Bündner Tagblatt, 17.5.2013
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Bündner Tagblatt, 17.5.2013
19 Freitag, 17. Mai 2013 Kultur Jazz Festival St. Moritz mit Gratiskonzerten Das Festival da Jazz in St. Moritz wartet vom 11. Juli bis 11. August mit einer ganzen Reihe illustrer Namen aus der Jazzszene auf. Geplant sind 50 Konzerte auf kleinen, aber feinen Bühnen des Nobelkurortes. Auch im sechsten Jahr seines Bestehens setzt das Festival auf den legendären, privaten «Dracula-Club» als Hauptspielort mit Platz für gerade mal 150 Zuhörer. Dieses Jahr treten im intimen Rahmen internationale Musikgrössen auf wie Randy Crawford, Matt Bianco, Chick Corea und Nigel Kennedy. Weitere bekannte Namen sind Dieter Meier und Dee Dee Bridgewater. Sein Debüt als Improvisator gibt der türkische Konzertpianist Fazil Say. Als Gegenpol zum Edelklub setzen die Veranstalter erstmals auf den Berggipfel Muottas Muragl. Zu sehen sind auf 2450 Metern über Meer die mehrfachen Grammy-Gewinner Earth, Wind & Fire – zum Nulltarif. Zahlreiche weitere kostenlose Konzerte finden spätnachts in der «Miles Davis Lounge» des Luxushotels «Kulm» statt und sonntags an Vormittagen im Hotel «Hauser». (sda) Zadek inszeniert «König Lear» in Wien Kunst am Bau: Nice to have D ie Medien haben darüber berichtet: Ein halbes Prozent Bausumme für Kunst am Bau, im Projekt vorgesehen und im Budget eingehalten, soll nun dennoch beim Churer Quaderschulhaus eingespart werden. Der Prozentanteil der Summe würde ungefähr jenem der Kulturausgaben des Kantons und der Stadt am jährlichen Budget entsprechen, wenn man dort den Bereich «Freizeit und Sport» abzieht. Beinahe jedesmal, wenn Sparen oberstes Traktandum ist, und das ist oft der Fall, kommen diese Mikrosummen zuerst dran, als ob da- Die Verdoppelung von Wenig wäre immer noch wenig mit für den öffentlichen Haushalt etwas gewonnen wäre. Die KulturStadträtin ist nicht zu beneiden. * Schon vor einigen Jahren habe ich mich gewundert, als der Churer Stadtrat das Geburtshaus von Angelika Kauffmann (1741–1807) nicht haben wollte, obschon eine Erbengemeinschaft das Objekt an der Reichsgasse der Stadt geschenkt hätte. Angelika Kauffmann gehört zu den ersten Frauen, die als Künstlerin Karriere machten, war eine der bedeutendsten europäischen Figuren der klassizistischen Malerei im 18. Jahrhundert, literarisch gebildet, Gründungsmitglied der Royal Academy of Arts in London. Chur dürfte eigentlich ein bisschen stolz sein auf Angelika Kauffmann, auch werden müssten, wie das in letzter wenn die Malerin ihr Leben nach Zeit wiederholt gefordert wurde. einigen Jugendjahren ausserhalb Die Verdoppelung von Wenig wäre unserer rätischen Kapitale ver- immer noch wenig. Aber bei den bracht hat. Dieser biografische oben genannten Beispielen geht es Umstand war übrigens – neben nicht wirklich um Geld: Es geht dem nach Meinung der Behörde um eine Haltung, um Wertschät«dem Steuerzahler nicht zumutba- zung und um den Zeitgeist: den ren» Renovationsbedarf am be- ökonomischen Röhrenblick. scheidenen Altstadthaus – Haupt* begründung für die Ablehnung des Wer in Italien Museen Geschenks. Dazu kam, und Galerien besucht, dass dem Stadtrat Idewundert sich über die en fehlten, was man mit vielen Schulklassen, dem Churer Kauffdie manchmal mit ihmann-Haus hätte anrem Lärm und ihren fangen sollen. Als ich lebhaften Diskussiodamals in Feldkirch einen die Geräuschkunigen österreichischen lisse im Haus prägen. Freunden von diesem Lehrerinnen und MuVorgang erzählte, wollseumsexperten refeten sie das kaum glaurieren, erstaunlich ben, denn Vorarlberg viele Kinder hören zu vermarktet Angelika Georg Jäger* und diskutieren mit, Kauffmann in einer andere treiben Allotria Weise, die mir allerund werden ermahnt. Das muntere dings auch nicht geheuer wäre. Treiben gehört zum Schulalltag. * Die dortige Didaktik ist nach unNiemand verlangt von unseren seren Massstäben nicht modern. Verantwortlichen der Politik, dass Trotzdem wage ich die Behaupsie Experten in Sachen Kultur tung, dass diese wiederholte und sind. Aber sie dürften der Kultur selbstverständliche Erfahrung der auch im Alltag etwas mehr Res- Kinder die Einstellung zur Kultur bis ins Erwachsenenleben beeinflusst. Kultur gehört einfach dazu; auch jene Kinder, die inhaltlich im Museum nichts mitbekommen haCarte blanche ben, lernen wenigstens, dass Kulturstätten von Bedeutung sind und pekt und Aufmerksamkeit entge- Italien stolz darauf ist. Bei uns ergenbringen und öfter externes reichen die Museen, um bei dieFachwissen miteinbeziehen. So sem Beispiel zu bleiben, trotz aushätte Chur im dreisprachigen Kan- gebauter Dienstleistungen nur eiton zum Beispiel das Kauffmann- ne vergleichsweise kleine Zahl Haus als Literaturhaus betreiben von Kindern. Kultur- und Kunsterkönnen, das wäre eine wunderbare ziehung ist «nice to have». Das Sache gewesen. Ich bin dafür, dass Nietzsche-Haus in Sils wird regeltrotz der Sparzeiten mehr Mittel mässig von italienischen Schulfür Kultur zur Verfügung gestellt klassen besucht, und dies trotz Der mit einem russischen Pass ausgestattete Schauspieler Gérard Depardieu setzt sein Versprechen um und dreht einen Actionfilm im ExKriegsgebiet Tschetschenien. Die Dreharbeiten zu «Turquoise», in dem Depardieu die Mörder seines Sohnes jagt, sollen am Dienstag in der tschetschenischen Hauptstadt Grosny beginnen. Dies sagte ein Sprecher gestern gegenüber der Nachrichtenagentur DPA. Die weibliche Hauptrolle übernimmt die Britin Elizabeth Hurley («Austin Powers»). (sda) KinO-hitListe 1. ( 1.) Iron Man 3, Shane Black 2. (11.) Star Trek Into Darkness, J.J. Abrams 3. ( 2.) Side Effects, Steven Soderbergh 4. (17.) Hanni und Nanni 3, Dagmar Seume 5. ( 3.) Scary Movie 5, M.D. Lee/D. Zucker 6. ( 4.) I Give It A Year, Dan Mazer 7. ( 6.) Night Train To Lisbon, Bille August 8. ( 9.) The Croods – 3D, De Micco/Sanders 9. ( 7.) Los Amantes Pasajeros, P. Almodovar 10. ( 8.) Mama, Andy Muschiette 11. (10.) Wadjda, Haifaa Al-Mansour 12. ( – ) Der grosse Kanton, Viktor Giacobbo 13. ( 5.) Oblivion, Joseph Kosinski 14. ( – ) Boys are us, Peter Luisi 15. (12.) Broken City, Allen Hughes 16. (14.) Kon-Tiki, J. Ronning/E. Sandberg 17. (15.) Paradies: Liebe, Ulrich Seidl 18. ( – ) The Great Gatsby, Baz Luhrmann 19. ( – ) Populaire, Regis Roinsard 20. (13.) Identity Thief, Seth Gordon Die Kino-Hitliste des Kinoverbands nennt den Rang dieser Woche, den Vorwochenrang (in Klammern), den Filmtitel sowie den Regisseur. Bei Christie’s purzeln die Rekorde Fast eine halbe Milliarde Umsatz in nicht einmal zwei stunden: Christie’s hat mit Kunst des 20. Jahrhunderts einen Auktionsrekord gesetzt. Das Auktionshaus in new York verkaufte am Mittwochabend (Ortszeit) Kunst aus den letzten sechs Jahrzehnten für 495 021 500 Dollar und schrieb damit Auktionsgeschichte. Für gleich zwölf Künstler fielen die Rekorde, darunter Jackson Pollock und Roy Lichtenstein. Pollocks «number 19» (Bild) erzielte 58,3 Millionen Dollar. (sda/Keystone) Filmfestival Cannes Viele junge Protagonisten Regisseurin Sofia Coppola hat beim Filmfestival Cannes «Harry Potter»-Star Emma Watson als Einbrecherin in Promi-Villen vorgestellt. Coppolas Werk «The Bling Ring» eröffnete gestern Donnerstag die renommierte Nebenreihe Un certain regard. Der Film basiert auf wahren Begebenheiten und erzählt von Jugendlichen in L.A., die in die Häuser von Stars wie Paris Hilton und Orlando Bloom einsteigen. Hilton und Schauspielerin Kirsten Dunst haben in «The Bling Ring» kleine Gastauftritte als sie selbst. Auch im Wettbewerb der Filmfestspiele standen am ersten Tag nach der Eröffnung Jugendliche im Mittelpunkt: In «Jeune et jolie» des Franzosen François Ozon überzeugte die Hauptdarstellerin Marine Vacth mit ihrer Darstellung einer 17-jährigen Prostituierten. Ozon («8 femmes») beobachtet die junge Isabelle aus gutbürgerlichem Haus über ein Jahr, zeigt, wie sie freiwillig Sex mit Männern in Hotelzimmern hat – und wie ihr Doppelleben schliesslich auffliegt. Deutlich düsterer kam die internationale Koproduktion «Heli» daher. Der Wettbewerbsbeitrag von Amat Escalante erzählt von dem mexikanischen Jungen Heli und dessen Familie, die ins Visier der Drogenmafia geraten. Der Freund der nur zwölfjährigen Schwester klaut Drogenpakete, die Heli findet und entsorgt. Es sind brutale Bilder, die Escalante im dann folgenden Martyrium der Familie zeigt. (sda) weiter Wege und tatsächlich mangelnder Geldmittel. Die Gymnasien aus Graubünden hingegen fehlen fast vollständig. Und ein attraktives, pädagogisch professionelles Angebot des Regionalmuseums Ilanz an Kindergärten und Volksschulen wird kaum genutzt, wie eine Evaluation soeben gezeigt hat. Begründung der befragten Lehrkräfte: keine Zeit und «nicht im Lehrplan». Gute Ausreden sind Goldes wert. «Keine Zeit» ist eine Frage von Prioritäten und Einschätzungen, die öffentlich zu reflektieren wären. Was hat aber der Fall Quaderschulhaus damit zu tun? Der Verzicht auf etwas Kunst am Bau an einem Ort, dem in der Presse «fast grossstädtische Qualität» mit einer «spannenden Gute Ausreden sind Goldes wert Architektur» bescheinigt wird, hängt eben mit Werthaltungen zusammen: Das Projekt «Ucellin», auch wenn es von einem weltbekannten Bündner Künstler stammt, hat bei uns am Ende keine wirkliche Bedeutung, ist eben «nice to have» und nicht mehr. (Der Gemeinderat hat aber noch eine Chance, dagegen ein Zeichen zu setzen.) *Georg Jäger, geboren 1943, ist Historiker, Seminarlehrer und Dozent an der Pädagogischen Hochschule Graubünden. Zudem gilt er als Mitbegründer und Leiter des Instituts für Kulturforschung Graubünden bis 2009. Jäger ist ehemaliger Präsident der Walservereinigung Graubünden und wurde 2010 mit dem Bündner Kulturpreis ausgezeichnet. In der Reihe «Carte blanche» schreiben Kulturschaffende wöchentlich über ein Thema ihrer Wahl. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Depardieu dreht Film in Tschetschenien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ein vielfältiges Programm verspricht das Wiener Burgtheater in der kommenden Saison. Die Spielzeit sei «sehr vital und sehr mutig», sagte Burg-Direktor Matthias Hartmann gestern bei der Präsentation in Wien. Ein Höhepunkt ist im Dezember Shakespeares «König Lear» mit Klaus Maria Brandauer unter der Regie von Peter Stein. Den Saisonauftakt macht die Koproduktion mit den Salzburger Festspielen «Der böse Geist Lumpazivagabundus». Das Stück von Johann Nestroy wird bereits im August in der Mozart-Stadt gezeigt. (sda) CARte BLAnChe Olten Stelldichein der Kabarettisten Mit der Verleihung des Schweizer Kabarett-Preises Cornichon an Knuth und Tucek werden am Mittwoch die diesjährigen Oltner Kabarett-Tage eröffnet. Musikalisches Kabarett, wie es Knuth und Tucek bieten, ist an den 26. Oltner Kabarett-Tagen gut vertreten. Erwartet werden Bodo Wartke, den die Veranstalter als «jungen GentlemanEntertainer am Flügel» ankündigen, oder Markus Tschirpke, der als «Lapsuslieder» bezeichnete Stücke zum Besten gibt. Sandra Kreisler präsentiert «Kreislerismen», eine Hommage an ihren 2011 verstorbenen Vater Georg. (sda) Literaturpreis Ehre für Monique Schwitter Die gebürtige Zürcherin Monique Schwitter, die in Hamburg lebt, erhält den «Manuskripte»-Preis des österreichischen Bundeslandes Steiermark. Die mit 10 000 Euro dotierte Auszeichnung wird seit 1981 im Dreijahresrhythmus verliehen. Der Preis dient der Förderung der jungen deutschsprachigen Literatur. Schwitters Sprache sei «reduziert, aber stets sehr präzise, nicht selten durchsetzt mit feinsinniger Ironie», erklärte die Jury über das bisherige Werk der 41-jährigen Autorin. Von 2000 bis 2004 stand die ausgebildete Schauspielerin auf der Bühne des Grazer Schauspielhauses. (sda)