Mit Terabit in die Zukunft

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Mit Terabit in die Zukunft
Evolution
BCC Netzwelt 1/2009
Netzwerkevolution:
Mit Terabit in die Zukunft
Glasfasertechnologie gehört derzeit in der Datenübertragung zu den Spitzenreitern – mittlerweile sind
Kapazitäten von mehr als zehn Terabit pro Sekunde
möglich. Doch welche Übertragungsraten werden in
Zukunft realisierbar sein?
Der US-amerikanische Vordenker und
Publizist George Gilder prognostizier­
te Anfang der neunziger Jahre einen
rasanten Anstieg der Bandbreiten:
„Gilder's Law“ besagt, dass sich die
Übertragungskapazitäten jährlich ver­
dreifachen. Tatsächlich ist in den
letzten zwanzig Jahren die Geschwin­
digkeit der Datenübertragung rasant
gestiegen. Waren es Mitte der achtzi­
ger Jahre noch 155 MBit/s und in
den Neunzigern 2,5 GBit/s, sind heute
40 GBit/s unter Praxisbedingungen
über eine singuläre optische Wellenlänge auf einer einzelnen Faser zu
erreichen. Und ein Ende dieser Ver­
vielfachung ist nicht abzusehen.
Multimedia als Treiber
Der große Treiber für die künftige
Bandbreitenentwicklung sind NGNs
(Next Generation
Networks) und
damit einhergehend
die virtuelle Multi­
mediakommunika­
tion. Schon heute
nutzen Unterneh­
men konvergente
IP-Plattformen, die
Sprache, Video und
Daten vereinen. Ausgeklügelte Video­
konferenzsysteme
wie Telepresence von Cisco etablieren
sich derzeit im Businessumfeld. Doch
auch hier geht die Entwicklung wei­
ter: „Die prozessintegrierte Nutzung
von Multimediadiensten wird in
Zukunft wesentlich stärker in den
Workflow integriert sein“, erklärt
Professor Diederich Wermser, Leiter
des Instituts für Telekommunikati­
onssysteme und -technologien an
der Fachhochschule Braunschweig/
Wolfenbüttel und Kooperationspart­
ner von BCC. „Mitarbeiter werden
Videokonferenzen und verwandte
Dienste in hoch auflösenden Forma­
ten ganz selbstverständlich als alltägliches Kommunikationsmedium
direkt von Ihrem Arbeitsplatz aus
nutzen – ohne dazu spezielle Konferenzräume zu benötigen.“
Glasfaser zu übertragen. Provider
wie BCC erreichen damit eine
Übertragungsrate von 80 mal 10
GBit/s – als 0,8 Terabit pro Sekunde.
Da Glasfasern meist in Bündeln mit
bis zu 72 Fasern verlegt werden, lässt
sich diese Grenze rechnerisch noch
deutlich steigern. Geht man, wie derzeit absehbar, von einer Datenrate
von 40 GBit/s pro Kanal aus, schei­
nen 72 x 80 x 40 GBit/s für Punktzu PunktVerbindungen
„Rein optische Signalverarbeitung möglich. Das
entspricht
ist in den All-Optical-Networks immerhin ei­
nem theoreti­
nur noch eine Frage der Zeit.“
s c h e n We r t
von über 230
Terabit pro Se­
Professor Diederich Wermser, Leiter des Instituts für
kunde. Dieses
Telekommunikationssysteme und -technologien an der
Rechenexem­
Fachhochschule Braunschweig/Wolfenbüttel
pel scheint aus
heutiger Sicht
stark übertrieben, doch amerikani­
Neue Dimension
sche Wissenschaftler gehen inder Geschwindigkeit
zwischen laut dem britischen Wis­
senschaftsmagazin „Nature“ von
Moderne Multiplexing-Technologien
einer theoretischen Grenze von 150
wie DWDM (Dense Wavelength Di­
TBit/s pro Faser aus. Diese Dimen­
vision Multiplex) kratzen heute schon
sionen sind für den normalen Nutzer
an der Terabit-Grenze. DWDM erkaum vorstellbar. Bereits mit weniger
möglicht es, gleichzeitig verschiedene
als einem Terabit pro Sekunde ließen
Lichtwellenlängen über eine einzige
Im Consumer-Bereich werden virtu­
elle Videotheken, wie internetbasier­
tes TV on Demand, mit Bitraten jen­
seits des aktuellen HDTV zum Motor
für die Bandbreitenevolution. Dem­
entsprechend wächst der Druck auf
Übertragungskapazitäten der Access­
netze und damit die Anforderungen
an Provider-Backbones und Metro­
netze.
sich zu jedem beliebigen Zeitpunkt
sämtliche in Deutschland über das
PSTN geführte Telefonate über ein
einziges Glasfaserpaar gleichzeitig
übertragen.
Rein optische
Signalverarbeitung
Innovative Technologien werden
ihren Teil dazu beitragen, die Daten­
raten in die Höhe zu treiben. Provider
nutzen für ihre Backbonenetze vor­
wiegend hybride Technologien, die
optische und elektrische Übertragungskomponenten vereinen.
Lediglich die eigentliche Datenübertragung erfolgt optisch, während
die Signalverarbeitung elektrisch
bleibt. Wermser hält dagegen die
rein optische Signalverarbeitung in
sogenannten „All-Optical-Networks“
nur für eine Frage der Zeit: „Heute
fehlt es diesen photonischen Netzen
noch an der notwendigen Flexibilität und „Intelligenz“. Optische
Speicher und eine digital-optische
Signalverarbeitung sind noch nicht
weit genug entwickelt. Langfristig
werden neue Technologien absolutes
Hochgeschwindigkeits-Switching
ermöglichen.“
Wirtschaftlichkeit
setzt die Grenze
Das physikalische Ausweiten der
Übertragungsraten stößt voraussicht­
lich an einem ganz anderen Punkt
an seine Grenzen: Ein Problem von
Glasfasernetzen sind die Dämpfung
und Dispersion der Signale. Je höher
die Übertragungsrate desto kürzer
müssen die Abstände zwischen den
im Netz integrierten Verstärkerstationen sein. Diese Repeater sind
jedoch teuer im Betrieb. „Die Kosten­
strukturen für das physikalische Aus­
reizen der einzelnen Faser, sind mit
großer Sicherheit wirtschaftlich limi­
tiert“, erklärt Josef Glöckl-Frohnholzer, BCC-Geschäftsführer und
Vorsitzender der Telekommunikati­
ons Liaison Südostniedersachsen
TELIAISON, in der sich Hochschulen
und Unternehmen der Telekom­
munikationsbranche zusammen­
geschlossen haben. „Unserer Einschätzung nach ist es ab einem
bestimmten Punkt viel effektiver,
mehrere Lichtwellenleiter gleichzeitig
zu nutzen, als eine einzige Faser an
die Grenzen ihrer physikalischen
Möglichkeiten zu treiben.“
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