WiSe 2013/14 - Erasmus
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WiSe 2013/14 - Erasmus
Erfahrungsbericht – ERASMUS – Bordeaux Erasmus-Semester in Bordeaux, Frankreich im Zeitraum 1.9. - 31.12.2013 stage libre: Innere Medizin, Psychiatrie, Orthopädie, Neurologie Praktische Hinweise • Reiseorganisation: Bordeaux ist über Paris gut mit dem Zug zu erreichen. Die Fahrtzeit ab Paris beträgt circa 4 Stunden. Der Bahnhof in Bordeaux 'Gare Saint-Jean' ist gut an das öffentliche Verkehrssystem angebunden und liegt nicht weit vom Stadtzentrum entfernt. Zugtickets können über die Seite http://www.voyages-sncf.com/ gebucht werden. • Versicherung Eine Berufshaftpflichtversicherung kann kostenlos beim Marburger Bund beantragt werden, vorausgesetzt man ist dort bereits Mitglied. Ich war zudem über meine Universität in Deutschland versichert, die mich jedoch nur in den Bereichen absichert, die meinem Kenntnisstand entsprachen. Da ich noch keine theoretischen Kurse in einigen Fächern absolviert hatte, habe ich noch eine zusätzliche Berufshaftpflichtversicherung abgeschlossen. • Finanzen Empfehlenswert ist es, vor Reiseantritt ein Konto bei der DKB (Deutsche Kreditbank AG) zu eröffnen, da man mit der Kreditkarte kostenlos an allen Automaten Geld abheben kann. Es ist allerdings zu bedenke, das die interne Umbuchung vom Girokonto auf die Kreditkarte ein paar Tage in Anspruch nimmt. • Sprache empfehlenswert ist das Buch „Französisch für Mediziner“ von F. Balzer, A. Bredel und L. Haisch (ISBN 9783437412783) sowie das Medizinisches Wörterbuch - Dictionnaire medical: Deutsch-Französisch/ FranzösischDeutsch von Dieter Werner Unseld (ISBN-13: 978-3804750456) Zusätzlich empfiehlt es sich, den Sprachkurs für Mediziner am ChIC der Charité zu absolvieren. Ich selbst habe die Sprache im Rahmen von Sprachkursen an der Universität und in Montpellier gelernt. Zusätzlich habe ich mich regelmäßig mit einem Tandempartner getroffen,was äußerst hilfreich war. • Unterkunft Wohnheimplätze: www.crous-bordeaux.fr (diese sind recht günstig, jedoch häufig schlecht ausgestattet). Ein WG - Zimmer kann über folgende Seiten gesucht werden: www.cija.net www.leboncoin.fr www.appartager.com Da ich mittlerweile ein paar Freunde in Bordeaux habe, könnt ihr mich auch gerne per email kontaktieren und ich werde versuchen, euch weiterzuhelfen. Für längere Aufenthalte lohnt es sich, den Papierkrieg auf sich zu nehmen und CAF zu beantragen: www.caf.fr Bordeaux und Umgebung Die Stadt hat mir richtig gut gefallen. Die schöne Altstadt im Stil des Klassizismus lädt zu Spaziergängen und Café-besuchen ein. Begeistert hat mir z.B. das Café Samovar, in dem des öfteren Diskussionsveranstaltungen zu verschiedenen Themen wie z.B. dem bedingungslosen Grundeinkommen stattfinden. An vielen verschiedenen Orten in Bordeaux kann man Fahrräder nach Hinterlegung einer Kaution von 200€ ausleihen. Der Tarif für 24h beträgt 1€, für 7 Tage 5€. Die erste halbe Stunde kann man kostenlos mit dem Fahrrad fahren. Ein wenig lästig ist jedoch, dass der Betrag der Kation für 1-2 Wochen auf dem eigenen Konto blockiert bleibt. Fahrradleihsystem VCUB (http://www.vcub.fr/) Ansonsten findet man auf dem sonntäglichen Markt St. Michel vermutlich geklaute Fahrräder sowie auf der Seite www.leboncoin.fr Alle Menschen, die gerne in die Oper und ins Ballett gehen oder Klassische Konzerte besuchen, können ein Abonnement über die Oper buchen. Mit dem „Pass Jeunes Auditorium“ kann man für 10€ im Monat so viele Konzerte anhören wie man möchte. Oder man kann für 24€ drei Karten für die Oper und für das Ballett buchen. Von der Stadt Bordeaux gibt es eine „Carte jeunes“ mit der man an vielen Orten Vergünstigungen erhält. Für Wochenendausflüge bietet es sich an, z.B. nach Arcachon mit dem Zug zu fahren und von dort aus zur Dune du Pilat zu wandern. Dies ist sehr eindrucksvoll, da die Düne 110m hoch ist und man von der anderen Seite das Meer sieht. Auch kann man gut von Bordeaux nach St. Émilion mit dem Zug fahren und von dort aus zahlreiche Weingüter besichtigen und an Weinproben teilnehmen. Ich bin öfters ans Meer gefahren (der Strand von Le Porge ist wunderschön und einsam) und habe den Hafen von La Rochelle gesehen. Mit Freunden, die ich über Couchsurfing kennengelernt habe, war ich ein Wochenende in den Pyrénéen in der Nähe von Néouvielle in einer wunderschönen Landschaft, die von zahlreichen Seen geprägt war, wandern. Besonders gut gefallen hat mir ein Ausflug ins Baskenland, nach San Sebastian und Bilbao. In der ersten Stadt hatte sich noch keine Couchsurfing-Möglichkeit ergeben, woraufhin mir Jonathan, der Fahrer der Mitfahrgelegenheit angeboten hat, bei ihm in der WG unterzukommen. Gemeinsam mit seiner Freundin sind wir nachts durch die Bars von San Sebastian gezogen, haben Pintxos gegessen, gefeiert und diskutiert. Am nächsten Tag haben sie mir noch ein paar Lieblingsorte in der Stadt gezeigt. Eindrucksvoll ist auch das Lichterfest in Lyon, das jedes Jahr um den 8. Dezember stattfindet. In der ganzen Stadt sind verschiedene Lichtinstallationen und Kunstwerke zu finden. Die Fahrt von Bordeaux aus ist zwar etwas weit, lohnt sich aber in jedem Falle. Freunden der Mitfahrgelegenheit bietet es sich an auf der Seite www.covoiturage.fr nachzusehen da dies oft viel preiswerter ist als der Zug. Ich habe dieses System oft genützt und nur positive Erfahrungen gesammelt. Auch kann man kurzfristig auf der Seite www.kelbillet.com Tickets kaufen und verkaufen, die man über SNCF nicht mehr umtauschen kann. Persönliche Erfahrungen Zu Beginn meines Aufenthaltes hatte ich den Eindruck, mich ein wenig entscheiden zu müssen, ob ich mich ganz in das Erasmus-Leben stürze mit vielen lustigen internationalen Partys und Freundschaften in ganz Europa oder ob ich versuche, mich hier ganz zu integrieren, so viel wie möglich Französisch zu sprechen und Freundschaften mit Menschen zu knüpfen, die hier dauerhaft leben. Mir war es ein Bedürfnis, in Bordeaux ganz anzukommen und habe mich deshalb für letzteres entschieden. Auch wenn es am Anfang nicht so einfach war, Freunde zu finden hat sich die Mühe und Suche sehr gelohnt. Meine engste Freundin, mit der ich dann letztendlich Weihnachten verbracht habe, lernte ich zum Beispiel im Bioladen kennen:) An der Universität Bordeaux hat man die Möglichkeit, zu Beginn seines Aufenthaltes eine Woche lang einen Sprachkurs für Mediziner zu absolvieren. Dieser Kurs war äußerst hilfreich, zumal man hier viele Redewendungen lernen konnte, die Patienten täglich benutzen, um ihre Symptome zu beschreiben. Professoren in Rente haben Patienten geschauspielert, eine große Freude. • Praktika Médecine Interne, Prof. Longy-Boursier (Hôpital St. André) Im Rahmen meines ersten Praktikums war ich auf der Station 21. Mir wurden mehrere Patienten zugeordnet, die ich genau kennen sollte (d.h. ausführliche Anamnese, klinische Untersuchung sowie die Krankenakte verinnerlichen), im Rahmen der Visite vorstellen und Therapievorschläge bereiten sollte. Gemeinsam mit den Studenten habe ich dort vormittags den Ablauf der Station kennengelernt. Etwas anstrengend war jedoch, das wir oft zu fünft einem Interne (Vgl. Assistenzarzt) zugeteilt waren und wir uns in den Patientenzimmern auf die Füße getreten sind. Ich hatte den Eindruck viel zu lernen und nun zu den Krankheiten einen Menschen mit den typischen Symptomen vor Augen zu haben (Auf der Station lagen viele Menschen mit Sarkoidose, Lupus und Morbus Behçet). Frau Longy-Boursier hat mich mit ihrer wachen, medizinisch-detektivischen und zutiefst menschlichen Art sehr beeindruckt. Leider ist sie mittlerweile im Ruhestand. Psychiatrie mére-enfant, Prof. Verdoux (Hôpital Charles Perrens) Mein zweites Praktikum absolvierte ich in der Mutter-Kind-Psychiatrie. Hier sind werdende Mütter sowie Frauen direkt nach der Geburt in Behandlung, die meist schon vor der Schwangerschaft an einer psychiatrischen Krankheit litten. Nicht selten wurde im Team darüber entschieden, ob das Kind bei der Mutter bleiben darf oder ob es in eine Pflegefamilie gehen sollte. Ich selbst habe keine Aufgaben übernommen (außer hin-und wieder ein EKG zu schreiben) sondern war ausschließlich in der Beobachter-Rolle, was aufgrund der fragilen Situationen der Frauen aber auch gut nachvollziehbar ist. Orthopédie-Traumatologie, Prof. Chauveaux (Hôpital Pellegrin) Dieses Praktikum habe ich bei dem Oberarzt Yann Wiart absolviert. Falls ihr irgendwie die Möglichkeit habt, Euch den für Euch zuständigen Arzt auszusuchen, kann ich ihn nur wärmstens empfehlen. Er erklärt viel, fragt ab, kurzum, man hat das Gefühl mit Freude einiges zu lernen. Darüber hinaus habe ich gelernt Wunden zu nähen, einen Gips anzulegen sowie die klinische Untersuchung von Hüfte und Knie zu verinnerlichen. Ich war zweimal die Woche in der Sprechstunde sowie einmal pro Woche im OP. Wenn man interessiert ist, kann man auch einen garde mitmachen, entweder in der Notaufnahme oder in der Unfallchirurgie. Neurologie, Prof. Brochet (Hôpital Pellegrin) Diese Station ist auf Schlaganfälle und Multiple Sklerose spezialisiert. Ich empfehle es zu versuchen, auf die Seite „Hôpital traditionnel“ zu gelangen und das „Hôpital de la semaine“ zu meiden, da man in dem letzteren Bereich vier Wochen lang fast ausschließlich Patienten mit Multipler Sklerose betreut. Insgesamt war das Spektrum an Krankheiten die man in den Menschen beobachten konnte recht weit von syndrome de Clipper (haha versucht mal darüber Infos zu finden...) zu Schlaganfällen und Multiple Sklerose. Mir hat es gut gefallen, dass ich eine Routine in der neurologischen Untersuchung bekommen habe und einige Feinheiten gelernt habe. Insgesamt bin ich zufrieden, nun mehr praktische Erfahrung zu haben mich nun nicht mehr ganz so klein und verloren in dem großen weißen Kittel zu fühlen.