personalstrukturmodell
etwa
400
Dienstposten mit Schwerpunkt in der einsatzrelevanten klinischen Intensiv- und Notfallversorgung, aber auch in den Fachbereichen
Hals-Nasen-Ohren sowie Radiologie nicht besetzt.
14
Sanitätsdienst
Im Zuge der Neuausrichtung wird auch der
Sanitätsdienst noch einmal erheblich verkleinert und neu strukturiert. Neben der Modernisierung der Infrastruktur und der Verbesserung
der medizinisch-technischen Ausstattung ist
das Ziel seiner Neuausrichtung eine dem militärisch-zivilen Versorgungsauftrag gerecht
werdende Dienstpostenausstattung sowie die
Besetzung der Dienstposten mit qualifiziertem
Fachpersonal. Beides konnte im Berichtsjahr
noch nicht erreicht werden.
Die im vergangenen Jahr eingeleitete weitgehende Auflösung und Umgestaltung der
Dienststellen, Verbände und Einheiten des
Zentralen Sanitätsdienstes erfolgte während
des weiterlaufenden Dienstbetriebes bei unveränderter Auftragslage und Einsatzbelastung
unter Inkaufnahme erheblicher Personalengpässe. Das hat bei Teilen des Sanitätspersonals zu einer tiefgreifenden Verunsicherung
und Sorge um die Zukunft des Sanitätsdienstesgeführt. Die Sorgen gründeten sich vor allem auf das erhebliche Fehl an Fachpersonal
sowohl bei Ärzten, als auch beim Pflegepersonal, sowie Probleme der Nachwuchsgewinnung.
Stellungnahme BMVg
Der positive Trend der Personalentwicklung im
Bereich der Sanitätsoffiziere basiert auf Maßnahmen, die durch die Arbeitsgruppe „Attraktivität und Funktionalität des Sanitätsdienstes
der Bundeswehr“ empfohlen und umgesetzt
wurden. Die Erhöhung der Zahl an geworbenen Seiteneinsteigern ist wesentlich auf den
Ausgleich der Gehaltsdifferenz zum zivilen
Arbeitsmarkt mittels der Zulage für Sanitätsoffiziere Facharzt und Rettungsmedizin zurückzuführen. Das sehr gute Verhältnis zwischen
Bewerberzahl und Einstellungen von Sanitätsoffizieranwärtern unterstreicht diese Entwicklung.
Die zielgerichtete Zusage zur Facharztausbildung junger Sanitätsoffiziere zusammen mit
der Einstellung von Ärztinnen und Ärzten im
fortgeschrittenen Weiterbildungsstadium erlaubt eine über 90-prozentige Deckung der
Facharztdienstposten in den Bereichen Anästhesie und Intensivmedizin, Radiologie und
Hals-Nasen-Ohrenheilkunde bis zum Jahr
2015. Insgesamt kann sich unter den aktuellen
Ein Blick auf die Personalsituation des Sanitätsdienstes und die Lage der Bundeswehrkrankenhäuser sowie die regionalen Sanitätseinrichtungen unterstreicht die berechtigten
Sorgen der Soldatinnen und Soldaten.
78
Stellungnahme BMVg
zum Jahresbericht 2013 des Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages
(auch finanziellen) Rahmenbedingungen und
mit Hilfe des erheblichen Einsatzes von werblichen Mitteln der Sanitätsdienst derzeit als
Arbeitgeber erfolgreich positionieren.
kenhäuser (BwKrhs) Anfang 2007 wurden für
die Bemessung der Dienstposten nicht die
tatsächlichen IST-Leistungen der Vorjahre sondern SOLL-Leistungen im Sinne einer Vollauslastung der bereit gestellten stationären
Kapazitäten zu Grunde gelegt, die sich umfassend und unmittelbar aus dem Einsatzauftrag begründeten. Anwendung fanden in der
Regel allgemein anerkannte, auch für zivile
Krankenhäuser empfohlene Personalbemessungsverfahren, die heute noch Gültigkeit haben. Die vorhandenen militärischen Besonderheiten von BwKrhs, wie z.B. die Teilnahme
des Fachpersonals an Einsätzen oder allgemeinmilitärische Verpflichtungen, wurden ergänzend berücksichtigt. Der bereitgestellte
Umfang an Dienstposten überstieg zum Teil
recht deutlich den Personalaufwand, der für
die damals tatsächlich erbrachten Leistungen
erforderlich war.
Der Ansatz, ein ambitioniertes und zukunftsorientiertes Leistungsziel für die Personalbemessung zu Grunde zu legen, war notwendig,
um die mit dem Einsatz- sowie Kompetenzerhaltungsauftrag verknüpfte, fachliche und funktionale Ausrichtung der BwKrhs auf die notfallund akutmedizinische Versorgung vorantreiben
zu können.
Trotz deutlicher Fortschritte wurden diese
Leistungsziele noch nicht in allen Bereichen
erreicht. Dies hat Ursachen in der eingeschränkten Verfügbarkeit klinischer Kapazitäten, bedingt unter anderem durch Baumaßnahmen oder Fehl an uneingeschränkt geeignetem und einsetzbarem, hochqualifiziertem
medizinischen Fachpersonal, z.B. für den Betrieb von OP-Sälen oder Intensiv-Stationen.
Soweit in einzelnen Bereichen aufgrund der
Leistungsentwicklung eine Veränderung geboten erschien, erfolgte ein Abgleich mit den
bereits eingerichteten Dienstposten und bei
nachgewiesenem Bedarf eine Anpassung der
SOLL-Organisation. Exemplarisch seien hier
die schrittweise Erweiterung der Rettungsdienste und der zentralen interdisziplinären
Notfallaufnahmen, die Neuaufnahme von
Dienstposten im Operationsbereich, die Verstärkung des Ergänzungspersonals Einsatz
und die Verbesserung der Ausstattung mit Assistenzpersonal für die ambulante Versorgung
und die medizinische Dokumentation genannt.
Der Umfang dauerhaft eingerichteter Dienstposten (DP) in den BwKrhs ist seit Ende 2006
von 3.500 DP bis Mitte 2013 auf knapp 4.400
DP erhöht worden. Er ist der Entwicklung des
Auftrags- und Leistungsspektrums fortlaufend
angepasst worden. Alle Vorhaben, u.a. auch
medizinisch-fachliche
Weiterentwicklungen
(z.B. Implementierung der Verletzungs- bzw.
Schwerstverletzungsartenverfahren der Deutschen
Gesetzlichen
Unfallversicherungen
Das Bundesministerium der Verteidigung sieht
in den zuvor genannten Neueinstellungen einen positiven Trend. Gleichzeitig räumt es ein,
dass auch die Zahl der Sanitätsoffiziere und
Sanitätsoffizieranwärter, die durch Wahrnehmung ihres Rechtes auf Kriegsdienstverweigerung aus dem Dienst ausgeschieden sind,
beachtlich ist. Im Berichtsjahr waren es 43.
Damit stehen faktisch zirka 20 Prozent der
jährlichen Regenerationsquote für Sanitätsoffizieranwärter für eine Dienstleistung als Sanitätsoffizier nicht zur Verfügung, was sich insbesondere im Bereich der truppenärztlichen
Versorgung schon heute negativ bemerkbar
macht.
Stellungnahme BMVg
Die selbst kalkulierbaren und finanziellen Möglichkeiten bei einem möglichen „Ausstieg“ aus
dem Dienstverhältnis durch die Antragstellung
auf Anerkennung als Kriegsdienstverweigerer
(KDV-Anträge) stellt für den Sanitätsdienst der
Bundeswehr eine ernstzunehmende Beeinträchtigung einer ausreichenden Regeneration
und einer planbaren Strukturierung des Personalkörpers von Sanitätsoffizieren und Sanitätsunteroffizieren dar. Die derzeit vorliegenden Zahlen zeigen eine Stagnation der Anzahl
an Antragstellungen auf einem hohen Niveau.
Weiter ist der positiven Bewertung des Bundesministeriums der Verteidigung entgegenzuhalten, dass das in den für die Haushaltsaufstellung maßgeblichen Stärke- und
Ausrüstungsnachweisungen (STAN) ausgewiesene Personal in den Bundeswehrkrankenhäusern immer noch dem Stand des Patientenaufkommens und der Krankheitsfälle des
Jahres 2007 entspricht. Der Anstieg des Patientenaufkommens aufgrund der Einbindung
der Kliniken in die immer umfassendere zivile
Regelversorgung und den Rettungsdienst sowie die damit zusammenhängenden medizinisch fachlichen Weiterentwicklungen und die
Neugestaltung von betrieblichen Abläufen und
Verfahren wurden im Stellenplan noch nicht
hinreichend berücksichtigt. Zur Behebung dieses Defizits müsste der Personalschlüssel für
bestimmte Fachbereiche in den Bundeswehrkrankenhäusern erhöht werden.
Stellungnahme BMVg
Bei der Reorganisation der Bundeswehrkran-
79
Stellungnahme BMVg
zum Jahresbericht 2013 des Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages
rückläufig. Im Auswahlverfahren 2013 konnte
jedoch ein Anstieg verzeichnet werden. Gegenüber 2012 stieg die Bewerberzahl von 88
auf 133. Der strukturelle Bedarf an Berufssoldaten und -soldatinnen konnte nicht in allen
Fachgebieten gedeckt werden. Die eingeführten Attraktivitätsmaßnahmen bedürfen einer
Verstetigung und konsequenten Weiterentwicklung mit Blick auf die Zielgruppe der Berufssoldatinnen und -soldaten.
(DGUV), die Anpassung der zentralen interdisziplinären Notfallaufnahmen oder die Erweiterung intensivmedizinischer Versorgungskapazitäten) erfordern eine sachgerechte Bewertung und Priorisierung, um die verminderten
personellen Obergrenzen für das militärische
und zivile Personal einzuhalten und dennoch
gleichzeitig die Einsatzaufträge sicherstellen
zu können. Daraus abgeleitete Anpassungen
in der SOLL-Organisation sollen im Zuge der
systematischen Reorganisation der Bundeswehrkrankenhäuser in 2015 erfolgen.
Angesichts dessen wäre es zu begrüßen,
wenn zumindest die im Jahr 2009 eingeführte
Facharztzulage für Bereiche, in denen ein besonderer Personalmangel bestand, über das
Jahr 2014 hinaus verlängert würde. Allerdings
sollte, wie in den letzten Jahresberichten wiederholt angemahnt, der Kreis der Zulageberechtigten unter Einbeziehung von Zahnärzten,
Apothekern und Veterinären erweitert und die
Gewährung der Zulage durch plausible und
transparente Anspruchsvoraussetzungen gerechter ausgestaltet werden.
Schließlich belasten eine wachsende Bürokratisierung, Aufgaben der Personalführung, die
Ausbildung einer steigenden Anzahl von Assistenzärzten sowie Auslandseinsätze und
Übungen die verfügbaren Fachärzte und verkürzen die für ihre eigentliche kurative Tätigkeit
zur Verfügung stehende Zeit. Die zuvor genannten generellen Rahmenbedingungen sind
für viele, insbesondere jüngere Sanitätsoffiziere nur schwer in Einklang mit dem Familienleben zu bringen. Immer mehr von ihnen entscheiden sich deshalb gegen eine Karriere als
Berufsoffizier. Diesen Trend hat auch das Attraktivitätsprogramm des Jahres 2009 bisher
nicht stoppen können. Insgesamt ist die Personallage bei den Sanitätsoffizieren aus der
Sicht des Wehrbeauftragten daher deutlich kritischer zu bewerten, als sie vom Bundesministerium der Verteidigung gesehen wird.
Stellungnahme BMVg
Die im Rahmen des Dienstrechtsneuordnungsgesetzes (DNeuG) zum 1. Januar 2009
eingeführte Zulage für Soldatinnen und Soldaten als Rettungsmediziner oder als Gebietsärzte läuft in ihrer aktuellen rechtlichen Ausgestaltung mit Ablauf des 31. Dezember 2014
aus. Auf Basis der Evaluierungsergebnisse
wird angestrebt, die Voraussetzungen zu
schaffen, um den mit der Zulage gegebenen
finanziellen Anreiz für Rettungsmediziner und
Gebietsärzte über den 31. Dezember 2014
hinaus weitergewähren zu können.
Stellungnahme BMVg
Die zunehmenden Aufgaben auf Seiten der
Administration und steigende Auflagen bei der
Ausbildung des Facharztnachwuchses sind in
den seltensten Fällen durch die Bundeswehr
verursacht, sondern mit Auflagen der Standesorganisationen und dem Medizinrecht verbunden. Diesbezügliche Klagen werden
querschnittlich in den Gesundheitsberufen artikuliert, können aber durch den Sanitätsdienst
nur marginal beeinflusst werden. Eine zunehmende Anzahl an Assistenzärzten in Weiterbildung zum Gebietsarzt ist Folge erfolgreicher
Regenerationsanstrengungen mit dem Ziel der
mittelfristigen Senkung des derzeitigen Fehls
an Fachärztinnen und -ärzten. Diese Investitionen müssen heute getroffen werden, um
künftig den Bedarf decken zu können. Die
Abwesenheiten durch Einsatz wurden in den
Organisationsgrundlagen mit dem sogenannten „Ergänzungspersonal Einsatz“ angemessen berücksichtigt.
Wie in anderen Laufbahnen der Streitkräfte
waren die Bewerberzahlen für die Umwandlung des Dienstverhältnisses zur Berufssoldatin / zum Berufssoldaten in der Vergangenheit
14.2
Nichtärztliches Sanitätspersonal in
Bundeswehrkrankenhäusern
Nicht nur bei Ärzten, auch bei medizinisch-technischen Assistenten und Fachkrankenpflegern bestehen in den Bundeswehrkrankenhäusern teilweise erhebliche Personalengpässe. Insbesondere fehlen Fachkräfte
für den Operations- und Intensivbereich sowie
Rettungsassistenten und Einsatzsanitäter.
Stellungnahme BMVg
Die Besetzungssituation in den Bundeswehrkrankenhäusern ist regional und entsprechend
der zahlreichen, angesprochenen Fachtätigkeiten sehr differenziert zu betrachten. Es besteht kein Mangel an medizinisch-technischen
Assistenten. In diese Sammelbezeichnung fällt
Assistenzpersonal aus den Bereichen Labor,
Radiologie, Chemie, Veterinärmedizin und
Funktionsdiagnostik, dessen derzeitiger Be-
80
Stellungnahme BMVg
zum Jahresbericht 2013 des Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages
setzungsgrad gemittelt über alle Bundeswehrkrankenhäuser und erwähnten Fachdisziplinen
92,8 Prozent entspricht.
Im neuen Ausbildungsgang Sanitätsunteroffiziere Einsatzsanitäter führten Ausbildungs- /
Nachqualifikationserfordernisse zu Vakanzen.
Ausbildungs- bzw. krankheitsbedingte Abwesenheiten sowie auch genehmigte Teilzeit bedingen keinen freien Dienstposten und keine
Möglichkeit eines frei nutzbaren Planstellenanteils.
ständlich ist. Darüber hinaus sollte die für bestimmtes Pflegepersonal als Abgeltung für
besondere psychische und physische Belastungen zu gewährende Erschwerniszulage auf
bisher nicht berücksichtigtes Pflegepersonal
mit ähnlich hoher Belastung ausgeweitet werden.
Stellungnahme BMVg
Zusätzlich zu den bestehenden Ausgleichsansprüchen für Ruf- und Bereitschaftsdienste
sowie den Attraktivitätsmaßnahmen in Form
des § 43 Bundesbesoldungsgesetz (Personalgewinnungszuschlag) und § 43b Bundesbesoldungsgesetz (Verpflichtungsprämie für
Soldatinnen und Soldaten auf Zeit) wird derzeit
im
Kontext
der
Umsetzung
der
EU-Arbeitszeitrichtlinie die Schaffung einer
Möglichkeit zur finanziellen Vergütung der Rufund Bereitschaftsdienste für Soldatinnen und
Soldaten geprüft.
Das führt zu einer nicht nur zeitlich extrem hohen Arbeitsbelastung des verfügbaren Personals. In der Folge verschärft sich der Personalmangel zusätzlich wegen krankheitsbedingter Ausfälle durch Burn-Out oder Depressionen, wie bei Truppenbesuchen in Bundeswehrkrankenhäusern immer wieder geschildert
wurde.
Stellungnahme BMVg
Eine
zunehmende
Häufung
von
Burn-Out-Fällen kann auf Grund der ärztlichen
Schweigepflicht nicht statistisch belegt werden.
Die Gewinnung von Nachwuchs aus dem vorhandenen Personal ist in Folge der Aussetzung der Wehrpflicht sowie der rückläufigen
Zahl von Freiwillig Wehrdienst Leistenden
deutlich schwieriger geworden. Darüber hinaus
gestaltet sich angesichts des allgemeinen
Pflegenotstandes auch die Gewinnung von
Pflegekräften mit abgeschlossener Berufsausbildung auf dem Arbeitsmarkt schwierig. Zur
Stärkung der Eigenregeneration ist daher die
Schaffung neuer Ausbildungskapazitäten innerhalb des Sanitätsdienstes ausdrücklich zu
begrüßen.
Fachpflegekräfte beklagten sich, dass sie aufgrund der enormen Arbeitsbelastung auch
Laufbahnnachteile erlitten, weil sie notwendige
Laufbahnlehrgänge nicht rechtzeitig besuchen
könnten. Die Klagen sind ernst zu nehmen.
Stellungnahme BMVg
Laufbahnnachteile von Fachpflegekräften infolge erhöhter Arbeitsbelastung durch verspätete Einsteuerung in einen Laufbahnlehrgang,
sind nicht bekannt.
Sofern Fachweiterbildungen in der Krankenpflege erst verspätet begonnen werden können
sind damit keine Laufbahnnachteile verbunden. Im Gegensatz zu zivil üblichen Vergütungsstrukturen resultiert der Erwerb einer
derartigen Zusatzqualifikation von Pflegekräften im Soldatenstatus nicht in einer materiellen
Besserstellung, sondern geht zudem auch
noch teilweise mit einer vergleichsweise ungünstigeren Beurteilungshistorie einschließlich
aller Konsequenzen einher.
Aufgrund der massiven Personalkürzungen bei
den Mannschaften fehlt auch medizinisches
Hilfspersonal. Verbesserte Weiterverpflichtungsmöglichkeiten für Mannschaften können
die Personalengpässe nur unzureichend ausgleichen. Deshalb ist zu bedauern, dass die
erfolgreiche Initiative einzelner Bundeswehrkrankenhäuser, Hilfspersonal über Bundesfreiwilligendienste oder das Freiwillige Soziale
Jahr zu gewinnen, trotz des vorhandenen Interesses an einer solchen Tätigkeit eingestellt
werden musste, weil das Bundesministerium
der Verteidigung dafür keine Haushaltsmittel
mehr zur Verfügung stellte. Auch für das laufende Haushaltsjahr sind dafür keine Haushaltsmittel beantragt worden. Das ist bedauerlich. Aus Sicht der Bundeswehrkrankenhäuser
würde mehr Personal für einfache Dienste eine
spürbare Entlastung der Personalsituation
bringen.
Angesichts der bedrückenden Rahmenbedingungen ist eine Entlastung des vorhandenen
Personals und eine Stärkung der Nachwuchsgewinnung nur über ein zusätzliches Attraktivitätsprogramm zu erreichen. Dazu gehört unter anderem ein Ausgleich für mehr geleisteten
Dienst, insbesondere Ruf- und Bereitschaftsdienste, wie er für Ärzte inzwischen selbstver-
81
Stellungnahme BMVg
zum Jahresbericht 2013 des Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages
auf den schon heute die Europäische Arbeitszeitrichtlinie Anwendung findet. Aufgrund der
Nichteinhaltung von Arbeitsschutzbestimmungen kann es zu keiner Umwälzung von Arbeitsstunden von zivilem auf militärisches
Personal kommen.
Stellungnahme BMVg
Zur weiteren Unterstützung der noch in der
Übergangsstruktur befindlichen Sanitätstruppe
wurden für das Jahr 2013 235 und für das Jahr
2014 nochmals 300 zusätzliche Möglichkeiten
für Weiterverpflichtungen um bis zu zwei Jahre
für Soldaten auf Zeit in der Laufbahn der
Mannschaften im letzten Dienstjahr freigegeben. Damit wurden die Voraussetzungen zur
Abfederung der Diskrepanz zwischen notwendiger Reduzierung des Personalumfangs an
Mannschaften SaZ bei gleichzeitig noch vorhandenen Doppelstrukturen und noch unveränderter Auftragslage geschaffen. Die Dienstposten für Mannschaften SaZ sind somit voll
umfänglich besetzbar.
14.3
Bundeswehrkrankenhäuser
Der zuvor benannte Personalmangel, sowohl
bei den Fachärzten, als auch bei den Assistenz- und Pflegekräften, beeinträchtigte einmal
mehr den Dienstbetrieb in den Bundeswehrkrankenhäusern in erheblichem Umfang. Auch
im Jahr 2013 mussten Stationen und Tageskliniken wegen Personalmangels geschlossen
werden. Der durch Zertifizierung der eingerichteten Trauma- und Rettungszentren manifestierte hohe medizinische Qualitätsstandard
der Bundeswehrkrankenhäuser wird dadurch
gefährdet. Außerdem liegen teure medizinische Kapazitäten brach.
Ein weiteres Problem stellt die Beachtung von
Arbeitsschutzbestimmungen dar. Nach der
EU-Arbeitszeitrichtlinie (Richtlinie 2003/88/EG)
sind bei Schicht- und Nachtdiensten Pausenund Ruhezeiten einzuhalten. Darüber hinaus
darf eine wöchentliche Höchstarbeitszeit nicht
überschritten werden. Für Zivilpersonal ist die
Geltung dieser Richtlinie anerkannt. Eine Anwendung der Richtlinie auf Soldaten dagegen
hat die Bundeswehr bisher abgelehnt. Das
bedeutet in der Praxis, dass die vom Zivilpersonal weniger geleisteten Arbeitsstunden zu
Lasten der Soldatinnen und Soldaten umverteilt werden müssen. Nach einem Urteil des
Bundesverwaltungsgerichts vom 15. Dezember 2011 gilt die Richtlinie jedoch auch für die
Soldaten der Bundeswehr. Trotzdem wird die
Richtlinie auf sie bisher nicht angewandt. Das
ist nicht nachvollziehbar. Der Dienstherr bleibt
aufgefordert, die Richtlinie unverzüglich auch
für Soldaten umzusetzen. Schon jetzt ist abzusehen, dass dies zu einem Mehrbedarf an
Klinikpersonal führen wird.
Stellungnahme BMVg
Das Fehl an militärischem Personal konnte
trotz einer annähernden Verdoppelung des militärischen Dienstpostenumfanges in den Bundeswehrkrankenhäusern (BwKrhs) seit 2007
auf durchschnittlich 14 Prozent im November
2013 gesenkt werden. Bei zivilem Personal
liegt der Besetzungsgrad im Schnitt über 95
Prozent. Insgesamt wurde in den BwKrhs ein
Personalbesetzungsgrad von etwa 90 Prozent
(mit steigender Tendenz) erreicht.
Trotz Ableistung von Überstunden und Hinzuziehung von Vertragspersonal kann das noch
bestehende Personaldefizit nicht immer ohne
Leistungseinschränkungen kompensiert werden, insbesondere wenn sich außerplanmäßige familien- oder krankheitsbedingte Vakanzen
häufen.
In nicht unerheblichem Umfang beruhen die
zumeist multifaktoriell bedingten Leistungseinschränkungen in den BwKrhs auch auf Beeinträchtigungen in der Verfügbarkeit materieller
oder infrastruktureller Ressourcen, z.B. durch
unvermeidbare Bau- oder Bauunterhaltungsmaßnahmen. Diesen stehen ablauforganisatorische Priorisierungen des Personaleinsatzes
im Rahmen des Direktionsrechtes für besonders belastete Leistungs- und Funktionsbereiche gegenüber. Dies gilt z.B. für die zentralen
Notfallaufnahmen, die im Zuge der Reorganisation der BwKrhs leistungs- und belastungsadäquat in der Ausgestaltung der jeweiligen
personellen SOLL-Organisation dauerhaft berücksichtigt werden.
Stellungnahme BMVg
Am 26. Juni 2013 wurde eine ministerielle Arbeitsgruppe eingesetzt, die das Erarbeiten arbeitszeitrechtlicher Regelungen für Soldatinnen und Soldaten, die insbesondere den Anforderungen der Europäischen Arbeitszeitrichtlinie gerecht wird, zum Auftrag hat. Die Anwendung der Arbeitsschutzbestimmungen
nach der EU-Arbeitszeitrichtlinie, bei der es bei
Schicht- und Nachtdiensten Pausen- und Ruhezeiten einzuhalten gilt, wird beim ärztlichen
und nichtärztlichen Sanitätspersonal in den
Bundeswehrkrankenhäusern umgesetzt. Somit
gehören die Soldatinnen und Soldaten der
Bundeswehrkrankenhäuser
und
anderer
Dienststellen, bei denen Soldatinnen und Soldaten an den Dienstvereinbarungen der zivilen
Mitarbeiter teilhaben, zu dem Personenkreis,
Eine Antwort auf diese Situation soll die Re-
82
Stellungnahme BMVg
zum Jahresbericht 2013 des Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages
lichen Ressourceneinsatzes sinnvoll. Hier kann
zusätzlich zu der im Bereich der Bundeswehr
bestehenden Kompetenz in der Behandlung
von Blast-Verletzungen (Kernkompetenz) die
Komplementärkompetenz Verbrennungstherapie erworben werden, um so im Einsatz eine
umfassende Versorgung zu gewährleisten.
form der Bundeswehrkrankenhäuser durch eine weitere Spezialisierung und die Einrichtung
von Fachkompetenzzentren geben. Damit wird
das bisherige Prinzip der klinischen Versorgung „alles aus einer Hand unter einem
Dach“ aufgegeben. Eine Verbesserung der klinischen Versorgung vor Ort ist das nicht. Hinzu
kommt, dass die Ausprägung von Fachkompetenzen bisher darunter leidet, dass es noch
kein Konzept für den einzurichtenden klinischen Systemverbund der verbleibenden
Krankenhäuser gibt.
Im Übrigen müssen in diesem Zusammenhang
zwei Aspekte besonders berücksichtigt werden: Erstens wird sich in Folge der Ausprägung von Fachkompetenzen in einzelnen
Krankenhäusern der Anreiseweg für Soldatenpatienten auch im Fall von Untersuchungen
und ambulanten Behandlungen erheblich verlängern. Zweitens müssen Unterbringungsmöglichkeiten vorgehalten werden, sofern ein
Tag für die An- und Abreise nicht ausreicht.
Das gleiche gilt für die Unterbringung von Angehörigen, die Patienten in entfernt gelegenen
Krankenhäusern besuchen wollen. Beides ist
noch nicht sichergestellt. Darüber hinaus sollten Möglichkeiten der Telemedizin, die im
Einsatz bereits genutzt wird, auch im Inland
ausgeweitet werden. Nicht Patienten, sondern
Daten sollten reisen.
Stellungnahme BMVg
Aufgrund der Weiterentwicklung im Sinne der
Schwerpunkte Akut- und Notfallmedizin sowie
des Schwerpunktes komplexer Erkrankungen
ist es Ziel, die Kernleistungssegmente Zentrale
Interdisziplinäre Notfallaufnahme und interdisziplinäre Aufnahmestation, OP, Intensiv- und
Intermediate-Care-Stationen zukünftig weiter
auszubauen. Diese Segmente spiegeln in besonderem Maße die Erfordernisse des Einsatzes im Heimatland wider. Zivile Vorgaben, wie
sie beispielsweise mit einer Teilnahme am
Schwerstverletzungsartenverfahren der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung verbunden sind, haben dabei auch Einfluss auf
die zukünftige Struktur und den Dienstbetrieb
der BwKrhs. Die BwKrhs bleiben die zentralen
stationären und ambulanten Behandlungseinrichtungen für die Soldatinnen und Soldaten.
Stellungnahme BMVg
Grundsätzlich besteht weiterhin ein Netz der
flächendeckenden Versorgung der Soldatinnen
und Soldaten durch ambulante und stationäre
Einrichtungen des Sanitätsdienstes. Soweit
erforderlich kann auch auf zivile Leistungserbringer zurückgegriffen werden. Sofern Soldatenpatientinnen und -patienten im Fall von Untersuchungen und ambulanten Behandlungen
eine Hin- und Rückreise an einem Tag nicht
zuzumuten ist, ist eine Unterbringung über
Nacht sicherzustellen. Die Unterbringung der
Angehörigen von Soldatinnen und Soldaten ist
gemäß Zentraler Dienstvorschrift (ZDv) 70/1,
„Die Liegenschaften der Bundeswehr“ eindeutig geregelt.
Die Nutzung von Telemedizin ist in erster Linie
vor dem Hintergrund des bestehenden
HERKULES-Vertrages sowie der Problematik
der Daten- und IT-Sicherheit zu bewerten.
Derzeit sind die hierfür notwendigen Rahmenbedingungen
(auch
infrastrukturell
z.B.
schnelle Netzanbindung unter Wahrung von
Sicherheitsstandards und Verschlüsselung)
noch nicht geschaffen.
Dieses Konzept darf sich allerdings nicht vorrangig am Bedarf der zivilen Regelversorgung
orientieren. Maßgebend muss die sanitätsdienstliche Versorgung der Soldatinnen und
Soldaten bleiben. Ihre Versorgung im Einsatz
wird nicht durch zivile Kapazitäten gedeckt
werden können. Hier muss die Bundeswehr
selbst die notwendigen Ressourcen vorhalten.
Im Bereich der Versorgung Schwerstbrandverletzter ist das seit Jahren nicht mehr der
Fall. Die zu ihrer Behandlung am Bundeswehrkrankenhaus Koblenz noch zur Verfügung
stehenden Einrichtungen liegen derzeit brach,
weil es an zur Behandlung von Schwerstbrandverletzten befähigtem Personal fehlt.
Stellungnahme BMVg
Für die Versorgung von Schwerstbrandverletzten sind in Deutschland ausreichend Behandlungskapazitäten vorhanden. Der durch
den Sanitätsdienst eingeschlagene Weg, die
Fachkompetenz
zur
Versorgung
von
Schwerstbrandverletzten durch die Zusammenarbeit mit den Großzentren in Deutschland
zu erwerben, ist aus fachlich medizinischer
Sicht und unter Berücksichtigung des erforder-
Eine besondere Herausforderung war im Berichtsjahr erneut die Unterbringung von Patienten mit multiresistenten Keimen. Da spezielle Isolierstationen dafür nicht eingerichtet
sind, mussten Stationen temporär geschlossen
83
Stellungnahme BMVg
zum Jahresbericht 2013 des Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages
Berlin und Hamburg eingeführte Krankenhausinformationssystem von den Nutzern als
wenig anwenderfreundlich empfunden wird.
Den Klagen sollte nachgegangen, das System
im Bedarfsfall nachgebessert werden. Noch
dringender ist es, die Informationssysteme zu
vernetzen, um Patientendaten auch hausübergreifend nutzen zu können. Ein solcher Systemverbund soll frühestens 2014 realisiert
werden. Von diesem Verbund ist das Bundeswehrkrankhaus Westerstede allerdings
noch ausgeschlossen. Eine Vernetzung mit
den anderen Bundeswehrkrankenhäusern ist
unbedingt anzustreben.
und für die Unterbringung dieser Patienten
genutzt werden. Dies hatte Auswirkungen auf
den Krankenhausbetrieb, weil die geschlossenen Stationen damit für andere Patienten nicht
mehr zur Verfügung standen. Die für eine verbesserte Isolierung von Patienten mit multiresistenten Keimen ergriffenen, aber noch nicht
abgeschlossenen infrastrukturellen Maßnahmen zur Erhöhung der hygienischen Standards
müssen konsequent weiterverfolgt werden.
Stellungnahme BMVg
Die Therapie von Patientinnen und Patienten
mit multiresistenten Keimen stellt eine der
großen Herausforderungen im Gesundheitswesen dar. Dies betrifft nicht nur Patientinnen
und Patienten aus den Einsatz- und Krisengebieten sondern auch ein wesentliches Klientel
aller Krankenhäuser, wie Patientinnen und Patienten aus Pflegeeinrichtungen, die im hohen
Maße
eine
Besiedelung
mit
MRSA
(Methicillin-resistenter Staphylococcus aureus)
etc. darbieten. Hierfür sind die gängigen Standards anzuwenden, um eine Keimverschleppung zu verhindern. Eine spezielle Infrastruktur
muss für dieses Patientenklientel nicht vorgehalten werden. Allerdings ist zur Durchführung der entsprechenden "Barrierepflege" eine
Einzelunterbringung in einem Zimmer mit eigener Nasszelle zwingend erforderlich.
Stellungnahme BMVg
Die Schwierigkeiten im Rahmen der Einführung eines neuen klinisch-medizinischen Systems konnten deutlich reduziert werden. Die
Vernetzung im Sinne der Patientensicherheit
wird als zielführend angesehen, da so die
Verfügbarkeit notwendiger medizinischer Daten jederzeit sichergestellt werden kann. Dabei
sind jedoch die Bestimmungen des Datenschutzes zu berücksichtigen.
14.4
Truppenärztliche
Inlandsversorgung
Noch stärker als in den Bundeswehrkrankenhäusern werden die Personalprobleme im Bereich der ambulanten truppenärztlichen Inlandsversorgung sichtbar.
Zu den Kernaufgaben der Bundeswehrkrankenhäuser im Rahmen der Einsatzvorbereitung
gehört die Ausbildung von Soldaten für den
Notfall- und Rettungsdienst. Ausbildungspraxis
gewinnen die Soldaten in den an den Bundeswehrkrankenhäusern eingerichteten Rettungsstationen, die in die Notfallversorgung der
Zivilbevölkerung eingebunden sind. Grundlage
sind
die
geltenden
Landes-Rettungsdienstgesetze. Um die einsatzrelevante Ausbildung der Sanitätssoldaten im
Notfalldienst auch weiterhin gewährleisten zu
können, muss im Rahmen der anstehenden
Novellierung der Rettungsdienstgesetze die
Teilnahme der Bundeswehr am Rettungsdienst
wie bisher vorgesehen werden. Sanitätssoldaten äußerten gegenüber dem Wehrbeauftragten die Sorge, dass dies übersehen werde.
Ein Viertel der Truppenarztdienstposten war im
Berichtsjahr nicht besetzt, das entspricht mehr
als Hundert unbesetzten Stellen. In einem bekannt gewordenen Fall war in einem Sanitätszentrum nur eine von fünf Truppenarztstellen
tatsächlich besetzt. Von ähnlich massiven Personalengpässen wird bei vielen Truppenbesuchen und in Eingaben berichtet.
Ein Grund für die unzureichende Besetzung
der Dienstposten liegt in der fehlenden Wertschätzung der Tätigkeit von Truppenärzten, die
als „Hausärzte“ der Soldatinnen und Soldaten
angesehen werden. Hinzu kommt, dass die
Besetzung eines Truppenarztdienstpostens
auch von der örtlichen Lage der Sanitätseinrichtung abhängt. In abgelegenen Standorten
ist die Besetzung schwierig. Dem muss entgegengewirkt werden. Sanitätsoffizieren muss
deutlich gemacht werden, dass truppenärztliche und klinische Versorgung sich gegenseitig
ergänzen und ein Personalaustausch zwischen
beiden Bereichen die Regel sein sollte. Dazu
gehört allerdings auch, dass Nachteile einer
Verwendung als Truppenarzt wie fehlende
Stellungnahme BMVg
Die Teilnahme der Bundeswehr am Rettungsdienst beruht überwiegend auf vertraglichen
Grundlagen. Ziel ist es, die Einbringung im
bisherigen Umfang fortzusetzen.
Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass das in
den Bundeswehrkrankenhäusern Koblenz, Ulm,
84
Stellungnahme BMVg
zum Jahresbericht 2013 des Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages
besseren truppenärztlicher Präsenz intensiviert.
Die Einnahme der Zielstruktur der regionalen
Sanitätseinrichtungen ist zu Beginn des Jahres
2015 vorgesehen. Zusätzlich zu den tragfähigeren organisatorischen Rahmenbedingungen
ist beabsichtigt, die Attraktivität von truppenärztlichen Verwendungen im Rahmen der
Weiterbildung zum Facharzt bzw. zur Fachärztin für Allgemeinmedizin zu verbessern. Hierzu
soll zukünftig der Erwerb von dienstlich begründeten Zusatzbezeichnungen gefördert
werden. In Abstimmung mit einzelnen Landesärztekammern wird angestrebt, die Anerkennung von Weiterbildungszeiten in Regionalen
Sanitätseinrichtungen zu verbessern.
fachärztliche Weiterbildungsmöglichkeiten beseitigt werden.
Da zahlreiche Truppenärzte durch Aus- und
Fortbildung, Vertretung anderer Truppenärzte,
Einsatzverpflichtungen sowie familiäre Gründe
auf ihren Dienstposten fehlten, konnte 2013
die Zielvorgabe einer Tagesantrittsstärke von
75 Prozent wie schon in den Vorjahren nur
unter Ausschöpfung aller verfügbaren Ressourcen erreicht werden. Dazu gehörten rund
150 eingesetzte Vertragsärzte und 39 Abordnungen ehemaliger Musterungsärzte oder deren dauerhafte Verwendung auf Wechselstellen in Sanitätseinrichtungen. Einzelne Vakanzen konnten darüber hinaus durch den inzwischen besetzten Personalpool „Sanitätsoffiziere Rettungsmedizin“ ausgeglichen werden.
Schließlich halfen auch ehemalige Sanitätsoffiziere im Reservistenstatus als Truppenärzte
aus. Nach Einschätzung vieler Angehöriger
des Sanitätsdienstes wäre die ärztliche Versorgung ohne den Einsatz von Reservisten
nicht mehr gewährleistet.
Personalmangel herrschte auch bei den Leitern der regionalen Sanitätseinrichtungen. Die
dafür ausgewiesenen Dienstposten waren nur
zu etwa drei Viertel besetzt, obwohl die
Dienstposten der Leiter und Fachärzte höher
dotiert und laufbahnmäßig attraktiver gestaltet
worden sind. Die Führungsfähigkeit der Sanitätseinrichtungen ist dadurch nach internen
Einschätzungen gefährdet.
Stellungnahme BMVg
Die Personalsituation im truppenärztlichen
Bereich stellt sich weiterhin angespannt dar.
Die truppenärztliche Versorgung konnte nur
unter umfangreicher Inanspruchnahme von
Vertragsärztinnen und -ärzten sowie in Einzelfällen durch die Gewinnung von Seiteneinsteigern und den Einsatz Reservistendienst Leistender Sanitätsstabsoffiziere Arzt qualifiziert
sichergestellt werden. Die im Umfang von jeweils ca. vier Zeitstunden pro Arbeitstag eingesetzten 150 Vertragsärzte stellten die mit
Abstand wichtigste Ressource dar, um mit
Blick auf das Fehl an Truppenärzten in den
Regionalen Sanitätseinrichtungen eine Behandlung und Begutachtung der Soldatinnen
und Soldaten im erforderlichen Rahmen sicherstellen zu können. Deutliche Verbesserungen in Bezug auf die Durchhaltefähigkeit
und das Vakanzenmanagement sind mit Einnahme der Zielstruktur zu erwarten, in der
künftig zwar weniger regionale Sanitätseinrichtungen ausgebracht sind, diese jedoch robuster und durchhaltefähiger strukturiert sind.
Zukünftig sind nur noch die Grundtypen Sanitätsunterstützungszentren und Sanitätsversorgungszentren vorgesehen. Für die kurative
Versorgung sind als kleinste Funktionseinheit
in einem Sanitätsversorgungszentrum grundsätzlich mindestens drei Sanitätsstabsoffiziere
Arzt und zwei Sanitätsstabsoffiziere Zahnarzt
mit dem jeweiligen Assistenz- und Funktionspersonal vorgesehen. Die Planungsgrundlagen
sind für das Ende des II. Quartals 2014 avisiert. Danach werden die Anstrengungen zur
Stellungnahme BMVg
Als attraktivitätssteigernde Maßnahme im Sanitätsdienst wurden im Bereich der truppenärztlichen Versorgung vermehrt A 15 dotierte
Stellen für Sanitätsoffiziere Arzt ausgeplant. In
der Laufbahn der Sanitätsoffiziere ist diese Dotierung regelhaft an den Facharzt gebunden,
so dass eine erhöhte Einsteuerung in die Ausbildung zum Arzt für Allgemeinmedizin erst auf
der Zeitachse wirksam wird. Anfang 2014 waren ca. 85 Prozent aller oben bezeichneten
Dienstposten qualifikationsgerecht besetzt.
Zur truppenärztlichen Inlandsversorgung gehört auch die Bereitstellung geeigneter sanitätsdienstlicher Infrastruktur. Dies ist nicht immer gewährleistet. So wurde bei einem Truppenbesuch des Deutsch-Niederländischen
Korps in Münster festgestellt, dass die fußläufig gelegene, gut ausgestattete zahnärztliche
Sanitätseinrichtung geschlossen und durch
eine weiter entfernt liegende, schlechter erreichbare und ausgestattete Einrichtung ersetzt wird. Für die Soldatinnen und Soldaten
bedeutet dies längere Fahrwege und eine
schlechtere zahnärztliche Versorgung. Außerdem kommen in diesem binationalen Korps die
Niederländer ihrer vertraglich vereinbarten Verpflichtung zur sanitätsdienstlichen Betreuung
nicht vollumfänglich nach. So ist den Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr eine Mit-
85
Stellungnahme BMVg
zum Jahresbericht 2013 des Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages
nutzung des niederländischen Sanitätsbereichs in Eibergen derzeit verwehrt.
Wie der Zentrale Sanitätsdienst leidet auch der
Sanitätsdienst der Marine unter massiven
Personalengpässen beim nichtärztlichen Sanitätspersonal. Insbesondere Unteroffiziere
und Mannschaften fehlten teilweise bis zu einem Drittel der Sollstärke, sodass die Besetzung der Boote und Schiffe nur noch mit Mühe
und unter Inkaufnahme hoher dienstlicher Beanspruchung des verfügbaren Sanitätspersonals sichergestellt werden konnte.
Stellungnahme BMVg
Im Rahmen der Neuausrichtung und Verbesserung der sanitätsdienstlichen Versorgung ist
für den Standort Münster in der Liegenschaft
Lützow-Kaserne, Münster-Handorf, der Neubau eines Sanitätsversorgungszentrums vorgesehen und bereits im Infrastrukturverfahren
eingestellt. Zum Ausgleich der von niederländischer Seite nicht vollumfänglich wahrgenommenen sanitätsdienstlichen Versorgung
am Standort Eibergen ist vorgesehen, die allgemeinmedizinische Versorgung im Krankheitsfall über das System „Beauftragter
Arzt“ und die übrigen Aufgaben über das geplante
Sanitätsversorgungszentrum
Münster-Handorf sicherzustellen.
Stellungnahme BMVg
Das Sanitätspersonal der Marine ist spezialisiert und als „Einzelkämpfer im Mehrrollenkonzept der Besatzungen damit einsatzrelevant“ oder in geringer Anzahl auf den Booten
und Schiffen ausgebracht. Ersatzpersonal im
Sinne eines Pools existiert nicht. Solche Maßnahmen erlauben die Personalressourcen des
Sanitätsdienstes der Streitkräfte nicht. Kurzfristige Ausfälle (z.B. aufgrund fehlender Borddienstverwendungsfähigkeit) bzw. notwendige
Erholungszeiten oder Ausbildungserfordernisse können insgesamt nur unzureichend mit
Blick auf die Einsätze der Marine kompensiert
werden. Dieser Zustand ist bekannt, aber unter
den bestehenden Rahmenbedingungen durch
die zentrale Personalführung nicht abstellbar.
Auch die Besetzung des nichtärztlichen
Stammpersonals in den regionalen Sanitätseinrichtungen wies teilweise erhebliche Lücken
auf. Bei den Sanitätsfeldwebeln (Rettungsassistenten) waren etwa 15 Prozent der Stellen
unbesetzt und sogar 30 Prozent nicht im Tagesdienst verfügbar. Bei Sanitätsunteroffizieren und Mannschaften konnte rund ein Viertel
der Stellen nicht besetzt werden. Auch die
Nachwuchsgewinnung ist für diese Dienstgradgruppen nicht sichergestellt.
Wegen des enormen Personalmangels können
die zum Teil gut ausgestatteten regionalen Sanitätseinrichtungen ihre Möglichkeiten zur kurativen und diagnostischen Behandlung der
Soldatinnen und Soldaten nur eingeschränkt
nutzen. Wie in den Bundeswehrkrankenhäusern liegen auch in den Sanitätseinrichtungen
Ressourcen brach, die zur truppenärztlichen
Versorgung genutzt werden könnten.
Stellungnahme BMVg
Bei den zu besetzenden Dienstposten von Sanitätsfeldwebeln Rettungsassistent ist bundesweit aktuell durchschnittlich ein Fehl von 16
Prozent zu verzeichnen, das sich in den
Dienststellen durch die regionalen Besonderheiten unterschiedlich darstellt und nur begrenzt ausgeglichen werden kann. Die intensivierten Regenerationsmaßnahmen wirken sich
ausbildungsbedingt erst über einen längeren
Zeitraum aus. Die Weiterentwicklung des Berufsbildes zum Notfallsanitäter und das damit
verbundene Nachqualifikationserfordernis des
vorhandenen Personals bzw. das um ein Jahr
längere Ausbildungserfordernis (nun mindestens 4 Jahre) für Anwärter und Anwärterinnen
bremsen einen schnelleren Aufwuchs. Mit
Maßnahmen wie Weiterverpflichtungsprämien
und einer garantierten Weiterqualifizierung
zum Notfallsanitäter bzw. zur Notfallsanitäterin
während der aktiven Dienstzeit könnte vorhandenes Personal zum Verbleib in der Bundeswehr im Status Soldatin oder Soldat auf
Zeit bis zu 25 Jahre geworben werden. Bewerber mit Gesundheitsberuf stehen auf dem
Arbeitsmarkt nur unzureichend zur Verfügung.
Zusätzlich leidet die Arbeit der regionalen Sanitätseinrichtungen darunter, dass bis heute
kein computerunterstütztes Praxisprogramm
eingeführt worden ist, wie es in zivilen Arztpraxen üblich ist. Die deshalb erforderliche
manuelle Ausstellung von Rezepten, Krankenhauseinweisungen und anderen Formularen ist nicht mehr zeitgemäß und belastet das
Personal unnötig.
Stellungnahme BMVg
Die IT-Unterstützung der administrativen und
medizinischen Prozesse regionaler Sanitätseinrichtungen der Bundeswehr ist Bestandteil
aktueller Planungen und soll, soweit möglich,
innerhalb des Projektes SASPF realisiert werden. Die Empfehlung zur Einführung einer
marktgängigen Praxissoftware als Komplementärprodukt, u.a. zum Zweck der Erstellung
86
Stellungnahme BMVg
zum Jahresbericht 2013 des Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages
von Zivilrezepten, wird derzeit geprüft. Ein
handelsübliches
Praxisinformationssystem
genügt aus heutiger Bewertung aber nur in
Teilen den Anforderungen an eine truppenärztliche Dokumentation in der Gesundheitsversorgung der Bundeswehr. Der Einsatz marktverfügbarer Praxissoftware – im Sinne von auf
die Bedürfnisse der Bundeswehr angepasster
Software-Anwendungen für zivile Arztpraxen –
in den regionalen Sanitätseinrichtungen kann
sich im Ergebnis dann als zielführend herausstellen, wenn festgestellt werden muss, dass
wesentliche Aspekte der medizinischen Dokumentation, der wehrmedizinischen Begutachtung und des bundeswehrtypischen Melde-,
Register- und Formularwesens sowie Kompatibilität mit zivilen Standards durch die bisher
angedachten Software-Lösungen – im Rahmen von SASPF – nicht hinreichend praktikabel und insbesondere nicht anwenderfreundlich abgebildet werden können. Es gilt dabei,
auch Aspekte der Integration in das IT-System
Bw, der Nachhaltigkeit, der Finanzierbarkeit
und des Betriebsaufwands sowie den fachlichen Anforderungen zu berücksichtigen. Mit
einer Verfügbarkeit entsprechender Systeme in
den Regionalen Sanitätseinrichtungen ist nicht
vor 2016 zu rechnen.
tätsdienstes der Bundeswehr werden die Anfahrtswege für Soldatenpatienten länger. Üblicherweise werden diese Fahrten dienstlich organisiert. Sollte das nicht möglich sein, stellt
sich die Frage einer Kostenerstattung für die
Nutzung öffentlicher oder privater Verkehrsmittel. Die Pflicht zur Fürsorge gebietet die Erstattung der Kosten, wenn der Dienstherr die
Anfahrt mit eigenen Mitteln nicht gewährleisten
kann. Dazu muss der Dienstherr die nötigen
Rechtsgrundlagen schaffen.
Im vorangegangenen Jahresbericht wurde bereits darauf hingewiesen, dass eine Reform
des Primärarztprinzips zur Vermeidung langer
Wegstrecken für Patienten beitragen könnte.
Vor diesem Hintergrund sollten die Möglichkeiten einer Behandlung von Soldaten
durch den nächstgelegenen Truppenarzt erleichtert und eine Krankschreibung durch ihn
ermöglicht werden.
Wie schon im Vorjahr klagten Betroffene auch
im Berichtsjahr über Probleme bei der Kostenerstattung für im Rahmen der unentgeltlichen
truppenärztlichen Versorgung in Anspruch genommene zivile medizinische Leistungen. Angesichts dieser Klagen ist sicherzustellen, dass
Truppen- und Vertragsärzte wie auch die Abrechnungsstellen mit den Regelungen für
Überweisungsverfahren sowie der Übernahme
der Kosten für zivile medizinische Leistungen
an Soldatenpatienten vertraut sind. Gegebenenfalls müssen Ausbildungen dazu wiederholt
werden. Sollten Fehler auftreten, dürfen diese
nicht zu Lasten der Soldaten gehen. Entgegenstehende Vorschriften sollten insoweit angepasst werden.
Folgen der beschriebenen Personalengpässe
und Ausstattungsmängel waren unter anderem
vermeidbare Wartezeiten und Fehler bei der
Dokumentation und der Ausstellung von Rezepten.
Insgesamt kann angesichts der gerade noch
ausreichenden Sicherstellung der truppenärztlichen Versorgung nur von Mangelverwaltung
gesprochen werden. Die grundlegenden
Strukturprobleme in der Inlandsversorgung
konnten bislang nicht gelöst werden. Es ist
auch nicht erkennbar, auf welche Weise das
Bundesministerium der Verteidigung die Probleme lösen will.
Stellungnahme BMVg
Das Bundesministerium der Verteidigung hat
die Notwendigkeit einer Regelung im Rahmen
des Anspruchs auf unentgeltliche truppenärztliche Versorgung zur Erstattung von unvermeidbaren Kosten für Fahrten von Soldatinnen
und Soldaten zum Truppenarzt erkannt. Eine
entsprechende Regelung / Festlegung in der
besoldungsrechtlichen Verwaltungsvorschrift
scheitert bisher an der fehlenden Einwilligung
des Bundesministeriums der Finanzen. Der
Abstimmungsprozess ist noch nicht abgeschlossen.
Die Behandlung von standortfremden Soldatinnen und Soldaten ist in der Zentralen
Dienstvorschrift (ZDv) 10/5 ("Leben in der militärischen Gemeinschaft") geregelt. Braucht
eine Soldatin bzw. ein Soldat außerhalb ihres
bzw. seines eigenen Standortes ärztliche oder
zahnärztliche Hilfe, hat sie bzw. er grundsätz-
Stellungnahme BMVg
Insgesamt ist festzustellen, dass die Berufszufriedenheit des in den Regionalen Sanitätseinrichtungen eingesetzten Personals den
Durchschnitt des Sanitätsdienstes erreicht,
teilweise sogar übertrifft. Deutliche Verbesserungen in Bezug auf die Durchhaltefähigkeit
und das Vakanzenmanagement sind mit Einnahme der Zielstruktur zu erwarten.
14.5
Kostenerstattung im Rahmen der
sanitätsdienstlichen Versorgung
Durch die neue Struktur des Zentralen Sani-
87
Stellungnahme BMVg
zum Jahresbericht 2013 des Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages
lich
den
nächst
erreichbaren
Truppen(zahn)arzt, Standortarzt oder die nächstgelegene geeignete Sanitätseinrichtung der
Bundeswehr aufzusuchen. Bei Erkrankungen,
insbesondere bei Notfällen, kann die Soldatin
oder der Soldat, sofern eine Ärztin bzw. ein
Arzt oder Zahnärztin bzw. Zahnarzt oder eine
geeignete Sanitätseinrichtung der Bundeswehr
nicht oder nicht rechtzeitig erreichbar ist, andere ärztliche bzw. zahnärztliche Hilfe so lange
in Anspruch nehmen, bis eine Ärztin bzw. ein
Arzt oder Zahnärztin bzw. Zahnarzt der Bundeswehr die weitere Betreuung übernehmen
kann. In dem allen Soldatinnen und Soldaten
auszuhändigenden „Merkblatt für Soldatinnen
und Soldaten bei Erkrankung außerhalb des
Standortes“ wird dies ausführlich dargestellt.
Auch eine Weiterbehandlung ist in diesem
Rahmen möglich und vorgesehen. Fälle, in
denen die Weiterbehandlung standortfremder
Soldaten von Standortärzten mit Verweis auf
den für die Einheit des Soldaten zuständigen
Truppenarzt abgelehnt wurden, sind nicht bekannt.
Im Rahmen der o.g. Änderung der Verwaltungsvorschriften zum Anspruch auf unentgeltliche truppenärztliche Versorgung ist bezüglich
der Vermeidung von Fahrtkosten und langen
Anfahrtswegen eine Regelung vorgesehen,
dass grundsätzlich, wenn medizinisch möglich,
der dem Aufenthaltsort der Soldatin oder des
Soldaten nächstgelegene truppenärztliche Bereich dessen Behandlung übernehmen kann.
Kann der Sanitätsdienst der Bundeswehr die
medizinische Versorgung der Soldatinnen und
Soldaten nicht durch eigene Kräfte und Mittel
gewährleisten, erfolgt die Versorgung im zivilen Bereich. Das Überweisungsverfahren ist in
der Zentralen Dienstvorschrift (ZDv) 60/7
„Durchführungsbestimmungen für die unentgeltliche truppenärztliche Versorgung und für
die Heranziehung von zivilen (zahn)ärztlichen
und psychologischen Vertretungskräften“ eindeutig geregelt. Die bestehenden Regelungen
zur Übernahme der Kosten für zivile medizinische Leistungen bei behandelten Soldaten und
Soldatinnen sind Bestandteil der Ausbildung
der angehenden Truppenärzte und Truppenärztinnen nach Abschluss ihrer universitären
bzw. ersten klinischen Ausbildung. Soweit zivile Vertragsärzte bzw. Beauftragte Ärzte vertretungsweise
truppenärztliche
Aufgaben
übernehmen, werden diese in das Verfahren
durch die Leiter der regionalen Sanitätseinrichtungen eingewiesen.
registrierten Anstiegs psychischer Störungen
wie Depressionen und Angsterkrankungen bis
hin zu schwerwiegenden posttraumatischen
Belastungsstörungen bei Einsatzrückkehrern
und aus dem aktiven Dienst ausgeschiedenen
Soldaten bleibt eine besondere Herausforderung für die Bundeswehr.
2013 sind die psychischen Erkrankungen von
Einsatzteilnehmern noch einmal deutlich angestiegen. Die Behandlungsfälle posttraumatischer Belastungsstörungen haben 2013 nach
internen Schätzungen die Marke von
1.500 Fällen erreicht, davon rund 200 neue
Fälle. Die tatsächlichen Fallzahlen dürften
nach der Dunkelzifferstudie der Technischen
Universität Dresden doppelt so hoch liegen.
Außerdem sind ehemalige Zeitsoldaten, die
sich nach ihrem Ausscheiden in zivilen Einrichtungen behandeln lassen, darin nicht erfasst.
Nach neuen Studienergebnissen des Psychotraumazentrums Berlin leiden rund ein
Viertel aller Einsatzrückkehrer an einsatzbedingten psychischen Störungen. Die Studie
belegt weiter, dass sich nur knapp jeder Fünfte
der Erkrankten in eine psychosoziale Behandlung begibt. In einzelnen Fällen leidet eine
fachgerechte Behandlung darüber hinaus an
der fehlenden Mitwirkungsbereitschaft der Betroffenen.
Die Zunahme komplexer posttraumatischer
Belastungsstörungen ist nachweisbar Folge
der Teilnahme an belastenden Kampfhandlungen beziehungsweise Mehrfachtraumatisierungen aufgrund wiederholter Einsatzteilnahmen. Betroffene leiden in solchen Fällen
unter schweren Störungssymptomen und neigen zu chronischer Erkrankung. Die Behandlung solcher Patienten macht nicht selten länger andauernde Klinikaufenthalte mit stationären Traumatherapien erforderlich. Der
Dienstherr muss die dazu nötigen Behandlungskapazitäten zeitnah bereitstellen oder die
Behandlungen in geeigneten zivilen Einrichtungen sicherstellen.
Stellungnahme BMVg
War die Zahl der einsatzbedingten Neuerkrankungen von Soldaten mit Posttraumatischen Belastungsstörungen (PTBS) sowie
anderer einsatzbedingter psychischer Neuerkrankungen im Vorjahr noch konstant, so ist
sie 2013 erstmals rückläufig. Im Jahreszeitraum 2013 sind 1.423 Behandlungskontakte
mit PTBS-Erkrankten zu verzeichnen, davon
15
Einsatzbedingte psychische
Erkrankungen
Der Umgang mit den Folgen des seit Jahren
88
Stellungnahme BMVg
zum Jahresbericht 2013 des Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages
Information subjektiven Barrieren entgegenzuwirken. Laut der Wittchen-Studie sind über
70% der Betroffenen der Ansicht, dass sie „allein mit ihren Problemen fertig werden“ wollten,
anstatt professionelle Hilfe in Anspruch zu
nehmen. Das demnächst fertig gestellte Kompendium zum „Umgang mit psychischen
Einsatzschädigungen einschließlich posttraumatischer Belastungsstörung (PTBS) in der
Bundeswehr“ ist ein weiterer Schritt in die
Richtung einer Sensibilisierung im Umgang mit
psychischen Gesundheitsstörungen. Durch
eine komprimierte Darstellung der Inhalte und
Verfahrensabläufe, die bisher etabliert sind,
wird allen Beteiligten eine Hilfestellung und
Anleitung zum Umgang mit psychischen
Einsatzgeschädigten gegeben. Auch die im
II. Quartal 2014 erscheinenden „Ratgeber für
einsatzbelastete Soldaten“, sowie der „Ratgeber für Angehörige einsatzbelasteter Soldaten“
unterstützen diese Zielrichtung. Betroffene berichten nicht selten über ein unzureichendes
Verständnis militärischer Zusammenhänge in
den zivilen Einrichtungen. Aus diesem Grunde
ist schwerpunktmäßig eine Behandlung in
Bundeswehreinrichtungen – zumindest in der
ersten Phase der Diagnostik und Therapie –
vorgesehen.
Durch die gezielte Zusammenarbeit der Bundeswehrkrankenhäuser mit zivilen psychotherapeutischen Einrichtungen, sowohl ambulant
als auch stationär, wird bereits jetzt ein besseres Verständnis der militärspezifischen Rahmenbedingungen vermittelt. Auch der im Jahr
2013 geschlossene Vertrag mit der Bundespsychotherapeutenkammer zur Behandlung
von Soldaten und Soldatinnen durch psychologische Psychotherapeuten beinhaltet ein Ausbildungsmodul, um o.g. Rahmenbedingungen
durch die Bundeswehr den zivilen Therapeuten
nahezubringen. Am 16. September 2013 wurde ferner ein Vertrag zur Kooperation zwischen
dem Bundeswehrkrankenhaus Westerstede
und der Karl-Jaspers-Klinik unterzeichnet. Im
Rahmen dieses Kooperationsvertrages werden
voraussichtlich ab dem II. Quartal 2016 in
Westerstede weitere 10 Betten zur Behandlung von Soldatinnen und Soldaten im Fachgebiet Psychiatrie zur Verfügung stehen.
149 Neuerkrankungen und 1.274 Wiedervorstellungen. Bei sonstigen einsatzbedingten
psychischen Erkrankungen kam es im gleichen
Zeitraum zu 339 Behandlungsfällen, davon
144 Neuerkrankungen und 195 Wiedervorstellungen. Die Zahl der an einer sonstigen
einsatzbedingten psychischen Störung erkrankten Soldatinnen oder Soldaten ist gesunken, anteilig jedoch weniger stark als bei
den PTBS-Erkrankten.
Diese Entwicklung steht im Zusammenhang
mit den veränderten Einsatzbedingungen und
einer geringeren Anzahl der Soldatinnen und
Soldaten im Einsatz. Es sind somit weniger
traumarelevante Ereignisse als zuvor im Einsatz zu verzeichnen, die als Auslöser für eine
PTBS ursächlich sein können. Andere Belastungen wie Trennung von der Familie, Leben in
enger Gemeinschaft etc. sind gleichbleibend
geblieben und begünstigen sonstige psychische Störungen. Die Anzahl der Wiedervorstellungen stieg im Vergleich zum Vorjahr. Mit
einem erhöhten Schweregrad posttraumatischer Erkrankungen korreliert im Regelfall der
Umfang der Symptomatik, aber auch der Behandlungsverlauf: Schwerer Erkrankte bedürfen eines längeren und wiederholten therapeutischen Zugangs. Aus diesem Grund werden in
den Bundeswehrkrankenhäusern vermehrt Intervalltherapien angeboten, bei denen die
Soldaten über 4 – 6 Wochen stationär behandelt und im Regelfall dann zwischenzeitlich
entlassen werden. Angestrebt wird eine (zumindest eingeschränkte) Diensttätigkeit zwischen den Behandlungsblöcken. Diese zunehmend genutzten Intervallbehandlungen
spiegeln sich in den ansteigenden Behandlungsfallzahlen wider.
Durch die Weiterentwicklung der IT-basierten
Datenbank und unter Beachtung der Vorgaben
des Datenschutzes wurde die Erfassung der
Anzahl erkrankter Soldatinnen und Soldaten
unabhängig von der Erkrankungs- und Behandlungshäufigkeit realisiert. Somit kann ab
2014 auch die Zahl der Einzelpersonen benannt werden, die sich in Einrichtungen der
Bundeswehr in Behandlung befinden. Ehemalige Zeitsoldaten können in Bundeswehreinrichtungen behandelt werden. Insbesondere in
den Bundeswehrkrankenhäusern Koblenz und
Berlin ist dies regelmäßig der Fall, da dies dort
vor dem Hintergrund von zivilen Kassenbetten
auch für gesetzlich Krankenversicherte möglich ist. Ansonsten ist eine Behandlung in
Bundeswehreinrichtungen für ehemalige Soldaten derzeit bei Anerkennung einer Wehrdienstbeschädigung möglich bzw. bei Kostenübernahme durch einen zivilen Kostenträger.
Die Behandlungsmotivation bzw. Mitwirkungsbereitschaft der Betroffenen ist sehr unterschiedlich. Hier gilt es durch Aufklärung und
15.1
Früherkennung, Ausbildung und
Therapieangebote
Zur Früherkennung einsatzbedingter psychischer Erkrankungen hat die Bundeswehr verschiedene „Screening“-Verfahren entwickelt.
Vor dem Einsatz sollen durch diese Verfahren
die psychische Belastbarkeit der in einen Einsatz gehenden Soldatinnen und Soldaten geprüft und mögliche psychische Vorschäden
erkannt werden. Nach den Ergebnissen der
89
Stellungnahme BMVg
zum Jahresbericht 2013 des Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages
Auskunft und Hilfsangebote des Bundesministeriums der Verteidigung und externer Organisationen auch anonym abrufen. Zum anderen
haben sich an nahezu 80 Standorten im Inland
und im Einsatz Truppenärzte, Sozialarbeiter,
Militärseelsorger und Truppenpsychologen zu
sogenannten Psychosozialen Netzwerken zusammengeschlossen und bieten Hilfe an. Außerdem können die in der Truppe eingerichteten Betreuungslotsen für Einsatzgeschädigte
wichtige erste Ansprechpartner für Hilfe sein.
Zur Zeit sind rund 150 Lotsen eingesetzt. Allerdings gibt es derzeit nur im Heer hauptamtliche Lotsen, während Luftwaffe und Marine
diese nur in Nebenfunktion vorsehen.
Dunkelzifferstudie der Technischen Universität
Dresden sind nahezu ein Fünftel der traumatisierten Rückkehrer mit psychischen Vorbelastungen in den Einsatz geschickt worden, obwohl ihnen zuvor die Auslandsverwendungsfähigkeit bescheinigt worden war. Das hätte angesichts ihrer Vorbelastung nicht geschehen
dürfen. Nach Ihrer Rückkehr werden dieselben
Soldaten künftig noch einmal untersucht, um
mögliche psychische Schädigungen durch den
Einsatz frühzeitig erkennen und behandeln zu
können.
Für die erweiterten „Screening“-Verfahren sowie die jetzt vorgesehene regelmäßige Teilnahme von Psychologen an den Einsatznachbereitungsseminaren wird allerdings eine größere Zahl von Truppenpsychologen benötigt.
Da die Gewinnung ausgebildeter Psychologen
auf dem Arbeitsmarkt große Probleme bereitet,
hat die Bundeswehr eigene Ausbildungsgänge
geschaffen. Seit Oktober 2013 wird ein Bachelorstudiengang Psychologie und darauf
aufbauend ab Januar 2016 ein Masterstudiengang Klinische Psychologie an der Fakultät für Humanwissenschaften der Universität
der Bundeswehr München angeboten. Es
bleibt zu hoffen, dass dieses Angebot von
jungen Offizieranwärtern auch angenommen
wird.
Stellungnahme BMVg
Im Rahmen der Umsetzung des 2012 erlassenen Rahmenkonzepts „Erhalt und Steigerung der psychischen Fitness von Soldaten
und Soldatinnen“ wurde ein Screeningverfahren zur Messung der psychischen Fitness von
Soldaten und Soldatinnen entwickelt und wird
derzeit erprobt. Das Screening bildet die
Grundlage, um ggf. frühzeitig zielorientierte
präventive Maßnahmen zum Erhalt und zur
Steigerung der psychischen Fitness einzuleiten.
Erstmalig wird das Screening der psychischen
Fitness nach der Einstellung des Soldaten bzw.
der Soldatin durchgeführt, um einen Basiswert
zu ermitteln. Das zweite Screening erfolgt
einmalig vor dem ersten Einsatz um festzustellen, ob die Person aus psychologischer
Sicht für den anstehenden Einsatz ausreichend psychisch fit ist. Bestehen Zweifel, so
werden Maßnahmen zur Steigerung der psychischen Fitness angeboten, da die individuelle Durchhaltefähigkeit bei Personen, deren
psychische Fitness weniger ausgeprägt ist, in
belastenden Situationen geringer ist als bei
solchen mit starker psychischer Fitness. Ein
weiteres Screening wird regelmäßig nach jedem Einsatz durchgeführt um festzustellen, ob
infolge der besonderen Belastungen des Einsatzes individuelle Maßnahmen zur Steigerung
der psychischen Fitness empfohlen werden
sollten.
Das Bundesministerium der Verteidigung teilt
nicht die Auffassung, dass Soldatinnen und
Soldaten, die gemäß "Dunkelzifferstudie"
"psychische
Vorbelastungen"
aufweisen,
grundsätzlich nicht in den Einsatz geschickt
werden dürften. Es ist noch nicht hinreichend
erforscht, welche psychischen Vorbelastungen
die individuelle Einsatzverwendungsfähigkeit
tatsächlich einschränken können.
Den Studierenden des neu geschaffenen Studiengangs Psychologie an der Universität der
Bundeswehr in München wird ein hochwertiger
akademischer Abschluss geboten, der nach
Ausscheiden aus der Bundeswehr einen Ein-
Ebenfalls positiv zu bewerten ist das bereits in
den letzten Jahresberichten erwähnte Lehrgangsangebot „Sporttherapie nach Einsatzschädigung“ des Sportmedizinischen Instituts
der Sportschule der Bundeswehr in Warendorf.
Die Lehrgänge stehen auch psychisch
Einsatzgeschädigten offen. Ihr ganzheitlicher
Ansatz zur Wiederherstellung der physischen
und psychischen Fitness und Steigerung der
Lebensqualität Einsatzgeschädigter hat sich
bewährt. Aufgrund der positiven Erfahrungen
sollen das Konzept der Lehrgänge weiterentwickelt und die Teilnehmerzahl ausgeweitet
werden. Darüber hinaus sollte endlich die
Übernahme der Kosten durch den Dienstherrn
sichergestellt werden. Derzeit kommen noch
das Soldatenhilfswerk der Bundeswehr sowie
die Evangelische und Katholische Arbeitsgemeinschaft für Soldatenbetreuung für einen
Teil der Kosten auf.
Erfreulich ist, dass für Soldaten, die nach einem Einsatz Hilfe wegen einer psychischen
Reaktion suchen, inzwischen verschiedene
Informationsquellen mit mehrstufigen Hilfsangeboten zur Verfügung stehen. Zum einen
können betroffene Soldaten über eine ständig
erreichbare Rufnummer sowie das Internet
90
Stellungnahme BMVg
zum Jahresbericht 2013 des Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages
ihrem Weg durch die Hilfsinstitutionen. Dabei
helfen sie in der Vorbereitung, Durchführung
und Nachbereitung von Besuchen sowie beim
Schriftverkehr.
stieg in eine zivilberufliche Tätigkeit mit vielen
Optionen ermöglicht. Bei entsprechender Eignung sind diese Psychologinnen und Psychologen im Rahmen des Binnenarbeitsmarktes
besonders wertvolle Ergänzungen für den
Psychologischen Dienst der Bundeswehr, da
diese ihre mannigfaltigen militärischen Erfahrungen in idealer Weise in die Aufgabenfelder
der Wehrpsychologie einbringen können.
Die positive Resonanz auf die inzwischen verfügbaren erweiterten therapeutischen Maßnahmen, darunter das Lehrgangsangebot
„Sporttherapie nach Einsatzschädigung“ des
Zentrums für Sportmedizin des Zentralen Sanitätsdienstes, bestätigt das lange und intensive Engagement von Psychotraumatologen,
Präventiv- und Sportmedizinern sowie Psychologen der Bundeswehr auf diesem Feld.
Eine erste konzeptionelle Weiterentwicklung
hat bereits stattgefunden mit dem Erlass des
Konzepts „Kontinuierliche, fachübergreifende,
medizinische Betreuung von Bw-Angehörigen
nach Einsatzschädigung, zur Wiederherstellung, zum Erhalt und zur Verbesserung der
psycho-physischen Leistungsfähigkeit“ vom 7.
November 2013. Es handelt sich hier um die
konsequente Ausweitung von Maßnahmen in
der Betreuung einsatzgeschädigter Angehöriger der Streitkräfte, vom interdisziplinären,
übergreifenden Betreuungsmonitoring bis hin
zu ersten Gedanken zu einem digitalen Datenmanagement.
Die beschriebenen Maßnahmen befinden sich
derzeit in der Umsetzung in Form eines Pilotprojekts unter Federführung des Kommandos
Sanitätsdienst der Bundeswehr. Eine Ausweitung der Kostenübernahme durch den Dienstherrn wird zurzeit geprüft. Aus Sicht der Gesundheitsversorgung wird ein ausgeweitetes
Engagement im Interesse aller Angehörigen
der Streitkräfte und derer Familien nachdrücklich unterstützt.
Lotsen für Einsatzgeschädigte werden im
Rahmen der Neuausrichtung der Bundeswehr
auf der Grundlage ministerieller Zielvorgaben
flächendeckend in die Bundeswehr eingeführt.
Es sind sowohl hauptamtliche Aufgabenwahrnehmungen als auch solche in Zweitfunktion
möglich. Dabei wird eine Verknüpfung der
Lotsentätigkeit mit anderen Aufgaben des Bereichs „Betreuung und Fürsorge“ angestrebt.
Lotsen stehen einsatzgeschädigten Bundeswehrangehörigen als niedrigschwellig ansprechbare Personen in Dienststellen der
Bundeswehr zur Verfügung. Sie kennen Hilfs-,
Beratungs- und Unterstützungsangebote für
Einsatzgeschädigte innerhalb und außerhalb
der Bundeswehr sowie deren Zusammenwirken. Sie informieren Einsatzgeschädigte über
die fachlichen Ansprechstellen, unterstützen
bei der Kontaktaufnahme und begleiten sie auf
15.2
Einbeziehung Angehöriger in das
Therapieangebot
Auf die Bedeutung der Einbeziehung Angehöriger in die Behandlung einsatzgeschädigter
Soldaten ist bereits im vorangegangenen Jahresbericht hingewiesen worden. Einerseits
geht es dabei um die Begleitung und Unterstützung der Behandlung der betroffenen Soldaten
durch die Angehörigen, andererseits aber auch
um ihre Einbeziehung in therapeutischen
Maßnahmen, soweit sie selbst in Folge der
Schädigung des Soldaten traumatisiert worden
sind und einer Behandlung bedürfen. Vor diesem Hintergrund ist es zu begrüßen, dass Angehörige jetzt in die Nachsorge Einsatzgeschädigter eingebunden werden und an
Einsatznachbereitungsseminaren teilnehmen
können.
Ein positives Beispiel für die Integration der
Angehörigen ist das vom früheren Stellvertretenden Befehlshaber Wehrbereichskommando
IV initiierte Seminarprojekt „Körper, Seele,
Geist“. Das Seminar richtet sich an besonders
einsatzbelastete Feldjäger und Kampfmittelbeseitiger und ihre Familien. Bislang werden
die Kosten für diese Seminare von der Katholischen Militärseelsorge getragen. Wie der
damalige Bundesminister der Verteidigung Dr.
de Maizière Anfang November des vergangenen Jahres mitgeteilt hat, übernimmt das
Bundesministerium der Verteidigung zukünftig
die Kosten des Seminars und stellt dessen
Weiterführung zunächst bis Anfang 2015 sicher. Diese Befristung sollte aufgehoben und
die Teilnahme an den Seminaren auch Angehörigen anderer Verwendungsreihen ermöglicht werden.
Positiv hervorzuheben sind auch die Fachberatungsseminare „Betreuung und Fürsorge
unter einem Dach“. In einwöchigen Seminaren
können stabilisierte einsatztraumatisierte Soldaten auf freiwilliger Basis mit ihren Angehörigen sowie Hinterbliebene gefallener
Soldaten individuelle und gemeinsame Beratungsangebote durch Fachpersonal der Bundeswehr wahrnehmen, Erfahrungen austauschen und sich gegenseitig unterstützen. Während dieser Seminare ist eine umfassende
Betreuung von Kindern gewährleistet. Die
Fortsetzung und Ausweitung dieses Angebots
sollte sichergestellt werden.
91
Stellungnahme BMVg
zum Jahresbericht 2013 des Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages
rapie sowie Kinderbetreuung sichergestellt.
Das katholische Militärdekanat München unterstützt die Seminare durch Übernahme der
Kosten für Unterkunft und Verpflegung. Zudem
wurde jeweils ein Militärgeistlicher zur Begleitung der Seminarwochen abgestellt. Für das
Haushaltsjahr 2014 werden die Kosten von der
Bundeswehr erwirtschaftet.
Das KSG-Seminar zur intensiven Betreuung
von besonders belastetem Personal sowie deren Familienangehörigen ist als Maßnahme für
den Erhalt und die Steigerung der psychischen
Fitness grundsätzlich zu begrüßen. Die wachsende Vielfalt solcher Maßnahmen in der
Bundeswehr war mit ein Grund, der zur Erstellung des "Rahmenkonzept Erhalt und Steigerung der Psychischen Fitness von Soldaten
und Soldatinnen" führte. Die Erkenntnisse des
KSG-Seminars sind in diese Konzepterstellung
eingeflossen. Ziel des Rahmenkonzeptes ist es,
eine systematische, zielgruppenorientierte und
fachlich begründete Struktur von Maßnahmen
zu entwickeln, die modular aufgebaut ist.
So wird zukünftig mit den neuen Einsatznachbereitungsseminaren (ENS) und „Psychologischen Maßnahmen zum Ausgleich Psychoreaktiver Einsatzfolgen“ (PAUSE) ein umfangreiches Maßnahmenpaket angeboten, das
auch Sport und erlebnisorientierte Anteile, die
Teilnahme von Familienangehörigen und mehr
Möglichkeiten für Einzel- und Gruppengespräche bietet. Diese Maßnahmen sind wissenschaftlich begründet und hergeleitet. Durch die
systematische Erfassung der psychischen Fitness werden sie differenziert und individuell
entsprechend der fachlichen Notwendigkeit
angeboten
und
durchgeführt.
Das
KSG-Seminar ist als eine erweiterte truppenpsychologische Maßnahme für besondere
Personengruppen mit spezifischer Indikation
nach einem Screening vorstellbar. Es wäre
vom Rahmenkonzept für einen begrenzten
Personenkreis abgedeckt.
Sollten aufgrund der Besonderheit bestimmter
Truppengattungen oder bestimmter Verwendungen weitergehende, gesonderte Maßnahmen für den Erhalt und die Steigerung der
psychischen Fitness auch nach Einführung der
neuen ENS und PAUSE für erforderlich gehalten werden, so liegen diese laut Rahmenkonzept in der Verantwortung der zuständigen
Kommandeure in den Organisationsbereichen.
Die neuen ENS und PAUSE werden 2014 erprobt und sollen 2015 in den Regelbetrieb
überführt werden. Danach ist zu prüfen, ob die
KSG-Seminare in der heutigen Form noch erforderlich sind.
Die positive Resonanz auf die inzwischen in
den Regelbetrieb überführten Fachberatungsseminare „Betreuung und Fürsorge unter einem Dach“ bestätigt den Ansatz, besonders
Schließlich ist auf weitere therapieunterstützende Maßnahmen in Form von Familien- und
Angehörigenseminaren durch das Psychotraumazentrum Berlin in Zusammenarbeit
mit der Evangelischen Militärseelsorge hinzuweisen. Darüber hinaus bietet das „Netzwerk
der Hilfe“, in dem ehrenamtlich und gemeinnützig tätige Organisationen mit den Psychosozialen Netzwerken und der Militärseelsorge
zusammenarbeiten, betroffenen Soldatinnen
und Soldaten und ihren Familien Hilfe an. Auf
die Angebote kann über das neue Internetportal „bundeswehr-support.de“ zugegriffen werden. All die genannten Einrichtungen und Institutionen leisten einen wichtigen Beitrag zur
Versorgung und Betreuung traumatisierter
Soldatinnen und Soldaten. Dafür ist ihnen zu
danken.
Stellungnahme BMVg
Die sozialen Beziehungen sind für Soldatinnen
und Soldaten im Umgang mit Belastungen von
hoher Bedeutung. Eine positive Ausprägung
der psychischen Dimension "Lebensqualität"
wird daher maßgeblich durch die Beziehung
von Soldatinnen und Soldaten zu ihren Familienangehörigen und weiteren Bezugspersonen
mitbestimmt. Die Anwesenheit von Familienangehörigen und weiteren Bezugspersonen an
den verschiedenen Maßnahmen zum Erhalt
und zur Steigerung der psychischen Fitness,
insbesondere an den Einsatznachbereitungsseminaren, an den psychologischen Maßnahmen zum Ausgleich psychoreaktiver Einsatzfolgen (PAUSE) sowie an erweiterten (truppen-)psychologischen Maßnahmen ist wesentlicher Bestandteil zum Erreichen der jeweiligen
Ziele dieser Maßnahmen. Die Teilnahme eines
Angehörigen bzw. einer Bezugsperson liegt
somit unmittelbar im dienstlichen Interesse und
ist seitens des Dienstherrn zu ermöglichen.
Das Landeskommando Bayern führt seit 2010
mit Unterstützung der katholischen Militärseelsorge jeweils einwöchige Seminare „Körper – Seele – Geist“ (KSG) für aufgrund von
Auslandseinsätzen besonders belastetes Personal der Feldjäger und Kampfmittelbeseitiger
durch. Die Seminare fokussieren auf das soziale Klima und die Funktionalität in den Familien der betroffenen Soldatinnen und Soldaten.
Das fakultative Rahmenprogramm soll eine
positive Grundlage zur Bearbeitung defizitärer
Kommunikationsmuster, sozialer Interaktionen
sowie von Konflikten / Spannungen schaffen.
Neben sport- und erlebnisorientierten Anteilen
werden psycho-edukative Informationen vermittelt sowie psychologische Einzel- und Familienberatungen angeboten. Eine fachliche Begleitung wird durch Vertreter Truppenpsychologie, Militärseelsorge, Sportlehrer, Physiothe-
92
Stellungnahme BMVg
zum Jahresbericht 2013 des Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages
belasteten Bundeswehrangehörigen und deren
Familien psychosoziale Unterstützung in konzentrierter Form durch Mitglieder des Psychosozialen Netzwerks (PSN) anzubieten. Die
Seminare bieten zudem den Rahmen für einen
wertvollen Erfahrungsaustausch. Die Fortsetzung der Fachberatungsseminare ist mit der
Überführung in den Regelbetrieb sichergestellt.
Eine mögliche Ausweitung dieses Angebotes
wird im Rahmen einer Evaluierung bewertet.
Die Familien- und Angehörigenseminare des
Psychotraumazentrums am Bundeswehrkrankenhaus Berlin und der Militärseelsorge werden fortgeführt.
Das Bundesministerium der Verteidigung arbeitet in einem "Netzwerk der Hilfe" mit verschiedenen gemeinnützigen Vereinen, Organisationen und Initiativen zusammen, deren
Mitglieder Bundeswehrangehörigen und deren
Familien mit großteils ehrenamtlichem Engagement helfen und soziale, finanzielle oder
menschliche Unterstützung leisten. In drei Arbeitsgruppen werden die Themen "Betreuung
Einsatzgeschädigter", "Betreuung Hinterbliebener" und "Familienbetreuung" bearbeitet, um
Möglichkeiten der Ergänzung der Betreuung
unserer Soldatinnen und Soldaten und deren
Familien durch die Bundeswehr zu identifizieren. Die inhaltliche Arbeit in den Arbeitsgruppen wird fortgesetzt und das im Rahmen dieser
Arbeit
entwickelte
Internetportal
www.bundeswehr-support.de von der Bundeswehr weiterhin unterstützt.
schen gelöst werden. Durch den am 16. September 2013 in Kraft getretenen Vertrag zwischen dem Bundesministerium der Verteidigung und der Bundespsychotherapeutenkammer wurde die Vergütung privater psychotherapeutischer Leistungen auf den Vergütungssatz für Vertragsärzte der Bundeswehr
angehoben. Darüber hinaus wird die Bundespsychotherapeutenkammer Seminare durchführen, um die Bundeswehr bei der Suche
nach geeigneten Psychotherapeuten zur Behandlung von Soldatenpatienten zu unterstützen.
Eine weitere Verbesserung der Behandlungskapazitäten erwartet die Bundeswehr in Westerstede. Dort wird die Karl-Jaspers-Klinik aus
Bad Zwischenahn auf dem Campus des Bundeswehrkrankenhauses Westerstede eine
Facheinrichtung für psychosomatische Medizin
und Psychotherapie aufbauen, in der zehn
Soldaten mit posttraumatischen Belastungsstörungen behandelt werden sollen. Der dazu
abgeschlossene Kooperationsvertrag regelt
auch die Aus-, Fort- und Weiterbildung von
ärztlichem und nichtärztlichem Fachpersonal
der Bundeswehr in der neuen Einrichtung. Das
ist ein richtungsweisendes Projekt.
15.4
Ansprüche ausgeschiedener
Soldatinnen und Soldaten,
insbesondere Einsatzrückkehrer
Für Soldatinnen und Soldaten, bei denen erst
nach ihrem Ausscheiden aus dem aktiven
Dienst einsatzbedingte psychische Störungen
auftreten, bietet der Dienstherr bisher lediglich
Informationen und Kontaktadressen in Merkblättern über das Internet an. Diese Angebote
genügen der im Paragraphen 31 Soldatengesetz festgelegten Fürsorgepflicht nicht. Diese
verpflichtet den Dienstherrn zur Fürsorge auch
für die Zeit nach Beendigung des Dienstverhältnisses. Hier bedarf es direkter Versorgungs- und Leistungsansprüche, um frühere
Soldaten besser abzusichern. Vorbildcharakter
könnten insoweit die Vereinigten Staaten von
Amerika haben, wo früheren Soldaten eine
kostenlose Gesundheitsvorsorge und Fortbildungsmaßnahmen auf Staatskosten zustehen.
15.3
Sicherstellung der
therapeutischen Versorgung
Nach wie vor reichen die Kapazitäten des Sanitätsdienstes der Bundeswehr nicht aus, um
die Behandlung und Versorgung psychisch erkrankter Einsatzrückkehrer zu gewährleisten.
Das liegt zum einen daran, dass die Personalausstattung einiger Bundeswehrkrankenhäuser die Errichtung von Tageskliniken
zur ambulanten Behandlung Einsatzgeschädigter gar nicht zulässt. Zum anderen liegt es
an den weiter bestehenden erheblichen personellen Vakanzen im Bereich der klinischen
Psychiater und Psychotherapeuten. Bisher
umfasst das Angebot eine ambulante Behandlung in fünf Krankenhäusern. Das reicht nicht
aus.
Voraussetzung für die Gewährung entsprechender Leistungen wäre die Zuerkennung eines eigenen Status‘ für Einsatzrückkehrer, der
mit dem Begriff „Veteran“ umschrieben werden
könnte. Die dazu vom früheren Bundesminister
der Verteidigung Dr. de Maizière entwickelten
Vorschläge beschränkten sich auf Diskussi-
Um fehlende eigene Behandlungskapazitäten
auszugleichen, greift die Bundeswehr unter
anderem auf zivile Therapieangebote zurück.
Das in diesem Zusammenhang aufgetretene
Problem der von den zivilen Therapeuten als
zu niedrig empfundenen Vergütung ihrer Leistungen durch die Bundeswehr konnte inzwi-
93
Stellungnahme BMVg
zum Jahresbericht 2013 des Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages
Angehörigen der Bundeswehr aller Statusgruppen wie ihren Familien individuelle Beratung und Betreuung in allen sozialen Angelegenheiten. Ebenfalls werden Versorgungsempfänger, Rentner sowie Hinterbliebene
durch den Sozialdienst betreut. Besonders für
einsatzverletzte Soldatinnen und Soldaten bzw.
für deren Angehörige sind die flächendeckend
eingerichteten Sozialdienste zentrale Ansprechpartner. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter
des Sozialdienstes betreuen und unterstützten
Einsatzverletzte nach deren Repatriierung im
Sinne eines „Casemanagement“ in allen Fragen mit sozialen Bezügen.
Dies gilt auch für ehemalige Soldatinnen und
Soldaten, die die Bundeswehr bereits verlassen haben und nun – in der Regel psychische – Beeinträchtigungen erfahren. Bereits
bei Bekanntwerden eines Verdachts auf
Einsatzschädigung erhalten diese in gleicher
Weise Unterstützung durch den Sozialdienst
wie Einsatzverletzte, deren Dienstverhältnis
noch nicht beendet ist. Im Vordergrund stehen
vor allem die Vorschriften des Einsatzversorgungsund
des
Einsatz-Weiterverwendungsgesetzes
(EinsatzWVG). Sofern die Mitarbeiterinnen und
Mitarbeiter des Sozialdienstes nicht zuständig
sein sollten, verweisen sie aufgrund ihrer
Kenntnisse der örtlichen Gegebenheiten an die
hierfür in Betracht kommenden Stellen innerhalb und außerhalb der Bundeswehr, begleiten
erforderlichenfalls die zu Betreuenden persönlich zu den jeweiligen weiteren Ansprechpartnern, sind bei der Erstellung von Anträgen behilflich und verfolgen den weiteren Fortgang
der Verfahren. Damit ist eine lückenlose
Betreuung sichergestellt.
§ 31 des Soldatengesetzes (SG) verpflichtet
den Dienstherrn nicht zur Bereitstellung von
Leistungs- und Versorgungsangeboten (z.B.
unentgeltliche Versorgung, Fortbildungsmaßnahmen) für frühere Soldatinnen und Soldaten
mit einsatzbedingten Schädigungen. § 31 SG
ist eine Ankervorgabe, die hinsichtlich zu gewährender Leistungen (z.B. unentgeltliche
Versorgung, Fortbildungsmaßnahmen) ihre
spezialgesetzliche Ausgestaltung gefunden hat.
Nach derzeitiger Rechtslage gibt es keine
Pflicht zu weitergehenden Maßnahmen.
Die Versorgungs- und Leistungsansprüche
ehemaliger Soldatinnen und Soldaten sind im
Soldatenversorgungsgesetz geregelt. Nach
Beendigung des Wehrdienstverhältnisses erhalten wehrdienstbeschädigte Soldatinnen und
Soldaten freie Heilbehandlung für Schädigungsfolgen, eine Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz, deren Höhe sich nach
dem Grad der Schädigungsfolgen (GdS) richtet,
eine Schwerstbeschädigtenzulage bei außergewöhnlich schwerem Körperschaden je nach
onsbeiträge. Minister de Maizière hatte vorgeschlagen, solche Soldatinnen und Soldaten als
Veteranen der Bundeswehr zu bezeichnen,
„…die ehrenhaft aus dem aktiven Dienst in der
Bundeswehr ausgeschieden [sind] und als
Angehörige der Bundeswehr im Ausland an
mindestens einem Einsatz oder einer besonderen Verwendung im Rahmen von humanitären, friedenserhaltenden oder friedensschaffenden Maßnahmen teilgenommen [haben]“.
Diese Definition ist zu begrüßen, weil sie unbürokratisch die notwendige Voraussetzung
schafft, Soldaten mit diesem Status – der im
übrigen auch durch die Einsatzmedaille dokumentiert ist – und deren Angehörigen konkrete
Leistungen zu gewähren. Darüber muss die
neue Verteidigungsministerin nun zügig entscheiden.
Erste konkrete Schritte zur besseren Versorgung und Absicherung früherer Soldaten
zeichnen sich ab. So hat das Psychotraumazentrum Berlin ausgeschiedenen traumatisierten Einsatzteilnehmern, die keinen Anspruch
mehr auf truppenärztliche Versorgung haben,
sowie psychisch erkrankten Angehörigen solcher Soldaten angeboten, sie in die ambulante
Behandlung in der am Psychotraumazentrum
Berlin
eingerichteten
Tagesklinik
einzubeziehen. Ein solches Angebot ist zu begrüßen. Wichtiger wäre aber, dass dies für
einsatzbedingt Traumatisierte und psychisch
erkrankte Angehörige solcher Soldaten als
Anspruch geregelt wird. Alles andere ist ein
grober Verstoß gegen die Fürsorgepflicht.
Einen wichtigen Schritt zu der wünschenswerten Versorgung von Veteranen „aus einer
Hand“ hat der Gesetzgeber vollzogen. Der
Deutsche Bundestag hat das Gesetz zur Übertragung der Zuständigkeiten der Länder im
Bereich der Beschädigten- und Hinterbliebenenversorgung nach dem dritten Teil des Soldatenversorgungsgesetzes auf den Bund vom
15. Juli 2013 verabschiedet. Danach sollen die
Zuständigkeiten für die Rentenleistungen sowie für die Heil- und Krankenbehandlung zum
1. Januar 2015, die Zuständigkeiten für die
Kriegsopferfürsorge ab 2016 von den Ländern
auf den Bund übertragen werden. Damit ist allerdings lediglich der Einstieg in eine Versorgung früherer Soldaten „aus einer Hand“ geschafft. Nunmehr müssen zeitgerecht die entsprechenden personellen und materiellen
Voraussetzungen geschaffen werden, um diesem Anspruch auch gerecht zu werden.
Stellungnahme BMVg
Der Sozialdienst der Bundeswehr bietet den
94
Stellungnahme BMVg
zum Jahresbericht 2013 des Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages
posten für schwerbeschädigte Soldatinnen und
Soldaten, z.B. für die kleine Gruppe schwerst
Einsatzgeschädigter, bei denen ggf. wegen
fehlender Dienstfähigkeit der Betroffenen keine
Weiterverwendung nach dem EinsatzWVG als
Berufssoldat oder ziviler Mitarbeiter erfolgen
kann.
Der Anspruch auf unentgeltliche truppenärztliche Versorgung besteht nach § 30 SG nur für
Soldatinnen und Soldaten während des
Dienstverhältnisses, nicht für ehemalige Soldatinnen und Soldaten. Sofern bei einsatzgeschädigten ehemaligen Soldatinnen und Soldaten keine Wiedereinstellung nach dem EinsatzWVG erfolgt oder das Wehrdienstverhältnis besonderer Art geendet hat, kann daher
keine unentgeltliche truppenärztliche Versorgung gewährt werden. Behandlungen durch
Einrichtungen des Sanitätsdienstes und des
Psychotraumazentrums (PTZ) können in diesem Fall nur im Rahmen der allgemeinen Regeln für die Behandlung von zivilen Patientinnen und Patienten gewährt werden, wenn die
Sanitätseinrichtung in die allgemeine Gesundheitsversorgung der gesetzlichen Krankenversicherung einbezogen ist oder die Behandlung
als Privatpatient erfolgt. Ehemaligen Soldaten,
die in der Regel über die Telefonhotline oder
die Internetangebote der Bundeswehr Kontakt
zum Psychotraumazentrum aufnehmen, wird
auf Wunsch ein kostenfreier, anonymer Beratungstermin in der Traumaambulanz des PTZ
angeboten. Im Anschluss kann ein Termin zur
stationären Behandlung vereinbart werden, die
zunächst mit der zuständigen Krankenkasse
abgerechnet wird, bis ggf. die Regelungen des
Einsatz-Weiterverwendungsgesetzes greifen.
Eine ambulante Psychotherapie ziviler Kassenpatienten ist in Bundeswehrkrankenhäusern bzw. Fachsanitätszentren nicht möglich.
In der stationären Versorgung des PTZ liegt
der Anteil ziviler Patienten bei insgesamt
knapp 20 Prozent, wobei einsatzbedingte
psychische Störungen ehemaliger Soldaten
weniger als 10 Prozent ausmachen. Psychisch
erkrankte Angehörige solcher Soldatinnen und
Soldaten können grundsätzlich bei Zustimmung des jeweils zuständigen Kostenträgers in
geeigneten Bundeswehreinrichtungen behandelt werden, die über die besondere Fachkompetenz verfügen. In den Bundeswehrkrankenhäusern Berlin und Koblenz kann eine
stationäre Behandlung als Kassenpatient erfolgen. Sind sie privat versichert, ist auch eine
ambulante Therapie in allen anderen BwKrhs
möglich.
Darüber hinaus werden Angehörige im Rahmen von fallweise angebotenen Paargesprächen in den BwKrhs, der Fachberatungsseminare, des Sportlehrgangs in Warendorf sowie
von Seelsorgeprojekten der Militärseelsorge in
Schwere der Schädigung, eine Ausgleichsrente für Schwerbeschädigte mit geringen Einkünften nach dem Grad der Schädigungsfolgen, Pflegezulage bei Hilflosigkeit je nach
Schwere der Pflegebedürftigkeit, Berufsschadensausgleich in individueller Höhe zur Abgeltung wirtschaftlicher Folgen (42,5 Prozent des
Einkommensverlustes) und Leistungen zur
beruflichen Rehabilitation. Bei einem GdS von
mindestens 50 Prozent erhalten wehrdienstbeschädigte Soldatinnen und Soldaten zudem
Geldleistungen der Wohnungshilfe zur Beschaffung oder zur Herstellung behindertengerechten Wohnraums. Aus Sicht der Beschädigtenversorgung gibt es keine Versorgungslücke
Die Bundeswehr hat in den vergangenen Jahren große Anstrengungen unternommen, um
die Versorgung und Betreuung ihres Personals
vor, im und nach dem Auslandseinsatz zu
verbessern.
Die sozialen Versorgungsleistungen für aktive wie für ehemalige Bundeswehrangehörige konnten so durch ein Bündel
gesetzlicher Regelungen im Zuge des Wandels der Bundeswehr zur Einsatzarmee den
gestiegenen Bedürfnissen und der wachsenden Bedrohung in den Einsätzen schrittweise
angepasst und ergänzt werden. Die Leistungen der Beschädigtenversorgung werden bei
Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen
des SVG gewährt, unabhängig davon, ob es
sich um eine im Inland erlittene Wehrdienstbeschädigung oder eine Einsatzschädigung
handelt.
Die Zuerkennung eines „Veteranenstatus“ ist
hierfür irrelevant und nicht in Verbindung mit
konkreten Leistungen zu sehen. Einsatzgeschädigte ehemalige Soldatinnen und Soldaten,
die aufgrund der einsatzbedingten Schädigung
um mindestens 50 Prozent erwerbsgemindert
sind, erhalten zusätzlich zu den Leistungen der
Beschädigtenversorgung Einsatzversorgung.
Diese umfasst eine einmalige Entschädigung,
eine erhöhte Dienstunfallversorgung für Berufssoldatinnen / Berufssoldaten, eine Ausgleichszahlung für bestimmte andere (nicht
pensionsberechtigte) Statusgruppen, einen
Schadensausgleich in angemessenem Umfang
für die Geschädigten oder Hinterbliebenen. Es
besteht aber weiterhin die Notwendigkeit, die
einschlägigen Verfahren zu straffen und zu
beschleunigen. Die Einsatzversorgung (Abschnitt VI des Soldatenversorgungsgesetzes)
ist nach derzeitiger Rechtslage auf Einsatzunfälle ab Dezember 2002 beschränkt. Eine
Vorverlegung dieser sog. Stichtagsregelung
wird durch das Bundesministerium der Verteidigung geprüft, um Unfälle im davorliegenden
Zeitraum gleichermaßen abdecken zu können.
Das Bundesministerium der Verteidigung prüft
derzeit die Einrichtung von Integrationsdienst-
95
Stellungnahme BMVg
zum Jahresbericht 2013 des Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages
den Behandlungsverlauf einbezogen.
Die komplexe Vorbereitung der Aufgabenübertragung im Bereich der Beschädigtenversorgung nach dem Soldatenversorgungsgesetz
(SVG) von den Ländern auf den Bund erfolgt
mit hoher Priorität und wird intensiv vorangetrieben, um einen möglichst reibungslosen
Übergang bei der Leistungserbringung zu ermöglichen. Eine Änderung des Umfangs der
Versorgungsleistungen ist mit der Übertragung
der Zuständigkeiten nicht verbunden.
Erkrankungen lassen den Schluss zu, dass
auch diese Folgeerkrankungen von Radarstrahlen sein können. So wie bei den Krebserkrankungen, die als Folge der Radarbelastung
anerkannt sind, muss diese Kausalität zukünftig auch für nicht-karzinogene Erkrankungen
Betroffener anerkannt werden.
Das im vorangegangenen Jahresbericht beschriebene Problem der Anerkennung von
Erbgutschädigungen von Kindern ehemaliger
Radartechniker ist ebenfalls noch nicht gelöst.
Wesentliche Hürde ist nach wie vor die Abschätzung des genetischen Risikos der Nachkommen bei einer Strahlenexposition eines
Elternteils, um die Wahrscheinlichkeit eines
entsprechenden Kausalzusammenhanges zu
belegen. Deshalb wird auch in diesen Fällen
versucht, durch die Härtefallstiftung zu helfen,
jedenfalls wenn nicht ausgeschlossen werden
kann, dass die Nachkommen infolge der Tätigkeit eines Elternteils als Radarsoldat Schädigungen davongetragen haben könnten.
16
Härtefallstiftung
Finanzielle Unterstützung können traumatisierte frühere Soldaten über die treuhänderische Stiftung zur Unterstützung besonderer
Härtefälle in der Bundeswehr und der ehemaligen Nationalen Volksarmee erhalten. Diese
Stiftung (sogenannte „Härtefallstiftung“) wurde
unter der Trägerschaft des Soldatenhilfswerks
der Bundeswehr e.V. eingerichtet. Sie ist zur
Zeit noch nicht gemeinnützig. Das Ministerium
ist aber bemüht, der Stiftung die Gemeinnützigkeit zuerkennen zu lassen.
Stellungnahme BMVg
Die „Treuhänderische Stiftung zur Unterstützung besonderer Härtefälle in der Bundeswehr
und der ehemaligen Nationalen Volksarmee“
(„Härtefall-Stiftung“) wurde unter der Trägerschaft des Soldatenhilfswerks der Bundeswehr
e.V. zu dem Zweck errichtet, insbesondere
krankheitsbedingt entstandene Härten auszugleichen. Dabei sollen neben Radargeschädigten auch andere krankheitsbedingte Härtefälle (z.B. PTBS-Erkrankte) einbezogen werden. Die Stiftung ist noch nicht gemeinnützig.
Es wurde erreicht, dass die Unterstützungsleistungen an die Antragsteller weder als zu
versteuerndes Einkommen im Sinne des Einkommenssteuergesetzes noch als Einkommen
in der Sozialhilfe für Arbeitsuchende zu berücksichtigen sind. Die Unterstützungsleistungen der Stiftung werden außerhalb des geltenden Versorgungsrechts entsprechend dem
Stiftungszweck gewährt. Sie sind kein Ersatz
für die vom Dienstherrn geschuldete Fürsorge,
sondern ergänzen diese.
Soweit die Bundeswehrverwaltung bzw. die
Länderbehörden in Radarverfahren Berufung
eingelegt haben, stützt sich die Begründung im
Wesentlichen auf grundsätzliche Aspekte im
Zusammenhang mit den Kriterien des Berichts
der Radarkommission vom 2. Juli 2003 und
deren Auslegung, wie z.B. bei der Frage des
Vorliegens einer qualifizierenden Tätigkeit oder
einer qualifizierenden Erkrankung oder in Fällen der unzutreffenden Annahme einer Beweislastumkehr durch erstinstanzliche Gerichte. Eine Einlegung der Berufung erfolgt nicht
prinzipiell. So hat die Bundeswehrverwaltung
Die Leistungen der Stiftung sollen und dürfen
aber kein Ersatz für die vom Dienstherrn geschuldete Fürsorge sein, sondern lediglich den
Personen helfen, deren Situation erheblich
vom gesetzlich vorgesehenen Normalfall abweicht, beziehungsweise die nach derzeitiger
Rechtslage auf diese Hilfe angewiesen sind.
Die Versorgung radargeschädigter ehemaliger
Soldaten war bereits mehrfach Gegenstand
der Berichte des Wehrbeauftragten. Die vor
allem zur Versorgung dieser Betroffenen eingerichtete Stiftung hat in vielen Fällen helfen
können. Allerdings konnten mehrere Verfahren,
in denen Betroffene Radarschädigungen geltend machten, wegen der vom Bundesministerium der Verteidigung eingelegten Rechtsmittel
immer noch nicht abgeschlossen werden. Anspruchssteller wiesen in diesem Zusammenhang darauf hin, dass für sie wegen der laufenden Erkrankung Zeit ein besonders kritischer
Faktor sei.
Im Rahmen einer Beweiserleichterung in den
Anerkennungsverfahren, die dem Umstand
Rechnung tragen, dass der Dienstherr die Betroffenen in diese Situation gebracht hat, werden bislang nur Krebserkrankungen als typische Folge einer Exposition durch Radarstrahlen anerkannt. Dem wird in Teilen der
Fachliteratur widersprochen. Neueste wissenschaftliche Erkenntnisse zu nicht-karzinogenen
96
Stellungnahme BMVg
zum Jahresbericht 2013 des Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages
Bundeswehr sind genetische Schädigungen
der Nachkommen auf Grund des vorstellbar
maximalen Dosisbereichs einer möglichen
Strahlenexposition – wie bereits in der Stellungnahme zum Jahresbericht 2012 des
Wehrbeauftragten dargestellt – sehr unwahrscheinlich.
in mehreren Fällen auf die Einlegung verzichtet. Drei Berufungsverfahren wurden durch
Vergleich beendet; in einem Berufungsverfahren ist ein Anerkenntnis durch die Bundeswehrverwaltung ergangen, da die erstinstanzliche Entscheidung vor dem Bericht der Radarkommission erfolgte und nach diesem zu
revidieren
war.
Die
Anerkennung
nicht-karzinogener Erkrankungen als strahleninduziert wird bereits seit Jahren durch den
Bund für die Unterstützung Radargeschädigter
e.V. gefordert.
In diesem Zusammenhang muss jedoch berücksichtigt werden, dass die Radarkommission in ihrem Bericht eine Wahrscheinlichkeitsprognose bezüglich der Erkrankungen vorgenommen hat, die in der Folge der Arbeit an
Radargeräten entstanden sein könnten. Sie
kam zu dem Schluss, dass nur bei den malignen Krebserkrankungen von einem hinreichenden Ursachenzusammenhang ausgegangen werden kann. Diese Thematik war bereits mehrfach Gegenstand von Gesprächen,
so auch auf der Arbeitstagung des Deutschen
Bundeswehrverbandes am 22. Januar 2008 in
Berlin, an der auch das Mitglied der ehemaligen Radarkommission, Dr. Gerald Kirchner,
Fachbereichsleiter im Bundesamt für Strahlenschutz, teilnahm. Dr. Kirchner führte hierzu
aus, dass es sich bei den Spätschäden im
Wesentlichen um Krebserkrankungen aufgrund
stochastischer Wirkungen handele. Zu weiteren chronischen Erkrankungen – wie
Herz-/Kreislauf-Erkrankungen – läge darüber
hinaus kein gesicherter Stand wissenschaftlicher Kenntnis vor. Auch unter Berücksichtigung der im Dezember 2011 veröffentlichten
wissenschaftlichen Stellungnahme zu der Berufskrankheit „Erkrankung durch ionisierende
Strahlung“ des beim Bundesministerium für
Arbeit und Soziales eingerichteten Sachverständigenbeirats „Berufskrankheiten“ ist keine
andere Bewertung angezeigt. Ein eigener
Versorgungsanspruch für Nachkommen, die
eine eigene gesundheitliche Schädigung geltend machen, besteht nur unter den Voraussetzungen des § 81f Soldatenversorgungsgesetz (SVG). Eine darüber hinausgehende
Ausdehnung ist auch im Rahmen der gesetzlichen Unfallversicherung und im Beamtenversorgungsrecht bewusst nicht vorgenommen
worden.
Für mittelbar Betroffene besteht grundsätzlich
– unabhängig von einer anerkannten Wehrdienstbeschädigung des Vaters – die Möglichkeit, eigene zivilrechtliche Schadensersatzansprüche geltend zu machen, wenn ein
ursächlicher Zusammenhang zwischen der Erkrankung des mittelbar Betroffenen und der
Tätigkeit des Vaters an Radargeräten besteht.
Bei den ehemaligen Radartechnikern der
17
Einsatz und
Beschädigtenversorgung
Die Einsatz- und Beschädigtenversorgung
weist trotz wichtiger Fortschritte bei der Absicherung Einsatzgeschädigter nach wie vor
Lücken auf und ist immer noch geprägt von
bekannten Mängeln im Rahmen der Verfahrensbearbeitung und Durchsetzung von Versorgungsansprüchen.
Unbefriedigend geregelt ist insbesondere die
Rückwirkung bei der Einsatzentschädigung.
Derzeit wird die Einmalentschädigung ab dem
Stichtag 1. Dezember 2002 gewährt. Weiter
zurückliegende Einsatzunfälle, etwa bei
Einsätzen im ehemaligen Jugoslawien, bleiben
ohne Entschädigung. Nicht nur weil die Anzahl
der dadurch nicht berücksichtigten Fälle überschaubar sein dürfte, sondern vor allem aus
Gleichbehandlungsgesichtspunkten sollte, der
Regelung beim Weiterverwendungsanspruch
entsprechend, auch die Einmalentschädigung
für alle Fälle ab dem 1. Juli 1992 gelten. Auch
aus dem parlamentarischen Raum wurde dies
wiederholt gefordert. Die Bundesministerin der
Verteidigung bleibt aufgefordert, entsprechende Initiativen zu ergreifen, damit der Gesetzgeber tätig wird.
Stellungnahme BMVg
Einmalige Entschädigungen nach dem Soldatenversorgungsgesetz (SVG) im Zusammenhang mit gesundheitlichen Schädigungen bei
Auslandseinsätzen gab es schon vor dem 1.
Dezember 2002. Diese waren aber nicht unter
dem einheitlichen Begriff der Einsatzversorgung zusammengefasst, sondern sind nach
unterschiedlichen Tatbestandsmerkmalen in
unterschiedlicher Höhe gewährt worden. Diese
Leistungen wurden seit 1993 in mehreren
Schritten verbessert. Gleichwohl betrachtet
das Bundesministerium der Verteidigung die
Möglichkeit einer Rückdatierung des Stichtages auf den 1. Juli 1992 für die Aufnahme in
das „Gesetz zur Steigerung der Attraktivität
des Dienstes in der Bundeswehr“.
Zur Beschleunigung der Entscheidung über die
Gewährung einer Einmalentschädigung ist das
97
Stellungnahme BMVg
zum Jahresbericht 2013 des Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages
Verfahren, wie vom Wehrbeauftragten gefordert, endlich vereinfacht worden. Künftig wird
bei der Festsetzung des Schädigungsgrades
im Rahmen des Wehrdienstbeschädigungsverfahrens geprüft, ob eine Besserung des
Gesundheitszustandes in den nächsten zwei
Jahren erwartet werden kann. Ist keine Besserung zu erwarten, kann die Entschädigung
sofort gewährt werden, anderenfalls muss
weiterhin – wie bisher im Rahmen der Entschädigungspraxis – das Ergebnis einer
Nachuntersuchung in der Regel nach zwei
Jahren abgewartet werden. Die neue günstigere Verwaltungspraxis überzeugt jedoch noch
nicht.
Stellungnahme BMVg
Anknüpfungspunkt für alle Regelungen des
Einsatz-Weiterverwendungs-Gesetzes
(EinsatzWVG) sind die Begriffe „Einsatzunfall“ und
„gesundheitliche Schädigungen, die bei einem
Einsatzunfall erlittenen Schädigungen vergleichbar sind“. Die Feststellung, ob es sich
um einen Einsatzunfall nach § 63c Abs. 2 SVG
oder um eine gesundheitliche Schädigung, die
bei einem Einsatzunfall erlittenen Schädigungen vergleichbar ist, handelt, wird durch das
Bundesamt für das Personalmanagement der
Bundeswehr (BAPersBw) getroffen.
Um Doppelbegutachtungen eines Sachverhaltes zu vermeiden, wird insbesondere bei Erkrankungen regelmäßig auf die im Wehrdienstbeschädigungsverfahren (WDB-Verfahren) getroffenen Feststellungen zurückgegriffen. Im WDB-Verfahren wird die Kausalität
zwischen gesundheitlicher Schädigung und
Auslandseinsatz festgestellt. Daher kann eine
förmliche Feststellung, ob es sich um einen
Einsatzunfall oder um eine gesundheitliche
Schädigung, die bei einem Einsatzunfall erlittenen Schädigungen vergleichbar ist, handelt,
vielfach auch erst nach Abschluss des
WDB-Verfahrens getroffen werden.
Bei der Anwendung des EinsatzWVG kann
durch die Einsatzunfallverordnung vom
24. September 2012 die Bearbeitungsdauer
bis zur Aufnahme in die Schutzzeit bzw. zur
Einstellung in ein Wehrdienstverhältnis besonderer Art in den betreffenden Fällen sehr
deutlich verringert werden. Es genügt die
Feststellung, dass die Betroffenheit von einer
bewaffneten Auseinandersetzung, die Teilnahme an einer solchen Auseinandersetzung
oder eine vergleichbare Belastung vorgelegen
hat. Zusätzlich muss die Diagnose der psychischen Störung durch eine Fachärztin oder einen Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie der Bundeswehr und die Bewertung aus
medizinischer Sicht, dass eine nicht nur geringfügige Schädigung vorliegt, erfolgen. 80
Fälle wurden aufgrund der Einsatzunfallverordnung bereits positiv entschieden; die Bearbeitungszeit lag jeweils bei durchschnittlich
zehn Wochen von Beginn der Sachverhaltsermittlung bis zur Entscheidung.
Bei der Einmalentschädigung steht nicht die
Heilungsperspektive, sondern der Entschädigungsgedanke im Vordergrund. Daher erscheint es sinnvoller, künftig die Entschädigung generell und sofort unabhängig von der
Prognose über den Gesundheitszustand zu
gewähren.
Stellungnahme BMVg
Der Gesetzgeber hat die Gewährung der einmaligen Entschädigung bewusst nicht für jeden
Dienstunfall eines Soldaten / Beamten vorgesehen. Vielmehr hängt der Anspruch davon ab,
dass auch die besonderen Voraussetzungen
nach den §§ 63, 63a, 63e SVG bzw. § 43
BeamtVG erfüllt sind. Nur in den Fällen, in denen nach versorgungsmedizinischer Bewertung die Tatbestandsvoraussetzungen noch
nicht „dauerhaft“ vorliegen, muss eine Nachuntersuchung abgewartet werden. In allen anderen Fällen wird die Entschädigung unmittelbar nach Feststellung der gesetzlichen Voraussetzungen gewährt.
Auch bei der Durchsetzung von Leistungen
nach dem Einsatz-Weiterverwendungsgesetz
gibt es noch immer Anlass zu Beanstandungen.
Obwohl rechtlich nicht zwingend, wird die Anwendung
des
Einsatz-Weiterverwendungsgesetzes auch weiterhin vom Ergebnis beziehungsweise von den
Erkenntnissen des in der Regel parallel betriebenen
Wehrdienstbeschädigungsverfahrens abhängig gemacht. Dies führt wegen der
langen Verfahrensdauer häufig zu Problemen,
etwa bei der Feststellung der Schutzzeit für
Nicht-Berufssoldaten vor ihrem Dienstzeitende
oder bei der Wiedereinstellung ehemaliger
Soldaten. Zur Lösung dieser Probleme habe
ich wiederholt angeregt, die Einführung einer
vorläufigen Schutzzeit zu prüfen. Hier müssen
endlich Fortschritte erzielt werden.
Ungelöste Probleme gibt es auch noch bei der
Umsetzung
des
durch
das
Einsatz-Weiterverwendungsgesetz
garantierten
Weiterbeschäftigungsanspruchs
einsatzgeschädigter Soldaten mit einem Grad der Schädigung von mindestens 30 Prozent. Dieser
Anspruch hängt ab von einer Verwendungsmöglichkeit in der Truppe. Da entsprechende
Soldatendienstposten nicht vorgehalten werden, ist es für die Einplanung Einsatzgeschä-
98
Stellungnahme BMVg
zum Jahresbericht 2013 des Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages
Eine weitergehende Personalplanung ist bei
den Wiedereingestellten erst am Ende der
Schutzzeit möglich. Erst dann kann man verbindlich den weiteren Werdegang planen und
festlegen. Auch hier findet grundsätzlich ein
Personalgespräch bei der personalbearbeitenden Stelle statt, an dem auch das BAPersBw teilnimmt. Dieses Verfahren wurde
bisher von den Betroffenen nicht beanstandet.
Das derzeitige Verfahren der Personalführung
ist eingespielt. Insofern wird für den Bereich
der Personalführung keine Notwendigkeit für
ein weiteres Konzept gesehen.
Bisher wurden 34 Soldatinnen und Soldaten im
Dienstverhältnis einer Berufssoldatin bzw. eines Berufssoldaten weiterverwendet. In keinem der Fälle gab es Probleme bei der Feststellung, welche Verwendungen die oder der
Betroffene unter Berücksichtigung der jeweiligen Gesundheitsschädigung noch ausüben
kann. In allen Fällen wurde auch ein entsprechender Dienstposten unter Berücksichtigung
der Wünsche der Betroffenen gefunden.
digter von entscheidender Bedeutung, dass die
Truppenärzte konkrete Vorgaben zu den übertragbaren dienstlichen Aufgaben machen. Ansonsten wird die Wiedereingliederung in den
Dienstbetrieb faktisch blockiert.
Stufenweise Wiedereingliederungen in den militärischen Dienst werden trotz erfolgreicher
Einzelfälle noch zu wenig durchgeführt, obwohl
sie den Heilungsprozess fördern könnten. Die
Einsatzgeschädigten können meines Erachtens erwarten, dass sie bei der Personalplanung und -entwicklung zum einen nicht benachteiligt werden, zum anderen auf ihre gesundheitsbedingten Einschränkungen Rücksicht genommen wird. Dazu müssen endlich
konzeptionelle Vorgaben geschaffen werden.
Im Mittelpunkt muss die, wenn möglich, vollständige Reintegration der Geschädigten stehen.
Stellungnahme BMVg
Einsatzgeschädigte, die sich in der Schutzzeit
befinden, werden grundsätzlich auf ihrem derzeitigen Dienstposten belassen. Eine Veränderung findet erst statt, wenn am Ende der
Schutzzeit festgestellt werden sollte, dass sie
ihre bisherige Verwendung aufgrund der gesundheitlichen Schädigung nicht mehr ausüben können. Erst zu diesem Zeitpunkt ist es
der Personalführung möglich, verbindliche
Aussagen im Hinblick auf die weitere Verwendung zu machen. Die weitere Verwendung der
Einsatzgeschädigten wird dann in enger Abstimmung zwischen Personalführung, Sanitätsdienst der Bundeswehr und den Betroffenen festgelegt.
Bei den bisher in diesen Fällen durchgeführten
Personalgesprächen war immer ein Vertreter
des BAPersBw anwesend. Sollten Einsatzgeschädigte wünschen, bereits während der
Schutzzeit versetzt zu werden oder in eine
andere Verwendung überführt zu werden, wird
dieser Wunsch grundsätzlich wohlwollend geprüft.
Frühere Soldatinnen und Soldaten, die aufgrund ihrer Einsatzschädigung medizinische
Behandlung oder berufliche Qualifizierung benötigen, werden in enger Abstimmung mit den
Betroffenen in ein „Wehrdienstverhältnis besonderer Art“ eingestellt. Sie werden während
dieses Wehrdienstverhältnisses auf einem
dienstpostenähnlichen Konstrukt (DPäK) geführt. Hierbei wird darauf geachtet, dass der
Dienstort möglichst in der Nähe des Wohnortes des Betroffenen liegt, es sei denn, der Betroffene wünscht etwas anderes. Die Absprachen hierzu führt das BAPersBw mit den Betroffenen und der aufnehmenden Dienststelle.
Beispielhaft sind in diesem Zusammenhang
die Anstrengungen der US-Armee zur optimalen Rückkehrer-beziehungsweise Veteranenverwendung. Hier existieren unter anderem
Programme zur Arbeitsplatzsuche und zur Förderung des Übergangs von ehemaligen Soldaten in das Zivilleben und der Eingliederung
zurückgekehrter Soldaten. Die Soldaten erhalten beispielsweise eine sogenannte Veteran-Affairs-Card, die ein „Bild“ von dem Soldaten auf Basis der Personalakte, der Gesundheitsakte und der Gehaltsnachweise gibt. Auf
dieser Datenbasis wird für jeden betroffenen
Soldaten ein optimales individuelles Nachsorgeprogramm entwickelt.
Stellungnahme BMVg
Mit dem EinsatzWVG erhalten Einsatzgeschädigte einen umfassenden Anspruch auf medizinische Leistungen und/oder Leistungen der
beruflichen Qualifizierung. Darüber hinaus
bietet das EinsatzWVG Einsatzgeschädigten,
soweit sie noch einen Dienstposten wahrnehmen können, die Möglichkeit der dauerhaften
Weiterverwendung im Geschäftsbereich des
Bundesministeriums der Verteidigung. Insbesondere Leistungen nach § 3 Absatz 2 EinsatzWVG sind hier besonders zu erwähnen.
Die Weiterverwendung eines einsatzgeschädigten Nicht-Berufssoldaten ist in der Bundeswehr ausgeschlossen, wenn das Ziel der
dienstlichen Reintegration nicht mehr erreichbar ist. Das ist der Fall, wenn entweder eine
99
Stellungnahme BMVg
zum Jahresbericht 2013 des Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages
soldatische Dienstleistung aufgrund der
Schwere der Einsatzschädigung gar nicht
möglich ist oder aber auch eine stufenweise
Wiedereingliederung nach dem Hamburger
Modell keine Aussicht auf Erfolg verspricht. Die
Schwere der Einsatzschädigung führt dann zu
einer dauernden Dienstunfähigkeit mit der
zwingenden Folge einer Entlassung. In diesem
Falle stehen ausschließlich die begrenzten
Leistungen für Schwerstbeschädigte nach dem
Bundesversorgungsgesetz zu. Ich halte es aus
Fürsorgegründen für geboten, für diesen kleinen Kreis Betroffener eine angemessene Versorgung sicherzustellen, die auch Ersatz für
die einsatzbedingten dauerhaften Gesundheitsschäden vorsieht. Gegebenenfalls sollte
auch im zivilen Bereich der öffentlichen Verwaltung nach Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten gesucht werden und ihnen hierfür Priorität eingeräumt werden.
Stellungnahme BMVg
Soweit ein WDB-Verfahren im Erstantragsverfahren „mehrere Jahre“ dauert, stellt dies eine
jeweils im individuellen Fall begründete Ausnahme dar. Von der Zusammenführung der
verwaltungsseitigen Bearbeitung und der versorgungsmedizinischen Begutachtung unter
einem Dach im Bundesamt für das Personalmanagement der Bundeswehr wird auf Dauer
eine Verkürzung der Bearbeitungszeiten erwartet.
Ein Problem ist in diesem Zusammenhang die
gutachterliche Feststellung möglicher Vorschädigungen. Im Rahmen der Anamnese ist
dies gewiss notwendig. Daraus darf aber nicht
der Ausschluss einer Wehrbeschädigung erfolgen. Das Kriterium der Vorschädigung begegnet grundsätzlichen Bedenken. Vor einem
Einsatz wird jedem Soldaten die Auslandsverwendungsfähigkeit bescheinigt. Damit ist
die Tauglichkeit des Soldaten positiv festgestellt. Eventuelle Vorschädigungen müssen in
geeigneter Weise behandelt und die Behandlung erfolgreich abgeschlossen sein, wenn der
Soldat oder die Soldatin in den Einsatz geschickt werden soll. Wer in den Einsatz geschickt wird, hat zu diesem Zeitpunkt rechtlich
als gesund zu gelten. Unter diesem Aspekt
verlängern unnötige Gutachten bei der Feststellung der Wehrdienstbeschädigung die Leidenszeit von Betroffenen. Dies gilt umso mehr,
wenn Soldaten zukünftig vor dem Einsatz einem „Screening“-Verfahren unterzogen werden, um psychische Vorbelastungen festzustellen.
Stellungnahme BMVg
Schwer einsatzgeschädigten Soldaten (Minderung der Erwerbsfähigkeit mindestens 50
Prozent) ohne Pensionsanspruch, die wegen
dauernder Dienstunfähigkeit infolge dieser
Schädigung entlassen werden, stehen zusätzlich zur Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung und zur Beschädigtenversorgung
die Leistungen der Einsatzversorgung nach
dem SVG zu (einmalige Entschädigung von
150.000 € sowie Ausgleichszahlung in Höhe
von 30.000 € zuzüglich 6.000 € pro Jahr / 500
€ pro Monat geleisteter Wehrdienstzeit). Verwendungsmöglichkeiten außerhalb des Geschäftsbereiches des Bundesministeriums der
Verteidigung zu prüfen, sind eingeleitet. Zu
prüfen ist, ob Einsatzgeschädigte, die im Geschäftsbereich des Bundesministeriums der
Verteidigung als Berufssoldat, Beamter oder
Arbeitnehmer nicht mehr verwendbar sind, eine Chance haben werden, in anderen Bereichen des Öffentlichen Dienstes weiterverwendet zu werden.
Stellungnahme BMVg
Im Rahmen der Kausalitätsfeststellung sind die
unter anderem in der Versorgungsmedizinverordnung niedergelegten verbindlichen gutachterlichen Grundsätze, die die Berücksichtigung
von Vorschäden erfordern, anzuwenden. Bei
der Begutachtung auf Auslandsdienstverwendungsfähigkeit erfolgt eine auf den jeweiligen
Einsatzort nach Art und Umfang ausgerichtete
Untersuchung. Dabei ist die gesundheitliche
Vorgeschichte zu erheben, damit angesprochene gesundheitliche Probleme im Rahmen
dieser Begutachtung abgeklärt werden können. Nicht immer ist die Relevanz von gesundheitlichen Vorbelastungen zum Zeitpunkt
der Begutachtung erkennbar bzw. kann nicht
ausgeschlossen werden, dass sie keinen Eingang in das Anamnesegespräch findet oder als
medizinisch unbedenklich für den geplanten
Einsatz bewertet wird.
Die Diagnosestellung psychischer Vorbelastungen obliegt bei begründetem Anlass oder
Haupthindernis für die schnelle teilweise existenziell wichtige Gewährung von Versorgungsleistungen für beschädigte Soldaten ist
immer noch die deutlich zu lange Dauer der
Wehrdienstbeschädigungsverfahren von teilweise mehreren Jahren. Die für die Feststellung einer Wehrdienstbeschädigung entscheidende versorgungsmedizinische Begutachtung
wurde bislang vom Sanitätsdienst der Bundeswehr geleistet und wird im Bundesamt für
Personalmanagement der Bundeswehr mit den
bisher von den Wehrbereichsverwaltungen
durchgeführten Aufgaben der Beschädigtenversorgung zusammengeführt.
100
Stellungnahme BMVg
zum Jahresbericht 2013 des Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages
Hinweis wie bisher dem zuständigen Facharzt
im Sanitätsdienst der Bundeswehr.
schieden. Die Bundeswehr muss einer Soldatin die Kosten für die künstliche Befruchtung
bezahlen. Begründet wird dies mit fehlenden
gesetzlichen Vorgaben. Das Urteil gilt rückwirkend für alle Fälle bis Juni 2004. Unentgeltliche Leistungen der truppenärztlichen Versorgung dürfen demnach nicht allein durch interne Verwaltungsvorschriften geregelt werden.
Vielmehr, so das Gericht, sei der Gesetzgeber
aufgefordert, den Leistungsumfang der medizinischen Versorgung durch eine Verordnung
oder ein Gesetz zu regeln. Bis zu einer solchen Regelung dürfe die Verwaltung die vorhandenen Spielräume zwar nutzen, aber keine
neuen Leistungsausschlüsse schaffen.
Es ist absolut nicht zu verstehen, dass die
überlangen Bearbeitungszeiten seit zwei Jahren vor allem auf die zu geringe Zahl an Sozialmedizinern zurückzuführen ist. Die seit Jahren wiederholte Forderung nach Personalverstärkung bei der sozialmedizinischen Begutachtung muss im Bundesamt endlich umgesetzt werden. Die Personalbedarfsermittlung
dazu läuft. Nach derzeitigem Stand soll die
Gutachterzahl auf bis zu zwölf erhöht werden,
darunter ein Psychiater. Die Besetzung der
Dienstposten erscheint aufgrund der erkennbar
geringen Neigung von Ärzten zur Sozialmedizin allerdings nur schwer umsetzbar. Derzeit
gibt es in der Bundeswehr nur fünf ausgebildete Sozialmediziner. Angesichts dieser Situation muss der Dienstherr stärkeres Interesse
an der Sozialmedizin in der Bundeswehr wecken, damit die vorhandenen Dienstposten
auch besetzt werden können. Außerdem muss
er zusätzliche Dienstposten schaffen.
Ich gehe davon aus, dass danach zukünftig die
Kosten einer In-vitro-Fertilisation übernommen
werden. Die künftige Regelung darf nicht hinter
die Regelungen der Gesetzlichen Krankenversicherungen zurückfallen. Soldaten dürfen
nicht schlechter gestellt werden als die Versicherten der Gesetzlichen Krankenversicherungen. Dies gebietet die umfassende Fürsorgepflicht nach Paragraph 31 Soldatengesetz.
Stellungnahme BMVg
Die Forderung nach stärkerer Ausbringung sozialmedizinischer Kompetenz sowohl in der
versorgungsmedizinischen Begutachtung als
auch der Betreuung der Soldatinnen und Soldaten wurde aufgenommen. Es ist beabsichtigt, im Bereich des Zentralen Sanitätsdienstes
der Bundeswehr neben den Bundeswehrkrankenhäusern regional in den Sanitätsunterstützungszentren je einen Facharzt für Sozialmedizin auszubringen. Für fachdienstlich vorgesetzte Stellen gilt dies entsprechend. Im Bundesamt für das Personalmanagement der
Bundeswehr sind von neun ausgebrachten
Arzt-Dienstposten bereits fünf qualifiziert besetzt; für weitere zwei bestehen konkrete Personalplanungen. Darüber hinaus wurden dem
Referat elf ehemalige Musterungsärzte zur
personellen Verstärkung zugewiesen.
Stellungnahme BMVg
Das Bundesverwaltungsgericht hat mit Urteil
vom 10. Oktober 2013 entschieden, dass
Maßnahmen der künstlichen Befruchtung –
entgegen der bisherigen Praxis in der Bundeswehr – als Heilbehandlung im Rahmen der
unentgeltlichen truppenärztlichen Versorgung
(utV) dem Grunde nach erstattungsfähig sind.
Des Weiteren genügt die in § 69 Bundesbesoldungsgesetz (BBesG) vorgegebene Regelung der utV in Form von allgemeinen Verwaltungsvorschriften (VwV) nicht mehr dem parlamentarischen Gesetzesvorbehalt, ist aber
zunächst noch für eine Übergangszeit, die
rückwirkend ab 2004 beginnt, weiter anzuwenden. Das Bundesministerium der Verteidigung hat für die Zeit bis zur gesetzlichen Normierung der utV einen Verfahrenserlass herausgegeben, der die Voraussetzungen, Verordnungs- und Genehmigungsverfahren für
die ab dem 10. Oktober 2013 beantragten
Kostenübernahmen von Maßnahmen der
künstlichen Befruchtung regelt. Für Maßnahmen der künstlichen Befruchtung, denen Behandlungszeiträume vor dem 10. Oktober 2013
zugrunde liegen, erfolgt eine Kostenübernahme nur, wenn die Genehmigungs- / Erstattungsverfahren noch nicht bestandskräftig /
rechtskräftig abgeschlossen sind. Nach der
Bewertung des Bundesverwaltungsgerichts
handelt es sich bei der künstlichen Befruchtung (u.a. In-Vitro-Fertilisation) im Rahmen der
utV – anders als bei den Gesetzlichen Krankenversicherungen – um eine Heilbehandlung
18
Übernahme der Kosten für eine
künstliche Befruchtung
(In-vitro-Fertilisation)
Das Bundesministerium der Verteidigung
lehnte auch im vergangenen Jahr ungeachtet
meines Hinweises auf eine Entscheidung des
Verwaltungsgerichtshofs Mannheim eine Fürsorgeverantwortung und die damit verbundene
Übernahme der Kosten für eine künstliche Befruchtung ab. Im Oktober 2013 hat nun auch
das Bundesverwaltungsgericht gegen das
Bundesministerium der Verteidigung ent-
101
Stellungnahme BMVg
zum Jahresbericht 2013 des Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages
keinen Kindergeldanspruch zuzulassen, mit,
da dies aus Sicht des übergeordneten Steuerrechts sachgerecht ist. FWDL erhalten ständige monatliche Bezüge in Form des Wehrsoldtagessatzes und des Wehrdienstzuschlags.
Darüber hinaus werden dem FWDL zur Gewährung seines Lebensunterhalts unentgeltlich
Unterkunft, Verpflegung und truppenärztliche
Versorgung zur Verfügung gestellt. FWDL haben ferner einen Anspruch nach dem Unterhaltssicherungsgesetz zur Sicherung eines
erhöhten Lebensbedarfs einschließlich der Sicherung des Unterhalts von Familienangehörigen.
(Funktionsausgleich). Daher haben Soldatinnen und Soldaten derzeit für ihre Person einen
Anspruch auf Übernahme aller Kosten der
notwendigen medizinischen Maßnahmen,
wenn sie selbst an einer Erkrankung leiden,
die die ungewollte Kinderlosigkeit verursacht.
Soldatinnen und Soldaten sind deshalb hinsichtlich der Kostenübernahme für Maßnahmen der künstlichen Befruchtung besser gestellt als gesetzlich Versicherte und auch Beihilfeberechtigte, denen lediglich die Hälfte der
Kosten erstattet wird.
19
Wegfall des Kindergeldes bei
Freiwilligem Wehrdienst
Eltern von Freiwillig Wehrdienst Leistenden
wird, anders als im Falle der Ableistung eines
Freiwilligen Sozialen Jahres, eines Freiwilligen
Ökologischen Jahres oder eines Bundes- oder
Europäischen Freiwilligendienstes, kein Kindergeld gewährt.
20
Verlagerung von Aufgaben der
Bundeswehrverwaltung
Durch eine ohne formelle Beteiligung des
Deutschen Bundestages getroffene Ressortvereinbarung zwischen dem Bundesministerium der Verteidigung, dem Bundesministerium
des Innern (BMI) und dem Bundesministerium
für Finanzen (BMF) sind im Berichtsjahr Zuständigkeiten der Bundeswehrverwaltung in
den Bereich des Bundesinnenministeriums beziehungsweise des BMF verlagert worden. Seit
dem 1. Juli 2013 sind Beihilfeanträge von aktiven Berufssoldaten und deren Angehörigen
sowie früheren Zeitsoldaten im Bundesverwaltungsamt zu bearbeiten. Für Anträge früherer
Berufssoldaten dagegen ist das Bundesamt für
zentrale Dienste und offene Vermögensfragen
zuständig. Die beteiligten Ministerien erhofften
sich dadurch Synergieeffekte für die Bearbeitung der Verwaltungsvorgänge. Die Hoffnung
erfüllte sich nicht. Sie war auch wenig berechtigt, weil die Bearbeitung der Vorgänge nicht
zusammengefasst, sondern auf verschiedene
Ressorts verteilt wurde. Im Ergebnis kam es zu
einem Bearbeitungsstau, der seinesgleichen
suchte und bis zum Jahresende nicht nachhaltig abgetragen werden konnte.
Das Bundesministerium der Finanzen begründet die Nichtberücksichtigung beim Kindergeld
damit, dass der im Vergleich mit dem Taschengeld von 300 Euro für die Absolventen
der anderen Freiwilligendienste deutlich höhere Wehrsold sowie die weiteren Vergünstigungen den Unterhaltsbedarf der Wehrdienstleistenden komplett abdeckten. Diese Begründung
überzeugt nicht. Das höhere Einkommen der
Freiwillig Wehrdienst Leistenden gegenüber
den sonstigen freiwillig Dienstleistenden ergibt
sich teilweise aus besonderen Zuschlägen, wie
zum Beispiel dem doppelten Wehrsold bei
Verwendung im Ausland, dem Auslandsverwendungszuschlag, dem erhöhten Wehrsold
bei besonderer zeitlicher Belastung, den Erschwerniszulagen vergleichbaren besonderen
Vergütungen und dem Wehrdienstzuschlag,
die besondere Belastungen und Anforderungen abdecken und deshalb beim Einkommensvergleich nicht berücksichtigt werden
können.
Stellungnahme BMVg
Auf der Grundlage der zwischen dem Bundesministerium der Verteidigung, dem Bundesministerium des Innern (BMI) und dem
Bundesministerium der Finanzen (BMF) abgeschlossenen Rahmenvereinbarung vom 2.
November 2012 wurden die Aufgaben der
Personalabrechnung (PA) zum 1. Juli 2013 in
die Geschäftsbereiche des BMI und BMF verlagert. In der Ressortvereinbarung wurde festgelegt, dass folgende Aufgaben der Bundeswehrverwaltung zukünftig vom Bundesverwaltungsamt, im Geschäftsbereich des BMI,
wahrgenommen werden: Besoldungs- und
Entgeltbearbeitung, Familienkasse und Beihil-
Stellungnahme BMVg
Die Anspruchsvoraussetzungen zur Gewährung von Kindergeld sind im Einkommensteuergesetz geregelt. Das Bundesministerium der
Finanzen hat hierfür die Federführung und übt
die Fachaufsicht aus. Das Einkommenssteuergesetz sieht einen Anspruch auf Kindergeld
für Eltern von Soldaten, die freiwilligen Wehrdienst nach § 58b des Soldatengesetzes leisten (FWDL), nicht vor. Das Bundesministerium
der Verteidigung trägt die Entscheidung des
Bundesministeriums der Finanzen, für FWDL
102
Stellungnahme BMVg
zum Jahresbericht 2013 des Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages
febearbeitung für die aktiven Beschäftigten,
Nachversicherung der Soldatinnen und Soldaten auf Zeit, einigungsbedingte Sonderaufgaben, Rentenüberleitung NVA, Übergangsrente,
Dienstbeschädigungsausgleich sowie Abrechnungsaufgaben des Travel Managements. Die
Abrechnungsaufgaben des Travel Managements sollen entsprechend der Rahmenvereinbarung erst Ende 2015 verlagert werden.
Darüber hinaus wurde vereinbart, dass folgende Aufgaben der Bundeswehrverwaltung
dem Bundesamt für zentrale Dienste und offene Vermögensfragen
bzw. den Service-Centern der Zollverwaltung (Geschäftsbereich BMF) übertragen und seit dem 1. Juli
2013 dort wahrgenommen werden: Dienstzeitversorgung der Berufssoldatinnen und Berufssoldaten, Versorgung der Beamtinnen und
Beamten, jeweils einschließlich der Hinterbliebenenversorgung, Familienkasse und Beihilfebearbeitung für die ehemaligen Bundeswehrangehörigen. Die aufnehmenden Behörden
sind als zentrale Dienstleister bereits seit Jahren erfolgreich ressortübergreifend für andere
Behörden und Einrichtungen tätig.
Mit der Verlagerung von Dienstleistungen aus
der Wehrverwaltung wird ein weiterer Schritt
zur Konzentration von Dienstleistungen in der
Bundesverwaltung vollzogen. Dies trägt auch
den Forderungen des Bundesrechnungshofs
und des Haushaltsausschusses des Deutschen Bundestages nach einem ressortübergreifenden Rahmenkonzept zur Bündelung von
Querschnittsaufgaben Rechnung. Die Zusammenfassung von bisher zersplittert wahrgenommenen Dienstleistungen in wenigen
Ressorts verspricht eine Vereinheitlichung von
Qualitätsstandards, eine fachliche Steuerung
aus einer Hand und damit eine verbesserte
Bearbeitungsqualität. Damit kommt die Bundeswehr im Rahmen der Neuausrichtung dem
Ziel ein Stück näher, eine sinnvolle Balance
zwischen Streitkräften und bundeswehreigenen Verwaltungsleistungen zu erreichen. Zudem verschafft diese Maßnahme der Bundeswehr als Personalabbaubereich den nötigen
Handlungsspielraum, sich im Zuge ihrer Neuausrichtung auf ihre Kernaufgaben zu konzentrieren.
der Verteidigung de Maizière teilte diese Bedenken nicht.
Selbst wenn man die Ressortvereinbarung für
zulässig hält, betrifft die damit verbundene
Verlagerung der Verwaltungszuständigkeit allerdings die besonderen Kontrollrechte des
Verteidigungsausschusses und des Wehrbeauftragten.
Was die Kontrollrechte des Verteidigungsausschusses angeht ist fraglich, ob die jetzt zuständigen Verwaltungsdienststellen überhaupt
noch der parlamentarischen Kontrolle durch
den sachnäheren und mit besonderen Rechten
ausgestatteten Verteidigungsausschuss unterliegen. Nach der Parlamentspraxis und dem
derzeitigen Verfassungsverständnis sind die
Ausschüsse des Deutschen Bundestages im
Rahmen der parlamentarischen Kontrolle der
Exekutive jeweils für das von ihnen gespiegelte Bundesministerium zuständig. Das würde
bedeuten, dass die Kontrolle der Beihilfebearbeitung von aktiven und früheren Soldaten jetzt
in
die
Zuständigkeit
des
Innen-beziehungsweise
Finanzausschusses
übergegangen ist. Den Soldatinnen und Soldaten ginge damit der Verteidigungsausschuss
als Ansprechpartner für ihre Probleme zumindest in diesem Punkt verloren.
Das würde für den Wehrbeauftragten so nicht
gelten. Allerdings werden seine Kontrollrechte
durch die Verlagerung der Verwaltungszuständigkeit erheblich eingeschränkt.
Wegen der verzögerten Bearbeitung von Erstattungsanträgen wandten sich im Berichtsjahr über 600 Soldaten an den Wehrbeauftragten. Ohne jede Frage ist dieser für die Bearbeitung von Eingaben aktiver und früherer
Soldaten zuständig. Soweit sich die Eingaben
aber auf die Bearbeitung von Beihilfeanträgen
bezogen, hatte er keine unmittelbaren Ansprüche auf Auskunft beziehungsweise Akteneinsicht gegenüber den zuständigen Behörden
mehr, denn diese unmittelbaren Ansprüche
bestehen nach Paragraph 3 Ziffer 1 des
Wehrbeauftragtengesetzes nur gegenüber
dem Bundesminister der Verteidigung und den
ihm unterstellten Dienststellen und Personen.
Stattdessen waren die Rechte des Wehrbeauftragten gegenüber den jetzt zuständigen
Dienststellen auf eine Unterstützung im Rahmen der Amtshilfe beschränkt (Paragraph 4
Wehrbeauftragtengesetz). Außerdem entfällt
im Hinblick auf die neu zuständigen Dienststellen das Besuchsrecht des Wehrbeauftrag-
20.1
Zulässigkeit und Folgen der
Ressortvereinbarung für die
parlamentarische Kontrolle
Gegen die Zulässigkeit der Ressortvereinbarung wurden in einem vom Verband der Beamten der Bundeswehr e.V. beauftragten
Gutachten des Staatsrechtlers Professor Dr.
Wolff von der Europa-Universität Viadrina in
Frankfurt/Oder verfassungsrechtliche Bedenken erhoben. Der ehemalige Bundesminister
103
Stellungnahme BMVg
zum Jahresbericht 2013 des Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages
ständigen Behörden die fachliche Aufsicht und
Steuerung – einschließlich der Berichtspflichten – wahrnimmt.
Zudem werden die beteiligten Ressorts im
Rahmen der vertraglichen Vereinbarungen
sowie nach den Grundsätzen der Amtshilfe
gewährleisten, dass dem Wehrbeauftragten
die geforderten Auskünfte erteilt oder die erbetenen Unterlagen zur Verfügung gestellt
werden. Die Praxis belegt, dass diese Sicherungsmechanismen auch tatsächlich greifen
und eine hinreichende Information des Wehrbeauftragten gewährleisten.
ten nach Paragraph 3 Ziffer 4 Wehrbeauftragtengesetz, das auch alle zivilen Dienststellen,
Behörden und Einrichtungen der Bundeswehr
einschließt. Bundesminister de Maizière
wandte dagegen ein, dass der Wehrbeauftragte die Dienststellen trotzdem besuchen
könne. Das erscheint angesichts der zuvor
genannten Rechtslage wenig sachdienlich.
Ungeachtet der neuen Zuständigkeiten hat das
Bundesministerium der Verteidigung die einschlägigen Überprüfungsersuchen des Wehrbeauftragten auch in der zweiten Hälfte des
Berichtsjahres noch bearbeitet und beantwortet. Das darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass die für das Parlament ausgeübten Kontrollrechte des Wehrbeauftragten in
diesen Fällen, wie oben beschrieben, beschränkt waren.
20.2
Bearbeitung von Beihilfeanträgen
Schon im letzten Jahresbericht gaben die
überlangen Bearbeitungszeiten für Beihilfeanträge im Bereich der Wehrbereichsverwaltung
Süd Anlass zu berechtigter Kritik. Im Verlauf
des Berichtsjahres steigerten sich Bearbeitungszeiten flächendeckend bis auf drei
Monate.
Für die Soldatinnen und Soldaten kam es im
Berichtsjahr vor allem darauf an, dass ihre Erstattungsanträge zügig und sachgerecht bearbeitet werden. Das war indes nicht der Fall.
Bei den Versorgungsempfängern, dem am
stärksten betroffenen Personenkreis, kam es
auf dem Höhepunkt der Krise zu einem Bearbeitungsstau von zirka 60.000 Beihilfeanträgen.
Beihilfeberechtigte mussten in einigen Fällen
mit bis zu 20.000 Euro in Vorleistung treten
und deshalb entsprechende Kredite aufnehmen, weil Medikamente sofort und Arztrechnungen in der Regel innerhalb von vier Wochen bezahlt werden müssen. Besonders kritisch ist die Situation für chronisch Kranke,
zum Beispiel Krebspatienten, die auf teure
Medikamente angewiesen sind.
Stellungnahme BMVg
Die gegenüber der Ressortvereinbarung zwischen dem Bundesministerium der Verteidigung, dem Bundesministerium des Innern
(BMI) und dem Bundesministerium der Finanzen (BMF) sowie der darin festgelegten Aufgabenverlagerung geäußerten verfassungsrechtlichen Bedenken greifen nicht durch. Artikel 87 b Abs. 1 des Grundgesetzes (GG)
steht einer Verlagerung einzelner Aufgaben
des Personalwesens in einen anderen Ressortbereich nicht entgegen. Dies bestreitet
auch das vom Verband der Beamten der Bundeswehr e.V. beauftragte Gutachten ausdrücklich nicht.
Die Rahmenvereinbarung zwischen den beteiligten Ressorts erfasst keinen Aufgabenbereich, der zum Kernbereich des Artikel 87 b
Abs. 1 Satz 2 GG gehört und damit zwingend
der Bundeswehrverwaltung zugeschrieben
werden muss. Unabhängig davon ist sichergestellt, dass dem Bundesministerium der Verteidigung eine angemessene Fachaufsicht und
inhaltliche Steuerungsmöglichkeiten verbleiben.
In Übereinstimmung damit laufen auch die
Kontrollbefugnisse des Wehrbeauftragten gegenüber den neu zuständigen Behörden des
BMI und BMF keineswegs leer. Die Rahmenvereinbarung enthält insoweit entsprechende
Prüfungsvorbehalte. Diese sichern in Bezug
auf
ressortspezifische
Angelegenheiten
Auskunfts- und Weisungsrechte des Bundesministeriums der Verteidigung. Dies bedeutet,
dass das Bundesministerium der Verteidigung
insoweit weiterhin direkt gegenüber den zu-
Ein Petent berichtete weinend am Telefon, er
habe bereits seine Kinder um Geld bitten
müssen und ihnen nichts zum Geburtstag
schenken können. Auch wurde nach Angaben
von Petenten auf notwendige Arztbesuche verzichtet, aus Angst, die Kosten nicht begleichen
zu können. Ein Petent hat aus Verärgerung
sein Verdienstkreuz über den Wehrbeauftragten zurückgegeben.
Hintergrund der inakzeptablen Situation ist die
zuvor genannte im Rahmen der Umstrukturierung der Bundeswehr zum 1. Juli 2013 erfolgte
Verlagerung der Beihilfebearbeitung für aktive
Soldaten und Versorgungsempfänger in den
Bereich des BMI beziehungsweise BMF. Angesichts der Verlagerung hätte man erwarten
können, dass jedem Betroffenen, wie es bei
einer privaten Versicherung selbstverständlich
ist, sein neuer Sachbearbeiter mit Adresse und
Telefon mitgeteilt wird. Das wurde versäumt,
104
Stellungnahme BMVg
zum Jahresbericht 2013 des Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages
was schon in der Frage der Zuständigkeit zu
einem erheblichen Durcheinander führte. Hinzu kam der oben bereits beschriebene unvorstellbare Bearbeitungsstau.
tungszeiten wieder erreicht werden können,
zumal alle vorläufig bearbeiteten Vorgänge
noch einmal in die Hand genommen und abschließend entschieden werden müssen.
Noch vor Übergabe der Bearbeitung an das
BMI beziehungsweise BMF war es durch eine
ungenügende organisatorische Vorbereitung
und billigend in Kauf genommene Personalengpässe aufgrund von Personalabwanderungen und Erkrankungen zu kontinuierlich
steigenden Bearbeitungszeiten gekommen.
Aus der Auswertung von über 450 Eingaben
ergibt sich, dass nicht rechtzeitig und energisch genug personell gegengesteuert wurde.
Betroffene Soldaten und Versorgungsempfänger warfen dem Dienstherrn in ihren Eingaben
angesichts der entstandenen Situation Desinteresse und eine erhebliche Verletzung der
Fürsorgepflicht vor. Ich teile diese Auffassung.
Die offenbar schlecht vorbereitete Verlagerung
der Beihilfebearbeitung in andere Ministerien
mit den daraus resultierenden schwerwiegenden Folgen ist nicht mehr allein mit unvermeidlichen Problemen der Neuausrichtung zu entschuldigen. Ein solches Organisationsversagen ist hausgemacht. Der Präsident des jetzt
für die Beihilfebearbeitung der aktiven Soldaten zuständigen Bundesverwaltungsamtes hat
das Personalmanagement des Bundesministeriums der Verteidigung im Vorfeld der Verlagerung scharf kritisiert und dem Ministerium
die Nichteinhaltung von Zusagen vorgeworfen.
Nach meiner Auffassung müssen die Ursachen
für diese Panne umfassend aufgearbeitet
werden.
Nachdem ich selbst wie auch der Deutsche
Bundeswehr Verband den ehemaligen Bundesminister der Verteidigung de Maizière
mehrfach aufgefordert hatte, für Abhilfe zu
sorgen, kündigte dieser an, Erstattungsanträge
bis zum Abbau der Rückstände in einem vereinfachten Verfahren zu bearbeiten und dabei
auch mögliche spätere Rückforderungen in
Kauf zu nehmen. BMI und BMF lehnten ein
solches für den Dienstherrn risikobehaftetes
generelles Verfahren zunächst ab.
Stellungnahme BMVg
Die Bearbeitungsdauer für Beihilfeanträge der
Bundeswehrangehörigen, die üblicherweise
neun bis 15 Arbeitstage beträgt, ist bis Mitte
des Jahres 2013 auf zum Teil mehr als 30 Arbeitstage angestiegen. Die Bearbeitungsrückstände hatten am 13. August 2013 mit insgesamt 78.000 offenen Anträgen einen Höchststand erreicht. Dies betraf sowohl die Besoldungsempfänger, deren Beihilfeangelegenheiten seit dem 1. Juli 2013 im Geschäftsbereich
des Bundesministeriums des Innern durch das
Bundesverwaltungsamt (BVA) bearbeitet werden, als auch die Versorgungsempfänger, die
seit diesem Zeitpunkt vom Bundesamt für
zentrale Dienste und offene Vermögensfragen
(BADV), das zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Finanzen gehört, betreut
werden.
Hauptursache für die Rückstände und den Anstieg der Bearbeitungszeiten bei den Beihilfestellen der damaligen Wehrbereichsverwaltungen waren erhebliche Personalabgänge im
Laufe des Jahres 2012, die nicht vorhersehbar
waren und trotz aller Bemühungen von Seiten
des Personalmanagements der Bundeswehr
wegen der erforderlichen Einarbeitungszeit für
Beihilfebearbeiter von ca. fünf Monaten nicht
kurzfristig ersetzt werden konnten. Hinzu kam
ein überdurchschnittlich hoher Krankenstand
zu Beginn des Jahres 2013 bei der Beihilfestelle der damaligen Wehrbereichsverwaltung
West in Düsseldorf. Die zur Vorbereitung und
Im Bereich des BMF wurde schließlich für den
am stärksten betroffenen Kreis der Versorgungsempfänger ein dreistufiges Verfahren
vereinbart: Seit August 2013 wird bei kleinen
Antragssummen unterhalb von 1.000 Euro das
oben dargestellte beschleunigte, risikoorientierte Prüfverfahren angewendet. Bei Beihilfeanträgen zwischen
und 2.500 Euro werden Abschlagszahlungen
in Höhe von 75 Prozent des Rechnungsbetrages auf die zu erwartende Beihilfe gewährt –
was allerdings auch eine erste fachliche Prüfung voraussetzt. Anträge über 2.500 Euro
sollen im normalen Verfahren aber vorrangig
bearbeitet werden.
Durch dieses zeitlich begrenzte Verfahren sowie unter anderem Personalverstärkung,
Amtshilfe
durch
Beihilfefestsetzer
der
Postbeamtenkrankenkasse sowie den Einsatz
ehemaliger Beihilfefestsetzer der Bundeswehr
hofft das Bundesministerium der Verteidigung,
dass mittelfristig wieder die bisher als Zielvorgabe festgelegte durchschnittliche Bearbeitungszeit von neun, höchstens jedoch 15 Arbeitstagen erreicht wird. Bis zum Redaktionsschluss dieses Berichtes war das bedauerlicherweise noch nicht der Fall. Es ist auch nicht
abzusehen, ob und wann solche Bearbei-
105
Stellungnahme BMVg
zum Jahresbericht 2013 des Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages
und für allgemeine Bürotätigkeiten. Damit
konnte erreicht werden, dass die Beihilfeanträge bei der Beihilfestelle in Düsseldorf seit
November 2013 wieder in weniger als durchschnittlich 15 Arbeitstagen bearbeitet werden.
Auch bei der Beihilfestelle in Stuttgart werden
diese Bearbeitungszeiten seit März 2014 wieder erreicht. Dieses Ergebnis konnte insbesondere deshalb erzielt werden, weil seit September 2013 temporär zusätzlich Zeitarbeits-Personal eingesetzt wurde. Außerdem
wurden von November bis Dezember 2013
insgesamt 5.000 Beihilfeakten mit 12.000 Anträgen zur abschließenden Bearbeitung nach
Düsseldorf verlagert. Für diesen Standort war
eine temporäre personelle Unterstützung durch
die Postbeamtenkrankenkasse bis Ende des
Jahres 2013 vereinbart worden. Dadurch
konnte bis Ende April 2014 die Bearbeitungszeit in Stuttgart auf durchschnittlich neun Arbeitstage reduziert werden.
Zur Konsolidierung der Bearbeitungszeiten bei
beiden Beihilfestellen im BADV hat darüber
hinaus wesentlich beigetragen, dass das Bundesministerium der Verteidigung ab Januar
2014 zusätzliche Arbeitskräfte für die direkte
Beihilfebearbeitung dauerhaft zur Verfügung
gestellt hat. Da dieses Personal zunächst für
Beihilfeaufgaben eingearbeitet werden muss,
wird sich die Verstärkung erst ab dem Frühjahr
2014 auswirken.
Hinsichtlich der Beihilfeanträge der Besoldungsempfänger hat das BVA zunächst eine
standortübergreifende Steuerung eingeführt,
um bundesweit eine zeitnahe Bescheidung der
ältesten Anträge bzw. der Anträge mit hohen
Summen zu gewährleisten. Zum Abbau der
Rückstände wurden Akten zur Beihilfestelle
des BVA in Köln verlagert, die temporär zu
Lasten anderer Fachaufgaben des BVA personell unterstützt wurde. Auf freiwilliger Basis
wurde für alle BVA-Standorte Mehrarbeit ermöglicht. Zudem wurden temporäre externe
Personalverstärkungen (Einsatz von Zeitarbeitskräften und Zeitarbeits-Personal) vorgenommen. Auf Grund dieser Maßnahmen kann
die maximale Bearbeitungsdauer von 15 Arbeitstagen wieder durchgängig eingehalten
werden. Zur Konsolidierung der Bearbeitungszeiten im BVA hat das Bundesministerium der Verteidigung ab Januar 2014 ebenso
zusätzliche Arbeitskräfte dauerhaft zur Verfügung gestellt. Auch dieses Personal muss zunächst für Beihilfeaufgaben ausgebildet werden.
Durchführung der Aufgabenverlagerung notwendigen organisatorischen Maßnahmen hatten dagegen nur geringfügige nachteilige Auswirkungen auf die Bearbeitungsdauer der Beihilfeanträge.
Im Rahmen der Neugliederung war es erforderlich, die Beihilfebearbeitung für Besoldungs- und Versorgungsempfänger zum 1. Juli
2013 organisatorisch und räumlich zu trennen.
Die Beihilfeanträge der Besoldungsempfänger
werden in insgesamt acht Standorten des BVA
bearbeitet, die der Versorgungsempfänger an
den beiden Standorten Düsseldorf und Stuttgart. Die notwendigen Maßnahmen (Trennung
der Akten, entsprechende Umstellung der Informationstechnik) führten dazu, dass an einigen Arbeitstagen keine oder nur eine eingeschränkte Beihilfebearbeitung möglich war.
Auch war die telefonische Erreichbarkeit dadurch zeitweise eingeschränkt. Die Beihilfeberechtigten wurden über die Auswirkungen der
Aufgabenverlagerung und die neuen Zuständigkeiten der Beihilfestellen u.a. durch Beiblätter in den Gehalts- bzw. Versorgungsmitteilungen informiert.
Um den stark gestiegenen Bearbeitungszeiten
in der Beihilfe entgegenzuwirken, hatte das
Bundesministerium der Verteidigung bereits
vor der Aufgabenverlagerung zum 1. Juli 2013
ein kompaktes Bündel von Maßnahmen ergriffen. Hierzu gehörte vor allem die Gewinnung
und Einarbeitung von neuem Personal, Mehrarbeit (auch an Samstagen), Erhöhung der
Arbeitszeit bei Teilzeitkräften, gegenseitige
Unterstützung der Beihilfestellen, Unterstützung durch Büropersonal sowie der Einsatz
von studentischen Hilfskräften. Auch nach der
Verlagerung der Beihilfebearbeitung war und
ist sich das Bundesministerium der Verteidigung insbesondere aus Fürsorgegründen seiner Verantwortung bewusst, zum Abbau der
Bearbeitungsrückstände beizutragen. Daher
wurden bereits zur Jahresmitte 2013 gemeinsam mit dem Bundesministerium des Innern
und dem Bundesministerium der Finanzen
administrative und personelle Maßnahmen
abgestimmt. Mit deren Hilfe wurden die Bearbeitungszeiten deutlich reduziert und die Bearbeitungsrückstände bis Ende April 2014 auf
insgesamt rund 27.000 offene Anträge zurückgeführt.
Für den Bereich der besonders betroffenen
Versorgungsempfänger wurden im August
2013 zwischen den Bundesministerien der
Verteidigung und dem Bundesministerium der
Finanzen die im Bericht dargestellten, nach
Rechnungshöhe gestaffelten Maßnahmen vereinbart. Das Bundesministerium der Verteidigung hat hierzu temporär zusätzliches Unterstützungspersonal zur Verfügung gestellt, u.a.
zur Gewährleistung der Abschlagszahlungen
20.3
Bearbeitung von
Trennungsgeldanträgen
Klagen über die Bearbeitungsdauer von Trennungsgeldanträgen von bis zu drei Monaten
106
Stellungnahme BMVg
zum Jahresbericht 2013 des Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages
der Trennungsgeldbearbeitung vom Bundesamt für Ausrüstung, Informationstechnik und
Nutzung der Bundeswehr vorhandenen Rückstände werden kontinuierlich abgebaut. Um die
finanziellen Belastungen der Trennungsgeldempfänger vertretbar zu halten, sollen flächendeckend bereits seit 26. März 2013 die
Mietzahlungen für die Pendler in Form von
Abschlägen zu Beginn des Monats gewährt
und anschließend mit den Trennungsgeldzahlungen verrechnet werden. Die Lage hat sich
seither deutlich entspannt. Die entschiedene
Reduzierung der Dienstposten von ca. 1.200
auf 700 in der Zielstruktur resultiert nicht nur
aus der Zentralisierung der Aufgabenwahrnehmung, sondern insbesondere aus einer
Prozessoptimierung, unterstützt durch eine
neue einheitliche IT-Unterstützung. Hinzu
kommt, dass aufgrund der Reduzierung des
Gesamtpersonalumfangs mit zunehmender
Realisierung der Neuausrichtung der Bundeswehr die zu bearbeitenden Fallzahlen entsprechend sinken werden. Bis zur vollständigen
Aufgabenübernahme
durch
das
KompZ TM Bw ist die Aufgabenwahrnehmung
durch die bisher zuständigen Ortsdienststellen
sichergestellt. Die Reduzierung der Bearbeitungszeiten ist gerade vor dem Hintergrund der
Attraktivität der Bundeswehr als Arbeitgeber
ein wesentlicher Baustein, dem – nicht zuletzt
durch die geplante gesetzliche Verankerung
des Wahlrechts zwischen Trennungsgeld und
Umzugskostenvergütung (dies wird für die
Aufnahme in das „Gesetz zur Steigerung der
Attraktivität des Dienstes in der Bundeswehr“ betrachtet) – zukünftig noch größere
Bedeutung zukommen wird.
zeigen, dass auch in diesen Bereichen die im
Rahmen der Neuausrichtung der Bundeswehr
erfolgten Änderungen bei der Zuständigkeit zu
Problemen geführt haben. Unter anderem beklagten Petenten eine fehlende telefonische
Erreichbarkeit beziehungsweise Nichtbeantwortung von Anfragen und unklare Auskünfte
über die Zuständigkeit während der Übergangszeit bis zur Aufstellung der Kompetenzzentren für Travelmanagement der Bundeswehr, die künftig für die Bearbeitung von Nebengebührnissen zuständig sind.
Die meisten Eingaben betrafen das jetzt zuständige Kompetenzzentrum für Travelmanagement der Bundeswehr, Abrechnungsstelle
Leipzig, in dem zur Vorbereitung der Aufgabenverlagerung die Abrechnungstätigkeit für
einige Wochen komplett eingestellt wurde. Das
Bundesministerium der Verteidigung räumte
ein, dass es in Leipzig wie an anderen besonders belasteten Standorten bei der Erstattung
von Trennungsgeldansprüchen zu Wartezeiten
von bis zu drei Monaten kommen könne.
Solche Verhältnisse sind nicht tragbar. Trennungsgeldzahlungen sind kein zusätzliches
Einkommen, sondern Ausgleich für bereits
angefallene erhöhte Kosten. Einige Betroffene
sind durch die langen Bearbeitungszeiten mit
mehreren Tausend Euro für die Mietzahlungen
ihrer Pendlerunterkünfte im Rückstand. Notfalls muss auch in diesen Fällen mit Abschlagszahlungen dafür Sorge getragen werden, dass die Betroffenen rasch ihr Geld bekommen. Darüber hinaus zeichnen sich auch
im Bereich des Travelmanagements bereits
deutlich personelle Engpässe ab. Im Zuge der
Umstrukturierung ist die Zahl der zur Bearbeitung der Anträge zur Verfügung stehenden
Dienstposten von 1.200 in der alten Struktur
auf nur noch 700 Dienstposten in der neuen
Struktur abgesenkt worden. Die Dienstposten
sollen in der neuen Organisation bis Ende
2015 schrittweise besetzt werden. Das wird für
die Bearbeitung der bis dahin eingehenden
Anträge nicht ausreichen.
20.4
Bearbeitung von
Erstattungsanträgen für
Berufsförderungsmaßnahmen
Unbefriedigend ist auch die Bearbeitung von
Kostenerstattungsanträgen wie Miet- und Reisekosten sowie Lehrgangsgebühren für Berufsförderungsmaßnahmen. Zahlreiche Petenten beanstandeten, dass es im Rahmen der
Aufgabenverlagerung der Kostenerstattung
von den ehemaligen Berufsförderungsdiensten
der aufgelösten Kreiswehrersatzämter auf die
Karrierecenter der Bundeswehr zu Bearbeitungszeiten von weit mehr als einem Monat
gekommen sei. Den traurigen Rekord hielt vor
seiner Auflösung der Berufsförderungsdienst
München mit zeitweise bis zu 22 Wochen Bearbeitungszeit. In Einzelfällen mussten Betroffene mit mehreren Tausend Euro in Vorlage
treten. Ein Petent berichtete, dass er sein Studium nur durch die Aufnahme eines Nebenjobs
weiter finanzieren könne.
Stellungnahme BMVg
Die anfänglichen Schwierigkeiten bezüglich
der telefonischen Erreichbarkeit bzw. der
Nichtbeantwortung von Anfragen im Rahmen
der Neuaufstellung der Abrechnungsstelle
(AbrSt) Leipzig des Kompetenzzentrums Travel Management der Bundeswehr (KompZ TM
Bw) konnten größtenteils abgestellt werden.
Die Eingaben, die überwiegend den Bereich
des KompZ TM Bw – AbrSt Leipzig betrafen,
sind rückläufig. Die bereits bei der Übernahme
107
Stellungnahme BMVg
zum Jahresbericht 2013 des Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages
das KarrC Bw München ergriffenen Maßnahmen – die Gesamtorganisation des BFD genutzt, um die Bearbeitungsrückstände in der
Kostenabrechnung des BFD München auf ein
vertretbares Maß abzubauen. Der BFD München hatte mit Einnahme der Neustruktur die
Zuständigkeit für die vor dem 1. Dezember
2012 bestehenden BFD München, Kempten
und anteilig Regensburg übernommen. Im Bereich der Kostenrechnung wurden 2012 und
2013 insgesamt fünf temporäre Dienstposten
eingerichtet.
Um im berechtigten Interesse der Förderberechtigten die Zahlungen in einem angemessenen zeitlichen Rahmen und damit die hohe
Betreuungsqualität durch den BFD gewährleisten zu können, werden zahlreiche temporäre ablauforganisatorische, organisatorische
und personelle Lösungen innerhalb der
BFD-Organisation genutzt. Weitere Maßnahmen zur Verbesserung der Situation werden
derzeit geprüft.
Die Übertragung der Aufgaben der sukzessive
aufgelösten Wehrbereichsverwaltungen zu einem Stichtag auf eine neue Bundeswehrbehörde war offensichtlich eine Fehlplanung.
Verschlimmert wurde die Situation dadurch,
dass die Stellen der Kostenabrechner durch
die zeitgleiche Einnahme der Zielstruktur 2017,
die von einem wesentlich geringeren Personalkörper der Bundeswehr ausgeht, reduziert
wurden. Einer noch nicht umfassend arbeitsfähigen Behörde wurde somit gleichzeitig der
Personalkörper reduziert. Bearbeiter konnten
im Einzelfall dadurch für die Bescheidung von
mehreren Tausend Anträgen zuständig sein.
Die verzögerte Kostenerstattung bei der Berufsförderung muss dringend beendet werden.
Sie führt nicht nur zu finanziellen Belastungen,
sondern gefährdet auch die Ausbildung selbst.
Hinzu kommt, dass der Berufsförderungsdienst,
der bisher verlässlich funktionierte, ein wesentliches Attraktivitätsmerkmal der Streitkräfte als
Arbeitgeber war.
Stellungnahme BMVg
Die Überführung des Berufsförderungsdienstes
(BFD) von der Territorialen Wehrverwaltung in
den Organisationsbereich Personal, verbunden
mit einer Reduzierung sowie der räumlichen
Veränderung von einigen Dezernaten des BFD
im Rahmen der Einnahme der Neustruktur
zum 1. Dezember 2012, hat bei mehreren Dezernaten des BFD zu erheblichen Mehrbelastungen geführt. Die in Einzelfällen noch zu
bewältigenden Betreuungsstärken im militärischen Bereich korrespondieren (noch) nicht
mit der eingenommenen Dienstpostenstruktur,
die auf die Zielstruktur ausgelegt ist.
Dies macht sich vor allem bei der Bearbeitung
von Kostenerstattungsanträgen bemerkbar.
Das Arbeitsaufkommen in der Kostenabrechnung übersteigt vielerorts die Anzahl der mit
dem vorhandenen Personal zu bewältigenden
Abrechnungsfälle. Die Abrechnerinnen und
Abrechner in den Dezernaten BFD haben je
nach Karrierecenter (KarrC Bw) – zwischen
2.200 und 5.500 (aktive und ausgeschiedene)
Soldatinnen und Soldaten zu betreuen. Dies
führte 2013 insbesondere in drei Dezernaten
des BFD zu Bearbeitungszeiten in der Kostenrechnung von ca. zehn Wochen, im BFD
München für kurze Zeit von bis zu 22 Wochen.
In den übrigen Dezernaten des BFD betrug die
Bearbeitungszeit durchschnittlich drei bis vier
Wochen. Vor dem Hintergrund eines hohen
Bearbeitungsrückstandes und eines damit
verbundenen erhöhten Aufkommens von Eingaben wegen verspäteter Auszahlungen von
Leistungen des besonders belasteten BFD im
KarrC Bw München wurde – neben den durch
21
Fehlerhafte Berechnung von
Dienstbezügen
Mit dem Besoldungsüberleitungsgesetz vom 5.
Februar 2009 wurden Berufs- und Zeitsoldaten
ab 30. Juni 2009 vorläufig in eine neue Erfahrungsstufe beziehungsweise Übergangsstufe
überführt. Die endgültige Zuordnung erfolgte
zumeist zum 30. Juni 2013.
Ab Juli 2013 wandten sich immer mehr Soldatinnen und Soldaten an mich, die sich mit
Rückforderungen überzahlter Bezüge bis weit
über 2.000 Euro konfrontiert sahen. In vielen
Fällen beschwerten sich die Betroffenen auch
darüber, dass ein Teil der Besoldung zur Tilgung des Rückforderungsbetrages einbehalten
wurde.
Trotz erfolgter Überleitung wurden in zahlreichen Fällen die alten Dienstbezüge insbesondere mit Blick auf die bis dato erreichte Erfahrungsstufe weitergezahlt. Dies fiel zumeist erst
im Zuge einer Beförderung und Neufestsetzung der entsprechenden Stufe beziehungsweise bei der endgültigen Festsetzung
der Erfahrungsstufe zum
30. Juni 2013 auf. Schwer vermittelbar war,
dass im Zuge der Neueinstufung oftmals eine
niedrigere Erfahrungsstufe festgesetzt wurde
als die zuvor erreichte.
Die Betroffenen verließen sich auf die sorgfältige Arbeit der Personalverwaltungen. Darüber
108
Stellungnahme BMVg
zum Jahresbericht 2013 des Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages
bisher festgestellte Stufe oder eine andere
Stufe schriftlich dauerhaft festgesetzt wird. Infolge der gleichzeitigen Einführung eines neuen Abrechnungssystems im Rahmen des Personalwirtschaftssystems der Bundeswehr und
der durch das Dienstrechtsneuordnungsgesetz
im Juli 2009 bewirkten Rechtsänderungen im
Stufenaufbau der Bundesbesoldungsordnung
A konnten die bei einer Beförderung vorgeschriebenen Stufenfeststellungen nur zeitverzögert bearbeitet werden. Dadurch kam es regelmäßig bei einer Stufenkorrektur zu Überzahlungen, die rückabgewickelt werden mussten (Rückforderungsverfahren). Hierbei vertrat
das Bundesministerium der Verteidigung die
durch die Rechtsprechung gestützte Auffassung, dass die Empfänger die überzahlte Besoldung herauszugeben haben, da sie nach
Maßgabe des Bürgerlichen Gesetzbuches
aufgrund der zur Rechtslage der Überleitung
gegebenen Informationen verschärft hafteten.
Üblicherweise wurden die Überzahlungen unter Einräumen von moderaten monatlichen
Ratenzahlungen durch Aufrechnung mit den
laufenden Bezügen einbehalten. Die Rechtsprechung entwickelte sich seit 2009 zu dieser
Thematik weiter. Je länger der Zeitpunkt der
Überleitung (1. Juli 2009) von der eine Stufenneufestsetzung auslösenden Beförderung
zurücklag, desto eher tendierten die Verwaltungsgerichte dazu, eine verschärfte Haftung
und damit eine Rückzahlungspflicht nicht anzuerkennen. Ende November 2013 hat deswegen das inzwischen für die Personalabrechnung der Soldaten zuständige Bundesministerium des Innern entschieden, dass für die
in diesem Zusammenhang noch zu treffenden
Rückforderungsentscheidungen nunmehr im
Regelfall nicht von einer verschärften Haftung
der überzahlten Besoldungsempfänger auszugehen sei. Im Ergebnis werden damit keine
neuen Rückforderungsbescheide bei Stufenneufestsetzungen infolge einer Beförderung
mehr erlassen. Im Übrigen ist das entsprechende Recht zum 30. Juni 2013 ausgelaufen
(Stichtagsregelung).
Die vom Bundesrechnungshof beanstandeten
fehlerhaften Zahlungen betreffen die ab dem
1. Juli 2009 neu eingestellten Soldaten, für die
erstmals nach neuem Recht eine Stufe festzusetzen war. Die damit beauftragten Soldaten
in den militärischen Personalstellen mussten
gleichzeitig in das neue Recht sowie in das
neu eingeführte Personalwirtschaftssystem
eingewiesen werden. In dieser Phase aufgetretene Fehler führten zunächst zur Festsetzung zu niedriger Grundgehälter. Diese wurden inzwischen manuell korrigiert und kontinuierlich abgearbeitet. Die seit Juli 2010 mit dem
Personalwirtschaftssystem der Bundeswehr
erfolgte maschinelle Bezügezahlung ist korrekt
hinaus fallen geringfügig höhere Gehaltszahlungen kaum auf, weil bei vielen Soldatinnen
und Soldaten das monatliche Einkommen aufgrund von Zulagen oder Zahlungen für besonders geleistete Dienste variiert. So wurden die
Betroffenen von kumulierten Rückforderungen
und Gehaltsreduzierungen überrascht.
Das für die Rückforderung der Bezüge jetzt
zuständige BMI hat in einer Stellungnahme zu
einer Eingabe mitgeteilt, dass nach Auswertung der aktuellen Rechtsprechung bei Überzahlungen häufig nicht von einer verschärften
Haftung des Besoldungsempfängers, sondern
im Regelfall zu dessen Gunsten von einem
Wegfall der Bereicherung ausgegangen werden könne. Es bleibt zu hoffen, dass unter
Zugrundelegung dieser Rechtsprechung angemessene Lösungen für die betroffenen Soldatinnen und Soldaten gefunden werden.
Wie der Bundesrechnungshof im Zuge einer
Überprüfung feststellte, wurden im Jahr 2013
in nahezu 2.000 Fällen neu eingestellten Soldatinnen und Soldaten zu niedrige Gehälter
gezahlt. Ursächlich dafür waren fehlerhafte
Eingaben in das entsprechende Datenverarbeitungsprogramm. Der Dienstherr bleibt aufgefordert, ordnungsgemäße Gehaltszahlungen
an alle Soldatinnen und Soldaten sicherzustellen.
Stellungnahme BMVg
Aufgrund der Umstellung der Stufen des
Grundgehaltes in der Bundesbesoldungsordnung A wurden zum 1. Juli 2009 die vorhandenen Besoldungsempfänger (Beamte und
Soldaten) in eine neue Stufensystematik
übergeleitet. Dabei wurde anhand der Betragsübereinstimmung
des
monatlichen
Grundgehalts aus der alten Tabelle und der
Überleitungstabelle des Besoldungsüberleitungsgesetzes die Zuordnung zu einer Stufe
oder Überleitungsstufe vorgenommen. Diese
Stufenzuordnung erfolgte zunächst vorläufig
und stand unter dem gesetzlichen Vorbehalt
der Verleihung eines Dienstgrades einer höheren Besoldungsgruppe bis zum 30. Juni
2013. Bei Eintritt dieses Tatbestandes war die
Stufe erneut festzusetzen und zwar so, als ob
der Soldat bereits mit der höheren Besoldungsgruppe zum 1. Juli 2009 übergeleitet
worden wäre. Diese „Stufenkorrektur“ infolge
einer Beförderung diente dazu, das verfassungsrechtlich gebotene Gleichbehandlungsgebot zu gewährleisten.
Alle übergeleiteten Besoldungsempfänger
wurden mit der Gehaltsbescheinigung für den
Abrechnungsmonat Juli 2009 darüber informiert, dass bei einer Beförderung entweder die
109
Stellungnahme BMVg
zum Jahresbericht 2013 des Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages
(SaZ), die vor dem Inkrafttreten des Bundeswehrreform-Begleitgesetzes eingestellt wurden, ob sie der Übergangsvorschrift des § 102
Soldatenversorgungsgesetz
unterliegen
möchten, konnte nicht gefolgt werden. Die generelle Einführung eines einseitigen Wahlrechts ohne Prüfung eines konkreten dienstlichen Bedarfs wäre – insbesondere mit Blick
auf den laufenden Umstrukturierungs- und
Abbauprozess in der Bundeswehr – personalplanerisch nicht vertretbar. Eine umfassende
Weiterverwendung aller weiterverpflichtungswilligen SaZ kann nicht sichergestellt werden.
Neben der gebilligten Jahresdurchschnittsstärke an SaZ / BS insgesamt (Veranschlagungsstärke) muss das dienstliche Interesse –
z. B. der weitere Bedarf an militärischem Personal differenziert nach einzelnen Fachlichkeiten – berücksichtigt werden. Die im Bericht des
Wehrbeauftragten genannte Gesetzesinitiative
befindet sich derzeit innerhalb des Bundesministeriums der Verteidigung in Bearbeitung.
und entspricht den gesetzlichen Vorgaben.
Durch systeminterne Revisionen wird die Qualität der Bezügezahlung weiterhin optimiert.
Insgesamt werden die inzwischen realisierten
Informations- und Kontrollmechanismen für
ausreichend erachtet.
22
Übergangsregelung bei der
Berufsförderung
Das neue Berufsförderungsrecht verlagert die
Berufsförderung an das Ende der Verpflichtungszeit. Das neue Recht gilt durch die Stichtagsregelung nur für die nach dem Inkrafttreten
des Gesetzes neu eingestellten Soldatinnen
und Soldaten. Derzeit fehlt eine Übergangsregelung.
Da nach altem Recht die Berufsförderung
schon vor dem Ende der Verpflichtungszeit
beginnt, stehen Soldaten mit entsprechenden
Ansprüchen der Truppe dienstlich für einen
kürzeren Zeitraum zur Verfügung, sodass sie
im Falle des Wunsches einer Weiterverpflichtung gegenüber Kameraden, die dem neuen
Recht unterliegen, das Nachsehen haben
könnten.
23
Kritik am derzeitigen
Versorgungsausgleich
Berechtigte Kritik zog im Berichtsjahr einmal
mehr die Regelung auf sich, wonach das Ruhegehalt von im aktiven Dienst geschiedenen
Berufssoldatinnen und Berufssoldaten unabhängig von der Altersgrenze für die Versetzung
in den Ruhestand mit Beginn des Ruhestandes
um den fortgeschriebenen Versorgungsausgleich gekürzt wird. Selbst wenn der ausgleichsberechtigte frühere Ehegatte noch keine
Rente bezieht, greift diese Regelung.
Vor diesem Hintergrund ist unter anderem vom
Gesamtvertrauenspersonenausschuss
im
Bundesministerium der Verteidigung angeregt
worden, die Stichtagsregelung durch eine
Wahlregelung zu ersetzen, die es den Soldaten einmalig ermöglicht, sich für das alte oder
das neue Recht zu entscheiden.
Das Bundesministerium der Verteidigung hat
zugesagt, den Übergang vom alten zum neuen
Berufsförderungsrecht flexibler zu gestalten.
Im Fall der Weiterverpflichtung von Zeitsoldaten, die noch dem alten Recht unterliegen, soll
generell das neue Recht verpflichtend zur Anwendung kommen. Darüber hinaus soll derzeit
aktiven Zeitsoldaten im Rahmen des bestehenden Dienstverhältnisses die Möglichkeit eröffnet werden, zum neuen Recht zu wechseln,
wenn ein dienstliches Interesse an einer längeren Aufgabenwahrnehmung besteht. Die
generelle Einführung eines einseitigen Wahlrechts für aktive Zeitsoldaten ohne dienstlichen
Bedarf wird abgelehnt. Die notwendige Gesetzesänderung soll Anfang 2014 in die Wege
geleitet werden.
Dies ist für die betroffenen Soldatinnen und
Soldaten nicht plausibel. Sie beklagten sich zu
Recht darüber, Abzüge erdulden zu müssen,
die dem geschiedenen Ehepartner noch gar
nicht zugute kommen. Sie sehen darin eine
unberechtigte Bereicherung des Staates. Hinzu kommt, dass nicht wenige Betroffene auch
die Umstände des Soldatenberufs als Grund
dafür sehen, dass ihre Ehe gescheitert ist.
Dass das Bundesministerium der Verteidigung
insoweit zumindest für eine generelle Verschiebung des Kürzungsbeginns der Versorgung nach Paragraph 55 c Soldatenversorgungsgesetz auf die für Bundesbeamte oder
zumindest für Berufssoldaten geltende allgemeine Altersgrenze eingetreten ist, ist zu begrüßen. Umso enttäuschender ist es, dass
selbst diese Verbesserung bisher nicht erreicht
werden konnte. Ich werde mich weiterhin dafür
einsetzen, dass die nachteilige Regelung des
Stellungnahme BMVg
Der Einführung des vom Gesamtvertrauenspersonenausschuss angeregten Wahlrechtes
für alle Soldatinnen und Soldaten auf Zeit
110
Stellungnahme BMVg
zum Jahresbericht 2013 des Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages
diesen Angeboten zählen auch Rehabilitationsmaßnahmen für Soldatinnen und Soldaten
mit ihren Angehörigen gerade nach längeren
Auslandseinsätzen. Leider scheitert die Teilnahme an solchen Maßnahmen häufig daran,
dass die Kosten für Angehörige von Soldatinnen und Soldaten nicht aus dem dafür vorgesehenen Haushaltstitel des Bundesministeriums der Verteidigung bezahlt werden dürfen.
Die Betroffenen selbst können die Kosten aber
nicht oder nur schwer aufbringen. Deshalb
sollte die Zweckbestimmung des entsprechenden Haushaltstitels zukünftig auch auf
Angehörige von Soldatinnen und Soldaten
ausgeweitet werden. Der Wehrbeauftragte hat
in einem Schreiben an die Vorsitzende des
Haushaltsausschusses des 17. Deutschen
Bundestages eine Prüfung der Ausweitung der
Zweckbestimmung in diesem Sinne angeregt.
Versorgungsausgleichs für Berufssoldatinnen
und Berufssoldaten geändert wird.
Stellungnahme BMVg
Die Verbesserung der finanziellen Situation für
die Berufssoldatinnen und Berufssoldaten
beim Versorgungsausgleich im Falle einer
Ehescheidung entspricht nach wie vor dem
besonderen Interesse des Bundesministeriums
der Verteidigung, auch wenn dieser Punkt
nicht im Koalitionsvertrag verankert wurde. In
den geplanten Gesetzentwurf zur Steigerung
der Attraktivität des Dienstes in der Bundeswehr sollen daher Regelungen aufgenommen
werden, die die bestehende Benachteiligung
von Berufssoldatinnen und Berufssoldaten
beim Versorgungsausgleich abmildern.
24
Militärseelsorge
Seit mehr als 50 Jahren sichert die Militärseelsorge in den Streitkräften das grundgesetzlich verbriefte Recht auf freie Religionsausübung und ist darüber hinaus seelsorgerisch tätig. Die Militärseelsorge ermöglicht den
Soldaten und ihren Angehörigen die Ausübung
ihrer Religion unter den besonderen Bedingungen des soldatischen Dienstes. Dies gilt
auch in Auslandseinsätzen. Die damit verbundene Einsatzbegleitung durch die zuständigen
Militärgeistlichen erfordert ein hohes Maß an
Empathie sowie Wissen um die besonderen
Umstände dieser Einsätze. So geben die Militärgeistlichen nicht nur moralische und ethische Orientierung, stehen den Soldatinnen und
Soldaten nicht nur als vertrauensvolle Ansprechpartner zur Verfügung, sondern sind
nicht selten erster Beistand nach extrem belastenden Einsatzerfahrungen. Schließlich geben die Militärgeistlichen auch Angehörigen
von Soldatinnen und Soldaten sowie Hinterbliebenen Halt und Beistand.
Stellungnahme BMVg
Die vom Wehrbeauftragten angesprochene
Buchungsstelle ist nicht vorgesehen für Rehabilitationsmaßnahmen
im
Rahmen
der
Einsatznachsorge. Bei der Buchungsstelle
handelt es sich um Kapitel 1403 Titelgruppe 06
(Zweckbestimmung: Gestaltung der Freizeit).
Zwar enthält diese Titelgruppe u.a. den Titel
532 61 (Zweckbestimmung: Betreuungsmaßnahmen), wegen der übergeordneten Zweckbestimmung der Titelgruppe kann es sich dabei nur um Maßnahmen der Freizeitbetreuung
handeln. Die Finanzierung jeglicher Betreuungsmaßnahmen im Rahmen der Einsatznachsorge aus der Titelgruppe ist dagegen
ausnahmslos unzulässig und auch nicht erforderlich, weil an anderen Stellen im Einzelplan
14 angemessene Vorsorge getroffen ist. Die
vorstehenden Ausführungen gelten auch hinsichtlich der Einbeziehung von Familienangehörigen der Einsatzrückkehrer. Eine entsprechende, ausführliche Stellungnahme des
BMVg wurde auf das Schreiben des Wehrbeauftragten an die damalige Vorsitzende des
Haushaltsausschusses hin dem BMF zur Weiterleitung an den Haushaltsausschuss übermittelt. Das BMF teilt die Haltung des BMVg in
dieser Frage ausdrücklich.
Den Militärbischöfen Dr. Franz-Josef Overbeck
und Dr. Martin Dutzmann, dem evangelischen
Militärgeneraldekan Matthias Heimer, dem
Generalvikar der katholischen Kirche Reinhold
Bartmann, der im Berichtsjahr das Amt von
Walter Wakenhut übernommen hat, sowie allen Militärgeistlichen und den Mitarbeiterinnen
und Mitarbeitern der Militärseelsorge gebührt
für ihr Engagement Dank und Anerkennung.
In den vergangenen Jahresberichten wurde die
steigende Anzahl von Soldatinnen und Soldaten anderer religiöser Überzeugungen in der
Bundeswehr angesprochen. Im Berichtsjahr
haben Soldatinnen und Soldaten gegenüber
dem Wehrbeauftragten ihren Wunsch nach
Anlaufstellen für Soldaten anderer Religionen
geäußert. In diesem Zusammenhang ist der
Umstand sehr erfreulich, dass den Wehrbeauf-
Das breit gefächerte Angebot der Militärseelsorge der evangelischen und katholischen
Kirche trägt unter anderem der stärker werdenden Nachfrage nach Maßnahmen im
Rahmen der Einsatznachsorge Rechnung. Zu
111
Stellungnahme BMVg
zum Jahresbericht 2013 des Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages
tragten keine Beschwerden darüber erreichten,
dass religiöse Gebote oder Feiertage in der
Truppe nicht eingehalten werden konnten.
25 Beispielfälle zum Jahresbericht 2013
25.1 Führungsverhalten
Das Zentrum für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr hat inzwischen eine Studie vorgelegt, die sich dem Bedarf an Seelsorgern anderer Glaubensrichtungen widmet. Zwar können aus den Ergebnissen der Studie keine Schlussfolgerungen abgeleitet werden, wie den verschiedenen Erwartungen an eine seelsorgerliche Betreuung
organisatorisch und inhaltlich am besten zu
entsprechen wäre. Die Studie bestätigt aber,
dass die Einrichtung von Ansprechstellen für
Soldatinnen und Soldaten anderer Glaubensrichtungen in der Bundeswehr angebracht ist.
Das Bundesministerium der Verteidigung ist
nach eigener Aussage in diesem Sinne bereits
konzeptionell tätig geworden.
Herabwürdigende Äußerungen
Einem Stabsoffizier und Bataillonskommandeur wird vorgeworfen, sich beleidigend sowie
fremdenfeindlich gegenüber ihm unterstellten
Soldaten geäußert zu haben. Unter anderem
soll er – teilweise unter Alkoholeinfluss – sinngemäß gegenüber einem Soldaten, der auch
die italienische Staatsangehörigkeit besitzt,
gesagt haben, dass dieser kein Arier und nicht
würdig sei, diese Uniform zu tragen. In einem
anderen Fall soll er anwesende Soldaten als
„Schwuchteln“ bezeichnet haben. Weiblichen
Zivilpersonen gegenüber soll er sich bei verschiedenen Gelegenheiten in aufdringlicher
Weise beziehungsweise ungebührlich verhalten haben. Ein gerichtliches Disziplinarverfahren, das weitere Vorwürfe zum Gegenstand
hat, ist zwischenzeitlich eingeleitet. Der Offizier
wurde aus seiner Leitungsfunktion herausgelöst. Eine abschließende Würdigung der Vorwürfe steht noch aus, weil bisher erst 15 von
40 Zeugen vernommen werden konnten.
Stellungnahme BMVg
Die seelsorgerlichen Bedürfnisse von Soldatinnen und Soldaten anderer Glaubensrichtungen werden bislang mit Unterstützung der
katholischen Militärseelsorger bzw. evangelischen Militärseelsorgerinnen und -seelsorger
auf überkonfessioneller Basis durch individuelle Maßnahmen mit Schwerpunkt Lebensberatung und Krisenbewältigung wahrgenommen.
Um die seelsorgerliche Begleitung dieser Soldatinnen und Soldaten zu verbessern, hat das
Zentrum für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr eine Studie
durchgeführt mit dem Ziel, den seelsorgerlichen Bedarf zu ermitteln.
Das Ergebnis dieser Studie stützt Überlegungen, eine Erweiterung der bestehenden seelsorgerlichen Betreuung in Erwägung zu ziehen.
Daher hat das Bundesministerium der Verteidigung eine dreistufige Vorgehensweise zur
Erweiterung der Militärseelsorge beschlossen.
Als 1. Stufe soll zunächst eine „Ansprechstelle
für religiöse Vielfalt in der Bundeswehr“ (Arbeitstitel) beim Zentrum Innere Führung eingerichtet werden. Die 2. Stufe beinhaltet eine
Vereinbarung mit Vertretern anderer Glaubensrichtungen im Rahmen einer nebenamtlichen Seelsorge. Die 3. Stufe beinhaltet die
Einstellung eines hauptamtlichen Vertreters.
Nur sofern sich jeweils ein nachhaltiger und
relevanter Bedarf feststellen lässt, ist beabsichtigt, zu der nächsten Stufe überzugehen.
Mangelhafte Ausübung der Disziplinarbefugnis
Im Herbst 2012 kam es im Rahmen einer Patrouillenfahrt im Raum Kunduz zum Fund einer
Sprengfalle (Improvised Explosive Device,
IED). Auf Weisung eines anwesenden Stabsoffiziers im Dienstgrad Oberst wurde das IED mit
G36 und Gewehrgranaten beschossen. Anschließend entnahm der Stabsoffizier selbständig eine Sprengstoffprobe aus der Hauptladung, sammelte Komponenten des IEDs ein,
führte diese mit und übergab sie erst bei
Rückkehr in Kunduz an den dortigen Kampfmittel-Räumtrupp. Das Verhalten des Stabsoffiziers macht nicht nur wegen des Verstoßes
gegen bestehende Sicherheitsbestimmungen,
sondern vor allem im Hinblick auf die damit
verbundene Gefährdung seiner eigenen Person sowie ihm unterstellter Soldaten sprachlos.
Nicht nachvollziehbar war auch die Reaktion
seines Disziplinarvorgesetzten. Dieser stellte
nach Abschluss der Ermittlungen kein Dienstvergehen fest und sah von einer disziplinaren
Ahndung ab. Ein solches Ausbleiben einer disziplinaren Reaktion auf offensichtliche und erhebliche Dienstpflichtverletzungen erschüttert
das Vertrauen von Untergebenen in ihre Disziplinarvorgesetzten. Für die Soldaten ist dies
besonders unverständlich, weil Verstöße ge-
112
Stellungnahme BMVg
zum Jahresbericht 2013 des Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages
Regelung des Alkoholkonsums im deutschen
Einsatzkontingent ISAF, der auch für deutsche
Soldaten in Usbekistan gilt, und gab als ranghöchster Offizier vor Ort und Vorgesetzter in
seiner Haltung und Pflichterfüllung ein
schlechtes Beispiel. Der Oberst wurde von
dem seinerzeit zuständigen Dienstältesten
deutschen Offizier des deutschen Anteils im
ISAF-Hauptquartier
belehrt.
Das
Einsatzführungskommando der Bundeswehr hielt
das für nicht ausreichend. Dem ist zuzustimmen.
gen Sicherheitsbestimmungen in untergeordneten Bereichen sehr wohl und zu Recht
streng geahndet werden. Der Beispielfall zeigt,
dass eine gewissenhafte und objektive Ausübung der Disziplinarbefugnis durch den
nächsten Disziplinarvorgesetzten in diesem
Fall jedenfalls nicht gewährleistet war.
Tätlicher Angriff auf einen Vorgesetzten
Auf einem Schnellboot kam es während einer
Hafenliegezeit in Beirut/Libanon im Rahmen
des UNIFIL-Einsatzes im Februar zu einem tätlichen Angriff auf einen Vorgesetzten. Mehrere
Obermaate verabredeten sich, einem ihnen
vorgesetzten Bootsmann einen Denkzettel zu
verpassen. Der Bootsmann hatte zuvor vor der
gesamten Schiffsbesatzung geäußert, dass auf
den Decks die „Mongos“ wohnen würden. Mit
„Mongos“ meinte er die Mannschaften und
Unteroffiziere ohne Portepee. Die Obermaate
fesselten den Bootsmann mit stabilem Gewebeklebeband und fixierten ihn auf einem
Tisch. Anschließend schrieb einer der Täter
mittels eines wasserunlöslichen Stiftes auf den
Unterschenkel des Bootsmannes den Schriftzug „Hier wohnen die Mongos“. Das Amtsgericht Rostock sah die Tatbestände einer Körperverletzung und Freiheitsberaubung in Tateinheit mit einem tätlichen Angriff auf einen
Vorgesetzten als verwirklicht an, stellte das
Strafverfahren nach Abwägung der Gesamtumstände der Tat aber gegen Zahlung eines
Geldbetrages nach Paragraph 153 a Strafprozessordnung ein. Aus der Sicht des Wehrbeauftragten hatte schon der Bootsmann allein
durch
die
Benutzung
des
behindertenfeindlichen Begriffs „Mongos“ sowie die
damit verbundene Beleidigung der angesprochenen Soldaten seine Dienstpflichten in erheblicher Weise verletzt.
25.2 Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot
Ein Soldat wandte sich mit einer Eingabe an
den Wehrbeauftragten und schilderte drei in
seinem Umfeld durch Stabsoffiziere begangene Dienstvergehen, die disziplinar nicht oder
nicht hinreichend geahndet worden seien, mit
der Bitte um Prüfung der Sachverhalte. Der
Petent selbst kannte die Fälle nur vom Hörensagen, ohne auf diesen Umstand in seiner
Eingabe hinzuweisen. In einem der vom Petenten genannten Fälle bestätigte sich der erhobene Vorwurf nicht, weil der Vorgesetzte die
Vorwürfe bestritt und ein Nachweis nicht möglich war. Daraufhin nahm der Disziplinarvorgesetzte Ermittlungen gegen den Petenten auf
und verhängte gegen ihn einen strengen Verweis wegen unwahrer Behauptungen in einer
Eingabe an den Wehrbeauftragten. Das um
Überprüfung der Disziplinarmaßnahme gebetene Einsatzführungskommando der Bundeswehr stellte dazu fest, dass sich zwei der vom
Petenten erhobenen Vorwürfe als weitgehend
zutreffend erwiesen hätten, der Vorwurf einer
Aufstellung falscher Behauptungen mithin in
diesen Fällen nicht aufrecht erhalten werden
könne. Aus diesem Grunde beantragte der
Befehlshaber beim zuständigen Truppendienstgericht die Aufhebung des strengen Verweises. Das Truppendienstgericht Süd folgte
diesem Antrag und hob die Disziplinarmaßnahme gegen den Soldaten auf.
Wenig vorbildliches Verhalten eines Vorgesetzten
Aufgrund eines Unwetters über dem Zielflughafen Termez/Usbekistan musste ein Airbus
der Luftwaffe im März 2013 auf den Flughafen
Urgench in Usbekistan ausweichen. Da ein
unmittelbarer Weiterflug aus verschiedenen
Gründen nicht möglich war, mussten die auf
den Flug gebuchten Soldatinnen und Soldaten
rund 36 Stunden im Transitbereich des Flughafenterminals verbringen. Während der Öffnungszeiten des Duty-Free-Shops nahm ein
Stabsoffizier im Dienstgrad eines Oberst einen
halben Liter Wein und einen Whisky zu sich.
Damit verstieß er gegen den Befehl für die
25.3 Rechtsextremismus
Ausführung des „Hitlergrußes“
Ein Obergefreiter stellte sich während einer
Kompanieexkursion zum „Haus der Geschichte
der Bundesrepublik Deutschland“ in Bonn in
Zivilkleidung vor ein Exponat mit der Hakenkreuzflagge und fragte einen Gefreiten, ob er
ein Foto von ihm machen könne. Er übergab
dem Gefreiten sein Handy, nahm die Hacken
113
Stellungnahme BMVg
zum Jahresbericht 2013 des Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages
sumiert zu haben. Es soll der sogenannte „Hitlergruß“ gezeigt worden sein. Darüber hinaus
wird der Vorwurf erhoben, dass – bezogen auf
das Hotelpersonal – unter anderem sinngemäß
die Aussage gefallen sein soll: „Frag‘ mal den
Neger, ob die Pizza fertig ist“. Wegen dieser
und weiterer Vorwürfe erfolgte eine Abgabe an
die zuständige Staatsanwaltschaft, die Einleitung eines gerichtlichen Disziplinarverfahrens
sowie die Einschaltung des Militärischen Abschirmdienstes. Die betroffenen Soldaten
wurden unmittelbar nach dem Bekanntwerden
der Vorwürfe aus dem Einsatz abgelöst. Die
disziplinaren Ermittlungen sowie Ermittlungen
der zuständigen Staatsanwaltschaft laufen
noch.
zusammen und bewegte den ausgestreckten
Arm vor dem Körper mindestens in Schulterhöhe, um den „Hitlergruß“ anzudeuten.
Dabei grinste er und sagte: „Wenn ich ‛den
hier‛ machen würde, würde es passen“. Dann
nahm er den Arm wieder herunter. Der Soldat
wurde vorzeitig aus dem Dienst der Bundeswehr entlassen.
Unbedachte Äußerungen
Ein Oberstleutnant begrüßte zu nicht mehr
feststellbaren Zeitpunkten zwischen Juni 2011
und Juli 2012 mindestens drei- bis viermal im
Geschäftszimmer seiner Dienststelle die anwesenden Soldaten mit den Worten „Saluti
Faschisti“. Der ironisch gemeinte Gruß löste
bei den anwesenden Soldaten Irritationen aus.
Die disziplinaren Vorermittlungen gegen den
Oberstleutnant wurden im Februar 2013 unter
Feststellung eines Dienstvergehens eingestellt.
Die Verhängung einer einfachen Disziplinarmaßnahme kam nicht mehr in Betracht, weil
seit dem Dienstvergehen bereits mehr als
sechs Monate verstrichen waren.
25.4 Unterbringung
Hygienemängel in verschiedenen Liegenschaften
In einem Gebäude der Artillerieschule in der
Rilchenberg-Kaserne in Idar-Oberstein wurden
bereits 2005 Feuchtigkeitsschäden durch Undichtigkeiten am Flachdach festgestellt. Trotz
einer durchgeführten Dachsanierung kam es
im Jahre 2008 zu einem starken Schimmelpilzbefall, der zur Sperrung der betroffenen
Räume führte. Ein noch im gleichen Jahr erstelltes Sanierungskonzept wurde zunächst
wegen eines Überhangs an Lehrräumen, später wegen der bevorstehenden Stationierungsentscheidung und einer zur Vorbereitung
der Stationierungsentscheidung notwendigen
Begutachtung der Rilchenberg-Kaserne nicht
umgesetzt. Im Berichtsjahr wurde eine Ausdehnung der Feuchtigkeitsschäden in dem betroffenen Gebäude festgestellt. Das Ergebnis
einer Überprüfung durch ein Sachverständigenbüro liegt noch nicht vor. Soldaten kritisierten, dass in dem Gebäude versucht worden sei, den Schimmelbefall mittels Besen und
Farbüberstrich zu „beseitigen“. In diesem wie
in anderen Fällen wurde die bestandserhaltende Akutbekämpfung von Bauschäden sträflich vernachlässigt.
Unangemessene Kommunikation in sozialen Medien
In einem aktuellen Fall wird gegenüber einer
identifizierten WhatsApp-Gruppe der Vorwurf
erhoben, unter Verwendung von Pseudonymen menschenverachtende, rassistische, antisemitische,
rechtsextremistische,
beleidigende sowie gewaltandrohende Inhalte in
Wort und Bild gepostet zu haben. Bei den ermittelten Mitgliedern handelt es sich um einen
Unteroffizier ohne Portepee und neun Mannschaftsdienstgrade. Die bisher festgestellten
Inhalte lassen keinen Zweifel an dem erhobenen Vorwurf aufkommen. Eine Abgabe an die
zuständige Staatsanwaltschaft ist erfolgt. Der
Militärischer Abschirmdienst wurde eingeschaltet. Die Entlassung aus der Bundeswehr
ist in mehreren Fällen beabsichtigt. Des Weiteren werden disziplinare Ermittlungen durchgeführt. Der Fall wurde bekannt, weil ein Soldat sein Handy mit entsprechenden Inhalten
einem anderen Soldaten zeigte und dieser sich
an seinen Sicherheitsoffizier wandte.
Ein in die Boelcke-Kaserne in Kerpen versetzter Soldat beanstandete, dass der bereits im
Juli 2012 von ihm gemeldete Schimmelbefall in
seiner und den Stuben anderer Kameraden
bisher nicht beseitigt worden sei. Auch er beklagte einen Versuch, dem Schimmelbefall mit
Übermalen zu begegnen. Darüber hinaus wies
er darauf hin, dass erst ein Jahr nach seiner
Meldung eine Prüfung des Schimmelbefalls in
Auftrag gegeben worden sei und das Ergebnis
Fehlverhalten im Ausland
Drei Marinesoldaten wird vorgeworfen, in einem arabischen Land im Poolbereich eines
Hotels unter anderem selbst mitgebrachten
Alkohol teilweise in erheblichen Mengen kon-
114
Stellungnahme BMVg
zum Jahresbericht 2013 des Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages
teren ist es nicht mit dem Fürsorgegedanken
vereinbar, dass die Entscheidung über die
Beschwerde so lange hinausgeschoben wird,
bis die Angelegenheit sich durch Zeitablauf erledigt und der Soldat wegen der verstrichenen
Einstellungstermine kein Interesse mehr an der
Dienstzeitverkürzung hat.
noch immer nicht vorliege. Wie der Petent
fernmündlich mitteilte, wurde das betroffene
Gebäude Mitte November 2013 geräumt. Eine
Stellungnahme des Bundesministeriums der
Verteidigung lag bis zur Drucklegung des Jahresberichtes noch nicht vor.
Anlässlich eines Truppenbesuchs in der Niederauerbach-Kaserne in Zweibrücken wurde
beklagt, dass sich die Sanierung von Sanitärräumen in einem Unterkunftsgebäude für junge,
auszubildende Soldaten seit einem halben
Jahr hinziehe und die Betroffenen wegen fehlender Trennwände in den Toiletten, abgebauter Waschbecken und gekappter Wasserleitungen in andere Gebäude ausweichen müssten. Das Bundesministerium der Verteidigung
bestätigte die Beeinträchtigungen. Ursächlich
waren Streitigkeiten der beauftragten Firma mit
der Landesbauverwaltung, die dazu geführt
hatten, dass die Firma zeitweise die Arbeit
eingestellt hatte.
Zivilberufliche
(ZAW)
Aus-
und
Weiterbildung
Ein Petent kritisierte die Durchführung seiner
ZAW-Maßnahme. In seiner Eingabe bemängelte er die aus seiner Sicht minderwertige
Ausbildung und den Umstand, dass er lediglich
Prüfungsfragen auswendig zu lernen habe. Die
Prüfungsfragen kenne er bereits. Im Rahmen
der Überprüfung stellte sich heraus, dass die
Soldaten im Unterricht tatsächlich anhand von
Prüfungsfragen einer vorhergehenden Prüfung
lernten. Exakt die gleichen Fragen wurden
dann auch bei der aktuellen Prüfung gestellt.
Eine
solche
Vorgehensweise
wertet
ZAW-Maßnahmen ab und beschädigt auf
Dauer den Wert und die Anerkennung der Abschlusszeugnisse.
25.5 Personal
Dienstzeitverkürzung
Ein Oberfähnrich beantragte eine Verkürzung
seiner Dienstzeit zum 28. Februar 2013. Mangels hinreichender Leistungen hatte er sein
Betriebswirtschaftsstudium nicht abschließen
können und wurde seitdem auf einem
„Dienstpostenähnlichen Konstrukt“ eingesetzt.
Das ist ein fiktiver Dienstposten, bei dem der
Soldat so eingesetzt wird, als gäbe es diesen
Dienstposten bereits. Er verfügte über keinerlei
Ausbildung, keine Ausbildungs- und Tätigkeitsnummer (ATN) und keinen Bundeswehrführerschein. Bis zu seinem zwischenfestgesetzten Ende seiner Dienstzeit am 30. Juni
2015 war keine Änderung seiner Verwendung
vorgesehen. Da er bei der Bundeswehr keine
Zukunft mehr für sich sah, bewarb er sich bei
der Polizei und erhielt sowohl zum 1. März
2013 als auch zum 2. April 2013 Einstellungszusagen bei der Polizei in Sachsen-Anhalt und
in Sachsen.
25.6 Vereinbarkeit von Familie und Dienst
Heimatnahe Versetzung
Ein seit rund 13 Jahren an den Wochenenden
zwischen Heimat- und Dienstort pendelnder
Soldat und Familienvater, der zwei Afghanistan-Einsätze absolviert hatte, wurde nach
mehreren erfolglosen Anträgen auf heimatnahe Versetzung in einen rund 120 Kilometer von
seinem Heimatort entfernten Standort in Thüringen versetzt. Diese Versetzung hätte es ihm
ermöglicht, innerhalb der Woche Zeit mit der
Familie zu verbringen und sich an der Kinderbetreuung zu beteiligen. Bei Dienstantritt war
die aufnehmende Dienststelle nicht über die
Zuversetzung informiert. Wie sich in der Folge
herausstellte, handelte es sich bei der avisierten Tätigkeit auch nicht um eine solche am
Standort, sondern um eine mit ständigen
Dienstreisen verbundene Außendiensttätigkeit
im gesamten westlichen Bundesgebiet. Die
Verärgerung des Petenten, im Vorfeld von der
Personalführung über die Art des Dienstpostens nicht informiert worden zu sein und die
Enttäuschung darüber, den Dienst weiterhin
heimatfern verrichten zu müssen, waren verständlich. Die hier zutage getretenen Informations- und Kommunikationsmängel sowie vor
allem die Entscheidung, die die auf der Hand
liegenden Interessen des Soldaten unbe-
Sein Antrag vom Oktober 2012 auf Dienstzeitverkürzung wurde im Dezember 2012 abgelehnt. Über seine Beschwerde wurde bis zur
Rücknahme der Beschwerde Ende Mai 2013
nicht entschieden.
Es ist nicht nachvollziehbar, aus welchen
Gründen einem jungen Menschen, der keine
Zukunft in der Bundeswehr zu erwarten hat,
auch die zivile Zukunft verbaut wird. Des Wei-
115
Stellungnahme BMVg
zum Jahresbericht 2013 des Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages
schrieben sei. Ungeachtet dessen fehlte dem
Beschwerdebescheid das Ergebnis der vorgeschriebenen dienstaufsichtsrechtlichen Prüfung. Die betroffenen Soldatinnen wandten
sich im September 2010 an den Standortpfarrer, der den Kommandeur von den Vorfällen in
Kenntnis setzte. Erst danach wurde der Beschwerde der Soldatinnen durch den Kommandeur sachgerecht nachgegangen. Abgesehen von den üblen sexistischen Beleidigungen, denen sich die Soldatinnen durch einen
Kameraden ausgesetzt sahen, trug das Verhalten des direkten Dienstvorgesetzten – dessen inakzeptables Vorgehen ohne angemessene disziplinarrechtliche Konsequenzen blieb
– dazu bei, das Vertrauen der Soldatinnen in
ihre Vorgesetzten nachhaltig zu erschüttern.
Im Übrigen erfolgte trotz Prüfung keine Abgabe
an die Staatsanwaltschaft.
rücksichtigt ließ, sind nicht akzeptabel. Eine
solche Fehlentscheidung hätte im Übrigen im
Falle der Ausschreibung des Dienstpostens
vermieden werden können.
Beurlaubung zur Begleitung des Kindes als
Betreuungsperson zu einer Kur
Ein Hauptfeldwebel beantragte Betreuungsurlaub nach Paragraph 28 Absatz 5 Soldatengesetz, um sein Kind für vier Wochen zu einer
Kur begleiten zu können. Der Antrag wurde zu
Recht abgelehnt, weil diese Form der Beurlaubung vom Gesetzgeber nicht für derart
kurze Zeiträume vorgesehen ist. Allerdings
wurde versäumt, den Soldaten darauf hinzuweisen, dass in diesen Fällen die Möglichkeit
der Beantragung von Sonderurlaub besteht.
Mit Blick auf die Fürsorgepflicht des Dienstherrn wäre ein solcher Hinweis geboten gewesen. Im Rahmen des Eingabeverfahrens
konnte auf diesem Wege Abhilfe geschaffen
werden.
Einhaltung der Privatsphäre
Eine Frau Oberfeldwebel, die im 29. Einsatzkontingent in Masar-e Scharif stationiert war,
beklagte, dass sie bei der Abgabe der Wäschesäcke ihre Unterwäsche vor den Augen
von Kameraden unterschiedlicher Nationen
gegenüber Mitarbeitern eines Wäscheserviceunternehmens vorzählen musste, um bei Verlust Regressansprüche stellen zu können. Infolge der Eingabe wurde zur Verbesserung des
Schutzes der Privatsphäre bei der Abgabe von
Unterwäsche das Aufstellen eines Sichtschutzes im Abgabebereich sowie die Bereitstellung
von blickdichten Wäschesäcken veranlasst.
Dies ist zu begrüßen.
25.7 Frauen in der Bundeswehr
Sexuelle Belästigung
Ein Maat beleidigte Kameradinnen mehrfach
auf übelste sexistische Weise. Eine der noch
harmloseren Beleidigungen war die Bezeichnung einer Kameradin als „Doppel-D“ in Anspielung auf deren Brustumfang. Einer anderen Kameradin zeigte er sein Geschlechtsteil.
Dieses nachhaltig frauenfeindliche und sexistische Verhalten beinhaltete gravierende Verstöße gegen mehrere Bestimmungen des
Soldatengesetzes und wurde im gerichtlichen
Disziplinarverfahren im Jahr 2013 mit einem
Beförderungsverbot und einer Kürzung der
Dienstbezüge geahndet.
25.8 Freiwilliger Wehrdienst
Freistellung von der Grundausbildung zur
Teilnahme am Abiturball
Eine Freiwillig Wehrdienst Leistende beantragte die Freistellung von der Grundausbildung zur Entgegennahme des Abiturzeugnisses und zur Teilnahme am Abiturball ihres
Jahrganges. Der Vorgesetzte genehmigte eine
Freistellung für die Zeugniserteilung am Vormittag, nicht aber für den Ball am Abend desselben Tages. Die Soldatin nutzte eine Krankschreibung, um dennoch am Ball teilnehmen
zu können. Durch Bilder vom Abiturball, die auf
Facebook veröffentlicht wurden, erlangte der
Vorgesetzte hiervon Kenntnis und drohte die
Einleitung eines Disziplinarverfahrens mit dem
Ziel der Entlassung an. Um dem zu entgehen,
machte die Soldatin von ihrem Widerrufsrecht
Gebrauch und verließ die Bundeswehr. Abge-
Die Vorgehensweise des direkten Dienstvorgesetzten in der sachgleichen Beschwerdeangelegenheit ist zu rügen: Er setzte das im
Februar 2010 durch die schriftliche Beschwerde der betroffenen Soldatinnen eröffnete Beschwerdeverfahren de facto bis zur Rückkehr
der Beschwerdeführerin und des Beschuldigten von einem Betriebspraktikum sechs Monate später aus. Damit verstieß er gegen das
Beschleunigungsgebot
der
Wehrbeschwerdeordnung. Erst acht Monate nach
Eingang der Beschwerde erstellte der Dienstvorgesetzte einen Beschwerdebescheid, in
dem er mitteilte, dass es sich um eine unzulässige Sammelbeschwerde handele, weil die
Beschwerde von zwei Soldatinnen unter-
116
Stellungnahme BMVg
zum Jahresbericht 2013 des Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages
schriften zum Umgang mit erkrankten Soldaten
verstoßen hatte. Der Fall illustriert beispielhaft,
warum manche Freiwillig Wehrdienst Leistende aus der Bundeswehr ausscheiden wollen.
sehen von der Teilnahme am Ball trotz
Krankmeldung, was disziplinare Ermittlungen
rechtfertigt, sollte der Bundeswehr bei allem
Verständnis für eine zügige und disziplinierte
Ausbildungsfolge – gerade zu Beginn des
Wehrdienstes – ein solch einmaliges Ereignis
im Leben eines jungen Menschen wie der Abiturball nicht gleichgültig sein. Auch im Sinne
der Attraktivität des Freiwilligen Wehrdienstes
wäre eine Freistellung wünschenswert gewesen.
25.9 Medizinische Begutachtung und sanitätsdienstliche Versorgung
Unzureichende Prüfung der Diensttauglichkeit in einem Karrierecenter
Eine Petentin wurde vor ihrem Dienstantritt
zweimal in einem Karrierecenter auf ihre
Diensttauglichkeit untersucht und für dienstfähig mit Einschränkungen (T 2) befunden. Bei
der Untersuchung aus Anlass ihrer Einstellung
als Soldatin auf Zeit dagegen wurde sie als
nicht dienstfähig (T 5) eingestuft und wieder
entlassen. Grund für die Entlassung war die
Bewertung einer früheren, operativ versorgten
Vorschädigung der Wirbelsäule. Im Karrierecenter war insoweit versäumt worden, den
Befund dazu anzufordern und im Hinblick auf
die Dienstfähigkeit auszuwerten. Die Bewerberin war darüber verständlicherweise tief enttäuscht.
Das Marinekommando folgte im Ergebnis dieser Auffassung. Der vom Vorgesetzten herangezogene Erlass stand einer Freistellung für
den Abiturball nicht entgegen, diese hätte über
die allgemeinen Grundsätze der Soldatenurlaubsverordnung zur Dienstbefreiung
erfolgen können. Die Marine hat die Schul- und
Lehrgruppenkommandeure sensibilisiert und
angewiesen, Veranstaltungen mit solch hoher
Bedeutung für die neu eingestellten Soldatinnen und Soldaten bei der Ausbildungsplanung
– wo immer möglich – zu berücksichtigen und
bestehende Möglichkeiten einer Freistellung/Beurlaubung auszuschöpfen. Dies ist zu
begrüßen.
25.10 Bearbeitung von Anträgen
Vorgesetztenverhalten in Zusammenhang
mit der Krankmeldung eines Freiwillig
Wehrdienst Leistenden
Überlange Bearbeitungsdauer eines Wehrdienstbeschädigungsverfahrens
Ein Freiwillig Wehrdienst Leistender, der am
Wochenende erkrankte, ließ sich durch seine
Mutter am Sonntagabend telefonisch bei seiner Einheit krankmelden und begab sich am
Montagmorgen zum nächstgelegenen Sanitätsdienst, wo er krankgeschrieben und für
transportunfähig erklärt wurde. Während er
sich im Sanitätszentrum aufhielt, rief der Vorgesetzte bei ihm zu Hause an und verlangte
unter Androhung rechtlicher Konsequenzen,
dass der Soldat umgehend in der Kaserne zu
erscheinen habe. Dies wiederholte er gegenüber dem Soldaten in einem Telefonat nach
dessen Rückkehr nach Hause. Dass der Soldat ärztlich bescheinigt weder transport- noch
reisefähig war, ließ er nicht gelten. Der Soldat
machte sich daraufhin per Pkw auf den Weg in
die 340 km entfernte Kaserne. Während er
unterwegs war, meldete sich der Vorgesetzte
erneut bei der Mutter des Petenten und verlangte die Mobilfunknummer des Soldaten. Der
Vorfall veranlasste den Freiwillig Wehrdienst
Leistenden, noch am gleichen Tag von seinem
Widerrufsrecht Gebrauch zu machen und aus
der Bundeswehr auszuscheiden. Im Ergebnis
der Überprüfung war festzustellen, dass der
Kompaniechef grob fahrlässig gegen die Vor-
Ein bei einem Verkehrsunfall im Dienst schwer
verletzter Soldat machte im Februar 2011
Versorgungsleistungen nach dem Soldatenversorgungsgesetz geltend. Bereits im Juli
2011 schloss die zuständige Wehrbereichsverwaltung die Sachverhaltsermittlungen zu
dem Fall ab. Anschließend blieb der Vorgang
ein halbes Jahr unbearbeitet liegen. Ende Januar 2012 wurde die Bearbeitung wieder aufgenommen. Eine erbetene versorgungsrechtliche Stellungnahme des Sanitätsamtes
zog sich über ein Jahr hin und konnte erst
nach
Einholung
eines
unfallchirurgisch-orthopädischen Fachgutachtens Ende
Januar 2013 abgeschlossen werden. Ursächlich für die lange Bearbeitungszeit beim Sanitätsamt waren Personalengpässe. Während
des gesamten Bearbeitungsvorganges blieb
der Petent im Ungewissen, ob und in welchem
Umfang seine schweren Verletzungen als
Wehrdienstbeschädigung anerkannt würden.
Das Bundesministerium der Verteidigung entschuldigte sich bei dem Petenten für die bei
der Wehrbereichsverwaltung und dem Sanitätsamt aufgetretenen Verzögerungen bei der
Bearbeitung.
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Stellungnahme BMVg
zum Jahresbericht 2013 des Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages
Lange Wartezeit eines Patienten
Ein Petent, der sich wegen Ohrenschmerzen
und des Verdachts auf einen Hörsturz während
der vorgesehenen Krankenmeldezeiten vorgestellt hatte, beklagte sich, dass er über sechseinhalb Stunden habe warten müssen und als
letzter Patient aufgerufen worden sei. An diesem Tag kam es in diesem Sanitätsbereich zu
188 Patientenkontakten. Als er zur Untersuchung
aufgerufen
wurde,
war
der
HNO-Facharzt des Sanitätszentrums bereits
nicht mehr anwesend. Der Patient wurde deshalb an einen zivilen Facharzt überwiesen und
dort behandelt. Die lange Wartezeit des Patienten war zum einen auf ein hohes Patientenaufkommen, zum anderen auf die an diesem
Tag geringe Zahl der zur Verfügung stehenden
Truppenärzte zurückzuführen. Das Kommando
Sanitätsdienst der Bundeswehr bedauerte die
Wartezeit des Patienten.
Hellmut Königshaus
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