Auf staubiger spur
Transcrição
Auf staubiger spur
Markt Avanti tEXt + FOtOS saschaböhnke Markt Avanti INFOS ZUM tHEMa http://busblog.athen-peking.de Aufstaubigerspur Hans-Peter Christoph hat eine Mission: Er möchte den Bus ins Gespräch bringen. Landauf, landab sollen Menschen erfahren, dass moderne Busreisen mehr sind als Kaffeefahrten und Gardasee-Rundfahrten. Es geht ums Ganze, es geht um das Image einer Branche. Dafür legt „HP“ auch mal 17.000 km am Stück zurück. Avanti-ChefHans-PeterChristophverhandeltinsamarkantumbrot.moscheensindhäufigesAusflugsziel,manchmalwirdunterwegseinPicknickgemacht D er Bus hat es in sich: Ein Setra S 415 HDH, drei Achsen, bereits die neueste Generation, also Facelift mit Front Collision Guard und Vorbauverlängerung, sämtliche derzeit verfügbaren Sicherheitsfeatures verbaut, FünfSterne-Sitzabstand, ergonomisch geformte Sitze für nur 23 Fahrgäste – da kommt Reiseluxusfeeling auf. Soll es auch, denn es gilt, einen Ruf zu verbessern, ein Image aufzupolieren. Dazu die Fahrt: Zehn Wochen am Stück, 17.000 Kilometer, von Freiburg nach Peking für etwa 15.000 Euro, Abenteuergarantie inklusive. Das gab es so wohl noch nie, das garantiert Aufmerksamkeit, und erzeugt teilweise ungläubiges Erstaunen in der Branche. FürdenChefvonAvanti-Reisen,Hans-Peter Christoph, erfüllt sich mit dieser Fahrt ein 16 OmnibusRevue 8.2008 Traum, dessen Ursprünge bereits in der Jugendzeit gelegt wurden. Damals fuhr er als Reisender häufig mit dem Bus durch die Türkei, der heute 50-Jährige kann sich noch gut an den einmaligen Sound des O 302 erinnern, mit dem es in die Nacht ging. So etwas kann süchtig machen. Und so sind sind solche Reisen nicht einfach zu vermitteln, doch ich habe mir in Freiburg einen Markt dafür geschaffen.“ Freiburg, das ist Studentenstandort, Akademikerhochburg. Wo, wenn nicht hier, kann man Menschen für alternative Busreisen begeistern. AngefangenhatbeiAvanti alles mit Campingreisen. Die waren für einen frischgebackenen Jungunternehmer relativ einfach zu realisieren. Doch mit dem Unternehmen wuchs auch das Publikum. Die Gäste wurden älter, anspruchsvoller, was die Anforderungen an den Bus und an die Hotels betrifft. Internationale Hotelketten meidet der sympathische Unternehmer allerdings, wann immer es geht. „Ich möchte mein Geld lieber im jeweiligen Land lassen, bevorzuge kleine, familiengeführte Häuser“, WennesleuTeGibT,DiemiTDemRAD vOnATHennACHPeKinGFAHRen,DAnn isTDAsAuCHmiTDembusmÖGliCH es auch seit jeher Ziele abseits der gängigen Bustouristik-Ströme, die AvantiReisen ausmachen. „Ich möchte meinen Gästen den Kontakt zu den Einheimischen ermöglichen, habe deswegen auch viel das Hinterland eines Landes im Programm“, erklärt Hans-Peter Christoph. „Natürlich erläutert HP, wie er von Mitarbeitern und Fahrgästen genannt wird, seine Grundsätze. DieideezudieserReise kam HP über das „forum anders reisen“, in dem er Mitglied ist. Dort sind sie von Athen nach Peking gefahren. Mit dem Fahrrad. Das müsste sich auch auf den Bus übertragen lassen. Gesagt, getan. Doch es sollte nicht irgendein Bus sein. Ein Neuer musste her. In der Planungsphase standen einige Hersteller auf der Liste. Letztlich fiel die Entscheidung auf Setra. Es ist nicht nur der Bus, der überzeugen konnte, es war das Gesamtpaket aus Fahrzeug und Betreuung, das Hans-Peter Christoph überzeugte. „Stell Dir vor, ich hatte nicht nur zum Verkäufer Kontakt, sogar Setra-Chef Werner Staib hat mich besucht“, schwärmt Hans-Peter Christoph begeistert. „Da habe ich gemerkt, die Setra-Mitarbeiter meinen es ernst, wenn sie von Unterstützung sprechen.“ Und die hat es in sich. Denn mit Anatoli Reklin schickte Evobus einen Service-Techniker mit auf große Fahrt. Wertschätzung einer Idee auf ganzer Linie. Oder traut Setra seinem Produkt die Fahrt quer durch Asien usbekischerstandard–häufigvölligveraltet nicht zu? Ganz und gar nicht. Die Technik, so sensibel sie auch mittlerweile geworden ist, verkraftet auch schlechte Straßen und miesen Kraftstoff. Doch sicher ist sicher. Tausende Kilometer von jedem EvobusStützpunkt entfernt, ist so ein Bustechniker nicht nur Garant für schnelle Filterwechsel, er kann das Fahrzeug eben auch mal per Diagnose-Laptop aus festgefahrenen Situationen retten. So geschehen in Istanbul. Der örtliche Reiseleiter schickte den Bus in eine Unterführung, in der dieser dann letztlich dermaßen festsaß, dass nur ein gezieltes Ansteuern der einzelnen Luftbälge per Computer den Bus wieder freibekam. Die Alternative wäre ein Freischleppen durch die örtlichen Behörden inklusive der damit entstehenden Schäden gewesen. Eine Reifenpanne gab es ebenfalls. Doch nicht einmal das Reserverad musste bemüht ❯ OmnibusRevue 8.2008 17 Markt Avanti Markt Avanti werden. Einheimische Nutzfahrzeug-Profis flicken einen Schaden für umgerechnet fünf Euro unkompliziert. Für die Fahrgäste sind solche „ungewöhnlichen“ Momente natürlich etwas Besonderes. Wie ja die gesamte Reise weit weg von „Normal“ ist. Doch wer sind solche Reisende, die nicht gerade wenig Geld investieren, um zehn Wochen am Stück mit dem Bus zu reisen? „Die Altersstruktur beginnt bei 30 Jahren und endet bei 82 Jahren“, erzählt HP. „Wir haben nur drei Paare, der Rest sind Alleinreisende. Klingt auf den ersten Blick ungewöhnlich, ist aber typisch für solche großen Reisen. Ich brauche 20 Einzelzimmer und nur wenige Doppelzimmer. Mit an Bord sind alle Bevölkerungs- Denn es ist heiß unterwegs. 40 bis 45 Grad im Schatten sind im Juli in Mittelasien normal. Dazu kommt Staub auf allen Wegen. Die Tage zwischen zwei Etappen mit Stadtrundgängen, mit dem Besichtigen von Sehenswürdigkeiten, mit dem Besuch von einheimischen Gaststätten, Familien, Geschäften, sind anstrengend feste sitzplätze werden nicht und zehren gewaltig an den Kräfvergeben. es gilt ein rotierendes ten. „Ich freue mich ehrlich auf morgen“, erklärte ein Mitreisensystem – und das funktioniert der nach zwei Tagen in Samarmungslustige Senioren.“ Allen gemeinsam kand. „Dann fahren wir endlich wieder mit aber ist die Suche nach dem Außergewöhn- unserem Bus weiter.“ Natürlich, inklusive lichen, nicht unbedingt dem unkalkulier- Klimaanlage, kalten Getränken, Espressobaren Abenteuer, die Hotelübernachtungen maschine, bequemen Sitzen und phänomeim klimatisierten Zimmer müssen schon naler Rundumsicht. Wo auf normalen Reisein. sen die Fahrt im Bus eher als notwendiges Übel auf dem Weg zum Ziel betrachtet wird, ist sie hier immer wiederkehrender Höhepunkt. schichten. Da ist die Hausfrau, der selbstständige Architekt, der sich ein Jahr Auszeit genommen hat, der Angestellte, der Überstunden abbummelt, eine Krankenschwester, die frei bekommen hat, Unternehmer und natürlich einige unterneh- Ein Metallstift stoppt keinen Setra. Mit einheimischer Hilfe wurde der Reifen in 30 Minuten für fünf Euro geflickt 18 OmnibusRevue 8.2008 Das freut Hans-Peter Christoph, denn sicher konnte er sich gerade zu Beginn der Fahrt nicht sein, dass alles funktionieren würde. Tritt nicht automatisch nach einigen Wochen ein Gruppenkoller auf? Nicht, wenn die Fahrt intelligent geplant ist. Dazu gehört auch eine überschaubare Anzahl von Personen im Bus. Nicht mehr als 23 Fahrgäste sind an Bord. Damit ist Freiraum garantiert. Feste Sitzplätze gibt es nicht. Die Reisenden rotieren, damit jeder mal vorn sitzen kann oder am Tisch oder einen anderen Sitznachbarn hat. Das funktioniert in der Praxis erstaunlich gut. Auch wenn sich nach fünf Wochen die „vorn Rotierenden“ Mohammed, usbekischer Busfahrer, beim Probesitzen. Ständig war der Bus Objekt grenzenlosen Erstaunens. Rechts: Markttreiben in Taschkent und die „hinten Rotierenden“ herausgebildet haben. „Insgesamt habe ich festgestellt, dass unsere Fahrgäste auf dieser Reise weniger anspruchsvoll beziehungsweise weniger anstrengend sind als auf den üblichen Kurzreisen“, führt HP aus. Geplant war die Reise anfangs übrigens mit zwei Bussen. Es wurden auch zwei Fahrzeuge angeschafft, doch es kamen letztlich nicht ausreichend Fahrgäste für zwei Busse zusammen. Als einen der Hauptgründe sieht Hans-Peter Christoph mangelnde Berichterstattung im weiteren Vorfeld der Tour. „Ob Radio oder Zeitung, alle Medien wollten erst kurz vor Fahrtbeginn berichten, Interviews führen“, so HP. „Das ist schade, denn viele Gäste haben dadurch zu kurzfristig von der Reise erfahren. Dann war es natürlich zu spät, denn allein die Beantragung der zahlreichen Visa dauert Wochen.“ Mittlerweile hat sich das Medieninteresse gesteigert. Im SWR wird regelmäßig live von der Fahrt berichtet, neben der Fachpresse sind regionale aber auch überregionale Tageszeitungen am Thema interessiert und schiavanti reisen als kämpfer cken zum Teil eigene zur verbesserung des images Korrespondenten auf Teilstrecken mit. Für der gesamten busbranche Avanti Reisen sind die Berichte über die Fahrt enorm wichtig. Doch HP kommt es vor allem auf die Verbesserung des Bus-Images für die gesamte Branche an. Und so sieht er sich als aktiver Kämpfer für ein Verkehrsmittel, das nach wie vor von der Politik sträflich vernachlässigt und ungerecht behandelt wird – zum Beispiel beim Thema Besteuerung von Kraftstoffen beim Flieger. Und tatsächlich: Der Bus nach Peking kann es locker mit dem Abenteuer und dem Mythos einer Transsibirischen Eisenbahn aufnehmen. Mit entscheidenden Unterschieden: Mit diesem Bus ist es deutlich bequemer, man ist näher dran am Geschehen, man kann halten, wo man möchte und vor allem: Man ist trotz oder gerade bei einer Busreise extrem individuell unterwegs. Und noch etwas bringt die Reise von Freiburg nach Peking zurück: Das einmalige, bei uns fast vergessene Gefühl, wie es ist, eine Grenze zu überschreiten und dann ein voll- kommen anderes Land zu erleben. „Klar stehst Du auch mal vier bis sechs Stunden am Grenzübergang“, erklärt Hans-Peter Christoph. „Doch dieses einmalige Erlebnis, wieder eine Etappe geschafft zu haben, kann Dir niemand mehr nehmen." ■ So wartungsarm, dass man es kaum glauben kann. AF06.84 Ganz normale Welten in Usbekistan: Die TopClass vor malerischer Orient-Kulisse im Gegensatz zu postsozialistischer Hotelarchitektur in Taschkent Bitzer Verdichter-Technik macht die Klimaanlage im Bus besonders zuverlässig und wartungsarm. www.bitzer.de · [email protected] OmnibusRevue 8.2008 19