Be hand lungs be darf in der Psy choon ko lo gie - PO-Bado

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Be hand lungs be darf in der Psy choon ko lo gie - PO-Bado
Leitthema
Onkologe 2006 · 12:41–47
DOI 10.1007/s00761-005-0996-0
Online publiziert: 14. Dezember 2005
© Springer Medizin Verlag 2005
P. Herschbach
Klinik und Poliklinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie,
Sektion Psychosoziale Onkologie der TU München
Behandlungsbedarf
in der Psychoonkologie
Grundlagen und Erfassungsmethoden
D
as Thema „Behandlungsbedarf in der
Psychoonkologie“ beschäftigt uns seit ca.
20 Jahren [15]. Es ist nach wie vor eines
der tragenden Themen der psychoonkologischen Forschung. Dies scheint verwunderlich, sieht es doch zunächst nicht nach
einem Problem aus, dass so lange Zeit
braucht, um gelöst zu werden.Tatsächlich
handelt es sich hier um ein kompliziertes
Problem – und dies aus unterschiedlichen
Gründen.
Der Wunsch nach Versorgung (Nachfrage), etwa seitens des betroffenen Krebspatienten wird als subjektiver Bedarf oder
Bedürfnis (also psychoonkologisches Betreuungsbedürfnis) bezeichnet. Diesem
subjektiven Bedarf wird ein wissenschaftlich bestätigter „objektiver“ Bedarf gegenübergestellt. Nach objektivem Bedarf wird
z. B. in der Gesundheitsplanung gefragt
(z. B. „Wie viele Psychoonkologen benötigt man pro Bett der stationären onkologischen Rehabilitation?“) oder auch im Rahmen von Studien, die sich mit den Determinanten des Bedarfs befassen (z. B. „Von
welchen Patientenmerkmalen hängt die
psychoonkologische Betreuungsbedürftigkeit ab?“). Auf der anderen Seite steht
die klinische Praxis, etwa in der Akutklinik im Rahmen des Konsiliar-/Liaisondienstes. Hier gilt es im Einzelfall zu entscheiden, welche Patienten der Station X
zum aktuellen Zeitpunkt psychoonkologische Unterstützung benötigen oder bzw.
um die Frage: „Wie finde ich auf ökonomische Weise die Patienten heraus, die psychoonkologischer Unterstützung bedür-
fen?“ Es geht hier um die Indikationsstellung im klinischen Alltag.
Dem Bedarf bzw. Bedürfnis stehen die
Begriffe Inanspruchnahme bzw. Nutzung
potenzieller Angebote gegenüber. Es kann
nämlich sein, dass „bedürftige Patienten“
Therapieangebote ablehnen und Nichbedürftige Therapieangebote erfragen. Die
Determinanten des sog. Inanspruchnahmeverhaltens sind ebenfalls Gegenstand
dieses Forschungsbereichs [26].
Kriterien des Betreuungssbedarfs
Eine Ursache der Schwierigkeit, den psychoonkologischen Betreuungsbedarf zu
bestimmen ist, dass sich bisher weder in
der Forschung noch im klinischen Alltag
allgemeine Indikationskriterien herauskristallisiert und bewährt haben. Theoretisch sind die folgenden Kriterien denkbar.
Kriterium 1: Merkmale
der Erkrankung/Behandlung
Man könnte davon ausgehen, dass diejenigen Patienten, die objektiv die schwierigste Krankheitssituation bzw. die radikalste
Behandlung zu bewältigen haben, auch
den höchsten Betreuungsbedarf haben.
Das heißt, schwer Kranke sind behandlungsbedürftiger als die leichter Kranken,
die radikal Behandelten sind belasteter als
die schonend Behandelten. Dieses Kriterium ist jedoch untauglich, da es sich in Stu-
Tabelle 1
Psychologische Belastungstests in der Psychoonkologie
Belastungstest
Literatur
Fremdeinschätzungsskala
• Psychoonkologische Basisdokumentation (PO-Bado)
Herschbach et al. 2004b
Selbsteinschätzungsskalen
• Fragebogen zur Belastung von Krebskranken (FBK)
• Distress-Thermometer
• Quality of Life Questionnaire (QLQ C30)
• Functional Assessment of Cancer Therapy (FACT)
• Cancer Needs Questionnaire
• Brief Symptom Questionnaire (BSI)
• Hospital Anxiety and Depression Scale (HADS)
Herschbach et al. 2003
Roth et al. 1998
Aaronson et al. 1991
Cella et al. 1993
Bonevski et al. 2002
Derogatis 1993
Herrman et al. 1995
Mischkonzept
• Hornheider Fragebogen
Strittmatter 1997
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Leitthema
Abb. 1 8 Fragebogen zur Belastung von Krebspatienten (Ausschnitt)
dien vielfach gezeigt hat, dass der objektive Befund nur sehr gering mit dem subjektiven Befinden korreliert [14]. Auch im
klinischen Alltag finden wir immer wieder, dass es schwer kranke Patienten gibt,
die ihre Situation erstaunlich gut bewältigen. Auf der anderen Seite stehen Patienten, die bei eher komplikationslosen Verläufen emotional massiv belastet sind. Das
Spektrum interindividueller Variation ist
sehr groß. Obwohl positive Korrelationen
bestehen, kann im Einzelfall nicht von der
objektive Erkrankungs- bzw. Behandlungssituation auf die psychologische Betreuungsbedürftigkeit geschlossen werden.
kologischer Behandlungsangebote stehen,
sind u. a.
F
F
F
F
F
F
F
F
Krebsdiagnose,
Alter (Jüngere),
Geschlecht (Frauen),
soziale Schicht (obere Schichten),
Beschwerdenstärke,
Coping-Stil (wenig vermeidend),
Informationsstand (hoch),
Kausalattribution der Krebserkrankung (Einfluss des Immunsystems,
[3, 26]).
Kriterium 3:
psychiatrische Komorbidität
Kriterium 2: Selbstzuweisung
Nahe liegend wäre es auch, davon auszugehen, dass der Patient selbst spürt, wann er
einschlägige Unterstützung braucht und
diese von sich aus erbittet. In diesem Falle
würde z. B. der Klinikpsychologe, der keine
Patientenanmeldung zu seiner Sprechstunde hat, folgern, dass in seiner Klinik kein
entsprechender Handlungsbedarf besteht.
Es gibt inzwischen eine Fülle klinischer
Erfahrungen und empirischer Studien, die
zeigen, dass der Rückschluss von der Betreuungsinanspruchnahme der Patienten
auf ihren Betreuungsbedarf unzulässig ist.
Hier spielt ein komplexes Geflecht psychologischer Faktoren eine Rolle. Es ist ein langer Weg von der Wahrnehmung und Akzeptanz (vs. Verleugnung!) der eigenen Belastung über die Informiertheit über den
Nutzen psychologischer Gespräche bis
hin zur Überwindung der eigener Scham
und der aktiven Nachfrage.
Faktoren, die in einem Zusammenhang mit der Inanspruchnahme psychoon-
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Das Standardkriterium für die psychische
Belastung von Patienten in der Medizin
ist das Vorliegen einer psychiatrischen Störung, wie sie in der ICD oder DSM klassifiziert sind. Übertragen auf die Psychoonkologie wäre somit das Vorliegen einer psychiatrischen Störung (etwa Angststörung
oder Depression) nach ICD-10, ein Indikator für psychoonkologischen Betreuungsbedarf. Die psychiatrische Diagnostik ist
jedoch wenig geeignet, das psychische Befinden von Tumorpatienten adäquat abzubilden. Zum einen treffen die meisten Diagnosekriterien auf belastete Tumorpatienten nicht zu, zum anderen decken sie viele Belastungen von Krebskranken nicht
ab. Ein Beispiel mag hier als Illustration
dienen. Die Hauptbelastung von Krebskranken sind Ängste [10], insbesondere
die Angst vor der Ausbreitung bzw. dem
Wiederkehren der onkologischen Symptomatik (Rezidive, Metastasen). Diese Angst
(„Progredienzangst“, [11]) ist jedoch eine im Kern angemessene Realangst. Die
psychiatrischen Ängste hingegen sind im
Grundsatz irrational. Würde man konsequent das Vorliegen einer psychiatrischen
Störung zum Indikationskriterium machen, so würde man nach eigenen unveröffentlichten Schätzungen bis zu 45 belasteter Patienten „übersehen“.
Eine Reihe weiterer eher sekundärer
Probleme sind hier zu nennen. Die Reliabilität der psychiatrischen Diagnostik in der
Onkologie ist sehr fraglich. Es besteht die
Gefahr der sog. „psychiatrischen Etikettierung“ der Patienten, die den Zugang zu
ihm erschweren kann. Schließlich ist hier
die implizite Annahme unterstellt (durch
die gemeinsamen theoretischen Wurzeln
der psychiatrischen Diagnostik und der
klassischen Psychotherapie), klassische
Psychotherapieverfahren könnten in der
Psychoonkologie indiziert sein. Dies ist
selten der Fall, da sich die Psychotherapie
von Krebspatienten sehr von der Psychotherapie neurotischer oder psychosomatischer Patienten unterscheidet.
Kriterium 4:
Einschätzung des Onkologen
Die Einschätzung des behandelnden Onkologen wäre ein weiteres mögliches Kriterium für die psychoonkologische Behandlungsbedürftigkeit eines Patienten. Man
könnte davon ausgehen, dass der behandelnde Onkologe seinen Patienten hinreichend gut kennt, um beurteilen zu können,
wie belastet dieser ist bzw. ob er psychosozialer Unterstützung bedarf. Dass sich dieses Kriterium ebenfalls nicht bewährt hat,
zeigen eine ganze Reihe empirischer Studien [17, 20, 23]. Die Selbsteinschätzung der
Patienten und die Fremdeinschätzung der
Onkologen korrelieren aus den verschiedensten Gründen nur gering.
Eine Möglichkeit der Optimierung besteht in diesem Zusammenhang grundsätzlich darin, die Ärzte systematisch in
der psychologischen Beurteilung ihrer Patienten zu unterstützen, z. B. durch ein
Training [16, 21].
Kriterium 5: Coping
Ein „elegantes“ Kriterium könnte theoretisch durch die Coping-Theorie bereitgestellt werden. Wenn man frühzeitig und zuverlässig erkennen könnte, welcher Tumor-
Zusammenfassung · Abstract
patient sich auf einem „schlechten Anpassungsweg“ befindet, könnte man rechtzeitig eingreifen und professionelle Unterstützung anbieten. Der Prozess der Krankheitsbewältigung ist allerdings intra- und interindividuell so komplex und unterschiedlich, dass es kaum möglich sein wird, hier
klinisch relevante, ökonomische und reliable Kriterien für die Praxis bereitzustellen.
Kriterium 6: Psychosoziale
Belastung/Lebensqualität
Theoretisch ist das beste Indikationskriterium eines, das möglichst krebsspezifisch
und -relevant ist, in einem theoretischen Zusammenhang mit den Therapieangeboten
steht und zuverlässig und ökonomisch zu
erfassen ist. Gemeint sind die verwandten
Kriterien „psychosoziale Belastung“ und
„Lebensqualität“. Beide Konstrukte sind inzwischen hinreichend ausgereift und operationalisiert (in Form von Selbsteinschätzungs- und Fremdeinschätzungsinstrumenten, [11]) und werden regelmäßig in klinischen Studien eingesetzt. Häufig eingesetzte Messinstrumente sind in . Tabelle 1 aufgeführt. Der Transfer in die medizinische
Praxis allerdings, also außerhalb von Modell- und Forschungsprojekten, hat bisher
noch nicht wirklich stattgefunden.
Internationale und nationale
Screening-Konzepte
Aus oben aufgeführten Gründen hat sich
die Erkenntnis durchgesetzt, dass die systematische Untersuchung aller Krebspatienten der einzige Weg ist, die betreuungsbedürftigen Individuen zu identifizieren.
Diese Tatsache spiegelt sich auch in entsprechenden internationalen und deutschen
Leitlinien wieder [19, 27]: „Psychosocial service needs of patients and families are assessed systematically using appropriate tools“
(Canadian Cancer Society) bzw. „Der Bedarf psychoonkologischer Betreuung von Patienten und Angehörigen wird systematisch
mit angemessenen Instrumenten erhoben“
(Empfehlungen zur psychoonkologischen
Betreuung im Akutkrankenhaus).
In den USA, in England, Kanada und
Australien werden gegenwärtig groß angelegte Screening-Projekte durchgeführt,
um Erfahrungen über Gültigkeit und
Machbarkeit unterschiedlicher Prozedu-
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Behandlungsbedarf in der Psychoonkologie.
Grundlagen und Erfassungsmethoden
Zusammenfassung
Die Identifikation der Krebskranken, die so
belastet sind, dass sie psychoonkologischer
Unterstützung bedürfen, ist ein altes, immer noch nicht gelöstes Problem der Psychoonkologie. Dies hat damit zu tun, dass
sich weder in der Forschung noch in der
Praxis Kriterien und Maßnahmen für die
Auswahl der Patienten herauskristallisiert
bzw. bewährt haben. In Frage kommen die
Kriterien Krankheits-/Behandlungsmerkmale, die Selbstzuweisung des Patienten,
psychiatrische Störungen, Fremdeinschätzung des behandelnden Onkologen, Coping und psychosoziale Belastung/Lebensqualität.
Nationale und internationale Leitlinien
empfehlen das systematische Screening
aller Patienten mit geeigneten Instrumen-
ten. Hierbei handelt es sich um bereits vorliegende Fragebogen. Die Realisierung
dieser Vorgehensweise bleibt jedoch bisher auf wenige Zentren beschränkt und
ist nicht Gegenstand der Versorgungsroutine. Ein Grund ist der relativ große Aufwand,
der mit einem Einsatz von sog. Papier- undBleistifttests in der Praxis verbunden wäre.
Moderne computergestützte Diagnostiksysteme können hier Abhilfe schaffen und
so zu einer Verbesserung und Integration
der Versorgung und zur Steigerung der Lebensqualität der Patienten beitragen.
Schlüsselwörter
Psychoonkologie · Psychosoziale
Belastung · Screening · Onkologie
The need for treatment in psychooncology.
Principles and assessment strategies
Abstract
The systematic screening for distress in cancer patients is still an unsolved problem in
pychooncology. One of the reasons is that
there has been no agreement about the adequate criteria to select the patients (characteristics of disease or treatment, self-selection of patients, psychiatric comorbidity,
coping, assessment of oncologist or cancerspecific distress and quality of life). National and international guidelines for psychosocial care recommend systematic screening of all cancer patients. However, distress
screening programs have remained restricted to some cancer centers until now. One
reason is the effort required to implement
paper and pencil tests into medical routine.
Using modern touch screen computers
may help to solve the problem and hence
improve the quality of medical treatment.
Keywords
Psychooncology · Psychosocial distress ·
Screening · Oncology
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Abb. 2a 8 Fragebogen zur psychoonkologischen Basisdokumentation
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Abb. 2b 8
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ren zu gewinnen [4]. Die wichtigsten Projekte finden am Memorial Sloan-Kettering
Cancer Centre in New York statt, am Sidney Kimmel Comprehensive Cancer Centre at Johns Hopkins in Baltimore, am Royal Newcastle Hospital in Newcastle, Australien, am Tom Baker Cancer Centre in
Calgary, Kanada und in Edinburgh, Leeds,
UK statt (Literatur beim Autor).
In Deutschland wird schon mindestens
seit ca. 1985, also deutlich vor den oben genannten Ländern, mit Screening-Prozeduren experimentiert. Mit ein Grund ist vielleicht, dass das einzigartige deutsche Rehabilitationswesen schon früh mit dem psychosozialen Versorgungsbedarf konfrontiert wurde. Im Folgenden werden einige
krebsspezifische Instrumente beschrieben,
die in Deutschland bisher häufiger zur Anwendung kamen.
Hornheider Fragebogen
Der Hornheider Fragebogen wurde von
Strittmatter [24] seit Mitte der 80er Jahre
empirisch entwickelt. Er entstand in der
Fachklinik Hornheide für Patienten mit
Gesichts- und Hauttumoren. Die jüngste Weiterentwicklung ist das Hornheider
Screening-Instrument (HSI), das nur noch
aus 7 Patientenfragen besteht. Empirische
Untersuchungen in der Fachklinik Hornheide mit 122 Patienten ergab eine befriedigende Treffsicherheit der betreuungsbedürftigen Patienten. Der Hornheider Fragebogen hat inzwischen in Deutschland
eine recht breite Anwendung gefunden.
Fragebogen zur Belastung von
Krebskranken (FBK-R23)
Der FBK liegt inzwischen in der zweiten revidierten Version vor: FBK- R23 [9, 11]. Er
besteht aus 23 konkreten Belastungsitems
(auf einer DIN-A4-Seite), die jeweils nach
Relevanz und Belastungsstärke beantwortet werden (Wertebereich von 0= “trifft
nicht zu“ bis 5 = “trifft zu und belastet
mich sehr stark“; . Abb. 1). Die Items umfassen die Belastungsbereiche: psychosomatische Beschwerden (somatische und
psychische Beschwerden), Angst (u. a. vor
dem Fortschreiten der Erkrankung), Informationsdefizite (inklusive Aspekte der
Arzt-Patient-Beziehung), Alltagseinschränkungen (u. a. Hobbys, Körperpflege) und
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soziale Belastungen (u. a. Kommunikationsschwierigkeiten inklusive Partnerbeziehung). Der FBK ist für Krebspatienten aller Diagnosen und Stadien entwickelt und
mehrfach psychometrisch geprüft worden.
Es stehen Vergleichsdaten von mehr als
2000 Krebspatienten zur Verfügung.
In der Praxis kann der Patient ohne
spezielle Einweisung den Fragebogen selbständig in wenigen Minuten ausfüllen. Als
kritischen Schwellenwert für emotionale
Überlastung bzw. als Indikator für Psychotherapiebedürftigkeit schlagen die Testautoren einen Testsummenwert von mehr
als 34 Punkten vor.
Hospital Anxiety and Depression
Scale (HADS)
Dieser Fragebogen wurde für körperlich
Kranke entwickelt. Er ist somit nicht spezifisch für Krebskranke. Die Deutsche
Adaptation stammt von Herrmann et al.
[8]. Der HADS erfasst mit jeweils 7 Items
Angst und Depression. Werte von über 10
pro Skala gelten als pathologisch. Der Einsatz dieses Fragebogens bietet zwei Vorteile. Die große Verbreitung, auch international, bietet weite Vergleichsmöglichkeiten.
Außerdem sind Vergleiche mit anderen
Erkrankungen (was bei krebsspezifischen
Fragebogen nicht der Fall ist) und mit der
Normalbevölkerung möglich.
Distress-Thermometer
von J. Holland
Hier handelt es sich um das kürzeste Screening-Instrument. In Form einer sog. linearen Analogskala bzw. eines graphischen
Thermometers beantwortet der Patient auf
einer 10-stufigen Skala (mit den Endpunkten „gar nicht belastet“ bzw. „extrem belastet“) das Item: „Bitte kreisen Sie die Zahl
(0–10) an, die am besten beschreibt, wie belastet Sie sich in der letzten Woche einschließlich heute gefühlt haben?“ Zusätzlich kann
der Patient einzelne Belastungsbereiche ankreuzen. In der amerikanischen Originalversion [22] wird ein Wert von mindestens
5 als kritischer Wert vorgeschlagen. Momentan arbeitet die Gruppe um Mehnert
et al. [18] in Hamburg an der deutschen Validierung.
Während die 4 bisher genannten Instrumente Fragebogen sind, die dem Patien-
ten vorgelegt werden, wird im Folgenden
eine Fremdeinschätzungsskala vorgestellt.
Hier können der Onkologe, der Psychoonkologe und die Krankenschwester den Patienten systematisch einschätzen. Einer
der Vorteile der Fremdeinschätzungsskala ist die Tatsache, dass hier Aspekte zum
Tragen kommen können, die dem Patienten u. U. nicht selbst zugänglich sind (z. B.
Verleugnung).
Psychoonkologische
Basisdokumentation (PO-Bado)
Initiiert durch die DAPO-Mitglieder (Deutsche Arbeitsgemeinschaft für Psychoonkologie) im Jahre 1999 (unterstützt durch
die Arbeitsgemeinschaft Psychoonkologie
in der Deutschen Krebsgesellschaft, PSO,
und finanziert durch die Deutschen Krebshilfe e.V.) wurde eine – bis dato weder national noch international vorliegende –
Fremdeinschätzungsskala für die Beurteilung des psychosozialen Befindens von
Krebskranken entwickelt. Die Arbeit (Arbeitsgruppe Blettner, Brandl, Schneider,
Herschbach, Keller, Knight, Martten-Mittag, Strittmatter, Schumacher) begann im
Jahre 2001, umfasste mehrere Forschungsphasen und wird Ende 2005 beendet sein.
Die Endversion der PO-Bado liegt inzwischen vor [12]. Sie besteht aus einem Manual, einem Interviewleitfaden und einer
speziellen Verwaltungssoftware und dem
eigentlichen Rating-Formular (. Abb. 2).
Dieses setzt sich aus einer Seite für die Protokollierung der wichtigsten soziodemographischen und medizinischen Variablen zusammen und einer Seite mit den Einschätzungsitems. Es handelt sich um 3 somatische Aspekte, 8 psychische Aspekte, 3 soziale Themen und das „Indikationsitem“. Die
Materialien können kostenfrei vom Internet heruntergeladen werden: http://www.
po-bado.med.tu-muenchen.de
Wichtig bei der praktischen Benutzung
der PO-Bado ist die Beachtung des Zeitfensters von 3 Tagen und die Einschätzung
der subjektiven Belastung des Patienten,
nicht der Stärke des Symptoms (Beispiel:
nicht die Schlafdauer soll bewertet werden,
sondern das Ausmaß der subjektiven Belastung durch die gegebene Schlafdauer).
In zwi schen lie gen Daten von fast
4000 Patienten vor. Es besteht eine rege
Zusammenarbeit mit verschiedenen Ein-
richtungen, die die PO-Bado als RoutineScreening-Instrument benutzen und Erfahrungen sammeln. Die Entwicklung einer Kurzversion ist in Arbeit.
den. Schon ein ca. 10-minütiges gezieltes
Gespräch, das sich etwa am Interviewleitfaden der PO-Bado (s. o.) orientiert, kann
in der Praxis wertvolle Dienste leisten
und einer ersten Weichenstellung dienen.
Probleme in der Praxis
Korrespondierender Autor
Der systematische Einsatz von ScreeningVerfahren in der medizinischen Praxis
scheint gegenwärtig auf wenige Zentren
beschränkt zu sein; von einem entsprechenden Standard oder einer flächendeckenden Routine kann noch keine Rede
sein. Dies wird u. a. dadurch verständlich,
dass der klinische Vorteil des Praxiseinsatzes [7] mit einem gewissen organisatorischen Aufwand verbunden ist. In jüngerer
Zeit wird deshalb mit EDV-gestützten Testversionen experimentiert. Selbsteinschätzungstests, die bisher als Papierversionen
verfügbar waren, werden zu diesem Zweck
auf einen Touch-Screen- bzw. Hand-HeldComputer programmiert, der dann den
Patienten vorgelegt wird. Die Patienten beantworten die einzelnen Testfragen etwa
mit Hilfe eines elektronischen Stifts direkt
auf dem Bildschirm. Das Ergebnis kann
anschließend sofort, graphisch aufbereitet, gesichtet werden (auf dem Bildschirm
oder als Papierausdruck). Der Autor arbeitet beispielsweise an einem von der deutschen Krebshilfe e.V. unterstützen Projekt
über Machbarkeit und Nutzen einer solchen EDV-gestützten Prozedur für Krebspatienten unter Strahlentherapie.
Bisherige Erfahrungen demonstrieren
nicht nur die Machbarkeit solcher Prozeduren [25], sondern auch einen positiven „atmosphärischen Einfluss“ auf der
Station. Die Aufmerksamkeit des medizinischen Personals wird stärker als vorher
auf das emotionale Befinden der Patienten fokussiert.
Fazit für die Praxis
Die systematische Untersuchung des subjektiven Befindens von Krebskranken
in der klinischen Praxis ist eine zentrale
Maßnahme zur Verbesserung der (integrierten) onkologischen Versorgung und
zur Steigerung der Lebensqualität der
Krebskranken.
Nur auf diese Weise können belastete Patienten identifiziert und ggf. einer psychologischen Betreuung zugeführt wer-
Prof. Dr. P. Herschbach
Klinik und Poliklinik für Psychosomatische
Medizin und Psychotherapie, Sektion
Psychosoziale Onkologie der TU München,
Langerstraße 3, 81 675 München
E-Mail: [email protected]
Interessenkonflikt: Es besteht kein Interessenkonflikt. Der korrespondierende Autor versichert,
dass keine Verbindungen mit einer Firma, deren
Produkt in dem Artikel genannt ist, oder einer
Firma, die ein Konkurrenzprodukt vertreibt,
bestehen. Die Präsentation des Themas ist
unabhängig und die Darstellung der Inhalte
produktneutral.
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