"3D Scandaten von pleistozänen Fußabdrücken in der Höhle Pech
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"3D Scandaten von pleistozänen Fußabdrücken in der Höhle Pech
APPLIKATIONSBERICHT smartSCAN 3D Scandaten von pleistozänen Fußabdrücken in der Höhle Pech-Merle Menschliche Hand- und Fußabdrücke sind die persönlichsten, nicht auf Material basierenden Hinterlassenschaften unserer Vorfahren. Die Fußabdrücke im Lehm dienen den Forschern als Momentaufnahmen, geben Informationen zum Verhalten der Höhlennutzer. Diese Art von historischem Erbe ist selten, nur etwa zehn Bilderhöhlen mit Fußabdrücken sind bekannt. In der Höhle Pech-Merle im Südwesten Frankreichs fanden Archäologen mehrere Fußabdrücke in sehr guten Erhaltungszustand. In einem Forschungsprojekt von Dr. Andreas Pastoors und seinem Team helfen die detaillierten 3D Scandaten des smartSCAN, diese wertvollen alten Spuren zu dokumentieren und zu analysieren. Zielsetzung und Messobjekt Auf der langen Liste von Meisterwerken eiszeitlicher Bilderhöhlen in der Region Midi-Pyrénées ist Pech-Merle zweifellos einer der außergewöhnlichsten Orte. So ein gut erhaltener Abdruck im Lehm gleicht dem "Einfrieren" eines kurzen Lebensabschnitts eines Einzelnen. In der Archäologie gibt es keine vergleichbaren Funde mit einem solchen Reichtum an Informationen über einen individuellen Moment. Eine erstaunlich hohe Anzahl an Fußabdrücken haben Menschen des Jungpleistozäns in der mit spektakulären Bildern Felsmalerei dekorierten Höhle von Pech-Merle hinterlassen. Die menschlichen Fußabdrücke aus dieser Bilderhöhle wurden seit den 1920er Jahren von Archäologen mit dem jeweils aktuellen Stand der Technik untersucht. Die Wissenschaft verfügt seit langem über Werkzeuge zur Informationsanalyse individueller Spuren. In seinem Forschungsprojekt ergänzt Dr. Andreas Pastoors die gängige Praxis mit zwei weiteren Untersuchungsmethoden, um diese Fußabdrücke auf einer Fläche von ca. 3 m x 3 m zu analysieren: Er nutzt die Tradition des Fährtenlesens sowie die moderne Technologie des dreidimensionalen Weißlichtscannens. Mit dem 1.500 mm großen Messfeld des smartSCAN wurden die Fußabdrücke in Pech-Merle gescannt Messsystem und Aufbau Die Dokumentation von Fuß- oder Handabdrücken mit allen noch so kleinen Details erfordert eine sehr hohe Merkmalgenauigkeit. Der smartSCAN bietet zur 3D Digitalisierung dieser archäologischen Funde eine hohe Auflösung und Präzision. Die flexible Sensorkonfiguration mit ihren Triangulationswinkeln von 30°, 20° und 10° ist ein Hauptmerkmal der smartSCANSerie. Damit werden selbst schwer zugängliche Bereiche präzise erfasst. Zudem lassen sich Textur und Farbe der Fußabdrücke festhalten, das Ergebnis ist die pixel-genaue Übereinstimmung der 3D Koordinaten mit der Farbinformation. Mit seinem geringen Gewicht von vier Kilo eignet sich das Scansystem ideal für 3D Messungen vor Ort. Der smartSCAN besteht aus einer Sensorbasis mit Projektionseinheit und zwei Farbkameras (hier: 2 x 5 Megapixel), einer Kalibrierplatte sowie einem Steuergerät. Das Messfeld wird individuell konfiguriert, abhängig von der Größe des zu messenden Bereichs und von der gewünschten Auflösung der 3D Daten. In der Höhle Pech-Merle kommt ein Messfeld von 1.500 mm zum Einsatz, dazu ein Stativ mit einem extra langen Ausleger. Die Auflösung der Messdaten beträgt weniger als 0,5 mm bei einer Tiefenauflösung von unter 0,05 mm. Arbeitsablauf 3D Scannen in der Höhle Pech-Merle: Bertrand Defois, Dirk Hoffmeister, Dirk Rieke-Zapp, Andreas Pastoors, Bernd Breuckmann (v. links. n. rechts) Die bestehende Dokumentation zu den Fußabdrücken in Pech-Merle ist unvollständig und veraltet. Für die Analyse auf dem aktuellen Stand der Technik wurde die Oberfläche des Höhlenbodens mit dem smartSCAN gemessen. Der empfindliche, ca. 9 m2 große Scanbereich darf nicht betreten werden, also plante man die Positionierung des Scanners sowie die Anordnung der Scanüberlagerungen vorab. Dabei wurde auch eine dünne Schicht aus Kalzit und Staub auf den feinen Details der Fußabdrücke berücksichtigt. Daher wurde ein digitales Modell der pleistozänen Spuren und ihrer Umgebung mit einer Auflösung von 1 mm pro Pixel angestrebt. Die komplette Fläche wurde innerhalb einer Stunde gescannt, mit gelegentlichen Unterbrechungen durch Besuchergruppen. Nach Beenden des Scanprozesses wurden in der Auswertungs- und Analysesoftware OPTOCAT die Einzelscans zueinander ausgerichtet. Das Ergebnis ist ein vollständiger 3D Datensatz des gescannten Höhlenbereichs. Der Ausrichtungsprozess verwendet die dreidimensionale Oberflächengeometrie des Bodens, was das Arbeiten mit Passmarken überflüssig macht. Anschließend wurden die Einzelaufnahmen der Punktewolke zusammengeführt und in eine PLY Datei konvertiert, in der sich Farbinformation, Oberflächennormalen und Texturkoordinaten mit den 3D Daten abspeichern lassen. Nach dem Zusammenführen wurden kleine Löcher im Datensatz gefüllt und das Modell erneut in einer PLY Datei gesichert, die nun detaillierte morpho-metrische und morpho-klassifikatorische Analysen ermöglicht. Ergebnis Für eine vollständige, aktuelle Dokumentation aller Fußabdrücke in Pech-Merle erlaubt die zerstörungsfreie Bildgebungstechnologie des smartSCAN ein besseres Verständnis der gesamten Anordnung. Zum ersten Mal ist ein lückenloses Bild der in den letzten 90 Jahren entdeckten Fußabdrücke verfügbar. Diese Darstellung beinhaltet auch die unmittelbare Umgebung. Die moderne Bildgebungstechnologie 3D Daten des erforschten Bereichs mit Farbtextur des smartSCAN vereint die alten, maßstabsgerechten Zeichnungen und die jüngsten Entdeckungen von Experten im Spurenlesen in einem einzigen Dokument. Fünf Personen beiden Geschlechts in einem Alter von 9 - 10 Jahren bis über 50 Jahren wurden identifiziert. Darüber hinaus fand man sogar zusätzliche Fußabdrücke. Deutlich erkennbar konzentrieren sich die neu entdeckten Spuren im westlichen Teil des Höhlenbereichs; unklar ist, warum sie von früheren Forschern übersehen oder ignoriert wurden. Weitere Interpretationen und Analysen der Scans sind in Arbeit. Die auf den Daten des smartSCAN basierenden 3D Modelle enthüllen oft kleinste Details, die für das menschliche Auge fast nicht zu erkennen sind. Die Modelle sind mit oder ohne Originaltextur darstellbar, auch ermöglichen sie ortsunabhängiges Teilen und Untersuchen der Daten. Zudem bilden sie die Grundlage für Replikate im 3D Druck: Die eiszeitlichen Fußabdrücke sind in der hochtechnologisierten Forschungswelt von heute angekommen. AICON 3D Systems würdigte dieses außergewöhnliche 3D Scanprojekt mit dem Sonderpreis des Bernd Breuckmann Awards 2013. Kontakt / Link PD Dr. Andreas Pastoors, Neanderthal Museum, Mettmann (Germany) — www.neanderthal.de Feinste Details dank der Kombination von Spurenlesen und smartSCAN: Fünf Menschen haben von 17.000 Jahren die Untersuchungsfläche gequert (3D Daten ohne Farbtextur; die Nummern bezeichnen die einzelnen Individuen) AICON 3D Systems GmbH Biberweg 30 C | D-38114 Braunschweig tel. +49 (0)531 58 000 58 www.aicon3d.de | [email protected]