Pressespiegel 46_14 vom 08.11. bis 14.11.2014
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Pressespiegel 46_14 vom 08.11. bis 14.11.2014
Evangelisch-reformierte Landeskirche Graubünden Loëstrasse 60 7000 Chur 081 257 11 00 www.gr-ref.ch [email protected] Pressespiegel 46/2014 08.11. - 14.11.2014 Kontakt: Stefan Hügli [email protected] Inhalt 1. Bündner Tageszeitungen mit reformierter Brille gelesen 2. ausgewählte Kolumnen aus den Bünder Lokal- und Regionalzeitungen 3. Themen aus überregionalen Zeitungen NZZ, RP und Zeit Pressespiegel Evangelisch-reformierte Landeskirche Graubünden 1. Bündner Tageszeitungen mit reformierter Brille gelesen ag» (Lia Rumantscha, Pro Grigioni Vorlagen wie der «Aufhebung der städtischen ZuItaliani und Walservereinigung) satzleistungen zu den kantonalen Ergänzungsleisund dem kantonalen Gemeindetungen», der «Änderung der Arbeitgeber-/Arbeitinspektorat die jährlichen Treffen nehmer-Beiträge bei der Pensionsversicherung» soNachtrag_Bündner Tagblatteiner vom 10.11.2014, Seite Gebühren1987 ins Leben rief. Der Verein wie zur «Einführung teilweisen pflicht für die Parkplätze auf der Oberen Au». (BT) steht heute jeder Gemeinde offen, unabhängig der Einwohnerzahl. Derzeit sind es rund 90 Gemeinden, die der IG Kleingemeinden angehören. (dNi) embilla rt Stan- www.ig-kleingemeinden.ch e SchuSchluss. agerunFragen nd Ausden Geer den er ertrag n den Hauptmärkten Zürich und Trotzdem resultiert ein Gewinn. Die talabfahrten konnten teilweise nie oder nur offen gehalten werden. (FoTo olivia iTem) Reformationsjubiläum mit 13 nationalen Projekten Die Abgeordneten des Schweizerischen Evangelischen Kirchenbundes (Sek) haben während ihrer Herbstversammlung in Bern 13 Projekte des Kirchenbundes beschlossen. Die Projekte werden anlässlich des Reformationsjubiläums zwischen 2014 und 2018 durchgeführt. Gemäss Mitteilung wurde dafür ein ausserordentlicher Beitrag von 400 000 Franken gesprochen. Zu den Projekten gehört eine nationale Tagung zur Diskussion des reformatorischen Erbes und dessen Auswirkung auf Geschichte, Kultur und Gesellschaft der Schweiz. Weitere Projekte umfassen ein evangelisches Jugendfestival, ein Treffen von Synodalen aus ganz Europa, die Beteiligung an der Weltausstellung Reformation der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) sowie die Beteiligung am Projekt Reformationsstädte Europas der Gemeinschaft Evangelischer Kirchen in Europa. (BT) EvangEliSch-REfoRMiERtE KiRchEn Weitere Informationen unter: www.ref-500.ch kuRz gemeldet Die SP-ortsgruppe landquart hat ein Hearing mit Agnes Brandenburger und Sepp Föhn, den beiden Kandidaten für das Gemeindepräsidium Landquart, in der Krone Igis veranstaltet. Im Anschluss hat die SP über eine mögliche Wahlempfehlung diskutiert und sei zum Schluss gekommen, dass die Unterschiede so klein waren, dass sie keinen der Kandidaten klar bevorzugen könne. Pressespiegel Evangelisch-reformierte Landeskirche Graubünden 3x.pdf kulTur Nachtrag_Bündner Tagblatt vom 11.11.2014, Seite 15.pdf D i e n s t a g , 1 1 . Nove m b e r 2 0 1 4 Schw Kultu miGros Vierhändige Orgelmusik trifft in der st.-martins-kirche auf vierstimmiges Solisten-Ensemble. (foTo juscha casaulTa) Mozart in neuem Gewand Passend in die Zeit zwischen Allerseelen und Totensonntag erklangen am Sonntagabend Teile aus Mozarts Requiem. Allerdings in einem neuen musikalischen Gewand. z ▸ C HR ISTIAN AL B RECHT quartett war es insbesondere die Tempowahl, die sich an den Angaben einer Notenausgabe von Novello aus der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts orientierte. und Hörsichten führt, demonstrierte der Abend in eindrücklichster Weise. So erhalten in diesen bedächtigen Tempi beispielsweise die harmonischen Strukturen ein wesentlich bedeutungsvolleres Gewicht; kleingliedrige, sinnerfüllte und manchmal von sprechenden Pausen durchzogene Partien erzeugen weit mehr Transparenz und Aussage als bei einer schnellen Tempowahl. Bezogen auf den Vokalpart liegen die Ansprüche in dieser Lesart ganz woanders: statt schnellen Koloraturen sind nun primär lange Atembögen gefragt, die die Phrasen überspannen sollen. Immerhin geht es hier nicht um Nuancen der Tempowahl, sondern um Verhältnisse in ganzen Zahlen, denen quasi ein Tempo ordinario zugrunde liegt. Tabea Herzog (Sopran), Laura Binggeli (Alt), Jonathan Spicher (Tenor) und der Bassist Daniel Pérez haben sich den ungewohnt-ungewöhnlichen Aufgaben gestellt und nebst guter Intonation sowie einer stets ausge- glichenen Klangbalance eine insgesamt sehr überzeugende Interpretation geboten. Ungewohntes «Zeit-Nehmen» Eingerahmt wurde das Requiem mit der Maurerischen Trauermusik KV 477 sowie der Fantasie in f-moll KV 608 für ein mechanisches Orgelwerk in einem Musikautomaten. Zwar war das imposante Schaubild mit lebensgrossen Wachsfiguren, zu dem ab 1791 in der Kunstgalerie des Grafen Deym diese Fantasie erklang, in der Martinskirche nicht präsent. Dafür erfüllt die romantisch disponierte Martinsorgel mit ihren vielen grundtönigen AchtfussRegistern wohl exemplarisch den Anspruch an die Aufführungspraxis nach den Vorstellungen des Musikverlegers Vincent Novello. Schön, dass die Churer Orgelkonzerte diese besondere und andere musikalische Erfahrung eines ungewohnten musikalischen «Zeit-Nehmens» und eines adäquaten Klangerlebnisses ermöglicht haben. und Frau sik, Litera um dabei die des M Schweizer samtheit drucksfor seelische werk Dud lebende P zent, die K im Herbst die Kultur den Fünft den Grün Drittel an, sind, etwa Lebensqu Migro die Ergebn blikation Laut eigen vatwirtsch 1957 vier M schaft, Bil davon fall sonen auc turförderu Förderung nehmen g te sieht nu als zehn schliesslic Tanz, Film der Befrag Sparten. F rere Stilric Mehr Weltfi filmfes Pressespiegel ariana Grande räumt bei MTV awards ab Evangelisch-reformierte Landeskirche Graubünden Wochenen «Nighting gangen. I nen und Z filme, die Dies ist ei len im Ver Zahl der V Insbesond aus über 2 besucht u kauft. H be waren indischen pal, der s rechtlose einsetzt. D dischen R war eine R te die der Filmgespr aussichtsl sis umgeh Komm Jahr-Jubil ses Jubilä Conrad vo ge derzeit Die US-Popsängerin Ariana Grande hat bei den MTV European Music Awards in Glasgow zwei Trophäen abgeräumt und das Publikum mit einer fulminanten Show begeistert. K u lt u Zum Saisonschluss setzte der letzte Auftritt in der Reihe der Churer Orgelkonzerte einen in mehrfacher Hinsicht markanten Schlusspunkt. Zum einen betraf es die Tatsache, dass mit dem kompetent aufspielenden Duo Tastologie, bestehend aus den Aargauer Organisten Jonas Herzog und Stefan Müller, nicht wie üblich ein Spieler an der Orgel der Martinskirche sass, sondern deren zwei. Zum anderen erhielt das Konzert durch die Mitwirkung eines vierstimmigen Solisten-Ensembles eine vokale Erweiterung. Das spannendste und hörfälligste Moment des Abends bestand jedoch in der in diesem Konzert praktizierten Fassung des Requiems. Nebst der genannten Besetzung mit vierhändig gespielter Orgel und einem Solisten- Nicht nur Organist und Komponist Der 1781 in London geborene Vincent Novello war nicht nur Organist und Komponist: dass sein Name heute noch ein Begriff ist, gründet in seiner Tätigkeit als Herausgeber. Manche grosse Werke von mehreren Komponisten machte er in England bekannt – das Schaffen Palestrinas war dort vor seiner editorischen Tätigkeit praktisch ebenso unbekannt wie etwa die Messen von Mozart. In seiner Ausgabe von Mozarts Requiem für vierhändig gespieltes Klavier und vier Singstimmen nun finden sich Metronomzahlen, die ein deutlich ruhigeres Tempo ergeben als jenes, das heute üblichen Aufführungen zugrunde liegt. Dass diese andere Lesart zu frappant neuartigen und teilweise gewöhnungsbedürftigen Ein-, An- sollten einige «politische Blockaden» abgebaut werden, sagte Obama. China und die USA verständigten sich auf um- en mit dem Westen wegen der ne-Krise an, dass Russland in der -Pazifik-Region eine grössere Rol- Der Asien-Pazifik-Raum 57 Prozent der weltweiten Wirts leistung. Nachtrag_Bündner Tagblatt vom 11.11.2014, Seite 2.pdf eindepräsidiums in Landquart, zu den Stadtbibliotheken, zu den Freikirchen und zum Wolf ichtungen und so kann nichts bewerden. Deshalb empfehle ich kein riment mit einem amtierenden ofchtlich planlosen Gemeinderat, ern Agnes Brandenburger-Caderas. rner Buchmann, igis bliotheken – ein cher Schatz nd nicht nur die Bücher mit ihren Gehten und die DVDs, welche Biblioen zu einem wertvollen Schatz für Stadt machen. Bibliotheken sind gentlicher Hort der eigenen Kultur, Geschichte und der Bildung. Davon te sich die SP Chur anlässlich ihrer onsversammlung in der Stadtbihek Aspermont selber überzeugen. o wie sich Tankstellen von der einn Zapfsäule zu umfassenden Rasten mit Einkehr- und Einkaufsmögeiten verändert haben, so haben auch die Bibliotheken zu umfassenLese- und Informationsstätten weintwickelt. Heute sind Bibliotheken ulturinstitution mit dem höchsten cheraufkommen. In Chur sind dies 12 500 Kundinnen und Kunden ch. Sei dies die Freude an GeschichBilderbücher für die Kinder oder die e nach einem neuen vegetarischen pt (auch Kochbücher sind im Angesei dies als Treffpunkt, Schulbibliooder Fundgrube für neues Wissen, otheken sind stets eine Bereiche- rung. Der Bestand und die Weiterentwicklung dieser Kulturdienstleistung müssen gewährleistet bleiben. Die SP Chur hat aber auch ihr Nein zur Aufhebung der Zusatzleistungen (städtische Volksabstimmung) bekräftigt. Eine umsichtige Finanzpolitik wird nicht damit erreicht, dass auf dem Buckel der benachteiligten Rentnerinnen und Rentner und jenem der Menschen mit einer Behinderung gespart wird, sondern wenn das leere Stadtportemonnaie auch neue Einnahmen erhält. So sagt die SP Chur sowohl zur Erhöhung der Handänderungssteuer, zur Einführung einer Benutzungsgebühr für die Abwasseranlagen sowie einer teilweisen Gebührenpflicht für die Parkplätze der Oberen Au deutlich Ja. ▸ thomas hensel, sp chur Warum Freikirchen wachsen Zum Bericht «Spektakulärer Aufstieg der Freikirchen» in der «Schweiz am Sonntag» vom 9. November 2014. Die Berichterstattung zeigte meines Erachtens nicht den wirklichen Grund, warum Freikirchen wachsen. Die Bibel zeigte mir in Johannes 3,16, dass ich Jesus Christus als meinen Erlöser und Herrn annehmen muss, um vom Verderben gerettet zu werden. Nach meiner Entscheidung für ein Leben mit Jesus Christus erkannte ich durch Hebräer 10,25, dass es Gottes Wille ist, dass Christen untereinander Gemeinschaft haben. So schloss ich mich einer Evangelischen Freikirche an, die sich allein auf die Aussagen der Bibel beruft, keine Sonderlehren vertritt, und die Mitglieder bezeugen können, dass sie durch Jesus Christus Vergebung der Sünden haben, und durch seine Kraft ein Leben zur Ehre Gottes führen wollen. Viele Menschen haben auf der Suche nach Gott ähnliche Erfahrung gemacht wie ich, darum wachsen die Freikirchen. ▸ Bernhard dura, chur Ein Floppvortrag Letzte Woche haben sich etwa 100 Personen im Naturmuseum zum Vortrag über Herdenschutzmassnahmen eingefunden. Es waren sehr viele direkt betroffene Schafhalter und Landwirte anwesend. Nebst der unendlichen Schwärmerei von Hirt Peter Lüthi erfuhr man nichts Brauchbares. Peter Lüthi hat mit einen enormen Aufwand in der Alp Ramuz 370 Schafe gesömmert. Er brauchte dazu vier Herdenschutzhunde, zwei Hirtenhunde und eine Riesenmenge Flexzaun. Jede Nacht wurden die Schafe eingepfercht, mit dem Resultat, dass er übermässig viele kranke Tiere zu pflegen hatte. Der Verlust von zirka ein em Prozent entspricht demjenigen einer unbehirteten Alp. Bei konkreten Kostenfragen wurde immer ausgewichen. ▸ hermi plump, tamins Pressespiegel Evangelisch-reformierte Landeskirche Graubünden impressum Herausgeberin: Somedia (Südostschweiz Pres Print AG). Verleger: Hanspeter Lebrum CEO: Andrea Masüger. Redaktionsleitung: Larissa M. Bieler (Chefredaktorin, lmb), Norbert Waser (Stv. Chefredaktor, nw) Redaktionsadressen: Bündner Tagblatt, Comercialstrasse 22, 7007 Chu Telefon 081 255 50 50, Fax 081 25 E-Mail: redaktion@ buendnertagblatt.ch. Verlag: Somedia, Kasernenst 7007 Chur, Tel. 081 255 50 50, F 255 51 55, E-Mail: verlag@som Abo- und Zustellservice: Tel. 0844 226 226, Fax 081 255 5 E-Mail: [email protected]. Inserate: Somedia Promotion Comercialstrasse 20, 7007 Chu Telefon 081 255 58 58, Fax 081 25 E-Mail: [email protected]. Reichweite: 167 000 Leser (M Basic 2014-2) . Abopreise unter: www.buen tagblatt.ch/aboservice Die irgendwie geartete Verwertung von in d abgedruckten Inseraten oder Teilen davon, dere durch Einspeisung in einen Online-Die dazu nicht autorisierte Dritte, ist untersagt. stoss wird von der Werbegesellschaft nach R che mit dem Verlag gerichtlich verfolgt. © Somedia 2 Nachtrag_Bündner Tagblatt vom 12.11.2014, Seite 2.pdf B ü n d n e r Ta g b l a tt klartext M i ttwo c h , 1 2 . Nove m b e r 2 0 1 4 l e i t a r t i k e l Hansmartin Schmid über das Dreieck zwischen Rom und Chur und der Opposition Wenn chur sich auf rom und rom sich auf chur beruft ... D Die Katholische Kirche ist keine Demokratie, sondern ein hierarchisch aufgebautes eigenes Rechtsgebäude mit einem gewählten, absoluten Monarchen an der Spitze, der sogar, wenn er in letzten Glaubensdingen «ex kathedra» spricht, unfehlbar sei. So, hier naturgemäss verkürzt wiedergegeben, hat man es einst auf harten Schul- oder Unibänken gelernt. Und sich deshalb daran gewöhnt, dass sich immer dann, wenn aus der freien Gesellschaft Forderungen an die Ortskirche gestellt werden, diese sich auf «Rom» beruft. Oder wie es der frühere Churer Bischof Haas einmal gesagt hat: «Man kann doch einem Bischof nicht vorwerfen, er sei romtreu...» Der Vorgang war und ist tatsächlich bis zum heutigen Tag immer wieder derselbe. Aus den freien, demokratischen und dynamischen Gesellschaften des Nordens, vor allem aus Europa und Nordamerika, werden ständig liberale Forderungen an die örtlichen Bischöfe und Kleriker herangetragen: Geburtenkontrolle, Abschaffung des Zölibats, Anerkennung von Ehescheidung, Homosexualität, von Homoehen usw. Der konservative Teil des Klerus reagiert darauf regelmässig mit dem Hinweis auf die nach wie vor bestehenden Lehrsätze aus Rom. Hauptaufgabe der Kirche sei die Verkündigung des Glaubens in der Welt und die Führung der Gläubigen ins Jenseits nach den Geboten von Christus und denjenigen Roms, nicht die modernistische Anpassung an die Gesellschaft des Westens. Wichtiger als die inner- und ausserkirchliche Opposition im Norden sei der feste, kirchliche Glauben der Millionen und Abermillionen von Katholiken in der Dritten Welt. Jetzt allerdings – so wird geschrieben – sei in Rom eine neue Entwicklung eingetreten, jetzt regiere dort nicht mehr ein nordischer Doktrinär, sondern erstmals ein Mann aus eben dieser Dritten Welt. Tatsächlich hat dieser Papst durch viele begeisternde Reden, Demuts- und Armutsgesten und begrüssenswerte stilistische Nuancen Hoffnungen geweckt, der unheilvolle haltung der Schöpfung, Abbau der grausamen und gewalterzeugenden sozialen Unterschiede, gegen die Ausbeutung von Mensch und Umwelt–, bleibe aber in den eigentlichen Grundfragen auf seinem ureigensten Gebiet unverrückbar. So ist beispielsweise an der jüngsten Bischofssynode eine paradoxe Lage entstanden. Am Vorabend sagte der Papst in seiner Rede wörtlich, er hoffe, die Bischöfe hörten «den Schrei nach Verände«Der Papst allein rungen aus der Welt». Deshalb wurde dann geschriekann und sollte ben, der Papst wollte schon, ‘es’ entscheiden.» doch viele Bischöfe wollten nicht. Und am Schluss wurden dann, wie auch hierzulande leider üblich, die wahren EntBruch zwischen der römischen Kirche scheidungen um ein Jahr vertagt. und der Gesellschaft des Westens könnDer Papst sagt also im Klartext, ich te überbrückt werden. Aber ist tatsäch- wollte schon, aber die Bischöfe wollen lich etwas Entscheidendes geschehen? nicht. Viele Bischöfe aber sagen, wir Vielfach herrscht nämlich der Eindruck wollten schon, doch Rom will nicht. Davor, auch dieser Papst deklariere viele mit kommt es in der Kirche zur Blockaäussere Forderungen aus der Welt– Er- de, wie gerade jetzt am vergangenen Montag das gescheiterte Treffen zwischen dem Churer Bischof und der innerkirchlichen Opposition unterstrichen hat. Die Opposition verweist auf die Liberalität in unserer Gesellschaft, der Bischof verweist auf Rom. Aber ist denn die Weltkirche plötzlich eine Demokratie, die Synode ein Parlament? Es gibt doch nach den bisherigen Lehren nur einen Menschen auf der Welt, der hier alles verändern, alles entscheiden kann. Es ist der absolute Wahlmonarch namens Papst. Er in erster Linie sollte den «Schrei» hören, nicht die Bischöfe. Alles andere wäre bloss inner- und ausserkirchliche Taktik. Vielleicht sollte er einmal den Beginn von Rilkes berühmtem Herbstgedicht lesen: «Herr, es ist Zeit ...» Dr. phil., schreibt nach 30 Jahren Print- und 20 Jahren Fernseh-Journalismus in Bern, Rom, Zürich und Bonn seit 1998 für das «Bündner Tagblatt» Klartexte, Kommentare und Berichte. HanSmartin ScHmiD, h i n t e r g r u n d Tina Tuor über den nach wie vor hohen Lebensstandard in der Schweiz Weniger Zufriedenheit – Schweizer wünschen sich mehr Freizeit D Der Lebensstandard in der Schweiz gehört zu den höchsten in Europa. Das verfügbare Einkommen ist 2013 gestiegen, die Einkommensungleichheit hat sich verringert. Trotzdem hat die Zufriedenheit gegenüber dem Vorjahr leicht abgenommen – viele wünschen sich mehr Freizeit. Die allgemeine Zufriedenheit in der Schweiz nahm 2013 im Vergleich zum Vorjahr ab, blieb jedoch auf hohem Niveau, wie eine Erhebung über die Einkommen und die Lebensbedingungen (Silc) des Bundesamts für Statistik (BFS) zeigt. 72,3 Prozent der Bevölkerung ab 16 Jahren waren 2013 eigenen Angaben zufolge mit ihrem Leben sehr zufrieden, nach 76,4 Prozent 2012. Geringer als noch im Vorjahr fiel etwa die Zufriedenheit mit der Wohnsituation, der Hausarbeit und der Freizeit aus. Der Anteil derjenigen, die mit der vorhandenen Freizeit zufrieden sind, verringerte sich von 58,6 auf 47,7 Prozent und wies damit den geringsten Anteil an Zufriedenen in der Umfrage auf. Weiterhin eine positive Rolle für die Zufriedenheit spielt das Sozialleben: 80 Prozent zeigten sich sehr zufrieden mit dem Zusammenleben, persönlichen Beziehungen und dem Arbeitsklima. Eine leichte Zunahme verzeichnete zudem die Zufriedenheit mit der persönlichen finanziellen Situation: Diese stieg von 52,8 auf 55 Prozent. Tatsächlich nahm das verfügbare Einkommen in der Schweiz 2013 gegen- über dem Vorjahr zu. Dieses beschreibt das auf einzelne Mitglieder aufgeteilte Haushaltseinkommen nach Abzug von obligatorischen Ausgaben wie Steuern und Krankenkassenprämien. Der Median des verfügbaren Einkommens belief sich in der Schweiz auf 51 282 Franken pro Jahr. Das bedeutet, dass 50 Prozent der Bevölkerung mehr, 50 Prozent weniger zur Verfügung hatten. Gemessen in Kaufkraftstandards, also um unterschiedliche Preisniveaus in den Ländern bereinigt, lag das verfügbare Einkommen in der Schweiz 1,7-mal höher als in Italien und 1,3-mal höher als in Deutschland oder Frankreich, wie das BFS gestern mitteilte. Nach Luxemburg und Norwegen ist es damit weiterhin das dritthöchste in Europa. Gleichzeitig verteilt sich das Einkommen etwas gleichmässiger als im europäischen Ver- «Der Anteil derjenigen, die mit der vorhandenen Freizeit zufrieden sind, verringerte sich von 58,6 auf 47,7 Prozent» gleich: Die gesamte Einkommenssumme der reichsten 20 Prozent überstieg jene der ärmsten 20 Prozent 2013 um den Faktor 4,2, nach einem Faktor von 4,4 im Vorjahr. Im europäischen Durchschnitt lag das Verhältnis stabil bei 5,0. Die grösste Ungleichheit wies Spanien mit einem Verhältnis von 6,3 auf. Trotz höherem Einkommen und geringerer Ungleichheit als im europäischen Durchschnitt kämpft auch in der Schweiz ein Teil der Bevölkerung mit finanziellen Schwierigkeiten. Im vergangenen Jahr waren fast 20 Prozent nicht in der Lage, eine unerwartete Ausgabe von 2500 Franken zu tätigen. 8,7 Prozent der Bevölkerung konnten es sich nicht leisten, einmal pro Jahr in die Ferien zu reisen. 13,3 Prozent der Schweizer Einwohner gelten als armutsgefährdet. l e s e r b r i e F e Zur Abstimmung über die Gebietsreform und die Wahl des Gemeindepräsidiums in Landquart impressum Wir sind keine Marionetten Herausgeberin: Ich habe Verständnis für die oberflächige, nicht differenzierte und nichts wissenden Argumente der Befürworter des Gesetzes über die Gebietsreform, über das am 30. November 2014 abgestimmt wird. Viele von ihnen waren nicht dabei als die Totalrevision unserer Kantonsverfassung in den Jahren 2002/2003 vorgenommen wurde. Zu diesem Zeitpunkt führten wir in der Verfassungskommission des Grossen Rates die Diskussion über die Berechtigung einer Verankerung der Regionen in der Verfassung. Die Verankerung geschah und bestimmt wurde, dass die Präsidenten der Regionen vom Volk gewählt werden müssen. Die Regionen waren neu Organe des öffentlichen Rechts mit eigener Körperschaft. In der Mesolcina wollten wir eine «gute» Region aufbauen: Sie hätte in Dienst unserer Gemeinden gearbeitet, überkommunale Aufgaben übernommen, Mediationsarbeit zwischen Kanton und Gemeinden geführt und, nicht zuletzt, versucht, einen Regionalgeist zu entwickeln, auch als Basis für die Gemeindefusionen. Für die Regierung waren wir jedoch nicht schnell genug. Im 2006 bekamen wir einen Befehl aus Chur, und wir wurden von der Regierung als verfassungswidrig deklariert, weil wir nicht genug schnell mit der neuen Region bereit waren. Nun, unsere Arbeit war schon im Gange, und wir verfügten ab 2007 über einen Regionalvorstand, demokratisch gewählt, eine Delegiertenversammlung, eine Geschäftsprüfungskommission und später über eine Sanitätskommission. Wir arbeiteten und begannen die Früchte unserer Leistungen zu ernten, Region und Gemeinden kooperierten zusammen und die banaldumme Frage der Stärke (starke Region oder starke Gemeinde) wurde nie gestellt. Wir arbeiteten wenn … die Zerstörung begann. Durch die absurde und nicht nachvollziehbare Veränderung, bestimmt durch die Regierung und den Grossen Rat (in Jahren 2012/13/14), welche sich so unflexibel gezeigt haben, und nicht einmal die Freiheit der Organisation den Regionen verleihen wollten. Warum? Dies kann niemand verstehen. Niemand hätte nämlich einen Schaden davon gehabt, weder Chur noch Davos oder St. Moritz, wenn die Organisation den Regionen frei überlassen würde. Ein solches Diktat ist seltsam und hat Konsequenzen. Bei uns rutschen die Gemeindefusionen total ins Ungewisse, Kräfte und Geld (von schon nicht ökonomisch gut situierten Gemeinden), welches gebraucht wurde, um die Regionen zu bilden und zu führen, werden verschleisst und wichtige Leistungen für unsere Bürgerinnen und Bürger in Frage gestellt. Verluste gibt es auch auf Ebene der Demokratie: Stadtorgane ohne Legislative bilden ein Novum in unserer Rechtslandschaft. Als demotivierend für die Gemeindeexekutiven wirkt vor allem die übermässige Arbeitsbelastung, und die Berufspolitik scheint nicht ein praktikabler Weg zu sein, wenn wir die demokratischen Charakteristiken in unserem Staat aufrechterhalten wollen. Bezeichnend ist, dass sieben unserer Gemeinden das Referendum unterstützen. Sie, wie viele anderen von uns im Misox, können mit einer unreifen, unvollständigen, der Realität unsere Talschaften nicht entsprechenden Territorialreform, nichts anfangen. Und – wir können uns nicht wie Marionetten behandeln lassen. ▸ nicoletta noi-togni, grossrätin und Vizepräsidentin der regione mesolcina Wer zahlt, soll auch befehlen Mit emotionalen Argumenten wollen uns die Gegner der Gebietsreform einreden, dass alles schlechter werde. Basierend auf einem Wissen von Gestern wollen sie damit eine entschlackende und konsequente Vorlage kippen. Sachlich Greifbares habe ich noch nicht gehört. Tatsache ist doch, dass unsere Gemeinden mit den vorhandenen Mitteln haushälterisch und bedarfsgerecht umgehen müssen. Unsere Gemeindepräsidentenund Gemeindepräsidentinnen sind vom Volk gewählt, und haben die Gemeinde nach aussen zu vertreten. Auch die finanzielle Verantwortung gegenüber dem Stimmbürger müssen sie wahrnehmen. Dazu braucht es keinen Verwaltungsapparat in der Region, der Geld ausgibt ohne für die Geldbeschaffung gerade zu stehen. Mit der Abstimmung zum Mantelgesetz zur Gebietsreform haben wir eine weitere Gelegenheit, das Wohl der Gesamtheit der Bündner zu mehren. So, wie eine überragende Mehrheit des Bündner Stimmvolks dies bereits am 23. September 2012 getan hat. Ich stimme deshalb aus Überzeugung Ja am 30. November 2014. ▸ martin Wieland, grossrat Fdp, tamins Den Vizepräsidenten als Nachfolger Der Bevölkerung der Gemeinde Landquart stehen für den 30. November zwei Persönlichkeiten zum Gemeindepräsidium zur Wahl. Für die Neubesetzung ist das Profil und nicht der politische Stand der zentrale Punkt. Fachkompetenz im Finanzhaushalt der Gemeinde, strukturiertes Denken, Bürgernähe und erfolgreiche Führungserfahrung muss das Anforderungsprofil für den zukünftigen Gemeindepräsident sein. Dieses bringt Sepp Föhn mit und hat dies in den letzten 15 Monaten als Vizepräsident der Gemeinde Landquart auch unter Beweis gestellt. Pressespiegel Evangelisch-reformierte Landeskirche Graubünden ▸ michael huber, igis Mail: [email protected] Somedia (Südostschweiz Presse und Print AG). Verleger: Hanspeter Lebrument CEO: Andrea Masüger. Redaktionsleitung: Larissa M. Bieler (Chefredaktorin, lmb), Norbert Waser (Stv. Chefredaktor, nw). Redaktionsadressen: Bündner Tagblatt, Comercialstrasse 22, 7007 Chur, Telefon 081 255 50 50, Fax 081 255 51 23, E-Mail: redaktion@ buendnertagblatt.ch. Verlag: Somedia, Kasernenstrasse 1, 7007 Chur, Tel. 081 255 50 50, Fax 081 255 51 55, E-Mail: verlag@ somedia.ch. Abo- und Zustellservice: Tel. 0844 226 226, Fax 081 255 51 10, E-Mail: [email protected]. Inserate: Somedia Promotion, Comercialstrasse 20, 7007 Chur, Telefon 081 255 58 58, Fax 081 255 58 59, E-Mail: [email protected]. Reichweite: 167 000 Leser (MACHBasic 2014-2) . Abopreise unter: www.buendnertagblatt.ch/aboservice Die irgendwie geartete Verwertung von in diesem Titel abgedruckten Inseraten oder Teilen davon, insbesondere durch Einspeisung in einen Online-Dienst, durch dazu nicht autorisierte Dritte, ist untersagt. Jeder Verstoss wird von der Werbegesellschaft nach Rücksprache mit dem Verlag gerichtlich verfolgt. © Somedia Bündner Tagblatt vom 12.11.2014, Seite 20.pdf entwarfen einen gemeinsamen Gottesdienst. Das Experiment ist geglückt. Der Gottesdienst war sehr gut besucht und versetzte Kleinkinder genauso wie Senioren ins Staunen. (BT) Puschlaver Bürgerwehren 451 Velos reisen von wurden aktiv Jenaz nach Afrika Cologna weiterhin Botschafter fürs CO2-Sparen Bürgerwehr Die Puschlaver haben den zahlreichen Einbrüchen anfangs Oktober den Kampf angesagt. Die dort gegründete Bürgerwehr patrouilliert in Gruppen und hält zur Kontrolle auch Personenfahrzeuge an. Alessandro Della Vedova, Gemeindepräsident von Poschiavo, erklärt gegenüber «Radio Grischa»: «Man muss sehr vorsichtig sein. Die Bürgerwehr ist normalerweise nicht vorbereitet auf Konfrontationen.» Das könne unter Umständen auch mal heikel werden. Die Bürgerwehr habe nämlich keine polizeiliche Handhabung zum Eingreifen. Ähnlich sieht das Anita Senti von der Kantonspolizei Graubünden: «Wir sind froh, wenn Bürger patrouillieren und Hinweise geben. Aber wenn die Bürgerwehren soweit gehen, dass sie Personen anhalten und kontrollieren, führt das zu weit.» (BT) klima Skilanglauf-Star Dario Cologna ist fü SPendenorganiSation Grosser Erfolg für die Sammlung «Velos für Afrika»: 451 Velos wurden in Jenaz abgegeben. Die evangelisch-reformierte Kirchgemeinde hatte dazu aufgerufen, ausgediente Velos zu spenden. Für den Abtransport seien laut Mitteilung zwei Lastzüge erforderlich gewesen. Die in Bern beheimatete Organisation «Velos für Afrika» lässt die Velos in sozialen Werkstätten reparieren. Anschliessend treten sie ihre Reise nach Burkina Faso, Namibia, Madagaskar und andere afrikanische Länder an. Lokale Partnerorganisationen vermitteln die Velos weiter. Diese dienen als Existenzgründung für ein Kleingewerbe, welches eine Familie ernähren kann. Letztes Jahr wurden in der Schweiz 15 000 Velos gesammelt und nach Afrika verschifft. (BT) weitere zweieinhalb Jahre Botschafter des Auto Energie Checks (AEC) für energieeffizientes Auto fahren. Der Olympiasieger und Weltmeister ha sein Engagement als Botschafter für den AEC lau einer Mitteilung um weitere zweieinhalb Jahr verlängert. «Ich sehe den Auto Energie Check al einfachen und effizienten Beitrag der Automob listen zum Energiesparen und für die Umwelt» so Cologna. Seit Anfang 2014 ist Cologna als Botschafte für den AEC unterwegs. Mit seinem Engagemen wolle er die Automobilistinnen und Automobilis ten motivieren, täglich Treibstoff und dami Energie, CO2 und Geld zu sparen. Cologna sieh im AEC laut Mitteilung eine gute Möglichkeit, di Umwelt zu schonen. (BT) wetter Aussichten heute Temperaturen: Nachmittag/Morgen früh 14°/10° Ilanz 9°/5° Scuol Chur 14°/10° Disentis Von Süden und Westen zieht Regen auf Landquart Thusis 7°/4° Davos 14°/10° 9°/5° Arosa 9°/5° Zernez 7°/4° 14°/10° Splügen St. Moritz 9°/5° Sta. Maria 7°/4° 10°/7° Mesocco 10°/7° Poschiavo 10°/7° Aussichten Alpennordseite Aussichten Alpensüdseite Donnerstag Freitag Samstag Sonntag Donnerstag Freitag Samstag Sonntag 12/8° 15°/7° 16°/8° 13°/7° 10°/7° 10°/7° 8°/6° 9°/6° z i tAt d e S tAG e S Aussichten heute Mittwoch Die Föhnströmung im Alpenraum lässt am Mittwochvormittag nach. Ein Tief über dem Nordatlantik führt eine Störung über die Schweiz. In den Bündner Südtälern fällt am Mittwoch anhaltend Regen oder oberhalb von 2000 Metern Schnee. In Mittel- und Nordbünden ist das Wetter freundlicher. Hier bleibt es noch bis in den Nachmittag hinein trocken. Der Föhn in den Bergen lässt im Tagesverlauf nach. Spätestens am Abend regnet oder schneit es überall. Die Schneefallgrenze sinkt auf rund 1500 Meter. Luftmesswerte im Kanton Graubünden: www.ostluft.ch -– www.in-luft.ch -– www.anu.gr.ch COMiC «Nebel hängt wie Rauch ums Haus, drängt die Welt nach innen; ohne Not geht niemand aus; alles fällt in Sinnen.» n oV e m B e R Ta g – Vo n C h R i S T i a n m o R g e n S T e R n ( 1 8 7 1 – 1 9 1 4 ) Prognosen für die nächsten Tage Am Donnerstagmorgen regnet es in der Südostschweiz noch stellenweise. Bald ist es überall trocken. Am Nachmittag lockert die Bewölkung auf und es zeigen sich einige Aufhellungen. Im Oberengadin weht mässiger Talwind. Im Flachland dreht der Wind auf Nordost. Der Freitag bringt den Bergregionen sehr sonniges Wetter. Die Null gradgrenze steigt auf 3000 Meter. Im Flachland liegt zäher Hochnebel. Am Samstag ist es vorerst noch föhnig. Aus Westen bringt eine Stö rung verbreitet Regen. Pressespiegel Evangelisch-reformierte Landeskirche Graubünden Bündner Tagblatt vom 12.11.2014, Seite 9.pdf Kultur M i ttwo c h , 1 2 . Nove m b e r 2 0 1 4 intervieW «Miniatur und Kalligrafie – zwei Künste, die sich nicht trennen lassen» Die Malerin Metavel hat sich auf die Miniaturmalerei und die Kunst des Schönschreibens (Kalligrafie) spezialisiert. Sie verziert aber nicht bloss Texte, sondern erleuchtet mit ihrer Kunst den Inhalt der Schriften. d Sie haben nach Ihrem Studium viele Jahre erfolgreich und mit Freude unterrichtet. Wann erfolgte der Wechsel zur Malerei und weshalb? Als ich 1966 Kulturattachée der französischen Botschaft in Tel-Aviv wurde, verliess ich den Lehrerberuf. Fortan hielt ich Vorträge über Französische Malerei und französische Kunstgeschichte. Die französischen und israelischen Maler und Dichter wurden Teil meines Lebens. Zweifelsohne hat auch meine Heirat mit meinem Mann in mir den Wunsch geweckt, in diese Welt einzutauchen und darin heimisch zu werden. Damals begann ich auch intensiv die Kabbala zu studieren. Im Jahr 1960 sind Sie nach Israel ausgewandert. Warum Israel? Ein abend mit drehbühne und Überraschungen Im Theater Chur wird heute und morgen Kuro Taninos «Box in the Big Trunk» gezeigt – inklusive Drehbühne. Metavels Werke sind farbenfroh und detailreich: Die Miniatur «geburt der Eva» (oben) und «Die zwei Welten – die obere und die untere Welt» aus dem dem Buch «La Création du Monde» (unten). (Fotos zvg) Drehbühne und doppelter Boden: «Box in the Big Trunk» von Kuro Tanino. (zvg) BündneR TaGBlaTT: Als Künstlerin nennen Sie sich Metavel. Wie kamen Sie auf diesen Namen? MeTavel: Mein Pseudonym Meta- vel erhielt ich von meinem Gatten Elazar Benyoëtz. Er hat mir ein Gedicht gewidmet, in dem er mir diesen Namen gibt. Der Name bedeutet «Gut Gottes» oder «Eintauchen (in die Thora)». 9 aufführung In Kooperation mit dem Schweize Festival «Culturescapes» zeigt das Theater Chur im November im Rahmen des Festivals «Welt in Chur zeitgenössische Produktionen aus der Kulturmetro pole Tokio. Heute Mittwoch sowie morgenDonner tag, 13. November, jeweils um 20 Uhr erwartet da ▸ SA BI NE- C L AUD I A NOL D Die international bekannte Malerin und Kalligrafin Renée Koppel, die sich als Künstlerin Metavel nennt, wurde im algerischen Souk-Ahras geboren. Nach der Ausbildung zur Lehrerin in Constantine (Qusantina) und einigen Jahren des Unterrichtens emigrierte sie nach Israel. Dort war sie zuerst als Professorin für Französisch, anschliessend als Kulturattachée im Kulturdepartement der Französischen Botschaft in Tel-Aviv tätig. Seit 1968 ist sie mit dem Dichter und Aphoristiker Elazar Benyoëtz verheiratet. Metavel veröffentlichte zahlreiche Bücher zu biblischen Texten und jüdischen Schriften. Ihre Werke erklären, vertiefen und erläutern diese Schriften mittels Bildern. Metavel erhielt mehrere Preise, so unter anderem auch den Preis des israelischen Ministeriums für Handel und Industrie (1989). B ü n d n e r Ta g b l a tt 1956 bereiste ich Israel als Touristin. Als ich dort war, wusste ich: Das ist mein Land, hier gehöre ich hin. Heute sind Sie berühmt für Ihre Miniaturen und Kalligrafien. Weshalb haben Sie sich darauf spezialisiert? Nach Abschluss meines ersten Bildbandes spürte ich instinktiv, dass Miniatur und Kalligrafie zwei Künste sind, die für mich komplementär sind. Die beiden lassen sich nicht trennen. Wieso malen sie ausschliesslich Aquarell? Mich faszinierte die Finesse der Aquarell-Malerei auf altem Papier. Doch habe ich eine persönliche Technik entwickelt: Anstelle des nassen Papiers arbeite ich mit einem Tuch, das die Farben absorbiert und lediglich Spuren hinterlässt. Diese Spuren baue ich in mehreren Schichten auf und schaffe dadurch eine gewisse Tiefe. Fertigen Sie jeweils Vorskizzen an? Nein. Die Miniaturen – die den Weg meiner Träume zu rekonstruieren scheinen – nehmen ohne vorherige Idee Gestalt an. Welt teilgenommen. Ausserdem gefällt es mir mit Miniaturen und Kalligrammen (Figurengedichten) den Wörtern und Sätzen eine plastische Schönheit zu geben. Wie bereiten Sie sich vor, wenn Sie einen Text illustrieren wollen? Illustrieren meinte ursprünglich einen schwierigen Text mit Erläute- Ihre Werke sind alle sehr klein … Das mikroskopisch klein Geschriebene zeigt den Charakter des Hebräischen auf, dargelegt auf eine zeichnerisch dekorative Art und Weise. Die Kalligramme holen ein Motiv vor Augen, das in direkter Verbindung mit dem Sujet des Textes steht. « Die Miniaturen rekonstruieren den Weg meiner Träume. » rungen und Beispielen erhellen. Erst im 19. Jh. erhielt illustrieren die Bedeutung von Verzieren. Deshalb muss ich sowohl jedes Wort des Textes verstehen, als auch versuchen, alle möglichen Bilder, die in ihm enthalten sind, zu finden. Sie erhellen somit Texte mit Hilfe von Bildern? Zwischen einem biblischen Text und der Miniatur, die dem Text gegenübersteht oder in ihn integriert ist, entsteht ein Dialog. Text und Bild beleuchten das gleiche Thema, um es zu erhellen. Meine künstlerische Arbeit ist somit ein Licht auf den Inhalt des Textes, sie ist nicht blosse Verzierung. Grosse Kunst in Kleinformat: Metavel mit einem ihrer Werke. (zvg) Wie gehen Sie vor, wenn Sie einen Text ausgewählt haben? Ich nähere mich meiner Arbeit von zwei Seiten her: Einerseits gliedere ich den Text in die rhythmischen Elemente seiner Erzählung. Andererseits bilde ich die heiligen hebräischen Buchstaben im Wissen um ihre geheimnisvolle Bedeutung – denn gemäss dem Midrasch haben sie an der Schöpfung der Sie erwähnten den Midrasch. Was ist das? Midrasch ist eine Sammlung von jüdischen Texten zu Beginn der Zeitrechnung, die den Bibeltext auslegen und auf die Gegenwart beziehen. Die Midrashim sind Legenden, vermengt mit rabbinischen Interpretationen der Texte. Das Wort ‘midrash’ meint den Vorgang des Suchens und Forschens nach einer auf die Gegenwart bezogenen Auslegung der Schrift. Der Midrasch geht über die wörtliche Bedeutung hinaus und betrachtet den Text in all seinen sichtbaren und unsichtbaren Aspekten. Welche Bedeutung hat der Midrasch für Sie? Das Lesen des Midrasch ist für mich sehr wichtig und wertvoll und kann Wochen oder Monate dauern. Er bereichert nicht nur meine Vorstellung, sondern hilft mir, komplexe Situationen in einem biblischen Text zu entknoten. Wenn ich alle Elemente der Geschichte verinnerlicht habe, bin ich bereit, den Miniaturen gegenüberzutreten. Vernissage «Die Bibel in Bildern und Miniaturen»: morgen Donnerstag, 13. November, 18.30 bis 20.30 Uhr, Regulakirche Chur. Gedanken zur Ausstellung, anschliessend Apéro. Ausstellung: 14.-23. November, täglich 12-15 Uhr und 17-19 Uhr, Gruppen nach Anmeldung: 081 252 22 92. Pressespiegel Evangelisch-reformierte Landeskirche Graubünden Publikum mit Kuro Taninos «Box in the Big Trunk ein Theaterabend voller Überraschungen und ve blüffender Illusionen. Ein ewiger Student, Mitt Vierzig, überfordert mit sich selbst und dem Leben flieht vor dem tadelnden Vater in einen Wand schrank. Hinter der Tür entdeckt er eine geheimni volle Parallelwelt und begibt sich auf eine ausserge wöhnliche Reise. Die immerzu rotierende Drehbüh ne ist gemäss Mitteilung eine Wunderkammer, de ren Räume ein Abbild des Geisteszustands de männlichen Hauptfigur sind. Der ehemalige Psychoanalytiker Kuro Tanin hinterfragt in seinen Inszenierungen die Abgründ des Alltags. Seine Theatergruppe «Niwagekidan Pe nino» (Deutsch: «Gartentheatergruppe Penino» gründete der 38-jährige Regisseur im Jahr 2000 m Universitätsfreunden. «Box in the Big Trunk basiert auf drei vorherigen Arbeiten und vereint die se zu einem bildgewaltigen und kafkaesken Kale doskop. (bt) Conchita Wurst begeistert im «Crazy Horse» paris Als Königin von Europa wurde Conchit Wurst seit ihrem Song-Contest-Sieg von Medie mehrfach geadelt. Ihr «Königreich» ist nun das Pa riser «Crazy Horse». Nach ihrem triumphalen De büt am Sonntagabend inklusive Starauflauf präsen tiert sich die bärtige Dragqueen noch bis Samsta als erster Travestiekünstler im legendären Parise Variété-Club. «Es brauchte nicht weniger als ei bärtiges Püppchen namens Conchita Wurst, um Dutzende Menschen an einem grauen Sonntag abend im November aus ihren Höhlen zu locken» schreibt die Boulevardillustrierte «Paris Match» wohnten im «Crazy Horse» doch unter anderen di Modeschöpfer Jean Paul Gaultier und Jean-Claud Ditrois, Schauspieler Jean-Michel Ribes und Tänze rin Marie-Agnes Gillot Wursts grossem Auftritt be Anders als die barbusigen – und an einer Stelle Bar tragenden – Tänzerinnen um sie herum performt Wurst drei Songs stets angezogen. (sda) k u lt u r no t i z e n Kurzer Sonntag im Haus der Kunst Auf den Langen Samstag folgt in Chur der Kurze Sonntag: Im Haus der Kunst am Zedernweg 4 in Chur gibt es am Sonntag, 16. November, von 14 bis 19 Uhr Kaffee und Kuchen – und unter dem Titel «Poesie der Grossstadt – Die Kunst der Décollage» Kunst von Piroska Szönye. Ebenso können die Besucherinnen und Besucher gemäss Mitteilung mehr zum Projekt «Mission Aquabike» von Joeri Gredig erfahren. Rothko-Gemälde für 72 Mio. Franken Mehr als 75 Millionen Dollar (72 Mio. Franken) haben zwei Bilder des abstrakten Malers Mark Rothko bei eine Auktion in New York gebracht. Für «Untitled», ein hochformatiges Gemälde mit blauen Farbfeldern, wurden laut Auktionshaus Sotheby's 39,9 Millionen Dollar (38,4 Mio. Franken) erzielt. Ein weiteres unbenanntes Bild Rothkos mit gelben und orangen Farbblöcken wurde am Montagabend (Ortszeit) für 36,6 Millionen Dollar (35,3 Mio. Franken) versteigert. Bündner und die Werkstatt betreibt künstlerische Alchimie. Als Gäste begrüsst der Lange Samstag das Bildungszentrum Gesundheit und Soziales, die Lia Rumantscha sowie Theologische HochTagblatt vomdie13.11.2014, Seite schule Chur und die Pädagogische Hochschule Graubünden. (Bt) ▸ www.langersamstag.ch 11.pdf Kammerchor gibt zwei Jahreskonzerte Die Jahreskonzerte des Engadiner Kammerchors finden am Samstag, 15. November, um 19.30 Uhr im Kulturzentrum Laudinella in St. Moritz und am Sonntag, 16. November, um 17 Uhr in der Martinskirche in Chur statt. Der Engadiner Kammerchor führt Werke von Mendelssohn und Schubert auf, als Hauptwerk Schuberts Messe in As-Dur. Solisten sind Rebecca Ockenden (Sopran) Daphné Mosimann (Alt), Georg Fluor (Tenor) und Michael Kreis (Bass). Begleitet werden Solisten und Chor vom Orchester Collegium Cantorum unter der Leitung von Thomas Ineichen. Die Gesamtleitung hat laut Mitteilung Gaudenz Tscharner. (Bt) Skafari treten im «Royal Rockers» auf Im Felsberger Club «Royal Rockers» gibt die Band Skafari am Samstag, 15. November, ein Konzert. Skafari wurde 1999 laut Mitteilung von einigen SkaFreunden und Rockmusikern der Bündner Szene als Hausband des Churer «Safari Beat Clubs» gegründet. Die Band besteht aus zwei Gitarristen, einem Bassisten, vier Bläsern, einem Schlagzeuger und mehreren Sängern. (Bt) ▸ Türöffnung ist um 19.30 Uhr. -Baukasten -jährigen Saxophonisten die primären Inspirationsn, an diesen Orten hat er seine Klangwerkzeuge melt, seine Musik zusammengekleistert und viele und atonale Basteleien angerichtet. Die sechs meister von Janetts Jazzmusik-Baukasten frönen laut Mitteilung der kollektiven Ton-Kleisterei und lassen mmelsurium an Klängen zu einem schimmernden mtkunstwerk verschmelzen. (Bt/zvg) Ein Leben auf der Überholspur Die Volksbühne Chur führt am Samstag, 15. November, um 20 Uhr im Restaurant «Rheinkrone» an der Rheinstrasse 81 in Chur das Stück «Au das no» unter der Regie von Vreni Moser-Caviezel auf. Die Komödie in drei Akten stammt aus der Feder von Ronny Sunters, für die Dialektbearbeitung ist Rico Spring verantwortlich. Erzählt wird die Geschichte von Martin Schock, einem überaus unsympathischen Zeitgenossen, der sich seinen Mitmenschen gegenüber rücksichtslos verhält und nicht nur seinen Chef, sondern auch seine Frau betrügt. Eine turbulente Komödie, die gemäss Mitteilung aufzeigt, dass man im Leben nicht nur auf der Überholspur leben kann. (Bt) ▸ www.volksbuehne-chur.ch Thusis ein Va- s a m s t a g nze Familie. 15. November e, Musiker, r treten die eichhaltigen Zuschauerintteilung drei- Im Kino Rätia in Thusis wird am Samsaus Vorspei- tag, 15. November, um 19 Uhr der Film sert, zusam- «Carl Lutz – der vergessene Held» gesouveränen zeigt. Regisseur Daniel von Aarburg llner Gilbert wird laut Mitteilung anlässlich der Vor- s o n n t a g en, dafür um- stellung von seinen Erfahrungen beim 16. November Pressespiegel chengehilfen Dreh erzählen und auf Fragen des PubliEvangelisch-reformierte Landeskirche kums eingehen. (Bt) en. (Bt) ▸ www.kinothusis.ch Daniel von Aarburg zu Gast in Thusis Streetdance mit den Graubünden Roundabout-Gruppen Der diesjährige Herbstevent der Roun- 2014 CHF 3.30 Bündner Tagblatt www.buendnertagblatt.ch vom 13.11.2014, Seite 1x.pdf 40045 @somedia.ch | inserAte somedia Promotion, Telefon 081 255 58 58 9 771424 754008 der «Plan B» hublade? Evangelischer Grosser Rat mit neuem Präsidenten f den «Plan B» der Bündner Regierung. dle sich dabei um einen «Status quo». ung mit grosser Wirkung»: die Gegner der Gebietsreform Derungs und Baltermia Peterelli (v.r.). (Foto t. Gstöhl) arnt vor diesem Plan b’ bedeutet einen status quo», rätin barbara Jaeforderten anpaswürden die vom ossenen Ziele der machen. n behält jede ree Organisationssituation würde ern. Erst einheitliönnten Transpacherheit im Kan- ton herstellen, so Janom steiner. auch mit einheitlichen und schlanken strukturen könne den unterschiedlichen interessen der regionen rechnung getragen werden, ist die regierungsrätin überzeugt. «Eine neue Vorlage wäre nur die zweitbeste Lösung.» Klar ist: die überarbeitung der Vorlage braucht Zeit. Ob die reform bei einem nein dann 2016 umgesetzt werden könnte, ist ungewiss. G r aubün dE n ..................... Seite 3 CHur der Evangelische Grosse rat (EGr) hat gestern in Chur Grossrat Walter Grass aus urmein ohne Gegenstimme zum neuen Präsidenten gewählt. Grass versprach in seiner antrittsrede, den EGr effizient zu führen, mahnte aber, dass er dafür auf die disziplin aller anwesenden angewiesen sei. der vierzigjährige Grass ist der jüngste ratspräsident in der Geschichte des EGr. die Mitglieder des EGr verabschiedeten den Kostenvoranschlag der Kantonalen Evangelischen Kirchenkasse für das Jahr 2015 und legten die Kollekten für das kommende Jahr fest. breiten raum nahm am nachmittag die diskussion über die attraktivität des Pfarrberufes in Graubünden ein – gerade im angesicht der Kürzungen von stellenprozenten. Eine aufstockung der Pfarrstellenprozente stehe jedoch ausser Frage, so der Kirchenrat. (Nol) Graubü ndEn ..................... Seite 6 Ein leuchtturm im tourismus Graubündens milestoNe Zwar ging bei der Ver- leihung der prestigeträchtigen Tourismuspreise am dienstagabend im «Kursaal» in bern nur ein Milestone nach Graubünden, dafür ein im wahrsten sinne besonders wertvoller. durch das Projekt Leuchtturm werden in der Hotellerie nicht nur Tausende Tonnen weniger CO² in die Luft ausgestossen, die Hoteliers können damit auch viel Geld sparen. regierungsrat Hansjörg Trachsel bezeichnete Projektinitiant Gustav Lorenz in seiner Laudatio als Pionier im Energiemanagement der bündner Hotels, er habe als unternehmer, Vordenker und realisator einen grossen volkswirtschaftlichen nutzen erzielt und die strahlkraft des bündner Tourismus landesweit erhöht. (NW) Gr aubü ndEn ..................... Seite 7 Pressespiegel Evangelisch-reformierte Landeskirche Graubünden Erste landung auf ist zum Glück gering und leicht zu beheben», so Flütsch. Die repower habe bereits ihre Hilfe beim aufstellen des Kunstwerks zugesichert. Offen sei einzig noch die Finanzierung. (eSö/zVg) Bündner Tagblatt vom 13.11.2014, Seite 24.pdf Davos und St. Moritz starten in den Winter Brachzeit für Frauen im Hof de Planis skigebiete Morgen Freitag, 14. November, starten die Bergbahnen Davos Klosters in die neue Wintersaison. Dank den Schneefällen von letzter Woche würden bereits ideale Bedingungen vorherrschen, heisst es in einer Mitteilung. Der Schnee und die kurze Kälteperiode der letzten tage könnten die Bergbahnen optimal nutzen, um den planmässigen Saisonstart zu ermöglichen. Die Vorbereitungen und Pistenpräparationen laufen momentan auf Hochtouren. Noch eine Woche gedulden müssen sich Skifreunde in St. Moritz. am Samstag, 22. November, beginnt die Saison im Skigebiet Corviglia/Marguns. Besitzer von Jahreskarten können die Pisten bereits am Freitag, 21. November, befahren und werden zudem von Engadin St. Moritz Mountains zwischen 11 und 12 Uhr zu einem apéro an der «Sternenbar» auf Marguns eingeladen. Der Vorverkauf der Jahreskarten läuft noch bis Ende November. (bt) stels Zwischen Freitag, 16., und Samstag, 24. Januar 2015, findet im Hof de Planis in Stels die Brachzeit für Frauen statt. angesagt ist ruhiges Krafttanken für Frauen jeden alters aus nah und fern, die anzahl tage ist frei wählbar. Das angebot entstammt laut Mitteilung dem Gründungsgedanken der Stiftung Hof de Planis und ist heute zeitgemässer denn je. Es gibt noch freie Plätze. Einfach sein und nichts müssen, diesen Luxus gönnen sich Frauen während der Brachzeit im Hof de Planis. angesagt sind ruhe, Erholung und Krafttanken. Der Hof bietet den ruhigen rahmen und die Gelegenheit zur Begegnung mit sich selber und mit anderen Frauen. Spaziergänge oder Schneeschuh-Wanderungen, allein oder gemeinsam, führen raus in die verschneite Landschaft des Stelserberges. (bt) Wetterbesserung – auch im Süden wird es trocken Scuol 7°/2° vos ° Zernez 7°/2° Sta. Maria 11°/7° Poschiavo 11°/7° ten Alpensüdseite stag °/6° Mehr Infos: www.hofdeplanis.ch, Hof de Planis, Tel. 081 328 11 49 oder [email protected]. Sonntag 8°/5° r na l i S t Montag 8°/5° Aussichten heute Donnerstag Prognosen für die nächsten Tage allgemeine Lage: am Donnerstag liegt ein umfangreiches tief über dem atlantik. Es bestimmt erst am Wochenende das Wetter. Der tag beginnt mit vielen Wolken. Besonders am Morgen fällt noch etwas regen. Die Schneefallgrenze liegt bei rund 1400 Metern. Nur vereinzelt schneit es auch tiefer hinunter. im Laufe des Vormittags setzt sich überall trockenes Wetter durch. am Nachmittag lockert die Bewölkung langsam etwas auf und die Sonne scheint zeitweise. Der Wind ist im allgemeinen schwach. am Freitag scheint auf den Bergen meist die Sonne. Einzelne Wolkenfelder ziehen vorüber. Über dem Mittelland liegt Hochnebel. Dieser löst sich im Laufe des tages nicht überall auf. in den alpen kommt Föhn auf. im rheintal steigt die temperatur auf rund 15 Grad. im Laufe des Samstags wird der Föhn schwächer. aus Westen zieht regen über die Schweiz. Die Schneefallgrenze sinkt auf 1500 Meter. am Sonntag bleibt es wechselhaft. aufhellungen wechseln mit regenschauern ab. Es bleibt mild. Luftmesswerte im Kanton Graubünden: www.ostluft.ch -– www.in-luft.ch -– www.anu.gr.ch coMic Pressespiegel Evangelisch-reformierte Landeskirche Graubünden bin Brugesamte Mitglieder r zurück. eindeverich neun sident Aln aus seiwar nun bin ich iner Zeit, jech betont n zu sein. old noch anderen onen für liche Bezehn Jahemeinde Mit Strei«Die Zugendwelh Krättli r neu beten geht, t betrete- pfigen Gee ich gee für ein alb habe stellt, als e an der in nachdenkzeit Amtszeit «ich deumachen, Umwelt, er Regieen Volkshlekraft» rfassung Annahme assungsommissieuen Bekraftwer- g r a uBündner b üTagblatt nd n Seite 6.pdf vomE 13.11.2014, D o n n e r s t a g , 1 3. nove m b e r 2 0 1 4 Evangelisch-reformierte Kirche steht vor vielfältigen aufgaben Der Evangelische Grosse Rat beschäftigte sich in seiner Sitzung mit Wahlgeschäften, dem Budget 2015 sowie der Attraktivität des Pfarrberufs in Graubünden. Tagesreferentin war Nationalrätin Silva Semadeni. i ▸ SAB inE-ClAUD iA no l D in einem ersten Wahlgeschäft wurde die Geschäftsleitung für die Amtsperiode 2014-18 gewählt. Als neuer Präsident des Evangelischen Grossen Rates (EGR) wurde Grossrat Walter Grass (BDP) aus Urmein ohne Gegenstimme gewählt. Grass ist Gemeindepräsident, landwirt und Skischulleiter. Ebenfalls ohne Gegenstimmen wurde Grossrätin Elisabeth Mani-Heldstab (BDP) aus Davos-Dorf zur ersten Vizepräsidentin gewählt. in die Geschäftsleitung wurden per Wahl ausserdem aufgenommen: franz Rüegg, Arosa, (zweiter Vizepräsident), Grossrätin Martha Widmer-Spreiter, Chur, Pfarrer Stephan Bösiger, Ardez, Pfarrerin Ursula Müller-Weigl, Arosa, und Pfarrerin Elisabeth Anderfuhre, fideris. Alt-Dekan Pfarrer Thomas Gottschall, der eine neue Stelle im Kanton Zürich antritt und deshalb den Kirchenrat verlässt (im BT), wurde mit herzlichem Dank und einem Blumenstrauss verabschiedet. Budget 2015 abgesegnet Der Voranschlag 2015 der Kantonalen Evangelischen Kirchenkasse rechnet mit einem Defizit von gut 300 000 franken bei einem Gesamtaufwand von gut 10 Millionen franken. Rückstellungen von insgesamt 350 000 franken werden aufgelöst, die sich auf Rückstellungen Subventionen an kirchliche Bauten, Beiträge für bezugsberechtigte Kirchgemeinden und Zukunftswerkstatt aufteilen. Der Voranschlag wurde vom Evangelischen Grossen Rat ohne Gegenstimme angenommen. Ebenfalls ohne Gegenstimme wurde beschlossen, den Ansatz der Ausgleichssteuer 2015 auf 3,5 Prozent festzusetzen sowie den Steuerfuss für Kirchgemeinden, die zur Bestreitung der ordentlichen Ausgaben aus der Kantonalen Evangelischen Kirchenkasse Beiträge beanspruchen, für das Jahr 2015 auf führte souverän durch seine erste Tagung als Präsident des evangelischen Grossen Rats: Walter Grass (Mitte), flankiert von vizepräsidentin elisabeth Mani-heldstab und Protokollführer Kurt Bosshart. (foto YaniK bürKli) 20,5 Prozent der einfachen Kantonssteuer festzulegen. für das kommende Jahr ist kein Teuerungsausgleich bei den Pfarrlöhnen vorgesehen. Auch der Vorschlag des Kirchenrates für die Kollekten im Jahr 2015 wurde ohne Gegenstimmen abgesegnet. Attraktivität des Pfarrberufs Der nachmittag war zu grössten Teilen von der Diskussion über die Attraktivität des Pfarrberufs geprägt. Ein Punkt befasste sich mit dem Auftrag fred Schütz betreffend einer Revision der Verordnung über die Pfarrbesoldung der evangelisch-reformierten Pfarrpersonen im Sinne einer Einführung eines 13. Monatslohnes anstelle der heute üblichen Treueprämie. Kirchenrat Christoph Jaag führte aus, dass sich der Pfarrlohn aus verschiedenen Komponenten zusammensetzt und bei einem Systemwechsel insbesondere die langjährigen Pfarrpersonen mit Einbussen rechnen müssten. Der EGR folgte der Empfehlung des Kirchenrates, den Systemwechsel in einer ganzheitlichen Sicht und im Rahmen einer künftige Revision anzugehen. Als Problem für die Attraktivität des Pfarrberufes in Graubünden wurde die instabilität des Einkommens für Pfarrpersonen genannt, die mit der Kürzung der Stellenprozente einhergeht. Gerade für familien sollte eine lohnsicherheit für zwei, drei Jahre gegeben sein. «Mit familie sind diese Rechnereien nicht zu leisten», brachte es Gottschall auf den Punkt. Kirchenrat frank Schuler machte aber deutlich, dass aus Spargründen eine Aufstockung der Pfarrstellenprozente ausser Diskussion stehe. «Doch der Kirchenrat nimmt die Sorge um die Attraktivität der Pfarrstellen ernst.» Der Wegfall von Schulstunden (Modell 1 + 1) dürfe nicht eine kirchliche Sparübung zulasten der Kinder- und Jugendarbeit werden, darin waren sich alle einig. So unbestritten wichtig die Kinder-, Jugendund familienarbeit sei, so wichtig wäre es auch, die zunehmend grössere Anzahl von Alleinlebenden an- zusprechen. Es reiche nicht festzuhalten, dass die grosse Gruppe der Singles schwierig zu erreichen sei. Das Salz der Erde Den Auftakt der EGR-Sitzung machte nationalrätin Silva Semadeni mit ihrem Referat. «Christliche Verantwortung muss im politischen Alltag gelebt werden, muss immer neu an der evangelischen Botschaft gemessen und interpretiert werden», betonte sie. in der Politik münde diese Verantwortung oft in ethische Undifferenziertheit oder in Ausweichmanöver, um Konflikten zu entgehen. «Politiker brauchen bei ihren Entscheidungsprozessen Unterstützung. Auch die reformierte Kirche steht in der Verantwortung – und hält sich in solchen fragen zu stark zurück», so Semadeni. Sie vermisse klare Worte von der reformierten Kirche, wie sie beispielsweise vom Papst zu hören seien, erklärte sie. Und ergänzte in Anlehnung an das Jesuswort bei Matthäus: «Wenn das Salz der Erde nicht mehr Salz ist, womit soll gesalzen werden?» Pressespiegel Vom Kuhhirten zum Kurdirektor Evangelisch-reformierte Landeskirche Graubünden en Buch «St. Moritz einfach» hält Hans Peter Danuser Rückschau und zieht Bilanz über seine 30-jährige Tätigkeit als Kurdirektor von St. Moritz. «Es gibt nichts, was es in St. Moritz nicht gibt», so sein Fazit. nachts den wä- rderung en. Die rgie-Saon in die e hauswie die die für ommenhen solsen Rat budgets Förderre angengesetzt cht be- Bewilligung Die Regierung hat der heitstourismus soll in Kooperation mit den touristiCalancasca AG, Lostallo, die Bewillischen Leistungserbringern gefördert werden. Um gung für die Spülung und die Entleeder Bündner Wirtschaft Impulse geben zu können, rung des Staubeckens Molina, Bündner Gestimmt die Kommission Regierung in ihrem An-7.pdf Tagblatt vom der 13.11.2014, Seite meinde Buseno, mit Auflagen ersinnen bei einen Verpflichtungskredit über 80 Milteilt, dies teilte gestern die Standeslionen Franken zu beantragen. (nw) kanzlei mit. Das Staubecken Molina wurde kurz gEMEldEt 1951 in Betrieb genommen und fasst den Zufluss der Calancasca. Mit der Korrigenda Bei den Gesamterneuerungswahlen Entleerung des Staubeckens kann des Evangelischen Grossen Rates wurden Pfarrer eine notwendige Reparatur des Stefan Bösiger (Ardez), Pfarrerin Ursula Grundablasses durchgeführt werMüller-Weigel (Arosa) und Pfarrerin Elisabeth den. Es wird mit einer Dauer der ReAnderfuhren (Fideris) nicht wie gestern im BT paraturarbeiten von drei bis vier vermeldet neu in die Geschäftsleitung gewählt. Wochen gerechnet. Um den FischBösiger und Müller-Weigel sind neu in der bestand vor der Entleerung dezimieGeschäftsprüfungskommission und Anderfuhren ren zu können, galten dieses Jahr neu in der Redaktionskommission. Die Redaktion angepasste Bestimmungen für die bittet um Nachsicht. Fischerei. (nw) Knaller! uft Angus ralien, 4sp0ar% en 29 Gültig + t ag a m Fr e i t a g Sams Parisienne • Jaune • Orange • Rouge Box, en 10 x 20 Zigaretten Pro Stange – . 1s0 paren 70.– statt t ttt 80 80.–* 0 * Auch als Einzelpackung erhältlich Aktion Pro Packung 7.– statt t tt 88.–** Pressespiegel Evangelisch-reformierte Landeskirche Graubünden m pferpreis urismus oder Unnomisch s in den Der Voraus – ohjährlich höpfer», chen der ls durfte rphilharang nehden des Präsidendrei BilEmpfang achschuie Hochund Beat Hospita. Chefreangjähriheutigen häftstouvon Ludand (Hardigt. Im sdirektorg Simoz (Kunst- er Der aschier nen und Winter arif für ürJahndliche ten essel9. und bei der alden senere Au 0 000 lüger: Jim en als mauks. pf ab 14 J. mbiografie orgischen mpf 10 J. – Ein al annter Im Nachba d Michael cBündner h uTagblatt r vom 13.11.2014, Seite 8.pdf D o n n e r s t a g , 1 3. Nove m b e r 2 0 1 4 Kirche in einer modernen Zeit in die Gesellschaft bringen Heute startet das Projekt Regulakirche. Projektleiterin Christina Tuor ist überzeugt, dass die Kirche auch den heutigen Menschen viel zu geben hat, ohne ihre Wurzeln verlassen zu müssen. s von Getränken – werde sich mit regelmässigen Angeboten abwechseln, verrät Tuor. Das gesamte Projekt Regulakirche ruhe auf drei Grundpfeilern: Feiern, Bildung und Begegnung. Gemeinsam mit dem von ihr gegründeten Projekt-Team werden die konkreten Umsetzungen am weit gefassten Programmkonzept gemessen. ▸ SA BI N E - C L AU DI A NO LD Seit knapp einem Jahr ist Pfarrerin Christina Tuor für das Projekt Regulakirche der Evangelischen Kirchgemeinde Chur zuständig. «Mit dem Projekt sollen einem breit interessierten Publikum kirchliche Angebote zugänglich gemacht werden, ohne in Konkurrenz zu den klassischen Angeboten zu treten», erklärt Tuor. So werden beispielsweise alle Angebote des Projekts Regulakirche unter der Woche stattfinden. Vorgesehen sind Mittagsgebete, Andachten, Taizé-Singen, Bildungsanlässe zu interreligiösen und aktuellen ethischen Themen sowie Zeiten der Offenen Türe. Vorhandene Fähigkeiten nutzen «Wir haben etwas mitzugeben» «Als Kirche haben wir den Menschen etwas mitzugeben», so Tuors Erfahrung. Doch sei es wichtig, dass sich die Kirche selbst treu bleibe. «Es macht wenig Sinn, wenn wir kirchliche Jugendanlässe anbieten, die inhaltlich nichts mit Kirche zu tun haben und von jedem anderen Veranstalter ebenso gut – oder gar besser – organisiert werden könnte», wird sie konkret. Die Kirche vermöge durchaus auch Jugendliche und junge Menschen anzusprechen. Das habe sich am rund zweistündigen Anlass Leitet seit Januar das Projekt regulakirche, das heute offiziell «Nacht der Lichter» am vergange- beginnt: die habilitierte Pfarrerin christina tuor. (Foto olivia itEm) nen Freitag deutlich gezeigt. «Die Kirche war voll, die Stimmung fest- bei Weitem nicht so, dass der beste sie. Bei allen Ideen stelle sich für sie lich und besinnlich. Eine Gruppe kirchliche Unterricht derjenige ist, die Frage «passt das zur Kirche?». von Jugendlichen war in die Vorbe- der sich am weitesten von der Kir- Tuor schmunzelt: «Es ist beispielsweise klar, dass es in der Regulakirreitung und in den Ablauf eingebun- che entfernt.» che kein Velomuseum geben wird – den. Eine Gruppe von Schülerinnen auch wenn in den Niederlanden ein und Schüler aus Disentis half wäh- Drei Grundpfeiler rend der Feier und beim anschlies- «Die Arbeit an der Basis ist interes- solches in einer Kirche untergesenden Getränkeausschank mit. sant und spannend», zieht Tuor das bracht sei.» «Wie lässt sich der Raum in der Das Kerzenmeer und das gemeinsa- Fazit aus ihrer Arbeit der letzten Mome Singen hat die jungen Menschen nate. In der Projektarbeit sei es be- Regulakirche gestalten? Ist eine Kirpositiv berührt. Wichtig war jedoch, sonders reizvoll die Grenzen dessen che noch Kirche, wenn darin Kaffee und Tee ausgeschenkt werden? eine erklärende Einleitung zu bie- auszuloten, was machbar sei. «Der wichtigste Entscheid wur- Oder bleibt sie Kirche, wenn es daten», erzählt Tuor. Kirchlicher Unterricht könne de vom Vorstand gefällt, als be- rin Vorträge zu hören gibt?» Punktugut, bereichernd und spannend schlossen wurde, dass die Regula- elle Anlässe – Ausstellungen, Vorträsein, weiss sie aus Erfahrung. «Es ist kirche eine Kirche bleibt», erläutert ge oder einmal das Ausschenken Gerade im Bereich der interreligiösen Bildung sieht Tuor grosse Chancen. «Als reformierte Kirche haben wir die besondere Fähigkeit zu vermitteln, ohne gleich eine Position ablehnen zu müssen», weiss sie – nicht zuletzt aus ihrer langjährigen Erfahrung als Leiterin des Instituts für Theologie und Ethik ITE beim Schweizerisch Evangelischen Kirchenbund. «Ich bin überhaupt nicht dagegen, gemeinsam zu feiern, um jedoch feiern zu können, braucht es zuerst das gegenseitige Verstehen und voneinander Lernen. In diesem Punkt muss und kann noch viel Arbeit geleistet werden.» Für das Projekt Regulakirche möchte Tuor auch die Fähigkeiten und das Wissen ihrer Kolleginnen und Kollegen in der Kirchgemeinde Chur miteinbeziehen. «Das Projekt Regulakirche will die Kirche in einer modernen Zeit ins Gespräch bringen. Mit den Menschen, die hier leben und in die Gesellschaft hinein, in der wir leben.» Projekt regulakirche Mit der Ausstellung «Die Bibel in Bildern und Miniaturen» (im BT) startet heute das Projekt Regulakirche der Evangelischen Kirchgemeinde Chur. Aktuelle Anlässe in der Regulakirche werden jeweils im Amtsblatt publiziert. Heute Donnerstag, 14. November, 18.30 Uhr: Vernissage mit Ansprachen von Stadträtin Doris Caviezel-Hidber und Kirchgemeindepräsidentin Carmen Dasoli-Peter. Einführung in die Ausstellung durch die Kunsthistorikerin Claudia Hidber, anschliessend Apéro und Büchertisch. (scn) Pressespiegel Ein antrittsgeschenk für Gieri Derungs Evangelisch-reformierte Landeskirche Graubünden Vor zwei Jahren kämpften Gieri Derungs und Tom Leibundgut noch gemeinsam um einen Sitz im Stadtrat, nun durfte Derungs als sein Nachfolger im OK-Präsidium der Schlagerparade die Wertschöpfer-Trophäe in Empfang nehmen. 1890 wurde die Schanfiggerstrasse fertiggestellt. Allerdings biegemanöver habe er gemäss eigenen Angaben eizeichnete sich schnell ab, dass das nen Stadtbus übersehen, welcher von der Tivolibrüimmer grösser werdende VerkehrsBündner vom 14.11.2014, Seite 10.pdf ckeTagblatt her in Richtung Oberalpstrasse fuhr. In der Folaufkommen nach Arosa nicht allein ge kam es zu einer Streifkollision. Es entstand erdurch die Strasse bewältigt werden heblicher Sachschaden. (bt) kann. Nachdem ein erstes Projekt für eine Bahnlinie gescheitert war, beantragte der Churer Ingenieur Robert Wildberger 1903 eine Konzession für den Bau einer Bahnstrecke von Chur nach Arosa. Doch Wildber- Der ba jUgendarbeit Die Jugendarbeit Stadt Chur bieger sah sich mit Konkurrenz aus Der Ba tet vom 3. bis 21. Dezember ein öffentliches Kerzendem Unterland konfrontiert. So ziehen an. Der Erlös geht an das Sommerprojekt machte die Zürcher Firma «Müller, mit r 2015 der Jugendarbeit: eine zehntägige Segelreise Zeerleder, Gobat & Thomann» «viel z an Bord des Dreimast-Seglers «Ambiance» auf dem gleich drei Gegenvorschläge für ei- der B niederländischen Ijssel- und Wattenmeer. Die June Erschliessung des Schanfiggs. Frank gendlichen erarbeiten sich mit diversen Aktionen Darunter eine Strecke, die über Pas- vollko diese Segelreise, heisst es in einer Mitteilung. sugg und Tschiertschen nach Arosa misch Während des öffentlichen Kerzenziehens steht Vo führen sollte. 1909 schliesslich wurdas jugendliche Helferteam den Besuchenden mit de zugunsten des Churer Ingenieurs Streck Rat und Tat zur Seite und führt zudem eine Kaffeezeugt entschieden. stube. Zusätzlich im Angebot ist selbst hergestelltes und g Voranschlag «viel zu niedrig» Gebäck, welches im Rahmen der diesjährigen SoliChur Zu weiteren Diskussionen führte genw daritätsaktion «Vu Kids für Kids» verkauft wird. Der die Frage, wo der Bahnhof Arosa ge- nach Anlass findet wie jedes Jahr auf dem Areal des ehebaut werden soll. Der Untersee, der und 1 maligen Schulhauses Stadtbaumgarten im JugendSchwarzsee, das Schulhaus und die Stund haus statt. Die Öffnungszeiten sind jeweils am MittWestseite des Obersees wurden für Koste woch von 14 bis 20 Uhr, am Freitag von 16 bis 20 Uhr die Station vorgeschlagen. «Am ter, 7. sowie am Samstag und Sonntag von 14 bis 18. Uhr. günstigsten in jeder Beziehung Bahn Grössere Gruppen können das Angebot auch ausstellt sich eine Station in der westli- Stund serhalb der Öffnungszeiten nutzen. chen Mulde des Obersees, mit be- Fahrp Die Angebote der Jugendarbeit sind in der Regel quemer Zufahrt zur Hauptstrasse», dritte präventiv ausgerichtet und fördern die berufliche heisst es im Gutachten. Dieser und soziale Integration sowie die Partizipation. Das Standort entspräche, «soweit es bei Zwei Engagement der Jugendlichen am Kerzenziehen ist den schwierigen Terrainverhältnis- Deme Teil eines umfassenden Projektes zur Förderung sen möglich ist», den gestellten An- ten zu von Sozial- und Handlungskompetenzen sowie forderungen. serer Selbstständigkeit. (bt) Nicht einverstanden war der Au- tiges, Informationsabend zum Sommerprojekt: Mittwoch, tor der Studie mit dem Kostenvoran- Bahn 19. November, im «Jugi vu Khur», 18.30 Uhr, oder schlag von Wildberger. Dieser sei Schw unter: www.dsjugivukuhr.ch. Sachschaden» berichtet. (zvg) Öffentliches Kerzenziehen für Jugendprojekt Sonderjagd-Video «vum Ernscht vu Chur» Sonderjagdinitiative In Zusammenarbeit mit dem Komitee der Sonderjagdinitiative hat der Churer Ernst Senn alias «Ernscht vu Chur» einen Song zur Initiative geschrieben. Der Song wird nun passend zur diesjährigen Sonderjagd veröffentlicht. Auf eine festliche Plattentaufe werde aufgrund von unrühmlichen Vorkommnissen im Zusammenhang mit Jagdinitiativen verzichtet», heisst es in der Mitteilung. Der Song «Sonderjagd» und zwei Remix sind auf iTunes zu hören. (bt) www.youtube.com/results?search_query=sonderjagd Kurz gEmEldEt Antistresstraining am BGS Durch das MBSRAchtsamkeits-Training soll sich Stress, der aus Arbeit, Schule, Familie, Beziehungen oder Krankheit resultiert, besser bewältigt werden können. Genau dies ist das Ziel des neuen AntistressPressespiegel Trainings am Bildungszentrum Gesundheit und Evangelisch-reformierte Landeskirche Graubünden Soziales (BGS). Am Donnerstag, 27. November 2014 findet am BGS, an der Gürtelstrasse 42 in Chur, eine Informationsveranstaltung zum neuen fa K S i m i l E Das «beschaul Heute vor 100 Jahren, am 14. Novem der Wochenkolumne «Der grosse Kr 2 Bündner Tagblatt vom 14.11.2014, Seite 2.pdf klartext B ü n d n e r Ta g b l a tt Fre i t a g , 1 4 . Nove m b e r 2 0 1 4 g a s t k o m m e n t a r Andreas Thöny über die Vorschulbildung und Frühförderung nachhilfeunterricht – Fluch oder Segen? I Immer mehr Schülerinnen und Schüler der Volksschule beziehen regelmässig Nachhilfeunterricht. Mittlerweile ist es über ein Drittel. Das Angebot wird sowohl von sehr guten wie auch weniger guten Schülerinnen und Schüler besucht. So nachzulesen im Schweizer Bildungsbericht 2014. Woran kann das liegen? Ist die Schule nicht mehr imstande, die Schülerinnen und Schüler genügend gut auszubilden? Auf den ersten Blick scheint das naheliegend zu sein und würde allen Kritikern recht geben: Weg von der Kuschelpädagogik hin zur alten Drillschule. Doch so einfach ist die Sachlage dann doch wieder nicht. Da sind einmal die Eltern. Viele von ihnen werden getrieben, das Letzte aus ihren Kindern herauszupressen, damit sie einen anständigen Beruf erlernen können. Bei manchen geht es um die grundlegende Sorge, dass sich ihr Kind einmal eine sichere Lebens-Existenz aufbauen kann. Bei anderen geht es um Karriere, mit der genug Geld verdient werden kann, um sich auch die Vorzüge des Lebens leisten zu können. Da sind die privaten Bildungsinstitutionen, die Nachhilfestunden anbieten. Sie versprechen, die verpassten Dinge aufzuholen. Können sie das wirklich oder sind sie nur die Nutzniesser eines Marktes, in dem Eltern nach Unterstützung suchen und clevere Bildungsleute Geld verdienen? Eine Basler Studie von 2013 zeigt auf, dass der Nutzen regelmässiger Nachhilfe bescheiden ist. Da ist die Wirtschaft. Sie klagt immer wieder, dass in bestimmten Bereichen zu wenige Arbeitskräfte vorhanden seien. Derzeit wird von der Volksschule verlangt, mehr in die MINT-Fächer (Mathe, Informatik, Naturwissenschaften, Technik) zu investieren. Da sind die Schülerinnen und Schüler. Sie wachsen immer mehr vor Bildschirmen auf. Sie bewegen sich flink in virtuellen Welten, dafür verkümmert ihr Bezug zu Körper und Umwelt. Schlechte Voraussetzungen für eine erfolgreiche Schulzeit. Ungesunde Ernährung und deren Folgen tragen dazu bei, dass sie sich kaum konzentrieren können und störend im Unterricht herumwirbeln. «Der Nutzen regelmässiger Nachhilfe ist bescheiden» Was ist zu tun? Eine Erkenntnis aus dem Bildungsbericht ist, dass Kinder, die mit einem Rückstand eingeschult werden, diesen nicht mehr aufholen können. Also muss in die Aufklärungsarbeit von Eltern investiert werden, damit Kinder in einer vielfältigen und reizvollen Umgebung mit viel körperlicher Aktivität aufwachsen können. Und es muss in die Vorschulbildung sprich Frühförderung investiert werden, damit ein möglichst kleiner Rückstand beim Schuleintritt da ist. Das gilt besonders für zugezogene Anderssprachige. Alle später ergriffenen Massnahmen sind teuer und wenig Erfolg versprechend. Was kann die Schule tun? Im Kindergarten und den ersten Schuljahren sollen kleine Klassen geführt werden. Damit können allfällige Defizite möglichst rasch und nachhaltig behoben werden. Später können die Klassen auch grösser sein, weil der Nutzen von individuellen Fördermassnahmen mit zunehmendem Alter abnimmt. Bei der Problematik Nachhilfeunterricht treffen zwei grundlegend unterschiedliche Ansätze aufeinander: Orientiert man sich an der Nachfrage oder am Angebot. Dem einen liegt die Angst des Mangels, dem anderen die Freude der Fülle zugrunde. Das eine ist geld-, das andere menschorientiert. Bei der Nachfrage suchen Wirtschaft und Gesellschaft nach den besten Arbeitskräften. Diese Sichtweise ist diejenige der Selektion. Nur die Besten werden gebraucht und überleben. Der Sinn der beruflichen Tätigkeit liegt allein im Geld verdienen. Anders beim Angebot. Da setzt man auf die Fähigkeiten und Talente, die jeder Mensch besitzt. Sie zuerst zu entwickeln und dann Wirtschaft und Gesellschaft zur Verfügung zu stellen ist das erklärte Ziel. Diese Sichtweise ist diejenige der Integration. Alle finden ihren Platz. Der Sinn der beruflichen Tätigkeit liegt im erfüllten Leben. Ich wage zu behaupten, dass damit der Forderung nach den besten Arbeitskräften ebenso entsprochen werden kann. Ob es dann noch Nachhilfeunterricht braucht? ist Primarlehrer und Grossrat der SP. Er ist verheiratet, hat drei erwachsene Kinder und lebt in Landquart. andreaS thöny h i n t e r g r u n d Charlotte Walser über die Pauschalsteuer Steuerprivilegien für reiche von land zu land verschieden B Bei den Steuerprivilegien für reiche Ausländerinnen und Ausländer kann die Schweiz im internationalen Wettbewerb mithalten. Zu diesem Schluss kommt der Bundesrat in einem Bericht, den er gestern veröffentlicht hat – rund zwei Wochen vor der Abstimmung über die Abschaffung der Pauschalbesteuerung. Im Auftrag des Parlaments liess der Bundesrat verschiedene Aspekte des Schweizer Steuersystems mit den Systemen in anderen Ländern vergleichen. International herrsche ein starker Wettbewerb um die Ansiedlung von Vermö- genden und deren Investitionen. Einzelne Länder bieten Niederlassungsbewilligungen oder Staatsbürgerschaften an, wenn Ausländer beispielsweise Immobilien oder Staatsanleihen erwerben. In der Schweiz können Ausländerinnen und Ausländer, die keiner Erwerbstätigkeit nachgehen, nach den Lebenshaltungskosten statt nach Einkommen und Vermögen besteuert werden. Die Summe muss aber bei der direkten Bundessteuer mindestens dem Fünffachen der Wohnkosten entsprechen, ab 2016 dem Siebenfachen – sofern Volk und Stände am 30. November nicht die Abschaffung der Pauschalbesteuerung beschliessen. Das Fürstentum Liechtenstein kennt eine ähnliche Regelung: Ausländerinnen und Ausländer können eine Flat-rate-Beteuerung von 25 Pro- zent basierend auf ihren Ausgaben beantragen. Andere Länder dagegen – darunter Italien, Belgien, die Niederlande und Luxemburg – bieten keine Sonderregelung für Vermögende an. Österreich kennt zwar keine Pauschalbesteuerung für Vermögende, dafür aber eine Zuzugsbegünstigung: Wenn das öffentliche Interesse es rechtfertigt, hat das Finanzministerium die Möglichkeit, einer ausländischen Person unter bestimmten Voraussetzungen eine präferenzielle Besteuerung zu gewähren. Länder, die sich eher am angelsächsischen Rechtssystem orientieren, ziehen Wohlhabende an, indem sie alle Einkünfte ausländischer Quellen, die nicht ins Land überwiesen werden, von den Steuern befreien. Dazu gehören das Vereinigte Königreich, Irland «Hier können Ausländer, die nicht arbeiten, nach den Lebenshaltungskosten statt nach Einkommen und Vermögen besteuert werden» und Singapur. Im Vereinigten Königreich profitieren Personen mit ausländischem Domizil, die sich während Jahren regelmässig oder mehr als 183 Tage eines Steuerjahres im Land aufhalten, von einer Sonderbesteuerung. Falls der Status «resident-non-domiciled» bei sieben von zehn folgenden Steuerjahren deklariert wurde, bezahlen die Betroffenen eine Pauschalabgabe von 30 000 Pfund (45 550 Franken). Bei zwölf von vierzehn Steuerjahren sind es 50 000 Pfund. Viele der untersuchten Länder bieten auch Sonderregelungen für Expatriates, die von einem Unternehmen in ein Land entsandt werden. Dabei geht es vor allem um die Gewährung von pauschalisierten Abzügen für zusätzliche Ausgaben. l e s e r b r i e F e Zu den Gemeindewahlen in Landquart, zu den Abstimmungen in Chur und Zäunen in Domat/Ems Kompetent und fair Mit Sepp Föhn als Schulratspräsident durfte ich im Schulrat unsere Schule umstrukturieren. Die operative Führung unserer Schule wurde den Schulleitungen voll übertragen. Dies ermöglichte ihnen, das neue kantonale Schulgesetz gemeinsam mit den Lehrpersonen, professionell umzusetzten. Neu in den Gemeindevorstand gewählt, erlebte ich Sepp Föhn, wie er spontan die Geschicke unserer Gemeinde übernahm. Er verstand es, die Ressourcen der Gemeindeverwaltung und dem Gemeindevorstand zu nutzen und dabei die Verantwortung der Führung zu übernehmen. In beiden Gremien schätzte ich Sepp Föhn als kompetenten, zielorientierten und trotzdem menschlichen und fairen Kollegen. Darum, wählt mit mir Sepp Föhn. ▸ Cornelia Cabiallavetta, landquart Bitte fair bleiben Seit kurzem haben nun auch die Unterstützer von Sepp Föhn ihre Wahlplakate an den von der Gemeinde zur Verfgung gestellten Orten (Bahnhofplatz, Forum, Rathausplatz) platziert. Es erstaunt und lässt aufhorchen, dass die Wahlplakate von Agnes Brandenburger-Caderas an denselben Orten herunter gerissen wurden. Sachlichkeit, Toleranz und gegen- ne die eine zukunftsgerichtete Führung unserer Gemeinde nicht möglich ist. Die Anhängerschaft von Sepp Föhn tut ihm wahrlich keinen Gefallen, wenn sie mit derartigen Plakatzerstöraktionen den Stil ihrer geplanten Politik offenbart. Also bitte, liebe Plakat-Zerstörer: Bringt Euch doch auf konstruktive Art und Weise ein und bleibt fair! ▸ tobias brändli, landquart Wenn der Wind aus der falschen Richtung weht Zum Leserbrief «Für gesunde Stadtfinanzen» von Hans Martin Meuli im BT vom 12. November 2014. Hans Martin Meuli, Gemeinderatskollege und Fraktionschef der FDP Chur, zweifelt daran, dass es bei den Churer Stadtfinanzen noch Luft gibt. Ebenso kritisiert er unseren Entscheid zu Gunsten der Zweisprachigkeit auf Stufe Kindergarten, Primar- und Sekundarstufe I, anlässlich der Gemeinderatssitzung vom 24. Oktober 2013. Rein die Aufhebung des zweisprachigen Unterrichts hätte ein Sparpotential von zirka 70 000 Franken gehabt. Die Verteilung der Schulkinder auf andere Klassenzüge hätte weitere zirka 1,5 Millionen Franken Einsparungen gebracht, wobei Letzteres, so hielten wir damals fest, völlig unabhängig von der Zweisprachigkeit vollzogen werden könnte. Sowohl mein Fraktionskollege wievor zur Zweisprachigkeit. Betreffend der am 30. November zur Abstimmung kommenden Vorlagen, welche die Erhöhung der Kanalgebühren sowie die Erhöhung der Handänderungssteuer zum Ziel haben, wirft uns der Fraktionschef der FDP vor, dass wir der Ausarbeitung einer Botschaft zugestimmt haben. Wenn der Stadtrat damit beauftragt wird eine Botschaft auszuarbeiten, dient diese Botschaft der Entscheidungsfindung und muss nicht unwidersprochen abgenickt werden. Vergleichbar ist dieser Vorgang mit einer Offertanfrage. Die Botschaft betreffend Kanalgebühr enthielt keine Kompensation gegenüber der Nichtverursacher und die aktuelle Handänderungssteuer kann auf 1,5 Prozent belassen bleiben. Aus diesen Gründen werden unsere Mitglieder und Sympathisanten beide Abstimmungsvorlagen mit Nein beantworten. ▸ beath nay, gemeinderat svp Chur Nein zur Abschaffung der Zusatzleistungen für die ärmsten Rentnerinnen und Rentner abgeschafft werden. Das wäre eine Schande. Zum Glück können die Churerinnen und Churer diesen Akt der sozialen Kälte noch stoppen. Chur ist doch eine solidarische Stadt, die allen Rentnerinnen und Rentnern ein Alter in Würde ermöglicht. Wir sind doch nicht eine Gemeinschaft, die den Reichsten gibt, um dann den Ärmsten wegzunehmen. Stimmen Sie Nein zur Aufhebung der städtischen Zusatzleistungen! ▸ Jon pult, grossrat und alt gemeinderat, Chur Fallende Mauern und neue Sperrzäune Deutschland erinnert diesen Herbst an den Fall der Mauer in Berlin und die Beseitigung der Grenzzäune zwischen DDR und BRD vor 25 Jahren. Umgekehrt in Domat/Ems an der Kreuzung Via Caguils/ Via Calundis. Seit ziemlich genau 25 Jahren stehen da zwei Mehrfamilienhäuser ohne Grenzabsperrung. Bis der Mehrheitsbesitzer des Mehrfamilienhauses Calundis jetzt im Herbst 2014 ungefragt (zwar legal, aber ohne Berücksichtigung der Mitbewohner) einen Grenzzaun aufstellen liess. Bleibt nur abzuwarten, bis der Stacheldraht auf den Zaun montiert wird. Damit die Kinder nicht rübersteigen. In der DDR hiess das Republikflucht. Pressespiegel Evangelisch-reformierte Landeskirche Graubünden Einer der wichtigsten Gründe für das Ungleichgewicht der Churer Stadtfinanzen ist eine massive kantonale Gewinnsteuersenkung, die den grössten Churer Unternehmungen und ihren Aktionären jährlich einige Zusatzmillionen eingebracht hat. Um diese Einnahmeausfälle zu kompensieren, sollen nun unter ande- ▸ Flavio huonder, anwohner, impressum Herausgeberin: Somedia (Südostschweiz Presse und Print AG). Verleger: Hanspeter Lebrument CEO: Andrea Masüger. Redaktionsleitung: Larissa M. Bieler (Chefredaktorin, lmb), Norbert Waser (Stv. Chefredaktor, nw). Redaktionsadressen: Bündner Tagblatt, Comercialstrasse 22, 7007 Chur, Telefon 081 255 50 50, Fax 081 255 51 23, E-Mail: redaktion@ buendnertagblatt.ch. Verlag: Somedia, Kasernenstrasse 1, 7007 Chur, Tel. 081 255 50 50, Fax 081 255 51 55, E-Mail: verlag@ somedia.ch. Abo- und Zustellservice: Tel. 0844 226 226, Fax 081 255 51 10, E-Mail: [email protected]. Inserate: Somedia Promotion, Comercialstrasse 20, 7007 Chur, Telefon 081 255 58 58, Fax 081 255 58 59, E-Mail: [email protected]. Reichweite: 167 000 Leser (MACHBasic 2014-2) . Abopreise unter: www.buendnertagblatt.ch/aboservice Die irgendwie geartete Verwertung von in diesem Titel abgedruckten Inseraten oder Teilen davon, insbesondere durch Einspeisung in einen Online-Dienst, durch dazu nicht autorisierte Dritte, ist untersagt. Jeder Verstoss wird von der Werbegesellschaft nach Rückspra- 10 Bündner Tagblatt vom 8.11.2014, Seite 10.pdf B ü n d n e r Ta g b l a tt reformationsjubiläum mit 13 nationalen Projekten kircHen Die Abgeordneten des Schweizerischen Evangelischen Kirchenbundes (Sek) haben während ihrer Herbst-Versammlung in Bern 13 Projekte des Kirchenbundes beschlossen. Die Projekte werden anlässlich des Reformationsjubiläums zwischen 2014 und 2018 durchgeführt. Gemäss Mitteilung wurde dafür ein ausserordentlichen Beitrag von 400 000 Franken gesprochen. Zu den Projekten gehört eine nationale Tagung zur Diskussion des reformatorischen Erbes. Weitere Projekte umfassen ein Jugendfestival, ein Treffen von Synodalen aus ganz Europa, die Beteiligung an der Weltausstellung Reformation der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) sowie die Beteiligung am Projekt Reformationsstädte Europas. (bt) kurz gemeldet St. Moritz budgetiert Minus Der Gemeinderat von St. Moritz hat an seiner Sitzung vom vergangenen Donnerstag das Gemeindebudget 2015 zuhanden der Gemeindeversammlung verabschiedet. Dieses sieht einen Defizit von 6,5 Millionen Franken vor, was zwei Millionen Franken tiefer ist als budgetiert. InSERAT Das leicht alkoholhaltige Apérogetränk, mild und spritzig im Geschmack, einzigartig sein Aroma nach Äpfeln und Holunderblüten. swiss cider graub IntervIew «In der unzufr Der heutige BT-Kommentator Hansm Schweizer Fernsehens. Im In Bündner TagBlaTT: Hansmartin Schmid, wie kam es dazu, dass Sie am 9. November 1989 Deutschland-Korrespondent von SF DRS waren? hanSMarTin SchMid: Als ich 1980 als Auslandredaktor zur «Tagesschau wechselte, hatte ich bereits drei Jahre als Bonner Korrespondent für verschiedene Schweizer Tageszeitungen» hinter mir. Als dann meine Reportage-Tätigkeit für die «Tagesschau» begann, war es nur natürlich, dass ich auch immer wieder nach Deutschland pendelte. Das Schweizer Fernsehen hatte ja damals im Gegensatz zum Radio noch keine ständigen Auslandkorrespondenten. Wie es der Zufall wollte, zogen Sie aber im März 1989 Bonn ... Das war ein glücklicher Zufall. Weil ich im Laufe der Jahre mehr und mehr nach Deutschland gereist bin, so hat dann der damalige FernsehChefredaktor Erich Gysling anfangs 1989 entschieden, ich solle doch fest nach Bonn ziehen. Er konnte mir allerdings nur einen halben Vertrag mit garantierten Zusatztagen anbieten und – «weil in Deutschland so wenig lief» – auch aus Brüssel, kaum mehr als drei Bahnstunden von Bonn entfernt, über EU und nato berichten. Dann zog die grosse Wende herauf. Es begann eine sehr strenge, aber auch erregende Zeit. Keiner kann wohl jetzt behaupten, er habe all dies kommen sehen. Allerdings hat der unbeugsame Helmut Kohl nach dem Gorbatschow-Besuch in Bonn uns in Hintergrundgesprächen immer wieder gesagt: «Mit den Kameraden da drüben gehts zu Ende, die haben kein Geld mehr, und die Russen können ihnen auch keines geben.» Pressespiegel Wie haben Sie dann diesen Evangelisch-reformierte Landeskirche Graubünden A p f e l s ä f t e 9. November 1989 erlebt? Ich war nicht in Berlin oder in der DDR, sondern auf meinem Posten in Hansmar Deutschla berliner ther Sch den itali die eben stellt hat freiheit g « Wie auch Bed Erei spät » wortete: ab sofort den – wi den Stell S a m s t a g , 8. Nove m b e r 2 0 1 4 grauBÜnDen Bündner Tagblatt vom 8.11.2014, Seite 5.pdf effort zum lüften des tabuschleiers Zum Internationalen Tag der Kinderrechte vom 20. November rufen drei Bündner Fachstellen für Suchtprobleme zu mehr Mut zum Handeln auf. Die «vergessenen Kinder» sollen in der Öffentlichkeit besser wahrgenommen werden. D Wollen die Öffentlichkeit und Fachleute sensibilisieren: Margrith Meier, Manuela Perrinjaquet und Lisa Janisch (v.l.) machen auf die von ihnen geplante Veranstaltung zum tag der Kinderrechte aufmerksam. (foTo Yanik BÜrkli) aufwachsen. Etwa neun Kinder seien letztes Jahr auf der Beratungsstelle betreut worden. Begleitend werde die abhängige Person oder Angehörige in ihren Kompetenzen gestärkt und über die Auswirkungen der Abhängigkeit auf das Leben der Kinder informiert. «Es wird auch informiert, dass je nach Situation Massnahmen zum Schutz des Kindes ergriffen werden müssen», sagt Manuela Perrinjaquet. Der Fokus liegt auf den Kindern Inzwischen sei die Gruppe auch für Kinder opiatabhängiger Eltern geöffnet worden. Spezifische Fragen würden mit Margrith Meier besprochen. Sechs Schwangerschaften und Geburten von opiathängigen Müttern habe sie in den Jahren 2012 und 2013 begleitet, wobei nicht alle Frauen in einem Programm des Am- bulatoriums gestanden hätten. «Ei- wenden, wenn sie schon erwachsen nige meldeten sich aufgrund ihrer sind. «Unterstützung wäre jedoch Sucht und Schwangerschaft ambu- schon viel früher angezeigt.» lant bei uns.» Nach der Geburt müssten die Babys von drogenabhängigen Müttern als erstes einen Lesung mit Michelle Halbheer Entzug durchmachen. «Danach Am Internationalen tag der stellt sich die Frage, wie es weiter- Kinderrechte vom Donnerstag, geht», so Margrith Meier. Für sie gel- 20. November, liest Michelle te es, abzuklären, ob die Mutter in Halbheer aus ihrem Buch der Lage ist, für ihr Kind zu sorgen, «Platzspitzbaby». Die 29-Jährige oder ob zum Wohl des Kindes Mass- schildert in eindrücklichen Worten, nahmen zur Unterstützung von wie sie die Kindheit als tochter Mutter und Kind in die Wege gelei- einer drogenabhängigen Mutter tet werden müssen. Die Kinder sol- erlebt hat. Der Anlass findet im len ebensowenig zu «vergessenen Hotel «Drei Könige» in Chur statt. Kindern» werden wie diejenigen Er wird um 18.30 Uhr mit einem von Eltern, die HIV positiv sind oder musikalischen Einstieg eröffnet. an Aids erkranken. «Krankheiten, Die Lesung steht um 19 Uhr auf über die man nicht spricht», räumt dem Programm. Ab 19.45 Uhr Janisch ein. Die betroffenen Jugend- findet ein moderiertes Gespräch lichen würden sich auch darum mit Melanie Salis, Programmmeist erst an die Beratungsstelle leiterin Radio Grischa, statt. (BT) Die Schweiz steht vor einem schwierigen Weg Heinz Karrer, Präsident von Economiesuisse, hat an einer Veranstaltung des Wirtschaftsmagazins «Puls» über die wirtschaftliche Zukunft des Erfolgsmodells Schweiz referiert. Auch Graubünden spiele dabei eine wichtige Rolle. Regelmässig wird die Schweiz in internationalen Vergleichen als eines der wettbewerbsfähigsten und innovativsten Länder bezeichnet. Dies sei das Ergebnis von guten wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Die Za Oktob Arbe ▸ SILVIA KESSLER Das Blaue Kreuz Graubünden, das Ambulatorium Neumühle der Psychiatrischen Dienste Graubünden (PDGR) und die Aids-Hilfe Graubünden haben ein gemeinsames Thema: Kinder von Eltern mit Suchterkrankungen oder anderen chronischen Krankheiten, insbesondere HIV und Aids, gehen häufig vergessen. Ihre Bedürfnisse stehen im Schatten der elterlichen Suchtkrankheiten. Die Kinder übernehmen oft viel Verantwortung in der Familie, schonen die Eltern und entwickeln Co-Abhängigkeiten. «Verschiedene Schutzund Risikofaktoren haben einen Einfluss darauf, ob die Kinder an der Situation wachsen oder zerbrechen», erklärt Lisa Janisch, Leiterin der Geschäftsstelle der Aids-Hilfe Graubünden. Sowohl sie als auch Margrith Meier, Leiterin der opiatgestützten Behandlung im Ambulatorium Neumühle in Chur, und Manuela Perrinjaquet, Leiterin der Alkohol-Beratungsstelle Blaues Kreuz Graubünden, erleben oft, dass Kinder aus suchtbelasteten Familien in der Lehrzeit straucheln, «weil sie zu wenig Boden für eigene Bedürfnisse haben», so Lisa Janisch weiter. Die Hemmschwelle bei Fachpersonen, etwas zu tun, sei nach wie vor sehr gross. «Die Nöte der Kinder werden zu wenig wahrgenommen und in Unterstützungsangeboten oft nicht mitberücksichtigt.» Die drei Fachfrauen indes haben in ihrem beruflichen Alltag längst ein Sensorium für den Nachwuchs ihrer Klientinnen und Klienten entwickelt. So besteht beim Blauen Kreuz Graubünden seit 2013 ein festes Angebot für Kinder und Jugendliche, die mit alkoholkranken Eltern De ar ge nach, ob der eingeschlagene Weg ten zu dieser allgemeinen VerunsiPressespiegel der Schweiz auch in Zukunft erfolg- cherung geführt. «Kirche, Armee, PoEvangelisch-reformierte Landeskirche Graubünden reich sein wird. Denn das Land litik und Wirtschaft haben als Institustehe vor grossen wirtschaftlichen tionen an Vertrauen eingebüsst und und politischen Herausforderun- geniessen nicht mehr denselben gen. «Obwohl es der Schweiz wirt- Stellenwert in der Gesellschaft wie spielen wird – trotz der sehr unterschiedlichen Wirtschaftsleistungen der Kantone. «Graubünden ist eine sehr wichtige tourismusregion. In Bezug auf die wirtschaftliche Leistung sowie auf die Ausstrahlung zer Ka den im dert. D Ausna Ende d Di im Ve auf 19 sich da Prozen Somm führen Gewer lung v 970 Fr losenz Betrof hande Zu 1498 n Insges de, 730 Zu de ren Pe tigung verdie Ge sen vo losenq zweite ber we walde tone a Scu erfo Scuo Scuol Schwe Dies g berich onsko Spitze das W und E zum g nalpar im Ber Im sident gelade meind in der Rauch tees g übersc her au dem S vorgeh kur Wage Morge Südostschweiz vom 10.11.2014, Seite 17.pdf wissenschaft & technik SERVICE Schadstoffe im Alpengletscher Wenn Gletscher auftauen, gelangen im Eis eingelagerte Schadstoffe wieder in die Umwelt. Schweizer Forscher haben nun erstmals gemessen, in welcher Konzentration industrielle Schadstoffe in einem Alpengletscher vorkommen. Wie stark auftauende Gletscher die nähere Umwelt belasten, ist jedoch noch unklar. Die Forscher haben eine gute und eine schlechte Nachricht: Dank des mittlerweile gültigen Verbots von polychlorierten Biphenylen (PCB) sind deren Konzentrationen in der Atmosphäre zurückgegangen. Doch durch das voranschreitende Schmelzen der Gletscher droht diese Altlast wieder in die Umwelt zu gelangen, teilt das Forschungsteam mit. (sda) Die SüDoStSchweiz | monTAG, 10. noVEmBEr 2014 17 Das älteste Krematorium im deutschsprachigen Raum Eine Alternative zu Antibiotika? Ein internationales Forscherteam hat eine Substanz entwickelt, um bakterielle Infektionen ohne Einsatz von Antibiotika zu behandeln. Die Forscher hoffen, dass damit künftig Antibiotika-Resistenzen vermieden werden können. Das Forscherteam verweist auf die Weltgesundheitsorganisation, die vor dem Vormarsch solcher Resistenzen warne. Ist eine Person gegen Antibiotika resistent, können auch simple Infektionen wie Lungenentzündungen tödlich enden. Die Forscher unter der Leitung von Eduard Babiychuk und Annette Draeger vom Institut für Anatomie der Uni Bern haben nach eigenen Angaben mit Liposomen eine Art Schutzschild entwickelt. Dieser fängt die von den Bakterien ausgestossenen Giftstoffe ein. (sda) 350 000 Franken für die Kriminologie Seit Anfang 2014 gibt es an der Universität Neuenburg das Zentrum für Kriminologieforschung. Nun hat der Schweizerische Nationalfonds (SNF) 350 000 Franken für die ersten beiden Forschungsprojekte am Zentrum gesprochen. Das eine Projekt vergleicht die Strafen, die Richter ausgesprochen haben, mit den Sanktionen, die sich die Öffentlichkeit wünschen würde. Das zweite untersucht, wie sich die 2007 eingeführte, gesamtschweizerische Strafprozessordnung auf die Arbeit der Justiz auswirkt, wie die Uni Neuenburg in einer Mitteilung schreibt. (sda) E-Zigaretten gut für den Rauchstopp? Der Gebrauch von E-Zigaretten erschwert möglicherweise das Loskommen vom Glimmstängel. Darauf weist ein deutscher Professor hin. Eine aktuelle Studie aus den USA habe gezeigt, dass E-Zigaretten von ungewissem Nutzen für einen Rauchstopp sind. Wer sie verwendet, erhalte das gewohnte Rauchritual aufrecht, denn sie sind in der Optik und in der Handhabung herkömmlichen Zigaretten sehr ähnlich. (sda) E-Zigaretten Die Antike als Vorbild: Das neoklassizistische Krematorium in Gotha mit tempelartigen Bauten und Säulenhalle soll daran erinnern, dass Leichenverbrennungen in Bilder Ulli Traub der Antike keine Ausnahme waren. «Ich will beerdigt werden, wie ichs gewohnt bin!» Mit diesem Ausruf liess sich ein Gothaer Stadtverordneter vernehmen, der sich vor etwas mehr als 136 Jahren gegen den Bau eines Krematoriums wandte. Von Ulli Traub Man schreibt das Jahr 1878 und die Gegner der Feuerbestattung mussten ihre erste Niederlage hinnehmen. Dem liberalen Chef des Hauses Sachsen-Coburg und Gotha sei Dank. «Unser Herzog Ernst war sehr aufgeschlossen», erklärt Ronald Häring, der Geschäftsführer der Bestattung Gotha GmbH, der Betreiberin des ältesten Krematoriums im deutschsprachigen Raum. «Er hatte ein offenes Ohr für die Ziele des Feuerbestattungsvereins.» Kein Wunder, schliesslich sammelte der 1874 gegründete und schnell wachsende Verein auch das Geld für den Bau des Krematoriums, des ersten im deutschsprachigen Raum. Nur in Chicago soll sich zu dieser Zeit ein älteres befunden haben. «Seit den Fünfzigerjahren des 19. Jahrhunderts gewann die Idee der Feuerbestattung immer mehr an Zustimmung», blickt Häring zurück. Die Bevölkerung der Städte wuchs und damit auch die Zahl der Toten. «In Gotha wäre in jener Zeit die Anlage eines neuen Friedhofs nötig gewesen.» Prominente Unterstützung bekam die Bewegung durch Jakob Ludwig Grimm, den älteren der Gebrüder, der Vorlesungen über die Leichenverbrennung hielt, und den Arzt Rudolf Virchow, der Feuer als das am besten geeignete Desinfektionsmittel bezeichnete. te. «Die Kommunen entdeckten die Feuerbestattung als eine neue Einnahmequelle», erzählt Häring, allerdings zunächst nur sehr zögerlich. Auch Bertha von Suttner, die österreichische Schriftstellerin, Pazifistin und Trägerin des Friedensnobelpreises, den sie 1905 als erste Frau erhielt, unterstützte die Feuerbestattung. 1907, sieben Jahre vor ihrem Tod, hatte sie im Testament festgelegt, dass ihr Leichnam nach Gotha zur Feuerbestattung überführt werde und die Ascheurne dort zu verbleiben habe. «Das löste einen regelrechten Boom aus, denn viele österreichische Offiziere liessen sich daraufhin hier einäschern», so der Gothaer Bestattungsexperte weiter. Bevor das Krematorium aber gebaut werden konnte, musste nicht nur der engagierte Feuerbestattungsverein das nötige Geld zusammenbrin- gen und der Stadtrat zustimmen.Auch nicht unerhebliche technische Hürden galt es zu meistern. Eine Verbrennung im offenen Feuer sollte es aus Pietätsgründen nicht geben.Auch sollte der Vorgang schnell beendet und sicher sein, dieVerbrennung vollständig und für die Nachbarschaft ohne Belästigungen durchgeführt werden können. Diese Richtlinien waren auf einem internationalen Feuerbestattungskongress 1876 festgelegt worden. Architektur mit Hintergrund Nachdem sich ein Ofen, den die Firma Friedrich Siemens aus Dresden 1867 auf der Weltausstellung in Paris prä- Immer mehr Städte taten es Gotha gleich Zögerliche Zustimmung «Der Markt war da, wie man heute sagen würde», formuliert der Geschäftsführer. Das Edikt von Paderborn, in dem Karl der Grosse im Jahr 785 die Verbrennung untersagt hatte, geriet ins Wanken. Die katholische Kirche erlaubte jedoch erst 1963 diese Art der Bestattung, während die evangelische die Einäscherung bereits in den 1920er-Jahren akzeptiert hat- sentiert hatte, zur Leichenverbrennung eignete, nahmen die Dinge auf dem Hauptfriedhof der thüringischen Residenzstadt ihren Lauf. Der Entwurf von Stadtbaurat Julius Bertuch konnte realisiert werden. Der 50 Meter lange, neoklassizistische Gebäudekomplex mit seiner Säulenhalle, die von zwei tempelähnlichen Bauten eingefasst wird, steht heute unter Denkmalschutz. Mit seinen architektonischen Details erinnert der Bau daran, dass Leichenverbrennungen in der Antike keine Ausnahme waren. 1892 musste bereits eine Rotunde mit glasüberdachtem Innenhof zur Aufnahme der vielen Urnen angebaut werden. «Am 10. Dezember 1878 konnte die erste Einäscherung stattfinden – und zwar von einem bereits Beerdigten», erzählt Häring. Dieser einmalige Vorgang geht auf die Tatsache zurück, dass der Gothaer Feuerbestattungsfreund Carl-Heinrich Stier bereits 1877 gestorben war. Für diesen Fall hatte er jedoch testamentarisch vorgesorgt und verfügt, dass er nur provisorisch beerdigt werden dürfe. Folglich musste der Ingenieur, der die Errichtung des Krematoriums entscheidend vorangetrieben hatte, zunächst in einen Metallsarg sozusagen unterirdisch geparkt werden. Ausbau: Blick in die nicht öffentlich zugängliche Urnenrotunde, die schon 1892 angebaut werden musste. Auch wenn die Zustimmung zur Feuerbestattung in der Bevölkerung stetig wuchs, so blieben die Kirchen doch noch lange bei ihrem Widerstand. Diese Haltung wirkte sich auf die Behörden und ihre eher restriktiven Entscheidungen aus. Erst 13 Jahre nach dem Gothaer Krematorium eröffnete in Heidelberg die zweite Anlage. Ein Jahr später folgte Hamburg. In der Schweiz zog sich die Eröffnung des ersten Krematoriums nicht so lange hin. 1889 wurde auf dem Friedhof Sihlfeld in Zürich das erste Krematorium der Schweiz in Betrieb genommen. Den Stadtvätern war es aber wichtig, besondere bauliche Ausschmückungen anzubringen, um den Toten den gebührenden Respekt zu erweisen. Pressespiegel Evangelisch-reformierte Landeskirche Graubünden gel an Rettungssanitäterinnen und Chur. – Grundsätzlich sei die perso- Rettungssanitätern». nelle Situation bei den Rettungsdiensten, ebenso wie in den anderen Berei- Situation entspannt sich nicht chen des Gesundheitswesens, angeNach Meinung der Regierung Südostschweiz vom 10.11.2014, Seite 6.pdf spielen spannt. Die Spitäler müssten den bei der Suche nach RettungsfachleuArbeitsmarkt stark bearbeiten, um ten die Grösse des Rettungsdienstes personelle Situation in nächst nicht entspannen wird», wie si rer Stellungnahme festhält. Vorgaben an die Spitäler gema Wie die Regierung weiter sc sind Spitäler und Pflegeheime Bröckeln die Menschenrechte? Am Churer Wissenschaftscafé ist kontrovers über die Menschenrechte in der Schweiz debattiert worden. Ernüchterndes Fazit: Humanethische Grundsätze scheinen auch hierzulande nicht unantastbar zu sein. (Parteisekretärin SVP Graubünden), sie verstehe das Problem nicht, schreibe doch schon die Schweizerische Bundesverfassung vor, die Menschen- Von Hanspeter Hänni Chur. – Symptomatisch für die angeregte Diskussion imWissenschaftscafé vergangenen Donnerstagabend im Café «Merz» hat Moderator Norbert Bischofberger (Theologe, Redaktor und Moderator SRF-Sternstunden) abschliessend festgestellt: «Die Frage, wie es um die Menschenrechte in der Schweiz steht, bleibt bis am Schluss strittig». Da nützte auch der Appell des ehemaligen Bundesrichters Giusep Nay aus dem Publikum wenig, Menschenrechte seien unantastbar und liessen sich nicht einfach nach Belieben anwenden. rechte zu achten. Und ergänzte, die Schweiz dürfe sich nicht vom Ausland sagen lassen, was richtig sei und was nicht. Nachdem die Schweiz eben erst vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte unrühmlich gerügt worden ist (Ausgabe vom 5. November), war die Thematik des Wissenschaftscafés hochaktuell. Neben der Migration orteten die Fachleute insbesondere auch in folgenden Bereichen Handlungsbedarf: Diskriminierung von Minderheiten, Religionsfreiheit, Ausbeutung durch Prostitution und durch unmenschliche Arbeitsbedingungen. Für alle gleich verbindlich … Während Stella Jegher (Mitglied Geschäftsleitung Amnesty International Schweiz), Peter Kirchschläger (CoLeiter Internationales Menschenrechtsforum Luzern) und Susanne Seytter (Geschäftsführerin Fachstelle für Frauenhandel Zürich) darlegGiusep Nay ten, alle Menschen hätten voraussetzungslos Anspruch darauf, dass ihnen alle Menschenrechte zustehen, sagte Valerie Favre Accola … oder eben doch nicht? Die Meinungen waren und blieben kontrovers. So wurde einerseits etwa moniert, nationale Abstimmungen würden zu Meinungsumfragen verkommen, die man nicht umsetze. Andererseits wurde postuliert, die Schweiz dürfe nicht über menschenund völkerrechtswidrige Vorlagen entscheiden, die gar nicht umgesetzt werden könnten. Einigkeit schien indes darüber vorzuliegen, dass die Menschenrechte wegen unterschiedlicher Wertvorstellungen und Gesellschaftsformen nicht von allen Menschen gleich interpretiert werden. Entsprechend wird immer wieder über die weltweit umfassende Geltung der Menschenrechte diskutiert. So auch am Churer Wissenschaftscafé. Wissenschaftscafé Pressespiegel Evangelisch-reformierte Landeskirche Graubünden © UBS 2014. Alle Rechte vorbehalten. Region Südostschweiz vom 11.11.2014, Seite 3.pdf Aussprache zwischen Bischof und Allianz Vertreter der Allianz «Es reicht!» und Bischof Vitus Huonder haben sich gestern in Chur zu einer Aussprache getroffen. Trotz eines offenbar klärenden Gesprächs trennen die beiden Parteien nach wie vor inhaltliche Differenzen. Chur. – Die Bistumsleitung liess nach dem Treffen verlauten, es habe sich um ein klärendes Gespräch gehandelt. Das Präsidium der Schweizer Bischofskonferenz und der Churer Bischof, Vitus Huonder, begrüssten die Weiterführung eines gemeinsamen Dialoges. Weiter hiess es, der Bischof von Chur hoffe, der Dialogprozess mache deutlich, dass es um das Ablehnen bestimmter Glaubensinhalte seitens der Initianten gehe, um Reformen wie das Frauenpriestertum, um verheiratete Priester oder um die katholische Sexualmoral. Diese Reformwünsche kann nach Angaben des Churer Bischofs «kein Bischof der Schweiz erfüllen». «Aufhören rücktritt zu fordern» Im bischöflichen Communiqué nicht erwähnt wird die Rücktrittsforderung der Allianz «Es reicht!», der unter der Federführung des Katholischen Frauenbundes über ein Dutzend Verbände angehören. Gefordert wird eine neue Leitung des Bistums Chur respektive die Einsetzung eines Administrators. 3000 Personen hatten im Februar in St. Gallen auf der Strasse für die Anliegen der Allianz protestiert. Huonder griff die Rücktrittsforderung als ersten Punkt am Gespräch auf, wie aus den von der Bischofsleitung veröffentlichten Unterlagen hervorgeht. Der Bischof soll erklärt haben, er hoffe, dass die Allianz aufhöre, «im Namen einer glaubwürdigen, toleranten Kirche Mitglieder der Bistumsleitung öffentlich zu diskreditieren oder deren Entfernung zu fordern – sei es die Entfernung meiner eigenen Personen oder von Mitarbeitenden, (...).» (sda) Gallwespe schon bald Die Kastanienernte ist immer noch im Gang. Doch die Freude über die neue Saison ist getrübt. Eine zerstörerische Gallwespe und Pilzkrankheiten vermiesen den Bündner Anbauern und Importeuren das Marroni-Geschäft. Von Milena Caderas Chur. – «Schon im August waren die Kastanienbäume gelb-braun. Die Ernte ist miserabel», sagt Andrea Giovanoli, Revierförster im Bergell. Für die schlechte Ernte gibt es zwei Gründe. Zu schaffen macht den Südbündner Kastanien nicht nur die Gallwespe. Zu kämpfen hatten die Kastanienbauern vor allem mit Pilzbefällen. «In diesem regnerischen Sommer haben sich die Pilze extrem gut entfalten können», begründet Giovanoli. ein Parasit aus China Die Gallwespe trägt ihren Namen, weil sie an den Ästen der Kastanienbäume sogenannte Gallen, sprich Wucherungen, verursacht. Zwar werden die Kastanien selber nicht befallen, die Produktivität der betroffenen Bäume aber ist stark beeinträchtigt. Dass Italien die heimtückische Gallwespe mit ihrem natürlichen Feind, der ebenfalls aus Asien stammenden Wespe «torymus sinensis», bekämpft, beginnt sich auszuzahlen. Der Feind der Gallwespe ist mittlerweile in die Schweiz eingewandert. Förster Giovanoli rechnet damit, dass in gut drei Jahren das natürliche Gleichgewicht wieder hergestellt ist. schlechte entwicklung Schon in den vergangenen Jahren ist die Ernte wenig erfreulich ausgefallen. Gemäss den Statistiken der Zollverwaltung essen Schweizerinnen und Schweizer jährlich rund 2000 Tonnen Kastanien. «Der Absatz ist in den letzten drei bis vier Jahren bis zu Rothenbrunnen. –Auf der Autostrasse 40 Prozent zurückgegangen», sagt Pressespiegel A13 hat sich gestern ein Selbstunfall Elio Paganini vom Früchte- und GeEvangelisch-reformierte Landeskirche Graubünden ereignet.Verletzt wurde niemand. Gemäss einer Mitteilung der Kantonspolizei Graubünden war ein von Chur Beschädigte Autos nach Sekundenschlaf lange Chu Generatio Finden Sie Ausdrücke wie «Schwarzer Peter» oder «Mohrenkopf» rassistisch? Stimmen Sie heute bis 18 Uhr ab im Internet unter: www.suedostschweiz.ch/umfragen Tel. 0848 299 29 Südostschweiz vom 12.11.2014, Seite 2.pdf Le s e rbrie fe Persönliche Interessen vor Parteiinteressen Zum Artikel «Die verschmähte Braut CVP ist nicht beleidigt» in der Ausgabe vom 5. November. Der CVP-Parteipräsident will mit den BDP-Parteistrategen irgendwelche Listenverbindungen eingehen. Das ärgert viele CVP-Mitglieder, was verständlich ist. Offensichtlich ist dem Bündner CVP-Parteipräsident seine persönliche Wiederwahl nach Bern wichtiger als die Parteiinteressen. Peter Gambon, Davos Darum wachsen die Freikirchen Zum Artikel «Spektakulärer Aufstieg der Freikirchen» in der Ausgabe vom 9. November. In der «Schweiz am Sonntag» wurde meines Erachtens nicht über den wirklichen Grund berichtet, warum Freikirchen wachsen. Die Bibel zeigte mir in Johannes 3,16, dass ich Jesus Christus als meinen Erlöser und Herrn annehmen muss, um vom Verderben gerettet zu werden. Nach meiner Entscheidung für ein Leben mit Jesus Christus erkannte ich durch Hebräer 10,25, dass es Gottes Wille ist, dass Christen untereinander Gemeinschaft haben. So schloss ich mich einer Evangelischen Freikirche an, die sich allein auf die Aussagen der Bibel beruft, keine Sonderlehren vertritt, und die Mitglieder bezeugen können, dass sie durch Jesus Christus Vergebung der Sünden haben, und durch seine Kraft ein Leben zur Ehre Gottes führen wollen. Viele Menschen haben auf der Suche nach Gott ähnliche Erfahrung gemacht wie ich, darum wachsen die Freikirchen. Bernhard Dura, Chur Wenn der Wind die Politik vorgibt Zum Artikel «Mehr zahlen und weniger ausgeben» in der Ausgabe vom 11. November. Beath Nay, Präsident SVP Stadt Chur, Gemeinderat, Fraktionschef und GPK Mitglied, sagt im «Bündner Tagblatt», dass vor neuen Mehreinnahmen sparen angesagt sei, und dass es dafür noch genügend Luft gebe, ausserdem verkündet sein Fraktionskollege Mario Cortesi in der «Südostschweiz», dass er sich mit allen Mitteln gegen die Kanalgebühr wehre. Vor einem Jahr, anlässlich der Gemeinderatssitzung vom 24. Oktober 2013, tönte es in der SVP-Fraktion noch ganz anders. Mit der Unterstützung von SVP und SP wurden vom Stadtrat vorgeschlagene Sparmassnahmen in der Höhe von rund zwei Millionen Franken abgelehnt. Zusätz- Le s e rbiLd Pressespiegel Evangelisch-reformierte Landeskirche Graubünden lich hat die SVP-Fraktion wie a SP-Fraktion den Stadtrat beau eine Botschaft für die Kanal und die Erhöhung der Han rungssteuern zu erarbeiten.We se Politik von der Windrichtu hängt, bleibt die Hoffnung auf stille Zeiten. Hans Martin Meuli, Gemei FDP Chur Ein Eigengoal für Graubünden Am 30. November gilt es, eine teren Angriff der Linken auf u Wohlstand abzuwehren. Die Vo tiative «Schluss mit den Steue legien für Millionäre» forder die für die Schweiz bewährt schalbesteuerung verboten w lein in Graubünden wären un 270 Personen, die jährlich ru Millionen Franken Steuern an K und Gemeinden abliefern, dav troffen. Volkswirtschaftlich sind die sonen sehr interessant, weil kanntlich viel Geld ausgebe sich auch für diverse Institu Vereine und kulturelle Anlässe machen und so zu einem wic Pfeiler in der jeweiligen Reg worden sind. Warum verjage wohlhabende Personen au Schweiz, die hier konsumieren Steuern zahlen und sich geme zig engagieren? Südostschweiz vom 12.11.2014, Seite 8.pdf Region kultuR DIe SüDoStScHweIZ | MiTTwoCH, 12. NoVeMBeR 2014 8 «Die Knie sind sowieso im Eimer» Phil Benesch ist ein Urgestein der Bündner Musikszene. Seine Firma für Veranstaltungstechnik besteht seit 20 Jahren. Seine Leidenschaft für die Konzertszene ist jedoch viel älter. In Chur gründete er mit Steve Noi seine erste Firma – mit Tonstudio. Die frühen Platten von May Day und Tyte Stone wurden dort produziert. «Was fehlt sind Bandräume» Von Mathias Balzer Chur. – Wenn der Bühnennebel sich verzogen hat, wenn der Applaus für die letzte Zugabe verstummt ist, wenn die Band in der Garderobe den Adrenalinpegel mit Alkohol oder anderen Beruhigungsmitteln zu senken versucht, wenn die Groupies kichernd und überschminkt vor der Garderobe stehen, wenn die letzten Zuhörer den hell erleuchteten Saal verlassen – dann schlägt die Stunde der Veranstaltungstechniker. Lautsprecher, Scheinwerfer, Verstärker, Mischpulte, Nebelmaschinen, Mikrofone, die schwarzen Rollkisten mit den verzinkten Beschlägen: Die Hardware des Rock- ’n’Roll-Zirkus wiegt schwer, vor allem zu nächtlicher Stunde, wenn die letzte Kiste noch in den Lieferwagen und dieser wieder ins Lager muss. Phil Benesch ist ein gestandener Rock ’n’ Roller. Der 52-Jährige feiert diese Tage mit seiner Firma Phil’s Concert & Showtechnique das 20Jahr-Jubiläum. Seine Leidenschaft für die Bündner Musikszene ist jedoch beinah so alt wie er selbst. Sein Vater und seine Mutter waren Opern-, Operetten- und Schlagerfans mit einer grossen Plattensammlung. Im Elternhaus in St. Moritz Bad wurden KleinPhils Ohren also schon mal für musikalische Diversität sensibilisiert. «Bald schon ging es aber darum, sich zwischen den Bay City Rollers und Slade zu entscheiden», erzählt Benesch. Verstärker aus alten Radios Kaum den Kinderschuhen entwachsen, gründete er mit seinem Bruder, dem heutigen Theaterregisseur und Drehbuchautor Felix Benesch, eine Band. «Wir haben den ersten Verstärker aus einem alten Radio gebastelt», erzählt Phil Benesch. Sein Bruder versuchte sich später als Liedermacher. Phil, der ältere der beiden, trom- rock ’n’ roll forever: Phil Benesch ist seit den frühen Achtzigerjahren der Mann hinter den Kulissen im Bündner Musik- und Kulturbetrieb. melte bald schon für die Engadiner Band Slight Delay. Supertramp, Pink Floyd, Jethro Tull, Crosby, Still, Nash and Young, Wolfgang Ambros, Konstantin Wecker, Ludwig Hirsch und die von ihm so geschätzten Abba – im Gespräch mit Benesch begibt man sich sofort auf musikalische Zeitreise. Den Schreibenden, ebenfalls ein St. Moritzer Kind der Siebzigerjahre, verbindet mit Benesch eine weitere, kulturpädagogisch bedeutende Erinnerung: Er hat sich im Jugendclub «Oase» in St. Moritz Bad erstmals unter einer Spiegelkugel gedreht. Es war vielleicht ein Mittwochnachmittag, sicher aber wars der erste enge Tanz mit einem Mädchen. Auch Benesch erinnert sich. Die «Oase» wurde von der Jungen Kirche, einem Ableger der Reformierten, ermöglicht. Der damals noch nicht 18-Jährige ergriff die Gelegenheit, um dort erste Versuchsballons im Veranstaltungswesen steigen zu lassen. Seine Lehre als Elektriker half ihm dabei, das dafür nötige Equipment auch selber herbeibasteln zu können. Sechs Pfarrer und ein Open Air «Ich war eigentlich nie eng mit der Kirche verbunden», erzählt Benesch. Obwohl seine heutige Frau, mit der er drei Kinder – oder besser Jugendliche – aufzieht, sich in der Kirchgemeinde engagiert. «Für mich bot die Institution damals zwei Chancen: Erstens konnte ich Veranstaltungen auf die Beine stellen, zweitens konnte ich Jugendarbeit leisten», sagt er und kommt dann gleich auf den wichtigeren Teil seiner Rock-’n’-Roll- und Kirchenbiografie zu sprechen. Es waren nämlich sechs Engadiner Pfarrer, unter ihnen der Unterengadiner Lehrer und Politiker Romedi Arquint, die im Weiler Chapella, 1979 oder 1980 Pressebild wars, ein Kulturfestival für Jugendliche organisieren wollten. Auf Vorschlag des jungen Benesch entschied man sich, die Veranstaltung draussen auf der Wiese abzuhalten. Das Open Air Chapella war geboren, das heute älteste Graubündens, das sich trotz gewachsener Konkurrenz auch 40 Jahre nach der Gründung an seine Devise hält: klein, aber fein, familientauglich und alkoholfrei. Benesch, der Mitgründer, ist immer noch im Organisationskomitee, das heute als Stiftung organisiert ist. Beneschs Vita ist ein gutes Beispiel dafür, dass Leidenschaft zum Beruf werden kann. Er hat sich sein Fachwissen mit der Learning-by-DoingMethode erarbeitet. Die erste SoundAnlage für Chapella wurde noch von Walter Liethas Band Ruch zur Verfügung gestellt. Die zweite Anlage stammte von der Formation Carisma. Benesch übernahm deren Vermietung an andere Bands – und kaufte nach und nach technisches Material hinzu. B aukultu r In G r a u B ü n D e n Das Mädchenpensionat des Klosters Disentis steht mitten im Dorf. Gion A. Caminada, bekannt für sein Bauen mit Holz, hat hier seinen ersten Bau in Beton entworfen. Einen Körper mit Pyramidendach, eigenständig zwar, aber präzise in das dichte Dorfgefüge eingepasst. Zuunterst gibt es einen Fest- und Medienraum sowie eine kleine Wohnung, darüber, auf vier Geschosse verteilt, 31 Zimmer. Jedes Geschoss hat einen Gemeinschaftsraum und einen eigenen Eingang; so kommen die Mädchen der unterschiedlichen Gruppen gut nebeneinander vorbei. Die vielen gleichartigen Fenster gehören zu den Zimmern. Tief in der massiven Mauer hat jedes Fenster eine Nische mit einem beheizten Bänklein: Jede Bewohnerin hat in der Fassade ihren eigenen, abgeschirmten Raum im Raum. 20 Jahre «Toms Beer Box» und Phil’s Concert & Showtechnique: Sonntag, 16. November, ab 19 Uhr. Stadthalle Chur. «ABBA Gold»-Show gastiert in Landquart Das massive Mädchenpensionat Von Martin Tschanz Im Jahr 1994 entschied sich Benesch, seine eigene Firma zu gründen. Kaum eine Band in Graubünden, kaum ein Anlass, der seither nicht schon seine Dienste in Anspruch genommen hat. Sein Beruf machte ihn zu einem intimen Kenner der hiesigen Musik- und Kulturszene. Er hat ihre Entwicklung von den Hardrock-Jahren in den Achtzigern um die Band Paganini, über die Entstehung des Bündner Hip-Hop bis heute verfolgt. «Das Angebot ist breiter und, wenn man so will, professioneller geworden», konstatiert er. Die Anzahl Open Airs hat das Limit mittlerweile erreicht. Das Angebot von Konzertveranstaltern ausserhalb der Freiluftsaison ist laut Benesch aber immer noch mager, vor allem in der Hauptstadt. «Was sicher fehlt – nach dem Abbruch des GestleAreals in Chur erst recht – sind Bandräume», sagt der Kenner der Szene. Mittlerweile zählt Phil’s Concert & Showtechnique fünf Mitarbeitende und zahlreiche Freelancer. Die Konkurrenz ist mit der Firma gewachsen. Die hart erkämpfte Kontinuität in Beneschs Schaffen zahlt sich jedoch aus. Neben den Kulturanveranstaltungen gehören auch sportliche Grossanlässe wie der Ski-Weltcup in St. Moritz und der Spengler Cup in Davos ins Portefeuille der Firma. Das Herz des Chefs schlägt aber immer noch für die Musikszene, obschon das Rock-’n’-Roll-Geschäft Spuren hinterlässt. «Das Gehör ist sicher nicht besser geworden», sagt der routinierte Musikmischer. «Im Rücken zwickt es zunehmend, und die Knie sind sowieso im Eimer.» Der Mittfünfziger nimmts mit Humor. Bloss noch im Büro zu sitzen, kommt für ihn nicht in Frage. Am Sonntag, 16. November, wird erst mal tüchtig Geburtstag gefeiert, gemeinsam mit «Toms Beer Box». ein massiver Kern aus gelbem Beton, der alle Wohngruppen miteinander verbindet. In dieses Rückgrat sind eine offene Treppe, der Aufzug und die Küchen eingelassen. Und Bänke, die als Nischen der Gemeinschaftsräume an die Ofenbänklein von Kachelöfen in alten Häusern erinnern. Dieses Haus ist auch politisch bemerkenswert – es ist ein Zeichen, wie viel das Kloster Disentis daransetzt, seine Schule erhalten zu können. Das ist von zentralem Gewicht für eine Randregion wie die Surselva, deren Fortkommen entscheidend davon abhängt, ob Jugendliche gute Aus-, Schul- und Weiterbildung finden. Landquart. – Im Forum im Ried in Landquart ist heute Mittwoch, 12. November, um 20 Uhr die Konzertshow «ABBA Gold» zu sehen. Laut Mitteilung taucht das Publikum durch Superhits wie «Waterloo» und «Mamma Mia», die Choreografie, originalgetreue Kostüme und das Bühnendesign in die Illusion ein, ein echtes ABBA-Konzert aus den Siebzigerjahren mitzuerleben. (so) Ticketreservation unter der Telefonnummer 0900 800 800. Auf Spendensuche für «Ut unum sint» Die Beiträge dieser Serie entstammen alle der 2013 aktualisierten Auflage des Architekturführers «Bauen in Graubünden». Herausgeber sind die Architekturzeitschrift «Hochparterre» und der Bündner Heimatschutz. Pressespiegel Evangelisch-reformierte Landeskirche Graubünden Sonst für seine Holzbauten bekannt: Das Disentiser Mädchenpensionat ist Disentis. – Das Gymnasium Kloster Disentis reist mit der musikalischen Friedensbotschaft «Ut unum sint – dass sie eins seien» von der Quelle des Rheins bis nach Köln. Eine ganze Schule geht auf Konzerttournee und tritt in acht Städten in Deutschland und in der Schweiz auf. Für dieses Projekt sammelt das Gymnasium Geld über die Crowdfunding-Website wemakeit.com. Unterstützer werden laut Mitteilung mit persönlichen Geschenken aus dem Kloster Disentis r die das 0. Novemtonshauptassnahmen hwächsten einer Megegenüber öhung der ur Teilrevier die Abührung eibeim Parkur 50-Proder Pensi- sschen klüger: Jim araderollen als KultKlamauks. b 12 empf ab 14 J. ante Filmbiografie er im georgischen ab 6 empf 10 J. t Goes – Ein al usal bekannter Im ckt seine Nachba aton und Michael ab 12 J. eine junge Frau, die der auf dem Spiel ab 12 empf 14 J. ma über die Suche der Menschheit. b 12 empf ab 14 J. hter – Multikulti er alle Männer aus ab 12 J. ller über einen Pri einer jungen Frau en gerät. Mit Liam ab 16 J. dliche unter 16 Jah Zutrittsalters Film 21.00 Uhr beendet ie alle Filmvorfüh utrittsalter nicht um wortung für die Ein er Begleitperson. und vor allem die Japaner kannten chen: «Am Anfang habe ich noch viel und der für Sommer, Berge und Natur mehr Seiten zum Thema geschrieben, Zwei Diven im besten Sinn steht, der sympathisch ist und geo- alles war trauriger, vielleicht auch Tourismuslegende Danuser ist mittgrafisch halbwegs für St. Moritz zorniger», sagte Danuser. Seine Lek- lerweile 66 Jahre alt. Der Mann weiss Südostschweiz vom 13.11.2014, Seiteimmer 8.pdfnoch, was er will und zeigt toren hätten ihm dringend zur Kürdurchgehen konnte, war Heidi.» Er schreibt, wie im Job des Kur- zung geraten. «Und heute bin ich auch gerne, was er kann und tut: besten Sinn nander nic müssen. Walter Grass präsidiert neu den Evangelischen Grossen Rat Jagdbo aus Gr BDP-Grossrat Walter Grass ist neuer Präsident des Evangelischen Grossen Rates. Die Delegierten wählten ihn gestern an ihrer Herbstsitzung in Chur. Vizepräsidentin ist Parteikollegin Elisabeth Mani-Heldstab aus Davos. Chur. – Jünger als der 40-jährige Walter Grass aus Urmein war noch nie ein Präsident des Evangelischen Grossen Rates. BDP-Grossrat Grass war bisher erster Vizepräsident. Er werde sich um eine effiziente Ratsführung bemühen, sagte er; vor dem neuen Amt habe er Respekt. Zu seiner Nachfolgerin als ersteVizepräsidentin wurde die Davoser BDP-Grossrätin Elisabeth ManiHeldstab gewählt. Das teilt der Evangelische Grosse Rat mit. Daneben verabschiedeten die Delegierten das Budget der Kantonalen Evangelischen Kirchenkasse. Dieses schliesst voraussichtlich mit einem Defizit von 34 000 Franken ab, obschon gleichzeitig Reserven in der Höhe von 350 000 Franken aufgelöst werden. was tun, wenn Menschen ertrinken? Die Kirchen müssten sich «deutlicher zu aktuellen gesellschaftlichen Fragen äussern», kritisierte SP-Nationalrätin Silva Semadeni in ihrem Gastreferat. Aug in Aug mit der Zukunft: Walter Grass (Mitte) und elisabeth Mani-Heldstab bilden das neue Präsidium des evangelischen Grossen rates. Bild Yanik Bürkli «Was tun», fragte sie, «wenn im Mittelmeer Tausende Menschen ertrinken?» «Was tun, wenn humanitäre Werte unter Druck geraten, wenn Völkerrechte infrage gestellt werden?», redete sie den Delegierten ins Gewissen. Aktive Nächstenliebe stehe im Zentrum ihrer Auffassung von christlicher Identität, so Semadeni. Auch wenn sie wisse, wie sehr «christliche Verantwortung in der politischen Dis- kussion dem Kampf der Interessen ausgesetzt» sei. Für Diskussionen sorgte zudem eine Anfrage des Averser BDP-Grossrats Robert Heinz, der sich für Pfarrstellen in den Randregionen starkmachte. Eine Aufstockung von Pfarrstellenprozenten komme nicht infrage, beschied ihm Kirchenrat Frank Schuler. Der Spardruck sei auch bei der Evangelischen Kirche zu gross. (so) Pressespiegel Evangelisch-reformierte Landeskirche Graubünden Hans Peter somedia Buc ken. Chur. – 19 Kantonen i ren haben für die « 2015» gem men aus G mermann und Alexan le aus Trim Landquart, Andeer, Lis Patrizia Ga Zeitschrift im Rahme die erste o 2015. Dabe thieträgerin Schweiz. A Onlinevotin unter www Zwei S der Kr Chur. – De des Person (VPOD) G städtischen Zusatzleist gänzungsle der Pension geber/Arbe Steuergesch beim Kanto Stadt hätte nanzen in es in einer bandes. (so enten wollen Gebietsreform echter werde. sen von Gesine entschlae Vorlage kipes habe ich s unsere Geandenen Mitd bedarfsgeUnsere Gend -präsidenhlt und haben en zu vertree VerantworStimmbürger men. Dazu tungsapparat ausgibt ohne len generell illegal werden. Insbesonten, bis der Stacheldraht auf den dere sollen Ausländer, die zwar ihren Zaun montiert wird. Damit die Wohnsitz hier haben, aber nicht in unKinder nicht rübersteigen. In der serem Land arbeiten, nicht mehr pauDDR hiess das Republikflucht. schal nach Aufwand besteuert werden Südostschweiz vom 14.11.2014, Seite dürfen. Eine Aufwandbesteuerung sei Flavio Huonder, Anwohner nicht fair, finden die Initianten. Sie irren. Denn die Pauschalbesteuerten sind global ausgerichtet. Sie sind mobil und verbringen in der Regel nur Entwicklungsarbeit mit wenig Zeit in der Schweiz. Die meisEcopop auf Abwegen ten nehmen darum kaum Infrastrukturen oder Dienstleistungen hier in Eine sinnvolle EntwicklungszusamAnspruch. Im Gegenteil: Viele spen- menarbeit muss die Armut bekämpden grosse Summen an soziale Ein- fen. Ecopop will dagegen unsinnig richtungen oder bezahlen sogar frei- viele Gelder in Verhütungsmittel stewillig Steuern, wie der Fall von For- cken und der Armutsbekämpfung mel-1-Mogul Bernie Ecclestone zeigt. Mittel entziehen. Nicht Gratis-KonIn Graubünden stehen mit der Ab- dome und Gratis-Pillen sind gefragt, schaffung dieser Steuer bei Gemein- sondern Bildung, Arbeit und Gesundden und Kanton mindestens 35 Mil- heitsversorgung. Ausserdem muss vor allem die soziale Position von Mädchen und Frauen in Entwicklungsländern verbessert werden. Nur wenn Frauen ein selbstbestimmtes Leben führen können, hat Familienplanung eine Chance. Sandra Locher Benguerel, Grossrätin Chur Zum Glück habe ich mehr als 11.70 Franken Zum Artikel «11.70 Franken und Hoffnung auf mehr» in der Ausgabe von gestern. dischen Reisenden etwa halb so schwere und der Gesellschaft? (Beobachtung eines alten ReiBild und Text Hans Domenig Versetze ich mich in die Lage eines Asylanten – nur in Gedanken –, wird mir anders. Ich habe Platzangst und kann mir nicht vorstellen, in Räumen ohne Fenster zu leben. Die bunten Farben an den Betonwänden nützen da auch nicht viel.Wie es ist, mit 18 Personen auf Dauer so ein Zimmer als Schlafraum zu haben, will ich lieber nicht wissen. Für mich ist eine Nacht im Massenlager schon an der Grenze. Ich habe versucht, einen Tag mit 11.70 Franken auszukommen, bis jetzt hat das noch nicht geklappt. Zum Glück habe ich mehr, und zum Glück bleibt mir die Hoffnung auf mehr. Als Jesus sich von seinen Freunden verabschiedete und diese sehr traurig waren, sagte er, dass er nur vorausgehe, um für sie (und uns) Wohnungen vorzubereiten. Lassen wir uns Ärmsten wegzunehmen. Stimmen Sie Nein zur Aufhebung der städtischen Zusatzleistungen! Jon Pult, Grossrat und alt Gemeinderat, Chur 2.pdf Lesen und schreiben sie weitere meinungen auf suedostschweiz.ch/forum Ihre Plattform für Lob und Kritik Haben Sie sich über eine schöne Geste in Ihrem Umfeld gefreut? Über einen netten Dienst? Über eine kompetente Beratung? Oder müssen Sie Ihrem Ärger Luft machen, weil Sie sich kürzlich ungerecht behandelt fühlten? Dann teilen Sie uns Ihr Erlebnis mit. Beschreiben Sie kurz Ihren Auf- oder Absteller (maximal 800 Zeichen) und senden Sie den Text an [email protected]. Auch Posteinsendungen werden entgegengenommen. Die Texte werden in der Rubrik «Das hat mich gefreut» respektive «Das hat mich geärgert» veröffentlicht. (so) Spielregeln Das Forum dient der Meinungsäusserung der Leserinnen und Leser zu Themen von allgemeinem Interesse. Je kürzer der Leserbrief, desto grösser ist die Chance, dass er veröffentlicht wird. Es werden nur Leserbriefe für eine Publikation berücksichtigt, welche neben dem Vor- und Nachnamen des Leserbriefschreibers mit dessen vollständiger Wohnadresse versehen sind. Anonyme oder vervielfältigte Briefe, Rundschreiben und Zuschriften mit diffamierendem Inhalt werden nicht abgedruckt. Die Zuschriften werden – von begründeten Ausnahmen abgesehen – mit vollständigem Vornamen, Namen und Wohnort des Verfassers veröffentlicht. Die Redaktion entscheidet über Auswahl und Kürzungen; sie führt darüber keine Korrespondenz. Zuschriften, die sich auf eine Veröffentlichung in der «Südostschweiz» beziehen, müssen Titel und Erscheinungsdatum dieses Beitrages enthalten. Pressespiegel Evangelisch-reformierte Landeskirche Graubünden etzt JJetzt und hier. Südostschweiz vom 9.11.2014, Seite 1.pdf HARTMANN-PERSONAL.CH 9. November 2014 | Ausgabe Graubünden | www.suedostschweiz.ch Spektakulärer Aufstieg der Freikirchen Die evangelikalen Gemeinschaften boomen: Sie stellen heute laut einer neuen Studie landesweit jeden dritten Kirchgänger Von Sarah Serafini E rstmals zeigt eine Untersuchung detailliert auf, wie verbreitet Freikirchen in der Schweiz sind und wie ihre Mitglieder denken. Dabei zeigt sich, dass sich die Zahl ihrer Evangelikalen seit 1970 von damals 37 000 auf nunmehr 250 000 erhöht hat. Die Freikirchlichen sind sehr aktiv und besuchen regelmässig die Gottesdienste. Darum stellen sie heute an einem normalen Sonntag einen Drittel aller Teilnehmer an einem religiösen Ritual. Am meisten zugelegt haben die sogenannten charismatischen Freikirchen, wie die umfangreiche Studie zweier Westschweizer Religionssoziologen weiter zeigt. Sie untersuchten, was das evangelisch-freikirchliche Milieu so wettbewerbsstark macht. Der Mitgliedergewinn fand vor allem bis ins Jahr 2000 statt, seither hält sich die Zahl der Freikirchlichen auf konstantem Niveau, während die Landeskirchen schrumpften. Die WertvorStellungen von Freikirchlichen unterscheiden sich laut der Untersuchung stark von denjenigen der Katholiken, der Reformierten und der Gesamtbevölkerung. Freikirchliche denken grossmehrheitlich äusserst konservativ. Sie sprechen sich gegen homosexuelle Beziehungen aus, lehnen Schwangerschaftsabbrüche ab und befürworten traditionelle Geschlechterrollen. Sie selbst weisen eine signifikant höhere Heiratsrate auf, lassen sich weniger oft scheiden und haben im Durchschnitt mehr Kinder. Ihre Ehepartner sind meist ebenfalls bekehrt. Laut der Studie gibt es in der Schweiz rund 5700 religiöse lokale Gemeinschaften. Die Evangelisch-Freikirchlichen stellen nach den Katholiken die zweitmeisten Lokalitäten. Das ist be- merkenswert, denn nur drei Prozent der Gesamtbevölkerung sind FreikirchenMitglied, während es bei den Katholiken etwa 38 Prozent sind. Kritisch äussern sich ehemalige Freikirchliche. Sie beschreiben das Milieu als einen geschlossenen Raum mit laut Studie «sektiererischer Tendenz». Von Gehirnwäsche ist die Rede. Allerdings sind es gerade auch diese Merkmale, welche den Fortbestand der Gemeinschaften festigen. > Seiten 2/3 KULTURPROJEKTE BERLIN Hier leuchtet die Berliner Mauer Heute vor 25 Jahren, am 9. November 1989, fiel die Berliner Mauer. Zur Erinnerung leuchteten gestern Abend Luftballons, welche die damalige Grenze nachzeichnen. In der «Schweiz am Sonntag» erklären der Botschafter in Berlin, Tim Guldimann, und unser Kolumnist Oswald Grübel, der in der DDR aufwuchs, die Folgen des historischen Ereignisses. SEITEN 8/9 Rekord: 14 Stunden Stau am Tag auf Schweizer Autobahnen neue Zahlen zeigen, wie oft der Verkehr kollabiert – Kosten in Milliardenhöhe Von Stefan ehrBar Auf den Schweizer Autobahnen geht oft gar nichts mehr. Auf der A1 im zürcherischen Wallisellen wurden letztes Jahr durchschnittlich 14 Stunden Stau täglich registriert – so viel wie noch nie. Eine Auswertung von kürzlich veröffentlichten Daten des Bundesamts für Stras- sen (Astra) zeigt: Nicht nur auf der Zürcher Nordumfahrung steigt das Verkehrsaufkommen. In den letzten fünf Jahren verbuchte der Bund auch auf Autobahnabschnitten um Luzern und in der Westschweiz zweistellige Wachstumsraten. Auch abseits der Autobahnen wird so viel Auto gefahren wie nie. Nur in einer Stadt nahm der Verkehr deutlich ab. Erste Zahlen aus dem laufenden Jahr weisen auf ein ungebremstes Wachstum des Autoverkehrs hin. Dabei verursachen Staus Kosten in Milliardenhöhe. Eine Studie des Beratungsunternehmens Infras beziffert die sogenannten Stauzeitkosten auf insgesamt 1,2 Milliarden Franken jährlich. > Seite 5 Ein Bündner Vorzeigeprojekt in der Tsunami-Region Von olivier Berger Rund 300 Millionen Franken hatten Schweizerinnen und Schweizer nach dem verheerenden Tsunami im Jahr 2004 gespendet. Vieles davon floss in den Wiederaufbau der betroffenen Regionen. Mit Geldern der Glückskette und im Auftrag von Helvetas hat auch die St. Galler Firma Skat eine Siedlung neu erstellt; zuständiger Architekt war der Malanser Daniel Schwitter. Schwitters Siedlung gilt als gelungenes Inserat Pressespiegel Evangelisch-reformierte Landeskirche Graubünden Beispiel für den Wiederaufbau. Dass sich das nicht über alle Projekte sagen lässt, belegen die Schweizer Filmer Gabriela Neuhaus und Angelo Scudeletti. Am 27. November strahlt das Schweizer Fernsehen ihren Dokumentarfilm über den Wiederaufbau in Sri Lanka aus – an Kritik fehlt es dabei nicht. > Seite 37 70045 9 771424 751007 rund um Adolf der Kantonalerte die BDP. er in der Bundesanz egal, ob sie urer heissen. tonsbrüder habe ein Glück bald chlage ich mich als Gross als Falls nicht, muss eg einschlagen. a nicht: Gross l-Ahli Sport Club ührt mit eigenem die Massen. «Südostschweiz». chwitter tisch. Koni h ein Bier. «Ich ss wir in der viele verschiedehaben. So blowie die in den wir sind auf System: die SVP s nicht. Wir gemässigte SVP, ern, die SVP der . Und die andeauf: zwischen iner Hand. die gleiche er Nichtwähler.» online seine en abgeben üssig geworden hre Stimme sei n Frust in den otzen ist einfaamer als Wähie Daueroptimis: «Vielleicht solle Partei, die am cebook hat, hat fzt. «Ja, und für am besten eine hätte jetzt ja opft Koni auf die Er würde sich n können. ‘Der keinen Platz im s nicht funktiommer noch in a ist das Publi- m als Pointentextpingpong.ch. Südostschweiz vom 9.11.2014, Seite 17.pdf n Kolumne von Klaus j. stöhlKer* n tweets Warum die Katholische Kirche unglaubwürdig wird Am letzten Sonntag sass ich in Zürich in der Liebfrauenkirche, der ältesten katholischen Kirche der Limmatstadt. 20 Reihen vor mir sassen nur Grauköpfe, tief nach vorn geneigt. Hinter mir sassen zehn Reihen mittelalterlicher Menschen, auch zwei Dutzend Jüngere. Der Pfarrer predigte, dass man ihn kaum verstand, die Alten schon gar nicht. Der Gottesdienst war himmeltraurig. vertraut ist. Unsere Medien, die alten wie die neuen, haben die Empfängerqualität radikal verändert. Das wollen die alten Herren nicht erkennen. Sie haben mit Werner de Schepper einen Mediendirektor ernannt, der noch vor Amtsantritt einen für ihn reizvolleren Ruf der «Schweizer Illustrierten» angenommen hat. Diese Pleite der Bischofskonferenz weist auf Schlimmeres hin. Diese Kolumne schreibe ich, weil für viele die Bischofsstadt Chur das Zentrum des Bösen ist. Bischof Wolfgang Haas ging dort unter, ganz wie Bischof Vitus Huonder dort fast im Exil lebt. Ein Weihbischof, Marian Eleganti, wurde in den Kanton Zürich exiliert, weil er in Chur unverträglich war. Generalvikar Martin Grichting ist mir sympathisch. Er hat sein Leben in die Kirche investiert; er tut dies nicht ohne Intelligenz. Was sich im Vatikan abspielt, ist für den Normalgläubigen ohnehin wenig verständlich; dort wird Kirchenpolitik gemacht. Was sich in der Schweiz abspielt, ist dem Normalgläubigen sehr verständlich: Er will sich nicht von murmelnden Greisen, polnischen, indischen und afrikanischen Geistlichen sagen lassen, was er zu glauben hat. Die Flucht aus der Kirche hin zu Menschen, die wirklich noch glauben, hat begonnen. Der Standort Chur, so ehrwürdig er sein mag, ist für einen Bischofssitz kaum noch haltbar. Die Bündner selber halten von ihrem Bischof wenig. In Zürich und der wirtschaftlich starken Innerschweiz ist er in verlorener Position. Die Zürcher sehnen sich nach einem eigenen Bischof, der liberal und weltoffen ist, ganz wie Papst Franziskus. Die greisen Bischöfe der römisch-katholischen Kirche, auf hohem diplomatischem Rang stehend, wie ihre jugendlichen Nachfolger, den Stil der Alten nachahmend, werden die Kirche in der Schweiz ebenso vernichten, wie dies in Frankreich, Spanien, Italien und Deutschland geschieht. Hier werden alte Rechte verteidigt, Privilegien gesichert, Pfründen verwaltet, aber den Gläubigen keine Wege in die Zukunft gewiesen. Viele träumen von Pater Martin Werlen, dem jugendlichen alt Abt des Klosters Einsiedeln, als neuem Bischof eines Bistums Zürich. Seine Präsenz in der klösterlichen Abtei, sein Aufruf «Die Glut unter der Asche wecken» sind unvergessen. Stiege er heute an den Zürichsee hinab, er würde mit Prozessionen begrüsst. Dafür besteht keine Aussicht. Chur versteht sich als Bastion des konservativen katholischen Glaubens. Ich habe Verständnis dafür, denn die «Weicheier des Katholizismus» haben der Kirche nur Niederlagen und keinen Fortschritt gebracht. Jedoch, und derlei ist nicht zu ändern, sind die Menschen in den urbanen Zentren nur dann für den rechten Glauben zu gewinnen, wenn über Inhalt und Form nachgedacht und gehandelt wird. Die Schweizerische Bischofskonferenz, ein aus der Sicht Churs überflüssiges Organ, da jeder Bischof dem Papst direkt unterstellt ist, übt sich in Machterhalt und Sprachlosigkeit. Wer von Markus Büchel oder den jüngeren Bischöfen Führung erwartet, wird im Elend landen. Es gibt für die römischkatholische Kirche der Schweiz kein Konzept. Während die wunderbaren Kirchen sich langsam leeren, drücken sich die Schweizer Bischöfe in einer Sprache aus, die dem Kirchenvolk nicht mehr Ich werde weiterhin unsere wunderbaren Kirchen besuchen, den Schlag ihrer Glocken vergleichen und mich daran erinnern, was das Christentum bei uns einmal bedeutete: Nachfolge. Ich werde aber der Kirche kein Wort mehr glauben, einer Kirche, die ihre Gläubigen nur als Kirchensteuerzahler und Spender zur Kenntnis nimmt, die Gefolgschaft verlangt, wo die Führung versagt. Chur hätte für die Schweiz ein Signal werden können, aber die Kräfte reichten nicht aus. Jenseits von Chur gibt es wenig Hoffnung, denn die Tröstungen, die uns von dort erreichen, helfen der Seele wenig. Weil diese Kirche sich selbst zerstört, traure ich um sie und um Europa. Unser gemeinsames Erbe geht verloren, weil es in schwache Hände geraten ist. Der Versuch, uns Besserung zu versprechen, muss uns misstrauisch machen. * Klaus J. Stöhlker ist Unternehmensberater für Öffentlichkeitsbildung in Zollikon (Zürich). Pressespiegel Evangelisch-reformierte Landeskirche Graubünden der woche «Ach, Klappi bisch Lappi! Muss eine L parodie ersetzen. A danke @srfnews fü lange Vorwarnzeit Der Zuger Kabarett el Elsener (@micha ner), bekannt für se dien, steht vor eine blem: SRF-Moderat phan Klapproth ver nach 21 Jahren «10 «#Weltmännertag Tag, an dem der Er des BH sein Paten ... Das kann unmög Zufall sein! Niema Jeññifer (@hexe310 Weltmännertag, de 2000 das erste Ma fen wurde. «‘Sie haben da ein im Lebenslauf.’ ‘Da auf die Bahn gewa DIE_Motte (@barfu zeigt auf, wie nachh Bahnstreik in Deuts und vier Tage Chaos Reisenden der Deut Bahn sein können. «Meine Eltern sind Besuch. Für die ge Rückreise streikt d Und ihr denkt, ihr Probleme.» Grösste Leidtragen des längsten Streik Geschichte der Deu Bahn ist vermutlich Baumschubse (@b schubse). «#Studie: Zu viel # kann gesundheitss sein. Erste Grunds planen nun den Um auf Doppelkorn in Frühstückspause.» Nicht ganz ernst ge dieser Tweet von In Showmaster Rob V (@robvegas). «Wir haben eine A Partei, aber keine Partei. Ach, Schwe So fortschrittlich di auch ist, bei der Pa landschaft sieht Go (@froumeier) Hand bedarf. Südostschweiz vom 9.11.2014, Seite 2.pdf ■ LETZTE MELDUNGEN ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● 2 FREIKIRCHEN ● ● ● ● ● SBB bauen 4000 neue Wohnungen BERN Die SBB planen, in den kommenden zehn Jahren 3000 bis 4000 Wohnungen zu bauen. Der Bahnkonzern investiert dafür 500 bis 600 Millionen Franken. Dies sagt SBB-Immobilienleiter Jürg Stöckli in einem Interview mit den Zeitungen «24 heures» und «Tribune de Genève». Von den Gewinnen aus dem Immobiliengeschäft würde auch die Infrastruktur profitieren. Jährlich flössen Gewinne in Höhe von 150 Millionen Franken in den Ausbau der Bahninfrastruktur, sagt Stöckli. Wichtige Projekte seien bereits aufgegleist: die Europaallee in Zürich mit 1,3 Milliarden Franken, der Pont-Rouge in der Genfer Praille für 650 Millionen Franken oder das Quartier «Morges Gare Sud» für 180 Millionen Franken. (RED) Ammänner wählen Geri Müller ab BADEN Am Freitag wurde bekannt, dass Geri Müller Stadtammann von Baden bleibt. Ein anderes Amt musste er aber abgeben, wie das «Badener Tagblatt» gestern berichtete: Müller wurde als Präsident der Gemeindeammänner-Vereinigung des Bezirks Baden abgewählt. Die Vereinigung habe sich von ihm nach der Nacktselfie-Affäre nicht mehr vertreten gefühlt. Neuer Präsident ist Mellingens Gemeindeammann Bruno Gretener (FDP). (RED) IZRS-Sprecher Illi geht von Bewilligung aus FREIBURG Morgen Montag wird der Islamische Zentralrat der Schweiz (IZRS) schriftlich darüber informiert, ob er seine Jahreskonferenz in Freiburg wie geplant durchführen darf. Das sagt IZRS-Sprecher Abdel Azziz Qaasim Illi auf Anfrage. Die Bewilligung für die Grossveranstaltung mit 2000 Muslimen steht noch immer aus, obwohl sie bereits am 29. November stattfinden soll. «Wir rechnen fest mit einer Bewilligung. Alles andere wäre absurd», sagt Illi. (RED) Kantonspolizei sucht Steinwurf-Täter ST. GALLEN Einer oder mehrere Unbekannte haben am Freitag kurz nach 20.30 Uhr Steine von einer Autobahnüberführung auf der A 1 geworfen, wie die Kantonspolizei St. Gallen schreibt. Ein Stein fiel dabei auf die Windschutzscheibe eines Lastwagens, als er sich auf der Höhe Sulzberg befand. (RED) ■ WETTER ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● Sonne und Wolken Mehrheitlich sonnig Im Tagesverlauf Der Föhn sorgt fulöst r viel sich derInNebel teilweise Sonne. den Sü dtälern auf – sich mit Temperaturen Grad. staut die Bewölkung bis und12zeitAus dem kommen gegen weise fälltWesten Regen. Am Nachmittag Abend Wolkenfelder. .................. 32 werden 10 bis 15 Grad.erreicht.. ...48 ■ GEWINNZAHLEN ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● Swiss Lotto: 10 18 24 33 35 39 Glücks-Zahl 2 Replay-Zahl 10 Die Gewinne: 6 GZ 6 5 GZ 5 4 GZ 4 3 GZ 3 0 à CHF 0 à CHF 10 à CHF 38 à CHF 404 à CHF 1 764 à CHF 5 886 à CHF 28 750 à CHF Joker: 9 1 0 3 3 5 0 à CHF 0 à CHF 18 à CHF 138 à CHF 1 363 à CHF 1 000.00 100.00 10.00 Euro Millions: 13 25 32 Die christliche Religion verliert in unserer Gesellschaft an Bedeutung. Doch die evangelisch-freikirchliche VON SARAH SERAFINI (TEXT) UND JIRI REINER (FOTO) D ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● as enge T-Shirt betont Dominics trainierten Oberkörper. Auf dem Kopf trägt er eine Dächlikappe. Er betritt die Bühne. Seine Zuschauer, alle zwischen zwanzig und dreissig Jahre alt, schauen gespannt, wie er in das Licht der Scheinwerfer tritt. Alle Stühle sind besetzt. Ein Videoteam überträgt Dominics Auftritt live auf eine Grossleinwand. Es ist Freitagabend in der Friedenskirche in Zürich. Dominic ist der heutige Prediger. Andere Jugendliche läuten im nahen Niederdorf gerade das Wochenende mit einem Bier ein, doch hier pilgern die Anhänger der Freikirche ICF (International Christian Fellowship) zum Gottesdienst. Nur heisst das in diesem Fall nicht stillsitzen, sondern Freunde treffen, Tanzen zu elektronischer Musik und mit Jesus feiern. Bei der ICF nennt sich die Messe «Celebration» – ein Fest. WÄHREND DIE ZAHL der Gläubigen der reformierten und katholischen Gemeinden seit den 1970er-Jahren zurückgeht, kann sich diejenige der evangelisch-freikirchlichen auf einem konstanten Niveau halten. Die sogenannten charismatischen Freikirchen (siehe Kasten), zu denen die ICF gehört, können gar auf einen starken Anstieg der Mitgliederzahlen zurückblicken. In den letzten vier Jahrzehnten hat sich die Mitgliederzahl der wichtigsten charismatischen Freikirchen etwa verfünffacht. Was ist es, das die Freikirchen so erfolgreich macht? Diese Frage stellten sich die Religionssoziologen Jörg Stolz und Olivier Favre. Sie untersuchten in einer vom Nationalfonds finanzierten Studie das Phänomen der Freikirchen. Diese Studie analysiert erstmals umfassend Strukturen, Normen, Wertvorstellungen und Glaubensinhalte der Freikirchen. Die Studie schätzt, dass es heute in der Schweiz etwa 250 000 Freikirchliche gibt. Im Jahr 1970 waren es erst 37 000. 11 Prozent der Evangelikalen sind konservativ, 32 Prozent charismatisch und 57 Prozent klassisch (Erklärung dazu siehe Kasten). Auffallend ist, dass sie sich im Unterschied zu anderen religiösen Gruppen sehr stark in ihren Gemeinden engagieren. Eine Stichprobe zeigt, dass an einem normalen Wochenende etwa 690 000 Personen in der Schweiz an einem religiösen Ritual teilnehmen. Davon machen die Freikirchlichen knapp einen Drittel aus. Die Studie schreibt: «Angesichts der Zahl der EvangelischFreikirchlichen in der Schweiz, zirka 3 Prozent der Bevölkerung, ist das ein spektakulärer Anteil.» Religionssoziologe Jörg Stolz von der Universität Lausanne sagt, Freikirchliche hätten auf viele Menschen eine irritierende Wirkung. Schnell falle im Zusammenhang mit Freikirchen der Sek- tenvorwurf. Seiner Meinung nach liege diese Verunsicherung daran, dass sich Evangelikale erstaunlich resistent zeigten gegenüber der zunehmenden Verdrängung der Religionen aus der Gesellschaft. Sie gründen neue Gemeinden, legen einen hohen religiösen Eifer an den Tag und bekunden ihre Verbundenheit mit wenig modernen Werten. DIE ANSICHTEN der Evangelikalen unter- scheiden sich in Themen wie Ehe, Scheidung, Homosexualität oder Abtreibung stark von der öffentlichen Meinung. So lehnen beispielsweise 99 Prozent der konservativen, 94 Prozent der charismatischen und 85 Prozent der klassischen Evangelisch-Freikirchlichen homosexuelle Beziehungen ab, während dies beim Schweizer Durchschnitt nur bei 25 Prozent der Fall ist. Zudem ist für 66 Prozent Geschlechtsverkehr vor der Ehe ein Fehler. Von der Schweizer Bevölkerung sehen das nur 5 Prozent so. Für die Hälfte aller Freikirchlichen muss die Bibel streng wörtlich ausgelegt werden. Bei den Katholiken und Reformierten tun dies nur 9 Prozent. Mit einer Palette solcher Glaubensüberzeugungen, Praktiken und Werten schaffen die Freikirchen ein Milieu mit einer klar definierten Identität. Laut den Studienautoren bleibt diese Identität aus einer Kombination von zwei Strategien in unserer säkularisierten Welt bestehen: Abschottung und Wettbewerbsstärke. An der Celebration am Freitagabend in Zürich ist das spürbar. Die Besucher begrüssen sich mit Küsschen und Handschlägen. Neuigkeiten werden ausgetauscht. Nach dem Gottesdienst bleiben die meisten, um noch gemeinsam etwas zu trinken. Man ist unter sich. Laut Studienautor Stolz dient die Abschottung dem Erhalt der eigenen Identität. So definieren die Evangelikalen, wer Teil des Milieus ist und wer nicht. Starke Autoritäten, Sozialkontrolle und religiöse Sozialisierung halten diese Grenzen aufrecht. Die Tatsache, dass 94 Prozent der Evangelisch-Freikirchlichen einen Part- Jesus schafft es als Friedensstifter nur auf Platz vier – am beliebte 9 445.95 1 000.00 150.05 85.80 26.00 10.60 Jackpot 2,1 Mio. Franken 6 5 4 3 2 So konservativ denken die Anh 38 46 Sterne 1/10 HELFEN RELIGIONEN, Frieden zu stiften? Das wollte die Schweizerische Evangelische Allianz wissen und gab eine Umfrage in Auftrag. Die Ergebnisse liegen nun der «Schweiz am Sonntag» vor. 1000 Personen aus der Deutsch- und der Westschweiz wurden befragt. Nur die Hälfte findet, dass religiöse Überzeugungen dabei helfen, dass Menschen in Frieden miteinander leben. Bei der Frage, ob die eigene religiöse Überzeugung friedensstiftend ist, stimmen 58 Prozent zu. Weiter untersuchte die Umfrage, welche Persönlichkeiten in der Schweiz als besonders gute Beispiele gelten, wenn es um das Thema Frieden und Versöhnung geht. Auf Platz eins schafft es mit 85 Prozent Nelson Mandela. Hinter ihm liegen Mutter Teresa mit 76 Prozent und Mahatma Gandhi mit 73 Prozent. Jesus schafft es nur auf den vierten Platz. (SAR) Nelson Mandela Mutter Teresa Mahatma Gandhi Die Mehrheit der Schweizer Bevölkerung findet, Nelson Mandela sei das beste Beispiel, wenn es um das Thema Frieden und Versöhnung gehe. Vor allem katholische und muslimische Menschen finden, dass Mutter Teresa zu den grossen Friedensstiftern auf der Welt gehört. Die hinduistischen Menschen in der Schweiz sind sich einig: Mahatma Gandhi ist das grosse Vorbild, wenn es um Versöhnung geht. Pressespiegel Evangelisch-reformierte Landeskirche Graubünden Südostschweiz vom 9.11.2014, Seite 3.pdf Schweiz am Sonntag, Schweiz am Sonntag,Nr. Nr.45, 306,9.9.November November 2014 ❘ 3 h hänger von ICF und Co. andrea masüger Wie man eine Kampagne richtig unterfuttert een Gemeinschaften können sich behaupten. Eine neue Studie erklärt die Erfolgsgeschichte EINSTELLUNGEN IM VERGLEICH Angaben in Prozent Vorgestern Freitag: Junge Besucher der ICF-Celebration in Zürich geben sich hin und empfangen den Heiligen Geist. In der SchweIz brandet wellen- Kein vorehelicher Geschlechtsverkehr Mann arbeitet, Frau kümmert sich um Kinder Bibel muss streng wörtlich genommen werden Schwangerschaftsabbruch ist ein Fehler 0 20 Evangelische Freikirchen Konservativ Charismatisch Klassisch 40 60 80 100 Landeskirchen Reformiert Römisch-katholisch QUELLE: STUDIE «PHÄNOMEN FREIKIRCHEN» GRAFIK: SAS/BAR ■ GESCHLECHTERROLLEN ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● Freikirchliche sind viel häufiger verheiratet als Reformierte und Katholiken und haben mehr Kinder. Freikirchlich Verheiratet 72,4% Anzahl 1,6 Kinder Anteil 18,9% Hausfrauen Reformiert 52,2% 1,6 Katholisch 56,1% 1,6 13,4% 23,1% ■ FRAGE DER WOCHE ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● SIND DIE BOOMENDEN FREIKIRCHEN EIN VORBILD FÜR DIE LANDESKIRCHEN? Stimmen Sie ab www.schweizamsonntag.ch oder E-Mail: [email protected] ■ DREI STRÖMUNGEN ● ner desselben Glaubens heiraten und dass bei 64 Prozent die drei besten Freunde ebenfalls bekehrt sind, hilft dem Milieu zusätzlich, sich abzuschotten. IN SEINER PREDIGT spricht Dominic von den «krassen Erfahrungen mit Jesus», von einem «coolen Gott». Vor und nach seinem Auftritt rockt eine Pop-Band die Bühne. Die frohe Botschaft wird in lüpfige Beats gepackt. Einige Zuschauer fallen mit ausgebreiteten Armen auf die Knie, andere hüpfen und tanzen zur Musik. In der Studie von Stolz wird beschrieben, wie die Freikirchen Produkte anbieten, die mit den weltlichen Angeboten konkurrieren. «So können die Mitglieder pro- blemlos ohne den Konsum weltlicher Produkte auskommen, indem sie das Angebot des Milieus nutzen, das darüber hinaus ihre Ideologie stärkt», sagt Stolz. Die Mechanismen, die das freikirchliche Milieu auf die eine Seite stärken, machen einen Austritt aus der evangelikalen Szene gleichzeitig schwierig. Bisher hat noch keine andere Studie das Thema «Austritt aus dem evangelischfreikirchlichen Milieu» untersucht. In Stolz’ und Favres Studie werden Ausgetretene erstmals zu ihren Motiven befragt. Alle haben den Kontakt zu ihrer Kirche, zu anderen Mitgliedern und zu Pastoren abgebrochen. Sie fühlten sich zu sehr unter Druck gesetzt und in die Pflicht genommen. Der evangelisch-freikirchliche Kreis sei ein «geschlossener Raum», «eine kleine Herde», habe eine «sektiererische Tendenz» und funktioniere mit «Konditionierung», «Abschottung» und «Manipulation». Das Fazit der Studie ist, dass Freikirchen an einem harten Kern von Überzeugungen festhalten und gleichzeitig gesellschaftliche Entwicklungen übernehmen. Stolz sagt: «In diesem Doppelspiel der Öffnung und Abschottung, von Anpassung und Ablehnung, von Moderne und Konservativismus findet sich unserer Auffassung nach der Schlüssel zum Rätsel der Widerstandsfähigkeit des evangelisch-freikirchlichen Milieus.» ● ● ● edItorIal ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● In der Studie «Phänomen Freikirchen» von Jörg Stolz und Olivier Favre wird das freikirchliche Milieu in drei Strömungen aufgeteilt: konservative, charismatische und klassische Freikirchen. Konservative neigen zur Abschottung von der Gesellschaft und zeichnen sich durch eine apokalyptische Weltsicht und einen starken Glauben an die Unfehlbarkeit der Bibel aus. Die Charismatischen hingegen legen ihren Akzent auf die emotionale Erfahrung der Gegenwart des Heiligen Geistes. Die Klassischen unterscheiden sich von den beiden anderen Submilieus durch ihre grössere Offenheit für die Welt und die andere Art der Bibellektüre. KEYSTONE, HO eesten ist bei den Schweizern Nelson Mandela Jesus Christus Papst Franziskus Buddha Mohammed Im Gesamtranking ist er auf dem vierten Platz. Bei den Reformierten und Katholiken taucht Jesus an zweiter Stelle der führenden Friedensstifter auf. Der Papst gehört für die meisten Schweizer nicht zu den führenden Friedensstiftern. Er landet bei der Umfrage auf Platz fünf. Für die Buddhisten liegt er ganz vorn. Für die gesamte Bevölkerung ist Buddha hingegen keine zentrale Figur, wenn es um Versöhnung geht. Er ist für die muslimischen Menschen in der Schweiz gemäss Umfrage der wichtigste Friedensstifter. (Der Islam verbietet Abbildungen Mohammeds.) Pressespiegel Evangelisch-reformierte Landeskirche Graubünden weise Kritik am überbordenden Sozialstaat auf. Derzeit bläst wieder ein veritabler Shitstorm übers Land, weil angeblich immer mehr Leute das Sozialsystem missbrauchen und sich dieses zur Hängematte der Gesellschaft entwickelt. Im Fokus steht derzeit die Schweizerische Konferenz für Sozialhilfe (Skos), welche gesamtschweizerische Richtlinien für Sozialhilfe erlässt, welche die Kantone und Gemeinden mehr oder weniger befolgen. So wird zum Beispiel der Grundbedarf zum Überleben für eine Einzelperson bei knapp 1000 Franken pro Monat fixiert, für eine vierköpfige Familie bei etwas über 2000 Franken. Die SVP findet nun, dies sei alles übertrieben und will erreichen, dass möglichst viele Kantone und Gemeinden der Skos den Rücken kehren. Befeuert werden solche Forderungen mit Horrorgeschichten, die den Irrsinn der heutigen Staatshilfe für Bedürftige zeigen sollen. Da geisterte durch die gesamte Schweizer Presse – von der sogenannt seriösen bis zu jener des Boulevards – die Story von der kleinen Zürcher Gemeinde Hagenbuch, die für eine einzige eritreische Flüchtlingsfamilie so viel Geld ausgeben muss, dass sie sich gezwungen sieht, die Steuern zu erhöhen. Alle Medien haben diese unglaubliche Geschichte nachgebetet, bis das Internetportal Watson etwas genauer recherchierte und herausfand, dass die Gemeindepräsidentin wider besseren Wissens Falsches erzählt hat. Mehr als die Hälfte dieser Kosten übernimmt der Kanton; von Zwang zu Steuererhöhung keine Spur. dIe frau GemeIndepräSIdentIn, die diesen Unsinn daherfaselte, ist Mitglied der SVP. Und so reimt sich alles schnell zusammen: Mit einer halbwegs richtigen, halbwegs erfundenen und masslos aufgebauschten Story wird das Terrain vorbereitet, um die schweizerische Sozialhilfe auf breiter Front zu demontieren. Offenbar fehlen die richtigen Argumente, und man muss sich solche zusammenbiegen und zusammenkonstruieren. Dabei werden Schlagworte kreiert, in diesem Falle «Sozial-Irrsinn in Hagenbuch», die sich später gut auf Plakate drucken lassen. Das Schema ist von früher bekannt, als zum Beispiel in der SVPKüche der Terminus «Scheininvalide» geboren wurde. Auch wenns nicht stimmt, etwas bleibt immer hängen. [email protected] Quotidiana vom 11.11.2014, Seite 9.pdf SUTSELVA MARDI, ILS 11 DA NOVEMBER 2014 Igl «Calender per mintga gi 2015» e cumparieu a sameta an retscha cun seas antezessurs. FOTO B. RIEDHAUSER 9 Egn digls numerus maletgs digl Meister da Vuorz mussa San Gieri ca maza igl drac. El e da catar an la baselgia MAD da San Gieri a Razén. Igl «Calender per mintga gi 2015» e qua Par la 94avla geada cumpara igl calender popular par las valadas Renanas DA BARBARA RIEDHAUSER-RIESCH/ANR ■ Quels gis van igls vandiders a las vandidras digl «Calender per mintga gi» puspe par las vischnàncas da la Sutselva a da la part renana da la Surselva anturn. Igl calender porscha ear uon egna vasta paleta da texts, poeseias a fotografeias. An Sutselva e dagî vagnieu edieu nign cudesch da prosa near poeseias cun texts originals sutsilvans. Davent da c’igls davos scribents sutsilvans sco Curo Mani, Anna Capadrutt, Gion Mani, Tani Dolf a Jacob Michael en morts, e la vusch sutsilvana davantada flevla. Par furtuna cumpara mintg’on igl november igl «Calender per mintga gi». El cuntean mintgame egna beala rimnada da prosa a poeseia sut- a sursilvana ad e ascheia lectura bagnvagnida an las casadas rumàntschas renanas. Politica, poeseias, praulas Johann Clopath, igl redactur da la part sutsilvana digl calender, tracta uon igl cumegn da Schons an duas cuntribuziùns. An egna resumescha el igl pled c’igl mastral Paul Lutz â tanieu a caschùn digl davos cumegn igls 18 da matg 2014. Quel feta cugl apel digl mastral agl pievel da Schons, da bagnprest far igl zap tier egna vischnànca fusiunada da Schons, a da mantaner egna sort cumegn par liger las autoritads da quella nova vischnànca. L’otra cuntribuziùn e egna rimnada interessànta d’extracts da pleds da mastrals digl passo. Quels resplendan igl spért ad igls problems da mintga tains. Meia Inauen-Dolf magna an Islanda igls lecturs, a quegl cun egna poeseia ca fa gust d’ear gest pacatar la valischa. Ad Andrea Rassel â scret duas praulas modernas c’en tutegna betga propi praulas, parquegl c’ellas ân min- tgame egna fegn, da la quala ign giavischass c’ella fuss otra. Giubilar, getga, galareia Plasch Barandun da Veulden astga prest cumplanir igl sieus 90avel gi da naschientscha. Sco um angascho par lungatg a cultura agl teritori da l’anteriura Renania â el marito da vagnir undro cun egna cuntribuziùn agl «Calender per mintga gi». Ascheia descriva Johann Clopath la parsùna Plasch Barandun a la sia vasta ovra da cudeschs, inscripziùns sen fatschadas da tgeas, near igl museum Sontg Ipeult a Veulden. La getga digl zens da Sarn raquenta d’egna daspeta par que zens trànter quels da Sarn a quels da Purtagn, a tge c’igl â do lànderor. Digls zens an general scriva Luzi BattagliaSigrist, ad igl vean ear dascret sco a partge ca quels a Sched tutgan ànc adegna a màn igls zens. A la fegn digl calender e sco mintg’on da catar la rubrica «Nos morts» cun las fotografeias da quels a quellas c’en morts an nossas vischnàncas agl dacurs digl on passo. Quella part e impurtànta par igl «Calender per mintga gi», a siir ear egna raschùn c’el vean cumpro mintg’on da blearas parsùnas. Cun sfigliear tras calenders vigls antop’ign las fatschas da cunvaschegns da ple bòld, veza tge on c’els en morts a sa saragurdar egn mumaint dad els. Uetas, egn mester a toponims Ear Paul Michael, igl anteriur redactur sutsilvan digl calender, â puspe cuntribuieu duas istorgias agl «Calender per mintga gi 2015». A da Sebastian Brändli da Turitg, c’â amprieu sutsilvan an divers curs a ca s’interessescha par glieud, cultura ad istorgia da la Sutselva, dat igl ear puspe da liger duas cuntribuziùns, sco ear uetas dad otras auturas ad auturs. La grànda part da las ilustraziùns agl calender mussa uon ovras digl Meister da Vuorz, ascheia ear egn figl faldo agl calender, ca mussa egna survesta da las ovras da que mester pictur. Avànt egn on â’gl do sco suplemaint tigl calender egna tgarta cugls nums da fùns da la Muntogna da Schons, uon egna tala da la regiùn digl Signina. Igl «Calender per mintga gi» 2015 custa 17.00 fràncs a sa vagnir cumpro tier las parsùnas ca vendan el an las vischnàncas, near an diversas stizùns da cudeschs. Cafe rumàntsch Oz margis, igls 11 da november a las 19.30 agl Hotel Plattas a Präz. Cordialmeing anvida la Lia Rumantscha Daple sculars par la Scola da musica Viamala La 38avla radunànza da cumembers â gieu liac DA BARBARA RIEDHAUSER-RIESCH/ANR ■ Igl diember da sculars carschaint, las finanzas controladas a la nova manadra en stos igls temas prinzipals da la radunànza da cumembers da la Scola da musica Viamala c’â gieu liac igls 31 d’october. 492 scularas a sculars ân gl’on da scola 2013/14 frequento uras da musica near da tgànt tier la Scola da musica Viamala, trànter els 70 carschieus. Quegl e 25 sculars daple ca gl’on avànt, a quegl coraspunda ad egn trend legrevel dils davos ons. Midadas an vesta Daple sculars, sco ear pajas adatadas par igls surmesters da musica, muntan ear daple custs par pajas a par spesas da vieadi. Ascheia mussa igl quent 2013/14 egn defizit da var 33 000 fràncs. Quel eara sto previeu agl budget. omas Gasner, igl president da la scola da musica, scriva an sieus raport anual: «Igl preventiv ri- sguarda egna reducziùn controlada digl agen capital sainza òlzamaint da las taxas da scola a da las cuntribuziùns da vaschinadis a cantùn.» Sen quella moda tànschess igl agen capital ànc seat ons. An vesta a las midadas an conex cun la refurma teritoriala a cun l’iniziativa davart la promoziùn da musica par giuvenils vean la finanziaziùn a rastar egn tema. «Nus stuagn preparar schleiaziùns ca pussibiliteschan la finanziaziùn sainza dumandar megna blear digls geniturs», â igl pre- Egna da blearas uras da musica: Madleina Grischott saprepara cun sia surmestra Bettina Marugg pigl conzert d’advent digls 29 da november a Tusàn. FOTOS B. RIEDHAUSER-RIESCH sident punctuo. Par gl’on ca vean mussa igl preventiv egn defizit da var 47 000 fràncs. Da dretg: Thomas Gasner (president), Mario Kollegger (nov suprastànt), Nadja Dora-Margreth (secretaria), Rahel Hohl (nova manadra), Silvia Stolz, Cornelia Catrina, Marlen Schmid Nyfeler Nova manadra Rahel Hohl da Castrisch e vagnida preschantada sco nova manadra da la Scola da musica Viamala. Ella lavura davent digls 2003 sco surmestra da clavazegn tier la Scola da musica Viamala ad instruescha ear a la Scola da musica Surselva. Rahel Hohl e la suczessura da Claudio Giger c’â mano seat ons la scola da musica a c’e puspe turno cumplagnameing an sia profesiùn sco surmester primar. Sco nov cumember da suprastànza e Mario Kollegger da Tgazas vagnieu tscharnieu, el ramplaza Martin Brütsch Pressespiegel Evangelisch-reformierte Landeskirche Graubünden Tut fa musica Sper las uras singulas da musica par scularas a sculars porscha la Scola da musica Viamala ear egn chor par unfànts ad egna musica par giuvenils. Igl tgomp da musica tradiziunal ad igl vieadi da la scola da musica promovan igls contacts trànter igls sculars da las diferaintas regiùns a vischnàncas. Par carschieus porscha la scola da musica Viamala an spezial igl orcester 55+ sut la direcziùn dad Adrian Müller, ad igl cor da dunas, dirigieu dad Ingrid Schütz. Quellas duas purschidas pletost novas ân suczess a coraspundan ad egn basigns digl tains. Daple davart la purschida ad igls aranscha- Da las 15.45 a las 16.15 refereschan inspectur Jean-Pierre Gaspoz e docenta Slavka Pogranova davart ils plans d’instrucziun. Da las 16.15 a las 16.45 referescha l’italianist Vincenzo Todisco (Scola auta pedagogica, Cuira) davart il plan grischun d’instrucziun linguistica. Da las 16.45 a las 17.15 referescha Brigizze Jörimann Vancheri (Departa- ferents, premetta ch’ins s’inscrivia ordavant tar www.plurilingua.ch ed entschaiva a las 08.00. Il segund program, en la sala Grünwald da la Mediateca (1) entschaiva pir a las 09.00 cun resumar la lavur en gruppas prestada il venderdi. Da las 09.30 a las 10.30 refereschan il schurnalist José Ribeaud, autur da «Vier Sprachen, ein Zerfall» (2), e Roy Oppenheim (Lengnau/AG), parsura dal Forum pedagogica dal Grischun (Cuira) fa bilantscha a las 11.45. Cuss. guv. Oskar Freysinger, schef dal Departament vallaisan d’educaziun, serra la sesida da la damaun a las 12.00 cun in’allocuziun. Era la sesida dal suentermezdi, davent da las 13.30, sa splega en la mediateca. Suenter il bainvegni da Christine Le Pape Racine e da la viceparsura Claudine Giacomo, Scola auta pedagogica da Saint-Maurice, refereschan da las 15.30 a las 16.15 davart la furmaziun da la magistraglia vallaisana e sias duas atgnadads: La terza part dal studi duain ins prestar en l’auter intschess linguistic dal chantun, ed ins sto scolar l’entira magistraglia futura en la didactica integrada dals linguatgs. José Ribeaud maina ina discussiun, da Quotidiana vom 12.11.2014, Seite 2.pdf lavur cun ina discussiun davart ils temas tractads durant il di. Suenter las 16.00 elegia l’Apeps ina suprastanza nova, oravant tut la successiun da la parsura e da la viceparsura che èn sa retratgas suenter onns al timun da l’organisaziun. 1. Adressa per venderdi: Schloss-Str. 30, Brig. 2. Turitg (Nagel & Kimche, ISBN 978-3-31200580-2) 2013. Quei mund e tschei mund DAD URSICIN G. G. DERUNGS ■ In’egliada vi en l’auter mund, quei envida il meins de november da far. Da Numnasontga cun in’atmosfera de pasch e desideri, de tut quella roscha dils 144 000 beai che vivan ella glisch. Tschiencurontaquatermelli, per dir ina armada nundumbreivla, per dir buca mo «biars», mobein «tuts». Il di dellas olmas cun sia regurdientscha dils defuncts che spetgan il passadi ella glisch dil parvis. E nus, tuts quels ch’ein aunc vivs en quei mund, envidai da nutrir la speronza. Mo ei tut quei ver? Ei quei buc ina illusiun? Quei plaid «illusiun» ha sia historia. Sigmund Freud (1856–1938) introducescha cun sia scartira «Die Zukunft einer Illusion» dils 1927 in’entira retscha de studis che pertuccan la cultura ella glisch della psicoanalisa, cumpriu il fenomen della religiun. Religiun fuss sco illusiun ina neurosa collectiva che spargna al singul da sviluppar ina neurosa individuala. Otg onns pli tard scriva Freud denton en sia «Nachschrift» alla «Selbstdarstellung» (1935) aschia: «In der ‘Zukunft einer Illusion’ hatte ich die Religion hauptsächlich negativ gewürdigt; ich fand später die Formel, die ihr bessere Gerechtigkeit erweist: ihre Macht beruhe allerdings auf ihrem Wahrheitsgehalt, aber diese Wahrheit sei keine materielle, sondern ein historische.» Pil mument vulein nus schar quels plaids aschia. Forsa savein nus s’avischinar a sia muntada neu dad autras ponderaziuns. Sche la religiun en general e la cardientscha en in auter mund en special fussen ina illusiun, stuess ins tuttina conceder ch’ei dess strusch illusiuns pli endinadas, quasi incarnadas ell’existenza humana, ton ch’ins fuss tentaus da considerar l’illusiun sco part essenziala de questa. Quei vegn risguardau da vart della filosofia antropologica aschi lunsch ch’ins conceda la «Illusion als eine im Dienste des ‘Lebenswillens’ stehende Funktion»; denton mo schi lunsch ch’ins stuess persuenter snegar al carstgaun «die Fähigkeit zu wahrer Erkenntnis oder zur Gewinnung nichtillusorischen Glücks» (mira Hist. Wörterbuch der Philosophie, Bd. 4 [1976], col. 215). Resta pia la sceptica filosofica viers quei ch’ei «illusiun»; resta denton è la «peisa historica» ed exsitenziala della «illusiun» religiusa. La cardientscha cristiana di ch’ei seigi buc ina illusiun; ch’ei seigi verdad, era sch’ei dat per questa verdad buca mussaments. Tuttina, la cardientscha en «tschei mund» sa far valer sia raschuneivladad, buca scientificamein raziunala, mobein «raschuneivladad historica», el senn della cuntinuitad e fritgeivladad de questa cardientscha el temps. En quei s’entupassen nus in tec cul Freud d’anno 1935. L’«experientscha pascala» de dunnas ed umens ch’eran cun Jesus, mo eran se- scandalisai da sia mort turpegiusa sco blasfemader, che fuvan temeletgs, disillusiunai e nuncarents ed eran fugi dalla tema, lu denton, in temps suenter sia mort, curaschus e senza tema – quella «experientscha pascala» ha revoluziunau il mund. Ella fundescha la raschuneivladad historica della cardientscha en Jesus. El mund secularisau ded ussa ch’enconuscha ni tschiel ni uffiern sco grondezias cosmicas ha la cardientscha en «tschei mund» negin credit. Igl ei buca grev d’interpretar l’idea dell’«immortalitad» dell’olma, ni la speronza de remuneraziun pil bien e cumpensaziun pil mal en «tschei mund», sco risposta al desideri da surventscher la mort ed al basegns de giustia, munchentada ella veta terrestra, individuala e collectiva. Mo quella risposta religiusa a tals desideris dat buca neu «mussaments» per l’existenza de «tschei mund». È la «raschuneivladad historica» dellas perschuasiuns religiusas ha oz buca pli la medema forza. Cuort: Igl ei per gronda part dil tuttafatg normal da star tier «quei mund» senza presupponer «tschei mund». E quei ei da respectar, secapescha. Il cartent sa denton far valer in’autra fuorma de raschuneivladad che sebasa sin auters criteris. La damonda ei, schebein els sezs ein carteivels sco cartents, e buca ton schebein quei ch’els crein ei carteivel. Pertgei tier buc in auter camp della cardientscha cristiana ei quel dellas «davosas caussas» in camp de cumprova della seriusadad de quels che crein. Il criteri ei en sesez sempels. Sche la pesentincla Pressespiegel Evangelisch-reformierte Landeskirche Graubünden dil crer e praticar penda en favur de tschei mund aschi fetg che quei mund e questa veta vegnan «svidai» e piardan impurtonza, eis ei grev da far valer è mo in’umbriva de carteivladad dell’existenza de tschei mund, mo oravontut de quels che crein en quel. Tschei mund daventass mo in alibi per far pauc ni nuot en quei mund, per exempel partenent la giustia individuala e sociala, ni en general partenent il cumbat encunter la suffrientscha etc. In cartent ed il mund el qual el crei sa esser carteivels mo sche quella cardientscha potenziescha la valeta ual de questa veta, potenziescha igl engaschi per giustia sociala uss, e buca pér alla «fin dil mund»; potenziescha era il plascher da viver, da retscheiver e dar veta uss. Seregordel d’in amitg musicist ch’ha dirigiu il Requiem de Giuseppe Verdi e commentau quel aschia avon la pressa: Quella musica ei en sia forza e bellezia in «gie» ual a questa veta! Mo memia savens ha ina spiritualitad religiusa «dellas olmas e dil meins de november» emblidau da dir ch’ei detti buca mo ina veta suenter la mort, mobein oravontut la veta avon la mort! Con savens ha il patratg vid «tschei mund» lavagau il plascher da viver en «quei mund»! E con savens han las baselgias refiers il quitau per giustia sociala cinicamein sin il giuvenessendi – per exempel era cun condemnar la «teologia della liberaziun» – e cuschentau la gronda malgiustia sociala, cunzun cu quella mava a bratsch culs interess mundans della baselgia sezza e de ses cartents. 6 MESEMNA, ILS 12 DA NOVEMBER 2014 Quotidiana vom 12.11.2014, Seite 6.pdf LEXICON ISTORIC RETIC Cuvlignas cun il stradun che munta vers Saas. Il vitg da Cunter è situà sin la spunda meridiunala dal Partenz. Cuvlignas, Cunter e Saas Umens selvadis, ditgas alpestras e monuments da battaglia ■ Las vischnancas politicas da Cuvlignas, Cunter e Saas èn situadas en il Partenz d’Amez e furman ensemen il circul Cuvlignas. Entant che la regiun vegn traversada oz dal traffic da transit tranter Landquart e Claustra/Tavau, eran pli baud er da muntada las traversalas vers nordost (Schlappin vers il Montafun) e sidvest (Pass dal Duranna vers il Scanvetg). Küblis (Cuvlignas) Vischnanca politica, circul Cuvlignas, district Partenz/Tavau (avant il 2001 Landquart Sura), situada lung la via al spartavias per Sontg Antönia, Cunter e Fadrein/Gianatsch. Cuvlignas cumpiglia era ils aclauns da Prada, Tälfsch e Pläviggin. 1351 ze Cüblins, tudestg Küblis (uffizial). 1850 455 abitants; 1900 416; 1950 716; 2000 830. Il chastè da Sansch Sura è en ruina dapi il 15avel tschientaner; ses possessurs (ils de Vaz e von Toggenburg) exercitavan la giurisdicziun auta en il Partenz e possedevan bains extendids en la regiun. En il Partenz Dadens èn suandads ils conts von Montfort ed ils von Toggenburg (1338–1436), alura ils von Matsch, succedids dals Habsburgs (1477–1649). Il 1436 ha Cuvlignas aderì a la Lia da las Diesch Dretgiras sco in vischinadi dal cumin da Claustra Ausserschnitz (circul da Cuvlignas dapi il 1851), incorporà en la Lia da las Diesch Dretgiras. La baselgia da S. Niclà, documentada per l’emprima giada il 1428 sco filiala da S. Gion ad Aschera, è vegnida destruida il 1464 tras l’aua gronda e reconstruida il 1472. La refurmaziun e la fundaziun d’ina atgna plaiv ha gì lieu enturn il 1530. A partir dal 14avel tschientaner èn immigrads Gualsers da Claustra a Cuvlignas ed han germanisà la vischnanca (germanisaziun terminada ca. 1550). Pliras inundaziuns (1464, 1762, 1910). Fin il 1920 han ils da Cuvlignas pratitgà oravant tut l’allevament da muvel. En il 16avel tschientaner han els era culà fier durant in tschert temp. La construcziun dal stradun tras il Partenz (1843–63) e l’access a la Viafier retica LandquartTavau (1890) han dà novs impuls a Cuvlignas. Dal 1919 fin il 1922 han las Ovras electricas Grischun SA installà a Cuvlignas la centrala da l’implant che garantescha a la vischnanca in’entrada supplementara impurtanta. Da quest svilup han era profità l’industria da construcziun, la mastergnanza e l’elavuraziun da lain e da metal. Svilup turistic (Parsenn) a partir dals onns 1930. Cuvlignas ha patì fermamain dal traffic d’autos tras il Partenz. Il 2005 lavuravan 60% da las persunas cun activitad da gudogn a Cuvlignas en il sectur terziar, 33% en Otto Clavuot il sectur secundar. Ober-Sansch/Kapfenstein (Sansch Sura) Ruina da chastè, situada a 1056 m sin ina collina en vischinanza da Tälfsch a l’ur sanester da la chavorgia da Schaniela, vischnanca da Cuvlignas, tudestg Ober-Sansch/Kapfenstein. La vart nord dal chastè è sbuvada quasi cumplettamain, la vart sid è mantegnida en in’autezza da plirs meters. Il 1249 èn attestads ils ministerials retics de Kaphinstain. La data da construcziun dal chastè n’è betg enconuschenta, las restanzas dateschan il pli baud dal 13avel tschientaner. Il chastè da Sansch Sura è attestà per l’emprima giada il 1275. El era da quel temp en possess dals signurs de Vaz, alura è el passà sco feud als Streifs, il 1351 sco ierta da Kunigunde de Vaz als Toggenburgs, il 1394 a Frederic VII (1407 Sansch). L’identitad da Kapfenstein cun Sansch Sura vala sco praticamain cumprovada. Il 1570 era Sansch Sura gia en decadenza. Ils von Kapfenstein possedevan era bains en il Signuradi; la derivanza da Flurin von Kapfenstein, menziunà il 1412 sco proprietari da bains en Surselva, da questa famiglia è intscherta. Adolf Collenberg Von Kapfenstein Famiglia da chavaliers en la Currezia dal 13avel tschientaner che porta il num dal chastè da Kapfenstein en la vischnanca da Cuvlignas. La correspundenza dals nums dals chastels da Kapfenstein e da Hohensansch po vegnir considerada sco tscherta. La famiglia è mo pauc documentada. Il 1249 cumpara in Ulricus de Kaphinstain sco garant da Heinrich von Flums. Il 1275 è Heinrich annunzià sco mort. Ins na po betg dir cun segirtad, schebain Flurin, attestà il 1412, ha fatg part da la famiglia. Franziska Hälg-Steffen Conters im Prättigau (Cunter en il Partenz) Vischnanca politica, circul Cuvlignas, district Partenz/Tavau (avant il 2001 Landquart Sura). Abitadi situà sin la spunda, cun l’aclaun da Brunnen tranter Cunter e Cuvlignas. 1290 Cunters, tudestg Conters im Prättigau (uffizial). 1850 195 abitants; 1900 184; 1950 219; 2000 194. Territori suveran dals baruns de Vaz da la mesadad dal 13avel tschientaner fin il 1338, alura en possess dals conts de Toggenburg (fin il 1436) e da quels de Montfort, pli tard dals baruns de Matsch. Dal 1477–1649 è Cunter stà sut il domini austriac, il 1436 ha la vischnanca aderì a la Lia da las Diesch Dretgiras sco vischinadi dal cumin da Claustra Ausserschnitz. Germanisaziun tras Gualsers davent da Claustra (14avel–15avel tschientaner). Il patrocini e l’onn da construcziun da la baselgia da Cunter n’èn betg enconuschents. A l’entschatta dal 16avel tschientaner reconstrucziun da la tur e dal chor. Refurmaziun enturn il 1526. Baselgia filiala da Saas fin il 1646, alura independenta e pastorada da la plaiv da Cuvlignas, agen plevon 1728–1907. Predominanza da l’allevament da muvel fin viaden il 20avel tschientaner, daspera cultivaziun dad ers per l’agen provediment. Cunter posseda in’atgna alp (Conterser Duranna). Il 1549 ha la vischnanca era acquistà dretgs d’alp en la Val Veraina, il 1918 ha ella ingiantà l’Alp Parsenn sin territori da Tavau. Construcziun dal stradun CuvlignasCunter 1855, nov trassé segir d’enviern dapi il 1989. Dapi ils onns 1930 flurescha l’hotellaria a Cunter grazia al turissem d’enviern al Parsenn. Il 1990 faschevan las indemnisaziuns da las Pendicularas Parsenn SA ca. 25% da las entradas communalas. Il 2000 ca. 50% pendularis ordaifer; il 2005 lavuravan 27% da las persunas cun activitad da gudogn a Cunter en il sectur terziar. Otto Clavuot Saas im Prättigau Vischnanca politica, circul Cuvlignas, district Partenz/Tavau (fin il 2001 Landquart Sura), construida lung la via sin ina terrassa. Ca. 1290 Säusch, furma rumantscha antiquada Sausch. 1838 684 abitants; 1850 469; 1888 657; 1900 431; 1950 544; 2000 733. Enturn il 1290 è attestada la baselgia da S. Luregn, reconstruida a l’entschatta dal 16avel tschientaner, destruida parzialmain il 1735. Il dretg da collatura han exercità l’emprim probablamain ils baruns de Vaz, a partir dal 1338 ils conts von Toggenburg. Incorporà a la claustra da S. Giachen/Claustra il 1482. Il 1436 è s’unì Saas a la Lia da las Diesch Dretgiras sco vischinadi dal cumin da Claustra Ausserschnitz. Durant il 14avel e 15avel tschientaner è la vischnanca vegnida germanisada tras Gualsers immigrads da Claustra e da Sontg Antönia. La refurmaziun ha gì lieu enturn il 1526. Fin ca. l’onn 1950 han pratitgà ils da Saas oravant tut l’allevament da muvel. La vischnanca dispona da vastas pastgiras sin las alps da Saas e d’Albeina sco era sin l’Oberberg. A l’ost da Saas regorda dapi il 1915 il monument d’Aquasana als cumbats da retratga dals Grischuns durant la Sullevaziun dal Partenz l’onn 1622. Catastrofa da lavina 1689 ed ina gronda bova sin la spunda Rufineta 1931. Rempars cunter lavinas, torrents e bovas èn vegnids construids dapi il 1970. La viafier ha cuntanschì Saas il 1888. Suenter la Segunda Guerra mundiala è sa sviluppà Saas sut influenza da Claustra ad in lieu da vacanzas. Grond’activitad en il sectur da construcziun dapi il 1989. D’impurtanza economica è l’alp da Saas sco regiun dad ir cun skis e viandar (Madrisa). Saas pativa fermamain dal traffic da transit tras il Partenz; il sviament è vegnì avert il 2011. Il 2005 lavuravan 33% da las persunas cun activitad da gudogn a Saas en il sectur primar, 42% en il sectur terziar. Otto Clavuot Raschnals Lieu istoric en il territori da la vischnanca da Saas. Suenter la victoria da las truppas dal Partenz sur in’armada austriaca (1622), han ils Grischuns occupà il Montafun. Ils Austriacs, cumandads dal cont Alois Baldirun, han alura lantschà ina segunda invasiun en il Grischun. La fin d’avust 1622 ha Rudolf von Salis-Soglio, il general da las Trais Lias, fatg frunt a quell’armada en la Battaglia da Raschnals/Aquasana al sidost da Saas; el ha dentant stuì capitular e sa retrair a Malans e las Trais Lias han stuì acceptar il dir Contract da Lindau dal 1622. Ad Aquasana sa chatta in monument en regurdientscha da la battaglia. Adolf Collenberg Madrisa Object d’ina ditga alpestra e toponim dal territori retic. La ditga da Madrisa è localisada sin ina muntogna sur Saas en il Partenz e la figura da Madrisa è ina diala buntadaivla che gida sco bella matta selvadia in giuven pur a tgirar la muaglia; las ervas e ragischs ch’ella offra a la biestga rendan quella pli bella ed augmentan la producziun da latg, paintg e chaschiel. Questa abundanza chatta ina fin suenter ch’il bab dal giuven arriva e vesa la matta che renda ses buns servetschs mo uschè ditg che nagin na revelescha sia identitad. La Madrisa vegn stgatschada e sto sa retrair en las autas muntognas. En questa ditga, parentada cun quella da la «Canzun de sontga Margriata» al Pass dal Cunclas, simbolisescha la matta selvadia ina deessa da la fritgaivlezza. Il cumià da l’alp en consequenza da la scu- Pressespiegel Evangelisch-reformierte Landeskirche Graubünden verta dal secret reflectescha la brama d’in temp pers pli fritgaivel e bel. Il toponim Madrisa deriva probablamain dal latin mater, rumantsch mamma, e po vegnir interpretà sco gnom u deessa da la fritgaivlezza. El cumpara en ils nums locals Madrisa, Madrishorn, Madrisspitze e Madrisella (intschess da Saas, Montafun), Madrischtal e Madrischpass (Val d’Avras), Madrisio/Grosio (Vuclina), Madrisio (aclaun da las vischnancas da Fagogna e Varmo en vischinanza dad Udine) e Madrisana/Moreto (Friaul). La derasaziun dal num Madrisa dal Montafun sur il Grischun, la Vuclina ed il Friaul renviescha ad in tschertgel cultural retic pli vast sco era ad in intschess rumantsch oriundamain coerent. Martin Bundi Schlappin Pass alpin a 2202 m che collia il Partenz tras la Val Madris cun il Montafun. 1453 Schluppin, 1523 Schlappei, rumantsch Silvapina (istoric). Tenor Schorta deriva il num dal latin stloppus, rumantsch schlop. Pass facilmain transibel, utilisà gia en il temp preroman. En il temp medieval serviva il Schlappin da via da sauma per transports da martganzia e da muvel. El vegniva era utilisà da cuntrabandists e commerziants per guntgir la duana al Pass Son Gliezi. Il 1499 è stà il Schlappin en il center da las Guerras svabaisas, il 1622 dals Scumbigls grischuns ed il 1799 da las guerras da la Revoluziun franzosa. Il 1621–22 han utilisà ils Austriacs il pass per il traffic commerzial. Ils Grischuns exportavan muvel sur il pass en barat cunter sal. Il 1525/26 è arrivà il refurmatur da Claustra, Jacob Spreiter, sur il Schlappin. Oz è il pass serrà per il traffic, el vegn dentant frequentà gugent da turists. L’aclaun da Schlappin al pe dal pass (probablamain ina culegna gualsra) è stà in abitadi permanent fin enturn il 1500, a l’entschatta dal 21avel tschientaner è el abità mo anc durant la stagiun da stad. Adolf Collenberg Lexicon Istoric Retic Il LIR cumpiglia bundant 3100 artitgels (geografics, tematics, artitgels da famiglias e biografias) davart l’istorgia grischuna/retica e la Rumantschia. Editura: Fundaziun Lexicon Istoric Svizzer; versiun online: www.e-lir.ch; versiun stampada: www.casanova.ch u en mintga libraria. Quotidiana ziativa pretenda in confess cunter ovras da charvun, ed ultra da quai in scumond per interpresas, a las qualas il chantun è participà, da vom 13.11.2014, far investiziuns en talasSeite ovras. Il16.pdf cussegl grond tracta la fatschenta en la sessiun dal december. Nov president da la baselgia evangelica ferma creaziun da valur. Perquai survegn l’organisaziun il premi per agerparade carmala intgins millis aspectaturas ed aspectaturs en la ctura da Cuira Turissem Rico Monsch e Loenie Liesch surdattan il Leibundgut al parsura dil comite d’organisaziun Gieri Derungs. FOTO Y. BÜRKLI ulegl, suenter plievgia e naiv 11° 7° Landquart 13° 7° Glion 9° 4° 7° 2° 13° 7° 13° 7° 7° 2° 7° 2° Cuira Scuol Tavau Arosa Zernez Tusaun Spligia 11° 7° Mesocco 7° 2° Sta. Maria 11° 7° 8° 2° San Murezzan 11° 7° Poschiavo Il deputà Walter Grass è il nov president da la baselgia evangelica refurmada dal Grischun. Ils 115 deputads e deputadas han elegì il pur e president communal da Urmein sco successur dad Irma Wehrli. Grass è cun 40 onns il pli giuven president en l’istorgia dal cussegl grond evangelic. El è elegì fin il 2018. Il parlament da la baselgia evangelica ha era da s’occupar cun il preventiv 2015 che quinta cun in deficit da 34 000 francs. OZ Zivilschützer betreuen Asylbewerber im Bunker Braucht die Gebietsreform eine Zusatzschleife ? BT und SO erhältlich an Ihrem Kiosk La disco Treglia daventa ina bar d’après-ski cun il num B La Treglia daventa Bargia La discoteca «La Treglia» a Mustér è puspè en ils mauns da las pendicularas da Mustér. Sco quai ch’il directur Rudolf Büchi ha ditg saja il contract da dretg da bajegiar da 30 onns cun Gioni Fry e ses schenders Iso Mazzetta e Tom Etter vegnì sc chi sajan ins era sa vart la summa che pajan per las inve La summa na veg La raschun per sc è la mancanza da Sustegn dal cussegl da bu Il cussegl dals burgais da San Murezzan sustegna la vischnanca politica areguard la zona da protecziun enturn la schanza per siglir cun skis. Per construir la schanza nova ston ins adattar in contract che regla la protecziun da la costa enturn la schanza. En quel duai era vegnir fixà ina segunda zona Pressespiegel Evangelisch-reformierte Landeskirche Graubünden d’excepziun: là nu ina eventuala coll via Lej dals chöds ra vuless anc discu litads per ina ta Sper la vischnanc tenda uss er il cu gais da San Mure uss ch’il contract crit en sia furma 2. ausgewählte Kolumnen aus den Lokal- und Regionalzeitungen Pressespiegel Evangelisch-reformierte Landeskirche Graubünden te, wie in zahlmentiert wird. ergänge geöffige Spektakel Die Mauer war es ist töricht, wie aktuell in deutschen Debatten, Ereignisse gedämpft. In der Tat, die Freiheit ist jetzt das eine gegen das andere auszuspielen. Mit leichter zu erringen als sie zu bewahren. grossem staatspolitischen Geschick ergriff HelDr. phil. Journalist Historiker, mut Kohl, der «Kanzler der Einheit», die Chance. K_Bündner TagblattClaudio vom Willi, 8.11.2014, Seiteund 2.pdf Gute Beziehungen zur Sowjetunion wie auch zu Korrespondent in Bonn 1980-1991. z u m s o n n tag Was hält uns gesund? ▸ ARNO ARqUINT über die menschliche Sinnerfüllung W as hält Menschen eigentlich gesund oder anders gefragt: Welche Faktoren begünstigen die menschliche Gesundheit? Bekannt ist die Tatsache, dass es einen engen Zusammenhang zwischen körperlicher und seelischer Gesundheit gibt. Wir wissen, dass körperliche Bewegung einen positiven Einfluss auf unsere physische und psychische Gesundheit haben. Es war der Wiener Psychiater Viktor Frankl, der schon vor 90 Jahren diese zweidimensionale, nämlich psychosomatische Sicht um eine Dimension erweiterte. Seine Gleichung war einfach: Unser Immunsystem hängt grundsätzlich von unserer Affektlage ab, das heisst wie wir uns fühlen. Je besser wir uns fühlen, desto weniger wahrscheinlich ist, dass wir krank werden (was umgekehrt aber nicht heisst, dass nur Menschen krank werden, die sich psychisch nicht wohl fühlen). Und unsere Affektla- ge hängt wesentlich von unserer Sinnerfüllung ab. Der Mensch ist offenbar mehr als ein Psychophysikum, er ist nicht nur ein Konglomerat aus Körper und Psyche, sondern er ist letztlich geistig. Und eben weil er geistig ist, kann er Einfluss nehmen auf seine Gesundheit. Wenn seine Sinnerfüllung hoch ist, so fühlt er sich auf der psychischen Ebene gut, was automatisch einen positiven Effekt auf sein Immunsystem hat, welches unsere Gesundheit bewahren soll. Durch seine Geistigkeit, eben weil er Freiheit hat und ist, kann der Mensch sein Leben gestalten. Indem er versucht, sich am Sinnvollen, also an dem, was für seine Mitwelt und ihn selbst am zuträglichsten ist, zu orientieren, fühlt er sich wohl und ist damit gewappnet gegen Krankheiten. ist Psychotherapeut (www.paarlando.ch) in Chur. arno arquint massnahmen in der Stadt Chur und zur Gebietsreform Wollen wir das wirklich? or gut 20 Jahren sagte das Churer immvolk Ja zur Ausrichtung von städschen Zusatzleistungen für EL-Bezür. Wie man den Abstimmungsunterlan entnehmen kann, belaufen sich dieErgänzungsleistungen auf monatlich aximal 125 Franken für Mieterinnen nd Mieter; Bewohnerinnen und Bewoher eines Heims erhalten maximal 0 Franken. Das ist nicht viel, aber dank eses Zustupfs können sich bedürftige HV- und IV-Bezüger ab und zu eine einigkeit leisten: So könnnen Sie mal n Geschenk für das Enkelkind kaufen der mit einer Bekannten einen Kaffee nken gehen. Die Zusatzleistungen eröglichen es auch dieser Bevölkerungsuppe, ihre sozialen Kontakte zu pflen. Vermutlich war das der Hauptgrund r die deutliche Annahme dieses Gesets im Jahr 1993. Und diese soziale Errungenschaft ll jetzt aus Spargründen einfach gestrihen werden? Wollen wir das wirklich? el kann mit dieser Massnahme ohnen nicht gespart werden; die Ausgaben r diese städtischen Zusatzleistungen nd gerade mal ein Klacks in der Rech- auf dem Buckel der sozial Schwächsten zu sparen, macht nun wirklich gar keinen Sinn. ▸ sandro steidle, Chur Eine solche Institution gehört abgeschafft Zum Leserbrief «Die Regionen haben Besseres verdient» von Reto Jörger vom 31. Oktober 2014. impressum Herausgeberin: Somedia (Südostschweiz Presse und Print AG). Verleger: Hanspeter Lebrument CEO: Andrea Masüger. Redaktionsleitung: Larissa M. Bieler (Chefredaktorin, lmb), Norbert Waser (Stv. Chefredaktor, nw). Redaktionsadressen: Wenn im Parlament der Region Surselva, Bündner Tagblatt, wie jüngst, nicht mehr als die Hälfte der Comercialstrasse 22, 7007 Chur, Parlamentarier anwesend sind, dann Telefon 081 255 50 50, Fax 081 255 51 23, sagt das alles aus und so eine Institution E-Mail: redaktion@ gehört klar abgeschafft. Da braucht es buendnertagblatt.ch. kein langes und verzerrtes Argumentari- Verlag: Somedia, Kasernenstrasse 1, um gegen die Gebietsreform mehr, wie 7007 Chur, Tel. 081 255 50 50, Fax 081 der Präsident des Regionalparlaments 255 51 55, E-Mail: [email protected]. Abo- und Zustellservice: Surselva es uns weismachen will. Übrigens: Nicht die Regionen haben Tel. 0844 226 226, Fax 081 255 51 10, Besseres verdient, sondern die Gemein- E-Mail: [email protected]. den, welche durch die Gebietsreform Inserate: Somedia Promotion, klar gestärkt werden. Deshalb ja zur Ge- Comercialstrasse 20, 7007 Chur, Pressespiegel Telefon 081 255 58 58, Fax 081 255 58 59, bietsreform am 30. November 2014. Evangelisch-reformierte Landeskirche Graubünden E-Mail: [email protected]. ▸ peter giaComelli, grossrat Fdp, trin Reichweite: 167 000 Leser (MACH- Basic 2014-2) . Leserbriefe sind beim «Bündner Tagblatt» Abopreise unter: www.buendner- K_KlosterserZeitung, Davoser Zeitung DavoserZeitung, PrättigauerPost vom 14.11.2014, Seite 23.pdf Klosterser Zeitung Prättigauer Post R Freitag, 14. November 2014 KIRCHENFENSTER Davos lässt bitten mit dem Schlitten Serneus Hansjakob Schibler, zwischenzeitlicher Pfarrer in Davos-Dorf Bis jetzt war ich immer Fan vom Slogan «Auf und Davos». Weil das auch aus theologischer Sicht herausfordernd sinnbildlich tönt. Davos als gelobtes Land, das jeden Aufbruch lohnt. Doch nun wirbt Davos für sein hundertfünfzigjähriges Wintersportjubiläum mit nichts Geringerem als mit seinem fast ebenso alten Davoser Schlitten. Unlängst war ein überdimensioniertes Modell im Zürcher Hauptbahnhof zu besichtigen. gute alte Zeit nicht viel, wie der Buchtitel von Urs Gredig verrät: «Gastfeindschaft, der Kurort Davos zwischen nationalsozialistischer Bedrohung und lokalem Widerstand». Die biblischen Gedankenverbindungen zum Schlitten sind weniger eingängig als die zum hoffnungsgeladenen Exodus nach Davos. Schlitten leitet sich von einer im biblischen Umfeld niemals positiv besetzten Tätigkeit ab, nämlich dem Schlingern, Rutschen, Ausgleiten. Und das wiederum sind Metaphern für moralische Entgleisungen und Ausrutscher. Selbst Schnee und Eis, wo sie vorkommen, gelten nicht als dem Menschen zuträgliche Gehens- und Lebensgrundlagen. Aber genau da liegt wahrscheinlich die Chance des Schlittens. Er trotzt den glitschigen Widrigkeiten, von denen Davos gebeutelt wird. Denken wir an den Fall des «Goldenen Eis», wo sich zu bestätigen scheint, dass, wer hoch baut, auch tief den Hang hinunterpurzeln kann. Da hilft auch ein Rückblick in die Und darum der Schlitten, Symbol für das Finden dieser Balance. Zwei Merkmale machen den Schlitten besonders. Da ist zuerst, dass man mit den Füssen lenkt. Nicht mit den Händen, also keine Manipulation, sondern bodenständige Fussarbeit. Ja, es war offenbar schon immer schwer, die Balance zwischen der Bewahrung und der Veräusserung der Ressource Davos zu finden, weil diese Ressource nicht nur ein weites, sondern eben auch ein glattes Feld ist. Und das zweite Merkmal, theologisch besonders relevant, der Schlitten ist ein soziales Gefährt. Weil man die Hände frei hat, kann man sich festhalten, kann man Kinder festhalten oder sie herumziehen, kann man sich warm geben, kann man mit vereinten Kräften steuern. Und so liegt im Schlitten die alte Symbolkraft des Widerstandes, des gläubigen Trotzes, des Vertrauens auf Gottes Hilfe. Und man könnte sagen, was der Esel im Heiligen Land ist, das ist der Schlitten auf des Teufels Eisfeld. Kaum zum gl die Tradition Und auch He waren es kein die den Weih mit vielen ha Nein, vielmeh die sprechen Einladen möc machen Sie d oder kaufen S dann müssen Auch Ihr Gau denn uns ist I Geschichten singen der Ge Die Musikges und zwar live Deshalb, kom einige wunde Der Serneuser We Pressespiegel Evangelisch-reformierte Graubünden A B S C Landeskirche HIED Nach langer, geduldig ertragener Krankheit ist unsere liebe und herzensgute usikschule Psalm 131,2: Fürwahr, meine Seele ist still und ruhig geworden wie ein kleines Kind bei seiner Mutter; wie ein kleines Kind, so ist meine Seele in mir. Davos TODESANZEIGEN K_PrättigauerHerrschäftler vom 8.11.2014, Seite 13.pdf Pressespiegel Evangelisch-reformierte Landeskirche Graubünden 014) egneva en gretta, veva ina «lieuna» ed emprendeva vess sco il Talda dir: «Tut ils 40 dis che Moses sil cuolm, ha el empriu la Torah a emblidau ella notg per notg.» i buca cun biars dad emprender hismus tuttina sco cun Moses? emprendeva tgunsch, veva denpatia per quels ch’emprendevan r el steva il carstgaun el center, s talents, insumma buca sia paera buca sia derivonza. nteress pil carstgaun – senza emquei che l’intelligenza europea ha au, numnadamein ch’ei detti enche seigi pli pussent ch’il car–, il tschiel stelliu sur el e la leorala en el, ha lu era schau banRamun suenter la matura il studi H. El ei ius a Friburg e tedlau ils . Specialmein la teologia dalla lin impressiunava el. Notgs en e ora discutavan nus spels ruogs ts da Friburg ellas speluncas dil vegl quei che Moses emblidava, he Ruma perdegava, quei che erorava, quei che Nietzsche pro, quei che Leonardo Boff delibeuniversitad fuva in univers e buc un da Bologna cun students laora sin rimnar puncts. Far ver tetels, diploms e medaglias, teressava buc il Ramun. uera veva el vonzei entschiet a lur Richard Provini ella enconustizun da devoziunalias e cufatg amicezia cun la feglia Franurpriu cun ella, che fuva denton da sia dunna, igl onn 2000 la faa. Cheu veva el anflau tut quei uvrava: Il cauld d’ina dunna, ils s ed il contact cul numerus pievel a e da priedi ed il discuors cun da orts glieud che frequentava sia stiven dil canoni tochen tiel caluven dalla fumitgasa tochen tiella cter. Franzisca veva denton fatg rtaziun, mo il sulegl ha buca dau ditg. Ina malsogna dil tschurvi ella il patratg. Il consort pren la el, fa quei ch’el sa, viseta sia dunclinica ina, magari duas gadas en purtar, porta quei buordi persuls, emia persuls. un lai buca pender las alas. La mosfera da lavur en sia fatschenollegas da troccas, il cant passiuChor mischedau Rezia, il contact K_Quotidiana vom 14.11.2014, seite 23.pdf VENDERDI, ILS 14 DA NOVEMBER 2014 23 ■ PLAID PER LA DUMENGIA Talents ein cheu per duvrar els… DA SUR MARCEL KÖHLE, TURITG T gi da nus fa schon bugen sbagls? – Jeu per exempel buc! Ed jeu enconuschel era negina persuna che ha veramein plascher da far sbagls… M o sche nus dein in sguard en nies mintgadi, lu constatein nus ch’ina veta senza sbagls ei ina caussa illusorica: Leu nua ch’ei vegn luvrau e trafficau, leu sa ei spert schabegiar ch’ins commetta in sbagl. – La consequenza fuss: Tgi che less esser perfetgs e senza sbagls fa il meglier da buca pigliar en enzatgei! E d ina persuna che leva era buca far enzatgei falliu, la quala nus enconuschin ord la semeglia dils talents (Mt 25, 14–20): Ei fuva in dils treis fumegls che ha retschiert in soli talent da siu signur. – Quei fumegl ha tertgau ch’ei seigi meglier da zuppar ils daners da siu patrun enstagl da luvrar culs raps. – «Pli bugen haver quei talent garantiu enstagl da far fatschenta e piarder quels raps», vegn il fumegl ad haver patertgau. – Il fumegl ha raschun: Da far fatschenta ei adina ina caussa riscanta. Ei dat adina la resca da piarder ils raps. E quei less il fumegl buca riscar. El less buca specular cul talent che siu signur ha confidau ad el. P er certins ei il secuntener dil fumegl in secuntener prudent. Mo sch’ins legia il text dalla semeglia, lu constatein nus che la tema ha influenzau siu secuntener. Il fumegl veva tema da siu patrun! Ella semeglia gi el: «Signur, jeu savevel che ti seigies in um rigurus. (…) Perquei sun jeu ius plein tema ed hai zuppau tiu talent.» – E quella tema ha finalmein impediu el da luvrar cun quei talent ch’il signur ha confidau ad el. L a tema, e quei less Jesus dir a nus cun quella semeglia, duei buc impedir nies agir. Sco als fumegls ha era Diu dau differents talents als carstgauns. El ha dau e confidau ils talents a nus che nus fageien enzatgei ordlunder! – Per Diu fuss ei il pli grond sbagl sche nus fagessen nuot cun nos talents. Ils talents ein cheu per duvrar els! J esus encurascha ses auditurs da s’engaschar ual leu nua ch’ils agens talents vegnan duvrai, seigi quei ella famiglia, ella clamada, ellas societads ni en uffecis publics, ni era en baselgia… – Sche nus s’engaschein cun nos gronds e pigns talents per la buna caussa sa era il reginavel dil tschiel, dil qual Jesus tschontscha ella semeglia, era crescher en nies mund. H agien nus la curascha da duvrar nos talents! ■ FORUM DA VOTAZIUN Dictat dil center enstagl autonomia communala Vul ins crer als arguments dils adherents Adherents dalla refuorma dattan lu era Pressespiegel dalla refuorma dil teritorri, lu vul ins rin- tier aviartamein ch’ins vegli augmentar il squetsch da fusiunar. Sch’ins vul quei, lu forzar las vischnauncas cun la refuorma Landeskirche Evangelisch-reformierte Graubünden che vegn en votaziun la fin november. Ei duein ins far aschi bien ed inoltrar ina iniseigi denton lubiu la damonda daco ch’ins ziativa leusuenter enstagl far ei alla moda surlai buc a quellas vischnauncas apparen- zuppada. 3. Themen aus überregionalen Zeitungen NZZ, RP und Zeit Pressespiegel Evangelisch-reformierte Landeskirche Graubünden NZZ vom 11.11.2014, Seite 41.pdf Besser als im Hamsterrad ist’s auf dem Kettenkarussell, das mit der Angst zugleich Lust macht. SVEN DOERING / VISUM Im Spiegelkabinett der Ängste Heinz Bude erkundet Seelenräume der Gegenwartsgesellschaft Uwe Justus Wenzel V Die Liste der Ängste ist lang und wird länger. Einschlägige Lexika, Handbücher und digitale Repertorien verzeichnen Ängste aller Art – solche, die gesundheitsbehördlich als krankhafte Phobien sozusagen approbiert sind, und solche, die noch darauf warten, es zu werden. Die fachsprachliche Palette reicht von der Ablutophobie – der Angst, sich zu waschen oder zu baden – bis zur Zoophobie – der Angst vor Tieren. Dazwi....................................................................................................... LESEZEICHEN Heinz Bude: Gesellschaft der Angst. Hamburger Edition, Hamburg 2014. 168. S., Fr. 24.90. ....................................................................................................... schen fächert sich die menschliche Lebenswelt mit beinahe allem auf, was darin vorkommt: die Dunkelheit, die Luft, offene Plätze, enge Fahrstühle, spitze Gegenstände, Schleim, die Höhe, die Zukunft, der Lärm, der Sex, der Tod, die Götter, die Verwandten, die Fremden, alle Menschen . . . Alles – und sogar das Nichts – kann Menschen ängstigen. Das wird nicht nur am Erfindungsreichtum der Listen liebenden Psychologie liegen. Liegt es dann an «der Gesellschaft», dass Ängste – einschliesslich der Angst vor ihr, der Soziophobie – wuchern? Jedenfalls sagen Ängste und die Art und Weise, wie Menschen über sie reden, etwas über die Gesellschaft aus, in der sie aufkommen. Davon ist Heinz Bude überzeugt. Der renommierte Soziologe, der am Hamburger Institut für Sozialforschung und an der Universität Kassel tätig ist, eröffnet sein Buch «Gesellschaft der Angst» mit dem Satz: «Wer eine gesellschaftliche Situation verstehen will, muss die Erfahrungen der Menschen zum Sprechen bringen.» Der Autor hält sich bei Fragen der Methode nicht auf, offenkundig aber ist, dass es bei einem solchen Verstehen auch soziologischer Phantasie und Empathie bedarf; «zum Sprechen bringen» heisst eben auch: Sprache leihen. Mitfühlende Resonanz und analytische Distanz wechseln einander bei den eher essayistischen Exkursionen ab, die Heinz Bude in die Angstwelten der Gegenwart unternimmt. Optimierungsdruck Die Gegenwart lässt er mit der Zeit beginnen, in der Franklin D. Roosevelt ein Diktum geprägt hat, das sich auch durch häufiges Zitiertwerden kaum abzunutzen scheint: «The only thing we have to fear is fear itself.» Die Entwicklung des Sozialstaats in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts, so der Autor, lasse sich als «Antwort» auf diesen Satz begreifen, mit dem sich der 32. Präsident der Vereinigten Staaten in seiner Antrittsrede sendungsbewusst an das amerikanische Volk adressierte. Nur wenn die Bürger eines Staates, dank Sozialvorund Sozialfürsorge, keine Angst vor Arbeitsunfähigkeit, Arbeitslosigkeit und Altersarmut haben müssten, könnten sie von ihrer Freiheit in der rechten Weise Gebrauch machen. (Die Philosophin Judith Shklar hat aus einem verwandten Grundgedanken die Idee eines «Liberalismus der Furcht» gewonnen.) Bude, der sich in seinen Beispielen auf Deutschland konzentriert, spricht von einem historisch präzedenzlosen «Integrationsversprechen», das die Etablierung des Wohlfahrtsstaates begleitet habe: Jeder könne aufgrund eigener Kraft, unerachtet seiner Herkunft, einen ihm gemässen Platz in der Gesellschaft finden. Aus dem Aufstiegsversprechen jedoch sei inzwischen eine «Exklusionsdrohung» geworden, die ihr Echo in der allenthalben gestellten Diagnose finde, diese oder jene soziale Existenz sei «prekär» – eine Diagnose, die keineswegs nur mit Blick auf Bezirke jenseits des «Normalarbeitsverhältnisses» triftig sei. Treffen, heisst dies, kann es jede und jeden – jederzeit. Auch in der Ausschlussdrohung, mit der die Politik der Angst und die Angst vor der Angst wiederkehren, sieht Bude einen «gesellschaftlichen Integrationsmodus» am Werke: Die Drohung erzeugt den «Optimierungsdruck», der Menschen dazu bringt, alle Anstrengungen auf sich zu nehmen, die verhindern könnten, dass sie in ihrem sozialen Status abrutschen oder ganz aus dem schmelzenden Kern der «Leistungsträger» herausfallen. Der Soziologe deutet an, es sei dies auch Ausdruck jenes «epochalen Wechsels in der Verhaltensprogrammierung», den sein amerikanischer Kollege David Riesman bereits 1950 registriert und in der Physiognomie des «aussengeleiteten Charakters» sinnfällig auf den Begriff gebracht habe. Zwar wüsste der Leser gerne, wer da – und warum – das Verhalten «programmiert» haben mag, aber heutige Angsterfahrungen im Lichte des vor einem guten halben Jahrhundert entdeckten gesellschaftlichen Leitfossils zu betrachten, ist durchaus aufschlussreich. Der «seelische Kreiselkompass innerer Gleichgewichtsbildung», der den «innengeleiteten» Sozialtypus bestimmt habe, so schreibt Bude bildkräftig, werde «durchs soziale Radargerät der Registrierung der Signale anderer ersetzt». Die solchermassen «gesteigerte Kontakt- sensibilität» bringe es mit sich, dass der zum Normalmenschen avancierende aussengeleitete Typus «buchstäblich im Sekundentakt» sich mit den Erwartungen und Erwartungserwartungen des Gegenübers abzustimmen versuche. Die «Sicherung der Beweglichkeit in der Anpassung» sei ihm im Zweifelsfall wichtiger als das Festhalten an selbstgesetzten Zielen. Und ebendiese Bereitschaft zum Konformismus, so darf man hinzufügen, fördert die Ängstlichkeit. Ängstlichkeit wird zur Grundbefindlichkeit des typischen Sozialtypus – und bleibt es erst recht in Zeiten, in denen der Individualismus massenhaft geworden ist, Zeiten, in denen unbedingte Flexibilität und permanente Selbstaktivierung verlangt werden und Erschöpfung und Depression die alltäglichen Folgen sind. Signatur der Unentschlossenheit Seine schweifenden, ertragreichen Ausflüge in die Seelenräume der Gegenwartsgesellschaft führen Bude durch mehr oder weniger bekannte Szenerien und zu den ihnen entsprechenden Ängsten, die grösstenteils wohl noch der behördlichen Anerkennung als therapiefähige Leiden harren. Unter anderem sind dies: Abstiegsängste sowie «Statuspanik» und «Bildungspanik» in den erodierenden Mittelschichten; die Ressentiments der Verlierer; die (frei flottierende?) Angst, von einem «System» verschlungen zu werden, das «man» selbst hervorbringt und das doch als «Niemandsherrschaft» erscheint – nämlich die sich verselbständigende Finanzwirtschaft und das alles durchdringende World Wide Web; die politisch unterschiedlich gefährlichen, nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 in kurzen Abständen aufflackernden Ängste der Mehrheit vor Minderheiten und der Minderheiten vor der Mehrheit; nicht zuletzt die latente Angst der Unentschlossenen, die sich besonders bei den Angehörigen der «Generation Y» zu finden scheint. Ebendiese Angst der Zauderer und Zögerer ist Heinz Bude, zumindest an einer Stelle, als «Angst unserer Zeit» zu begreifen geneigt. Sie bestimme ein «Leben im Wartezimmer, das auf die Anzeigetafel für den entscheidenden Aufruf blickt». – Zum Auftakt seiner Streifzüge hegt der Soziologe die Hoffnung, die erkundeten Ängste machten «deutlich, wohin die Gesellschaft sich entwickelt». Am Ende hat die Hoffnung sich im Auge des Lesers nicht ganz erfüllt. Unter der allgemeinen Herrschaft ängstlicher Unentschlossenheit hat die Richtungslosigkeit freilich ihre Richtigkeit. Pressespiegel Evangelisch-reformierte Landeskirche Graubünden oder kün ästhetisc einiger A Jenes ging, wa heutigen Entsprec insel», al zung in zwar der in den li nis und der Beg allem sa kannt h über sie, Ich s Zweifelh Leben je Welt ein auch in ästhetisc Welt – s von all d das so la zu werd notierte stelle m jener Re die in de Die L Zwecke, geht es d Welt in man sich die noch zwanzig die hinte position Wirklich durch d schwind «Wen schrieb Ich stelle das er sic ging, um keinen Z Lebensm se. Desh es in den hat, auc Quijote, ver. Es z net, hat in unser seits ist d phantast rerseits auf seine einem F Dukaten drohung Faszinat Hawkins einer ar und für aber ist d ................. Der Schrifts erschienene der Shortlis Neuö49.pdf Zürcör Zäitung NZZ vom 12.11.2014, Seite FE Mittwoch, 12. November 2014 V Nr. 263 Auch der Koran bedarf der Auslegung Was islamische Theologie in der Debatte um Gewalt und Terror zu sagen hätte. Von Katajun Amirpur Besitzt die islamische Theologie argumentative Ressourcen, um der Behauptung entgegenzutreten, im Namen des Islams ausgeübte Gewalt sei durch Koranverse gedeckt? Ja, sagt die Islamwissenschafterin Katajun Amirpur und weist auf einen offenen Brief muslimischer Gelehrter hin. Noch immer fordern Politiker und Publizisten eine Distanzierung der Muslime vom Terror des Islamischen Staates. Von ihnen weithin unbeachtet haben jedoch praktisch alle relevanten muslimischen Verbände, vor allem aber auch die islamischen Autoritäten bis hin zu dezidiert konservativ-traditionalistischen Kreisen diese Organisation als barbarisch und unislamisch verdammt. Wenn Islamkritiker dies ignorieren und eine Nähe der Grundprinzipien des Islams zum IS-Terror behaupten, entspricht ihr Islambild in gewisser Weise dem der Fundamentalisten. Mit dem Islam der allermeisten Muslime und ihrer Autoritäten hingegen hat dieses Bild nicht viel zu tun. Der Brief an den Terroristen Besonders aufschlussreich ist in diesem Zusammenhang der vor einigen Wochen veröffentlichte Brief an den Anführer der Terrororganisation, verfasst von über hundertzwanzig namhaften Gelehrten (http://lettertobaghdadi.com/), die grösstenteils aus einem konservativen Spektrum des Islams kommen. Es setzen sich darin also nicht etwa moderne Reformer oder islamische Aufklärer im Detail mit der Ideologie und den Koran-Bezügen des IS auseinander, sondern islamische Autoritäten, die sich innerhalb einer dezidiert orthodoxen Denkstruktur bewegen. Der Grossmufti von Ägypten, Scheich Shawqi Allam, ist darunter, ebenso wie Scheich Ahmad Al-Kubaisi, der Gründer der Vereinigung der Religionsgelehrten (Ulama) des Iraks. Es finden sich unter ihnen des Weiteren Gelehrte vom Tschad über Nigeria bis zum Sudan und Pakistan. Offensichtlich ist es ihnen ein Bedürfnis, dass sich die islamische Theologie eindeutig gegenüber den Terroristen positioniert. Wie sonst wäre es zu erklären, dass Gelehrte an Terroristen schreiben? Der Brief ist fünfundzwanzig Seiten lang, adressiert an: «Dr. Ibrahim Awwad al-Badri, alias ‹Abu Bakr al-Baghdadi›» und an die Kämpfer und Anhänger des selbsternannten «Islamischen Staates». Die eigentlich Angesprochenen sind jedoch sicher die Muslime, von denen die Autoren befürchten, dass sie in die Fänge der IS-Propaganda geraten könnten. Der 1971 im Irak geborene al-Baghdadi, der sich «Abu Bakr» nach dem ersten Kalifen des Islams nennt und «al-Baghdadi», um damit seinen Anspruch auf Bagdad, die Hauptstadt der Abbasiden-Kalifen, geltend zu machen, wird von den Briefschreibern nicht als Kalif angesprochen. Denn, so die Verfasser, nach islamischem Recht kann die Ausrufung eines Kalifats, also die Bestimmung der politischen Nachfolger des Propheten, nur im Konsens mit allen Muslimen erfolgen. Der Text nennt zusammenfassend vierundzwanzig Vergehen, deren sich der sogenannte Islamische Staat schuldig macht: «Es ist im Islam verboten, Sendboten, Botschafter und Diplomaten zu töten; somit ist es auch verboten, Journalisten und Entwicklungshelfer zu töten.» Oder: «Es ist im Islam verboten, Christen und allen anderen ‹Schriftbesitzern› – in welcher Art auch immer – zu schaden oder sie zu misshandeln.» Daran anschliessend wird jede Aussage ausführlich begründet: So wird als Pflicht aller Muslime bezeichnet, die Jesiden als Schriftbesitzer zu erachten. Dementsprechend sei es illegitim, sie zu Ungläubigen zu erklären oder gar als vogelfrei zu behandeln. Warum? «Aus islamrechtlicher Sicht sind diese Menschen ‹Majus›, über die der Prophet [. . .] sagte: ‹Behandelt sie wie die Schriftbesitzer.›» Mit Fussnoten wird fein säuberlich belegt, woher die Zitate stammen. In diesem Falle findet sich das Hadith bei Imam Malik und Imam al-Shafi’i, zweien der vier Gründer der vier sunnitischen Rechtsschulen. Eine Interpretationsmaxime Ausserdem gehen die Verfasser darauf ein, welches die Voraussetzungen für die islamische Rechtsprechung sind. Indirekt sprechen sie dem selbsternannten Kalifen damit jegliche Autorität und Kompetenz dafür ab, rechtsverbindliche Aussagen zu treffen. Gemäss den Autoren besagt die im Koran durch Gott und in den Hadithen durch den Propheten festgesetzte Auslegungsmethode: Alles, was zu einer bestimmten Fragestellung offenbart wurde, muss in seiner Gesamtheit betrachtet werden. Der Fokus darf nicht auf einzelnen Fragmenten liegen. Hervor geht diese Methode aus der Schrift selbst, unter anderem aus dem folgenden Koranvers: «Glaubt ihr denn nur an einen Teil des Buches und leugnet den anderen?» (Sure 2, 85). Wenn alle relevanten Textstellen zusammengebracht sind, muss das «Allgemeine» vom «Spezifischen» und das «Bedingte» vom «Absoluten» unterschieden werden. So müssen auch die eindeutigen Verse gesondert werden von den mehrdeutigen. Daraufhin müssen die «Anlässe der Offenbarung», die «asbab al-nuzul», für all diese Verse sowie alle anderen Auslegungsbedingungen, welche die «klassischen» Gelehrten festgelegt haben, einbezogen werden. Erst dann wird – sich auf alle vorhandenen schriftlichen Quellen stützend – Recht gesprochen oder eine Interpretation gegeben. Es ist also, kurz gesagt, nicht gestattet, einen Vers zu zitieren, ohne den gesamten Koran und alle Überlieferungen zu beachten. Die Verfasser des Briefes bezeichnen es als Pflicht, alle Texte so weit wie möglich miteinander in Einklang zu bringen, und berufen sich mit dieser Ansicht auf Imam al-Shafi’i und auf einen universellen Konsens unter allen Gelehrten der Rechtstheorie. Sure 22, 39 In diesem Zusammenhang setzen sich die Briefschreiber auch mit den Versen des Korans auseinander, die Gewalt scheinbar legitimieren: «Denen, die bekämpft werden, wurde es erlaubt (zu kämpfen), weil man ihnen Unrecht tat.» (Sure 22, 39) Dieser und ähnliche Verse der zweiten Sure werden meist zitiert – von Islamkritikern im negativen Sinne, von Jihadisten im positiven –, um die angeblich dem Islam innewohnende Gewaltbereitschaft zu belegen. Die Gelehrten beziehen sie jedoch ausschliesslich auf ein bestimmtes Ereignis, den «Offenbarungsanlass». Es geht in dieser Perspektive nur um folgende konkrete politische Situation: Im Jahre 630 marschierte der Prophet in Mekka ein, um die heidnischen Mekkaner zu bekämpfen – und brach damit einen Friedensvertrag, den er selbst zwei Jahre zuvor geschlossen hatte. Deshalb bedurfte sein Handeln einer Legitimation, die der Vers liefert. Und gemeint war: Die Mekkaner durften bekämpft werden, weil sie sich zuvor an der Gemeinde des Propheten «versündigt» hatten. Sie hatten seine Anhänger vertrieben und ihn selbst töten wollen. Eine allgemeine Anweisung für alle Muslime lässt sich aus dem Vers folglich nicht ableiten. Die Briefschreiber erklären ausdrücklich: «Daher ist der Jihad an das Fehlen von Sicherheit, das Berauben der Freiheit der Religion oder an (vorausgegangene) Ungerechtigkeit sowie an das Vertrieben-Werden aus dem eigenen Land geknüpft. Diese Verse wurden offenbart, nachdem der Prophet [. . .] und seine Gefährten dreizehn Jahre lang Folter, Mord und Verfolgung durch die Hände der Götzendiener ausgesetzt waren. Es gibt keinen offensiven und aggressiven Jihad, nur weil die Menschen einer anderen Religion angehören oder eine andere Meinung vertreten.» Diese Lesart ist keineswegs modern oder westlich inspiriert. Denn hier wird eine Methode angewendet, die es bereits seit Jahrhunderten in der islamischen Theologie gibt. Ein ganzer Zweig von ihr beschäftigt sich mit den besagten Anlässen für die Offenbarung. Schon immer ging man also von einer Art dialektischer Beziehung zwischen Text und Adressat aus und forschte nach dem Kontext, in den hinein ein Vers offenbart wurde, um seinen Sinn und seinen Wirkungsbereich besser verstehen zu können. Ein Einzelfall wie der, den die Sure beschreibt, kann dabei nicht als Präzedenzfall für andere, in der Sache ähnliche Situationen gelten. Zwar ist das islamische Recht wesentlich durch ein Denken in Präzedenzfällen bestimmt, aber, wie die Briefschreiber formulieren: «Es ist nicht gestattet, einen bestimmten Vers des Korans auf eine Begebenheit zu beziehen, die 1400 Jahre nach seiner Offenbarung geschehen ist.» Problematisches Wie der Brief zeigt, besitzt die islamische Theologie genügend argumentative Ressourcen, um dem sogenannten Islamischen Staat entgegenzutreten. Dennoch findet sich im Ansatz der Briefschreiber noch genug Problematisches aus liberaler Sicht. So halten die Autoren etwa an der Gültigkeit der Körperstrafen fest, wenn sie deren Anwendung auch an strenge Kriterien binden. Ebenso wenden sich die Briefeschreiber zwar gegen sexuelle Gewalt, wenn sie die Wiedereinführung der Sklaverei kritisieren, und dagegen, dass man Frauen ihre Rechte vorenthält. Doch ein Bekenntnis zur Gleichberechtigung sucht man vergeblich. Die Briefeschreiber sind, was Frauenrechte anbelangt, offensichtlich noch traditionellen Strukturen verhaftet. Hier muss weitergedacht werden. Es muss klar Position bezogen und gesagt werden, dass auch Körperstrafen und Geschlechterdiskriminierung im 21. Jahrhundert nicht nur nicht mit den Werten des Westens, sondern auch mit dem Ethos des Islams nicht vereinbar sind. Andere Denker und Denkerinnen haben Farbe bekannt. Iranische Frauenrechtlerinnen beispielsweise fordern Gleichberechtigung und argumentieren mit dem Geist des Korans. Der Koran habe historisch zunächst die Situation von Frauen verbessert, jedoch nicht zur vollständigen Gleichberechtigung geführt, die der damaligen Gesellschaft nicht vermittelbar gewesen wäre. Dennoch sei aber Gerechtigkeit als Ziel der Prophetie klar zu erkennen. Und in diesem Sinne müsse heute Gleichberechtigung verwirklicht werden. Andere wie der Pakistaner Fazlur Rahman haben eine Interpretationsmethode entwickelt, um die Botschaft des Korans in die heutige Zeit zu übertragen. «Double Movement» nannte Rahman sie: Man müsse zuerst den Kontext studieren, in den hinein der Koran verkündet worden sei; so könne man die ursprüngliche Botschaft verstehen. Daraus liessen sich dann in einer zweiten Bewegung die Prinzipien und Werte gewinnen, die heute als Normen im Sinne des Korans gelten könnten. Offenbarung und Geschichte Fazlur Rahman und mit ihm die Schule von Ankara, deren moderne Koran-Hermeneutik sehr von ihm geprägt wurde, gehen inhaltlich deutlich weiter als die traditionell denkenden Verfasser des Briefes; beispielsweise gelangt Rahman über seinen «Double Movement»-Ansatz zu einer pluralistischen Religionstheologie. Dennoch aber setzen auch die Briefschreiber einen Bezug von Offenbarung und Geschichte voraus und bestehen auf der Notwendigkeit, selbst scheinbar klare Verse einer detaillierten sprachlichen und historischen Interpretation im Horizont des Gesamtkontextes zu unterziehen, statt sie einfach wörtlich zu verstehen. Dagegen ist das Verfahren, sich einzelne Verse aus dem Koran herauszupicken, um eine bereits vorgefasste These zu belegen, wie es einige Islamkritiker und die Fundamentalisten gleichermassen praktizieren, aus islamisch-theologischer Sicht grotesk und ein Zeichen der Ignoranz. ....................................................................................................... Dr. Katajun Amirpur ist Professorin für islamische Studien und islamische Theologie an der Universität Hamburg. 2013 ist bei C. H. Beck ihr Buch «Den Islam neu denken. Der Dschihad für Demokratie, Freiheit und Frauenrechte» erschienen. Pressespiegel Neue Zürcher Zeitung Evangelisch-reformierte Landeskirche Graubünden UND SCHWEIZERISCHES HANDELSBLATT Gegründet 1780 Der Zürcher Zeitung 235. Jahrgang Michael Schoenenberger, Valerie Zaslawski, Frank Sieber Bundeshaus: Markus Häfliger, Christof Forster Bundesgericht: Katharina Fontana Medien: Rainer Stadler Wirtschaft / Börse: Peter A. Fischer, Werner Enz, Beat Gygi, Ermes Gallarotti, Sergio Aiolfi, Thomas Fuster, Christin Severin, Nicole Rütti Ruzicic, Andrea Martel Fus, Michael Rasch, Giorgio V. Müller, Michael Ferber, Thomas Stamm, Lucie Paška, Hansueli Schöchli, Thomas Schürpf, Zoé Inés Baches Kunz, Gerald Hosp, Jan Roth, Matthias Sport: Elmar Wagner, Peter Jegen, Flurin Clalüna, Andreas Kopp, Benjamin Steffen, Daniel Germann, Anja Knabenhans Meinung & Debatte: Martin Senti, Elena Panagiotidis Panorama: Katja Baigger (Leitung), Manuela Nyffenegger, Susanna Ellner, Ruth Spitzenpfeil Lebensart: Jeroen van Rooijen (jvr.) Nachrichtenredaktion: Anja Grünenfelder (Leitung), Susanne Ostwald, Marc Ronner, Michèle Schell, Elena Panagiotidis Data-Journalismus: Alice Kohli Müller. Produktionsleitung: Hansruedi Frei. Korrektorat: Yvonne Bettschen. Archiv: Ruth Haener WEITERE REDAKTIONEN NZZ-Folio: Daniel Weber. NZZ-TV: Tobias Wolff. NZZCampus: Ronald Schenkel. NZZ am Sonntag: Felix E. Müller. Rechtskonsulentin der Redaktion: Claudia Schoch. Projekte: André Maerz NZZ-MEDIENGRUPPE Liebe, Eine Ausste uha. V Wer wollte, wer k Zum Thema «Partnersc Basel beheimatete Jüdi eine kleine, charmant Gleich zu Beginn wird eigenen Vorstellungen was erhoffe ich mir vom ich mit Enttäuschungen beinahe therapeutischen viert den Rundgang ger entstehenden Liebe in licher Trennung nachem Einerseits situiert Schau, die von der Mus Mund gestaltet worden schaft mit historischen religiösen Kontext: Mis weil sie dazu beitragen Kultur allmählich versc len Eheschliessungsritu der Chuppa, dem Traub sentiert ein schönes fili aargauischen Endingen stücke sind (aus der Jese Sammlung): goldene un sowie kunstvoll illustri frühen Neuzeit. Der n sachen unbewanderte B Überraschungen. So w und Wiederverheiratun rechtlich möglich, und d hohen Stellenwert, auc pflanzung dient. Das vo einigen Hochzeitsfotos immer echt; orthodoxe Haar mit einer Perücke, sehen bekommt. Amüsa Inserate von jüdischen Anfang des 20. Jahrhun Andererseits gibt di die Vielfalt gegenwärtig ten, wozu nicht nur Mis schen mehr als die Hälf Beteiligung ausmachen, binat und gleichgesch sind orthodox und kind Gesucht, gefunden. Partnerschaft Museum der Schweiz, Basel. Bis chen Titels mit vertiefenden Aufs IN K ................................................ Nobelpreisträger Dari (sda/dpa) V Geständnis trägers: Um einem Zwis Picasso (1881–1973) au Dario Fo (88) persönlich rund 80 Werke des «nachempfunden», wie Peter Femfert nennt. D für sein Theater- und B nudo» Abbildungen vo jedoch habe Picassos men» für die Bildrech Dienstag in Stuttgart. « Dann mache ich eben «Falso Picasso» betitelt tag in Stuttgart zu sehen Schweizer präsidiert e (sda) V Zum ersten Mal i tant der europäischen M David Vuillaume wurde päischen Museumsverb European Museum Or europäische Dachorgan sen von über 30 000 Mu des Europarats. Vuillaum tär des Verbands der M 41-jährige Jurassier ist i ferenz des Nemo in Bol europäischen Dachverb Inserate: Publicitas, NZZ Media, Seehofstr. 16, CH-8021 Zürich, Tel. 044 258 16 98, Fax 044 258 13 70 E-Mail: anzeigenNnzzmedia.ch, Internet: www.nzzwerbung.ch Druck: Zürcherstr. 39, CH-8952 Schlieren; Briefe: Postfach, CH-8021 Zürich, Tel. 044 258 11 11, Fax 044 258 18 74, E-Mail: printNnzz.ch Studenten u mentspreise PREISE ABONNEMENTE (inkl. MWSt.) Abonnement NZZ inkl. digitaler Ausgaben: 649 Fr. (12 Monate), 358 Fr. (6 Monate), 195 Fr. (3 Monate) Anzeigen: g Alle Preise Die Abonnen nur zu diesem Logistikunter B Mittwoch, 12. November 2014 V Nr. 263 NZZ vom 12.11.2014, Seite 7x.pdf INTERNATIONAL 7 Neuö Zürcör Zäitung Willkommen zurück, Gotteskrieger Im dänischen Århus will man rückkehrende Islamisten nicht stigmatisieren, sondern wieder in die Gesellschaft eingliedern hier einen Nährboden – ein Problem, dem auch Städte wie Odense und Kopenhagen ausgesetzt sind. Das Projekt in Århus geht von der Prämisse aus, dass Diskriminierung ein wichtiger Auslöser für Radikalisierung ist. Viele junge Muslime fühlten sich kulturell gespalten, sagt Agerschou, der ähnliche Probleme etwa bei Rechtsradikalen ortet. Oftmals mache ein fehlender Freundeskreis oder das Gefühl von Ausgeschlossenheit die Jugendlichen für extreme Meinungen empfänglich. Diese Sichtweise stösst verschiedentlich auf Kritik: Bürgerliche Politiker hinterfragen die Opfer-Perspektive in Bezug auf die radikalisierten Jungen. In sozialen Netzwerken monierten zahlreiche Århusianer, sie hiessen den Kurs ihrer Stadtregierung nicht gut, und sprechen von einem «Kniefall vor einer aggressiven Religion». Die rechtspopulistische Dänische Volkspartei Århus unterstellt eine zu «weiche» Haltung. Pia Kjärsgaard, die ideologische Vordenkerin der Partei auf nationaler Ebene, sieht das Problem nicht in der Diskriminierung von Migranten, sondern in den Moscheen, die Jugendliche «einer Gehirnwäsche» unterzögen. Im Umgang mit syrischen Jihadisten verfolgt die dänische Stadt Århus einen kontroversen Ansatz: Statt die Heimkehrer anzuprangern, fokussiert man auf Dialog und Wiedereingliederung in die Gesellschaft. Das Konzept scheint tatsächlich aufzugehen. Niels Anner, Århus Sie werden Jihadisten, Kriegstouristen oder Syrien-Kämpfer genannt. Es sind Tausende, vornehmlich Männer, aber auch Frauen aus Europa, die sich am syrischen Bürgerkrieg beteiligen. Einige kehren radikalisiert, andere traumatisiert zurück – in jedem Fall eine potenzielle Gefahr für die westlichen Gesellschaften. In Århus spricht man statt von Jihadisten lieber von «SyrienFreiwilligen». Die zweitgrösste dänische Stadt verfolgt einen kontroversen Ansatz, den Gegner als naiv und gefährlich, Befürworter als praxisnah und erfolgreich bezeichnen. Internationales Interesse In enger Kooperation zwischen Sozialbehörden und Polizei betreibt die Stadt einerseits Prävention, um die Jungen von Reisen nach Syrien abzuhalten. Andererseits will sie Heimkehrer auffangen und ihnen, sofern sie kein Sicherheitsrisiko darstellen, zu einer Wiedereingliederung in die Gesellschaft verhelfen. In den Worten von Århus’ sozialdemokratischem Bürgermeister, Jacob Bundsgaard, heisst das, den Jihadisten Göteborg SCHWEDEN Nordsee Ålborg Kattegat Århus DÄNEMARK Kopenhagen Esbjerg Malmö Odense Flensburg Ostsee DEUTSCHLAND 100 Kilometer NZZ-INFOGRAFIK / efl. eine «Chance auf Rehabilitierung und Rückkehr in einen Alltag zu geben». Dazu gehören medizinische und psychologische Hilfe, ein Mentorenprogramm sowie Unterstützung bei der Suche von Wohnung, Ausbildung und Arbeit. Als «ziemlich normale Sozialarbeit» bezeichnet Toke Agerschou, Leiter des Projektes in der Stadtverwaltung, den Ansatz. Die Botschaft, die man vermitteln wolle, laute: Selbst wer die «problematische Wahl» getroffen habe, nach Syrien zu reisen, dem stehe in Dänemark als Bürger wieder eine Chance zu. Das Projekt sorgt national wie international für Aufsehen. Die dänische Regierung hat es als «Århus-Modell» in ihren Massnahmenplan zum Thema Jihadisten aufgenommen und anderen Gemeinden zur Nachahmung empfohlen. Die Projektverantwortlichen wurden in diverse europäische Länder sowie die USA eingeladen, um ihre Erfahrungen zu teilen; das spiegelt die internationale Tragweite des Problems, das auch im Mai beim Anschlag auf das Jüdische Museum in Brüssel offenkundig wurde. Mehrere Länder erörtern Gesetzesverschärfungen, mit denen die Mitgliedschaft in der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) nicht nur bestraft wird, sondern auch zum Entzug der Staatsbürgerschaft führen soll. In Dänemark können Kampfhandlungen mit dem IS zu einer Anklage wegen Landesverrats führen, da dänische Kampfflieger Teil der Allianz sind, die die Gotteskrieger bombardiert. Eine Reise nach Syrien ist hingegen nicht per se illegal. Umstrittene Moschee Das Århus-Modell soll Vorbild für andere dänische Gemeinden werden. Im Bild eine Moschee nahe Kopenhagen. Dänemark hat seit der Krise um die Mohammed-Karikaturen mehrere Attacken auf Islamkritiker erlebt. Auch die Einsätze im Irak und in Afghanistan haben das Land ins Visier von Extremisten gerückt. Doch die Krise in Syrien erreicht für Dänemark eine neue Dimension: Gemessen an der Zahl der Muslime im Land ist der Anteil der dänischen Syrien-Kämpfer international einer der höchsten (siehe Kasten). Viele der dänischen IS-Kämpfer sind vermeintlich gut integrierte Bürger, die sich aus religiösen Gründen nach Nahost begeben – Dänen wie Hassan, ein anonymisiertes Beispiel, das die Polizeibehörden in Århus schildern. Der 20Jährige wuchs als Sohn afrikanischer Eltern in Århus auf, hatte eine weitergehende Ausbildung begonnen. Als er neue Freunde in der Moschee traf und religiöse Themen für ihn an Bedeutung gewannen, weckte das keinen Argwohn. Dass er sich im Internet intensiv für den IS interessierte, fiel auch niemandem auf. Dann kündigte er seinen Nebenjob im Supermarkt mit der Begründung, er könne den Verkauf von Alkohol und Schweinefleisch nicht gutheissen. Wenig später reiste Hassan über die Türkei nach Syrien. Als seine Freunde und Bekannten davon erfuhren, waren sie – wie oft in solchen Fällen – völlig überrascht. Kaum jemand hätte dem freundlichen Mann eine Radikalisierung zugetraut. Nach einem halben Jahr kehrte Hassan nach Århus zurück, enttäuscht und traumatisiert von dem Erlebten. Dies entspreche dem Normalfall, sagt Jörgen Ilum, Polizeikommandant für Ostjütland und Århus. Die Mehrheit der Rückkehrer in Århus sei desillusioniert und erschüttert von der Brutalität des IS und möchte ihr früheres Leben in Dänemark zurück. In Århus signalisiere man ihnen: «Wir wollen euch wieder in unserer Gesellschaft.» Zentral im Århus-Modell ist eine Anlaufstelle, die der Prävention wie der Hilfestellung dient. An sie können sich Heimkehrer wenden, aber auch besorgte Eltern, Lehrer oder Jugendarbeiter. Die Anlaufstelle ist zudem Verbindung zu weiteren Partnern wie Einwanderervereinen, dem Psychologischen Institut der Universität Århus und dem Polizeilichen Nachrichtendienst (PET), dem die Terrorismusbekämpfung obliegt. Ergänzung, nicht Ersatz Das Århus-Modell verstehe sich als eine Ergänzung zum rechtsstaatlichen Vorgehen gegen Jihadisten, sagt Ilum. Gebe es Anhaltspunkte, dass die zurückgekehrten Gotteskrieger ein Risiko darstellen könnten, würden die Informationen an den PET weitergeleitet. Bei Verdacht auf Verstösse gegen dänische Gesetze, etwa Kampfhandlungen in den Reihen einer Terrororganisation, würden Ermittlungen eingeleitet. Gleichzeitig sei es wichtig, Kontakt zu den Heimkehrern aufzubauen und sie im Sinne der Kriminalprävention zu resozialisieren, sagt Ilum. So mindere man das Risiko, dass sie sich unerkannt stärker radikalisierten oder nicht mit ihrem posttraumatischen Stress umgehen könnten. Eine Mehrheit der SyrienRückkehrer habe verstanden, dass das Århus-Modell Hilfe anbiete, den Betroffenen wie auch ihren Familien; in Schulen, Jugendvereinen und Moscheen spreche sich dies herum. Der Erfolg scheint dem Modell recht zu geben. Bis Ende 2013 noch hatte sich Århus zu einem Brennpunkt entwickelt: Knapp ein Drittel der damals 100 dänischen Syrien-Kämpfer stammte aus der Hafenstadt. Nachdem das Projekt angelaufen war, brach der Zustrom ab. Die THOMAS LEKFELDT / EPA Behörden haben dieses Jahr nur von einer Person Kenntnis, die von Århus nach Syrien gereist ist. Fünf Personen sind vermutlich im Krieg umgekommen, zehn halten sich noch in Syrien auf, die verbleibenden sechzehn sind zurückgekehrt und haben mit der Anlaufstelle Kontakt aufgenommen. Zehn von ihnen haben Hilfe in Anspruch genommen. Zudem wurden fünf Familien beraten, deren Söhne nach Syrien verschwunden sind. Kritiker bemängeln allerdings, dass diese Zahlen kein hinreichender Beweis für die Wirksamkeit des Århus-Modells seien. Agerschou, der Abteilungsleiter in der Sozialverwaltung von Århus, rechtfertigt diesen von der Stadt betriebenen Aufwand mit dem Ziel, gefährliche Radikalisierung und Reisen nach Syrien zu stoppen. Dazu sei der Kontakt zu den «Syrien-Freiwilligen» unabdingbar. Mentoren sind für ihn wichtig, um die Teilnehmer bei ihrer Rückkehr in ein normales Leben zu begleiten. Diese sind oft selbst Muslime und darin geschult, über religiöse Fragen und extremistische Haltungen zu diskutieren. Manchmal gehe es auch darum, die Betroffenen aus einem radikalen Milieu wegzubringen, sagt Agerschou. Hauptzielgruppe dieser Bemühungen sind jüngere Personen mit Wurzeln in Afrika und Nahost; dänische Konvertiten bilden eine kleine Minderheit unter den Syrien-Kämpfern. Laut den Projektverantwortlichen stammen viele aus schwierigen Familienverhältnissen. Die grösste Gefahr einer Radikalisierung bestehe im von Betonwohnblöcken geprägten Stadtteil Gellerup, der wegen seiner mangelnden sozialen Durchmischung sowie seiner hohen Arbeitslosigkeits- und Kriminalitätsraten auf der «Ghettoliste» der dänischen Regierung steht. Islamische Prediger mit extremistischen Ansichten finden .................................................................................................................................................................................................................................................................. Überproportional viele Skandinavier kämpfen in Syrien Niels Anner V Betrachtet man die Zahl der nach Syrien gereisten Personen im Verhältnis zum Anteil der muslimischen Bevölkerung, weisen die skandinavischen Länder überproportional hohe Werte auf. Das belegen mehrere internationale Erhebungen. In einem Vergleich, den CNN im September aufgrund von Daten nationaler Geheimdienste publizierte, wies Finnland von allen Ländern am meisten Syrien-Reisende pro Anzahl Muslime auf. Dänemark und Norwegen folgen hinter Irland und Belgien an vierter bzw. sechster Stelle. In absoluten Zahlen gehen die Schätzungen von 100 Personen aus Dänemark, 90 aus Schweden, 60 bis 70 aus Norwegen und 45 aus Finnland aus. Gerade im Fall von Schweden zeigt sich allerdings, dass diese Zahlen ungenau sein können: Kürzlich erklärte der schwedische Nachrichtendienst Säpo, 90 Fälle seien bestätigt, die Dunkelziffer dürfte aber bei 150 Personen liegen. Der Terrorismusexperte Magnus Ranstorp hatte bereits früher die Zahl von 350 Skandinaviern im Islamischen Staat (IS) genannt. Es wird angenommen, dass die Mehrheit der Syrien-Reisenden an Kampfhandlungen teilnimmt. Laut nationalen Sicherheitsberichten hat der Grossteil einen muslimischen Einwanderer-Hintergrund, Konvertiten sind seltener. Aus Finnland, Schweden und Norwegen sind Fälle bekannt, in denen Männer mit ihren Frauen und Kindern nach Syrien gereist sind. Ein Norweger soll eine führende Rolle im Heer des IS spielen. Über die Gründe für die starke Rekrutierung aus Skandinavien können auch Experten nur spekulieren. Sie geschieht meist über das Internet und erreicht so auch dünnbesiedelte nördliche Regionen. Laut Angaben des Inlandgeheimdienstes PST stammen die aus Norwegen nach Syrien gereisten Personen aber aus sämtlichen Landesteilen. In Norwegen und Dänemark sind seit längerem radikale Gruppierungen und Imame aktiv, die ihr Gedankengut in Moscheen verbreiten. In Finnland warnte der Geheimdienst vor aggressiver Rekrutierung für den IS in Shoppingcentern; auch seien besonders Somalier gefährdet. Pressespiegel Evangelisch-reformierte Landeskirche Graubünden Die Politikerin bezieht sich dabei insbesondere auf die Grimhöjvej-Moschee in Århus: Hier verkehrten laut Polizeiangaben 22 der 31 aus Århus stammenden Syrien-Kämpfer. 2008 gegründet, wurde die Sunniten-Moschee mehrfach mit fanatischem Gedankengut in Verbindung gebracht. Einer ihrer Imame geriet im Juli ins Visier der deutschen Strafverfolger, als er während einer Predigt in Berlin Allah bat, «die Juden auszulöschen». Ein anderer Imam, der bis 2013 an der Moschee auftrat, wird von den USA als Terrorist gesucht. Laut geheimdienstlichen Quellen soll er Jihadisten aus dem Westen rekrutiert haben, unter ihnen einen dänischen Konvertiten aus Århus. Aufgrund des zweifelhaften Rufs der Moschee haben Politiker auf lokaler wie nationaler Ebene deren Schliessung gefordert; einmal mehr, als die Polizei auf das Risiko der Radikalisierung von Jugendlichen hinwies. Der Entscheid über eine Schliessung sei ein politischer, sagt Polizeikommandant Ilum. Es sei aber nützlich zu wissen, wo sich die potenziellen Syrien-Reisenden aufhielten. Seit Anfang Jahr bestehe ein guter Dialog mit dem Vorstand der Moschee. Dieser habe den Kontakt zu jungen Muslimen hergestellt – das primäre Ziel der Präventionsarbeit. In der Grimhöjvej-Moschee, einer ehemaligen Fabrik in Århus mit wöchentlich rund tausend muslimischen Gästen, wehrt sich der Vorstandspräsident gegen die Radikalisierungsvorwürfe. Von Jugendlichen, die nach Syrien gereist seien, habe er keine Kenntnis gehabt, bis er von der Polizei davon erfahren habe, behauptet Oussama al-Saadi. Er lobt die Arbeit der Behörden und berichtet von einer Handvoll im Projekt betreuten Rückkehrern, die zum Gebet kämen. Er spreche jedoch kaum mit ihnen über Syrien; die Betroffenen wollten das Thema hinter sich lassen. Sich klar vom IS abzugrenzen, fällt al-Saadi allerdings schwer. Er bezeichnet den Kampf der westlichen Alliierten gegen den IS als «Krieg gegen den Islam». Er sei nicht bereit, seine Ansichten zurückzuhalten; die vielgerühmte dänische Meinungsäusserungsfreiheit gelte auch für Muslime. Ein anderer Sprecher der Moschee sagte kürzlich im Fernsehen, er unterstütze die Bildung eines islamischen Staates – wenn auch nicht die Greueltaten des IS. Die Verantwortlichen des ÅrhusModells kommentieren diese Aussagen verhalten. Durch den Kontakt zu den Jugendlichen merke man frühzeitig, wenn jemand über Selbstmordattentate nachzudenken beginne. Und wer von einem Kalifat und von Scharia-Gesetzen träume, dem sei das erlaubt, sagt Polizeikommandant Ilum – solange er die dänischen Spielregeln und Gesetze einhalte. SCHWEIZ IN KÜRZE ..................................................................... ehrplan 21 in der Ostschweiz V Der Lehrplan 21 soll an den en in den Kantonen St. Gallen und au ab dem Schuljahr 2017/18 anndet werden. Darüber wurde am och in beiden Kantonen inforDer Kanton Thurgau will gleichmit der Einführung des neuen lans das «Frühfranzösisch» aben. In der Oberstufe soll es aber amt gleich viele Französischlekn geben, so dass Thurgauer Schüm Ende der obligatorischen Schulicht schlechter Französisch spreals Schüler, welche das «Frühfranh» genossen haben. eamter mit falschem Doktortitel Seit 1986 arbeitet er beim Bund, 90 trägt er den akademischen Titel hil. Doch Urs Staub, Chef der SekMuseen und Sammlungen im Bunmt für Kultur (BAK), hat nie eine rtation abgeschlossen. Das hat der s-Anzeiger» am Mittwoch publik cht. Staub, der im Februar pensiowird, bedauert mittlerweile seinen chwindel. Welche Konsequenzen rohen, ist ungewiss. Isabelle ChasDirektorin des BAK, lässt ausriche wolle zuerst mit dem Chefbeamden, bevor sie Stellung beziehe. Sie t, nicht gewusst zu haben, dass den Titel zu Unrecht führe. ndliche im Bundeshaus V Das Bundeshaus ist ab Donnersder Hand der Jugend. Im Rahmen ertägigen Jugendsession debattie00 Jungpolitiker über Themen wie eiz und Europa, Rassismus oder darbeitslosigkeit. Die Themen en per Online-Voting bestimmt. onkreten Forderungen, die zum nsende zuhanden des Parlaments schiedet werden, wollen sich die dlichen in die Politik einmischen. Neuö Zürcör Zäitung NZZ vom 13.11.2014, Seite 12.pdf Zu fromm für Geld vom Staat Subventionen für junge Christen verweigert Der Bund hat christlichen Jugendorganisationen die Förderungsbeiträge gestrichen – weil sie zu missionarisch sind. Nun muss das Bundesverwaltungsgericht entscheiden. Simon Hehli Vier Millionen Franken schüttet das Bundesamt für Sozialversicherungen (BSV) in diesem Jahr an verschiedene Jugendorganisationen aus. Nicht mehr vom staatlichen Geldsegen profitieren jedoch mehrere christliche Organisationen – so die Nachwuchsverbände der Heilsarmee, der Mennoniten und der Evangelisch-methodistischen Kirche, aber auch die Vereinigten Bibelgruppen oder der Verein Adonia, der christliche Musicalcamps veranstaltet. Ihnen und weiteren Organisationen hat das BSV insgesamt 670 000 Franken gestrichen, wie die «Reformierte Presse» berichtet. Das Bundesamt beruft sich auf das Kinder- und Jugendförderungsgesetz. Dieses knüpft die Subventionen an die Bedingung, dass der Zweck einer Organisation eine Förderung ist, «die auf den Bedürfnissen der Kinder und Jugendlichen» basiert. Laut BSV ist das bei den christlichen Jugendorganisationen nicht der Fall: «Sie stellen ihre Glaubenspraxis, die religiöse Unterweisung und die Verbreitung ihrer Glaubensgrundlagen ins Zentrum.» Den missionarischen Charakter bestreitet Andi Bachmann-Roth, der Jugendbeauftragte des Dachverbands Schweizerische Evangelische Allianz (SEA), gegenüber der NZZ nicht. Es sei durchaus ein Ziel der Organisationen, den Jugendlichen den Glauben näherzubringen. Doch erstens werde es den Jungen selber überlassen, ob sie das christliche Weltbild übernehmen wollten oder nicht. Und zweitens stehe die Glaubensvermittlung gleichberechtigt neben dem ganzheitlichen Fördern der Jungen – und sei diesem nicht untergeordnet, wie das BSV behaupte. Benedikt Walker, Geschäftsführer der Vereinigten Bibelgruppen, fühlt sich vor den Kopf gestossen, dass das BSV die Unterstützung strich, ohne das Gespräch zu suchen. «Dann hätten wir klären können, was das BSV genau von uns erwartet.» Zudem ist er irritiert, dass es einer Organisation nicht gestattet sein soll, eine christliche Weltanschauung zu verbreiten – gleichzeitig aber die Jungparteien von SP, SVP, FDP, CVP oder der Grünen Beiträge erhalten. «Man kann ja davon ausgehen, dass diese Organisationen auch in erster Linie ihre politischen Positionen vermitteln.» Eveline Zurbriggen, Bereichsleiterin für Kinder- und Jugendfragen am BSV, räumt ein, dass es da durchaus einen inhaltlichen Widerspruch gebe. Aber dieser sei vom Bundesrat so gewünscht: «Er hält in seiner Botschaft explizit fest, dass die Jungparteien gefördert werden sollen.» Erstaunlich ist auch, dass die Organisationen teilweise seit Jahrzehnten Bundesgelder erhielten, ohne dass sich jemand an ihrer missionarischen Ausrichtung gestört hat. Laut Zurbriggen durchleuchtet das BSV jedoch nicht jedes Jahr sämtliche geförderten Organisationen, sondern macht bloss Stichproben. Weil sich 2014 eine christliche Organisation neu bewarb, konzentrierte das BSV die Stichproben dieses Mal auf religiöse Vereinigungen. Mit der Folge eben, dass ein Grossteil die Überprüfung nicht überstand. Die Argumentation des BSV überzeugt die betroffenen Verbände jedoch nicht: Mehrere von ihnen sind mit einer Beschwerde ans Bundesverwaltungsgericht gelangt. Die Antwort ist noch ausstehend. Stromfirm feilschen um Die Stromwirtschaft w Der Bundesrat will Strom verpflichten, Effizienzmas men bei Kunden umzuset Gegen dieses Konzept der «weissen Zertifikate» tritt Branche mit einer Alterna dsc. V Bereits heute sind b Elektrizitätswerken Tipps zum sparen Teil des Kundendien Bundesrat will diesen Ansatz w wickeln. Darum schlägt er im des Gesetzespakets zur Ener gie 2050 vor, derartige Aktivi Pflicht zu erheben. Für die ein Strommenge könnten sich di firmen sogenannte «weisse Ze ausstellen lassen. Das Prinzip eine Stromfirma mehr als Bund geforderten Wert, kan Zertifikate für die Folgejahre a oder an andere Stromversorge fen, die ihre Ziele nicht erreich Dieses Modell wird vom Schweizerischer Elektrizitätsu men (VSE) bekämpft. Auch d nalrätliche Energiekommissi fiehlt mit Blick auf die parla schen Beratungen, dieses Kon der Gesetzesvorlage zu streich Die Strombranche will ni neuen komplexen flächend Modellen wissen. Effizienzmas bei Kleinkunden sollen weite im Rahmen von wettbewerblic schreibungen entschädigt wer heisst: Stromfirmen oder ande nehmen mit Ideen, wie man H zum Stromsparen animieren k nen sich beim Bund bewerbe wählt die günstigsten Projekte richtet entsprechende Beiträge dung «Diplomatenleben» lesen oder CAS buchen? <wm>10CAsNsjY0MDAx1TUysrAwNgEAlZv8yw8AAAA=</wm> <wm>10CB3JOw6DMBBF0RWNNZ_nyThTIjpEgbIBx5g6-6-CKG5xdLcta-GnZd0_65HCjEqqEYaUWktjT0RxvSnCyoK3APd2l2zdvtdrnjSiNwK0UyAmwcyGD5nWUH7n9Qc5C0VpaQAAAA==</wm> fad.zhaw.ch Herzliche Gratulation! Pressespiegel Zum erfolgreichen Abschluss Evangelisch-reformierte Landeskirche Graubünden die Tagesschule mit kleinen Klassen als Master of Advanced Studies in Financial Consulting <wm>10CAsNsjY0MDQx0TU2NbAwtwQA1m6BTg8AAAA=</wm> <wm>10CFXKoQ7DMAxF0S9y9JznzPYCq7CoYBoPmYb3_6jtWMElV2fO3gr-bWN_j1dXqJmwITy7Nha4ntNKRO0gvJ7giWRq0HnzYlYfBqzLCCjwhRSG1LaCWX6f7wHUMIM_cgAAAA==</wm> Rundum-Vollservice mit Zufriedenheitsgarantie 5-Tage-Tiefpreisgarantie 30-Tage-Umtauschrecht Schneller Lieferund Installationsservice Garantieverlängerungen Mieten statt kaufen Schneller Reparaturservice Testen vor dem Kaufen Donnerstag, 13. November 2014 V Nr. 264 NZZ vom 13.11.2014, Seite 53.pdf FEUILLETON 53 Neuö Zürcör Zäitung Im Zauberreich der Farbe Der revolutionäre Maler Augusto Giacometti im Kunstmuseum Bern sche Ausbildung erlangte er autodidaktisch und an der Zürcher Gewerbeschule. Seine Farbtheorie, die auf dem unmittelbaren Erleben und auch persönlichen Empfindungen beruht, weist denn auch keine Ähnlichkeit mit den Ideen von Goethe, Runge und Johannes Itten oder Josef Albers auf. Doch ist sie die Grundlage seines gesamten Schaffens. Ob die Fenster-Malereien für diverse Kirchen in Zürich, die Wandmalereien in der Eingangshalle der Regionalwache City der Stadtpolizei Zürich oder bekannte Bilder wie «Fantasie über eine Kartoffelblüte», sie basieren alle auf seiner Farbtheorie, die konzeptionell Ähnlichkeiten mit Paul Cézannes Malerei aufweist. Augusto Giacometti ist das am wenigsten bekannte Mitglied der Bergeller KünstlerDynastie. Seine selbst entwickelte Farbtheorie wirkt auch heute noch avantgardistisch. Die Berner Ausstellung schafft es, ihn aus der Versenkung zu holen, hat aber konzeptionelle Fehler. Simon Baur Vor dem Hintergrund des abstrakten Expressionismus der 1950er Jahre wurde Augusto Giacometti postum als Pionier der abstrakten Malerei reklamiert. Nur knapp hat er es damals verpasst, international bekannt zu werden, und bis heute hat sich daran nichts verändert. Seine drei Verwandten Giovanni, Alberto und Diego Giacometti sind nach wie vor bekannter, dabei hat Augusto Giacomettis Malerei durchaus avantgardistisches Potenzial. Zu Lebzeiten stiess sein Hang zur Farbe auf Unverständnis, im Volksmund war gar vom «Konfitüren-Giacometti» die Rede. Für Augusto Giacometti war die Beschäftigung mit Farbe existenziell, ohne sie konnte er nicht sein. Im wiederentdeckten Manuskript seines Radiovortrags «Die Farbe und ich» steht denn auch: «Immer war es mir, also ob es ein Leben der Farbe an sich geben müsse, losgelöst von jedem Gegenstand. Aber wie mit dem Studium über die Farbe an sich beginnen? Über die Flügel der Schmetterlinge, die ich damals im Jardin des Plantes malte, zog ich ein Netz aus ganz kleinen Quadraten. Hier waren die Quadrate sehr klein. Auf diese Weise konnte ich ablesen, wie viele Quadrate Schwarz, wie viele Quadrate Dunkelgrün und wie viele Quadrate Rot der Schmetterlingsflügel enthielt. Diese Quadrate zeichnete ich dann grösser, füllte sie mit der betreffenden Farbe aus und liess den Umriss des Schmetterlingsflügels weg; so hatte ich tatsächlich eine farbige Abstraktion ohne Gegenstand.» Konzepte mit Gefühl Er versucht aus dem Mikrokosmos den Makrokosmos zu verstehen. Doch so wichtig das Experiment mit dem Schmetterlingsflügel auch war, es befriedigte ihn nicht restlos. Die Zahl der Quadrate war International ein Unbekannter Feuerwerk oder Blütenschwindel? Augusto Giacometti: «Sommernacht», 1917. zu gross, er reduzierte sie auf neun, denn er war der Überzeugung, dass man mit «neun Quadraten auch die reichste und vollste Farbenharmonie einfangen» könne. Diese Struktur hielt er für Jahrzehnte bei, und er erwähnt in seinem Vortrag «Die Farbe und ich», seine neusten Farbabstraktionen seien 1933 auf einer Reise nach Torcello entstanden, als er versucht habe, «etwas vom Klang der alten Mosaike mit nach Hause zu nehmen». Diese Aus- MUSEUM OF MODERN ART, NEW YORK sage ist für seine Theorie zentral, es sind Klänge und Stimmungen, die er strukturell festhielt. Dies erklärt auch die Unmöglichkeit, die Harmonien vor den Originalen zu verifizieren. Nicht das Festhalten einer Abbildung war seine Absicht, er wollte ein Gefühl, eine Stimmung wiedergeben. Augusto Giacometti hat an keiner Kunstakademie studiert, an der er mit Kollegen über seine Farbstudien hätte philosophieren können, seine prakti- Wem gehört die Moschee von Córdoba? Brigitte Kramer Die andalusische Stadt Córdoba lebt von ihrem maurischen Erbe. Die berühmte Moschee steht seit 30 Jahren unter Unesco-Schutz, 600 000 Touristen haben dieses Jahr den Orangenhof, die islamische Gebetshalle und das darin eingebaute christliche Kirchenschiff gesehen. Seit ein paar Monaten nun debattieren Bürger und Bistum darüber, wem das Monument gehört und wie es präsentiert werden soll. Beten dürfen dort nur Christen, denn verwaltet und unterhalten wird der Tempel von der katholischen Kirche. Sie hat im Jahr 2006 die gesamte Anlage im Grundbuch als ihren Besitz eintragen lassen. Die Einnahmen – in Millionenhöhe – aus den Eintrittspreisen werden nicht versteuert, Ausgrabungen und Forschungen nicht gestattet. Die Schenkung durch König Ferdinand III. im 13. Jahrhundert und fast 800 Jahre Verwaltung berechtigten das Bistum dazu, so das Argument. Neue Zürcher Zeitung UND SCHWEIZERISCHES HANDELSBLATT Gegründet 1780 Der Zürcher Zeitung 235. Jahrgang REDAKTION Chefredaktor: Markus Spillmann Stellvertreter: René Zeller, Luzi Bernet (Nachrichtenchef) International: Eric Gujer, Cyrill Stieger, Andres Wysling, Andreas Rüesch, Werner J. Marti, Beat Bumbacher, Stefan Reis Schweizer Schweiz: René Zeller, Claudia Baer, Markus Hofmann, Paul Schneeberger, Simon Gemperli, Davide Scruzzi, Rund 400 000 Spanier, unter ihnen viele Intellektuelle, sehen das anders. Sie formierten sich zu einer Bürgerbewegung und fordern die Übergabe des Tempels an den Staat. Sie befürchten, die Welterbestätte verliere ihren Symbolwert für friedliches Zusammenleben der Religionen. Ein Anzeichen sei die Präsentation des Gebäudes als Kathedrale. Die Bezeichnung «Mezquita», Moschee, ist auf der Website, auf Tickets und Faltblättern verschwunden. Die katholische Kirche verdrehe die Geschichte, mindere den Wert muslimischer Kultur und verleugne die multikulturelle Vergangenheit der Stadt, so der Vorwurf der Bürgerbewegung «Mezquita-Catedral, öffentliches Kulturgut». Die Debatte entwickelt sich in Zeiten von Kirchenkritik in Spanien und internationaler islamistischer Bedrohung. Al-Kaida kündigte an, Andalusien von Ungläubigen zu «desinfizieren», und die Terroristen des Islamischen Staats kämpfen für ein Kalifat nach dem Vorbild der islamischen Expansion des 7. und 8. Jahrhunderts. Córdoba war im 10. Jahrhundert eine der wichtigsten Städte der Welt. Dort lebten rund eine halbe Million Juden, Christen und Muslime. Das Domkapitel hält es für unverantwortlich, diese Debatte jetzt loszutreten. Nicht, dass die Bürgerbewegung direkt mit dem Jihadismus etwas zu tun hätte, aber das Ganze sei kontraproduktiv, Michael Schoenenberger, Valerie Zaslawski, Frank Sieber Bundeshaus: Markus Häfliger, Christof Forster Bundesgericht: Katharina Fontana Medien: Rainer Stadler Wirtschaft / Börse: Peter A. Fischer, Werner Enz, Beat Gygi, Ermes Gallarotti, Sergio Aiolfi, Thomas Fuster, Christin Severin, Nicole Rütti Ruzicic, Andrea Martel Fus, Michael Rasch, Giorgio V. Müller, Michael Ferber, Thomas Stamm, Lucie Paška, Hansueli Schöchli, Thomas Schürpf, Zoé Inés Baches Kunz, Gerald Hosp, Jan Roth, Matthias Müller Sport: Elmar Wagner, Peter Jegen, Flurin Clalüna, Andreas Kopp, Benjamin Steffen, Daniel Germann, Anja Knabenhans Meinung & Debatte: Martin Senti, Elena Panagiotidis Panorama: Katja Baigger (Leitung), Manuela Nyffenegger, Susanna Ellner, Ruth Spitzenpfeil Lebensart: Jeroen van Rooijen (jvr.) Nachrichtenredaktion: Anja Grünenfelder (Leitung), Susanne Ostwald, Marc Ronner, Michèle Schell, Elena Panagiotidis Data-Journalismus: Alice Kohli Reporter: Marcel Gyr, Alois Feusi Wissenschaft: Christian Speicher, Alan Niederer, Stephanie Kusma, Lena Stallmach Beilagen (Bildung und Gesellschaft / Mobil _ Digital / Reisen und Freizeit): Walter Hagenbüchle, Stefan Betschon, Susanna Müller, Claudia Wirz, Michael Baumann, Andrea Hohendahl störe den sozialen Frieden und das gesellschaftliche Gleichgewicht in der Stadt. Dem halten die Vertreter der Bürgerbewegung entgegen, das Thema gehe ganz Europa etwas an. Al-Ándalus – so die Bezeichnung für die von 711 bis zum Ende der Reconquista anno 1492 muslimisch beherrschten Teile der Iberischen Halbinsel – sei ein europäisches Phänomen gewesen, zu dem der Kontinent bis heute nicht stehe, sagen sie. Ein soziologisches Forschungsinstitut in der Stadt beschäftigt sich nun mit dem Thema. Dessen Mitarbeiter Fernando Aguiar erklärt den Konflikt vor allem mit dem überkommenen Verhältnis zwischen Kirche und Staat in Spanien, «einem Erbe der Diktatur». Er kritisiert das Vorgehen der Kirche, noch kritischer ist er aber mit der Passivität von Stadtverwaltung und Regionalregierung. «Bis heute hat die Kirche in fast allen Bereichen enormen Einfluss, sie betreibt Schulen, hat hohe Einnahmen und viele Gläubige. Besonders hier in Andalusien kann es ausserdem viele Wählerstimmen kosten, wenn man sich gegen die Kirche stellt», sagt der Wissenschafter. Nur ein Generations- und Mentalitätswandel könne Konflikte wie den von Córdoba lösen, sagt er. «Erst wenn wir Entscheidungsträger haben, die allesamt in der Demokratie geboren und in Europa ausgebildet wurden, wird es eine Mehrheit geben, die die Trennung von Kirche und Staat unterstützt.» Müller. Produktionsleitung: Hansruedi Frei. Korrektorat: Yvonne Bettschen. Archiv: Ruth Haener WEITERE REDAKTIONEN NZZ-Folio: Daniel Weber. NZZ-TV: Tobias Wolff. NZZCampus: Ronald Schenkel. NZZ am Sonntag: Felix E. Müller. Rechtskonsulentin der Redaktion: Claudia Schoch. Projekte: André Maerz NZZ-MEDIENGRUPPE Veit V. Dengler (CEO) Zürich: Thomas Ribi, Christina Neuhaus, Dorothee Vögeli, Florian Sorg, Irène Troxler, Urs Bühler, Walter Bernet, Brigitte Hürlimann, Stefan Hotz, Adi Kälin, Natalie Avanzino, Andreas Schürer Zürcher Kultur: Urs Steiner, Philipp Meier, Ueli Bernays GESTALTUNG / PRODUKTION Leitung Art-Direction/Bild: Brigitte Meyer. Leitung Fotografen: Christoph Ruckstuhl. 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Kertész sagte, er habe sich geweigert, Orbáns Regime als Diktatur zu bezeichnen, da er eine solche Einschätzung für «verantwortungslos» halte. Der 85-jährige Kertész hat 2002 den Literaturnobelpreis für sein Gesamtwerk, in dem er seine traumatischen Erfahrungen des Holocaust und des Realsozialismus thematisiert, bekommen. Nachdem er um die Jahrtausendwende politisch desillusioniert nach Berlin gezogen war, kehrte er aus Krankheitsgründen 2012 nach Budapest zurück. Für Bestürzung sorgte Kertész im August, als er den Stephansorden annahm. Diese von Orbán reaktivierte Ehrung stammt aus der Zeit des autoritären Reichsverwesers Miklós Horthy, während deren Ungarns Juden nach Auschwitz deportiert wurden. Kritiker werfen Orbán vor, den Holocaust verharmlosen zu wollen. Kertész habe mit der Annahme dieses Ordens dessen Kurs legitimiert. Kertész sagte dazu im ungarischen Sender ATV: «Viele wollten es [die Annahme des Ordens] mir ausreden, als wäre es quasi ein Verbrechen gewesen. Mögen sie zum Teufel gehen, so ein Unsinn!» Inserate: Publicitas, NZZ Media, Seehofstr. 16, CH-8021 Zürich, Tel. 044 258 16 98, Fax 044 258 13 70 E-Mail: anzeigenNnzzmedia.ch, Internet: www.nzzwerbung.ch Druck: Zürcherstr. 39, CH-8952 Schlieren; Briefe: Postfach, CH-8021 Zürich, Tel. 044 258 11 11, Fax 044 258 18 74, E-Mail: printNnzz.ch Studenten und Lernende: 40 Prozent Rabatt auf Abonnementspreise (mit gültigem Studenten- oder Lehrlingsausweis) PREISE ABONNEMENTE (inkl. MWSt.) Abonnement NZZ inkl. digitaler Ausgaben: 649 Fr. (12 Monate), 358 Fr. (6 Monate), 195 Fr. (3 Monate) Abonnement NZZ Digital: 479 Fr. (12 Monate), 265 Fr. (6 Monate), 145 Fr. (3 Monate), 47 Fr. (10 Wochen) Pendlerabo NZZ: 554 Fr. (12 Monate), 299 Fr. (6 Monate), 166 Fr. (3 Monate), 57 Fr. (10 Wochen). Montag bis Samstag digital, am Samstag zusätzlich die gedruckte Ausgabe Abonnement Deutschland und Österreich inkl. digitaler Ausgaben: 498 € (12 Monate), 268 € (6 Monate), 135 € (3 Monate) Übrige Auslandpreise auf Anfrage Kombi-Abonnement NZZ und NZZ am Sonntag inkl. digitaler Ausgaben: 759 Fr. (12 Monate), 426 Fr. (6 Monate), 239 Fr. (3 Monate), 90 Fr. (10 Wochen) Anzeigen: gemäss Preisliste vom 1. 1. 2014 Pressespiegel Evangelisch-reformierte Landeskirche Graubünden Feuilleton: Martin Meyer, Roman Hollenstein, Angela Schader, Peter Hagmann, Barbara Villiger Heilig, Andreas Breitenstein, Claudia Schwartz, Andrea Köhler, Uwe Justus Wenzel, Roman Bucheli, Susanne Ostwald, Samuel Herzog Augusto Giacometti. Die Farbe und ich. Kunstmuseum Bern. Bis 8. Februar 2015. Katalog. Ein Orden und ein Interview Maurisches Erbe, katholische Besitzstandwahrung – Bürger machen sich stark für die Multikulturalität der Stadt Internationale islamistische Bedrohung, Europas Umgang mit der eigenen islamischen Vergangenheit und Spaniens Verhältnis zur katholischen Kirche stehen hinter einer Debatte, die Córdoba bewegt. Die Farbstudien bilden die Klammer zur Berner Ausstellung, die mit zahlreichen unbekannten Werken brilliert und Augusto Giacometti als Avantgardisten der Abstraktion inszeniert. Das ist berechtigt, denn er ist im Ausland ein Unbekannter, hat aber das Potenzial von Kandinsky und Mondrian. Dass Bern diesen Effort unternimmt, ist lobenswert. Das Kunsthaus Zürich hat dies unverständlicherweise verpasst, zahlreiche biografische Bezüge Giacomettis gehen nach Zürich, in naher Umgebung des Kunsthauses finden sich auch die Wandmalereien und Glasscheiben, die er für die Polizeiwache und die diversen Kirchen geschaffen hat. Die Visualisierung der Glasscheiben mittels eines Livestream ist denn auch der schwächste Teil der Berner Ausstellung, die Präsentationsform ist gut gemeint, überzeugt aber überhaupt nicht. Auch der Versuch der Kuratoren, Augusto Giacometti durch Vergleichsbeispiele anderer Künstler in den internationalen Malereidiskurs einzubinden, überzeugt nicht. Die Werke von Adolf Hölzel, Josef Albers, Ernst Wilhelm Nay, Johannes Itten, Jerry Zeniuk und Raimer Jochims lassen bestimmte Farbgesetzmässigkeiten erahnen, basieren aber auf anderen Ideen als Augusto Giacomettis Farbstudien. Wenn der Raum mit diesen unterschiedlichen Positionen zu etwas taugt, dann zur Aussage, wie sehr viel interessanter Giacometti als die Vorgenannten ist und wie variabler er seine künstlerischen Mittel einzusetzen verstand. Alle Preise gültig ab 1. 1. 2014 Die Abonnentenadressen werden, soweit erforderlich und nur zu diesem Zweck, an die mit der Zustellung betrauten Logistikunternehmen übermittelt. BEGLAUBIGTE AUFLAGE Verbreitete Auflage: 126 795 Ex. (Wemf 2013) .................................................................... Alle Rechte vorbehalten. Jede Verwendung der redaktionellen Texte (insbesondere deren Vervielfältigung, Verbreitung, Speicherung und Bearbeitung) bedarf der schriftlichen Zustimmung durch die Redaktion. Ferner ist diese berechtigt, veröffentlichte Beiträge in eigenen gedruckten und elektronischen Produkten zu verwenden oder eine Nutzung Dritten zu gestatten. Für jegliche Verwendung von Inseraten ist die Zustimmung der Geschäftsleitung einzuholen. * Neue Zürcher Zeitung AG EGEL ...................... mmung op lancierte Überbevölnatürlichen s Bevölkewanderung . Das enterung von Wirtschaft ührung des ichen würweiter, dass gshilfebudg investiert lt ein Nein. ...................... P,...................... EDU, EVP Z, SO, LU, TI ...................... en, alle grosmerdachverbänJustitia et Pax ...................... nitiative e Erwerbseisten Kanrung: Statt dem Vernach den euert. Die den Steuerwill diese haffen. Die ch Landesdoch die en in der nd in Bergen, drohen itsplatzverblehnung. e, Schweizer ...................... ...................... immfreigabe: se, Unia, VPOD ...................... zdirektoren, skantone, Ge, Gewerbeotelleriesuisse, Arbeitsgemein- Neuö Zürcör Zäitung Samstag, 8. NZZ vom 8.11.2014, Seite 12.pdf Firmen wegen Menschenrechtsbruch einklagen Der Bund prüft neue Wege zu Wiedergutmachungen bei Verfehlungen im Ausland Die Einklagbarkeit von Firmen wegen Menschenrechtsverletzungen im Ausland erhält Sukkurs. Ein Vorstoss will ähnliche Aspekte in die anstehende Aktienrechtsrevision hieven. Davide Scruzzi Seit Jahrzehnten prangern Nichtregierungsorganisationen immer wieder Fälle an, in denen Schweizer Firmen in Menschenrechtsverstösse im Ausland verwickelt sind. Die Chancen für Geschädigte, via Schweizer Gerichte zu Recht oder Genugtuung zu gelangen, sind meist gering. Der Bundesrat ist bereit, hierfür neue Lösungen zu prüfen. Er hat ein Postulat der aussenpolitischen Kommission des Ständerats zur Annahme empfohlen. Der Bundesrat hält dabei fest, dass seine wohlwollende Haltung zum Vorstoss und die Erarbeitung eines Berichts kein Präjudiz dar- stellten. Es gilt also, die Vor- und Nachteile einer solchen Ausweitung der hiesigen Gerichtspraxis genau abzuwägen. Das Spektrum denkbarer Lösungen ist indes bereits weit. Sowohl von gerichtlichen wie nichtgerichtlichen Massnahmen ist die Rede. Als nichtgerichtliche Massnahme besteht schon heute der OECD-Kontaktpunkt beim Staatssekretariat für Wirtschaft, der Mediationsverfahren zwischen Firmen und Nichtregierungsorganisationen führt. Der Vorstoss steht im Kontext breiter Bemühungen um eine Ausweitung der gesellschaftlichen und ökologischen Verantwortung bei Auslandsinvestitionen, ausgehend von der Debatte im Rohstoffsektor. International haben die «Ruggie-Kriterien» der Uno dem Thema Wirtschaft und Menschenrechte Gewicht verliehen. Zur Umsetzung dieser Ruggie-Kriterien erarbeitet der Bund derzeit eine eigentliche Strategie. Bereits im Mai hat der Bundesrat Möglichkeiten für Gesetzesvorschläge aufgezeigt. Denkbar sei eine Erweite- rung der Sorgfaltspflichten von Verwaltungsräten um Aspekte der Menschenrechte und des Umweltschutzes, so der damalige Bericht. Möglich sei auch eine Pflicht zur Behandlung von Menschenrechtsaspekten in den Jahresberichten der Firmen. Eine Motion der Aussenpolitischen Kommission des Nationalrates verlangt, dass diese Vorschläge bereits in der anstehenden Revision des Aktienrechts umgesetzt werden. Die Vernehmlassung dazu dürfte der Bundesrat in den nächsten Wochen präsentieren. Doch wie das Bundesamt für Justiz mitteilt, kommt darin die Verwaltungsrats-Verantwortung nicht vor. Es wird aber eine Transparenzrichtlinie für Zahlungen von Rohstofffirmen an Staaten vorgeschlagen. Politischer Druck wird von der Plattform «Recht ohne Grenzen» ausgeübt, einem Zusammenschluss von zahlreichen bekannten Nichtregierungsorganisationen. Diese planen eine Volksinitiative zur unternehmerischen Verantwortung bei Menschenrechtsfragen. «Mea culpa» von Margret Kiener Nellen Die Berner SP-Steuerpolitikerin erklärt die Null in ihrer Steuererklärung Als linke Politikerin hätte sie ihr steuerbares Einkommen niemals mittels Steuerabzügen auf null drücken dürfen, sagt SP-Nationalrätin Kiener Nellen. hä. Bern V Einen Tag nachdem ihre Steuerdaten publik geworden sind, hat Margret Kiener Nellen die Flucht nach vorn angetreten. An einer Medienkonferenz legte die Berner SP-Nationalrätin nicht nur ihre Steuerzahlen offen, sondern auch diejenigen der Firma ihres Mannes. Damit reagierte sie auf die Kritik am Umstand, dass sie und ihr Mann im Jahr 2011 kein Einkommen versteuert hatten – und dies bei einem Vermögen von über 12 Millionen Franken. Die Null war zustande gekommen, weil sich ihr Ehemann mit 400 000 Franken in die Pensionskasse (PK) eingekauft hatte (NZZ 7. 11. 14). «Mir ist klar, dass ein Einkommen von null bei einer linken Politikerin viele Fragen aufwirft», sagte Kiener Nellen. Sie hätte den Steuerabzug daher «nie zulassen dürfen». Gleichzeitig bestritt sie, steuerliche Vorteile erzielt zu haben. Ihr Mann werde das zusätzliche PK-Geld nach der Pensionierung nicht in Kapitalform beziehen (wodurch er massiv Steuern sparen würde), sondern als Rente. Dadurch könnte – je nach Lebensdauer – am Ende sogar eine höhere Besteuerung resultieren, als wenn er den PK-Abzug nicht vorgenommen hätte, sagte Kiener Nellen. Trotzdem bezeichnet sie den PK-Einkauf rückblickend als «Fehler». Die politische Brisanz im an sich legalen Steuergebaren liegt darin, dass Kiener Nellen als Politikerin vehement gegen «Steuerschlupflöcher» kämpft – explizit auch gegen solche in der 2. Säule. Die «Weltwoche», die die Steuerdaten publik gemacht hatte, hatte auch kritisiert, dass Alfred Nellen sein Indus- trieunternehmen in Burgdorf via eine Holding halte, was ebenfalls nur der Steueroptimierung diene. Dazu sagte Kiener Nellen, die Holdingkonstruktion sei «eine zwingende Auflage» der kreditgebenden Bank gewesen. Die Steuerdaten legen zudem nahe, dass Alfred Nellen seit der Übernahme im Jahr 2005 die zuvor kriselnde Firma erfolgreich saniert hat. Der Vermögenszuwachs von null auf über 12 Millionen Franken innert sieben Jahren sei auf den steigenden Wert dieser Firmenaktien zurückzuführen, führte Kiener Nellen aus. An ihrer Kritik an Bundesrat Johann Schneider-Ammann, der ebenfalls wegen Steuersparkonstrukten in die Schlagzeilen geraten war, hält Kiener Nellen fest. Ihr Fall sei überhaupt nicht mit Schneider-Ammann vergleichbar, weil keine Offshore-Konstrukte im Spiel seien. Politisch werde sich an ihren Meinungen und Aktivitäten jedenfalls nichts ändern, sagte Kiener Nellen. ...................... ettet unser dass die 20 Prozent lten muss. zwingend Pressespiegel Bauern gegen Entwicklungshelfer Evangelisch-reformierte Landeskirche Graubünden Finanzkommission kürzt Budget der Auslandhilfe zugunsten der Landwirtschaft Die Finanzkommission des arbeit im Gegenzug um 99 Millionen ge- der Kürzung keine Probleme. In diesem APROPO Just der J Katharin men Scha len Europ iago de C der Schw Weiler un sern und emsigen u mit denen schenden men», w Jakobswe überall g idyllisch z im Schwy matt und rem Geg Anlass zu der Streck nicht meh dem Trot marschier vor einige Waldweg Die Be die der F führt, wo Die Wand dem sei d fen. Die Pfades lie behördlic eruieren. Waldbode auf harte legung d Schweizer ist auch n Schwyzer Europäisc schenrech noch wan ebenfalls besitzern übrig, als finden. W fürchten, zu treffen Spazierwe sagen sow auch die S Kan L GPK z (sda) V D sion des N Informati Personenf wirkunge naten wiehre Familie Praxis aber ählten, wie rerer Jahre wird rum Ende t zwischen und dem ntes Asylaaxer GeBaubewiles ehemaein Asyl- hatte das 3 gemietet Betrieb des Doch die e negative rismus. Sie einer Plaese bis vor t in Laur den Kürwiesen die utzung des ieren. Der dem Urteil ie Umnutalen Amts- niger Wober einzietizdirektor rage sagte. lligung invor dem icht erhonicht, dass irkung zuhtlich, dass otz den Beer und Tourde. Dafür ne Steuerschen ihre n. bar, dass der Familiennachzug für gewisse Kategorien dann zur Diskussion steht. Wie die EU-Staaten darauf regieren, ist offen. Ihre Bürger leben auch NZZ vom 8.11.2014,PETER Seite 13.pdfnicht mehr in den sechziger Jahren. Saisonniers und ihren Familien sagt Unia den Kampf an. STUDER / KEYSTONE Das lange Warten aufs Bundesgericht In St. Gallen beschäftigt ein Kopftuchverbot im Schulunterricht Justiz und Politik Die Debatte um das Tragen von Kopftüchern an Schulen bewegt in St. Gallen Justiz und Politik. Das Verwaltungsgericht hat den Fall eines muslimischen Mädchens zu beurteilen, während die Regierung die Grundlage für ein Kopftuchverbot schaffen will. Jörg Krummenacher, St. Gallen Am Beispiel eines 13 Jahre alten, aus Bosnien-Herzegowina stammenden muslimischen Mädchens dürfte sich weisen, ob das Tragen eines Kopftuchs in Schweizer Schulen durch die Glaubens- und Gewissensfreiheit geschützt ist. Das mit seiner Familie in St. Margrethen wohnhafte Mädchen hatte sich geweigert, ohne Kopftuch in die Schule zu gehen. Damit geriet es in Widerspruch zur Schulordnung St. Margrethens, die das Tragen von Kopfbedeckungen während des Unterrichts untersagt. Der Schulrat pochte in einer Verfügung folglich auf den Schulbesuch ohne Kopftuch, eine Haltung, die vom sankt-gallischen Bildungsdepartement geschützt wurde. Die Familie zog den Entscheid, unterstützt durch den islamischen Zentralrat, ans sankt-gallische Verwaltungsgericht weiter. Dieses hat die Beschwerde am Freitag öffentlich verhandelt. Genügende Gesetzesgrundlage Zentrale Frage ist, ob eine Schulordnung, und sei sie wie in St. Margrethen vom Volk autorisiert, eine genügende Grundlage darstellt, um einen schwer- wiegenden Eingriff in die Religionsfreiheit zu legitimieren. In einem Entscheid zu einem ähnlichen Fall im thurgauischen Bürglen entschied das Bundesgericht im Sommer 2013, dass weder der allgemeine Zweckartikel des Volksschulgesetzes noch die gesetzlich vorgesehene Kompetenz der Schulgemeinde, eine Schulordnung zu erlassen, als Rechtsbasis ausreiche. Allerdings zeigte sich das Bundesgericht gespalten, und es liess die grundsätzliche Frage offen, ob ein hinreichendes öffentliches Interesse bestehe, ein Kopftuchverbot durchzusetzen. Das Verwaltungsgericht in St. Gallen wird seinen Entscheid am kommenden Dienstag fällen, nachdem vor den Schranken die Anwältin der muslimischen Familie wie auch der Anwalt des Schulrats St. Margrethen ausführlich ihre Interpretationen dargelegt haben. Ein Kopftuchverbot sei diskriminierend, hiess es von der einen Seite, religiöse Symbole hätten im Schulzimmer nichts zu suchen, von der andern. Politisch aufgeladenes Thema In den Parteivorträgen vermischten sich juristische, weltanschauliche und gesellschaftspolitische Argumente. Die Diskussion über die Kopftuchfrage ist im Kanton St. Gallen derzeit denn auch stark parteipolitisch geprägt: Das Thema wird in der anstehenden Novembersession des Kantonsrats eines der Haupttraktanden sein. Anfang Woche hat sich die Regierung bereit erklärt, auf zwei Motionen von SVP und Jung-SVP einzutreten und eine gesetzliche Regelung zu Bekleidungsvorschriften in der Schule auszuarbeiten. Die Regelung zielt auf ein Kopftuchverbot. Die Debatte im Kantonsrat wird, so viel lässt sich voraussagen, heftig verlaufen. Im Thurgau hatte jüngst das Kantonsparlament zur selben Frage Stellung zu nehmen. Es sprach sich, entgegen dem Antrag der Regierung, gegen ein Kopftuchverbot aus. In ihrer Argumentation zeigt sich die sankt-gallische Regierung deckungsgleich mit dem Votum des Anwalts des Schulrats St. Margrethen vor dem Verwaltungsgericht. Der Anwalt seinerseits übernahm die Argumentation des sankt-gallischen Bildungsdepartements, das den Rekurs der muslimischen Familie gegen das Kopfbedeckungsverbot abgelehnt hatte. Die sankt-gallische Regierung findet sich somit vollumfänglich auf der Argumentationslinie des von SVP-Regierungsrat Stefan Kölliker geführten Bildungsdepartements, das sich als Hardliner in der Frage eines Kopftuchverbots profiliert hat. Ihr Einschwenken hat der Regierung seitens der Jungfreisinnigen bereits den Vorwurf eingetragen, sie blase «in dasselbe populistische Horn wie die (Junge) SVP». Zu befürchten seien nun «obskure Gesetzesvorlagen», die Vorurteile schürten. Vor diesem aufgeladenen Hintergrund wird das sankt-gallische Verwaltungsgericht am Dienstag sein Urteil bekanntgeben. Dieses wird dann wohl – von der einen oder der anderen Seite – ans Bundesgericht weitergezogen werden, damit dieses endlich auch inhaltlich entscheiden kann, ob das religiös motivierte Tragen eines Kopftuchs während des Unterrichts erlaubt ist oder nicht. Pressespiegel Evangelisch-reformierte Landeskirche Graubünden zogen die nistan und gemietete trieb der problemlo Wie Ho zess auch zählenden rig werde nur vom K Kooperati gewiesen, brauchen» liche Ko dazu, dass Unterbrin fast einer Suhr verli gen Schwe Stadtrat v Bundesge eines ehe hier nütz hörden ni gerungen Ka Die Berei Plätze für ten, dürfte tiv auswir vor allem den. Die darauf, da unterstütz Schulunte henden Pf Kinder zu Susann Suche nac Derzeit le 2800 Asyl Kantons u legung d liegt bei 1 ein Wert v fehlen 300 meinden b linge, wie nerzahl ei dafür ist, Möglichke zu leisten, von rund 2 Samstag, 8. November 2014 V Nr. 260 Neuö Zürcör Zäitung NZZ vom 8.11.2014, Seite 51x.pdf Im Westen angekommen Die Germanistin Lisa D. hält Rückschau auf ein Vierteljahrhundert im Westen Als die Mauer fiel, war Lisa D. 29 Jahre alt und überzeugte Sozialistin. Sie erzählt von den Mühen einer akademischen Karriere, vom Bewusstseinswandel durch Auslandaufenthalte und vom allmählichen Abschied von Illusionen. Sieglinde Geisel Wenn Lisa D. im Ausland nach ihrer Herkunft gefragt wird, sagt sie heute einfach «aus Deutschland». Dass sie aus dem Ostteil des Landes stammt, verschweigt sie nicht – «schon weil ich mich damit interessant mache, das weckt sofort Neugier», sagt sie lächelnd. Aber es steht nicht mehr an erster Stelle. Früher war es ihr in den Ferien oder an Tagungen wichtig gewesen, sofort klarzustellen, dass sie mit den arroganten, lauten Westdeutschen am Nachbartisch nichts zu tun hatte. «Neugierig gegenüber allem Fremden, kritisch gegenüber allem Westlichen», so hatte sie ihre Haltung zehn Jahre nach dem Mauerfall formuliert, als sie ein erstes Mal für ein NZZ-Porträt Bilanz zog, damals unter dem Titel «Vom Osten ist nichts geblieben» (NZZ 9. 11. 1999). Neugierig ist sie immer noch und kritisch ebenfalls, aber die Formulierung stimme so nicht mehr. «Inzwischen bin ich ja selbst Teil des Westens. Das ändert die Perspektive.» Es hatte lange gedauert, bis Lisa im Westen angekommen war. «Die ersten fünfzehn Jahre nach dem Mauerfall stand ich draussen, ich fühlte mich nicht zugehörig.» Zum Zeitpunkt der Wende war Lisa 29 Jahre alt und wissenschaftliche Mitarbeiterin der Ostberliner Akademie der Wissenschaften. Die akademische Welt, in der ihr beruflicher Weg gesichert schien, brach über Nacht zusammen. Die Professoren, bei denen sie promovieren wollte, wurden abgewickelt, alles stand zur Debatte. «Wenn man ständig evaluiert wird, fühlt man sich nicht als Teil einer Gesellschaft. Wir Ostler waren nach der Wende überall in der Minderheit, die Professoren kamen ja nun alle aus dem Westen.» Bekenntnis zur SED-Mitgliedschaft Im ersten Nach-Mauer-Jahr, als die Ost-West-Neugier noch frisch war, hatten wir uns an einem Seminar an der FU kennengelernt. Als Schweizerin war ich kein echter Wessi – welche Rolle das für unsere Gespräche spielte, begriffen wir erst nach und nach. Es gehörte Mut dazu, sich zu einer SED-Mitgliedschaft zu bekennen, doch Lisa wäre es nie eingefallen, ihre Vergangenheit zu verleugnen. Ihre sozialistische Überzeugung vertrat sie mit Vehemenz. Auf einer Party in Kreuzberg, auf die ich sie mitgenommen hatte, schockierte sie die Anwesenden mit dem freimütigen Geständnis, dass sie eine dieser «roten Socken» sei, die sich nach der Maueröffnung wochenlang nicht hatten überwinden können, rüber nach Westberlin zu gehen. Eine Verweigerung aus Trotz, vielleicht auch aus einer gewissen Scham, so erinnert sie sich heute. «Abgesehen davon waren uns damals auch andere Dinge wichtiger. Es passierte so viel in diesen ersten Wochen: die Diskussionen in den politischen Organisatio- nen und zu Hause, die Flut von Enthüllungen über die reale wirtschaftliche Lage, die Funktionärsvillen in Wandlitz, über das ZK und die Stasi. Dann die Demonstrationen gegen die Wiedervereinigung – ich war ja überzeugt von der Idee einer ‹anderen› DDR, einem dritten Weg.» Dank Gorbatschow schien Veränderung möglich, ein Aufbrechen der erstarrten Strukturen. Lisa und ihr Ex-Mann gehörten zum SED-Reformflügel. Von den Parteiversammlungen waren sie beide enttäuscht, immer wieder neu empörten sie sich über die Unfähigkeit der eigenen politischen Klasse. Als wir Anfang der neunziger Jahre in einer von Frank Castorfs Multimedia-Inszenierungen in der Volksbühne sassen und auf Videobildschirmen Aufnahmen eines SED-Parteitags sahen, lachte ich unbekümmert, dann merkte ich, wie Lisa in Schweigen versank. Für sie war es eine Konfrontation mit der eigenen Biografie, für mich absurdes Theater. Die Fremdheit, die wir damals verspürten und vielleicht nur deshalb überwanden, weil ich kein echter Wessi war, wäre heute Anlass für eine reflektierte Diskussion ohne Verletzungsgefahr. Aufbruchgefühl vor dem Mauerfall Im Gegensatz zur FDJ, die Lisa als eine ermutigende «Spielwiese für Verantwortung» erfahren hatte, sei die SED vor allem auch eine Erfahrung in Disziplinierung gewesen. «Wir haben uns als denkende Menschen nicht ernst genommen gefühlt.» Der Mauerfall – vor fünfzehn Jahren hatte sie noch vom «Kollaps» oder «Zusammenbruch der DDR» gesprochen – habe ihre Generation um eine Chance betrogen, nicht nur hinsichtlich des Berufseinstiegs. «Wir dachten ja, wir könnten die Welt verändern!» Eine schöne Illusion, aus heutiger Sicht, und doch bleibt das enthusiastische Aufbruchgefühl von damals eine Sozialisationserfahrung, um die ihre Kinder sie beneiden. Ihr mittlerweile 31-jähriger Sohn und die 27-jährige Tochter seien überraschend stark von der DDR geprägt, obwohl sie zum Zeitpunkt des Mauerfalls noch nicht einmal Schulkinder waren. «Für sie ist der Kapitalismus auch heute nicht selbstverständlich. Niemand ist ohne Bruch aus dieser Zeit hervorgegangen, und die Kinder haben die Verunsicherung der Erwachsenen in ihrem Umfeld aus nächster Nähe miterlebt, die Angst vor Arbeitslosigkeit und Statusverlust.» Kaum jemandem von Lisas Kollegen in der Ostberliner Akademie der Wissenschaften ist eine wissenschaftliche Laufbahn geglückt; sie unterrichten heute Deutsch als Fremdsprache, sind als Legasthenie-Trainer tätig oder redigieren Ärztezeitschriften. Der Osten habe nach dem Mauerfall auch Arbeitsmarktprobleme des Westens gelöst: An den Universitäten, im Bankenwesen und im Rechtswesen wurden die oberen Posten neu besetzt. So hätten viele Westler in der ehemaligen DDR unerwartete Aufstiegschancen bekommen – auf Kosten ihrer Generationsgenossen. Lisa hat 1994 promoviert, magna cum laude, von 1997 bis 2003 war sie Assistentin an der HumboldtUniversität, 2003 folgte die Habilitation. Die Hoffnung auf eine Professur in der Germanistik hat sie inzwischen allerdings aufgegeben. Sie hat an internationalen Universitäten Gast- und Vertretungsprofessuren wahrgenommen und wird regelmässig als Referentin zu Konferenzen eingeladen. Doch alle ihre Verträge sind befristet, keiner lief länger als drei Jahre. «Im Gegensatz zu vielen anderen hatte ich jedoch das Glück, dass es immer wieder weiterging, wenn auch manchmal knapp.» Ab Herbst hat sie wieder eine Gastprofessur an einer Berliner Universität, für anderthalb Jahre. Es ist für Lisa schwer zu akzeptieren, dass ihr – trotz Gastprofessuren etwa an der Georgetown University in Washington D. C. oder der Leuphana-Universität in Lüneburg und trotz hervorragenden Beurteilungen seitens der Studenten – alle paar Jahre der Gang zum Arbeitsamt droht, auch wenn sie ihre berufliche Situation gelassener sieht als früher und weiss, dass es Kollegen aus dem ehemaligen Westen genauso geht. Früher hatte sie sich als ehemalige DDR-Bürgerin strukturell benachteiligt gefühlt. Inzwischen sieht sie es anders. Es habe auch mit ihrer Weigerung zu tun, sich bei Bewerbungen strategisch zu verhalten. «Wer bei sich bleibt, bezahlt dafür eben einen Preis.» An guten Ratschlägen hatte es nach der Wende nicht gefehlt: Sie solle zum Bewerbungsgespräch keinen kurzen Rock anziehen, es empfehle sich, die Bücher der Beurteilenden zu lesen und bei der Wahl von Forschungsthemen auf die Vergabe von Drittmitteln zu achten. «Das habe ich abgelehnt. Zur Bewerbung um mein Promotionsstipendium bin ich im Minirock erschienen, und ich habe das Gespräch gleich mit einem Marx-Zitat angefangen.» Dass sie das Stipendium erhalten hat, habe wohl daran gelegen, dass ihr Dissertationsthema zur Forschungspolitik passte: Es ging um die Rolle von Autorinnen in der inoffiziellen DDR-Literaturszene. Jenseits von Ost und West Mit dem zeitlichen Abstand zum Mauerfall verschieben sich die Gewichte für Lisa: Mehr und mehr wird das Politische vom Privaten überlagert. Inzwischen hat sie den weitaus grösseren Teil ihres Erwachsenenlebens im Westen verbracht, und in einem fast unmerklichen Prozess schiebt sich das Älterwerden allmählich über die politischen Ereignisse: Die Tatsache, dass mit Merkel und Gauck zwei Ostdeutsche an der Spitze des deutschen Staats stehen, freut sie zwar, doch es sei ein Zeichen von Normalität und nichts, was sie als ehemalige DDR-Bürgerin nun mit Stolz erfüllen würde, «und es ist natürlich kein Zufall, dass es Personen aus kirchlichen Kreisen sind, die es bis ganz nach oben geschafft haben». Anderes ist wichtiger. Für ihr Gefühl der Zugehörigkeit zum Westen seien längere Auslandaufenthalte entscheidend gewesen, an Universitäten in England, Frankreich und den USA. Am stärksten jedoch haben zwei Beziehungen mit Männern aus Südamerika und Afrika ihr Bewusstsein verändert. Bei Besuchen habe sie gesehen, was lebenslange Armut bedeutet. «Etwa, dass man sterben kann, wenn man ernsthaft erkrankt. Ich bin dankbar für das Privileg, in einer demokratischen und hochindustrialisierten Gesellschaft zu leben.» Der Blick von aussen auf das eigene Leben, das eigene Land, auf ganz Europa hat die Wirklichkeit neu sortiert, jenseits von Ost und West. Von Afrika aus gesehen spiele die Binnendifferenzierung keine Rolle. «Da gehöre ich einfach zu den Reichen.» AUSSTELLUNGEN Pressespiegel ..................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................... Anders als gedacht Evangelisch-reformierte Landeskirche Graubünden edz. V Viele Ideen und Projekte entwickeln sich anders als geplant. Die drei Bögen aus Backstein von Vincent Ganivet (*1976) etwa. Dank einge- von Texten deutlich. In ihrer Videoarbeit «Mother Tongue» hat die Künstlerin fünf im Exil lebende Personen aus den Vorstädten von Paris gebeten, einen bekannten politischen Text zu wählen, ihn in Pedro Azara, die Entwicklung des europäischen Geistes im Mittelmeerraum zu visualisieren. Ein lohnender Ansatz, weil sich in unserer globalisier- St Aldo Ke land Pr völkeru über ei obligato steigt d Denkm neberg seinen schliess den Tex erdings beim R Smartp spreche Dies nicht a AM M Wa Ta Ein scher S sich die mune e schichts wirft d kaum m chen. W chisch habe R zwische Vizebü hatte, a Hymne ............... Literatu (sda) V geht an Jury ze «Termi einem rien, da ist eine Schrifts malige tismus Bücher jedoch Ein Tun (sda) V Mexiko die Ku Wissen welt» v Sonnen Schlang gaben g Sergio Edelste 6. Jahrh tropole te der W ken da Ruinen gang de unklar. Weltku NZZ vom 8.11.2014, Seite 57.pdf «Wir sind verlassen von einem universalen Gott . . . Uns leiten weder himmlische noch irdische Wegweiser.» – Imre Kertész in Berlin, 2009. ISOLDE OHLBAUM Unsere Verlorenheit denken Ein europäischer Intellektueller mit widerständigen Idealen – das heimliche Leben des Imre Kertész. Von László F. Földényi Nach langen Jahren in Berlin lebt der Literaturnobelpreisträger Imre Kertész heute betagt und zurückgezogen wieder in Budapest. Als Überlebender des Holocaust und des Realsozialismus hat er sich Illusionslosigkeit und Idealismus gleichermassen bewahrt. Am 9. November feiert Kertész seinen 85. Geburtstag. Erst neulich habe ich ihn wieder in Budapest besucht, wohin er vor zwei Jahren aus Berlin umgezogen ist. Mit seinem kranken Körper setzt er keinen Fuss mehr über die Schwelle seiner Wohnung, sein Geist ist aber nach wie vor rege und kennt keine Schranken. Ich rief unsere erste Begegnung in Erinnerung. Wir lernten uns kennen, als sein Name in Ungarn noch fast unbekannt war: 1982. Sieben Jahre waren damals seit der ungarischen Erstveröffentlichung des «Romans eines Schicksallosen» schon vergangen, aber der Roman war noch immer ohne Echo geblieben. Tankred Dorst, dessen Buch «Merlin» Kertész ins Ungarische übertragen hatte, hielt sich gerade in Budapest auf. Wir begegneten uns zum ersten Mal bei einem Treffen zu Ehren Dorsts im PEN-Klub. Es fiel auf, dass er sich immer so positionierte, dass er möglichst im Hintergrund blieb, aber jederzeit vortreten konnte. Er zeigte sich gefällig, versuchte aber auch unauffällig zu bleiben. Es ist schwer, beides miteinander in Einklang zu bringen. Auch deshalb wirkte sein ständiges Lächeln wie eine Maske, hinter die er weder damals noch später allzu viel Einblick gewährte. Als trüge er ein Geheimnis in sich, das er nie jemandem verraten würde. «Ich hatte immer ein heimliches Leben, und immer war das das wahre.» So lautet einer der letzten Sätze, die von ihm bis zum heutigen Tag im Druck erschienen sind. Genauso hätte aber auch der erste Satz seines Werkes lauten können. Spur der Schicksallosigkeit Tankred Dorst blieb damals mehrere Tage in Budapest. Ljubimow, der russische Regisseur, inszenierte gerade «Don Giovanni» in der Budapester Oper und lud Dorst zur Generalprobe ein. Dorst wurde auch von Kertész begleitet, der nicht nur sein Übersetzer, sondern auch sein Dolmetscher war. Im Zuschauerraum wurde mehrfach gedolmetscht: Dort sassen die offizielle russisch-ungarische Dolmetscherin des Ministeriums sowie Imre Kertész als deutsch-ungarischer Dolmetscher. An dieser Stelle übergeben wir letzterem das Wort: «Dorst lobte die Inszenierung mit innigen Worten. Während ich übersetzte, hatte ich plötzlich die Wahnvorstellung, auch ich sei zugegen, und fügte also hinzu: ‹Bitte, sagen Sie Herrn Ljubimow, dass auch ich ihm gratuliere.› Darauf die Dame mit vernichtendem Blick: ‹Sie sollen nicht gratulieren, sondern übersetzen.›» Dort im dunklen Zuschauerraum hatte sich Imre Kertész plötzlich geöffnet, sein «heimliches Leben» war für einen Augenblick sichtbar geworden. Doch die Bürokratin des Ministeriums hatte darin sofort eine Rollenverwechslung erblickt – irgendeine Obszönität. Kein Wunder, dass Kertész sich sofort zurückzog und nach eigener Aussage wieder in das Inkognito seiner «Nichtexistenz» schlüpfte, in die Spur der Schicksallosigkeit zurückkehrte. Etwas, wozu er vom Leben vorher und auch nachher immer wieder gezwungen wurde. Er erlebte in einer Person beide Extreme des 20. Jahrhunderts: Auschwitz und den Nobelpreis. Aber er erlebte sie als radikale Varianten derselben Schicksallosigkeit. Er beschrieb den Holocaust als einen «langen, dunklen Schatten», der sich über alle legte, dem sich niemand entziehen konnte. Als einen ähnlich langen, dunklen Schatten sah er später auch den Nobelpreis, diese «Glückskatastrophe», die sich über ihn gelegt hatte und der er genauso entkommen wollte. Hinaustreten dorthin, wo er ausschliesslich er selbst sein durfte, wo er sich vor jenen, die auf ihn warteten, verstecken konnte, wo er keinen Erwartungen genügen musste, wo man ihn nicht auf Schritt und Tritt beobachtete, um ihn und seinen Ruhm für die eigenen Ziele zu benutzen. Wo er sich von den verkrusteten Rollen befreien konnte und nicht mehr ein Denkmal seines Selbst sein musste. Wo er sein heimliches Leben nicht mehr heimlich leben musste. Diese Schicksallosigkeit ist natürlich nicht nur seine persönliche Katastrophe. Für Imre Kertész stellt sie das charakteristischste Merkmal des ganzen 20. Jahrhunderts dar. Er dehnt die Schicksallosigkeit auf die Geschichte der ganzen Moderne aus, sie erscheint ihm sogar als ein wesentliches Kennzeichen der liberalen Demokratien. Das, was er später als das «staatliche Massenschicksal» bezeichnen wird, ist für ihn nichts anderes als die heute allein herrschende Wirklichkeit, «die siegreiche, aber alternativ- und ganz sicher transzendenzlose Welt des Ökonomismus, des Kapitalismus, des ideallosen Pragmatismus». Totalitarismus ist das ganz und gar, auch wenn er lebbarer als die anderen beiden ist. Imre Kertész’ Kritik an den ersten beiden Phänomenen dieser Dreifaltigkeit von Ökonomismus, Kapitalismus und ideallosem Pragmatismus wird von vielen geteilt; was das dritte betrifft, kann Kertész mit immer weniger Verbündeten rechnen. Denn diese Ideallosigkeit lässt sich nicht allein auf die absurde Niveaulosigkeit der Massenkultur unserer Tage beschränken. Nein, für Kertész sind schon die Wurzeln der modernen, westlichen Zivilisation von dieser Ideallosigkeit umschlungen. Die Schicksallosigkeit betrat die Bühne des Geistes in dem Moment, als die europäische Kultur zu vergessen begann, dass es etwas gibt, das mächtiger als der Mensch ist, und dass auch das, was man als Leben bezeichnet, nur ein winziger Teil von etwas ist, das es überragt und übertrifft. «Kein Zweifel, wir sind uns an der Schwelle des 21. Jahrhunderts in ethischer Hinsicht selbst überlassen», schreibt Kertész. «Wir sind verlassen von einem universalen Gott, verlassen von universalen Mythen und auch verlassen von einer universalen Wahrheit . . . Uns leiten weder himmlische noch irdische Wegweiser.» Gegen jeden Fundamentalismus Die Erfahrung des Fehlens der Transzendenz durchsetzt Imre Kertész’ ganzes Werk. Es scheint mir wichtig festzuhalten, dass es ihm nicht um irgendeine religiöse Suche oder Gottessuche geht. Ich würde so weit gehen zu sagen, dass Kertész nicht gottgläubig ist; was nichts an seiner festen Überzeugung ändert, dass es irgendeine Transzendenz geben muss, denn ohne sie würde der Mensch tatsächlich zu einem schicksallosen Automaten reduziert werden. «Die transzendente Wirklichkeit umschliesst uns wie ein Mutterschoss», schreibt er in «Galeerentagebuch», das ich neben «Roman eines Schicksallosen» für das zweite bleibende Werk seines Lebenswerks halte. «Sie ist das einzig Gewisse, alles, was wir als materielle Gewissheit ansehen, ist tausendfach ungewisser.» Seine Kritik am Fehlen der Transzendenz hat ihn dennoch nie veranlasst, sich unter die Schutzhülle irgendeines Kollektivismus zu flüchten. Kertész enthält sich jeglichen Fundamentalismus, ob religiöser, nationaler oder politischer Art. Sein «heimliches Leben» hat ihm ein Hinterland freigehalten, in das er sich vor diesbezüglichen Versuchungen stets zurückziehen konnte. Wenn man Kertész liest, hat man oft das Gefühl, man lausche dem Repräsentanten einer untergegangenen Welt, der andere Horizonte als die Menschen von heute hat, dessen Aufmerksamkeit auf andere Fragen fokussiert ist als die seiner Zeitgenossen. Das, was traditionell als ein «europäischer Intellektueller» bezeichnet wird, hat beim Eintritt ins 21. Jahrhundert aufgehört zu existieren. Die kritischen Intellektuellen betraten die Bühne im 18. Jahrhundert und waren bei aller Unterschiedlichkeit ihrer Beweggründe alle überzeugt, Pressespiegel Evangelisch-reformierte Landeskirche Graubünden dass der Geist sehr wohl etwas bewirken, das Wort sehr wohl zur Tat werden könne. An solchen Intellektuellen hat Europa schon seit Jahrzehnten keinen Bedarf mehr. Ihren Platz haben andere eingenommen, die die Welt (mit Kertész gesprochen: die Welt «des Ökonomismus, des Kapitalismus, des ideallosen Pragmatismus») nicht verändern, sondern höchstens ihre Funktionsweise beschreiben – oder noch besser ihr dienen wollen. Auch die Welt des Geistes funktioniert nach den Gesetzen der Unterhaltungsindustrie. Gerade weil er dieser Unterhaltungsindustrie – mit ziemlich wenig Aussicht auf Erfolg – zuwiderläuft, wirkt Imre Kertész oft anachronistisch und unbequem. Denn wie soll man sich im geistigen Milieu von heute jemandem gegenüber verhalten, der die Ansicht vertritt, die gegenwärtige Welt erscheine deshalb als die beste aller Welten, weil der Geist von Auschwitz, sein Totalitarismus, die Logik eines Alles-oder-Nichts, die alle bestens verinnerlicht haben – die Betreiber der die Gelder hin- und herschiebenden, globalen Mechanismen genauso wie die Repräsentanten nationaler Fundamentalismen oder die Macher einer auch in die kleinsten Nischen vordringenden Unterhaltungsindustrie –, gesiegt hat. Wie Kertész gerade in seiner Nobelpreisrede gesagt hat, ist «seit Auschwitz nichts geschehen (. . .), was Auschwitz aufgehoben, was Auschwitz widerlegt hätte». Unter Blicken leben Es ist wegen seines Röntgenblicks, dass ich Kertész für einen klassischen europäischen Intellektuellen halte. Ja, der Blick. In einem Eintrag im «Galeerentagebuch» schreibt er: «Wir alle leben unter Augen (. . .), die uns registrieren. Wird einer nicht registriert, fühlt er sich verlassen – wer auch immer, was auch immer es sein mag, der registriert, der Pförtner des Himmelreichs oder eine Gefängnisbehörde, ganz egal; die völlige Finsternis der Verlassenheit aber beginnt bei dem Gefühl, dass dieser Blick, dass diese Registrierung fehlt.» Wem dieser Blick gehört, weiss ich nicht. Sein Blick jedenfalls ist noch auf uns gerichtet. Mag sein Körper, der jetzt 85 Jahre alt wird, noch so gebrechlich sein, sein zeitloser Blick ist schwer zu verwechseln. Wie er uns sieht, bleibt dennoch ein Rätsel – denn einen Einblick in sein heimliches Leben, den Hintergrund seiner Entscheidungen werden wir nie bekommen können. ....................................................................................................... László F. Földényi, geboren 1952, ist Kunsttheoretiker, Literaturwissenschafter und Essayist. Er lehrt an der Theater- und Filmakademie in Budapest. – Aus dem Ungarischen von Akos Doma. NZZ vom 8.11.2014, Seite 61.pdf Neuö Zürcör Zäitung Samstag, 8. November 2014 V Nr. 260 LITERATUR UND KUNST 61 Die Erinnerung ans dunkle Paradies Der Mensch ist ein Doppelbürger und hat teil an der sichtbaren wie an einer anderen, verborgenen Welt. Von Thomas Hürlimann 1 Zärtlichkeiten zwischen meinen Grosseltern sah ich nie, aber noch Jahre nach Grossvaters Tod behielten seine Pantoffeln ihren Platz unterm Kachelofen. Im Winter wurden sie vom Feuer gewärmt, und ich werde nicht vergessen, wie sich die Grossmutter im Ohrensessel das Pantoffelpaar in den Schoss legte, um es zu streicheln wie zwei junge Kätzchen. Gewiss, das waren nur Pantoffeln, und doch waren sie sehr viel mehr: Dinge, die lebten. Aber warum lebten sie? Was ging da vor? Jahre später habe ich mich in einer Kneipe in Leipzig verliebt. Ich wusste es, blitzartig: Die. Keine andere. Sie ist es. Vor lauter Entsetzen bestellte ich einen Schnaps, doch nach dem ersten Schluck schob ich das Glas beiseite. Da geschah’s. Es packte auch Katja. Wie ich später erfuhr, hatte ich eine Geste ihres ersten Liebhabers nachgeahmt und damit ihr Herz erobert. Die Gleichung lässt sich erklären. Als mich Amors Pfeil traf, habe ich auf den Schrecken einen Schnaps gebraucht, wie Katjas Erster. Aber wie er habe ich unter den Augen der Schönen nicht dem Trunk verfallen wollen; wie er habe ich aufmerksam bleiben wollen für das Flüstern ihrer Lippen, und so reagierten wir beide gleich, er früher, ich später: Wir schoben das Schnapsglas weg, und das Glas, das auf einmal eine halbe Armlänge von uns entfernt stand, überwand Raum und Zeit. Aus diesem Glas schäumte Unendlichkeit. Es verband mich mit Katjas erstem Liebhaber und sie mit mir, und uns alle drei mit der Liebe. Im Detail steckt nicht nur der Teufel, da verbirgt sich auch Amor, und offensichtlich warten beide darauf, Amor wie Teufel, aus dem Ding herauszuschlüpfen. Dinge, die etwas Schlüpfriges haben, nennen wir Fetische, und so möchte ich nun vom Fetisch sprechen: vom Ding, das uns packt, das uns erwischt. 2 Sigmund Freud war nie mit einer Frau in einem Hut- oder Schuhgeschäft. Warum ich das weiss? Weil Freud behauptet hat, nur Männer seien Fetischisten. Freuds Theorie ist Ihnen bekannt. Der Knabe späht von unten, von den Beinen her, nach dem weiblichen Geschlecht, und o Schreck, da fehlt was. Der Phallus fehlt. Panik. Kastrationsangst. Also, folgert Freud, will der Knabe gar nicht hochschauen, er hält den Blick unten fest, auf dem Fuss. Oder, wie der kleine Katz in meiner Novelle «Fräulein Stark», auf dem grossen Zeh einer deutschen Oberstudienrätin, der schwärzlich behaart aus einer Sandale hervorlugt. Er hat ein wichtiges Amt, dieser Knabe. Vor dem Portal der Stiftsbibliothek St. Gallen soll er bodenschonende Filzpantoffeln an die Besucher verteilen, es ist Sommer, die Frauenröcke sind luftig, und die vorüberwandelnden Beine erregen ihn. Gewiss, er liebt es, eine Filzhaube über einen Damenfuss zu schieben, aber mit Kastrationsangst hat das nichts zu tun. Unterm Rock, im Abgrund der dämmrigen Stoffglocke, worin sich das andere Geschlecht verbirgt, ist das Paradies für ihn, das Paradies, aus dem er vertrieben wurde. Freud sagt: Der Knabe verweigert das Hochblicken, das Eindringen, deshalb macht er den Blick am Schuh oder, allerspätestens, am Strapsgürtel fest. Der kleine Katz erlebt es anders. Der Zeh der Wuchtbrumme, die mit grässlich gebleckten Augen und einem schreibereiten Mund auf ihn herabstarrt, spricht ihn in einer Weise an, wie er es noch nie erlebt hat. Nur ein grosser Zeh, gewiss, aber was löst der nicht alles aus, was bringt der nicht alles durcheinander! Das monströse Ding nimmt das Auge des Knaben gefangen und zieht ihn derart heftig an, dass er es am liebsten geküsst oder an ihm gelutscht hätte. Natürlich ist das Lustgefühl mit Entsetzen vermischt, einem Entsetzen über innere Abgründe, und so spürt der Knabe, dass der Zeh nicht nur zu diesem Fuss, nicht nur zu diesem Bein, nicht nur zu dieser Person gehört. Er lugt aus der Sandale – und zugleich aus dem paradiesischen Dunkel hervor. Im Zeh stupft das Paradies den Knaben zum ersten Mal an. Im Zeh kommt eine bisher verborgene Welt auf ihn zu. Von jetzt an ist der Knabe ein anderer, einer, der Verbindungen hat nach drüben. Was ist die andere Welt? Wo liegt sie? Gibt es jemanden, der sie von innen kennt und beschreiben kann? Ja, Rainer Maria Rilke. Rilke erlebte ähnliche Sensationen wie der kleine Katz. Die Dinge waren schlüpfrig. Sie kamen aus dem Dunkel auf ihn zu, sie stupften ihn an, sie flüsterten und sprachen und sangen, und um endlich zu erfahren, woher das kam, woher das sprach, begann für Rilke eine hektische Reise von Ort zu Ort, von Land zu Land, zu Tolstoi, zu Rodin und eines Tages bis nach Ägypten. Rilke war kein Tourist, der die Landschaft fotografierte. Er suchte jene andere innere Welt, die ihn seit Knabenzeiten rief und lockte und umtrieb und hetzte. Es gab das «Schlagen wir die Bücher auf, fallen lauter Einzelheiten aus ihnen heraus.» – Winterabend. innere Dunkel, das wusste Rilke, er trug es ja mit sich herum, es brannte in ihm wie Feuer in einem Kachelofen, aber wie schloss er ihn auf, wie kam er an die Glut heran, wie konnte er aus der Lava Wörter machen? In seinen frühen Jahren sah sich Rilke bei den Meistern um, etwa beim alten Maler Cézanne. Cézanne kam Rilke wie ein Hund vor, der vor einer Leinwand darauf lauerte, dass eine noch leere Stelle im Gemälde hervortrat und endlich verriet, wie sie gemalt sein wollte. Fast acht Monate diente Rilke dem Bildhauer Rodin als Privatsekretär, um aus nächster Nähe zu studieren, wie der, schon ein alter, kunst- und lebenserfahrener Mann, einzelne Dinge aus dem Stein herausmeisselte, bis man sah: Jetzt ist es so weit, jetzt ist das Ding lebendig, «die ‹Hand› ist da». Das gleiche Verfahren wandte auch Rilke an. Er rief die Dinge hervor, nicht, wie Rodin, aus dem Stein: Aus dem Innern rief er sie hervor, aus dem Dunkel. Er evozierte die Dinge, und damit nähern wir uns der Möglichkeit, das, was hinter den Dingen liegt, zu bezeichnen. Evocatio deorum ist ein Begriff aus der römischen Antike. Die Belagerer einer Stadt riefen durch Gebete und Opfer die Götter der Eingeschlossenen heraus, denn erst, wenn die Stadt von ihren Göttern verlassen war, konnte sie eingenommen werden. Insofern verstand sich Rilke als Priester. Wie die Belagerer antiker Städte die Stadtheiligen aus dem Innern herausgelockt hatten, wollte er die Dinge «ins Dasein locken». Die Dinge sollten die verborgene Stadt verlassen, das heisst, mit Heidegger gesprochen, sie sollten Phänomene werden, die ans Licht kommen. Damit berühren wir die Grenze, mehr noch: Wir schlüpfen über sie hinweg ins Innere, ins Dunkel. Denn was aus dem Dunkel kommt, muss vorher verborgen gewesen sein. Im Phänomen, heisst das, ist nicht nur die Aussicht, das Aussehen, das Bild, die Gestalt, darin ist auch die Einsicht ins Dunkel, der Rückblick auf die verborgene Stadt. Und da sie in diesem Rückblick zum ersten Mal auftaucht, da wir in nächtiger Ferne ihre Umrisse erahnen, begreifen wir, dass es ein Wiedererkennen ist. Wir haben sie schon einmal gesehen, samt ihren archetypischen Bewohnern, doch bei der Geburt haben wir sie vergessen. Offenbar nicht ganz vergessen. Ein Schatten der Stadt hat in uns weitergeträumt, eine vage Erinnerung an ihre Bewohner ist uns geblieben, und diese Erinnerung liess Rilke nicht ruhen, bis er in einer ägyptischen Tempelruine zur Säule erstarrte, zu einer Säule der gesuchten, fast schon verloren geglaubten Stadt. In den «Sonetten an Orpheus» evozierte er Jahre später das Erlebnis seines Erstarrens, und was Rodin oder Cézanne gelang, gelang jetzt auch ihm: Er vermochte die Säule «ins Dasein zu locken», er meisselte sie heraus, er stellte sie ins OLIVIA ARTHUR / MAGNUM Licht: «(. . .) die eine, in Karnak, die Säule, die Säule, / die fast ewige Tempel überlebt». Wahrhaftig eine Evocatio! Indem der Dichter die Säule, in die er sich vor Jahren verwandelt hat, ins Gedicht rief, indem er seine Erstarrung auflöste ins Wort, entstand aus der Säule der Tempel und mit dem Tempel die innere Stadt. Rilke gab ihr den Namen «unvergleichliche Stadt des Himmels und der Erden, denn sie ist wirklich in beiden», schreibt er in einem Brief, «sie geht durch alles Seiende hindurch». Und er fährt fort: «Ich versuchte neulich, es in einem Satz verständlich zu machen, indem ich sagte, sie (die unvergleichliche Stadt) sei in gleichem Masse für die Augen der Verstorbenen, der Lebenden und der Engel da (. . .): Welt, Schöpfung, Gebirg und Schlucht, Genesis.» Selbst Rilke hatte Mühe, zu erklären, wie uns die unvergleichliche Stadt begegnet, wie sie sich in einem Ding plötzlich meldet und wie der Dichter, von ihr evoziert, seinerseits zum Evocateur wird, zu einem Berufenen, der den Ruf, den er vernahm, in den Gedichten und Prosawerken weitergibt. «Der Dichter», schrieb er, «wohnt inmitten der Dinge und verwandelt sich in sie.» Er wohnt inmitten der unvergleichlichen Stadt, dürfen wir ergänzen, und verwandelt sich in sie. «Immer verwandter wurden mir die Dinge», dichtete Rilke, «und alle Bilder immer angeschauter.» Dieses Erlebnis wird zu seinem Gesang. Sein Wort ist das Dunkel, das hell wird. Schlagen wir eine beliebige Seite seines Werks auf, dann «taumeln die Dinge», um es mit einem Bild aus den «Aufzeichnungen des Malte Laurids Brigge» zu sagen, aus dem Buch, das «irgend eine hastige Hand ungeschickt geöffnet hatte», wie «Rosenblätter» heraus. Nur Rosenblätter. Vergessenes. Überflüssiges. Abfall. Nichts Besonderes. Aber wie viel steckt in diesen Dingen, wie gross ist der Raum, der sich aus ihnen offenbart. Malte erzählt von einem Mädchen, «und es kann sein», raunt der Präsens, «dass es in der bauchigen Kommode im Hintergrunde des Schlafzimmers eine Schublade giebt, in der ihre Frühjahreskleider aufgehoben sind; weisse Kleider, die um Ostern zum ersten Mal angezogen wurden, Kleider aus getupftem Tüll, die eigentlich in den Sommer gehören». Das Mädchen ist gar nicht da, nur sein Kleid wird evoziert, doch wie weit reicht dieses einfache Ding über sich hinaus. Was in der bauchigen Kommode liegt, ist zugleich Taufkleid, Brautschleier und Totenhemd. Dieses Kleid kann das Mädchen als Lebende, als Verstorbene und als Engel anziehen – es gehört zur unvergleichlichen Stadt, also in unsere Welt und in die andere. 3 Innerhalb seiner Fetischtheorie hat sich Freud geirrt. Wie könnte der kleine Katz den Blick zum Pressespiegel Evangelisch-reformierte Landeskirche Graubünden phalluslosen Geschlecht verweigern, wenn er es nicht schon geschaut hätte? Allerdings ist es ausgeschlossen, dass er das andere Geschlecht aus dem Elternschlafzimmer kennt, das war in den fünfziger Jahren des letzten Jahrhunderts Terra incognita, nein, geschaut hat er es in vorgeburtlichen Räumen, in Platons Reich der Ideen, in Rilkes unvergleichlicher Stadt. Daraus wurde er vertrieben, danach hat er Heimweh, und es war ein ebenso glücklicher wie verstörender Augenblick für ihn, als er vom monströsen Zeh zum ersten Mal an das verlassene Paradies erinnert wurde. Jahre später, seltsamerweise gerade zu der Zeit, als ich die Novelle schrieb, leuchtete das Paradies in Katjas grauen, leicht betauten Augen auf. Und siehe da, in meinem Delirio amoroso tat ich genau das Richtige. Ich bestellte einen Schnaps, schob das Glas beiseite und evozierte durch diese Gebärde Katjas Heimweh nach ihrer Mädchenblüte und ihre Erinnerung an den toten Geliebten. Da packte es auch sie. Da passierte ihr, was dem kleinen Katz einst durch den Zeh passiert war. Aus dem Schnapsglas schäumte das Geisterreich der unvergleichlichen Stadt auf, das verlorene Paradies. Das Schnapsglas drang in ihren Blick ein und bannte ihn. Aug und Glas wurden eins. Verweile doch, du bist so schön. Nur Männer seien Fetischisten? Aber nein. Frauen sind uns da sogar weit überlegen, sonst hätten wir gar keine Chance. Indem sie sich vom Detail ansprechen lassen, von einer Gebärde oder einem Gebrechen, blenden sie die Restmenge aus. Gott sei Dank! Denn niemand, weder Frau noch Mann, hielte einen andern in seiner Gesamtheit, mit all seinen Abgründen, Lüsten, Affekten, Trieben, Schmerzen, Wünschen, Hoffnungen, Charakterzügen, Charakterfehlern, auch nur eine halbe Minute aus, allein schon deshalb, weil kein Mensch seine Gesamtheit ist. Wir sind ja kaum je in der Gegenwart, wie Augustinus meint, sondern mit den Gedanken entweder in der Zukunft (wie lang wird er noch reden) oder in der Vergangenheit (habe ich die Herdplatte ausgeschaltet). Das Jetzt, wenn wir es fassen wollen, ist immer schon vorbei, die Gesamterscheinung, wenn wir sie betrachten oder anbieten wollen, zerfällt in Splitter. So bestehen wir wie im Blick der Liebsten nur aus einem Ausschnitt. Wir sind stets nur als Teil gegenwärtig, als winziger Teil, als Bruchstück, aber dieser Teil weist himmelhoch über sich hinaus ins grosse Ganze – gerade so, wie das von Malte beschriebene Mädchenkleid den gesamten Lebenskreis evoziert, die Reise von der Wiege bis zur Bahre. Unser Ganzes ist nicht das Bündel unserer Triebe, Affekte, Domestizierungen und Selbstporträts. Unser Ganzes ist jener Teil, der durch alles Seiende hindurchgeht und zur Doppelstadt des Himmels und der Erden gehört. Der Philosoph Paul Good, der an der Kunstakademie Düsseldorf lehrte, zitiert in seiner Studie über Alberto Giacometti dessen Satz, dass beim Zerbrechen einer antiken Statue jedes Bruchstück ein Kunstwerk für sich ergebe. Das Gleiche, so Good, gelte auch für Giacomettis Skulpturen «Die Hand», «Die Nase», «Das Bein». Da fehle nichts. Da sei der Teil das Ganze, und in der Tat, wenn wir Giacomettis «Bein» betrachten, wenn wir von diesem Bein «immer angeschauter» werden, erleben wir das gleiche Wunder wie beim Verlieben. Da ist man ganz da – und ganz weg. Hingerissen: hinübergerissen ins dunkle Paradies. Man ist zugleich in der verrauchten Kneipe, reduziert auf ein Schnapsglas, und verbunden mit der anderen Seite. 4 Es war ein Winterabend. Aus dem rötlichgrauen Himmel fielen Flocken. Im Kachelofen brannte das Feuer. Die Grossmutter sass im Ohrensessel, die Lider geschlossen. Die Hand, die im Schoss die Kätzchen streichelte, war nur noch Haut und Knochen. Um die Grossmutter nicht zu wecken, fragte ich leise: «Ihr Kätzchen, wo kommt ihr her? Wo geht ihr hin?» Die Antwort habe ich vergessen, aber seit jenem Abend suche ich sie: als Leser. Denn als Leser weiss ich, dass die Dinge, die die verborgene Stadt evozieren, in den Büchern sind, und obwohl es eine Binse ist, muss es zum Schluss gesagt sein: Dinge sind auch die Bücher. Phänomene. Fetische. Schlagen wir sie auf, fallen lauter Einzelheiten aus ihnen heraus, und das Schöne ist: Die herausfallenden Dinge, die Rosenblätter und die Mädchenkleider, lehren uns das ganz grosse Ding verstehen: dass wir Doppelbürger der Doppelstadt sind. Ja, im Buch steckt die Welt, im Buch stecken beide Welten, diese und die andere. Da begreifen wir, inwiefern wir ein Teil und dennoch das Ganze sind, eine Nase und das Paradies, das die Nase aus dem Zeh erwittert; ein Bein und zugleich der Gang von Stadt zu Stadt: Genesis Exodus Heimkehr. ....................................................................................................... Der Schriftsteller Thomas Hürlimann hielt am 6. November die Eröffnungsrede an der diesjährigen Buch Basel. Wir drucken die Rede im Wortlaut ab. Schweiz NZZ am Sonn NZZ vom 9.11.2014, Seite 18.pdf MARCO ZANONI ürze eine teuern der CSP Schweiz ag in Courroux zur Initiative für der PauschalWie die Partei Empfehlung zur ossem Mehr men. Nein sagt op- und zur lle drei Vorlagen November zur da) tive in ung Verzögerung will emeinschaft Pro 2015 eine Initiaese will das ern und dafür sgrundlage egierten hiesdas Initiativtone und en zu einem weg-Netz vern. (sda) er fahren Büffel d am frühen n zwei Autos mit en jungen Das schwer usste eingen, wie die Kangau mitteilte. 41-jährige Lenel gefahren. Sie weichen, weil ch aus der Dunahrbahn lief. r prallte das hrigen Lenkers das einem en war, nachehzaun niedere. (sda) e Steine orfen er haben am n einer Autog in Goldach ie A 1 geworfen. ndschutzstwagens. Weil rbrach, blieb der r unverletzt. die Täter nicht Die Polizei sucht «Mit Moralisieren ist niemandem geholfen»: Kirchenbundpräsident Gottfried Locher. (Bern, 14. Dezember 2010) Der oberste Reformierte im Land lobt die Dienste der Prostituierten Mit ihrer Arbeit trügen sie zum Frieden bei, sagt Gottfried Locher Mit gewagten Aussagen zu Sexualität und Prostitution in einem Buch sorgt der Präsident des Kirchenbundes für Kontroversen. René Donzé «Befriedigte Männer sind friedlichere Männer.» Das sagt Gottfried Locher, Präsident des Schweizerischen Evangelischen Kirchenbundes in einem Buch, das dieser Tage erschienen ist. «Darum sage ich, wir sollten den Prostituierten dankbar sein. Sie tragen auf ihre Art etwas zum Frieden bei.» Im Buch mit den Titel «Gottfried Locher, der ‹reformierte Bischof› auf dem Prüfstand» äussert er im Gespräch mit dem Autor Josef Hochstrasser seine persönlichen Ansichten zu verschiedensten Themen wie Reichtum, Tod, Fussball und Asyl. Dabei spricht der reformierte Pfarrer Klartext und provoziert – auch in Bezug auf Sexualität. Junge Männer träumten von «Frauen, Freiheit, Kohle, Karriere», ist da zu lesen. Mit dem Alter verändere sich das. Bei ihm melde sich die Sexualität nicht mehr «als Beute verschlingendes Raubtier wie in der Jugend», sagt der 48-Jährige. Die Freier bezeichnet Locher als Männer, deren Not so gross sei, dass sie sogar Geld für Sex ausgäben. «Was sich in ihnen an unerfüllter Lust aufstaut, sucht sich immer irgendein Ventil. Unruhige Männer tragen entsprechend auch Gewaltpotenzial in sich.» Prostituierte würden darum einen unerlässlichen Dienst an der Gesellschaft leisten. Für die Frauen aber habe das Sexgeschäft eine hässliche Fratze: «Sie müssen mit Langzeitschäden an Leib und Seele fertigwerden. Wer seinen Körper prostituiert, schadet ihm auf die Dauer. Und wer ihm schadet, malträtiert auch die Seele.» Das sei eine Hypothek, die nie zurückbezahlt werden könne. Diese Weltsicht kommt in Fachkreisen nicht nur gut an. «Herr Locher pflegt in diesem Buch ein problematisches sexistisches Weltbild, in dem die Frauen als Ventil der männlichen Lust zu dienen haben», sagt Rebecca Angelini, Mediensprecherin der Fachstelle Frauenhandel und Frauenmigration. Und er mache die Prostituierten zu armen Geschöpfen – in Wahrheit aber seien die meisten stark und emanzipiert. «Sie sind nicht Opfer ihrer Arbeit, sondern vielmehr der Stigmatisierung, die damit verbunden ist. Die Klischees im Buch verstärken solche Vorurteile.» Immerhin sei es erfreulich, dass der oberste Reformierte die Sexarbeit als soziale Realität anerkenne. Kritik kommt auch von EVPNationalrätin Marianne Streiff. Locher probiere zwar, beide Seiten aufzuzeigen und niemanden zu verurteilen. Doch: «Die Darstellung des Mannes ist beleidigend. Als ob er ein Tier wäre, das seine Triebe nicht im Griff hat.» Dabei sollten die Männer heute doch in der Lage sein, ihre Probleme anders zu lösen als mit dem Gang zur Prostituierten. Die EVPPräsidentin macht sich für eine Eindämmung d er Prostitution stark. «Eine Bestrafung der Freier, wie sie in Schweden eingeführt wurde, könnte eine Lösung sein.» Begeistert von Lochers Haltung ist Kathrin Hilber. Die ehemalige St. Galler SP-Regierungsrätin hat sich als Chefin einer nationalen Expertengruppe mit dem Thema befasst. «Diese deutliche Anerkennung der Bedeutung der Arbeit von Prostituierten durch einen kirchlichen Amtsträger erstaunt und beeindruckt mich.» Er bringe das Thema auf den Punkt und habe sich erstaunlich gut in die Frauen hineingefühlt. Locher ist erstaunt ob der Kontroverse, die seine Worte auslösen. «Ich habe versucht, die ganze Widersprüchlichkeit der Prostitution zu beschreiben. Ich meine, das grosse Leid der Prostituierten hervorgehoben zu haben. Wenn das nicht gelungen ist, dann muss es nachgeholt werden.» Eine Lösung sehe er nicht. In der gefallenen Schöpfung gebe es nun einmal nicht nur das Gute. Als Kirchenvertreter müsse er der Realität in die Augen schauen, er äussere aber seine persönliche Meinung. «Mit Moralisieren ist niemandem geholfen.» licher Gewalt hr versteckt, lich sichtbar der Frau. Laut Bueno ist das aber kein Erfolgsgarant: «Der Grossteil der Frauen kehrt vom Frauen- soll die Gewaltspirale durchbrechen», sagt Derungs. Als Vorbild d ient das Frauen- GETTY IMAGES Pressespiegel uenhaus verzichtet auf Geheimadresse Evangelisch-reformierte Landeskirche Graubünden treffen», so die Direktorin Isabelle Chmetz. Sie kennt allerdings auch die Grenzen des Ansatzes: Für SBB pl Wohnb grosse Die SBB wollen in den nächs 3000 bis 4000 bauen. Das Bah vestiert dabei Milliarde Frank der Sparte I Stöckli, in ein «24heures» un nève» sagte. M der Städte se Bahnhöfe und gerückt. Dami SBB attraktive Wohnungsbau reits heute e SBB 4 Prozent i zes aus der Ve mobilien. «Un sen Anteil auf 1 steigern», sag Projekte beste Europaallee in Genfer Quartie Eaux-Vives sow Die Bautätig heute nach de grösste Immob Land sind, gib reden. Der Bun nächst entsche via deren stra mehr sozialem verpflichten w gruppe von Bu Städten hatte d empfohlen. Im die neue Strat ständigen Bun hard und Widm davon ab. (sda/ Clas polit Christoph Mörgeli Christoph Mö ist den Berner samt 15 355 F Rappen hat ei einem bernisc gekostet, den Nationalrat ge tons- und Rat Riklin (cvp.) an Den Schaden bernische Sta noch nicht lan Zürcher SVP ü Zahlungen lam Finanzausglei Limmat nach Meinungen NZZ vom 9.11.2014, Seite 22.pdf 22 ILLUSTRATION: GABI KOPP Zwinglianische Schweizer, lutherische Deutsche Sh Ste I Wer nationale Unterschiede mit konfessionellen Prägungen erklärt, muss genau hinschauen. Aber spannende Fragen gibt es allemal schweizerische Tugenden wie Sparsamkeit und Mässigung? Aber als typisch schweizerisch geltende Tugenden können eben nicht konfessionell geprägt sein in einem Land, das etwa zu gleichen Teilen Protestanten und Katholiken bevölkern, was für Deutschland ähnlich gilt. Ohnehin hat der Toggenburger Zwingli, der 1531 in der Schlacht bei Kappel fiel, vom Franzosen Calvin nie gehört, der 1536 erstmals nach Genf kam. Mit Zwinglis Nachfolger Bullinger schloss Calvin erst 1549 den Consensus Tigurinus ab, eine Einigung in der umstrittenen Abendmahlslehre. Das war langfristig tatsächlich wichtig, denn so fanden sich deutschsprachige Zwinglianer und frankofone Calvinisten in der Schweiz als Reformierte zusammen, während die Lutheraner den Protestantismus in Deutschland dominierten. Aber Reformierte gab es auch dort, etwa in der Kurpfalz, von wo aus der Heidelberger Katechismus von 1563 weltweite Wirkung entfaltete. Und der Bauernkrieg, will der Hausherr wissen, das war doch eine Schlächterei, der Luther zugestimmt hat, obwohl die Bauern sich auf die reformatorische Freiheit beriefen. Doch die Eidgenossen unterdrückten die Proteste der Bauern ebenso, erst recht, wenn diese zudem ketzerische Täufer waren. Die Bauern verstanden Luthers Rede von der Freiheit eines Christenmenschen falsch, als reale Befreiung aus ihrer Leibeigenschaft, nicht als theologische Befreiung vor der Thomas Maissen E in Tischgespräch mit deutschen und schweizerischen Kennern der Reformationszeit: Der Gastgeber interessiert sich für die langfristigen Folgen. War Luther ein Fürstenknecht, und hat er eine deutsche Untertanenmentalität geprägt? Betrieb Zwingli hingegen eine republikanische Reformation in der Gemeinde? Wenn es einen Grenzfluss der Einflussbereiche gab, so war es allerdings der Main, nicht der Rhein. Die politische Verfassung der Reichsstadt Zürich unterschied sich kaum von der in Augsburg, Ulm oder Konstanz. Dort überall wirkten Zwinglianer in den Kirchen und in den Ratsgremien, bis der katholische Kaiser Karl V. sie nach seinem Sieg über die Protestanten im Schmalkaldischen Krieg 1547 vertrieb. Aber die calvinistische Ethik, so eine weitere Frage mit Bezug zu Max Webers berühmtem Aufsatz über Protestantismus und Kapitalismus, begründete sie nicht ein besonderes Wirtschaftsverständnis, die «innerweltliche Askese» und damit typisch Als typisch schweizerisch geltende Tugenden wie Sparsamkeit und Mässigung können nicht konfessionell geprägt sein in einem Land, das etwa zu gleichen Teilen Protestanten und Katholiken bevölkern. Angst vor Gottes Strafe. Der lutherische Theologe fügt hinzu: Der Glaube an Gottes Gnade soll einen gerade frei machen von den Nöten im Diesseits und von den politischen Sorgen. Da horchen die Schweizer Tischgenossen auf: Ein Freiheitsbegriff, der politische Teilhabe und Mitwirkung nicht ein-, sondern ausschliesst, das kann und konnte man sich in der Eidgenossenschaft schwer vorstellen. Für Zwingli war ein guter Christ dasselbe wie e in guter und treuer Bürger. Anders als Luther, der einen gnädigen Gott für das Jenseits suchte, wollte Zwingli bereits die politische Gemeinschaft verchristlichen, die christliche Stadt zu einer Kirche formen. Ein weiterer deutscher Theologe bringt den deutschen Sozialstaat ein: begründet nicht von der Linken, sondern vom Lutheraner Bismarck, welcher der Arbeiterschaft Sicherheiten in Krankheit, Alter und Not versprach, damit sie auf politische Mitsprache verzichte. Religiöse und säkularisierte Heilsversprechungen als Lohn für politische Entmündigung hier, die Mitgestaltung der bürgerlichen Umwelt dort – wäre das doch ein Unterschied zwischen lutherischer und reformierter Tradition? Und für den Schweizer, auch wenn er das Politisieren hoffentlich nicht lassen wird, vielleicht die Überlegung wert, ob Freiheit noch anderes enthalten kann als politische Selbstermächtigung. Thomas Maissen ist Direktor des Deutschen Historischen Instituts Paris. merli Them tät un der Z Der S Ku SP-N Steue selbs überf ihrem lich. Z gesun 150-j in die er ab sogar Hämm Wide bei de Do schle Schw ker ei ren k schen desha was s fesso Nelle Hans in Be aber e besch viele Es imme «Wie Scann Natu das P lich m Grenzerfahrung Endlich eine Reality-Show, die wirklich komisch ist: Tagebuch lesen! Westschweizer Bi Mein Tagebuch ORF1, 4.November, 23 Uhr ORF TV-Kritik Von Christine Brand Pressespiegel Ron Hochuli Evangelisch-reformierte Landeskirche Graubünden «Liebes Tagebuch. Meine Freundin hat schon ihre Tage. Ich noch nicht. Wenn ich ehrlich sein soll, will ich sie noch gar nicht. Erst mit elfeinhalb oder so», schrieb Sarah, als sie elf war. «Bitte verlass mich nicht. Ich elten sind Westschweizer Regierungsräte so geschlossen aufgetreten wie diese Woche. Gleich vier kantonale Dan stützen Westsc als vor die Rom Million Alpen Z Sportle die – a – auch verdien Schl Schafft NZZ vom 9.11.2014, Seite 26.pdf 26 Hintergrund Kirche NZZ am Sonntag 9. November 2014 DerGlaubeliess dieMauerfallen 25 JAHRE Mauerfall Berlin Was sich am 9. November 1989 in Berlin ereignete, begann eigentlich zehn Jahre früher in Rom – mit der Wahl des polnischen Papstes. Dieser verkündete die Botschaft, die Polen veränderte, den wirtschaftlich geschwächten Ostblock destabilisierte und ihre Spuren bis zum Ende der DDR im Herbst 1989 hinterliess. Sie umfasste drei Worte: «Fürchtet euch nicht!» Von Thomas Isler F ragt man Martin Rhonheimer nach dem Ende des Kommunismus, so kommt ihm nicht der 9. November 1989 in den Sinn. Da sass er in Zürich vor dem Fernseher und freute sich still. Der Priester und Professor für politische Philosophie, der an der Opus-DeiUniversität Santa Croce in Rom lehrt, denkt beim Ende des Kommunismus an den 1. Dezember 1989. Da war er im Vatikan mit Arbeiten an einer Enzyklika beschäftigt und wurde Zeuge, wie Michail Gorbatschow, der Generalsekretär der Kommunistischen Partei der Sowjetunion, den Papst besuchte, um zu kapitulieren. Das stimmt natürlich nicht. Es war ein Staatsbesuch. Aber vielen erschien es wie e ine Kapitulation, nicht nur den Mitarbeitern der Kurie, die wie Rhonheimer an die Fenster eilten, um Gorbatschow vorbeifahren zu sehen. «Es war klar, das Versprechen des Kommunismus war zusammengebrochen», sagt Rhonheimer heute. «Darum glich der Besuch der Kapitulation eines Lügensystems vor einer Autorität, die dem Gewissen und der Wahrheit den Vorrang gibt.» Zorniger Anruf von Breschnew Der Papst als Bezwinger des Kommunismus? Das ist natürlich überzogen. Für den Untergang des Ostblocks, also der Sowjetunion und ihrer kommunistischen Satellitenstaaten, gab es viele wirtschaftliche und politische Gründe. Unabdingbar war aber auch die spirituelle Dimension, die Papst Johannes Paul II. verkörperte. Gorbatschow schrieb später in seinen Memoiren: «Alles, was in den letzten Jahren in Osteuropa geschah, wäre ohne Gegenwart dieses Papstes nicht möglich gewesen.» Während der Westen das Papsttum als Faktor der Geopolitik lange unterschätzte, gab es andernorts Politiker, die genau vor dem früh und eindringlich warnten – im Kreml. Die Sowjets hätten lieber den Dissidenten Alexander Solschenizyn als Uno-Generalsekretär gehabt als einen Polen als Papst, unkte später ein Insider in Moskau. Im Herbst 1978, wenige Tage nach der Papstwahl, verlangte Juri Andropow, der Chef des sowjetischen Geheimdienstes KGB, einen Bericht darüber, wie das Unglück im Konklave habe passieren können. Der Befund: Die Wahl sei das Resultat einer deutsch-amerikanischen Intrige, bei der der polnischstämmige Erzbischof von Philadelphia und der in Warschau geborene Sicherheitsberater von US-Präsident Carter, Zbigniew Brzezinski, die Fäden gezogen hätten. Im Kreml stellte man sich Geschichte gerne als eine Abfolge von Intrigen vor. Die Analyse der Gefahr aber war richtig: dass in Teilen der Ukraine, in Litauen oder eben im tiefgläubigen Polen der Katholizismus ein mächtiger Träger des Nationalismus und eine der wenigen Nischen im totalitären System war. Und dass der erste Slawe auf dem Stuhl Petri, der diese Gläubigen direkt ansprechen könnte, ein sowjetischer Albtraum wäre. Genau das aber plante der neue Papst, kaum war er im Amt – einen ausgedehnten Besuch in Polen. Johannes Paul II. vertrat in Glaubenssachen eine konservative Haltung, und er verkörper- te eine tiefe, an Mystik grenzende Frömmigkeit. Gleichzeitig hatte e r als Erzbischof von Krakau gezeigt, das er auch ein robustes Verständnis für Machtpolitik hatte und die Chancen, die ihm der Vatikan mit dem ältesten funktionierenden diplomatischen Dienst bot, wohl zu nutzen wissen würde. Vor allem hatte er die Kühnheit, zu glauben, dass die kommunistischen Diktaturen überwunden werden könnten und dass das Appellieren an das Gewissen der Menschen das Mittel dazu sei. Um diese Kühnheit heute zu verstehen, ist ein kleiner Exkurs in die Kirchenpolitik der siebziger Jahre nötig. Papst Paul VI. richtete damals mit seinem Kardinalstaatssekretär Agostino Casaroli die Ostpolitik des Vatikans neu aus. Es ging darum, mit pragmatischen Schritten das Los der Katholiken hinter dem Eisernen Vorhang zu verbessern und auf die Gewährung der Religionsfreiheit zu pochen. Im Gegenzug verzichtete der Vatikan auf Provokationen, verhinderte teilweise die Weihe von Untergrund-Priestern und anerkannte das kommunistische System sowie die Teilung Europas. Der Vatikan machte quasi, was weltliche Politiker 1975 in der Schlussakte von Helsinki vereinbart hatten: Anerkennung der Grenzen im geteilten Europa im Austausch für menschenrechtliche Garantien im Osten. Johannes Paul II. bricht mit dieser Ostpolitik. Er akzeptiert das System von Jalta, das Europa trennt, nicht und will den Kommunismus überwinden. Das ist das Revolutionäre an ihm. Und das Erstaunliche: Er schafft es mit drei Worten. «Non abbiate paura!», sagte e r in seiner allerersten Predigt als Papst. «Fürchtet euch nicht!», wiederholte e r bei seinem Besuch in Polen unzählige Male. Es wurde zur Bestätigung des alten Gedankenexperiments, wonach jedes Verbrechersyndikat und jedes totalitäre System zum Einsturz zu bringen Michail Gorbatschow Der 83-Jährige war der letzte Staatschef der Sowjetunion. Er leitete das Ende des Kalten Krieges mit ein und schrieb dem Papst später dabei eine eminente Rolle zu. Kirchen in der DDR Schwerter zu Pflugscharen Wie in Polen entwickelte sich auch in der DDR die Kirche zu einem der wenigen Orte, wo überhaupt Dissens möglich war. Für junge Menschen, die sich im inneren Widerstand zum DDR-Regime befanden und ein geisteswissenschaftliches Fach studieren wollten, kam nur Theologie infrage. Auch das erklärt die wichtige Rolle der Pastoren bei den Protesten von 1989. Fast zehn Jahre zuvor hatte das DDR-Regime die Grenzen zu Polen praktisch zugemacht, um ein Überspringen der Proteste aus dem Nachbarland zu verhindern. Dennoch begannen die evangelischen Kirchen in der DDR fast gleichzeitig wie die katholischen in Polen aufzu- mucken. Anlass dazu gab das neue Schulfach Wehrerziehung. Die Kirchen organisierten aus Protest Friedensandachten mit einem cleveren Symbol: ein Stück Stoff – das Bedrucken von Papier unterlag der Zensur – mit dem biblischen Spruch «Schwerter zu Pflugscharen», der beim Propheten Micha zu finden ist. Das war auch der Titel einer Plastik, die die Sowjetunion 1959 der Uno geschenkt hatte, der deshalb kaum verboten werden konnte. Aus der Aktion entwickelten sich die Friedensgebete in der Nikolaikirche in Leipzig, die anfangs nur wenige Leute anzogen, sich aber später zu den machtvollen Kundgebungen im Herbst 1989 auswuchsen. (tis.) wäre, wenn sich alle Menschen gleichzeitig entschliessen könnten, keine Angst mehr zu haben. Genau das tat der Papst in Polen: Er verbreitete Furchtlosigkeit und beendete die Vereinzelung der Menschen. Die Sowjetunion versuchte nach Kräften, den Besuch zu verhindern. Staatschef Leonid Breschnew befahl der polnischen Führung in einem zornigen, aber erfolglosen Telefonat, den Papst nicht ins Land zu lassen. Das konnte und wollte das polnische Regime nicht wagen. Am 2. Juni 1979 begannen die neun Tage, die die Welt veränderten. Der Papstbesuch in Polen wurde zum symbolisch aufgeladenen Triumphzug. «Millionen Polen zeigten sich, um zu singen, zu beten, zu weinen mit dem Mann, den sie als Karol Wojtyla kannten», schrieb «The Economist» im Nachruf auf Johannes Paul II., der damals in einem Ausbruch der Hingabe gebadet worden sei. Insgesamt 13 Millionen Polen haben ihn persönlich erlebt. Der spätere Aussenminister Radoslaw Sikorski kletterte als 16-Jähriger auf einen Baum beim Flugplatz bei Gnesen (Gniezno) und sah ein Menschenmeer, das sich in jede Richtung drei Kilometer ausdehnte. «Die Leute waren verzaubert und verwandelt», stellte der atheistische Publizist Adam Michnik fest. Kreuze und Beichtstühle mutierten zu Symbolen des politischen Protests, Jugendliche riefen in Sprechchören: «Wir wollen Gott!» – und das Regime war machtlos. Der Papst provozierte nie offen, er wählte seine Worte mit Bedacht und moderierte geschickt den Überschwang der religiös leicht entflammbaren Polen. Wie die Publizistin Anne Applebaum, die Frau von Radoslaw Sikorski, später in der «Washington Post» festhielt, gab es neben den spirituellen auch ganz praktische Gründe, weshalb die Religion zur Plattform des Protests wurde: Nicht nur im katholischen Polen, sondern später auch in der evangelischen DDR bot die Kirche einen der ganz wenigen zivilgesellschaftlichen Freiräume in einem System, das Besitzanspruch auf alles erhob und jede Privatheit auszumerzen trachtete. Ausserdem lieferte gerade der katholische Glaube eine reiche Palette an Symbolen, die fallweise aus Frömmigkeit, aus Protest oder aus beiden Gründen genutzt werden konnten. Oder wie e in polnischer Bergmann 1979 auf die Frage antwortete, wieso man in Polen katholisch sei: «Um die Mutter Gottes zu preisen und auf diese Bastarde zu spucken!» Reagans Nähe zum Papst In Polen gilt der Papstbesuch als Angelpunkt für die Ereignisse von 1989 im Land – und später im ganzen Ostblock. «Die Leute in Polen wussten schon vorher, dass dies ein Lügensystem war», sagt Martin Rhonheimer, «aber der Papstbesuch hat wesentlich dazu beigetragen, dass man sich wagte, darüber zu reden, darüber nachzudenken und dann danach zu handeln.» Johannes Paul II. habe in einer geschickten Verbindung von öffentlich wirksamen Aktionen und Diplomatie den ersten Keil in das System getrieben. «Es ist die grosse Leistung dieses Papstes, dass er ein Fundament gelegt hat für den Zusammenbruch des Kommunismus, der sicher auch ohne ihn Der Anfang vom Ende des Kommunismus: Der polnische gekommen wäre, aber vielleicht nicht so früh und nicht so friedlich», meint Rhonheimer. Als Folge des Papstbesuchs wird in Polen wenige Monate später die erste freie Gewerkschaft des Ostblocks gegründet. Ihr Name: Solidarnosc, Solidarität, ebenfalls ein Schlüsselbegriff aus den Predigten des Papstes. Die Bewegung wächst schnell. Dass sie sich vom System nicht korrumpieren lässt und nicht zu Gewalt greift, hat viel mit dem Einfluss des Papstes auf den Gewerkschaftschef Lech Walesa zu tun. Im Dezember 1981 weiss sich Polens Regime nur noch mit dem Verbot von Solidarnosc und der Verhängung des Kriegsrechts zu helfen, das bis Sommer 1983 dauert. Es kommt zu schweren Menschenrechtsverletzungen und Versorgungsmängeln. Das Regime ist unwiderruflich erschüttert. Gleichzeitig kommt in Moskau ein Mann wie Gorbatschow an die Macht, der die Klugheit hat, zu sehen, dass das Sowjetsystem ohne Reformen nicht zu halten ist. In Polen wird angesichts des drohenden Staatsbankrotts und neuer Streikwellen Solidarnosc wieder zugelassen. Im Frühling 1989 kommt es zu einem runden Tisch, im Juni 1989 zu den ersten halbfreien Wahlen im Ostblock, bei denen die Kommunisten eine vernichtende Niederlage e rleiden. Pressespiegel Evangelisch-reformierte Landeskirche Graubünden NZZ vom 9.11.2014, Seite 27.pdf 27 WOJCIECH KRYNSKI / FORUM / SZ PHOTO Nach dem Kommunismus «Marktwirtschaft ist etwas Natürliches» NZZ am Sonntag: Papst Johan- nes Paul II. hat den Kommunismus besiegt. Aber er hat bald darauf auch den Kapitalismus in einer Enzyklika scharf kritisiert. Warum? Martin Rhonheimer: In der Enzyklika Centesimus annus von 1991 sagt Johannes Paul II. klar: Der Sozialismus ist gescheitert, er gehört auf den Müllhaufen der Geschichte. Er ist nicht der erste Papst, der dies sagte. Aber er ist der erste Papst, der sagte: Der Kapitalismus ist nicht gescheitert – vorausgesetzt, er ist eingebun den in eine rechtliche Ordnung mit Grundrechten und einen Rahmen, der die Transzendenz für Menschen ermöglicht. In der eigentlich sehr liberalen Enzy klika wird auch der Unterneh mensgewinn, das Streben nach Profit, explizit gutgeheissen. Das war vorher nicht so? Früher hiess es seitens der Kirche: Sozialismus? Nein. Kapitalismus? Nein. Die Kirche plädiert für einen Dritten Weg. Johannes Paul II. sagte nun: Sozialismus? Nein. Kapitalis mus? Ja, aber. Klar wurde das aber später immer etwas stärker. Das Leidige ist natürlich, dass ein Papst oder ein Priester, der über Kapitalismus redet, in der Regel das aber betont. Sonst klingt es irgendwie sehr hart. Sie sind nicht nur Priester, sondern auch Mitglied der liberalen Friedrich-A.-von-Hayek-Gesellschaft. Spüren Sie dieses Spannungsverhältnis auch? Ja, natürlich. Aber ich glaube, es ist heute besonders wichtig, kompromisslos für Kapitalismus und Marktwirtschaft einzutre ten. Viele Leute meinen, öffent liche Aufgaben müsse zwingend der Staat erledigen. Das ist ein Fehler. Es gibt öffentliche Auf gaben, die muss – auch das ein Postulat Hayeks – die Zivilgesell schaft wahrnehmen. Und das ist letztlich eben auch der viel christlichere Weg, denn es ist der Weg der Selbstverantwortung und gelebter Solidarität. Eine Marktwirtschaft produziert immer auch Verlierer. Wer sorgt für die? Das sind, wie der Ökonom Schumpeter es nannte, die Pro zesse der schöpferischen Zerstö rung der Marktwirtschaft. Neue Technologien zerstören Herge brachtes. Neues kann nur wach sen, wenn Altes stirbt. Das heisst aber auch: Der Markt kreiert immer wieder Chancen. Wenn Wieso man in Polen katholisch ist? «Um die Mutter Gottes zu preisen und auf diese Bastarde zu spucken!», antwortete ein Bergmann. Dem Papst kommt eine Hauptrolle zu bei der Initialzündung, die zum Mauerfall führte. Wundert es da, dass es auch passende Ver schwörungstheorien dazu gibt? Die erste: Die Sowjetunion steckte hinter dem Attentat auf den Papst am 13. Mai 1981. Tatsächlich liessen sich gewisse Spuren vom Attentäter Ali Agca zum bulgarischen Ge heimdienst verfolgen. Einen klaren Beweis, dass die Sowjetunion den Anschlag in Auftrag gegeben hätte, gibt es bis heute nicht. Die zweite: Es gab ein geheimes Abkom men zwischen dem amerikanischen Geheim dienst CIA und dem Vatikan, Gelder aus den USA über kirchliche Kanäle zu Solidarnosc zu schleusen. Es stimmt, dass der US-Präsident Ronald Reagan und der Papst, die sich 1982 erstmals trafen, viele verblüffende Gemein samkeiten aufwiesen: Für beide war der Kom munismus nicht nur ein untaugliches Wirt schaftssystem, sondern ein moralisches Übel, beide gingen naiv und radikal davon aus, es überwinden zu können. Beide waren ehe malige Schauspieler und charismatische Füh rungsfiguren, beide überlebten kurz hinter einander ein Attentat, was ihren Glauben an die Vorsehung und ihre geschichtliche Rolle stärkte. Und beide Männer – so unterschied lich sie intellektuell sein mochten – waren sich überaus sympathisch. Gegen die «Vergötzung des Marktes» Es stimmt auch, dass Reagan die CIA anwies, ihre Erkenntnisse zu Polen mit dem Vatikan zu teilen (der allerdings auch gute eigene Nachrichtenkanäle hatte). Harte Beweise für ein Finanzierungssystem über Rom gibt es aber nicht, auch wenn Journalisten dies spä ter insinuierten – was den Papstbiografen George Weigel zu Rezensionen unter dem spöttischen Titel «Papst 007?» brachte. Nach dem Ende des Kommunismus war für den Papst das Ende der Geschichte noch nicht gekommen. Er war enttäuscht darüber, wie schnell in Polen die Kirchenbesuche abnah men, nachdem das System besiegt und die Freiheit errungen war. Und schon zu Beginn der neunziger Jahre kritisierte er in der Enzy klika Centesimus annus auch den Kapitalis mus. «Hier stossen wir auf eine neue Grenze des Marktes», heisst es da. Es gebe gemein same und qualitative Bedürfnisse, die mithilfe seiner Mechanismen nicht befriedigt werden könnten. «Diese Mechanismen schliessen je doch die Gefahr einer ‹Vergötzung› des Mark tes ein, der die Existenz von Gütern ignoriert, die ihrer Natur nach weder blosse Waren sind noch sein können.» Bis heute kritisiert der Vatikan den Materia lismus kommunistischer wie kapitalistischer Ausprägung. Das muss einem Regime wie jenem in China zu denken geben, das die zwei Systeme auf einmalige Weise mischt. Der Vatikan unterhält keine diplomatischen Bezie hungen zu China, obwohl die Christenheit im Land – evangelisch wie katholisch – stark und schnell wächst. Eine der ersten Reisen von Papst Franziskus führte diesen Sommer aller dings nach Südkorea, von wo aus er an Chinas Staatschef Xi Jinping eine Grussbotschaft sandte. «Wir hegen die Hoffnung», sagte dar auf Matthäus Zhen Xuebin, der Generalsekre tär der Diözese Peking, «dass der Papst eines Tages auch China wird besuchen können.» Aber es gibt auch invalide und kranke Menschen, die nicht arbeiten können. Wer hilft denen? Der Markt bringt auch Vor sorge und Versicherungsinstitu tionen hervor. Das kann sogar ein lukratives Geschäft sein. Auch private Solidargemein schaften sind möglich, Darlehen oder Fonds. Es sind viele Mo delle denkbar. Das hat es ja alles schon einmal gegeben in der Geschichte, das ist nicht neu, es wurde vom steuerfinanzierten Sozialstaat zerstört oder an seiner Entwicklung gehindert. Martin Rhonheimer Der 64-jährige Priester aus Zürich lehrt Ethik und politische Philosophie an der Päpstlichen Universität Santa Croce in Rom. Heute ist zu vieles eingebunden in staatliche Strukturen, der Staat behindert so wahre Solida rität und christliche Caritas. Ihnen schwebt ein schlanker Staat vor, der Aufgaben an die Kirchen auslagert und die Kirche als Lieferantin von Moral braucht? Ja, aber Moral nicht für den Staat, sondern für die Menschen! Der Staat, der eine Zwangsge meinschaft ist, soll den Bürgern keine Moral diktieren. Aus einer Kirche hingegen kann man aus treten, wenn einem ihre Moral vorstellungen nicht passen. Aber es hilft doch dem Staat, wenn Menschen anders als durch Gesetze motiviert werden, sich sittlich zu verhalten. Ich glaube, wirtschaftliche Tätigkeit an sich besitzt schon eine moralische Komponente, sie bringt Menschen zur Koope ration. Marktwirtschaft und Wettbewerb verlangen Tugen den: Mässigung, Verzicht, Vertrauen, Ehrlichkeit und so weiter. Natürlich gibt es immer auch Betrüger, aber die werden von einem funktionierenden Rechtssystem, das es zwingend braucht, aussortiert und verur teilt. Ich glaube, Marktwirtschaft ist etwas Natürliches, sie ent spricht dem Menschen. Interview: Thomas Isler EASTBLOCKWORLD.COM sche Papst Johannes Paul II. begrüsst beim historischen Besuch in seiner Heimat die Gläubigen. (Tschenstochau, 3. Juni 1979) die Märkte wirklich offen sind, dann profitieren alle. Schwerter zu Pflugscharen: Das Motto der DDR-Friedensbewegung wird am Evangelischen Kirchentag umgesetzt. (Wittenberg, 1983) Pressespiegel Evangelisch-reformierte Landeskirche Graubünden 6 NZZ vom 9.11.2014, Seite 6.pdf International NZZ am Sonntag 9. November 2014 Aus Versehen Geschichte geschrieben Was brachte die Berliner Mauer vor 25 Jahren zu Fall? Mutige Bürger? Weitsichtige Politiker? Oder war es nur eine Verkettung von Zufällen? Die Helden und Zeugen des 9. November 1989 kommen nochmals zu Wort. Von Matthias Knecht und Joachim Riecker, Berlin Harald Jäger, DDR-Grenzschützer «Wir fluten jetzt», lässt Harald Jäger am 9. November 1989 um 23 Uhr 30 an seinen Chef in Ostberlin melden. Dann öffnet der Grenzschützer den Schlagbaum an der Bornholmer Strasse, vorschriftswidrig. 20 000 DDR- Jäger: Bürger, die zuvor «Wir fluten jetzt.» stundenlang vor der Grenze Durchlass gefordert haben, strömen in den Westen. Innerhalb einer halben Stunde öffnen alle weiteren Grenzübergänge in Berlin unter dem Druck der Massen. Die Mauer ist gefallen, Berlin und die Welt stehen kopf. «Der Mann, der die Mauer öffnete» heisst das Buch über den eigenmächtigen Oberstleutnant Jäger, das gerade verfilmt wurde. Als Held will der heute 71-Jährige nicht gelten. «Die DDR-Bürger sind die eigentlichen Helden. Sie haben die Mauer geöffnet», sagte Jäger vor einer Woche im Fernsehsender ZDF. Sein Beitrag habe nur darin bestanden, ein drohendes Blutvergiessen zu vermeiden. Jäger gehört heute zu den wenigen, die zu ihrer Vergangenheit im DDR-Unrechtsstaat stehen. Als überzeugter Kommunist hatte er am 13. August 1961 geholfen, die Mauer zu bauen. Er bewachte sie 28 Jahre lang, zusammen mit Tausenden weiteren, grau uniformierten Grenzschützern. «Ich habe fest an das System geglaubt», wiederholt Jäger bis heute. So habe er auch stets die Befehle von oben ausgeführt – bis zu jener Nacht vor 25 Jahren, als er bei seinem Entscheid dem Gewissen folgte und nicht der Parteilinie. Ein «Kribbeln im Bauch» habe er gespürt, als sei er frisch verliebt, berichtet Jäger heute. Er konnte sich nicht vorstellen, dass bald d arauf die DDR mit Westdeutschland vereinigt, Sowjetunion und Sozialismus Vergangenheit sein würden. Mary Elise Sarotte, US-Historikerin «Die zufällige Öffnung d er Berliner Mauer» heisst ein gerade veröffentlichtes Werk der amerikanischen Historikerin Mary Elise Sarotte. Sie erlebt den Mauerfall als Auslandstudentin in Berlin – und macht die Erfor- Sarotte: «Zufällige schung d es Um- Öffnung der Mauer.» bruchjahres 1989 zu ihrem Lebensthema. Die heute in Harvard lehrende Professorin stellt den historischen Tag, der den Kalten Krieg beendete, als eine konfuse Folge von Zufällen und Missverständnissen dar. Dazu gehört der merkwürdige Auftritt von Günter Schabowski, Mitglied des bereits durch wochenlange Proteste bedrängten Politbüros. Am Ende einer Pressekonferenz am 9. November stellt er – auf Nachfrage eines Journalisten – mehr Reisefreiheit für die DDRBürger in Aussicht. Niemand versteht die An- kündigung im verquasten Bürokratendeutsch. Ein weiterer Journalist fragt nach, ab wann denn die Reisefreiheit gelte. Schabowski blättert verlegen und stammelt: «Unverzüglich.» Die Beteiligten begreifen noch nicht wirklich, was geschehen ist. Denn die Mauer scheint für die Ewigkeit gebaut, die Existenz zweier deutscher Staaten normal. In Westdeutschland ist die deutsche Einheit Thema der Ewiggestrigen und im Ausland Reizthema. Die Nachrichten des ZDF um 19 Uhr erwähnen Schabowskis Ankündigung darum nebenbei, fast am Ende der Sendung. Erst eine Stunde später haben die Journalisten im Westen verstanden. Die ARD-Nachrichten um 20 Uhr kündigen die Öffnung der Grenze an – und die Massen in Ostberlin setzen sich in Bewegung. Heute weiss man, dass sich Schabowski geirrt hatte. Das Politbüro wollte nur die definitive Ausreise für frustrierte DDR-Bürger erleichtern. Funktionäre hatten dem Gremium einen Entwurf untergejubelt, der generelle, aber kontrollierte Reiseerleichterungen vorsah. Niemand in der Führung wollte die Mauer einreissen. Doch Schabowski setzte mit seinen Äusserungen eine Lawine in Gang. Damit sie anwuchs, brauchte es aber mehr, wie Historikerin Sarotte betont, nämlich Tausende von engagierten Bürgern, die ihre Rechte einforderten – und dazu Bürokraten, die sich eigenmächtig über ihre Chefs hinwegsetzten. Der Mauerfall sei darum «nicht nur eine Geschichte berühmter Politiker», betont Sarotte. Hans-Dietrich Genscher, Aussenminister Was die Mauer wirklich zu Fall brachte, darüber gehen die Meinungen bis heute auseinander. Für den Liberalen Hans-Dietrich Genscher, von 1974 bis 1992 fast ohne Unterbrechung Aussenminister der Bundesrepublik, sind Genscher: «Urstrom es weniger die enga- der Geschichte.» gierten Bürger, sondern vielmehr die vielen Flüchtlinge, welche zuerst die DDR und dann alle weiteren osteuropäischen Regierungen zusammenbrechen liessen. Von einem «Urstrom der Geschichte» schreibt der heute 87-Jährige in seinem letzten Monat erschienenen Buch, das die Umwälzungen des Jahres 1989 nachzeichnet. Im Mai 1989 beginnt Ungarn die Grenzanlagen zu Österreich abzubauen: Das kommunistische Land hat nicht mehr die Mittel für die fällige Erneuerung. Immer mehr DDR-Bürger flüchten daraufhin über Ungarn nach Westdeutschland. 50 000 sind es schliesslich. Die Bilder der Fahrzeugkolonnen gehen um die Welt. Das ebenfalls kommunistische Transitland Tschechoslowakei steht der DDR-Regierung bei und hindert deren Bürger an der Ausreise nach Ungarn. Doch damit verlagert sich das Drama nur in die westdeutsche Botschaft in Prag, wo die fluchtwilligen DDR-Bürger stranden. Zurück in die DDR wollen sie nicht, weiter nach Ungarn dürfen sie nicht. Bald campieren Tausende im Garten der Botschaft. Genscher verhandelt mit Moskau, Prag und Ostberlin. Am 30. September verkündet er vor jubelnden DDR-Bürgern die Genehmigung für deren Ausreise nach Westdeutschland. Auch diese Bilder gehen um die Welt. Später spricht Genscher vom «grössten Moment» seiner politischen Karriere. Und ihm wird an genau diesem Tag klar, dass das Ende der DDR und der Mauer «in Sichtweite» ist. Das jedenfalls behauptet er in dem zusammen mit dem Politologen Karel Vodicka verfassten Buch. Es zeichnet das Bild überforderter Regierungen in Ostberlin und Prag, die lange zögern und dann einen Fehlentscheid nach dem anderen treffen. Tausende weiterer DDR-Bürger flüchten in die Botschaft in Prag, um von dort in den Westen auszureisen. Der langjährige Regimechef der DDR, Erich Honecker, schliesst darum die Grenze zur Tschechoslowakei. Damit besiegelt er seinen Sturz, wie Genscher heute betont. Binnen Stunden kippt die Stimmung in der DDR. Riesige Demonstrationen zwingen Honecker, den Organisator des Mauerbaus von 1961, am 18.Oktober zum Rücktritt. Passanten auf dem Kurfürstendamm (Westberlin) begrüssen DDR-Bürger. Die Pfarrer und die DDR-Dissidenten Die Stunde der bis dahin illegalen Opposition in der DDR ist gekommen und damit der Auftritt der Pfarrer. Die traditionell in Ostdeutschland starke evangelische Kirche ist die einzige Organisation geblieben, die Raum Meckel: «Demokrafür Debatten und tische DDR.» Bürgerorganisationen bietet. Pfarrer Rainer Eppelmann organisiert den «Demokratischen Aufbruch», der später in der West-CDU aufgeht. Pfarrer Markus Meckel lässt die Sozialdemokratische Partei im Osten wieder aufleben, welche sich später der West-SPD anschliesst. Beide sehen im rückblickenden Gespräch bereits den 9. Oktober 1989 als den eigentlichen Wendepunkt der «friedlichen Revolution nach Feierabend», so Eppelmann. 70 000 Personen demonstrieren an diesem Datum in Leipzig, und die Polizei wagt es nicht mehr einzugreifen. Denn die DDR hängt wirtschaftlich längst am Tropf des Westens. «Hilfe aus der Bundesrepublik wäre mit Sicherheit ausgeblieben, wenn man friedliche Demonstranten zusammengeschossen hätte», resümiert der Pfarrer und zitiert süffisant Lenin: «Wenn die unten nicht mehr wollen und die oben nicht mehr können, gibt es eine Revolution.» Keiner der beiden Pfarrer, die später in der Bundesrepublik politische Karriere machen sollten, spricht in diesem Moment von einer Wiedervereinigung. «Wir dachten, wir schaffen eine demokratische DDR. Dann würden wir weitersehen», erinnert sich Meckel. Doch der Fall der Mauer überrascht beide. Eppelmann ist sofort an der Grenze; Meckel, unterwegs in Magdeburg, kommt später. Eine dritte Oppositionelle mit kirchlichem Hintergrund, die damals unbekannte Pfarrerstochter Angela Merkel, reagiert vorsichtiger. Am Abend des 9. November gesellt sich Merkel nicht zu den Tausenden an der Bornholmer Strasse – sondern geht erst einmal in die Sauna. Erst als Stunden später klar ist, dass die Grenze wirklich offen ist, kommt sie ebenfalls. Hätten sich alle Ostberliner so verhalten wie die heute mächtigste Frau der Welt – die Mauer wäre zumindest an diesem Abend nicht gefallen. Am Potsdamer Platz werden Mauerteile entfernt. (12. November 1989) Der Kollaps des Kommunismus: die 11. 3. 1985 27. 6. 1989 Reformen: In der Sowjetunion kommt Michail Gorbatschow an die Macht. Er fordert Glasnost (Offenheit) und Perestroika (Wandel). Mit dem US-Präsidenten Ronald Reagan verhandelt er über ein Ende des Rüstungswettlaufs. Grund ist die schlechte Wirtschaftslage der Sowjetunion. Reagan fordert im Gegenzug Öffnung und sagt bei einem Besuch in Berlin im Juni 1987: «Herr Gorbatschow, reissen Sie diese Mauer ein!» Moskau gewährt auch Osteuropa mehr Autonomie, welche das seit langem unruhige Polen zuerst nützt: Im Juni 1989 kommt es zu halbwegs freien Wahlen. Die regierenden Kommunisten werden erstmals abgewählt. Pressespiegel Evangelisch-reformierte Landeskirche Graubünden Grenzöffnung: Ungarns Aussenminister Gyula Horn und sein österreichischer Amtskollege Alois Mock schneiden gemeinsam den Grenzzaun auf – die erste Lücke im Eisernen Vorhang. In den folgenden Wochen flüchten rund 50 000 DDR-Bürger über Ungarn in den Westen. Ab dem 30. September können diese auch über die Tschechoslowakei ausreisen, zuerst über die westdeutsche Botschaft in Prag, schliesslich direkt über die Grenze. Der Flüchtlingsstrom setzt die Regierung in Ostberlin unter Druck. Panisch schliesst sie die Grenze zur Tschechoslowakei. Doch damit provoziert die DDR riesige Demonstrationen im eigenen Land. NZZ vom 9.11.2014, Seite 7.pdf 7 WERNER MAHLER / OSTKREUZ 25 Helmut Kohl, Bundeskanzler JAHRE Mauerfall Berlin Es ist Bundeskanzler Helmut Kohl, der nach dem 9. November das für viele Undenkbare ansteuert: die Wiedervereinigung. Knapp drei Wochen nach dem Mauerfall präsentiert er im Alleingang einen Zehn-Punkte- Kohl: «Gegen den Plan. Punkt eins: «die Zeitgeist.» Wiedergewinnung der staatlichen Einheit». So resümiert es Kohl in seinem letzten Monat erschienenen Jubiläumsband «Vom Mauerfall zur Wiedervereinigung». Ehefrau Maike Kohl-Richter, die faktisch als Sprecherin des heute 84-Jährigen agiert, betont: «Kohl hat gegen den Zeitgeist an der deutschen Einheit festgehalten.» Doch ob Kohl wirklich der Stratege war, wie er es heute darstellt, ist umstritten. Skeptiker sehen in ihm auch nur einen weiteren Getriebenen der Ereignisse von 1989. Bemerkenswert bleibt Kohls Antwort darauf, was die Mauer zusammenbrechen liess. Nicht die Flüchtlinge sind es und auch nicht die kirchliche Opposition. Vielmehr sind die sozialistischen Staaten schlicht pleite. Die DDR überlebt nur noch dank Geldspritzen Westdeutschlands. Auch die Sowjetunion ist wirtschaftlich am Ende, ausgelaugt durch jahrzehntelanges Wettrüsten mit den USA. Nur darum hat 1986 der Sowjetherrscher Michail Gorbatschow Glasnost und Perestroika ausgerufen – Offenheit und Umbau. Moskau hat nicht mehr die Mittel, seine osteuropäischen Vasallenstaaten zu subventionieren, und nicht mehr die Macht, aufkeimende Proteste zu unterdrücken. Kohl erkennt das «historische Zeitfenster» für die deutsche Wiedervereinigung. Den anfänglichen Widerstand der Russen bricht Kohl mit Wirtschaftshilfe. Douglas Hurd, britischer Aussenminister ULLSTEIN BILD EASTBLOCKWORLD (9. November 1989) In einer Bank in Westberlin erhalten DDR-Bürger Westgeld – 100 Deutsche Mark. Auch im Westen herrscht mehr Sorge als Freude über die Perspektive eines wiedervereinigten Deutschland, allen voran bei den Briten. Aussenminister Douglas Hurd, ein patrizischer Diplomat und Schriftsteller, notiert am 9. November vor Hurd: «Glücklich» dem Schlafengehen mit der Mauer. in seinem Tagebuch: «Besorgt über Margaret Thatchers Schweigen und Misstrauen gegenüber Deutschland». Am folgenden Tag berichtet er, er habe Frau Thatcher überzeugt, sich öffentlich zu äussern. Sie lobt in der Tat den Freiheitswillen der Ostdeutschen, fügt aber nüchtern und unverbindlich hinzu: «Jetzt kommt die harte Arbeit, die Demokratie aufzubauen. Dann erst werden wir sehen, was geschieht.» Thatcher hatte Gorbatschow schon am 23. September in Moskau vertraulich versichert, ganz Westeuropa sei gegen die deutsche Wiedervereinigung. Der Russe möge anderslautende Äusserungen des westlichen Verteidigungsbündnisses Nato einfach ignorieren. Neun Tage nach dem Mauerfall kommt es in Paris zum offenen Streit zwischen einem höflichen Helmut Kohl und einer jähzornigen Margaret Thatcher. Klartext spricht sie im Dezember in Strassburg gegenüber ihren europäischen Kollegen: «Wir haben die Deutschen zweimal besiegt. Und da sind sie schon wieder!» Hurd und sein Botschafter in Bonn haben alle Hände voll zu tun, die Eiserne Lady von den Segnungen offener Grenzen zu überzeugen. Was in Mitteleuropa passiert, entspricht eigentlich ihren Idealen – Freiheit und Offenheit. Doch Thatcher lässt sich von traditionellen britischen Klischees leiten. Der loyale Hurd gibt noch im Dezember 1989 zu, dass die Briten in den starren Fronten des Kalten Krieges «eigentlich für 40 Jahre ganz glücklich gelebt» hätten. So spielt das Vereinigte Königreich in den elf Monaten zwischen Mauerfall und Wiedervereinigung die Rolle des Bremsers, bleibt dabei aber erfolglos. Thatchers Verhältnis zu Kohl erholt sich davon nie. Hubert Védrine, Sprecher Mitterrands Keine konkrete Erinnerung an den Tag des Mauerfalls hat Hubert Védrine, der 1989 Pressesprecher und Berater von Frankreichs Präsident François Mitterrand war. Mit diesem sei er gerade unterwegs gewesen, als Védrine: «Es konnte die Nachricht eintraf. nur kollabieren.» Emotional habe ihn das Ereignis nicht berührt, sagt der sozialistische Politiker, der von 1997 bis 2002 Aussenminister Frankreichs war. Mitterrand und er hätten aber schon bald nach dem Machtantritt Gorbatschows im März 1985 erwartet, dass das kommunistische System in absehbarer Zeit zusammenbrechen und damit auch die Frage der deutschen Einheit wieder auf die Tagesordnung kommen würde. «Dieses System war nicht zu reformieren, es konnte nur kollabieren», betont Védrine. Schon 1981 habe Mitterrand bei einem Treffen mit dem damaligen Bundeskanzler Helmut Schmidt dessen Aussage bezweifelt, er werde den Fall der Mauer nicht mehr erleben. Nach dem 9. November sei es Mitterrand vor allem darauf angekommen, dass die politischen Veränderungen in Europa kontrolliert abliefen. «Wir hielten das Streben der Deutschen nach staatlicher Einheit für legitim», beteuert Védrine. Anders als Margaret Thatcher habe Mitterrand nie Angst vor einem «neuen Deutschen Reich» gehabt. Dennoch sorgte auch Mitterrand für Irritation. Noch im Dezember 1989 reiste e r nach Ostberlin, wo er der mittlerweile ausgetauschten Führungsriege die Aufwartung machte. Laut unbestätigten Medienberichten versuchte Mitterrand, die Wiedervereinigung gemeinsam mit der DDR-Führung irgendwie zu hintertreiben. Védrine weist das zurück. Alle verantwortlichen Politiker hätten damals noch mit einem jahrelangen Weiterbestehen der DDR gerechnet. Doch sie irrten sich. 328 Tage nach dem Fall der Mauer hört die DDR auf zu existieren und tritt der Bundesrepublik bei. Mitarbeit: Martin Alioth, Dublin wichtigsten Daten 9. 10. 1989 9. 11. 1989 Massendemonstration: 70 000 Menschen demonstrieren in Leipzig – und die Polizei greift nicht ein. Dies gilt als eigentlicher Wendepunkt im Umbruchsjahr 1989. Es ist klar, dass die kommunistischen Regierungen den aufbegehrenden Bürgern nichts mehr entgegenzusetzen haben. Deren Spruch «Wir sind das Volk» ist bald überall in der DDR zu hören und zu lesen. Am 18. Oktober tritt DDR-Machthaber Erich Honecker zurück und wird durch eine jüngere Riege um Egon Krenz ersetzt. Den Bürgern genügt das nicht. Am 4. November demonstrieren etwa 200 000 Menschen auf dem Alexanderplatz in Ostberlin, unweit des Machtzentrums. Fall der Mauer: In einer konfusen Pressekonferenz in Ostberlin verspricht die bedrängte Regierung der DDR ihren Bürgern mehr Reisefreiheit. Noch bevor Bürokratie und Grenzwacht informiert sind, marschieren Tausende spontan zur Mauer. Diese fällt noch in derselben Nacht. Während die DDR in den folgenden Wochen auf die Wiedervereinigung zusteuert, stürzen im November und Dezember die kommunistischen Regierungen in Bulgarien, der Tschechoslowakei und in Rumänien. Anschliessend folgen die baltischen Staaten Lettland, Estland und Litauen, die sich bald als von der Sowjetunion unabhängig erklären. Der Ostblock ist in Auflösung. 3. 10. 1990 19. 8. 1991 Symbol des geteilten Deutschland Die Berliner Mauer mit Grenzübergängen vor 25 Jahren Berlin Bornholmer Strasse Chausseestrasse DDR OSTBERLIN (DDR) WESTBERLIN Invalidenstrasse Reichtagsgebäude Tiergarten Alexanderplatz Bahnhof Friedrichstrasse (S-Bahn) Brandenburger Tor Potsdamer Platz Checkpoint Charlie 1 km Heinrich-Heine-Strasse Oberbaumbrücke Wiedervereinigung: Die DDR tritt der Bundesrepublik bei, Deutschland ist wiedervereinigt. Vorausgegangen sind Verhandlungen zwischen den beiden deutschen Staaten und den vier alliierten Siegermächten – USA, Sowjetunion, Grossbritannien und Frankreich –, welche bis dahin immer noch die Hoheit über Berlin ausgeübt haben. Deutschland bleibt Mitglied des westlichen Verteidigungsbündnisses Nato. Die von Linken und Moskau früher verfochtene Vision eines neutralen Deutschland ohne Westbindung bleibt chancenlos. Offensichtlich wird auch der katastrophale wirtschaftliche Zustand der DDR und Osteuropas. Pressespiegel Evangelisch-reformierte Landeskirche Graubünden Zerfall der Sowjetunion: Ein Putsch kommunistischer Falken gegen Gorbatschow scheitert, und die Sowjetunion zerfällt in ihre früheren Teilrepubliken. Neuer starker Mann in Moskau wird Boris Jelzin. Gorbatschows ursprünglicher Versuch, den Sozialismus zu retten, ist gescheitert. Stattdessen wurde er dessen Totengräber. Im Westen gilt Gorbatschow als der Mann, der das friedliche Ende von Kommunismus und Kaltem Krieg ermöglichte. In Russland aber bleiben revanchistische Gefühle zurück. Der heutige Präsident Wladimir Putin bezeichnete 2005 den Zerfall der Sowjetunion als «grösste geopolitische Katastrophe des Jahrhunderts.» (maz.) Reformierte Presse vom 14.11.2014, Seite 2.pdf Pressespiegel Evangelisch-reformierte Landeskirche Graubünden Reformierte Presse vom 14.11.2014, Seite 3.pdf Pressespiegel Evangelisch-reformierte Landeskirche Graubünden Titelcomposing: Andrea Drewes ( L Zeit vom 13.11.2014, Seite 1.pdf Soll Sterbehilfe leichter werden? JA: Das Grundgesetz garantiert ein Recht auf Leben. Eine Pflicht zu leben jedoch gibt es nicht VON ELISABETH NIEJAHR NEIN: Kein Gesetz kann Angehörigen, Ärzten und den Kranken selbst die Not der Entscheidung abnehmen VON ULRICH GREINER Zum Glück haben all diese Horrorszenarien inige Politiker reden gerade so, als würde in Berlin mindestens eines gemeinsam: Sie widersprechen den Erfah‑ gegen die Mafia mobilisiert. Der rungen mit vergleichbaren Gesetzen. Die Parla‑ Gesundheitsminister warnt vor mentarier dürfen sie deshalb bei ihren Beratun‑ »organisierter Sterbehilfe« und gen ruhig ignorieren. Erinnert sich noch jemand an die Debatten klingt dabei wie ein Kämpfer gegen Organisierte Kriminalität. über die Abtreibungsgesetze? Der Schwanger‑ Der CDU‑Generalsekretär versteigt sich sogar zu schaftsabbruch werde zum Verhütungsersatz, der Warnung, demnächst hänge »der Tod von hieß es damals, er werde demnächst massenhaft Oma« von der Urlaubsplanung der pflegenden genutzt. Tatsächlich ist er für die allermeisten Angehörigen ab. Dabei debattiert der Deutsche Frauen eine absolute Notlösung geblieben. Ein anderes Beispiel: Seit einigen Jahren wer‑ Bundestag an diesem Donnerstag bloß über eine Reform, die sich die Mehrheit der Bürger seit den Schwangeren Fruchtwasseruntersuchungen vielen Jahren wünscht: Für schwer kranke Men‑ angeboten, durch die sie erfahren können, ob schen, die bei vollem Bewusstsein sind, soll es ihr Kind gesund sein wird. Das hat die Ent‑ einfacher werden, das eigene Leben zu beenden. scheidung für kranke Kinder aber nicht er‑ Im Moment arbeiten Ärzte, die ihnen dabei schwert. Zudem begegnet die Gesellschaft be‑ helfen, in einer rechtlichen Grauzone. Sie ver‑ hinderten Kindern offener und fürsorglicher stoßen zwar nicht gegen Gesetze, aber gegen ärzt‑ denn je. Man muss schon ein sehr negatives Men‑ liches Standesrecht, was einer der Gründe ist, warum viele Ärzte jede Form der Sterbehilfe ab‑ schenbild haben, um zu vermuten, dass libera‑ lehnen. Das wiederum hat zu einer Art Suizid‑ le Gesetze grundsätzlich die schlechtesten Re‑ tourismus in Länder mit liberalen Gesetzen ge‑ flexe der Menschen provozieren. Oft passiert das Gegenteil. führt. Verzweifelte, die nicht Wer beispielsweise ver‑ ausreisen, aber trotzdem ster‑ hindern will, dass Teenager ben wollen, nutzen oft weni‑ »Es mag makaber schwanger werden, sollte mit ger sanfte Methoden, um ihr klingen, aber ihnen besser über Verhü‑ Leben zu beenden, sie stürzen tungsmittel reden, statt vor‑ sich von Dächern, erschießen gutes Sterben kann ehelichen Sex als Sünde zu sich oder schlitzen sich ihre man lernen« deklarieren. Wer sich weni‑ Pulsadern auf. ger Drogentote wünscht, Wieder andere Kranke kommt mit Methadonpro‑ sind in der Hand von Medizi‑ nern, die von Fall zu Fall entscheiden, ob und grammen weiter als mit einer Kriminalisierung wann beispielsweise eine Magensonde entfernt der Süchtigen. Das haben auch Drogenpolitiker oder eine Morphiumdosis hochgefahren wird, um konservativer Parteien mittlerweile akzeptiert. das Ende einzuleiten. Manchmal passt das zu den Suizide von verzweifelten Kranken und Alten Wünschen der Sterbenden. Aber oft eben auch verhindert man nicht durch Verbote, sondern nicht. Für diese Menschen wäre mehr Entschei‑ durch Offenheit, Mitgefühl und eine gute medi‑ dungsfreiheit über den eigenen Tod ein Fortschritt zinische Betreuung. Das schlimmste Problem – aber auch für viele andere, die sich vor ihren alter Menschen ist nicht der körperliche Schmerz, letzten Wochen und Monaten fürchten. Zu wis‑ sondern die Einsamkeit. Es mag makaber klingen, aber gutes Sterben sen, dass es notfalls einen legalen Ausweg gibt, ist kann man lernen, die Begleitung Sterbender schon für die noch Gesunden ein Gewinn. Unser Grundgesetz garantiert ein Recht auf ebenfalls. Am wichtigsten dafür wäre, einige Leben. Eine Pflicht zu leben gibt es nicht. Selbst‑ Ängste abzuschütteln. In Deutschland leben mord ist straffrei. Die Politik braucht dementspre‑ noch viele, die als Kinder den Krieg erlebt haben, chend gravierende Gründe, das Recht auf Selbst‑ Psychologen sprechen von einer traumatisierten Generation. Vielen aus dieser Altersgruppe fällt bestimmung am Lebensende einzuschränken. Das stärkste und am häufigsten genannte jeder Gedanke an das Sterben besonders schwer. Argument gegen die Liberalisierung der Sterbe‑ Sie schauen krampfhaft weg, wenn es angemes‑ hilfe lautet, Selbstmorde könnten gesellschafts‑ sen wäre, sich für Hochaltrige, ihre Erfahrungen fähig werden. Man setze damit auch lebensbeja‑ oder auch ihr Leid zu interessieren. Werden heute Hospize in Wohngegenden ge‑ hende Alte und Kranke unter Druck, heißt es. Vor allem ehemalige Sozialpolitiker wie Franz baut, protestieren regelmäßig Anwohner. Oft be‑ Müntefering oder Horst Seehofer warnen vor haupten sie, sie könnten oder wollten den An‑ einer alternden Gesellschaft mit hohen Kosten, blick von Leichenwagen nicht ertragen. Das in der jeder Kranke als Kostgänger gelte und je‑ kann man aber von mehr Menschen erwarten – der Selbstmörder eine gute Tat vollbringe. Ande‑ und mit der gleichen Forschheit einfordern, mit re fürchten, die Liberalisierung werde Angehöri‑ der Eltern Toleranz für Kinderlärm verlangen. Der Tod gehört nun mal zum Leben. ge verleiten, sich bei der Pflege weniger Mühe zu geben – aus Gleichgültigkeit und Überforderung www.zeit.de/audio oder aus Gier, falls ein großes Erbe lockt. Der Begriff Selbstmord ist verpönt, lieber as Problem lässt niemanden kalt. Es polarisiert, es ist wahrhaft spricht man von Freitod und verneigt sich vor abgründig. Allein das scheinbar jenen, die ihn wählen. Deutsche Filme der jüngs‑ freundliche Wort Sterbehilfe ten Zeit werden dafür gerühmt, dass sie den hel‑ irritiert. Lebenshilfe leuchtet denhaften Entschluss, einem möglicherweise ein, sie meint etwas dringend schrecklichen Ende zuvorzukommen, stim‑ Gebotenes: Man soll Menschen helfen, ihr Leben mungsvoll ins Bild setzen. Der Suizid namhafter zu leben. Aber soll man ihnen helfen zu sterben? Zeitgenossen findet öffentlichen Beifall, man Stirbt nicht jeder sowieso? Wohl wahr, doch je nennt sie »tapfer«. Ist die Heroisierung des ge‑ mehr die Lebenserwartung steigt, desto mehr wollten Todes eine Medienmode oder mehr? An der Haltung zum Suizid scheiden sich die nehmen nicht allein die Senioren munterer Kaffee‑ fahrten zu, sondern auch die Hinfälligen, die Geister. Im Phaidon sagt Sokrates: »Was in wenig Dementen, die Moribunden, die ihrem Ende ent‑ bekannten, geheimnisvollen Schriften darüber gegensehen. Die Kehrseite des medizinischen Fort‑ gesagt wird: dass wir Menschen hienieden wie schritts zeigt sich darin, dass manche Kranke auf einem Wachtposten stünden und dass nie‑ länger leiden als ehedem und dass irgendwann der mand sich selber eigenwillig davon ablösen und Wunsch entsteht, dem ein Ende zu setzen. Dabei davonlaufen dürfe, das scheint mir groß gedacht berührt die Frage, wer diesen Wunsch äußert, den und voll tiefer Bedeutung.« Man sieht hier eine Kern der Debatte. Ist es der todkranke Vater, der der Quellen, aus denen das christliche Ethos sich speist. Der Schriftsteller Reinhold Schneider Arzt, der Pfleger, der überforderte Sohn? Es ist klar, dass allein der Wunsch des Patien‑ spitzt den Gedanken zu und schreibt: »Der ten gelten darf. Gibt er deutlich zu verstehen, Selbstmord – scheinbar das persönlichste, nur dass er sterben will, so handelt es sich um einen gegen das Ich gerichtete Vergehen – ist in Wahr‑ heit nicht auf das Subjekt Suizid, den er aus eigenen beschränkt. Alles Leben ist Kräften nicht vollziehen kann. Der Arzt, der ihm das »Wir Lebenden wissen eins; der sein eigenes Leben nicht achtet, verletzt das Le‑ tödliche Getränk auf den nichts über die ben überhaupt.« Nachttisch stellt, kommt in Die für dieses Land kon‑ einen Konflikt: Zwar begeht Wahrheit der letzten stitutive Pluralität der Welt‑ er keine Straftat, denn Suizid Sekunden« anschauungen gebietet es, ist nicht verboten und somit auch jenen gerecht zu wer‑ nach herrschender Rechts‑ den, die den Gedanken der auffassung auch die Beihilfe nicht – unter der Bedingung freilich, dass der Autonomie als ein absolutes persönliches Recht Kranke sich die letale Dosis selber zuführe. verstehen. Doch erlaubt die jetzige Regelung die Wenn der Arzt dies ermöglicht, verstößt er je‑ Beihilfe zum Freitod durchaus – anders als in doch gegen standesrechtliche Bestimmungen, Österreich, wo sie strafbewehrt ist. Dass die die in manchen Bundesländern gelten (in Bay‑ Rechtslage unbefriedigend ist, darf man ange‑ sichts dessen, was zur Verhandlung steht, als Vor‑ ern zum Beispiel nicht). Diese unklare Rechtslage zu klären ist Ziel der zug betrachten. Kein Gesetz, welches auch im‑ Diskussion. Sie wird uns noch lange beschäfti‑ mer, kann den Beteiligten – den Angehörigen, gen. Man sollte sich aber nichts vormachen: dem Arzt und dem Kranken selbst – die Not der Klarheit kann es deshalb nicht geben, weil die Gewissensentscheidung abnehmen. Wer für eine Liberalisierung eintritt, sollte Erfahrung des Todes nicht mitteilbar ist. Wir Lebenden wissen nichts über die Wahrheit der bedenken, dass sie unweigerlich als Signal wirken letzten Sekunde. Der unwiderrufliche Schritt auf müsste. Der Staat, Hüter des Lebensrechts, wür‑ die andere Seite entzieht sich einer sauberen de ein Tor öffnen, von dem niemand wissen rechtsförmigen Regelung. Die Grauzone, in wel‑ kann, was da zukünftig hereinkäme. Eine neue cher der Arzt nach bestem Wissen und Gewissen demografische Studie der Universität Köln ver‑ entscheidet, wird nicht dadurch heller, dass man zeichnet gegenwärtig 600 000 Menschen, die äl‑ ter als 90 Jahre sind, und sie rechnet damit, dass sie näher an die äußerste Grenze heranschiebt. Die Freunde einer erleichterten Sterbehilfe ar‑ es im Jahr 2060 rund 3,3 Millionen sein werden. gumentieren mit dem Recht auf Selbstbestim‑ Da entsteht ein Leidensdruck und auch ein Kos‑ mung. Worin aber besteht die Autonomie eines tendruck, dem eine erleichterte Sterbehilfe ungut von Ängsten gepeinigten Kranken? Der vielleicht entgegenkäme. Die liberaleren Gesetze in ande‑ (solche Fälle gibt es) wie durch ein Wunder ge‑ ren Ländern, die manche als Vorbild preisen, sundet? Und geriete er nicht, wenn eine Liberali‑ zeitigen eine steigende Anzahl von Menschen, die sierung den assistierten Suizid oder gar die Tötung den Weg der Tötung auf Verlangen gehen. In Würde zu sterben ist jedermanns Recht. auf Verlangen zur selbstverständlichen Option machte, unter den Druck einer Erwartung, der Doch liegt die größere Würde nicht darin, sein eigenen oder jener der Angehörigen? Und weiter Schicksal anzunehmen, als es zu beenden? gefragt: Verwirklicht der Mensch im Suizid seine www.zeit.de/audio Freiheit – oder verwirkt er sie nicht für immer? E D Pressespiegel Evangelisch-reformierte Landeskirche Graubünden Ha De der Pro Int Glaub PRO Me Als d ten w 3,60 Tarife gar n 30‑To drauß baur Dein imme Anfan zeitig nachb Kleine F Simon/ Zeitver 20079 Telefon DieZei ZEIT O ZEIT‑S ABON Tel. 04 Fax 04 E‑Mail PREIS DKR 4 Kanare CHF 7 L 4,80/ N 69. J A Zeit vom 13.11.2014, Seite 49.pdf 13 . N OV E M B E R 2 0 1 4 FEUILLETON D I E Z E I T No 4 7 LITERATUR 49 So sinnlich ist die Natur Foto: Peter Zelei/Getty Images Eines der erstaunlichsten Werke der Antike: Der Philosoph Lukrez feiert in seinem Gedicht »Über die Natur der Dinge« eine Welt ohne Jenseits. Jetzt präsentiert eine großartige Neuübersetzung seinen zärtlichen Materialismus VON BURKHARD MÜLLER SACHBUCH E Lukrez entwarf eine diesseitige Welt ohne Anfang, ohne Ende. Unser Tod? Ertragen wir ihn, ohne einen Sinn dahinter zu suchen s gilt als eines der schönsten, aber reicher Kommentar geleitet den Leser sicher auch schwierigsten Werke der anti- durch alle dunklen Stellen. Und sein Vorken Literatur: das große Lehrgedicht wort, Lukrez lesen, sucht die Aktualität dieses des Titus Lucretius Carus, im Deut- Dichter-Denkers gerade für unsere Gegenschen Lukrez genannt. Seine sechs wart zu erweisen. Lukrez, erklärt Binder, steht diesseits der Bücher tragen den anspruchsvollen Titel Über die Natur der Dinge, latei- neuzeitlichen Spaltung in Religion und Wisnisch De Rerum Natura. Ohne iro- senschaft. Beide, Wissenschaft wie Religion, nische Abstriche könnte man sie auch wie- haben die Evidenz des Sinnlichen von sich dergeben mit »Die Welt insgesamt im Allge- gewiesen, als wäre es etwas Minderwertiges meinen und Besonderen«. Wer das Werk ge- und Unzulängliches, ein bloßer Schein, über lesen hat, so impliziert der Titel, der bedarf den man hinausgelangen müsse. Auf der Hand liegt das beim Christentum und bei den keiner weiteren Belehrung. Solche Anmaßung macht neugierig. Lu- philosophischen Schulen, die (oft ohne sich krez liefert die einzige komplette Darstellung darüber Rechenschaft zu geben) aus der christdes epikureischen Denkens, die sich erhalten lichen Tradition erwuchsen, von Descartes hat. 150 Bücher soll der griechische Philo- über Kant bis Hegel. Die wesentlichen Gesoph Epikur, den Lukrez wie einen Gott ver- genstände, auf die das Christentum sich beehrt, geschrieben haben; sie sind, bis auf zieht – Gott, das ewige Leben –, gehören eiBruchstücke, verloren. Epikur lehrt eine voll- ner höheren, unsichtbaren Sphäre an. Ebenso kommen konsequente materialistische Philo- wollen die idealistischen Systeme seit Platon sophie. Sie erklärt die Lust zum höchsten durch und gegen die Welt zu ihren Begriffen Gut, sie kennt nur das Diesseits, und der Tod kommen, die das Wesentliche seien. Ganz ähnlich hält es aber auch die neuzeitist ihr das absolute Ende. Von Lukrez selbst gibt es sehr wenig ver- liche Naturwissenschaft, obwohl sie sich als bürgte Informationen. Der römimaterialistisch versteht und der Empische Dichter und Philosoph hat rie, das heißt der objektiven Nachungefähr von 97 bis 55 vor Chrisweisbarkeit ihrer Thesen im Experitus gelebt, Cicero erwähnt ihn einment, methodisch die zentrale Stellung mal kurz und lobend in einem einräumt. Doch die Welt-Modelle, die Brief und soll nach dessen Tod bei alldem herauskamen oder bestätigt auch der erste Herausgeber gewewerden sollten, erschließen sich in sen sein. Erst der Buchdruck machihrem Gehalt nur noch den allerauste ihn, der das ganze Mittelalter gefuchstesten Mathematikern. Der hindurch verschollen war und im Laie aber muss, was ihm davon in stark 15. Jahrhundert wieder auftauchte, vergröbernder Bildersprache gesagt Lukrez: in kurzer Zeit zum Klassiker, allerwird, schlechterdings für bare Münze Über die Natur dings sozusagen zu einem Klassiker nehmen, nachprüfen kann er es auf der Dinge linker Hand: Ihn lasen bevorzugt Neu übersetzt keine Weise. In dieser praktischen solche Leute, die dem herrschen- und kommenHinsicht verhält sich die String-Theoden Denken opponierten. rie mit ihren neun oder elf Dimensiotiert von Klaus Machiavelli rezipierte Lukrez Binder; Galiani nen nicht anders als der Heilige Geist. aufmerksam, Giordano Bruno Verlag, Berlin Lukrez, der als so furchtbar schwiemachte sich einige von seinen Ideen 2014; 405 S., rig gilt, macht es seinen Lesern hinso sehr zu eigen, dass er auf dem 39,99 € gegen eigentlich ganz leicht: Er lädt Scheiterhaufen landete, und der jeden ein zur Teilhabe des AugenLukrez-Leser Galilei entging einem scheins. Augenschein ist ihm nicht ähnlichen Schicksal nur knapp. Durch Jahr- falscher Schein, sondern die Pforte zum Herzen hunderte getrennt, aber durch die Lukrez- der Welt. Sehen wir nicht, wie die winzigen Lektüre verbunden zeigen sich die Selbstden- Sonnenstäubchen im schrägen Lichtstrahl wirker Montaigne, Lichtenberg und Nietzsche. beln und tanzen, in steter Bewegung voneinanNoch Karl Marx schrieb seine Doktorarbeit der weg und aufeinander zu? Sie können wir über ihn. gerade eben noch wahrnehmen; aber es fällt Dann begann sein Stern zu verblassen. Die nicht schwer, sich vorzustellen, dass es sich geeigenwillige Form des langen Lehrgedichts, in nauso, weit jenseits des Sichtbaren, auch im der sich Poesie und Weltanschauung zu ei- Allerkleinsten abspielen muss: Teilchen, die sich nem uns heute ungeläufigen Dritten verban- ihrer absoluten Kleinheit halber nicht weiter den, erwies sich zunehmend als Hindernis; teilen lassen, führen miteinander den Tanz der und das nicht eben einfache Latein begann Welt und des Lebens auf. So gelangt Lukrez auf sich zu verdunkeln in dem Maß, wie die dem Weg der Analogie zur Theorie der Atome. Kenntnis dieser Sprache bröckelte. In dieser Weise entfaltet Lukrez sein riesenAlso hat das Werk seine Chance nur in der haftes Panorama. Sein Universum ist als unÜbersetzung. Die deutschen Übersetzer aller- endlich groß zu denken, erfüllt von einer undings haben ihm bislang kaum Leben einzuhau- endlichen Menge von Atomen. Wie kann so chen vermocht, denn die weitaus meisten von unerschöpflich Verschiedenartiges, wie wir es ihnen behielten den Hexameter des Originals auf Erden erblicken, sich aus einer begrenzten bei. Aber der deutsche Hexameter beschäftigt Anzahl von Grundbausteinen ergeben? Ganz und ermüdet den Leser dermaßen mit seinen einfach, sagt Lukrez: so, wie die rund zwei metrischen Problemen, dass der keine Luft mehr Dutzend Buchstaben des Alphabets hinhat, sich auch noch mit dem gedanklichen In- reichen, um daraus kombinatorisch alle Wörhalt auseinanderzusetzen. Was im antiken ter der Sprache zu erzeugen. Elementa nennt Original so schön ineinandergestiftet erscheint, er die einzelnen Buchstaben, wie es die Lehrer Lehre und Gedicht, das muss man also im heu- in der Schule tun. Und es steht keineswegs die Erde im tigen Deutsch auseinanderreißen, damit wenigstens eins von beiden übrig bleibt. Jedoch nur Mittelpunkt dieses Weltalls – wie könnte sie um diesen schmerzlichen Preis ist das Werk auch, wenn das Weltall unendlich ist! Die Teilchen sind in ununterbrochenem freiem heute zu haben. Klaus Binder hat den erforderlichen Fall begriffen; doch darüber hinaus weisen sie Schritt mit Konsequenz getan. Seine Neu- eine kleine spontane Seitwärtsbewegung auf, übersetzung bietet sich in Prosa dar, einer dank der sie sich zu berühren und zu verbinrhythmisch beschwingten Prosa, die immer- den vermögen. Clinamen nennt sie Lukrez. hin einige der poetischen Qualitäten des Ori- Dieses clinamen hat als angebliche Willkürginals herüberrettet. Sein überaus kenntnis- setzung den Zorn späterer Theoretiker auf sich gezogen, ja sittliche Empörung ausgelöst; der Kirchenvater Augustinus vergleicht die sich so vereinigenden Atome mit kichernden Mädchen, die sich ihrem Geliebten in nächtlicher Umarmung hingeben – womit er wider Willen durchaus etwas Richtiges getroffen hat, denn die Atome des Lukrez, eines großen Verehrers der Venus, haben durchaus einen Hang zum Buhlerischen. Lukrez entwirft das Weltbild eines zärtlichen Materialismus. Ewig sind allein die Atome, vergänglich ist alles, was aus ihnen besteht, namentlich unser kostbares Ich. Nicht als ob es keine Götter gäbe; doch sie scheren sich nicht um uns. Nicht als ob uns nicht der Tod bevorstünde; aber er geht uns nichts an. Wer denn wäre da, ihn zu beklagen, da wir doch eben – tot sind, und das heißt nichtexistent? Haben wir uns etwa vermisst, als wir noch nicht geboren waren? Und der Tod ist spiegelbildlich ja nichts anderes als der vorgeburtliche Zustand. Vieles von dem, was Lukrez zur Erklärung der Natur der Dinge beisteuert, weicht vom heutigen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnis ab; ja eigentlich das meiste. Seine Atome sind glatt oder rau, haben Hörner und Haken, mit denen sie sich verbinden, und es fällt ihm nicht ein, dass mit die- sen Fortsätzen ins Kleinste ein noch Kleineres eingeführt ist, das sich sozusagen abbrechen ließe. Ja, noch nicht einmal das Phänomen der Schwerkraft vermag er anders zu deuten, als dass sie »nach unten« wirkt, und so lehnt er die damals durchaus schon gängige Vorstellung ab, die Erde sei eine Kugel: Da müsste sie nämlich schweben. Insofern es sich bei dieser Kosmologie um ein wissenschaftliches Modell handelt, muss man es wohl als überholt bezeichnen. Aber darauf kommt es zuletzt nicht an. Was Lukrez mit großer Konsequenz leistet, das ist der Entwurf einer rein diesseitigen Welt ohne Anfang und ohne Ende, in der alle Gebilde, unsere Seele eingeschlossen, durch die liebevollen Verbindungen des Zufalls entstehen und sich auch wieder auflösen. Ganz am Schluss des Werks steht die Schilderung einer Pestepidemie: Denn dem Tod entrinnen wir nicht, vielleicht nicht einmal einem scheußlichen Tod. Wir ertragen es besser, wenn wir keinen Sinn dahinter suchen. Das wäre die Schmach des Aberglaubens, der eines freien Menschen unwürdig ist. Die Natur ist nicht um unsertwillen da, aber wir sind Teil von ihr und benötigen, um uns dessen zu versichern, nicht das Dazwischentreten einer überlegenen Autorität, keinen Gott und keine Urknall-Theorie. Lassen wir zum Schluss ihm selbst das Wort: »Und sollte, unter der Zahl seiner Jahre gebeugt, ein älterer Mann sich beschweren, seinen Verfall weit kläglicher als angemessen bejammern, hätte die Natur dann nicht alles Recht, noch lauter, mit noch schärferen Worten zu schelten? ›Weg mit den Tränen, erbärmlicher Nimmersatt, lass das Jammern! Du hast alles gehabt, was das Leben lebenswert macht, und nun verfällst du. Nur weil du stets nach dem verlangt hast, was du gerade nicht hattest, weil du missachtet hast, was du hattest, nur darum ist dir das Leben unglücklich, unerfüllt verronnen. Und eh du gedacht, stand der Tod dir zu Häupten, noch bevor du dir ein Herz gefasst, erfüllt abzutreten und mit guten Dingen gesättigt. Nun aber, rasch, lass ab von den Dingen, die deinem Alter nicht geziemen, überlasse sie ruhigen Sinns deinen Söhnen. Nichts anderes bleibt dir zu tun.‹ « Diese Natur, die nicht nur in uns, sondern mit uns redet, hat jedenfalls etwas Erfrischendes; in Klaus Binders Neuübersetzung sieht man sie geradezu die Hände in die Hüfte stemmen. Es lohnt sich, ihr zuzuhören. ANZEIGE Wein gelingt, wo Tradition auf Tatkraft trifft, und Deutschland wird rot: Warum gerade die Vielfalt der Rebsorten Ausdruck einer lebendigen Kultur ist Von Moral und anderen Stärken Wenn es unter den Pflanzen einen Preis für Moral gäbe – der Wein wäre wohl ein aussichtsreicher Anwärter. So wacker klammert er sich an die steilsten Hänge, so lebenshungrig treibt er seine Wurzeln in den Grund. So genügsam nimmt er auf, was steiniger Boden ihm zu bieten hat, und so dankbar antwortet er noch auf den letzten Strahl der Sonne. Beinahe scheint es, als würde gerade der Mangel ihn anspornen, besonders köstliche Früchte zu tragen: In anderen Breiten, auf anderen Böden könnte er es leichter haben. Sonniger und satter, weiß Gott! Wieso aber gelingen gerade an Rhein und Mosel die feinsten und edelsten Weine? Wieso an der Ahr im Norden und in Baden, in Württem- berg und Franken, an Saale und Unstrut, an der Nahe und in der Pfalz? Weil zum Geschenk der Natur die Idee gehört, wie es zu nutzen sei. Weil wacher Sinn für die Gegenwart seine Wege findet auf dem Boden einer zweitausend Jahre alten Weinkultur. Erst ein kluger Winzer komponiert aus Boden, Traube, Klima, eigenem Wissen und der Bereitschaft seines Publikums einen Wein, der einen eigenen Charakter besitzt. Fast 140 Rebsorten werden in Deutschland angebaut, um Wein daraus zu keltern. Manche sind Monumente einer uralten Kultur, manche wurden erst entwickelt, um die Werte dieser Kultur in die Zukunft fortzuschreiben. Und manche kamen und siegten. Der Regent ist so eine Erfolgsgeschichte, der Müller-Thurgau trägt sogar den Namen seines Erfinders und dessen Schweizer Heimat. Der Kerner ist keine hundert Jahre alt, der rote Dornfelder fünfzig, doch beide sind längst Klassiker. Elbling war an der Mosel schon zu Zeiten der Römer ein Genuss. Vom Gutedel heißt es, er sei fünftausend Jahre alt. Mehr als tausend Quadratkilometer beträgt die Fläche in Deutschland, auf der Wein angebaut wird. Das ist deutlich größer als Berlin. Der Riesling ist der Star. Fast ein Viertel der Anbaufläche ist ihm gewidmet, denn kaum ein Wein erzählt so feinfühlig vom Terroir, aus dem er gewachsen ist – vorausgesetzt, der Winzer versteht es, seinem nuan- Pressespiegel Evangelisch-reformierte Landeskirche Graubünden cenreichen Spiel Gehör zu verschaffen. Aber genau in diesem Zusammenspiel liegt der Grund für seinen Weltruhm. Das gilt auch für die Burgunderweine, den grauen und den weißen. Oder für den anspruchsvollen, dafür aber auch noblen und eleganten Spätburgunder: große Oper, allesamt. Überhaupt, die Roten: Sie sind eine Entdeckung! Fruchtig, transparent, klassisch in ihren Werten, modern in ihrer Offenheit. Ein Drittel der Fläche haben sie für sich erobert, Weine, die viel zu erzählen haben. Für den, der zuhören mag. 13. N OV E M B E R 2014 D I E Z E I T No 47 Zeit vom 13.11.2014, Seite 56.pdf GLAUBEN & ZWEIFELN Fotos: Stephan Floss für DIE ZEIT; Eventpress Stauffenberg/dpa (u.) DIE ZEIT: Herr Bedford-Strohm, seit zwei Stunden sind sie gewählt. Sie repräsentieren jetzt 23 Millionen Protestanten. Sind Sie erleichtert, euphorisch oder doch erschrocken? Heinrich Bedford-Strohm: Alles bestens! Ich mache grad mit großer Lust diese ganzen Interviews. Sekündlich laufen die SMS ein, sogar mit Segen. ZEIT: Auf Facebook haben Sie aber noch nichts gepostet. Der letzte Eintrag ist von gestern! Bedford-Strohm: Das kommt erst noch, weil ich wirklich selber poste. Nachher schicke ich einen Dank an alle. ZEIT: Sie werden nun für ein Jahr die Geschicke der deutschen Protestanten bestimmen. Was war Ihre schwierigste Entscheidung 2014? Bedford-Strohm: Genau diese Kandidatur für den Ratsvorsitz. ZEIT: Was sprach denn dagegen? Bedford-Strohm: Natürlich mein Terminkalender als Landesbischof. Die Frage: Kann ich das Amt vereinbaren mit meiner bayerischen Landeskirche? ZEIT: Warum haben Sie zugesagt? Bedford-Strohm: Weil mir die Zukunft der Kirche am Herzen liegt: Wir müssen unsere alte Botschaft so weitergeben, dass sie heute verstanden wird. Das kann kraftvoller geschehen. ZEIT: Wo muss Kirche sich heute einmischen? Bedford-Strohm: Ich erkläre es Ihnen am Beispiel meiner Reise in den Irak. Die bayerische Landeskirche hat ja seit Jahren Kontakt zu den Christen dort. Jetzt, da sie vom »Islamischen Staat« verfolgt werden, baten sie mich, sie zu besuchen. Ich habe die Flüchtlingslager gesehen, die Verzweifelten gehört. Danach habe ich mich in der EKD für militärische Hilfe gegen den IS eingesetzt. ZEIT: Zwei Drittel der deutschen Bevölkerung sind gegen Militäreinsätze. Bedford-Strohm: Ich freue mich, dass die Deutschen so skeptisch sind, denn Gewalt löst keine Konflikte. Zivile Mittel müssen Vorrang behalten. Aber es gibt Situationen, wo diese keinen Völkermord verhindern. Deshalb kann zum friedensethischen Handeln auch das Militär gehören. Wir haben die Pflicht, Verfolgte zu schützen. Zugleich müssen wir die Quellen der Gewalt austrocknen und deutsche Waffenexporte in diese Region viel schärfer kontrollieren als bisher. ZEIT: Evangelische und katholische Kirche haben sich gemeinsam zum Irak positioniert. Was kann die Politik vom Christentum lernen? Bedford-Strohm: Hinter vielen Debatten der letzten Jahre stecken ethische Orientierungsprobleme. Die Kirche macht einer pluralistischen Gesellschaft keine Denkvorgaben, aber sie bietet einen Kompass: das Doppelgebot der Liebe. Wenn es stimmt, dass man Gott nicht lieben kann, ohne den Nächsten zu lieben, dann ist die Not anderer auch unsere Not. ZEIT: Sie sprechen von »der Kirche«, nicht »den Kirchen«. Warum? Bedford-Strohm: Es gibt keinen römisch-katholischen, evangelischen oder orthodoxen Jesus Christus, sondern nur den einen Herrn. Paulus fragt im Korintherbrief: »Ist Christus etwa zerteilt?« Nein. Deshalb muss die Einheit der Kirche für jeden Christenmenschen Herzenssehnsucht sein. Ich spreche gern von »der Kirche«, denn es gibt nur die eine heilige, katholische und apostolische Kirche, die uns alle verbindet. Das hat Konsequenzen: Wir sollten gemeinsam Gottesdienst feiern und geistliche Gemeinschaft haben. Mein Horizont war immer ökumenisch, seit ich 1993 meine Doktorarbeit über die biblische Option für die Armen geschrieben und überwiegend katholische Quellen benutzt habe. ZEIT: Haben Sie auch die sozialkritische Schrift Evangelii Gaudium des neuen Papstes gelesen? Bedford-Strohm: Natürlich! Ich hatte mich über seine Wahl und den Namen Franziskus riesig gefreut. Seinen scharfen Satz »Diese Wirtschaft tötet!« finde ich als Kritik an den Auswüchsen eines ungezügelten Kapitalismus richtig. Ich habe das im Zusammenhang mit unserer ökumenischen Sozialinitiative immer versucht zu betonen: Eine deregulierte Wirtschaft bringt die Armen in Bedrängnis. ZEIT: Warum gibt es solche zugespitzten Sätze in dieser Initiative der Kirche nicht? Bedford-Strohm: Wir müssen weise mit den scharfen prophetischen Sätzen umgehen. Sonst werden sie vorhersehbar, dann hört niemand mehr hin. Der amerikanische Philosoph Michael Walzer nennt den Propheten einen connected critic, einen verbundenen Kritiker – seine Kritik wirkt nur im Dialog mit Menschen. Das entspricht ganz meiner Erfahrung, etwa in Gesprächen mit Unternehmern. Ich muss verstehen, wie schwierig ihre ethischen Konflikte sind, sonst hören sie mir nicht zu. ZEIT: Manche Protestanten schimpfen über die ständige Medienpräsenz von Franziskus. Sie auch? Bedford-Strohm: Nein! Zeitungen müssen sich verkaufen. Da sind polarisierende Themen und Personen nun mal attraktiv. Von der Vollversammlung des Weltkirchenrats in Südkorea, die nur alle Flieht nicht aus der Zeit! Aus der Abschlusspredigt des scheidenden Ratsvorsitzenden Nikolaus Schneider in Dresden »Sprung in die Zukunft« Er ist der Neue an der Spitze der evangelischen Kirche. Ein Gespräch mit Heinrich Bedford-Strohm über wahre Liebe, scharfe Sätze und das Verhältnis zum Papst Wahl des neuen Ratsvorsitzenden 56 acht Jahre stattfindet, mit 250 Kirchen aus aller Tod verlieren. Wenn wir aber bejahen, dass PatienWelt, gab es kaum größere Berichte. Warum? Die ten ihr Leben beenden, sind wir schnell bei der Meldungen waren nicht griffig genug. Wenn man Frage: Koste ich zu viel am Lebensende? irgendeinen Bischof im Rotlichtbezirk erwischt ZEIT: Momentan verdienen Kliniken gut daran, hätte, hätten alle darüber geschrieben. das Sterben Schwerkranker zu verlängern. Und die Angst vorm Tod ist oft nur Angst vor Qualen, die ZEIT: Was tun? Bedford-Strohm: Wir brauchen mehr geistliche auch die Palliativmedizin nicht lindern kann. Wer Ausstrahlung. Wir sind kein beliebiger Kommen- Sterbehilfe sucht, trifft auf Ärzte, die ihre Approbatator, sondern wollen von den Quellen des Lebens tion verlieren können. Ist das nicht unbarmherzig? her zu einer Erneuerung der Gesellschaft aufrufen. Bedford-Strohm: Wer moralisch über Sterbehilfe urteilt, darf auf keinen Fall über konkretes Leid ZEIT: Bitte ein Beispiel! Bedford-Strohm: Soziale Gerechtigkeit etwa ist ein hinwegsehen. Und Selbstbestimmung, wenn jetheologisch zentrales Thema. Zahllose Bibeltexte mand keine Therapie mehr will, ist wichtig. zeigen, dass Gott und Gerechtigkeit nicht getrennt Schmerzminderung kann auch dann richtig sein, werden können. Das berühmteste Zitat stammt wenn sich das Leben dadurch verkürzt. Ich halte von dem Propheten Amos: »Gerechtigkeit ströme keine neuen strafrechtlichen Regelungen zum ärztwie ein nie versiegender Strom.« Wer das hört, der lich assistierten Suizid für nötig. Ärzte dürfen nicht spürt im Herzen, dass es hier nicht um Tagespoli- mit einem Fuß im Gefängnis stehen, wenn sie tik geht. Sondern ums Prinzip. Wir haben in schwer Leidenden beistehen. Aber Ärzte sollen auch Deutschland über eine Million Langzeitarbeits- keine Spezialisten für das Töten sein. Ich möchte, lose, obwohl es der Wirtschaft gut geht. Diese dass das Tötungstabu nicht aufgelockert wird. Menschen dürfen wir nicht verloren geben. ZEIT: Welches Recht hat ein Christ, von einem ZEIT: Was sind andere akute Aufgaben der Kirche? anderen zu fordern, er müsse leiden? Bedford-Strohm: Die Aufnahme von Flüchtlingen, Bedford-Strohm: Ich betone noch mal: Sterbenden die Debatte um die Sterbehilfe und die ökolo- muss Beistand geleistet werden. Aber eine normatigische Neuorientierung beschäftigen uns intensiv. ve Freigabe des Tötens auf Verlangen und des assisDabei sollten wir aber auch über unsere Grenzen tierten Suizids darf es nicht geben. hinausschauen. Nehmen Sie die Insel Tuvalu im ZEIT: Viele junge Christen in Deutschland sagen, Pazifik. Der Pfarrer dieser Insel sagte über den die Gottesfrage sei für sie irrelevant. Was kann die CO₂-Ausstoß des Westens: Meine Heimat versinkt Kirche da tun? im Meer. Der Satz prägt sich ein. Bedford-Strohm: Wir sollten die Relevanz unserer ZEIT: Sie sind international stark vernetzt. Wie Glaubenstraditionen deutlicher machen. Viele Lebensratgeber sagen: Lernen Sie, dankbar zu leben. wichtig ist für die Kirche Weltläufigkeit? Bedford-Strohm: Das hat bei mir zunächst eine Nur, wie mache ich das? Indem ich den Psalm 103 bete: »Lobe den Herrn, meine persönliche Dimension. Meine Seele, und vergiss nicht, was er Frau ist Amerikanerin, meine dir Gutes getan hat!« Wer seiKinder haben deutsche und nem Schöpfer dankt für den amerikanische Pässe. Ich bin soReichtum jeden Tages, spürt etzusagen der einzige Nichtameriwas von der Tiefe unserer Exiskaner in meiner Familie und tenz. Ein zweites Beispiel: Viele finde es wunderbar, in anderen Probleme unseres Alltags komLändern zu sein, andere SpraEr steht für eine junge, chen zu sprechen. Hinzu kommt netzaffine, internationale men daher, dass wir keine mein Kirchenverständnis: Wir Kirche. Sein Faible sind Selbstdistanz gewinnen. Was können den Glauben an Jesus große Debattenthemen: habe ich falsch gemacht? Wir Christus nie für uns alleine leBiotechnologie und finden nicht aus Konflikten heben. Die Kirche muss ihre weltUmwelt, Wirtschafts- und raus, weil wir nur bei der eigeweite Vernetzung nutzen, um Friedensethik. Der nen Sicht bleiben. Da hilft das weltweite Probleme mit zu lösen. Pfarrerssohn aus Schwaben Sündenbekenntnis. Das klingt Deshalb bin ich im Weltkirchenberiet den Weltkirchenrat, altmodisch, aber es ist der erste rat engagiert, lehre gern in Südlehrte in Südafrika und Schritt in die Freiheit. Wer afrika, war in Texas, in Brasilien den USA. Seit 2011 ist Schuld bekennt, kann sich verund Ruanda. Das Gedenken an er Landesbischof in geben lassen. Wem vergeben den Völkermord hat mich stark Bayern. Am 11. November wird, der kann neu anfangen. geprägt: dass in 100 Tagen fast wurde der 54-Jährige in Die Bibel sagt das in alten Woreine Million Menschen mit MaDresden zum neuen ten. Wir müssen zeigen, wie akcheten abgeschlachtet wurden, Ratsvorsitzenden der EKD tuell sie sind. Das ist der Sprung dass UN-Soldaten danebenstangewählt. Seine Vorgänger in die Zukunft. den und ihre Waffen nicht gewaren Nikolaus Schneider, ZEIT: Haben Sie Angst vorm brauchen durften! Ich habe mir Margot Käßmann und Reformationsjubiläum 2017? geschworen, nie wieder zu schweiWolfgang Huber. Bedford-Strohm: (lacht) Ganz gen, wenn eine solche Situation und gar nicht! Ich freue mich entsteht. darauf. Denn ich glaube, es kann ein großes ökumenisches ZEIT: Sie haben dieses Jahr eine Ehrung für den Theologen Friedrich Schorlemmer Christusfest werden. Was wollte Luther denn mit unterstützt, der zu den Wegbereitern der Fried- der Reformation? Neu auf Christus hinweisen. lichen Revolution gehörte. Warum? ZEIT: Dasselbe will Papst Franziskus. Einer seiner Bedford-Strohm: Weil wir die Impulse aus der Vordenker, Kardinal Maradiaga, sagte: Natürlich DDR-Friedensbewegung nicht vergessen sollten. Es kann Rom die Reformation mit den Protestanten war eine Konferenz des Evangelischen Bildungs- feiern! – Das ist schon provokant, wenn man beund Tagungszentrums Alexandersbad, an der ich denkt, wie Luther gegen den »Papstesel« wetterte. mich sehr gern beteiligt habe, weil Friedrich Schor- Bedford-Strohm: Das soll uns aber nicht hindern. lemmer für Mut in bedrängter Lage steht. Ich selber Mein Ziel ist, 2017 mit den katholischen Schweshabe ja als Kind bei Sonntagsspaziergängen an der tern und Brüdern zusammen zu feiern. Wie gesagt: innerdeutschen Grenze noch den Stacheldraht ge- Es gibt nur eine Bibel. Und wir versammeln uns sehen, das Minenfeld. Grauenvoll! Es war eine un- um denselben Herrn. geheure Leistung, dass viele Menschen sich am ZEIT: Eine Woche lang haben die Protestanten in Ende nicht mehr einschüchtern ließen. Das ist Frei- Dresden getagt. Was war das Beste an der Synode? heit eines Christenmenschen. Das beeindruckt Bedford-Strohm: Der Internetchor. Unbedingt! mich. Dazu will ich ermutigen. Junge Christen aus aller Welt sangen synchron im ZEIT: Mut gehört heute auch zum Kirchenasyl, Netz, und die Synode sang mit. Das war Heiliger wie es der Hamburger Pfarrer Wilm in St. Pauli Geist digital. syrischen Flüchtlingen gewährte. War das richtig? ZEIT: Was machen Sie morgen als Erstes? Bedford-Strohm: Ja! Ich habe ein Foto davon ge- Bedford-Strohm: Meinen Terminkalender upsehen und es gepostet: Man blickt von oberhalb daten: Wie verbinde ich Bayern und Deutschland? des Kreuzes ins Kirchenschiff auf die Flüchtlinge. Dann treffe ich sicher den katholischen AmtsbruWie Christus sagt: »Ich bin ein Fremder gewesen, der Marx in München. Ich werde mal rüberradeln. und ihr habt mich aufgenommen.« ZEIT: Was am neuen Amt wollen Sie abschaffen? ZEIT: Das große politische Thema dieser Woche Bedford-Strohm: Das muss ich erst rausfinden. ist die Sterbehilfe. Sie haben gerade ein Buch darü- Bisher habe ich auf alles Lust. Und der Rat der ber geschrieben. Was steht drin? EKD ist extrem nett. Meine Krawatte, die ich grad Bedford-Strohm: Dass das Leid, dem viele Men- umhabe (seriöses Dunkelblau), hat mir vorhin ein schen am Lebensende ausgesetzt sind, endlich zur Ratsbruder geliehen, weil meine nicht so toll war. Sprache kommen muss. ZEIT: Alte Synodenteilnehmer klagen, heute werZEIT: Sind Sie für eine Verschärfung der Gesetze? de nicht mehr gestritten. Früher seien in der EKD Bedford-Strohm: Ich trete für ein Verbot der orga- die Fetzen geflogen. Wird es mit Ihnen nun lauter? nisierten und erst recht der kommerziellen Sterbe- Bedford-Strohm: Ich streite gern. Aber ist laut hilfe ein. Tötung auf Verlangen ist unnötig, wenn schon klug? Dass Christen rumschreien, heißt ja wir die Palliativmedizin ausweiten und Sterbende noch nicht, dass sie hinhören. besser begleiten. Als Pfarrer weiß ich, dass Menschen, die gut begleitet werden, die Angst vor dem Das Gespräch führte EVELYN FINGER Heinrich Bedford-Strohm Heinrich Bedford-Strohm will eine weltoffene und streitbare Kirche Die Gegenwart ist die entscheidende Zeit. Wir können und sollen uns ihr stellen. So wie Dietrich Bonhoeffer es uns ans Herz gelegt hat: »Es gibt in der ganzen Weltgeschichte immer nur eine bedeutsame Stunde – die Gegenwart. Wer aus der Gegenwart flieht, flieht die Stunden Gottes, wer aus der Zeit flieht, flieht Gott. Dienet der Zeit! Der Herr der Zeiten ist Gott, der Wendepunkt der Zeiten ist Christus, der rechte Zeitgeist ist der Heilige Geist.« Auch im Evangelium selbst geht es um das Jetzt: »Siehe, jetzt ist die Zeit der Gnade, siehe, jetzt ist der Tag des Heils!« So ruft Paulus uns zu einem widerständigen Gottvertrauen auf, gerade angesichts gnadenloser Welterfahrung. Das Kommen Christi hat ja Unrecht und Gewalt, Leid und Tod nicht aus der Welt verbannt, auch nicht aus seiner Kirche. Es wäre ein Missverständnis, zu meinen, ein starker Glaube würde uns all dessen entheben. Jetzt ist der Tag des Heils? Das zu verkündigen ist nicht immer leicht! Wir erleben Krieg und Terror, Christenverfolgung und Ebola-Epidemie. Auch ein Rückzug unserer Kirche auf das private Leben der Menschen vermag den Widerspruch nicht zu lösen. Wir erleben den Tod geliebter Menschen, das Zerbrechen von Beziehungen, Einsamkeit. Wie also können wir ehr- lich Heil und Gnade predigen? Paulus gibt uns die einzig tragfähige Antwort im »Wort vom Kreuz« – Gottvertrauen. Es vergewissert uns: Leid und Tod trennen uns nicht von Gott. Das ist eine frohe Botschaft, die quer zu dem menschlichen Wunsch steht, Leiden zu vermeiden und uns gegen den Tod zu wehren. Paulus war sich gewiss, dass Erlösung bevorsteht. Wir gehören zu dieser widersprüchlichen Welt, aber sind ihr nicht heillos ausgeliefert. Wir nehmen nicht alles hin, wie es ist. Unser Christusglaube bestärkt uns, die Gegenwart zu verändern, durch Tun des Gerechten. Pressespiegel Evangelisch-reformierte Landeskirche Graubünden Nikolaus Schneider war von 2010 bis 2014 Rats vorsitzender der EKD