Erstberatung Herr P. 149 Herr P.: „Da hat man sich ein dickes Fell

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Erstberatung Herr P. 149 Herr P.: „Da hat man sich ein dickes Fell
Erstberatung
Herr P.
Abschnittnummer
Herr P.: „Da hat man sich ein dickes Fell zugelegt.“
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Themen
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02.08.02
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Anruf von Frau Y.
Zugang: über Tochter
Rolle der Kinder: Initiative ergreifen
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Ihre Mutter sei 78 Jahre alt,
Alter der Patientin: 78
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leide seit Jahren an einer Zyklothymie,
Vorgeschichte: chronische psychische Erkrankung
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neuerdings auch an Parkinson und Demenz.
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Sie werde von ihrem Ehemann (und Vater der Anruferin) betreut.
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Sie sei jetzt „völlig durch den Wind“, „sie zieht Pampers über den Kopf“.
Problemverhalten der Patientin: Agnosie
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Der Vater habe bisher immer externe Hilfen abgelehnt,
Allein zurecht kommen wollen
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jetzt aber habe er Hilfebedarf signalisiert.
Hilfen suchen
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Die Tochter berichtet, sie lebe im selben Haus wie die Eltern, in eigener Wohnung, sei berufstätig.
Wir vereinbaren einen Beratungstermin. Sie wird den Vater mitbringen. Sie möchte, dass er einen
Überblick über mögliche Hilfen erhält.
Rolle der Kinder: Stütze
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09.08.02
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Persönliche Beratung in der Gerontopsychiatrischen Beratung
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Frau Y. und Herr P. kommen gemeinsam in die Beratungsstelle.
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Beratung für Ehemann und Tochter
Erstberatung
Herr P.
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Abschnittnummer
Herr P.: „Da hat man sich ein dickes Fell zugelegt.“
Themen
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Herr P. berichtet, er selbst sei 79, seine Frau 78 Jahre alt.
Alter des ratsuchenden Ehemannes: 79. Ehefrau: 78
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Seine Frau leide seit 30 Jahren an Depressionen, sie habe oft versucht, sich das Leben zu nehmen.
Vorgeschichte: chronische psychische Erkrankung,
Suizidalität
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Seit einigen Jahren sei eine Parkinson-Erkrankung dazu gekommen, außerdem Diabetes.
Zusätzliche altersassoziierte Erkrankungen
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Vor 14 Tagen habe der Psychiater, bei dem seine Frau seit Jahren in Behandlung sei, ihm eröffnet,
dass sie nun auch noch eine schwergradige Demenz habe.
Erfahren der Demenzdiagnose
Er selbst sei auch nicht gesund, habe Darmkrebs.
Eigene Erkrankungen des ratsuchenden Ehemanns
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Seine Frau sei tagsüber sehr schläfrig, sie schlafe jetzt auch nachts durch (früher nicht),
Verhalten der dementen Ehefrau: Schläfrigkeit
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sie interessiere sich für nichts mehr.
Verhalten der dementen Ehefrau: Interesselosigkeit
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Sie erkenne die Tochter und auch ihn nicht mehr.
Verhalten: nicht Erkennen der Tochter und des Ehemannes
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Schwierig für ihn sei es, sie zum Essen zu bewegen. Er müsse sie füttern,
Pflegeproblem: Nahrungsaufnahme
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sie wehre sich.
Problemverhalten: mangelnde Kooperation
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Auch das Anziehen morgens sei nicht einfach. Sie wehre sich dagegen: „Das ist, als ob sie vier
Hände hätte.“
Problemverhalten: mangelnde Kooperation
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Sie habe täglich Durchfälle
Pflegeproblem: Inkontinenz, Verdauungsprobleme
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und wehre sich dann mit Händen und Füßen gegen das notwendige Baden und Umziehen.
Problemverhalten: mangelnde Kooperation
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Den Haushalt versorge er selbst. Er tue das seit 30 Jahren. „Da ist man drin geübt.“
Übernahme von Aufgaben, für die zuvor die Partnerin
zuständig gewesen war
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Demenzstadium: fortgeschritten
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Erstberatung
Herr P.
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Abschnittnummer
Herr P.: „Da hat man sich ein dickes Fell zugelegt.“
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Ich bestätige, dass er nicht nur bezogen auf den Haushalt in diesen vielen Jahren ein Experte
geworden ist, sondern sicher auch im Umgang mit seiner kranken Frau. Auf meine Frage, wie er es
immer wieder schafft, die notwendigen pflegerischen Dinge trotz der Gegenwehr seiner Frau
durchzuführen,
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erzählt er: „Sie will immer raus: raus aus der Badewanne, wenn sie sich waschen soll; raus aus der
Küche, wenn sie essen soll; raus aus dem Schlafzimmer, wenn sie sich anziehen soll.
Problemverhalten: mangelnde Kooperation
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Ich sage dann immer: 'Nee, Männeken, Du kommst mir hier nicht raus!'"
Lösungsversuch: spielerisch
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Ich spreche Herrn P. darauf an, dass er in den letzten 30 Jahren viel mit seiner Frau durchgemacht
habe, und frage nach seinen Überlegungen zur Zukunft.
Zukunftsperspektive
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Als Antwort auf diese Frage macht er eine wegwerfende Handbewegung und sagt dann: „Da hat
man sich ein dickes Fell zugelegt.“
Selbstschutz
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Auf die Frage, ob er schon mal daran gedacht hat, seine Frau in ein Heim zu geben, gibt er keine
Antwort. Statt dessen: „Da gibt man sich einen Ruck, und dann geht's weiter.“
Disziplin
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Aber er mache sich Sorgen: „Was passiert, wenn ich mal ausfalle?“
Sich für die Partnerin verantwortlich fühlen
Die Tochter berichtet, sie habe vor einem Jahr einen Antrag auf Leistungen der Pflegeversicherung
gestellt, der aber damals abgelehnt worden sei. Bei der Begutachtung durch den MDK sei sie
unglücklicherweise nicht anwesend gewesen, und der Vater habe den tatsächlichen Bedarf wohl
nicht angemessen darstellen können. Sie habe jetzt erneut einen Antrag gestellt.
Pflegeversicherung
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Ich informiere Herrn P. über das Krankheitsbild der Demenz und über Unterschiede zur depressiven
und manischen Erkrankung, an der seine Frau bisher gelitten hat.
Symptomatik und Verlauf der Demenz
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Dann spreche ich über Belastungen bei der Pflege Demenzkranker,
Belastungen
Themen
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Erstberatung
Herr P.
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Abschnittnummer
Herr P.: „Da hat man sich ein dickes Fell zugelegt.“
Themen
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über die krankheitsbedingt fehlende Einsicht und die daraus resultierenden täglichen „Kleinkriege“.
Er bestätigt lebhaft durch häufiges Kopfnicken.
Verstehenshilfen und Umgang
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Ich spreche über Risiken für die eigene Gesundheit und die Notwendigkeit der Entlastung.
Belastungen
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Ich erkläre Grundzüge der Ansprüche nach dem SGB XI.
Pflegeversicherung
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Mit der Tochter bespreche ich Einzelheiten der Leistungsansprüche und Vorbereitung auf die
Begutachtung.
Rolle der Kinder: Stütze
Ich informiere über ambulante Pflegedienste, Tagespflege, Kurzzeitpflege, Verhinderungspflege,
Alzheimer-Gesellschaft (Gesprächskreis) (verneindende Kopfbewegung: „Nee, das brauch’ ich
nicht.“), ehrenamtlichen Besuchsdienst LichtBlick und über unsere Pflegekurse. Wir sprechen auch
über eine vorsorgliche Anmeldung auf der Warteliste einiger Heime.
Hilfeoptionen: amb. Pflegedienst, Tagespflege,
Kurzzeitpflege, Gesprächskreis, ehrenamtlicher
Besuchsdienst, Pflegekurs, Altenpflegeheim
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Vereinbarungen:
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Sie gehen anschließend zu einem ambulanten Pflegedienst, um Hilfen für die tägliche Grundpflege
zu organisieren.
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Wenn der Bescheid der Pflegekasse da ist, wird er mit seiner Tochter überlegen, welche weiteren
Hilfen er in Anspruch nehmen will. Denkbar sind für ihn 2 Tage Tagespflege in der Woche.
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Wenn dann konkrete FragenH zu klären sind, melden sie sich wieder in der Beratungsstelle.
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Wir laden ihn zu unserem nächsten Kurs „Verwirrtheit im Alter“ ein, und er erhält den Geronymus.
Er erhält eine Demenzbroschüre.
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Erstberatung
Herr P.
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Abschnittnummer
Herr P.: „Da hat man sich ein dickes Fell zugelegt.“
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13.08.02
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Anruf von Frau Y. (Tochter)
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Sie führten bereits ein Pflegetagebuch zur Vorbereitung auf die MDK-Begutachtung. Sie sei
zuversichtlich, dieses Mal eine Einstufung begründen zu können.
Pflegeversicherung
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Sie habe einen Aufnahmeantrag für das Altenheim H. besorgt, den der Vater vorsorglich stellen
wolle.
Altenpflegeheim
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Dabei habe sich herausgestellt, dass die Mutter unterschreiben müsse, was sie gar nicht mehr
könne. Beratung über gesetzliche Betreuung.
Themen
Rolle der Kinder: Stütze
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Der Vater habe in den Broschüren über den Umgang mit Demenzkranken gelesen. Sie habe den
Eindruck, er sei dadurch ruhiger im Umgang mit seiner Frau.
Verstehens- und Umgangshilfen
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Frau Y. fragt nach Möglichkeiten der Wohnraumanpassung. Beratung zu SGB-XI-Ansprüchen und
Verweis an die Wohnraumberatung der Stadt.
Pflegeversicherung