Festschrift der TheaterAkademieStuttgart zur 20 Jahrfeier 2015
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Festschrift der TheaterAkademieStuttgart zur 20 Jahrfeier 2015
Impressum Herausgeber Redaktion Förderforum Puck e.V. Urachstr. 29 70190 Stuttgart Cornelia Elter Schlösser Katrin Döringer Kerstin Zelinka Karolina Cisek Telefon: 0711/ 267374 Telefax:0711/ 26861900 Email: [email protected] Internet: www.akademie-stuttgart.de GLS Bank-Bochum Iban: DE67 4306 0967 0075 8831 00 BIC: GENODEM1GLS Konzept, Gestaltung Paul Schlösser Impressum Herausgeber Redaktion Förderforum Puck e.V. Urachstr. 29 70190 Stuttgart Cornelia Elter Schlösser Katrin Döringer Kerstin Zelinka Karolina Cisek Telefon: 0711/ 267374 Telefax:0711/ 26861900 Email: [email protected] Internet: www.akademie-stuttgart.de GLS Bank-Bochum Iban: DE67 4306 0967 0075 8831 00 BIC: GENODEM1GLS Konzept, Gestaltung Paul Schlösser Grußwort Am 3. Oktober 2015 feiert die TheaterAkademieStuttgart ihr 20-jähriges Bestehen. Hierzu gratuliere ich sehr herzlich und wünsche der Privatschule für Theaterberufe weiterhin viel Erfolg und eine gute Zeit. Gegründet wurde die Akademie im Jahr 1995 von Cornelia Elter-Schlösser und Christan Schlösser, die hiermit ihre Idee verwirklichten, eine professionelle Schauspielausbildung auf privatrechtlicher Grundlage in Stuttgart zu etablieren. Dieses ist ihnen auf anerkennenswerte Weise bestens gelungen. Dass neben der Schauspielausbildung auch die Fachbereiche Theater- und Sprechpädagogik eine tragende Rolle spielen ist umso bedeutender, da viele Theaterpädagogik-Projekte in Kooperation mit Stuttgarter Schulen verwirklicht werden. So wird für die Auszubildenden schon früh der Praxisbezug hergestellt und für die Absolventen erste reale Berufserfahrungen gewährleistet. Darüber hinaus wird das Prinzip, so früh wie möglich praktische Berufserfahrung zu sammeln, auch auf den Bereich Schauspiel angewandt. So erhalten die Schauspielabsolventen schon in der Ausbildung früh die Möglichkeit, sich unter realen Verhältnissen auf der Bühne zu bewähren. Viele Theaterstücke, die an der Akademie unter professionellen Bedingungen erarbeitet werden, sind Teil des Gastspielangebots, das weit über Stuttgart hinaus präsent ist. Dieses Alleinstellungsmerkmal – drei Ausbildungsgänge zu kombinieren und den Berufsanfängern eine weitreichende Berufsqualifikation zu gewährleisten – ist der Garant für den außerordentlichen Erfolg der TheaterAkademieStuttgart. Ich hoffe, dass sich der verdiente Erfolg fortsetzt und wünsche der TheaterAkademieStuttgart, allen ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, seinen Absolventen und Gründern eine gute Zukunft. Fritz Kuhn Landeshauptstadt Stuttgart Der Oberbürgermeister 1 Inhaltsverzeichnis 1 Grußworte: Oberbürgermeister Fritz Kuhn 4 20 Jahre TheaterAkademieStuttgart Cornelia & Christian Schlösser 8 Auszüge aus Dichtung und Musik Ingeborg Bachmann 9 Warum Cornelia Elter-Schlösser 9 Ein Wort Gottfried Benn 10 Interview Leila Allen 12 Interview Christoph Cordes 13 Offener Brief Hannah Heckhausen 14 Grußworte Prof.Dr.F.Müller / Tobias Ballnuss 15 Das Schicksal, die Akademie und ich Nupelda Ciftci 16 Auszug aus „Evokation Shakespeare“ Peter Brook 16 Geschichten erzählen Michael Zirpel 17 Interview Ana Norambuena 20 Einmal von Stuttgart nach Graz und zurück Marlies Besthorn 22 Interview Katrin Röhlig, Stuttgart 23 Ein Traum wird wahr Sylvie Reimer 24 Das Jahr danach Markus Michalik 28 Erinnerungen Katrin Röhlig 29 Interview David Bernecker 32 „Muss nur noch kurz die Welt retten“ Bernd Köhler 34 Interview Michèle Grandjean 36 Wissen erleben Sebastian Hübl 37 „Ich knall Euch ab!“ Christopher Wittkopp 38 Interview Marius Ionescu 40 Nicht immer „Ziemlich beste Freunde“ Paul Schlösser 42 Als ich den 1. Clown im Hamlet spielte Gerhard Polacek 46 Joachim Daniel Cornelia Elter-Schlösser 2 46 Auszüge aus „Ein Gott erscheint“ Joachim Daniel 52 Auf der Reise Wolfgang Held 54 Tragödie und Mysterium Jidu Pasqualini 56 Meinem Traum ein Stückchen näher, Nici Bunge 57 Interview Sylvia Benz 58 Auf der Suche Constanze Feulner 59 Scheitern lernen Karolina Cisek 60 Interview Tobias Wagenblaß 61 Vom Puck und anderen Lebensgeistern, Nicola Brisch 62 Auszüge aus „Hätte wir das Wort (...)“ Werner Wintersteiner 62 Kindliche Sprachentwicklung, Christina Pfeiffer 64 Über die Kunst, Kind und Kultur (...) Ingmar Volkmann 66 Wer wenn nicht Werner? Nicola Schönberger 68 Ganz Mensch Volker Schubert 72 Warum Theaterpädagogik? Deborah Meuth 73 Eine wegweisende Begegnung Annemieke Döring 74 “It ́s the final countdown” , Kerstin Zelinka 76 Auszug aus „Das Theatre Du Soleil“ Ariane Mnouchkine 76 Gedicht Josef Beuys 77 Zusammenarbeit Peter Rissmann 79 Interview Anne Katrin Lipps 80 Pressestimmen TheaterKompagnieStuttgart 86 Vom Aufblühen und Früchtetragen, Cornelia & Christian Schlösser 88 Curriculum der TheaterAkademieStuttgart 3 Liebe Freunde, Liebe Förderer, Liebe Leser, 20 Jahre TheaterAkademieStuttgart Eine lange, aufregende, inspirierende und reiche Zeit liegt hinter uns. Viele Menschen haben die Akademie entweder als Schüler oder lehrend durchlaufen. Nach 20 Jahren halten wir inne, schauen zurück und haben den Eindruck, dass dieses Jubiläum der Höhepunkt einer Entwicklung ist, die unter einem gewissen Gesichtspunkt aber auch zu einem Abschluss kommt und nun etwas Neues beginnt. Rückblickend sind wir sehr dankbar, dass es für die vielfältigen Herausforderungen, die ein solches Unternehmen wie die Gründung einer DreiSpartenausbildung mit sich bringt, so viel Unterstützung und Hilfen gab, und wir die Aufgaben dadurch auch bewältigen konnten. Entstanden ist die TheaterAkademie Stuttgart aus dem Wunsch von 12 jungen Menschen aus aller Welt, die Sprecher werden wollten, die mit der Sprache sowohl theaterpädagogisch tätig, als auch den Beruf des Schauspielers ergreifen wollten. Solch eine Schule gab es 1994 noch nicht. Fast alle waren Seminaristen des Freien Jugendseminars Stuttgart. Sie suchten eine Ausbildung, die das gleiche Anliegen hatte wie dieses berufsorientierende Studienjahr. Eine Ausbildung, die neben der fachlichen Kompetenz auch die Persönlichkeitsentwicklung fördert und einen selbstbestimmten Weg ins Leben und in die Arbeitswelt öffnet. Sie suchten eine Ausbildung, die nicht gleichschaltet, sondern das individuelle Potenzial zu heben versucht, echten Selbstwert vermittelt und menschliche Perspektiven aufzeigt. Wir entwickelten also ein Curriculum, das in diesem Sinne arbeiten sollte, auch wenn es realistisch betrachtet völlig unsinnig war eine neue Ausbildung 4 beginnen zu wollen, da doch gerade ein „Schulsterben“ begonnen hatte (alleine in Stuttgart schlossen innerhalb von drei Jahren vier private Ausbildungsinstitute). Unsere Idee, Kunst und Pädagogik innerhalb einer Ausbildung verbinden zu wollen, schien aber Menschen zu begeistern und wir erfuhren von verschiedensten Seiten Zuspruch. Also suchten wir zunächst Sponsoren, hörten aber immer wieder die gleiche Antwort: eine wunderbare Idee, aber wer sitzt finanziell mit im Boot? Nach vielen vergeblichen Anläufen war die Leiterin einer heilpädagogischen Einrichtung überzeugt und gab die erste größere Spende, und siehe da, jetzt kamen weitere hinzu und plötzlich - mussten wir beginnen. Aber wo? Es boten sich die Räume der Novalisbühne im Stuttgarter Osten an, denn diese, mit der dazugehörigen Schauspielschule, schloss gerade ihre Tore. Uns schwebte eine Kombination aus Theaterschule und Gastronomie vor (im Keller gibt es auch heute noch wunderbare Gewölbe, die eine fantastische Location hätte werden können). Als wir allerdings den Preis für die Räume erfuhren waren wir ernüchtert - die Jahresmiete betrug das Doppelte des von uns für die gesamte zukünftige Schule kalkulierten Haushaltes. Wir suchten also nochmals nach Unterstützung und fanden Sie durch die Vermittlung von Herrn Harms, der damals das Theaterressort der Stuttgarter Nachrichten leitete: Er stellte den Kontakt her zu Dr. Volker Lubinski, den Berater des damaligen Oberbürgermeisters Dr. Schuster. Der zeigte sich interessiert und brachte in kürzester Zeit eine Runde von sieben Menschen zusammen, die für eine eventuelle Nutzung in Frage kamen - unter Ihnen Irene Lung, die für die Neue Arbeit Räume suchte. Sie war von unserer Idee begeistert, hatte durch ihren Arbeitgeber auch die Mittel, und legte den Grundstein zum dem, was heute das Kulturwerk Naost ist, mit dem uns noch heute eine freundschaftliche Zusammenarbeit verbindet. So konnten wir für einige Jahre die Räume der ehemaligen gik am häufigsten gewählt wurde. Dass die Schule in möglichst vielen Bereichen fachpraktisch ausgerichtet sein sollte stand nie in Frage. Angeregt durch den Erfolg von zwei Schauspielprojekten des Gründerkurses, eine Bearbeitung des Märchens „Das kalte Herz“ nach Wilhelm Hauff (Vorstellungen im Forumtheater Stuttgart), und „Ein Sommernachtstraum“ von William Shakespeare (Vorstellungen im Kulturwerk Naost) gründeten wir 1998 die TheaterKompagnieStuttgart mit der Idee, Dozenten und Schauspielschüler in einer gemeinsamen Produktion von einander lernen zu lassen - eben Pu©K, Pädagogik und Kunst. Heute gastiert das Ensemble im gesamten deutschsprachigen Raum als „TheaterKompagnieStuttgart“ an Stadttheatern und trägt durch ihre Einnahmen dazu bei, den Haushalt der Ausbildung zu konsolidieren und das strukturelle Defizit der TheaterAkademie zu mindern. Einige Jahre später, und um viele Erfahrung reicher, wurde deutlich, dass wir unseren Namen nicht halten konnten: PU©K, das klang nach Kindertheater, nicht aber nach einer vierjährigen Schauspiel - Sprechen/Sprechpädagogik - ernsthaften Ausbildung. Und so war es der Theaterpädagogik. Name „Puckis“, den Außenstehende für unNovalisbühne als Untermieter des Kulturwerks nutzen. Doch die Schule blieb in Bewegung, auch räumlich, denn die Schule zog mehrere Male auf dem Kübler-Areal um und hat sich immer mehr erweitert. Inhaltlich hat es mit einem Allroundstudium Sprechen/ Sprechpädagogik/ Schauspiel begonnen. Erklärtes Ziel war (und ist) es, Pädagogik und Kunst in ihrer Wechselwirkung zu studieren: Kunst soll von der Pädagogik lernen und Pädagogik von der Kunst. Darum stand eben am Anfang Pu©K (Pädagogik und Kunst) Stuttgarter Schule für Sprache und Drama. Doch bald schon stellte sich heraus, dass die Schüler sehr unterschiedliche Bedürfnisse und Ziele hatten. Damals war die Theaterpädagogik weitgehend unbekannt und gerade erst „entdeckt“ worden. Auch wir stellten fest, dass ein Student, der Schauspiel studiert, ganz anderes Material benötigt als jemand, der mit Theater und Sprache pädagogisch tätig werden will. Wir trennten darum also den einen Ausbildungsgang in die drei Ausbildungsgänge/Fachbereiche: Da sich die Theaterpädagogik noch in den Kinderschuhen befand, war das Studium an der „ Pu©K“ eine der ersten grundständigen Ausbildungen bundesweit. Nun konnten sich jedoch viele unserer Schüler nicht recht entscheiden und waren an mehreren Studiengängen interessiert. Zugleich wurde uns aus der Wahrnehmung des Arbeitsmarktes klar, dass sich die Chancen unserer Absolventen als Berufseinsteiger mit einer „Doppelqualifikation“ erheblich verbessern würden, was sich in den Folgejahren bewahrheitet hat. So entwickelten wir das „Doppelstudium“, in dem durch ein zusätzliches fünftes Ausbildungsjahr der Abschluss in zwei Fachbereichen möglich wurde (einige wenige Schüler hatten und haben einen besonders langen Atem und studier(t)en alle drei Ausbildungsgänge). Diese Studienmöglichkeit war bis vor einem Jahr weltweit einmalig, wobei die Kombination Schauspiel/ Theaterpädago- 5 sere Studenten kreiert hatten und der uns endgültig davon überzeugte, die Namensgebung zu überdenken und zu unserem heutigen Namen führte: TheaterAkademieStuttgart. Dieser Vorgehensweise sind wir treu geblieben und nie wurden Inhalte und Strukturen dieser Schule auf dem Reisbrett geplant, sondern immer aus der Wahrnehmung unserer Studenten und der Zeitfragen die jeweils notwendigen Neuerungen gesucht. Vieles hat sich seit der Gründung 1995 verändert: die BaföG-Berechtigung für die Studenten, die staatliche Anerkennung der Abschlüsse aller drei Ausbildungsgänge und die Erweiterung des Curriculums durch die Hinzunahme neuer Fächer oder ganzer Fachbereiche. Für die Sprachgestaltung haben wir eine Differenzierung des Ausbildungsganges nach pädagogischen und künstlerischen Arbeitsschwerpunkten, entwickelt. In der Sprechpädagogik soll besonders auf die Sprachförderung im Vorschulalter vorbereitet werden. Im gleichen Sinne haben wir den künstlerischen Teil im Sprachstudium konkretisiert. Zur Abschlussprüfung gehört nun eine „Sprachperformance“. Aufgabe ist es Dichtung mit Hilfe von Tanz und Musik oder szenischen Mitteln in den Kontext eines freigewählten Themas zu stellen. Die Stundenpläne wurden weitgehend individualisiert und wir haben im Schauspielzweig begonnen eine Filmklasse aufzubauen. Weitere Änderungen betreffen unsere Zusammenarbeit mit verwandten Institutionen. Die Akademie wurde als Vollmitglied in den BuT (Bundesverband Theaterpädagogik) und in den VDPS (Verband deutschsprachiger privater Schauspielschulen) aufgenommen, es gibt eine Zusammenarbeit mit der Inthega (Interessenverband deutschsprachiger Theater), oder die regelmäßige und vertrauensvolle Zusammenarbeit mit der ZAV Künstlervermittlung Stuttgart. Waren Schüler und Dozenten zu Beginn der Arbeit eine große Familie, musste das 6 enge persönliche Verhältnis zurücktreten, je mehr die Schule wuchs. Trotzdem bleibt es unser Anliegen eine Ausbildung anzubieten, die auf die individuellen Bedürfnisse und Möglichkeiten eines jeden unserer Studenten eingeht, und die persönliche Nähe und Verbundenheit als Grundlage gegenseitigen Vertrauens im Unterricht zulässt. Und der Blick in die Zukunft? Die Akademie wird sich, wie sie es seit 20 Jahren tut, weiterhin verändern und neue Wege suchen. Der Generationenwechsel hat schon begonnen. Unsere langjährigen verdienten Mitarbeiter Bernd Köhler (Theaterpädagogik) und Prof. Dr. Felix Müller (Schauspiel) sind im Ruhestand, und in wenigen Jahren wird es auch für uns beide Zeit, den Platz an jüngere Kräfte zu übergeben. Daher haben auch wir einen Wunsch für „unsere“ TheaterAkademie und die Menschen, die mit ihr verbunden sind: In guten Zeiten die Freiräume für die Weiterentwicklung der Lehr- und Forschungsinhalte zu nutzen, immer weiter zu suchen, selbstkritisch und nie zufrieden mit dem Erreichten zu sein. Und in schlechten Zeiten? - auf die Zähne zu beißen, sich von Widerständen nicht beirren zu lassen und - dasselbe tun, wie in den guten Zeiten... „Nimm Deine Maske ab“ war das Motto, das wir vor 20 Jahren dieser Schule auf den Weg gegeben haben. Es ist nach wie vor unser Leitstern. Denn etwas bewirken kann man dann, wenn man bei sich selbst angekommen ist. Wenn man authentisch ist. Cornelia Elter-Schlösser, Christian Schlösser Gründung und Leitung der TheaterAkademieStuttgart und der TheaterKompagnieStuttgart 7 Es gibt ein Wort von Hölderlin, das heißt, dass der Geist sich nur rhythmisch ausdrücken könne. Musik und Dichtung haben nämlich eine Gangart des Geistes. Sie haben Rhythmus, in dem ersten gestaltgebenden Sinn. Darum vermögen sie einander zu erkennen... Wie ein Stigma haftet darum Musik den Dichtungen, zu denen sie Liebe hat an, denen von brecht, Garcia Lorca,...Trakl...und den älteren von Baudelaire, Whitmann und Hölderlin...Denn wie die neuen Wahrheiten können die alten von der Musik geweckt, bestätigt und nach vorn gerissen werden; und jede Sprache, die diese Wahrheiten ausspricht-die deutsche, die italienische, die französische, jede!- , kann durch Musik ihrer Teilhabe an einer universalen Sprache wieder versichert werden... Es ist Zeit wieder ein Einsehen zu haben mit der Stimme des Menschen, dieser Stimme eines gefesselten Geschöpfs, das nicht ganz zu sagen fähig ist, was es leidet, nicht ganz zu singen, was es an Höhen und Tiefen auszumessen gibt. Da ist nur dieses Organ ohne letzte Präzision, ohne letzte Vertrauenswürdigkeit, mit seinem kleinen Volumen, der Schwelle oben und unten – weit entfernt davon, ein Gerät zu sein, ein sicheres Instrument, ein gelungener Apparat. Aber etwas Unbenommenes von Jugend ist darin oder die Scheuer des Alters, Wärme und Kälte, Süße und Härte, jeder Vorzug des Lebendigen... Es ist Zeit dieser Stimme wieder Achtung zu erweisen, ihr unsere Worte, unsere Töne zu übertragen... Auf diesem dunklen Stern, den wir bewohnen, am Verstummen, im Zurückweichen von zunehmendem Wahnsinn, beim Räumen von Herzländern, vor dem Abgang aus Gedanken und beim Verabschieden so vieler Gefühle, wem würde da- wenn sie einmal erklingt, wenn sie für ihn erklingt! – nicht plötzlich inne, was das ist: Eine menschliche Stimme. Ingeborg Bachmann aus Frankfurter Vorlesungen –„Musik und Dichtung“ 8 Warum „Warum noch eine private Ausbildung eröffnen und dafür so viele Risiken eingehen?“ Das haben wir uns gefragt, als 9 Studenten des Freien Jugendseminars uns baten, doch eine Schule für Sprache und Schauspiel zu gründen.- Die Antwort ist: Weil uns die Ausbildung von Stimme und Sprache legen wollten: Sprache in Ihrer Vielschichtigkeit, Sprache auch in Ihrer Verbindung zur Musik. Denn Sprache ist viel mehr als wir im alltäglich Umgang von ihr wahrnehmen und benutzen, sie geht weit über den bloßen Begriff hinaus. Sprache hat Rhythmus, und die menschliche Stimme hat Klang. Ich beginne meine erste Stunde Sprachunterricht immer mit einer Frage: „Kennt Ihr das? Ich möchte einem anderen Menschen etwas mitteilen, das Bedeutung für mich hat. Ich weiß genau wie ich es sagen möchte, ich höre den Klang in mir, ich höre die Worte in mir, ich höre das Gefühl, das sich mit dieser Aussage in mir verbindet. Ich spreche es aus. Und was passiert? – Es klingt fremd, es trennt sich auf eine kalte Weise von meinem Inneren, ich erkenne es selbst nicht mehr wieder: was ich innen gehört habe, ist verschwunden. Der Zuhörer versteht mich nicht, bekommt nur den äußeren Begriff vermittelt, ja manchmal noch schlimmer: Er versteht mich falsch und Missverständnisse entstehen. Ich habe noch keinen der vielen SchülerInnen, die ich unterrichtet habe erlebt, der diese Erfahrung nicht kennt. Es ist aber ein tiefes Bedürfnis aller Menschen, sich über die begriffliche Ebene hinaus mitzuteilen. Daran arbeiten wir in den ersten Jahren unserer Ausbildung. Die Ausbildung zum Sprecher bedeutet für uns: die Stimme an den Körper anbinden, Blockaden, die nicht nur im Körper sichtbar, sondern auch in der Stimme hörbar werden, aufzulösen, das eigene Zentrum kennenlernen. Hören zu lernen. ...und darum haben wir diese Schule gegründet, weil die Welt immer sprachloser und dadurch gefühlskälter und ärmer wird. Wir wollten einen Beitrag leisten, dieser Entwicklung etwas entgegenzusetzen. Cornelia Elter-Schlösser Ein Wort Ein Wort, ein Satz -: aus Chiffren steigen erkanntes Leben, jäher Sinn, die Sonne steht, die Sphären schweigen, und alles ballt sich zu ihm hin. Ein Wort - ein Glanz, ein Flug, ein Feuer, ein Flammenwurf, ein Sternenstrich und wieder Dunkel, ungeheuer, im leeren Raum um Welt und Ich. Gottfried Benn 9 Interview / Leila Allen, San Francisco Warum bist Du an die Schule gekommen? Schon als Kleinkind habe ich die Schauspielerei geliebt. Ich wollte gerne an der Universität studieren, jedoch nach einem Semester war mir klar, dass die Art der Kunst und der Umgang der Menschen miteinander, mir nicht gefielen. Dann habe ich Sprachgestaltung im Jugendseminar mit Cornelia ElterSchlösser und Arno Schostock begonnen. In diesem Jahr hatten Cornelia und Christian sich entschlossen die Akademie zu gründen. Ihre Art von Theater und Sprachgestaltung hat mich sehr interessiert und motiviert dort zu bleiben. Was ist/war Dein Lieblingsfach? Eigentlich hatte ich zwei: Sprachgestaltung bei Cornelia und Dramaturgie. Im Sprachunterricht habe ich nicht nur Atmen, Silbenschritte und Bewegung gelernt, sondern ich habe von Cornelia das Sehen und das Hören neu erlernt. Diese erlernte Fähigkeit, einen Menschen wirklich zu sehen und seine Stimme wirklich zu hören, nutze ich heute in meiner täglichen Arbeit. Ich durfte Dramaturgie zweimal bei Cornelia und bei Christian erleben. Beide Stücke waren von Shakespeare. Sie haben monatelang ein Stück ganz genau erforscht. Als es uns dann vorgestellt wurde, war es, wie ein magisches Geschenk auszupacken. Sie haben Themen und Verbindungen entdeckt und die Charaktere tief verstanden. Was war Dein persönliches Highlight an der TheaterAkademie? Im 4.Jahr habe ich an einer Inszenierung über die Apokalypse teilgenommen. 10 Wir haben Sprechchöre mit Musik, Einzelsprechern und Szenen miteinander kombiniert. Was machst Du heute? Seit meinem Abschluss arbeite ich als Dramalehrerin und Consultant an Waldorfschulen, hauptsächlich in Kalifornien, USA. 1999-2010 habe ich vorwiegend mit Oberstufenschülern Klassenspiele inszeniert. 2001/2002 habe ich eine Fortbildung in Therapeutischer Sprachgestaltung auf anthroposophischer Grundlage bei Dietrich von Bonin besucht. Zeitweise hatte ich eine eigene Praxis für Kinder und Erwachsene. Ich bin Mutter von zwei Kindern und arbeite an der Waldorfschule in Santa Rosa, USA. Meine Arbeit umfasst unter anderem Sprachtherapie mit Kindern und Lehrer bei Sprach- und Klassenspielen zu unterstützen, Einzelarbeit mit Lehrern im Bereich Stimme und Gedicht, sowie in der Oberstufe Improvisation zu unterrichten. Gründungskurs: Das Kalte Herz von Wilhelm Hauff 11 Interview / Christoph Cordes L`Aubier, Schweiz Was assoziierst Du mit der TheaterAkademie? Worin hast Du letztendlich deinen Abschluss gemacht? Vier reiche, lebendige Jahre meines Lebens, in denen sich viel geändert, vertieft hat, ich vieles Wichtiges für mein Leben und das was ich heute mache gelernt habe, in denen ich wichtige Menschen kennengelernt habe. Sprachgestaltung Warum bist Du an diese Schule gekommen? Ich wollte Sprachgestaltung studieren und der existenzielle Ansatz, der mir entgegenkam hat mir sehr gefallen. Wann hast Du Deinen Abschluss gemacht? Was machst Du heute? Ich leite zusammen mit Michèle ein Hotel und Restaurant in der französischen Schweiz, die Teil eines größeren kulturellen Impulses sind. Hin und wieder inszenieren wir Zeremonien. Was waren Deine lustigsten Momente an der Akademie? Lustig? Es war intensiv, reich, Arbeit. Witzige Momente gab es auch, sie sind aber nicht das, was bleibt. Vielleicht die Abende in der WG 2000 Was ist/ war Dein Lieblingsfach? Sprachgestaltung. Ich wollte es studieren, ich liebte und liebe Gedichte, die Sprache(n), ihre Laute, was sich in ihnen ausdrückt, den Sinn verstärkend und über ihn hinausgehend oder ihm scheinbar entgegenlaufend! Was war Dein persönliches Highlight an der TheaterAkademie? Die Hamletinszenierung und die Arbeit an der Rolle des Horatio. Theater in diesem Fall aber eher „malgré moi“! Ich habe Michèle (la femme de ma vie), kennengelernt! 12 Wie hat die TheaterAkademie Euch auf den Arbeitsmarkt vorbereitet? Ich bin in einem Bereich tätig der direkt nur sehr wenig mit Sprache und Theater zu tun hat, aber die Werkzeuge der Sprache, das Arbeiten mit Menschen, mit Gruppen von Menschen ist auch in unserem Beruf sehr wichtig. Hier habe ich viel an der Pu©k, wie die TheaterAkademie damals noch hieß, gelernt und bin dankbar dafür. vermittelt, wie ich die verschiedenen Laute in ihrer Qualität, ihrer Konsistenz und ihrer Bewegung erleben kann. In der Ausbildung bei Euch entdeckte ich Sprache als sinnlich und bewegt, räumlich, plastisch: ich kann mich in ein M hineinschmiegen, ein L wie Honig schlecken, tausend mal P wie Luftbläschen zerplatzen lassen. Herrlich! Mit diesem „Verständnis“ von Sprache kann ich als Lehrende oft eine Freude am Sprechen anzetteln, die weit über ein phonetisch funktionales Üben hinausgeht. Das ist auch besonders für Menschen wertvoll, die gerade deutsch lernen. Sie sagen dann manchmal „das schmeckt lecker“ oder „ich Wien, der 09.09.2015 fange an die Sprache zu lieben“. Im gleichen Sinne ist es eine wirksame Arbeit, mit einer Liebe Cornelia, lieber Christian Führungsperson zu üben, wie sie mit einem Ziemlich genau sieben Jahre sind vergangen, T wirklich trifft. Es passiert Entwicklung durch seit ich bei Euch die Ausbildung mit dem sinnliche und ganzkörperliche Erfahrungen. großen Sprachabschluss beendet habe. Das habt ihr mir quasi „eingepflanzt“! Dafür möchte ich Euch an dieser Stelle DANKE Die Arbeit an Stimme und Sprache ist für sagen! mich inzwischen ein Schwerpunkt geworden. Hier in Wien unterrichte ich an zwei Immer mal wieder arbeite ich mit Schülern Schauspielschulen. An einer davon werden an dem Gedicht „der Knabe“ von Rilke. Es vor allem Studenten mit sogenanntem erfasst für mich, was Sprechen braucht: Migrationshintergrund ausgebildet, viele die Aufrichtung des Körpers, ein Ziel vor von ihnen mit Fluchtgeschichte. Zudem Augen und gleichzeitiges Bewusstsein/ unterrichte ich in einer Sprecherausbildung in Vertrauen im hinteren Raum, Spannung Wien, in einer Erzählerausbildung in Istanbul und gleichzeitige Flexibilität, Wachheit und gebe Stimm- und Sprechtrainings für und Ruhe. Der kleine Text ist für mich ein Laien aus verschiedenen Berufsgruppen. Beispiel, wie mit künstlerischen Mitteln Natürlich ist meine eigene Forschung in persönliche Entwicklung passieren kann. diesem Bereich weitergegangen (schließlich Diese Verbindung von Kunst und Entwicklung habe ich ja auch an der TheaterAkademie so haltet Ihr mit der TheaterAkademie hoch. manchen Lehrer genervt, weil ich‘s immer Das ist großartig! Ich wünsche Euch von ganz genau wissen wollte. Ich habe eine Herzen, dass Ihr das weiterhin tun könnt und Ausbildung zur Erzählerin an der UdK Berlin alle Herausforderung dieser wahnsinnigen gemacht und mich besonders in der Linklater Zeit meistert. Methode vertieft, die an „der Befreiung der natürlichen Stimme“ arbeitet. Methoden von Mit lieben Grüßen aus Wien Juri Vasiliev oder Roy Hardt sind mir begegnet. Ich finde, das sind alles ganz wunderbare Hannah Ergänzungen zur Sprachgestaltung. Hannah Heckhausen, Aber es gibt Eines, was ich ganz besonders von Euch gelernt habe: Das ist ein Erleben der Laute selbst. Ihr habt mir einmalig Sprecherin, Theater-und Sprechpädagogin, Wien Ehemalige der TheaterAkademie Stuttgart 13 Grußworte Als langjähriger Vorsitzender der ständigen Konferenz Schauspielschulen (SKS) kannte und teilte ich das kritische Verhältnis, das Vertreter der staatlichen Schulen gegenüber den Privatschulen einnehmen. Seit meiner Mitwirkung an der TheaterAkademieStuttgart ist der Blickwinkel differenzierter. lerischen Beruf verlassen die Absolventen die TheaterAkademieStuttgart mit großem menschlichen Gewinn. Ich wünsche noch viele Jahre im Sinne des bisherigen Wirkens. Das Ziel der Ausbildung ist auch hier, technisches Grundkönnen verfügbar zu machen und schauspielerische Ausdruckmöglichkeiten zu optimieren, daneben und vor allem aber auch die selbständige künstlerische Persönlichkeit zu entwickeln. So gesehen ist die Ausbildung zugleich eine menschenbildnerische. Ich konnte meine eigene Auffas- Prof. Dr. Felix Müller sung von Ausbildung hier gut weiter verfol- Ehemaliger Leiter der Schauspielschule in der Staatlichen Hochschule für Musik und Darstellende gen. Neben der Vorbereitung für einen künst- Seit 2007 haben Studierende der Theaterpädagogik von der Theater Akademie Stuttgart die alle zwei Jahre stattfindenen Schultheatertage am LTT unterstützt. Fünf mal haben sich angehende Theaterpädagogen auf den Weg nach Tübingen gemacht, um dort mit Kindern und Jugendlichen in der theaterpädagogischen Praxis Erfahrungen zu sammeln. Sie leiteten Workshops, sahen viele Schultheateraufführungen, führten mit den SchülerInnen Nachgespräche und standen ihnen fünf Tage lang mit Rat und Tat als Mentoren zur Seite. In all den Jahren habe ich die Studierenden der Stuttgarter Akademie sehr zu schätzen gelernt. Ihr fachliches Können und Wissen, ihre große Lernbereitschaft und Kritikfähigkeit, ihre Begeisterungsfähigkeit und ihre Offenheit ziehen sich wie ein roter Faden durch die Zusammenarbeit und scheinen von Jahrgang zu Jahrgang weitergereicht zu werden. Dank des Einsatzes und der 14 Kunst Stuttgart und langjähriger Dozent für Schauspiel an der TheaterAkademieStuttgart Rückmeldungen der Studierenden hat sich die Konzeption der Schultheatertage am LTT kontinuierlich verändert und verbessert. Das macht Lust auf die nächsten Male! Herzlichen Glückwunsch zum Jubiläum! Tobias Ballnus Theaterpädagoge (BUT) und Mitglied der künstlerischen Leitung des Jungen LTT, Tübingen Das Schicksal, die Akademie und ich Seit meiner BOGY-Zeit im Gymnasium recherchierte ich nach Universitäten, Akademien und Ausbildungsstätten, an denen man Schauspiel lernen konnte. Daraufhin hospitierte und informierte ich mich gezielt. Unsere schöne TheaterAkademieStuttgart hatte ich bis dato noch nicht entdeckt. Eines Tages befand sich eine Mail in meinem Postfach. Eine gewisse Theaterakademie – sogar in Stuttgart. Mein erster Gedanke war: „Wie cool! Vielleicht ist das ja die Akademie, die zu mir passt!“ und mein nächster Gedanke war: „Huch, wie haben sie meine E-MailAdresse erhalten?“. Ich wurde neugierig. Nach dem Besuch auf der Homepage, bei der ich die Sprüche und die Philosophie sehr ansprechend fand, wollte ich unbedingt zu einem der Infoworkshops! Um 10 Uhr durfte ich mit Sportkleidung im Gepäck erscheinen. Die anderen Teilnehmer und ich machten uns miteinander vertraut. Ich empfand sie alle sehr sympathisch und offen. Eine der Teilnehmerinnen darf ich jetzt zu einer meiner besten Freundinnen zählen - Sylvie. Wir bekamen Schauspielunterricht bei Frank Deesz und lernten dort den Dreischritt. „sehen, bewerten, handeln“ anhand der „Fliege“. Im Fechtunterricht wurden wir durch motivierende Art zu persönlich sportlichen Höchstleistungen gebracht. Ein Mittagessen folgte, bei dem wir mit aktuellen Studenten der Akademie reden konnten. Sie waren alle sehr nett und erzählten uns einiges über ihre Studienzeit hier. Danach durften wir bei Vladimir Khingansky tanzen. Die letzte Unterrichtseinheit war Sprachunterricht bei Herrn Schlösser mit einem anschließenden Gespräch über die Akademie und ihre Ausbildungsgänge. Die verschiedenen Unterrichtsfächer, die ich an diesem Tag besuchen durfte, hatten mich schon vom Hocker gehauen! Die Disziplin, die die Dozenten von uns forderten, gefiel mir und der damit kombinierte Spaß an der Sache entsprach meiner Auffassung einer guten Bildungsstätte. Die Vorstellung davon, all diese Fächer jeden Tag zu haben, machte mich glücklich, denn es war, als ob ich jeden Tag meinen Hobbys nachgehen könnte. In dem erwähnten Gespräch mit Herrn Schlösser erfuhr ich dann von dem Beruf eines Theaterpädagogen. Die perfekte Kombination aus Theaterschaffenden und Lehrenden, meiner Meinung nach. Ich hatte früher mit dem Gedanken gespielt, auf Lehramt zu studieren, da ich es liebe, mit Kindern zu arbeiten und mein Wissen an andere weiterzugeben. Als Theaterpädagogin wäre mir somit möglich, künstlerisch wie auch pädagogisch zu arbeiten. Das Angebot der TheaterAkademieStuttgart, zwei bis drei Ausbildungsgänge parallel zu machen, war dann das letzte Argument um mich voll und ganz zu überzeugen. Denn so ein Angebot hatte keine andere Ausbildungsstätte. Als ich nach Hause kam, spürte ich schon den Muskelkater und meine Erschöpfung von all den neuen Eindrücken des Tages, aber vor allem auch meine überquellende Vorfreude und mein Enthusiasmus an diese Akademie zu gehen; und nur an diese. Vielen Dank dafür! Und ein großes Danke auch an das Schicksal, dass wie von Zauberhand meine E-MailAdresse an die Theater Akademie Stuttgart gelang. Nupelda Ciftci 4.Ausbildungsjahr Doppelstudium Schauspiel und Theaterpädagogik 15 Zum Leitbild der TheaterAkademieStuttgart Wörter nehmen durch die Tatsache, dass sie nicht nur „Begriffe“ sind, Dimensionen an, die das Gewöhnliche überschreiten. Auch wenn ein Begriff beim Sprechen notwendig ist, ist er doch nur ein lächerlich kleiner Teil des erstaunlichen Ganzen, welches die Sprache bietet . Der Begriff ist jenes kleine, schwächliche Kriterium, vor dem die gesamte westliche Zivilisation seit vielen Jahrhunderten sich so übertrieben tief verneigt. Es gibt den Begriff; doch jenseits des Begriffs gibt es den ‘Begriff, der durch das Bild lebendig wird‘; und jenseits des Begriffs und des Bildes ist die Musik, und die Wortmusik ist der Ausdruck dessen, was durch die begriffliche Sprache nicht erfasst werden kann. Menschliche Erfahrung, die sich nicht durch Begriffe ausdrücken lässt, wird durch die Musik ausgedrückt. Daraus entsteht Poesie, denn in der Poesie finden wir eine unendlich fein abgestimmte Beziehung zwischen Rhythmus, Ton, Schwingung und Energie, die jedem gesprochenen Wort Begrifflichkeit und Bildlich- keit verleiht und gleichzeitig eine machtvolle dritte Dimension, die vom Klang herrührt, von der Wortmusik. Dennoch, wie gefährlich ist es, das Wort „Musik“ auch nur zu erwähnen! Dies kann zu schrecklichen Missverständnissen führen. Ein Schauspieler denkt: „Ah! Ich habe eine musikalische Stimme, also kann ich auch musikalisch sprechen.“ Lassen sie uns ganz klar sehen. Wortmusik im poetischen Sinne ist äußerst subtil; der Wortrhythmus ist äußerst subtil; leider wurde in den Schauspielschulen überall auf der Welt dieses komplexe Phänomen auf eine Handvoll Regeln reduziert. Wenn ein Schauspieler lernt, dass Shakespeare in Pentametern schrieb und dass ein Pentameter einen bestimmten Takt hat, wird er versuchen, dies in seinem Sprechen umzusetzen, und wir erleben eine trockene, leere Musik, die mit der lebendigen Musik der Wörter nichts zu tun hat. Peter Brook Auszug aus „Evokation Shakespeare Geschichten erzählen Die Verbale Sprache ist eine bedeutende Das möchte ich vertiefen. Sache, die uns vom Tier unterscheidet. Wo wären wir heute, ohne die Kunst sprechen Michael Zirpel zu können? Die Menschen haben sich 4.Ausbildungsjahr Doppelstudium Sprechen/ schon immer gerne Geschichten erzählt Theaterpädagogik und versucht jedes Mal den Anderen zu übertrumpfen. Die Geschichtenerzähler waren in dieser Kunst so geübt, dass sie das Publikum gefesselt haben, allein mit Worten. Und auch heute noch bleiben einige in der Stadt stehen, wenn sie einen Redner hören, der diese Kunst beherrscht, wenn auch nur kurz. Besonders Kinder sind für diese Kunst sehr empfänglich. So kann ich meinerseits berichten, wie ich von der Geschichte des Öfteren geträumt habe, die meine Mutter mir erzählte. Dies möchte ich weiter tragen, vor allem, weil man mir mehrmals gesagt hat, dass ich eine schöne Erzählstimme habe. 16 Interview / Ana Norambuena, Stuttgart Was assoziierst Du mit der TheaterAkademie? Was waren Deine lustigsten Momente an der Akademie? Herausforderung! In jedem Bereich, in jedem Moment, das ganze Jahr lang. Auf jeden Fall die Proben in Weißenseifen. Warum bist Du an diese Schule gekommen? Bauchgefühl und um die Pionierzeit mitzugestalten. Es war eine außergewöhnlich intensive Zeit in meinem Leben. Wann hast Du Deinen Abschluss gemacht? Uuups... schon vergessen, war der erste Abschluss in der Schule Was ist/ war Dein Lieblingsfach? Rollenstudium. Weil ich in diesem Fach die Möglichkeit hatte tief in meine Arbeit einzutauchen und konnte verschiedene Wege ausprobieren. Wie hat die TheaterAkademie Euch auf den Arbeitsmarkt vorbereitet? Da ich im Gründungsjahr war und keinerlei Spuren von anderen Studentengenerationen gab, hatten wir so gut wie keine Vorbereitung für den Arbeitsmarkt. Es war ein Sprung ins kalte Wasser, über Vorsprechen, Bewerbungen & Co. Mein Motto war „learning by doing“. Und es hat sich gelohnt, ich habe 10 Jahren als Schauspielerin im Theater gearbeitet. Bei den Vorsprechen kam häufig die Rückmeldung, wie gut meine Stimme ausgebildet war, und das bekamen auch andere Mitstudenten gesagt. Was war Dein persönliches Highlight an der TheaterAkademie? Ich habe dort meinen Ehemann kennengelernt Worin hast Du letztendlich Deinen Abschluss gemacht? Ich wollte alle absolvieren. Letztendlich habe ich Sprache und Schauspiel gemacht. Was machst Du heute? Psychotherapie und psychologische Beratung. 17 16 18 19 Einmal von Stuttgart nach Graz und zurück - wie ich an die TheaterAkademieStuttgart kam Ich war ein eher trauriges Kind und nicht besonders gut in der Schule, sie machte mir so überhaupt gar keinen Spaß, und die Stadt, in der ich wohnte, fand ich hässlich, grau und langweilig. Doch eines Tages kam etwas in mein Leben, das Farbe in die graue Welt brachte. Es war die 7. Klasse des Gymnasiums, die ich damals besuchte. Wir spielten ein Märchen von den Gebrüdern Grimm. Und hier passierte es: ich stand auf dieser Bühne, hatte die Scheinwerfer im Gesicht und fühlte, dass ich genau hier hingehörte. Da gab es keine Selbstzweifel. Da gab es die Scheinwerfer, das Publikum und mich, die ich selbst sein konnte, ohne ich selbst zu sein. Im selben Jahr bestand ich mein Abitur und war jetzt offiziell bereit für die große weite Welt. Leider nur offiziell. Was wollte ich werden? Nun, eigentlich war das keine Frage. Ich wollte auf jeden Fall Schauspielerin werden. Ein Leben ohne die Bühne? Das konnte ich mir gar nicht mehr vorstellen. Doch an Schauspielschulen gehen, um dort vorzusprechen? Mich ganz alleine vor eine Kommission stellen und spielen? Alleine bei dem Gedanken fühlte ich mich irgendwie nackt und bekam Angst. Ich begann an der Universität Hohenheim zu studieren. Nach 2 Semestern musste ich mir jedoch eingestehen, dass ich alles andere als glücklich war mit meiner Studienwahl und ließ mich prompt exmatrikulieren. Angst hatte ich immer noch und zwar nicht gerade wenig. Doch erst jetzt begriff ich, dass Mut nicht bedeutet keine Angst zu haben, sondern diese zu überwinden. Wenn dann, richtig, dachte ich mir und bewarb mich an der „Ernst Busch“ in Berlin - reiste nach Berlin, später an die Falkenberg, die Everding nach München, dann an die Folkwang in Essen, danach Hannover, Hamburg, Leipzig, Ludwigsburg, Zinnowitz, Linz, Graz. Ein Jahr lang tourte ich durch Deutschland und Österreich und lernte viel über mich selbst, lernte an mich zu glauben und auch dann 20 wieder aufzustehen, wenn die Landung wirklich wehgetan hatte. Nach einem Jahr hatte ich dennoch genug und wollte endlich meinen Traumberuf erlernen. Ich war so oft nicht genommen - oder nur knapp nicht genommen worden - und war es satt 7 Stunden Zug zu fahren, nur um 2 Monologe vorzusprechen, bei denen man mir eh kaum zuhörte, weil nach den 20 Monologen vor mir irgendwann einmal die Aufmerksamkeit flöten gegangen war. Doch was nun? Ich überlegte hin und her. Auf meinem ersten Statistendreh in der Stadtbibliothek Stuttgart begegnete mir die vermeintliche Lösung in Gestalt einer blonden zierlichen Schauspielschülerin. Sabina erzählte mir von der privaten Schauspielakademie, die sie derzeitig besuchte. Sie könne sie mir nur sehr empfehlen, sagte sie und klang dabei sehr ehrlich. Ich begann zu überlegen. Eine Privatschule würde ich mir wohl kaum leisten können. Doch ein Mal hingehen und vorsprechen konnte wohl nicht schaden. Immerhin war es ja auch eine Erfahrung. Also bewarb ich mich und bekam kurze Zeit später einen Termin zum Vorsprechen. Der lief dann für mich recht ungewohnt ab: da waren keine anderen Bewerber – nur ich. Dann bekam ich ordentlich Zeit um mich vorzustellen und meine Monologe vorzuspielen. Hier gab es keinen Vorsprechstress, den ich mittlerweile ja schon fast gewohnt war. „Wir würden Sie aufnehmen“ – dieses Resümee war dann allerdings die Spitze des Gipfels der Ungewöhnlichkeiten. Dann fing der Direktor der Schule an seinen Monolog zu halten (was auch sehr ungewöhnlich war, da das Halten von Monologen, ja bis zu diesem Zeitpunkt eher eine Sache der Bewerber gewesen war). Er erzählte ausführlich von den Vorteilen, die seine Schule bot. Irgendwann meldete sich das Misstrauen in mir; sollte ich ihn nicht heute davon überzeugen, mich als Schülerin zu nehmen? Mir kam es jedoch vor, als wolle er mich davon überzeugen, die Schule zu wählen. Später telefonierte ich mit meinem Vater, der reagierte jedoch ganz anders als gedacht. Er freute sich für mich und fragte, wie viel ich denn monatlich an Unterstützung benötigte. Dann redete ich mit meiner besten Freundin. Sie kaufte eine Flasche Sekt und freute sich ebenfalls. „Aber du siehst ja gar nicht glücklich aus“, stellte sie verwundert fest. Ich zuckte die Achseln und wusste nicht so recht, was ich sagen sollte. Ich hatte wohl kein so gutes Gefühl bei der Sache, dabei war es doch die ganze Zeit das gewesen, was ich wollte, oder? Kurze Zeit später ging dann auch das erste Jahr los. Trotz meines Bauchgefühls hatte ich mich entschlossen den Ausbildungsplatz anzunehmen und lernte meine Mitschüler und meine Dozenten kennen. Ich hatte die ersten Wochen Unterricht - und fing bald inständig an zu hoffen, dass sich vielleicht noch etwas an der Ausbildung änderte. Es gab keinen Stundenplan und kaum Dozenten, unsere Schauspielklasse war schauspielerisch so gar nicht auf einem Stand und wir hatten so wenig Unterricht, dass ich mich dauerhaft so fühlte, als hätte ich Ferien. Dass meine Schauspieldozentin jünger war als ich selbst und so gut wie keine Referenzen besaß, war eine von vielen deprimierenden Tatsachen. Doch natürlich bekamen wir nicht irgendwann noch mehr Unterricht und schnell wurde mir klar: ich musste kündigen. Doch laut Vertrag hing ich hier ein Jahr fest. Viel konnte ich währenddessen nicht tun. Ich bewarb mich also noch einmal in München, dann in Ludwigsburg und dann an der staatlichen Hochschule für Musik und Darstellende Kunst in Stuttgart. Eine Mitschülerin und Freundin von mir begleitete mich auf der Suche nach einer geeigneten Schule. Dann stießen wir auf die TheaterAkademie Stuttgart. Noch eine Privatschule? Wer weiß, wie das wieder endet. Doch ein Mal hingehen um zu hospitieren, konnte ja nicht schaden. Ich erzählte einer weiteren Mitschülerin davon und gemeinsam schwänzten wir einen Tag Unterricht an unserer derzeitigen Schule, um einen Tag Unterricht an einer anderen Schule mitzuerleben. Der beste Tausch, den ich seit langem gemacht hatte, denn plötzlich erlebte ich etwas, das ich fast vergessen hatte: Schauspielunterricht konnte Spaß machen. An diesem Tag hatten wir Improvisation, Theaterpädagogik, Rhythmik und Tanz und hörten außerdem ein sehr interessantes Referat über Max Reinhardt. So stellte ich mir es vor, Schauspiel zu studieren. Am Abend gingen wir müde nach Hause, müde, aber glücklich. Hier wollte ich unbedingt hin, das wusste ich von diesem Tag an. Also bewarb ich mich. Ich sprach vor, und – wurde genommen! Endlich war ich angekommen, sagte mir mein Bauchgefühl, und auch dieses Mal behielt es Recht. Zwei Monate später: Wir sitzen wir im Bus, auf dem Weg zu unserer neuen Schule. Auch meine Mitschülerin aus der ehemaligen Schauspielschule wurde an der TheaterAkademieStuttgart genommen und sitzt neben mir: „Jetzt fängt es an“ sagt sie und ihre Augen funkeln „Jetzt leben wir endlich unseren Traum.“ Ja, jetzt fängt es an, denke ich, schaue aus dem Busfenster und denke an den langen Weg, der hinter mir ist, und an den der noch vor mir liegt. Ich denke an alles, was ich gelernt habe, und was es alles noch zu lernen gibt. „Schön“, denke ich und lächle. Marlies Besthorn, 3. Ausbildungsjahr Doppelstudium Schauspiel und Theaterpädagogik 21 Interview / Katrin Röhlig, Stuttgart Was assoziierst Du mit der TheaterAkademie? Einen Ort, an dem viel möglich ist. Warum bist Du an diese Schule gekommen? Das Vorsprechen an dieser Schule, genauer genommen mein Gespräch mit der Schulleitung hat mich damals so berührt und überzeugt, dass ich mich für die TheaterAkademie entschieden habe. Wann hast Du Deinen Abschluss gemacht? 2010 Was ist/war Dein Lieblingsfach? Ich hatte ziemlich viele Lieblingsfächer... Schauspiel bei Yvonne Racine war wohl das allerliebste Lieblingsfach. Wir waren eine spannende und explosive Gruppe und es ist in diesem Unterricht ziemlich viel passiert. Es war immer so eine Art Parallelwelt, die mir aber viel gebracht und bedeutet hat. Was war Dein persönliches Highlight an der TheaterAkademie? Die Griechenlandreise 2009 Wie hast Du die Schule gefunden? Was machst Du heute? Ich arbeite als Schauspielerin und als freie Theaterpädagogin projektbezogen und unterrichte in verschiedenen Einrichtungen Schauspiel und Theaterpädagogik. Nächstes Jahr schließe ich meine weiterführende Ausbildung zur Drama- und Theatertherapeutin ab und dann geht‘s weiter. Was waren Deine lustigsten Momente an der Akademie? Auf jeden Fall die Kolloquien... die waren oft ziemlich schräg. Es gab gesegneten Sand und Tugenden... Und der Theorieunterricht... Literatur, etc... Jan Phillip weiß, was gemeint ist. After Schaf und so... Wie hat die TheaterAkademie Euch auf den Arbeitsmarkt vorbereitet? Ich habe im Job gemerkt, wie gut ich ausgebildet wurde und wie viel ich in der Rückhand habe. Das war ein gutes Gefühl. Trotzdem lerne ich weiter und habe von Anfang an Fortbildungen besucht. Aber die Grundlagen dafür, auf dem Arbeitsmarkt zu bestehen, habe ich bekommen Wie ist es an der Schule zu unterrichten, an der Du selbst mal Schüler warst? Es ist etwas vollkommen anderes. Und das ist wichtig. Ich habe mich nach meinem Abschluss komplett abgenabelt und bin Worin hast Du letztendlich Deinen meinen Weg gegangen. Darum konnte Abschluss gemacht? ich auch als Dozentin zurückkommen. Ich Ich bin für Schauspiel gekommen und habe glaube an das, was die Akademie lehrt und wofür sie steht und bin glücklich meinen meinen Abschluss im Schauspiel und in Teil dazu- und zurück geben zu können. Theaterpädagogik gemacht. Im Internet. 22 Ein Traum wird wahr Seitdem ich denken kann, möchte ich Schauspielerin werden. Schon als Kind spielte ich Theater und liebte es, auf der Bühne zu stehen. Es gab nie eine Alternative für mich. Deswegen bin ich so glücklich darüber hier zu sein, um meinen Traum Schritt für Schritt zu realisieren. Die Zeit an der TheaterAkademie hat mir gezeigt, dass für mich nichts anderes in Frage kommt, als Schauspielerin zu werden. Ich bin völlig begeistert, es gibt so viel zu lernen, ich kann gar nicht genug davon bekommen. Jeder Tag ist anders und stellt neue Herausforderungen an mich. In den ersten Jahren haben mich die Rollenabschlüsse völlig begeistert. Zu sehen, was die Abschlüssler alles gelernt haben und wie sie spielen, war großartig. Ich hätte am liebsten selbst gleich angefangen zu spielen. Ich fand auch die Aufführung zusammen mit den höheren Kursen super. Es hat im ersten Jahr viel Mut gemacht, dabei zu sein. Die Proben waren total spannend. Die Schauspieler aus dem dritten Jahr waren bewundernswert. Es hat mir auch gezeigt, wo ich hin möchte. Ich möchte selbst auf der Bühne stehen. Das Gefühl, wenn ich auf der Bühne stehe, spiele, neue Dinge erlebe und fühle ist unbeschreibbar. Das Spielen macht mir so riesigen Spaß, dass ich alles Drumherum vergesse. Es macht alles gut. Alle Probleme sind verschwunden und danach bin ich voller Glücksgefühle. Die Vielfalt der Fächer, die wir haben, finde ich unglaublich. Es ist gut, dass man hier in so vielen Bereichen gefordert wird. Mir machen alle Fächer riesigen Spaß und ich habe erfahren, dass man mit viel Üben wirklich etwas erreichen kann. In der Zeit ,die ich jetzt hier bin, habe ich mich aus meiner Sicht sehr entwickelt und besser kennengelernt. Doch möchte ich noch viel mehr über mich und die Schauspielerei erfahren. Ich bin sehr ehrgeizig und will mein Ziel unbedingt umsetzen. Ich will Schauspielerin werden! Wie sehr ich es will, sagt folgendes Beispiel: Man stelle sich vor, man wird unter Wasser gedrückt und bekommt keine Luft. Der erste lebenswichtige Atemzug beim Auftauchen beschreibt exakt meinen Willen. Ich möchte die Jahre hier auf der Schule nutzen um meinen Traum nach und nach in die Tat umzusetzen. Und hier noch die Worte von Max Reihnhard, die mich schon lange bewegen: „Ich glaube an die Unsterblichkeit des Theaters. Es ist der seligste Schlupfwinkel für diejenigen, die ihre Kindheit heimlich in die Tasche gesteckt und sich damit auf und davon gemacht haben, um bis an ihr Lebensende weiterzuspielen. Sylvie Reimer 4. Ausbildungsjahr Schauspiel 23 Das Jahr danach: Ein Jobeinsteiger berichtet 31.08.2014 – Dieses historische Datum markierte für mich den Aufbruch in neue Hoheitsgebiete, einen Gang ins Ungewisse, den Beginn meines innerlichen künstlerischen Jakobswegs, kurz, mein offizielles Ausbildungsende. Es ranken sich viele Mythen darum, was nach diesem Tag passiert und die meisten Zeugen dieses Spektakels waren auf einmal an den renommierten Wasserstellen der angehenden Schauspielszene (Schlampazius, Rössle, etc.) nicht mehr auffindbar. Ich möchte es heute auf mich nehmen und über diese Welt des Ungewissen, die hinter dem Abschluss liegt, berichten. 1. Die Phase kurz nach dem Abschluss: Eigentlich sitzt man erstmal eine Woche einfach nur da - mit aufgerissenen Augen. Auf eine weiße Rauputzwand starrend, einfach, weil das das Maximum von dem ist, was man nach den Prüfungswochen noch an intellektuellem und stressbedingtem Input aufnehmen kann. In dieser Woche mischen sich sehr viele Gefühle. Ich glaube, uns ist allen bewusst, dass die vier, fünf oder sogar sechs Jahre Ausbildungszeit an der Akademie nicht immer nur aus eitel Sonnenschein bestehen und gerade in den letzten Prüfungswochen neigt man doch eher dazu, seine Zeit dort zu verteufeln, hadert mit der Obrigkeit (liebe Grüße) und fragt sich letztendlich, ob man für den Druck, den dieser Job beinhaltet ,überhaupt geschaffen ist. Wenn ihr das hier lest und am Ende eurer Ausbildungszeit seid, möchte ich letztere Frage mit „Ja!“ beantworten. Ihr seid dafür geboren, Ihr habt Euch die letzten Jahre intensiv mit dem auseinandergesetzt, was Ihr liebt und Ihr habt dafür eine gewisse Form der Anerkennung verdient. Da ist es dann auch gleich, ob diese Anerkennung aus „gut“, „sehr gut“ oder „mit Auszeichnung“ besteht, aber das wird einem eh erst später klar. Bis hierher habt ihr auf jeden Fall alles richtig gemacht. Man sitzt also in der Woche nach dem Ausbildungsende da und denkt exakt 24 zwei Sätze: „Juhu – Ich muss nie mehr in den Laden zurück!“ und „Oh Gott – Ich darf nie mehr in den Laden zurück!“ Denn irgendwie wird die Akademie in der langen Zeit, in der man sie besucht hat, schon auch ein Stück Familie und gleichzeitig geliebte Routine. Man freut sich, kann sich aber gleichzeitig nicht vorstellen, nach dem Sommer nicht einfach wieder hinzugehen und weiter „Himm Hemm Hamm Humm“ zu machen. Man hat jetzt das Glück und gleichzeitig die Bürde, seines eigenen Glückes Schmied zu sein und ich glaube, diese Verantwortung wiegt schwer, befreit aber gleichzeitig ungemein. Hat man diese Mischgefühl-Paralyse von sich geschüttelt, beginnt man natürlich sofort sich in die Stadtbibliothek zu setzen und seine Abschlussmappe zu schreiben, damit man zügig sein Abschlusszeugnis in der Hand halten kann. Spaß beiseite, jetzt beginnt 2. Die Bewerbungsphase: Wer gerne Serien schaut, ein starkes Handgelenk und einen soliden Speichelfluss hat, der wird sich in dieser Phase wohlfühlen. Jetzt beginnt nämlich das Bewerbungen - Schreiben und Eintüten. Man lege eine Staffel „Lost“ ein, lege den aktuellen Theateralmanach (von Bernd Steets, Edition Schmidt, 21,90 €. Enthält Theateradressen in Deutschland, Österreich und der Schweiz im Überblick. Daten, Spielpläne, Kommentare). Meine Bewerbungsschreiben liegen übrigens eingetütet und unversendet auf meinem Dachboden, da ich ja dann in Esslingen untergekommen bin. Die Erfahrung war’s wert schätze ich. Mehr ist dazu von meiner Seite auch nicht zu sagen, jetzt geht es zur Sache und ich beginne, Umschläge mit Adressen deutschsprachiger Theater zu versehen. Zeugnis rein, 4 Bildchen dazu, kleines nettes Anschreiben und weg damit. Schreibt man nur die Landes- und Staatsbühnen an, hat man danach so um die 150 Bewerbungen, eine unermessliche Serienkenntnis und eine sehr trockene Zunge. 3. Vorsprechphase Kannste Meisner? Kannste Steiner? Kannste alles vergessen bzw. MUSS man alles vergessen, wenn man beim Vorsprechen steht und auch später. Damit meine ich nicht, dass es unwichtig ist und man das Jahre lang für Nichts gemacht hat, sondern dass man das jetzt intus hat.. Vertraue darauf, dass du die Techniken instinktiv richtig anwendest und verhaspel dich nicht, nur weil du mal statt nem‘ Dreischritt `nen‘ Zweischritt machst. Beim Vorsprechen beschäftigt einen alles, nur nicht die Kunst. Die Zuschauer, ihre Blicke, der Fakt, dass es auf einmal nicht mehr der Bühnensaal mit seinem sympathisch geteerten Parkettboden ist und dass man tatsächlich das erste Mal vor Menschen spielt, die einen noch nie zuvor spielen gesehen haben. Die nicht die Privatperson kennen, sondern wirklich nur den Schauspieler sehen. Ich fuhr damals also hochambitoniert zu meinem Vorsprechen an die LB nach Esslingen. Im Gepäck eine Reisetasche voller Hemden, Hosen, Hüte, Schuhe, Requisiten, sowie einer Gitarre und einer Picknickdecke, nur um dann zu bemerken, dass man in Esslingen ja gar nicht vor dem Theater parken kann… also zu Fuß. Ich hatte noch einen guten Zeitpuffer, kam fit zum Vorsprechen und der Intendant, Herr Friedrich Schirmer, war so nett sich eine ganze Stunde für mich Zeit zu nehmen, damit ich alle meine Rollen spielen konnte. Außer ihm saßen dort außerdem noch vier andere Damen und Herren, die für mich sehr wichtig aussahen. Ich habe also meine Rollen nach bestem Gewissen gespielt, habe geschwitzt und mit Gummibärchen gespuckt, war in voller Fahrt und habe dieses Vorsprechen als Erfolg verbucht, Herr Schirmer auch. Und als Fazit musste ich noch zwei weitere Male erscheinen (Herr Schirmer wollte damit ausschließen, dass ich nur einen glücklichen Tag hatte) - und habe den Job bekommen. Mein Fazit ist: Vor wem auch immer Ihr beim Vorsprechen steht, vergesst nicht, er ist wahrscheinlich ein alter Hase. Er weiß, dass Ihr nervös seid und er weiß auch, wie er das in so einer Vorsprechsituation bewerten muss. Verlasst euch darauf, das Ihr an der Akademie ein qualitativ gutes Handwerkszeug bekommen habt, dass Euch locker durch diesen Prozess trägt. Gebt Euch offen und sympathisch und zeigt auch, dass Ihr nette Arbeitskollegen seid. Denn noch vor der Kunst ist vielen 25 Intendanten das persönliche Klima im Haus Privates bleibt einem oft nicht mehr und ein wichtiges Anliegen. Damit kommen wir zu man muss Freunde oft mehrere Wochen vertrösten. Aber wenn ich Freunde von 4. Die Arbeitsphase mir sehe, die acht Stunden im Büro sitzen Wenn man hier angekommen ist, kann und ihren Job hassen und wenn ich mich man sich schon ein bisschen was auf sich vor einer johlenden Meute Kinder stehen einbilden, immerhin ist man weiter als 20 bis sehe, denen ich gerade die Geschichte 30 Prozent der ausgebildeten, arbeitslosen der „Kurzhosengang“ erzählt habe und die Schauspieler in Deutschland. Arbeiten an im besten Fall noch was Positives über einem subventionierten Haus ist anfangs - Theater davon mitnehmen, dann weiß ich und wenn man aus der harten Schule der schon, warum ich das lieber mache als Theater Kompanie kommt - schon fast ein alles andere. Der Schauspielerberuf wird bisschen unterfordernd. Ich kann mich noch nie etwas Konventionelles sein, wird nie ein an meinen ersten Probentag erinnern und Beruf sein, in dem man geregelt arbeitet, meine schiere, glückliche Ohnmacht, als im abends abstempelt und sich dann nicht mehr Proberaum schon ein Bühnenbild aufgebaut mit seinem Job auseinandersetzen muss, war und Probenkostüme für mich rausgelegt sondern wird vielmehr immer ein Teil von waren. Ich kann hier jetzt nur von meiner einem sein, für den man leben muss und persönlichen Erfahrung sprechen, aber die in dem man sich immer weiterentwickelt Arbeit in der Kinder- und Jugendabteilung und nie stehen bleibt. Aber das macht der Württembergischen Landesbühne ist diesen Job ja auch so einzigartig und wunderschön. Ich habe durchgehend nette liebenswert. Und deshalb übrigens sieht man und wache Kollegen, von der Maske über Abschlüssler auch immer seltener abends die Schauspielkollegen bis hin zur Technik, an den renommierten Wasserlöchern der den Regisseuren und Dramaturgen und es angehenden Künstlerszene. Wahrscheinlich wird alles getan, damit ich als Schauspieler haben sie neue Quellen gefunden, an denen voll aufs Spielen konzentriert sein kann. sie ihre Kraft schöpfen. Ich arbeite jetzt auf Gerade am Anfang hat man natürlich noch jeden Fall seit einem halben Jahr an der Hemmungen, gerade vor älteren Kollegen, Landesbühne in Esslingen und kann mir da man halt doch der „Jungspund“ ist, aber zum jetzigen Zeitpunkt keinen schöneren ich kann hier nur für mich sprechen, meine Ort vorstellen, an dem ich meine Arbeitszeit Mitspieler sind alle sehr nett und offen und verbringen möchte. Lange Rede, kurzer Sinn am Ende des Tages kochen wir halt auch - zum Abschluss gibt’s noch alle nur mit Wasser. Ich merke aber auch, dass Schauspiel wirklich ein Beruf ist, für den man brennen muss und für den man auch Dinge aufgeben muss. Ich arbeite im Normalfall von 10.00-14.00 Uhr und nach einer 4 stündigen Pause nochmal von 18.0022.00 Uhr, samstags „nur“ von 10.00-14.00 Uhr. Dazu kommen noch etwaige Abstecher, heißt man fährt mit einem Kinderstück in die Mehrzweckhalle nach Bad Klippsenwerder, um dort ein Gastspiel zu machen. Oft fährt man dazu um 6.00 Uhr morgens in Esslingen ab, um dann um 9.00 Uhr die erste und um 11.00 Uhr die zweite Vorstellung zu spielen. Manchmal auch Sonntags. Viel Raum für 26 5. Die Dankbarkeitsphase Ja, ich weiß, in der Erinnerung verklärt sich so manches! Auch ich habe in meiner Zeit an der Akademie, vor allem in meiner Abschlussphase, viele Momente fluchend und schimpfend auf meinem Sofa in der Bib verbracht. Ich glaube aber auch, dass das richtig und wichtig so ist. Man wird eben flügge nach den ganzen Ausbildungsjahren und hat den Drang, das Nest zu verlassen, um sich nun mit seinem erlernten können im Sturzflug in die Arbeitswelt zu katapultieren. Wäre ja schlimm, wenn es nicht so wäre. Aber nach einiger Zeit im Beruf wird man merken, wie viel man aus seiner Ausbildung an der TheaterAkademie mitgenommen hat, sei es dadurch, dass man sich als Theaterpädagoge rein stimmlich gegen eine 30- köpfige Gruppe Jugendlicher durchsetzen kann ohne heiser zu werden, oder dadurch, dass man ohne ein Minderwertigkeitsgefühl neben den anderen Schauspielkollegen steht, weil man einfach weiß, dass man das richtige Werkzeug mit auf den Weg bekommen hat. Ich möchte mich an dieser Stelle bei all meinen Dozenten dafür bedanken, dass sie mir dieses wichtige Handwerk mit auf den Weg gegeben haben und dabei teilweise gegen meinen Missmut und meine Lustlosigkeit angegangen sind um mich an und über Grenzen zu treiben. Vielen Dank! Mein größter Dank gebührt jedoch Frau und Herrn Schlösser. Es war alles nicht immer einfach, aber wie kann es das auch sein, wenn man sich in einem kreativen Beruf voller Emotionalitäten bewegt und doch empfinde ich, dass meine Zeit an der Akademie sehr fruchtbar war, sowohl für mich als Persönlichkeit als auch für meinen beruflichen Werdegang. Danke für die Möglichkeit, mich „in den unermesslich weiten Räumen“ der darstellenden Kunst entfalten zu dürfen und dafür, schon ein bisschen Theateratmosphäre in meiner Zeit bei der Kompagnie schmecken zu dürfen... Es war auch hart, anstrengend und stressig aber in jeglicher Form auch erdend, wenn Sie verstehen, was ich meine. Ich glaube man kann sich nicht vorstellen welcher Stress dahinter steckt und wie viel Idealismus es braucht, so eine Schule aufrecht und am Laufen und bei Laune zu halten. Allen jetzigen Abschlüsslern und denen, die da noch kommen mögen, wünsche ich noch eine schöne Restzeit an der Akademie, genießt sie so gut Ihr könnt, habt einen schönen Abschied und startet gut in die unendlichen Weiten, die da noch vor Euch liegen. Vergesst eure Akademie-Zeit nicht und behaltet sie immer im Herzen, Ihr würdet lügen, wenn Ihr sagen würdet, dass sie Euch nicht in irgendeiner Weise geformt hat. Ich habe nicht viel mehr zu sagen außer: Herzlichen Glückwunsch zum 20jährigen Jubiläum und viel Kraft und gute Gedanken für die Jahre, die noch vor der Akademie liegen Liebe Grüße, Markus Ehemaliger, Schauspieler&Theaterpädagoge 27 Warum ich in der TheaterAkademie bin: In meinem 1. Jahr in der TheaterAkademie stand ich heulend im Jonglage Unterricht weil die Bälle einfach nicht so wollten wie ich , mein Lehrer sagte zu mir “Du musst dich nicht verändern, keiner kann dich dazu zwingen “, da wusste ich ,dass ich genau deshalb hier bin, um mich zu verändern, um mich zu verwandeln um für meine Träume einzustehen. Edda Janz, 3. Ausbildungsjahr Schauspiel Erinnerungen Die TheaterAkademie ist für mich ein Ort an dem so unglaublich viele Erinnerungen leben. Es ist ein bisschen so, wie durch die Straßen in der Stadt zu gehen, in der ich aufgewachsen bin. Auch dort passiert es, dass ich mitunter inne halte und vor meinem inneren Auge eine jüngere Version meiner selbst sehe, die Jahre zuvor genau diesen Weg, an genau dieser Ecke – und in der Akademie - in genau diesem Raum ging. Und die eine oder andere Freundschaft aus dieser Zeit lebt auch im Jetzt weiter. Neben all den Tagen und Unterrichten, Partys und Prüfungen sind es vor allem die Akademienächte die mir noch sehr lebhaft im Gedächtnis sind. Wir – meine Mitschüler/innen und ich - haben nächtelang in verschiedenen Räumen geprobt. Ausprobiert. Geprobt. In den Nächten in denen die Zeit irgendwie still stand und wir von dem was wir taten so berauscht waren. Und manchmal, vor den Prüfungen, auch einfach überdreht. Den Abschluss zu machen. Endlich fertig zu sein. Endlich beginnen zu können. Nach fünf Jahren Akademie war es dann endlich soweit. Und trotz all dem Schönen und Spannenden, dass ich erleben durfte, war der letzte Schultag, bzw. der letzte Tag meiner letzten Bauwoche so gut und so wichtig und ich war froh in die Welt hinaus zu können. Und dafür bin ich meiner Zeit in der Akademie mit am dankbarsten. Ich wurde ausgebildet um dann auch gehen zu können. Ich wurde nicht kleingehalten sondern freigelassen. Und das ist es, was für mich den Geist der Schule ausmacht. Und darum kam ich gerne wieder und tue es noch heute. Diese Jahre der Ausbildung sind ein ganzes Leben gewesen. Mit allem was dazugehört. All den Höhen und Tiefen die so ein Leben eben erfordert. Die Zeit als Schülerin ist zwar Katrin Röhlig, spannend und noch so voller Möglichkeiten Ehemalige, Schauspielerin, Theaterpädagogin, und voll von Zukunft, Träumen und Dozentin für Theaterpädagogik und Hoffnungen und in gewisser Weise auch Kulturmanagement noch unbeschwert – jedenfalls muss man noch keine Steuererklärung machen – aber auch voller Druck und gespickt mit Ängsten, Erwartungen. Und nicht zu vergessen, man ist nie allein. Sondern immer im Schulkollektiv. Und das ist schon eine besondere Erfahrung. Ich glaube es ist selten, dass man anderen Menschen so intensiv nahe kommt wie in einer Schauspielausbildung. Und jeder der das kennt, kennt auch den mitunter abgründigen Sog, in den es einen ziehen kann. Mit Abstand betrachtet wären manche Dramen keine Dramen gewesen – aber den Abstand zu finden ist eben auch eine Kunst. Und gleichzeitig gab es diese Momente in denen meine Mitschüler mir so nahe waren. 28 Interview / David Bernecker, Stuttgart Was assoziierst Du mit der TheaterAkademie? Pyjamahosen- die habe ich immer im Unterricht getragen weil sie am bequemsten waren. Nein, im Ernst.. Mit der TheaterAkademie assoziiere ich drei Dinge: Respekt, Wissen und die Suche nach Wissen. Jubiläumsfeier geht es für mich nach Köln, anschließend Paris. Danach stehe ich in Stuttgart wieder auf der Bühne. Was waren Deine lustigsten Momente an der Akademie? Zitat meiner Mutter: „Probier es doch mal mit Kunst!“ Die legendären „Puck Partys“! Mehr darf ich nicht sagen - was in der TheaterAkademie passiert bleibt in der TheaterAkademie. Was gibt es noch? Ballett. Ja der Ballettunterricht. Auch wenn er nur ein Bruchteil des gesamten Faches „Tanz“ war, ich werde es nicht vergessen! Die Schuhe! Oh Mann... Wann hast Du Deinen Abschluss gemacht? Wie hat die TheaterAkademie Euch auf den Arbeitsmarkt vorbereitet? Im Sommer 2013. Ich denke das ist bei jedem anders. Es kommt immer darauf an, was du mitnimmst und was du vielleicht auch liegen lässt. Die Schulleitung hat sich immer gut um uns gekümmert, auch die Dozenten. Gut vorbereitet habe ich mich damals auf jeden Fall gefühlt, wobei die Eigeninitiative hier auch eine große Rolle spielt. Du musst an das glauben was du machst, und vor allem Spaß daran haben! Ich mache das ganze nur, weil ich Spaß an der Sache habe. Der Tag an dem ich aufhöre Spaß zu haben wird der Tag sein, an dem ich aufhöre und weitergehe. Warum bist Du an diese Schule gekommen? Was war Dein Lieblingsfach? Rollenstudium. Was war Dein persönliches Highlight an der TheaterAkademie? Die gemeinsame Zusammenarbeit mit Frau Yvonne Racine (Rollen/Szenisches Studium)...und natürlich die Zeit in der Kompagnie. Professionell auf einer Bühne zu stehen und eine runde Abendvorstellung zu geben, das ganze noch zu Shakespeare läuft!! Worin hast Du letztendlich Deinen Abschluss gemacht? Ich bin für das Schauspielstudium an die TheaterAkademie gekommen. Den Abschluss dazu habe ich im Sommer vor zwei Jahren gemacht. Was machst Du heute? Ich arbeite als Schauspieler und Model. In den letzten Jahren habe ich die richtige Balance zwischen Theater, Film und Modelbusiness gefunden. Nach der 29 30 31 „Muss nur noch kurz die Welt retten“ (T.Bendzko) Möglichkeiten und Grenzen der THEATERPÄDAGOGIK Die Theaterpädagogin (bei Verwendung der weiblichen Form sind selbstverständlich die Herren mit einbezogen) – die Theaterpädagogin also ist eine „Allrounderin“. In der Praxis ist sie : Theaterfachfrau, Erzieherin, Gruppenleiterin, Regisseurin, Technikerin, Schauspiellehrerin, Spielpädagogin, Mama, Organisatorin, Freizeitbeauftragte, Kindergärtnerin, Schauspielerin, Dompteuse, Freundin, Sozialarbeiterin, Kostümbildnerin, Seelentrösterin, Bühnenbildnerin, Entertainerin, etc, etc…Von der Theorie her ist die Theaterpädagogin allerdings primär keine Sozialpädagogin und schon gar keine Therapeutin. Nachfolgend einige Definitionen, die mein Verständnis und meine Arbeit als Theaterpädagogen charakterisieren: „Der Theaterpädagoge spielt. Er spielt mit sich, mit anderen, für andere und regt andere zum Spielen an,“ (Felix Rellstab ) „ Ein Teil meines Interesses richtet sich aufs Theater, ein anderer auf das Leben. Ich habe immer versucht, Leute auszubilden, die in beidem gut sind. Vielleicht ist das eine Utopie, aber ich wünsche mir, dass der Schüler ein Lebendiger im Leben und ein Künstler auf der Bühne ist“ ( Jacques Lecoq ). „Theaterpädagogik ist eine künstlerisch-ästhetische Praxis, in deren Fokus das Individuum, seine Ideen und seine Ausdrucksmöglichkeiten stehen. Im Kontext der Gruppe entsteht daraus Theater. Dieser Prozess kultureller Bildung fördert künstlerische, personale und soziale Kompetenzen.“ ( aus der Präambel des Bundesverbandes Theaterpädagogik / BuT ) Im Jahre 1997 bekam ich von einem Kollegen den Tipp, dass das staatlich anerkannte Berufskolleg für Theater und Sprache Pu©K in Stuttgart einen Theaterfachmann für einen einwöchigen Improvisationsworkshop suche. Nach einem angenehmen Gespräch mit der Schulleitung, das sofort auf Augenhöhe und gleicher Wellenlänge stattfand, bekam ich den „Job“. Aus dieser einen Woche wurden 32 18 Jahre! Anfangs auch als Schauspiellehrer, später dann ausschließlich als Theaterpädagoge bis hin zum Fachbereichsleiter.18 Jahre, 54 Trimester mit mehr als 250 SchülerInnen aus 13 Nationen!!! Es gab zwischen mir und Schlössers, den Schulleitern, stets große mentale und inhaltliche „Schnittmengen“ bzgl. Menschenbild, Persönlichkeitsentwicklung sowie Theater kunst und den daraus resultierenden pädagogischen und künstlerischen Zielen und Wegen der Ausbildung. Was in solch einer intensiven, täglich mehrstündigen Ausbildung an kleinen und großen persönlichen, sozialen und künstlerischen Erlebnissen und Entwicklungen geschieht ( nicht nur bei den Studierenden, sondern auch bei den Dozenten – von mir kann ich das zumindest behaupten - ), wäre wahrhaft eines Romanes wert. Episoden darin wären z.B. : - als die Schülerin Y. nach ihren ersten zehn Unterrichtsminuten den Raum verließ und nie wieder gesehen wurde ( sie wurde, wie alle anderen auch, mit ihrer Art der Eigenpräsentation als Fremdwahrnehmungsübung, von den anderen imitiert…) - dass die Studentin M. eine körperlich sichtbare Metamorphose von einem kleinen, verhuschten Mädchen, einer Schildkröte ähnelnd, zu einer jungen Frau mit aufrechtem Gang und erhobenem Haupt, zu einer Art Pfau mutierte. - dass ich eine Spiegelwand mit Tüchern verhängte, da V. bei jeder Übung und jeder Gelegenheit nur sich und ihre Bewegungen darin bewunderte. - dass ein Hospitant, von mir mehrfach gebeten, später dann ermahnt wurde, unsere Arbeit zu unterstützen und nicht zu stören, mit dem Satz „Ich gehe sowieso direkt nach Hollywood!“ uns Türen knallend von seiner wirken. Ereignisse und Erlebnisse bei den Anwesenheit befreite. Proben, den Aufführungen und Abstechern zwischen Dornach und Cuxhaven würden - dass die eher schwierige, schwer zugäng- ein weiteres ( Anekdoten-) Büchlein füllen. liche, verschlossene S. diejenige war, die mir beistand, die Hand hielt und beruhigend Es gibt also für mich unendlich viele Gründe auf mich einredete, als ich mich wegen einer der Dankbarkeit, dass Cornelia und ChristiNierenkolik vor Schmerzen krümmte, bis der an Schlösser diese Akademie vor 20 Jahren Notarzt kam gegründet, bis heute aufrecht erhalten und stets weiterentwickelt haben und mir über - dass die Schulgemeinschaft in einer mehr- diese lange Zeit immer wieder das Vertrauen tägigen, aktiven Trauerzeit sich und der in mich und meine Arbeit ausgesprochen und betroffenen Familie Halt gab und Beistand gegeben haben : DANKE, MERCI, THANKS, leistete, als eine Absolventin tödlich verun- GRAZIE, EFCHARISTO, ßPAßIBA… glückte Ich wünsche der TAS, der Schulleitung, al- dass sich eine Dozentin, die mit den Haupt- len Kolleginnen und Kollegen, sowie den fächern nichts zu tun hatte, bei L.´s Abschluss heutigen und künftigen dort Studierenden lautstark in die öffentliche Prüfung einmisch- noch viele, viele Jahre des Bestehens und te, L. Mut zusprach, auf dass diese nach ei- der Weiterentwicklung, auf dass durch sie ner Pause entlastet ihre Prüfung noch einmal und ihr Wirken die Welt, wenn auch nicht sobeginnen durfte. (Dass der Stress zwischen fort und mal kurz gerettet, so doch ein wenig L. und mir allerdings verabredet war, da L. freundlicher, gerechter, liebevoller, empathidas Unsichtbare Theater als Thema hatte, scher, toleranter, fröhlicher und spielerischer konnte die gute, engagierte Kollegin ja nicht werde !!! wissen nach einiger Aufregung hat sie uns dann aber vergeben...) T H A L I A S E I M I T U N S - dass eine unserer Schülerinnen Vorsitzen- Bernd Köhler de des TIBA – Ausschusses ( TP in AusbilTheatermacher und Menschwerder dung und Berufsanfang ) des BuT war und somit ein reger Austausch zwischen Ausbildungsinstituten bei uns stattfand. - dass Schüler bei Praktika, Abschlüssen oder Schultheatertagen mit externen Menschen die befreiende Wirkung, aber auch die Grenzen von Theaterpädagogik hautnah erlebten. - dass unzählige Begebenheiten des Schulalltages und manch schwierige Situationen beim Theatermachen auch mit Humor und mit Lachen über sich selbst, gemeistert werden konnten. - u.v.a.m. Außerdem war es mir vergönnt, als Schauspieler bei der angeschlossenen TheaterKompagnie-Stuttgart in fünf Stücken mitzu- 33 Interview / Michèle Grandjean L´Aubier, Schweiz Was assoziierst Du mit der TheaterAkademie? Damals hieß es Puck. - Wunderjahre! Cornelia und Christian, Mühe und Freude, Freundschaften und Leichtigkeit der Schuljahren, ohne Verantwortung und mit viel Spaß!!! Warum bist Du an diese Schule gekommen? Am Jugendseminar habe ich durch Cornelia Lust bekommen, die Ausbildung zur Sprachgestaltung anzufangen. Was machst Du heute? Oh la la! Ich versuche... Ich habe 3 Kinder erzogen und leite mit Christoph ein BioHotelRestaurant -Kulturort, mit allen menschlichen Zwischenräume die dazu gehören (!!!) und bereite mich vor, eine Ausbildung zur „Unabhängigkeit“ (beruflich und innerlich) innerhalb unseres Betrieb anzubieten. Was waren Deine lustigsten Momente an der Akademie? Hi hi hi… alle diese Momente, die nicht zur Unterricht gehörten! Wenn Cornelia wieder nach der verlorenen Hausschlüssel rief, Wann hast Du Deinen Abschluss gewenn Gäste in unsere Mini-WG auf der macht? Waschmaschine mit einem Teller Spaghetti saßen, wenn Thorsten seine Papiere mit1999 ten im Raum fallen ließ, wenn Marcus seine Gitarre holte, wenn wir mit dem Puck-Bus Was ist/ war Dein Lieblingsfach? mitten in Berlin mehr oder weniger zufällig Schwer zu sagen ! Sprachgestaltung mit Cor- unsere Wege fanden… nelia oder Christian (ich merke sehr deutlich Wie hat die TheaterAkademie Euch auf wie sehr ich tief an mich selber arbeitete…) den Arbeitsmarkt vorbereitet? und die Inszenierungen von Projekten. (Das kalte Herz, Sommernachtstraum, Der UnterBeruflich habe ich die Orientierung gewechgang...) selt. Aber ich fühle mich ganz von diesen Jahren ausgebildet im Sinne von dem, was Was war Dein persönliches Highlight an ich heute bin. Fast täglich bin ich mir beder TheaterAkademie? wusst, dass ich diese oder jene Fähigkeit aus Helena in Sommernachtstraum. Ich fühlder Puck Schule habe. Mir geht es sehr viel te mich sehr anders, als ich im Leben bin! um dieses Motto der ersten Jahren: „Nimm Das war aufregend. Und ich dürfte meine Deine Maske ab, komm, nimm Sie ab“. Ich Haare dafür locken!!! Ich habe auch eine möchte durch unsere bald entstehend Ausbilsehr schöne Erinnerung an den Sprechchor dung in L’Aubier auch dazu beitragen, dass „Puschkin“, das hatte mich sehr berührt. „Es Jugendliche zu sich finden, und immer mehr ziehen die Wolken, schwer und dunkel“ habe mit individuelle Fähigkeiten sich im Leben ich noch zu Fuß in Rhythmus mit Christoph bewegen. rezitiert, als wir Richtung Stadtzentrum die Treppe runtergingen! Das Kennenlernen von meinem Mann (Oft denken wir an Euch, Christian und Cornelia!) der noch mein bester Freund ist! Worin hast Du Deinen Abschluss gemacht? Theaterpädagogik und Sprachgestaltung. 34 35 Wissen erleben Ich habe schon früh darüber nachgedacht pädagogisch zu arbeiten. Schon deshalb, weil ich einfach gern mit Menschen arbeite. Lange wusste ich nicht in welche Richtung ich mich wenden sollte. Zwei Praktika und ein FsJ, die ich an Kindergärten und dem Ganztagsschulprogramm einer Waldorfschule absolvierte, brauchte es, um für mich zu erkennen, dass die Berufe des Erzieher oder Lehrer mir nicht ausreichten. Die Arbeit mit den Kindern gefiel mir sehr. Aber es fehlte mir etwas. Dieses „Etwas“ fand ich, als ich mich auf die Zeit meiner Klassenspiele besann. Wir arbeiteten da mit Theaterpädagogen zusammen. Deren Art, Wissen nicht einfach nur stur zu äußern, sondern dafür zu sorgen dass man sie im Spiel selbst langsam begreift und aus der eigenen Erfahrung kennenlernt, hat mich unglaublich beeindruckt. Das Jahr, das ich bisher an der Akademie verbringen durfte, hat meine Meinung diesbezüglich bestärkt, dass es der Beruf des Theaterpädagogen ist, den ich ergreifen möchte. Ich habe so viele neue Einblicke in die Theaterpädagogik gewonnen, soviel über mich selbst, meinen Umgang mit Menschen und den Umgang mit Menschen allgemein gelernt. Ich würde sogar soweit gehen zu sagen, dass ich es nicht einfach nur gelernt, sondern erlebt habe! Wenn ich also sage, dass es sich für mich richtig anfühlt, die Entscheidung getroffen zu haben Theaterpädagoge werden zu wollen, dann meine ich es auch so! Ich bin motiviert dieses Ziel weiter zu verfolgen und auch zu erreichen und dabei soviel mitzunehmen, zu erleben und zu erlernen wie es nur eben geht. Ich freue mich auf die nächsten Jahre! Sebastian Hübl 2.Ausbildungsjahr Theaterpädagogik 36 Und danach... ? Ich möchte Theater unter die Menschen und vor allem unter Kinder und Jugendlichen bringen. Ich habe das Glück eine Bühnenausbildung im Schauspiel zu erhalten und gleichzeitig theaterpädagogisches Handwerk zu erlernen. Es wäre ein Traum von mir ein Format zu finden oder zu erschaffen, indem ich Stücke entwickle mit einer Gruppe von anderen Künstlern und Theaterschaffenden und diese auf die Bühne bringe, auf die Bühnen der Schulen, von kleinen Ortschaften und auch gerne anderer Länder. Gerne würde ich auch mit einem Kinder - und Jugendtheater zusammenarbeiten. Annemieke Döring, 4. Ausbildungjahr Mein Ziel ist es nach der Ausbildung eine Teilzeitstelle an einer Schule zu bekommen, an der ich gruppendynamisch und am Unterrichtsmaterial mit den Schülern arbeiten kann. Außerdem möchte ich eine freie Jugendtheatergruppe leiten, in der wir uns gemeinsam mit gesellschaftskritischen Themen auseinandersetzen. Katrin Döringer, 2.Ausbildungsjahr Das Wichtigste für mich ist das weite Spektrum der Theaterpädagogik. Von Kindern, über Menschen mit Beeinträchtigungen bis hin zur Justizanstalt agiert die Theaterpädagogik und ich kann mir gut vorstellen in diesen verschiedenen, aufregenden und erfahrungsreichen Bereichen zu arbeiten. Semjon Dolmetsch, 4..Ausbildungsjahr „Ich knall Euch ab!“ Ich möchte Theaterpädagoge werden, weil ich der Meinung bin, Themen besser zu begreifen, wenn ich dazu etwas erlebt habe. Folgendes Erlebnis hat mich in diesem Wunsch bestärkt Im November 2008 wurde das Campus Theater Ensemble gegründet. Dieses bestand, und besteht auch heute noch aus Schülern und Theaterpädagogen. Unser erstes Stück, hieß „Ich knall euch ab“ nach dem gleichnamigen Roman von Morton Rhue. Dieses Stück setzt sich auseinander im Wesentlichen mit dem Thema Mobbing an Schulen, Täter- und Opferrollen sowie die mögliche Entwicklung eines Amoklaufes. Am 11. März 2009 ereignete sich in Winnenden ein tragischer Amoklauf bei welchem 16 Menschen, der Schütze des Amoklaufes mitgezählt, durch Schusswaffen starben. Dieses Ereignis warf im Ensemble viele existenzielle Fragen auf und wurde sehr kontrovers diskutiert. Hauptsächlich stand die Frage im Raum, wie wir mit dem Stück und seinen Themen umgehen sollten, es hatte durch den Amoklauf in Winnenden an Brisanz gewonnen, und wir waren uns klar, dass wir durch eine öffentliche Präsentation unserer Arbeit auch sehr angreifbar werden würden. Einige in unserem Ensemble sprachen sich dafür aus, besser ein anderes Stück mit anderen Themen zu suchen. Es sei zu heikel. Ich habe mich für das Stück ausgesprochen. Mir und vielen anderen Mitwirkenden hat das Ereignis von Winnenden bewiesen, dass es von unglaublicher Dringlichkeit ist, diese Themen weiterhin zu behandeln, sie öffentlich zu machen und sich jenen Fragen zu stellen, die der Amoklauf aufgeworfen hat, um dadurch auf diese aufmerksam zu machen. Wir haben uns schlussendlich für das Stück entschieden. Über 20 erfolgreiche Aufführungen gaben uns recht. Das Ensemble wurde 2010 für diese Inszenierung mit dem Karl-Mommer-Preis 2010 ausgezeichnet. Die Theaterpädagogik hat seither mein Berufsbild und meine Persönlichkeit geprägt. Ich bin stolzes Gründungsmitglied eines Ensembles, durfte im selbigen viele Funktionen ausüben. Ich war als Darsteller, Anleiter oder Assistent. Alle Aufgaben bereiten mir große Freude. Ich übernehme gerne Verantwortung, habe Spaß am Anleiten und möchte auch in Zukunft mit anderen Menschen von der Bühne aus wichtige Themen in der Gesellschaft anregen. Ebenfalls Auch möchte ich die gleiche Chance, die ich für meine persönliche Entfaltung und Entwicklung gehabt habe, anderen Menschen weiter geben. Diejenigen, die mich seit 2008 mit Theaterpädagogik begleiten, sind beinahe ausschließlich ehemalige Schüler der TheaterAkademie Stuttgart. Aufgrund Ihrer Persönlichkeit prägen mich diese Menschen auch heute noch. Ich habe mich darum bewusst für diese Schule entschieden. Ich bedanke mich und freue mich auf die weitere Zeit. Christopher Wittkopp 3.Ausbildungsjahr Doppelstudium Schauspiel/ Theaterpädagogik 37 Interview / Marius Ionescu, Bukarest Was assoziierst Du mit der TheaterAkademie? tert bin, um Scheinwerfer aufzuhängen. Was er mir damals über Raum und Licht, Licht und Stimmung alles erzählte - das war Gold Die TheaterAkademie ist mein „Zauberwert. Über manche Bühnenbilder und LichtRucksack“ und wird immer bleiben. Ich kann stimmungen die wir nach 6-7 Stunden harter überall damit hinklettern. Ich merke dass ich Nachtarbeit aus dem „Nichts“ gezaubert haimmer noch Nahrung und Kraft daraus zieben bin ich auch noch heute sehr stolz. Aber he, auch wenn schon 13 Jahren vergangen da waren noch viele Erlebnisse die genauso sind. wichtig für mich waren: eine gelungene Pyramide in Akrobatik, die Rollen in verschiedene Warum bist Du an diese Schule gekomTheaterstücke , mein Theaterpädagogische men? Abschluss, oder dass man nach 4 Jahren an Ich hatte Hunger… ich hatte Hunger für mei- der Akademie Zukunftshoffnungen hatte und ne eigene Entwicklung , ich wollte etwas mit nicht Zukunftspessimismus. Und dass habe ich noch heute, das sitzt tief in mir. Das ist Kunst, Anthroposophie, Pädagogik studieschon ein Highlight, oder? ren. Die Akademie hatte einfach alles was ich damals suchte. Worin hast Du letztendlich deinen Abschluss gemacht? Wann hast Du Deinen Abschluss gemacht? Ich wollte Theaterpädagogik studieren und ich habe das auch gemacht 2002 Was ist/ war Dein Lieblingsfach? Was machst Du heute? Commedia dell arte mit Bernd Köhler. Das Fach hatte einfach alles: viel Bewegung, verschiedene Charakteren, Masken tragen aber eigene Maske abnehmen, es hatte Herausforderungen die mich manchmal an meiner Grenzen gebracht haben. Es hatte Humor und Ironie, es hatte Liebe und es hatte Drama, Philosophie, Theatergeschichte und - es hatte einen genialen Bernd Köhler. Es war eine lustige, glückliche Zeit…alle Tränen inbegriffen! Ich sage gerne dass ich irgendwie immer noch Theaterpädagoge bin… auch wenn in meinem Arbeitsvertrag “ Operation Manager “ geschrieben steht. Also offiziell führe ich Teams in globale Wirtschaftsprozesse. In den letzten 10 Jahren habe ich verschiedene Teams für große Konzerne wie Oracle oder Schneider Electric von Kenya bis in der Schweiz erfolgreich geleitet. Und manchmal finde ich Leute, die merken, dass ich eine “andere Sprache” spreche, dass ich nicht 100% der “Business Typ” bin und fragen mich neugierig was ich studiert habe. Ich habe keine Wirtschaftsausbildung, keine Manager MBA Training, meine “Management Methoden” kommen 90% aus dem Kunstbereich. Und irgendwie klappt das… .Klar, es ist nicht immer einfach, man muss immer die Menschen und auch die Ziffern sehen . Aber an der Akademie hab ich verstanden, dass Kunst eigentlich Leben ist, man soll sie nicht auf der Bühne sehen und dann vergessen. Kunst ist Soziale Kompetenz und vernetztes Was war Dein persönliches Highlight an der TheaterAkademie? Kann ich nicht objektiv bewerten, dass sollten meine Lehrer oder Kollegen wissen. Für mich persönlich gab es immer ein Highlight , ich erinnere mich jetzt an dutzende Nächte während der Tourneen wo ich zusammen mit Christian Schlösser bis in die Frühe Bühnenbilder aufgebaut haben und in alle unmöglichen und gefährlichen Ecken geklet- 38 Denken, ist Ehrlichkeit zu dir und zum anderen. Wenn Kunst Leben ist, dann sollte sie überall in unseren Leben möglich sein, auch oder um so mehr in dieser globalisierten Wirtschaft. Und das Theater hab ich auch nie aufgegeben, ich spiele noch sehr gerne, immer wenn ich Zeit habe, auch wenn es nur nebenberuflich ist. Letzes Mal habe ich in Bukarest mit “Logos Theater Ansamble” in “Was ihr wollt” den Narren gespielt. Was waren Deine lustigsten Momente an der Akademie? Oh, das waren viele… der erste Kontakt mit der Schule…September 1998, Christian rief mich an und fragte ob ich bei “Hamlet “mitmachen will. Jaaaa, klaaarr… Ich wurde gerade an der Akademie aufgenommen und ich darf schon in Hamlet mitmachen? Toll! Ich sollte die Wache spielen, mich erschrecken, am Rande der Bühne mit der Hellebarde drohen: “Wer da? Ihr steht mir Rede! ” Ich hatte keine Ahnung über nichts, aber ich versuchte so gut wie möglich mit der Hellebarde zu spielen (und ich war total stolz über meine Leistung). Ich “spielte” fast mit Augen zu, die Hellebarde drehte sich durch die Luft immer sicherer... Irgendwann kurz vor Premiere kam aber Christian zu mir, nahm mich bei Seite um die Schultern und fragte mich besorgt und sehr väterlich …”ich will Sie nicht durcheinander bringen, Sie machen alles ganz prima … aber sind Sie sich bewusst, dass wir mit Publikum spielen, nicht wahr ? Es wäre dann sinnvoll, wenn Sie die Hellebarde in die andere Richtung bewegen, wissen Sie, auch wenn bei uns viele Rollen “sterben”, die Zuschauer sollten am besten überleben, ansonsten gibts morgen Abend keinen Applaus …”Ups… es stimmte, ich war mir gar nicht bewusst ,dass meine Hellebarde die erste 2 Reihen erwischt... Dann waren noch die “Derniere –Witze” zwischen Kollegen... “Was ihr wollt” 2001. Ich spielte ab und zu den Antonio, irgendwann kam ich in Handschellen auf der Bühne. Nach dieser Szene sollte ich mich sehr schnell umziehen und noch mit dem Bühnenbild helfen. Und meine netten und süßen Kollegen klauen mir den Schlüssel von den Handschellen aus dem Mantel und lassen mich in Stich… Habt ihr mal probiert hohe Stiefel und Lederhose mit Handschellen im Dunkeln auszuziehen während deine Unterwäsche aus Versehen noch an der Kette von den Handschellen festklemmt ? Dann wisst ihr warum ich paar Jahren später als Vater kein Problem hatte Pampers von meinen Kindern mit einer Hand zu wechseln. Wie hat die TheaterAkademie Euch auf den Arbeitsmarkt vorbereitet? Ich konnte schnell Arbeit finden, egal ob ich in Deutschland oder Rumänien lebte. Ich bin der Meinung dass die Akademie einen großen Teil dazu beigetragen hat, dass die jungen Menschen, die wir damals waren sich noch heute täglich bemühen etwas Eigenes zu erschaffen und kreativ zu sein. Und wenn man lernt kreativ zu sein, dann braucht man sich keine Sorgen machen. Da versteht man schnell, dass ein Diplom für die Arbeitsmarkt doch nicht so wichtig ist. Wichtig ist was du wirklich kannst und, noch wichtiger, was du lernen kannst. Und genau das hat mir die Akademie gegeben: die Wille immer die Welt neu zu entdecken, immer lernen zu wollen. 39 Nicht immer „Ziemlich beste Freunde“ Haben Sie sich schon einmal gefragt, warum ein 23 jähriger Theaterstudent, der eigentlich keine Motivation hat, den Hamlet spielen soll? Sicher haben Sie sich das noch nicht gefragt. Ich aber. Und Sie jetzt auch. Es gibt diese Momente im Leben, da fragt man sich, was mache ich hier eigentlich? Beantworten kann man das meistens erst, wenn es vorbei ist. „Haml it“, so nenne ich die Zeit bis zur Premiere, war so etwas für mich. Hamlet – der Dinosaurier des Theaters. Als ich von dem Angebot erfuhr den Hamlet spielen zu dürfen, hatte ich meine erste Begegnung mit eben diesem monströsen Ungetüm. Mit diesem Urgestein „Hamlet“. Ich kann Ihnen, verehrte Leserschaft, gleich im Voraus sagen: Sie irren sich, wenn Sie denken, dass Hamlet sich wesentlich von einem Dinosaurier unterscheidet. Für den Zuschauer - ja. Aber für mich - nein. Können Sie sich vorstellen, wie es sich anfühlt, die ganze Zeit diesen Text im Kopf zu hören, „Sein, oder Nichtsein, das ist hier die Frage?“: Man kommt sich irgendwann vor wie ein Irrer. Man stelle sich das einmal vor: du wachst auf und denkst als erstes „Sein, oder Nichtsein“, beim Frühstück geht es weiter, „Sein, oder Nichtsein“, unter der Dusche prasselt der Regen gemütlich gegen das Dach, „Sein, oder Nichtsein“, wenn du über die Straße gehst, wird es plötzlich existenziell, „Sein, oder Nichtsein“ und wenn du es überlebt haben solltest, kommst du an und das erste, was du an diesem Morgen aussprechen wirst ist: „Sein, oder Nichtsein“. Monologprobe. Da haben Sie‘s! Anders war das bei den Dinosauriern auch nicht. Hamlet - Ich - darf - (soll)- sein – will - spielen? Ich darf den Hamlet spielen! Ich muss mich vermutlich jetzt freuen.“ Vermutlich. Jeder andere Schauspieler würde den Eindruck bekommen, dass bei mir ein großer Irrtum vorliegen muss. Nämlich, dass sich der Schauspieler zu freuen hat, wenn er eine große, nein, eine der größten Rollen bekommt, und das sogar 40 ganz ohne Bewerbung. Andernfalls hätte er den Beruf verfehlt. Ich wusste das und blieb stumm. Nicht weil ich gerührt war. Nein, ich war entsetzt. Hamlet, der T-Rex, hatte mich gleich zu Beginn unseres nicht immer innigen Verhältnisses in die Ecke gedrängt. Mein Problem war, dass ich genau wusste, wie meine Umwelt meine fehlende Euphorie für diese Chance aufnehmen würde. Es war zu dieser Zeit für mich schlicht und ergreifend unmöglich zu glauben, dass ich den Hamlet spielen soll und kann, und schon gar nicht in der TheaterKompagnieStuttgart. Die ganze Welt, und natürlich offenbart sich hier mein Hang zur Dramatik, denn es war mitnichten die ganze Welt, sollte mir also zusehen, wie ich mit dem Raptor Hamlet ringe, mit nichts anderem bewaffnet, als einem Frosch im Hals. Ich frage mich an dieser Stelle, ob Sie sich, lieber Leser, immer noch fragen, wie ich zu einem solchen tierischen Vergleich gekommen bin? Ich hoffe nicht. Einzelheiten meiner Ängste möchte ich nämlich nicht sonderlich gerne beschreiben, aber ich kann Ihnen versichern, es gab Ihrer tausende. Wie kommt es, dass ich den Hamlet nun dennoch spiele? Weil ich ein Feigling war. Natürlich äußerte ich meine Bedenken. Oftmals sogar vehement. Aber aus Angst, es nachher zu bereuen, entschied ich mich für eine Zusage. Egal, welche Entscheidung ich getroffen hätte, eine feige Entscheidung wäre es geblieben. Es war also so oder so die Angst vor dem Spott „der Anderen“. Im Nachhinein habe ich festgestellt, dass es die Furcht vor meinen eigenen Erwartungen war. Die Entscheidung war gefällt. Es wurde leichter. Ein Tennistrainer sagte mir einmal nach zwei harten Trainingswochen: „Paul, jetzt nicht mehr Schnecke, jetzt Ente!“ Und genauso war es jetzt auch! Es fühlte sich scheiße an, entschuldigen Sie. Immerhin konnte ich jetzt gegen den Saurier an quaken! Ein erheblicher Gewinn, wenn sie mich fragen. Vom Davonfliegen war noch nicht die Rede, geschweige denn vom Kampf. Hören Sie bitte genau hin „anquaken“. Hören Sie das? Es klingt einfach jämmerlich, wenn man sich dagegen das Röhren eines Tyrannosaurus Rex vorstellt. ein Mensch zu sein, was tue ich eigentlich nicht aus Egoismus - wirklich nicht? Wenn man genau hinsieht ist es unglaublich wenig und je öfter man hinsieht, desto schwerer fällt es zu(zu)beißen. So gesehen bin ich nur die Aus der Verzweiflung heraus wurde mein Möglichkeit eines Menschen. Vielleicht sogar Quaken, teils mehr, teils weniger, und leider nur die Möglichkeit einer Möglichkeit. auch zum Bedauern meiner übrigens sehr verehrten Kollegen, immer lauter, und rauer. Hamlet ist also kein Saurier. Aber für mich Nach viel, viel Entengeschrei rückte die ist er einer, denn ich muss mit ihm kämpfen. Premiere plötzlich unbarmherzig näher und Aus der Retrospektive bin ich froh, wie es das war gut so. Denn plötzlich war da etwas, gekommen ist. Es kommt nicht immer darauf dass wichtiger war, als meine Angst, nämlich an, seine Ängste zu bezwingen, es kommt das Stück. Und weil mein Gequängel sich nicht immer darauf an, mutig zu sein. Ich habe nach wie vor nach Quaken anfühlte, richtete nur versucht, das Rückgrat zu entwickeln, sich mein Interesse auf andere Dinge. Vom meine Schwachheit auszuhalten. So lange Projektor, bis zum Bühnenbild war ich davon ich das ertrage, kann ich meinem T-Rex eingenommen. Der Dinosaurier musste auf ebenbürtig werden und gegen ihn antreten. einmal um Aufmerksamkeit betteln. Ich bin froh, dass ich mein Monster noch nicht getötet habe, dass ich es nicht bezwungen, Ohne es zu bemerken, fand ich mich in oder besiegt habe, denn dann würde ich nie einer Gemeinschaft wieder. Plötzlich war wieder die Frage stellen können: Sein, oder aus dem Einzelphänomen Paul Hamlet Nichtsein - denn das ist nach wie vor die etwas völlig anderes geworden. Viele Frage. Abende nach den Proben und viele Sam und Sonntage verbrachten wir gemeinsam Paul Schlösser damit das Bühnenbild zu bemalen, Nebel 4. Ausbildungsjahr Schauspiel & Sprache und Projektormaschine auszutesten, oder Requisiten zu finden. Die Rolle Hamlet war mir einfach unwichtig geworden. Es eröffneten sich durch den sprichwörtlichen Bau des äußeren Rahmen des Stückes ganz natürliche Spielmöglichkeiten. Schließlich war es soweit und wir kamen zum Startschuss unserer Tournee. Der T-Rex verließ mich nicht aber ich wusste, dass ich mich nur konzentrieren musste, um gegen ihn anzutreten. So schenkte mir mein Zweifel, ohne dass ich es wahr haben wollte, eine Nähe zu Hamlet, die ich ansonsten wohl nie kennen gelernt hätte. Ich konnte anfangs einfach nicht zubeißen. Das ist wohl (fast) das Wesentlichste, was Hamlet, neben den Schuppen, von einer Killermaschine unterscheidet. Er kann nicht zubeißen, auch wenn es richtig ist. Aber ist es das? Wir geben viel darum „Mensch“ genannt zu werden und manchmal frage ich mich, was tue ich dafür 41 Als ich den 1. Clown im Hamlet spielte Am Mittwoch, 25. Februar 2015, war es endlich soweit: der Abend der Premiere von „Hamlet“ im Stadttheater Lindau war gekommen. Man spürt Backstage die Anspannung aller Beteiligten. Wie wird das Publikum unser dreieinhalb Stunden-Werk aufnehmen? Die gestrige Generalprobe war recht gut. Aber heute geht’s um die Wurst, um „Sein oder Nichtsein“ im wahrsten Sinn des Wortes. Das ganze Ensemble wird zu einem einzigen, komplexen Körper und nur indem jeder seine Position so gut wie möglich ausfüllt, kann dieser Körper agieren und heute die Bühne rocken: ich selber bin eine der Zehen, Paul der Kopf, und dazwischen das restliche Ensemble – und alle sind wir aufeinander angewiesen. Die Vorstellung beginnt und auch hinter der Bühne wird es ruhig. Ich kann nur sehr subjektiv zurückschauend und -spürend über die Ereignisse berichten, da meine objektive Wahrnehmung etwas getrübt ist durch meine Auseinandersetzung mit einem hartnäckig arthritischen Knie. Am Anfang war die Anfrage. Auf jeden Fall - als ich dann Cornelia und Christian im Kaffeehaus traf, war mir klar, da sitzen mir zwei gegenüber, die brennen für das, was sie tun. Es machte mich neugierig, mit so einer jungen Truppe das Wagnis „Hamlet“ mitzuerleben und habe es nicht bereut. Schon nach dem ersten, naturgemäß noch etwas holprigen Teildurchlauf im Probenraum war ich verblüfft über die beachtliche Ensembleleistung. Das Alter der Darsteller war perfekt für diese Figuren. Zeitweise floss das Testosteron nur so von der Bühne; was ich sah war wild und ungestüm und kraftvoll. Dazu passte natürlich Alessandras mädchenhafte Ophelia auf tragische Weise: die Knospe der Liebe ist kaum erwacht und schon latscht das Objekt der Begierde gnadenlos drauf herum. Und wenn dann eine Schauspielschule das Glück hat, dass einer ihrer Eleven den Hamlet so grandios stemmt, dann schließt sich der Kreis. Paul zeigte mir einen Hamlet, wie ich ihn mir immer vorgestellt habe: zärtlich, 42 leidenschaftlich, lieb, witzig, verzogen, bösartig, zornig, berechnend, rücksichtslos. Das Ensemble schafft der Hauptfigur eine perfekte Spielwiese, um sich darauf austoben zu können – that’s the name of the game. Die Premiere war erfolgreich, das Publikum begeistert, es hat einfach Spaß gemacht. Auch die weiteren Vorstellungen liefen toll. Ich musste zwar immer gute zweieinhalb Stunden auf meinen ersten Satz warten, aber das war’s mir wert. Es hat wohl auch damit zu tun, dass ich mich in diesem Ensemble auch menschlich sehr wohl fühlte. Nach der Vorstellung staunte ich jedes Mal, wie flott die Jungs dieses beeindruckende, mächtige Bühnenbild in überschaubare Portionen zerlegten. Ja, ich freue mich auf die weiteren Vorstellungen. Dass die Studierenden die Chance haben, in der hauseigenen TheaterKompanie schon während der Ausbildung die Wildnis des Bühnenlebens - gemeinsam mit berufserfahrenen KollegInnen - erleben zu können ist von unschätzbarem Wert. Liebe TheaterAkademie, ich gratuliere zum 20. Geburtstag. Macht weiter so, Cornelia Elter-Schlösser und Christian Schlösser, macht weiter so! Gerhard Polacek, Schauspieler Schauspieler & Sprecher Fotos Svenja Lorenz 43 44 45 2005 2009 46 Griechenland 2005 und 2009 Freiheit ist zu wissen, warum ich bin. Freiheit ist nicht, tun und lassen zu können, was man will, sondern Freiheit heißt, zu verstehen, warum ich bin. Wenn ich weiß, warum ich bin, bin ich selbst Ursache alle meiner Handlungen. Joachim Daniel aus dem Vortrag „Ein Gott erscheint“ Der Kunsthistoriker und Philosoph Joachim Daniel gehörte lange Jahre zum Dozentenstamm der TheaterAkademie. Seine Kurse über Kunstgeschichte, Philosophie, Anthroposophie und Rhetorik sowie zwei Reisen nach Griechenland 2005 und 2009 gehören zum Wesentlichsten, Eindrücklichsten und Dichtesten was in den zwanzig Jahren ihres Bestehens an der Akademie gelehrt wurde. Eines der zentrales Themen seines Lebens war die Entstehung des Theaters aus den griechischen Mysterien und die damit verbundene Annäherung an die Frage „Was ist die Aufgabe der Kunst“. Er konnte junge Menschen wie kein anderer für Philosophie und Kunst begeistern, was besonders eindrücklich während der Griechenlandreisen sichtbar wurde. Er fehlt uns noch immer. Cornelia Elter-Schlösser ... Ein Mythos, das ist... eine Darstellung, so sagt Platon. Es ist eine Mimesis. Was ist eine Darstellung? Was ist eine Darstellung im Sinne der Kunst? Es ist die Enthüllung von etwas, was das Wesen selbst nicht enthüllen kann, sondern, was nur dadurch, dass es in einem anderen Wesen, in einem anderen Medium zur Erscheinung gebracht wird, sichtbar wird. Mythos heißt auf Griechisch ursprünglich nichts weiter als Wort. Malerei macht sichtbar, was unsichtbar ist. Musik macht das Unhörbare hörbar, der Mythos macht das Unfassbare fassbar, denn die Götter sind unfassbar. Zu dem ganz Wenigen, was wir von den griechischen Mysterien in Eleusis wissen, gehört, das die Mysterien in drei Stufen begangen wurden. Diese drei Stufen tragen auf Griechisch die Namen „dromena“, dass heißt Begehungen, „legomena“ das heißt Lesungen, „deiknymena“ das heißt Zeigungen. Ein Bild zeigt man; ein Wort hört man; Begehungen macht man. Was im Wesen der Kunst sichtbar wird: dass aus der Handlung, die ein Bild als Darstellung eines Wesens erzeugt, etwas erfahrbar wird, das ist das, worum es in den Mysterien ging, wenn ein Wesen erscheinen sollte. Denn das, was wir heute Kunst nennen, das stand damals noch in der Dimension, in die es ja auch eigentlich gehört: in der Wesensoffenbarung. Dazu muss man aber wissen, wie man so handelt, dass in dem Bild, das erzeugt wird, das Wort der Götter hörbar ist... Bild, Wort, Handlung. In allen Mysterien, zu allen Zeiten, geht es immer um diese Dreiheit: das Wesen zu erfassen durch Handlung, Bild und Wort. Joachim Daniel Auszüge aus dem Vortrag „Ein Gott erscheint - Mythos und Wesen der Persephone“ 2. November 2008 47 Griechenland 2005 2009 48 49 50 51 Auf der Reise Erinnerungen an Joachim Daniel Am 17.Oktober 2009 verstarb überraschend der Kulturwissenschaftler Joachim Daniel im Alter von 49 Jahren. Seine Freunde Wolfgang Held und Philipp Tok, zeichnen persönliche Schlaglichter eines vielseitigen Lebensporträts. Es waren Kurzvorträge über Ästhetik im Rahmen des Theaterfestivals am Goetheanum. Spiel und Fantasie waren Thema: Joachim Daniel erzählte, wie er als Junge mit Spielkameraden einen Erdhügel zum Schiff erklärt und ein an einer Stange montierter Mülleimer als Ausguck diente. Wir Zuhörer saßen mit ihm in dem imaginären Boot und verstanden, dass die, die damals ‹übers Wasser gingen›, Spielverderber waren und dass die, die Grasbüschel zu schwimmenden Inseln erklärten, gut spielen konnten. Dann kam der zentrale Gedanke: «Spiel braucht Regeln, und Spielregeln darf man nur brechen, wenn es zur Steigerung des Spiels führt.» Ein Gedanke mit Kraft. Weil er über sich hinausweist und nicht Endpunkt, sondern Anfang ist, weil er den Ernst der Kindheit erklärt ... Joachim Daniel gelang es in den vergangenen Jahren, das Wesentliche... zu erfassen. Seine gedankliche Sicherheit ließ... eine besondere Nähe zwischen ihm und dem Publikum entstehen. «Weißt du, warum man Kinder nicht karikieren kann? Weil sie immer wesentlich sind.» Diesen Satz von Friedrich Benesch zitierte Joachim Daniel gerne und unvermittelt. Vorausgehend Viele Redner holen ihre Gedanken aus den Zuhörern, formen während der Rede die Ideen. Anders Joachim Daniel: Er begann erst, wenn er den Gedanken vor sich hatte... Den Weg zum Wesentlichen hatte er alleine beschritten und geebnet, bevor er das Publikum an die Hand nahm. Das galt geistig wie physisch. Auf seinen über 52 60 Studienreisen war es Joachim Daniel unerträglich, durch eine Landschaft zu führen, die ihm nicht vertraut war. Für die Studienreise nach China im letzten Sommer unternahm er deshalb einen fünftägigen Höllenritt, um Minggräber, Mauer und Konfuziushain vorab in Augenschein zu nehmen. Er konnte sich in einem halben Tag ohne Unterbrechung in Aristoteles’ ‹De Anima› vertiefen, dabei wie sein früherer Lehrer Jörgen Smit mit Kugelschreiber ganze Absätze brandmarken Bald nachdem wir uns 1992 kennengelernt hatten, fragte er mich, ob er mir von 13.00 bis 14.00 Uhr astronomische Fragen stellen könnte. Erst am nächsten Tag verstand ich, dass er diese Zeit ‹täglich› meinte. Tanzender Philosoph Es gibt vermutlich kaum jemanden mit einer solch umfassenden Bildung und einer so kleinen Bibliothek wie Joachim Daniel und oft war es nur ein Autor, der für ihn zum Gesprächspartner wurde. Er ging nicht nur auf das Wesentliche zu, sondern fand auch jeweils einen wesentlichen Einstieg. Erst war es Platon, dann Aristoteles und schließlich Georg Picht, bei dem er die Brücke zwischen Philosophie und Kunst fand... Kurz vor Ende seines Studiums in Altertumswissenschaft und Sprachwissenschaft in Tübingen wurde ihm Nietzsches Satz «Ihr Philosophen, werdet Tänzer!» zum Anlass, statt einer vorgezeichneten akademischen Karriere... Eurythmie zu studieren. Er kam in den engen Schülerkreis von Jörgen Smit und hörte in den persönlichen Gesprächen mit seinem Lehrer den Satz: «Dein Leben ist eine Fuge, und du musst lernen, die Teile zu einem Ganzen zu fügen.» Das Eurythmiestudium wurde eine neue Melodie für Joachim Daniel, der während der Oberstufe in der Hockey-Bundesliga spielte und bei politischen Unruhen in der vorderen Reihe stand. Joachim Daniel konnte seine Ehe mit Helga Daniel nicht aufrechterhalten, folgte aber ihrem Rat, Griechenland zu besuchen. Dort fand er seine zweite Heimat, die er in den folgenden 20 Jahren über 50 Mal bereiste. – Schon bald konnte er sich mit griechischen Bauern oder Museumswächtern auf Neugriechisch unterhalten. Er notierte: «Wenn die Erde ein Leib ist, dann sind in Griechenland die Augen.“ Daniels Wesen, dass er bei aller Lebensfülle und Lebensliebe früh den Tod ins Angesicht nahm. Vermutlich schenkte ihm dieser innere Kampf seine Überzeugungskraft und Urteilstiefe. Vor 20 Jahren schrieb er folgendes Gedicht, überschrieben mit der mediterranen Pflanze (Hintergrundbild), die im griechischen Mythos das Reich der Verstorbenen bewächst. | Joachim Daniel war auf der Reise. Leiblich Wolfgang Held und geistig. War es vor 15 Jahren der in „Das Goetheanum“ 19.November 2009 Aphaia-Tempel auf Ägina, der für ihn zum Asphodelos Schlüssel wurde, war es vor zehn Jahren Du willst den Weg der Freiheit geh’n der Mithras-Kult, den er als Dramaturg Und kennst den Fels auf dem Du gründest? eines künstlerischen Projektes studierte, Der Gang zum Quell ist niemals schön so folgten Julian Apostata, dann Luther, Bis er sich ganz zu Dir geründet. Nietzsche, Schiller und der Islam – und Ich singe Dir ein altes Lied immer gründlich. Wo er den Kern nicht fand, Von Tod und Einsamkeit; da ließ er ab. Wie die Gipfel, die er auf den Das Licht hat keinen festen Grund – Wanderungen bestieg, wurde jedes Thema Bist Du auch schon bereit? zum Aussichtspunkt auf neue Gebiete. JoachimDaniel Beschrittenes wurde nicht abgelegt, sondern fand seinen Platz in seinem sich fortwährend weitenden Kosmos. Sein Gedächtnis erstreckte sich über einen weiten Fundus an Zitaten, Geschichten und Gedanken, aber auch über die Ergebnisse der Endspiele der Fußballweltmeisterschaften. Die Trauerfeier für Joachim Daniel... gab mit den fast vierhundert Gästen ein eindrucksvolles Bild der vielen inhaltlichen Beziehungen, in denen er stand... Joachim Daniel hatte eine kämpferische Natur, und gerade deshalb war es ein besonderer Anblick, als bei der Reise zur Sonnenfinsternis in der Türkei eine Taube während der Finsternis-Totalität ihren Kopf auf seinen Fuß legte. Es gehört zu Joachim Daniels Wesen und irritierte seine Umgebung immer wieder, dass er sowohl Durchsetzungsvermögen und Kraft als auch Einfühlungsvermögen und Milde besaß. Es gehört zum Widersprüchlichen in Joachim 53 Tragödie und Mysterium Geschichte, Hintergründe und Bedeutung des Theaters in der Antike Studienreise der Theater-Akademie-Stuttgart nach Griechenland mit Joachim Daniel 27. August bis 11. September 2009 Die Griechenlandreisen mit Joachim Daniel! Zwei Mal schafften wir es, mit praktisch allen Studenten der Akademie das Land der Achäer zu besuchen, die Quelle des mitteleuropäischen Theaters, der Demokratie, der westlichen Kultur. Über fünfzig Menschen versuchten während der nächtlichen Fahrt zu schlafen - in einem Bus, und rund tausend Kilometer Richtung Italien vor sich. Am Hafen von Anconas mit der Fähre weitere 21 Stunden, bis wir endlich in Griechenland angekommen waren, müde (denn geschlafen hatte kaum einer), aber voller Spannung, was uns erwarten würde. Eine erste inhaltliche Einführung hatte schon auf der Fähre stattgefunden. Eine wunderbare Einstimmung auf die vielen Erlebnisse und Gedanken, die uns Joachim in dieser kommenden Zeit vermitteln würde. Zuerst fuhren wir nach Olympia, einem der bedeutendsten Tempel der Antike. „Eintrete wer rein ist – rein ist aber wer heiliges denkt“ so die damalige Inschrift vor dem Haupteingang der olympischen Anlage. Und damit begann ein Abenteuer, das allen, die dabei sein durften, sich unvergesslich einprägte, und von dem heute noch viele Ehemalige sagen, es sei ein Höhepunkt in ihrer Ausbildung gewesen: die Auseinandersetzung mit Mythen und Denkweisen der alten Griechen, ihr besonderer Umgang mit dem Theater als Teil ihrer Heilstätten , das eigene und unglaubliche Licht, das Griechenland ausmacht und nicht zuletzt das intensive Gemeinschaftserlebnis, das uns als Schulgemeinschaft auch noch lange nach diesen Reisen trug. Archäa Phigalia war unser zweites Ziel, eine noch wenig erforschte Stadt, an dessen Rand uns ein kleiner Tempel erwartete. Dieser stand wie ein Wächter am Anfang eines Pfades, der den Beginn eines alten Einweihungsweges markierte, und an dessen Ende dem Mysterienschüler ein kleines Schauspiel begegnete: Dionysos 54 Akratophoros, der Gott des Rausches, der reinen Wein einschenkt, trat darin auf, er spiegelte dem Mysterienschüler seine persönlichen Unvollkommenheiten. Nach diesem sicherlich ernüchternden Spiel wanderte der Schüler mit einem ThyrsosStab in der Hand in die Schlucht des Flusses Neda herunter, wo dieser zwischen drei Berghängen in einer Höhle verschwindet. Dort unten wartete eine andere Göttin auf ihn, die schwarze Demeter, die Herrin der Pest und der Krankheiten. Diesen Abstieg beschritten auch wir schweigend, so wie damals der Einweihungsschüler, im Gespräch mit uns selbst. Unten in der Schlucht angekommen, befanden wir uns mitten in einer stillen, paradiesischen Landschaft, mit kleinen unberührten Seen kristallklaren Wassers, die bei den sommerlichen Temperaturen zu einem erfrischenden Bad einluden. So intensiv die Schönheit dieses Ortes auch war, eine besondere Trauer lag über ihr, und es bedurfte einiger Zeit, bis wir die Beklemmung des Ortes überwunden hatten und uns den „griechischen Badefreuden“ widmen konnten. Mit unserer Wanderung in die Schlucht waren wir offenbar auch seelisch gewandert, jeder in den eigenen inneren Abgrund und immer klarer wurden Joachims Worte: „ein Tempel ist das Haus eines Gottes. Er ist die Kristallisation der Landschaft. Dort, wo eine Stimmung besonders stark erlebbar ist, da ist der Gott anwesend und dort haben die Griechen ihm ein Haus gebaut.“ Später konnten die „Härtesten von uns“ noch in der Dunkelheit durch die tiefen Gewässer der Höhle schwimmen. Am Ende eines Tunnels angelangt konnte man verstehen, warum die alten Bewohner des anliegenden Dorfes auch heute noch sagen, dort dürfe man nicht hin, denn da tanzten die Nereïden… Am nächsten Tag erwartete uns die Tempelanlage bei Messene, dem Asklepios geweiht, dem Gott der Heilkunst. Er lehrte, dass die Krankheit selbst bereits der Beginn der Heilung sei. Joachim erklärte uns, dass man Platos Worte, der Mensch sei die Krankheit des Kosmos, nur verstehen könne, wenn man diese asklepiadeischen Gedanken einbeziehe und dass nach dieser Auffassung das Universum den Menschen zur Vervollkommnung brauche! Des Menschen Freiheit sei sein größtes Gut, zugleich aber auch seine größte Unvollkommenheit, denn dieses frei sich für etwas entscheiden zu können bedeute eben auch, sich gegen den Menschen und die Menschlichkeit entscheiden zu können. Auf dem Rückweg mussten diese Gedanken erst einmal „verdaut“ werden. Am nächsten Tag verließen wir unseren Campingplatz und nach einem Besuch des gigantischen Theaters in Epidauros, sowie der mit dem Theater verbundenen und angrenzenden Heilstätte, fuhren wir gen Westen. Unterwegs hielten wir in den bergigen, Schwindel erregenden Höhen von Bassai. Hier in dieser wüsten, steinigen Gegend steht ein ganz einmaliger Tempel zu Ehren Apolls, der an diesem Ort mit einem besonderen Beinamen verehrt wurde – Epikourios, der Heilende. Von hier aus erstreckt sich eine klare Sicht bis an den Horizont. Hier lehrte uns Joachim die Geometrie der Landschaft zu sehen und sie zu verstehen. Wir zogen imaginäre Linien von Eleusis nach Samothrake bis nach Ephesos, Delphi stand jetzt in einem imaginären Dreieck mit Olympia und Epidauros. Diese Tempel mussten demnach in Beziehung zueinander gebaut worden sein, wir staunten. Welche Weisheit der Erbauer. Das Rätsel Griechenland barg mit jeder Station neue Überraschungen. Weiter fuhren wir zu dem Orakel von Delphi, besuchten das Totenorakel, die Quellen des Acheron, einen der Eingänge des Hades, und das berühmte Orakel von Dodona. Am Fuße einer Eiche sitzend lauschten wir Joachims lebendigem Vortrag, der über den Weg der Luft vom Geräusch bis hin zum gesprochenen Wort erzählte…Und so wurden Rätsel für Rätsel gelöst und Unverständliches verständlich und immer wieder neue Fragen aufgeworfen. Es entstand für uns ein vielschichtiges Bild aus Mythos, Geschichte, Mysteriengeschichte und tiefer Weisheit. Vor allem aber: der Sinn des Theaters wurde immer deutlicher, Herkunft und Aufgabe unserer Kunst. So probierten wir auch einige Male selbst, wie griechisches Schauspiel wohl ausgeübt worden sein mag, die tänzerischen Bewegungen der antiken Schauspieler, die Sprechchöre, und waren tief berührt von der unglaublichen Akustik und Präsenz der antiken Theater. Auf der Rückreise nach Stuttgart fragte ich eine Studentin, wie sie die Reise fand, bzw. ob sie mit den Inhalten etwas anfangen könne. Sie antwortete fast empört, „warum wird das nicht in den Schulen gelehrt? Das ist so unglaublich spannend und wichtig! Eigentlich müsste jeder diese Reise machen.“ Mit großer Bestürzung erfuhren wir, dass Joachim am 18.10.2009, im Alter von 49 Jahren verstarb. Ganz plötzlich, ganz allein, in einem Hotelzimmer, mit seinen Büchern. Wie immer, unterwegs. Nur diesmal eine größere Reise… Große Ehrfurcht und Dankbarkeit diesem Menschen! Dank auch an Cornelia Elter und Christian Schlösser, die uns so wunderbares ermöglichten. Jidu Emiliano Pasqualini Schauspieler, Sprecher, Theaterpädagoge, Ehemaliger TheaterAkademieStuttgart Joachim Daniel 55 Meinem Traum ein Stückchen näher Schon als Kind lagen meine Interessen im künstlerischen und kulturellen Bereich. Tanz, Theater, Musik und Kunst begleiten mich schon seit meiner Kindheit. Im frühen Alter begann ich Instrumente zu spielen, Turnier zu tanzen und zu schauspielern. Es bereitete mir immer Freude mein Können vor Menschen zu präsentieren. Schauspielmethoden, die ich an der Schule gelernt habe, weiß ich mich innerlich anzubinden um somit authentisch spielen zu können. Ich habe so viel gesehen und gelernt und all dies bestärkt mich jeden Tag immer mehr zu diesem Schauspielstudium. Was ich in diesem Jahr erleben durfte fasziniert mich. Das Studium an der TheaterAkademie In einem freiwilligen sozialen Jahr entspricht meinen Vorstellungen, ja es wurde meine Entscheidung zu einem übertrifft sie sogar. Schauspielstudium zunehmend bestärkt, da mir dort bestätigt wurde wo meine Fähigkeiten Nicole Bunge liegen. Ich wollte meinem Traum ein Stück näher kommen und deshalb bewarb ich mich an der TheaterAkademieStuttgart. In diesen zwei Jahren an der Akademie habe ich so viel Neues gelernt, auch von mir Neues gelernt. Ich habe Seiten an mir entdeckt, die ich selbst vorher nicht kannte. Ich sehe wie ich jeden Tag, offener werde. Endlich fühle ich mich angekommen, angenommen und akzeptiert. Auch das Arbeiten mit meinen Mitstudenten und den Dozenten ist sehr offen und respektvoll. Durch das familiäre Klima in der Schule fühle ich mich wohl. Ich traue mich, ich selbst zu sein, dies konnte ich vorher nicht. Natürlich gibt es auch Tage an denen es nicht so gut klappt, aber gerade diese sind es, die mich auch in meinem Willen zu diesem Studium bestärken. Dieses Jahr an der Akademie gehört zu einem der intensivsten meines bisherigen Lebens. Es ist voller Gefühle, Entdeckungen, Erfahrungen, Erlebnisse und Neuerkenntnisse. Durch die 56 3.Ausbildungsjahr Doppelstudium Schauspiel und Theaterpädagogik Interview / Sylvia Benz, Esslingen Was assoziierst Du mit der TheaterAkademie? z.B. bei der Arbeit mit dem Atem oder bei Bewegungsanalysen. Ab und zu biete ich auch kleine theaterpädagogische Workshops für meine Klienten an Eine sehr bunte Zeit der Selbsterfahrung mit interessanten Menschen. Ausprobieren, Grenzen erweitern, in die Tiefe schauen Was waren Deine lustigsten Momente an der Akademie? Warum bist Du an diese Schule gekommen? Die ganzen Jahre an der TheaterAkademie waren eine sehr lustige Zeit. Ein echter Im Jugendseminar habe ich Cornelia Luxus und Christian bei Theaterprojekten Wie hat die TheaterAkademie Euch auf kennengelernt und hatte große Lust mit den Arbeitsmarkt vorbereitet? den Beiden weiter zu gehen und beim Aufbau der Schule dabei zu sein. Nach dem Abschluss hatte ich keine Wann hast Du Deinen Abschluss Ahnung was ich denn jetzt überhaupt gemacht? kann. Bei der ersten Anstellung an der Landesbühne Bruchsal war ich dann ganz 1999 überrascht, was alles in meinem Gepäck war. Was ist/ war Dein Lieblingsfach? Das kann ich nicht mehr sagen, jedes Fach hatte faszinierende Momente und Zeiten, in denen ich es gar nicht mochte, weil ich an meine Grenzen kam Was war Dein persönliches Highlight an der TheaterAkademie? Zu merken, dass mich das ganze Publikum versteht, wenn ich auf einer Bühne rede und ich gar keine Piepsstimme habe. Worin hast Du letztendlich deinen Abschluss gemacht? Wir hatten alle drei Studiengänge. Theater als pädagogisches Werkzeug hat mich immer am meisten interessiert. Ich bin Sprachgestalterin und Theaterpädagogin Was machst Du heute? Heute bin ich Körpertherapeutin. Das, was ich an der TheaterAkademie gelernt habe ist mir dabei immer noch hilfreich 57 Auf der Suche Als ich an die TheaterAkademieStuttgart kam, fühlte ich mich sowohl körperlich als auch emotional recht „eingerostet“. Ich war gejagt von einem Gefühl der Unsicherheit und des Leistungsdruckes in der Schule, im Arbeitsleben und oft sogar privat. Als ich mich an der TheaterAkademie bewarb, hielt ich das für normal. Doch plötzlich befand ich mich an dieser Schule, an der ein Umgang mit den Menschen herrschte, wie ich ihn noch nie zuvor erlebt hatte. Geradezu erstaunt stellte ich fest, dass die Dozenten hier an das Potential in jedem einzelnen ihrer Schüler glauben und das Beste aus ihm herausholen- und zwar mit Geduld, Einfühlungsvermögen, viel individueller Arbeit und Fachkompetenz. „Wer wirklich will und es auch kann, dem stehen hier alle Türen offen“, hat mein Schulleiter mal zu mir gesagt. Diese Philosophie hat mir geholfen, aus meinem Schneckenhaus hervorzukommen. Ich entdeckte mich selber und die Verbindung zu meinem Körper aufs Neue und was es heißt, sich selber zu spüren und zu tanzen – auch im übertragenen Sinne. Ja, ich entdeckte durch die Anwendung unterschiedlichster Schauspieltechniken, vor allem die Bewegungsmethodiken nach Tschechov und Grotowski, Muskeln und Gelenke, die ich vorher gar nicht kannte! Auf einmal fühlte ich eine Form der Freiheit und des Reichtums in meinen Bewegungen und meinem Tun, die mich sehr glücklich machte und die Faszination für die Menschen und die Welt um uns herum wiedererweckte. Seitdem kann ich mir ein Leben ohne Tanz, Bewegung und freie Äußerung der Emotionen gar nicht mehr vorstellen. Im Laufe meiner Ausbildung habe ich zum ersten Mal erlebt, dass ich für eine Sache über meine physischen und auch seelischen Grenzen hinausgewachsen bin, weil ich sie so sehr will. Und dass es nicht das Wichtigste ist, von Anfang an gut oder gar perfekt zu sein, sondern dass der Moment zählt, in dem ich anfange, aus einer Idee heraus etwas 58 zu schaffen. Zum Beispiel, indem ich die Jonglagebälle, nachdem sie das gefühlt 120. Mal gefallen sind, wieder aufhebe, um beim 121. Mal endlich erfolgreich zu sein. „Ich war ein Stein, aber jetzt bin ich frei“ ist der Satz, der mein Gefühl zur eigenen Entwicklung der letzten Zeit am treffendsten beschreibt. Die TheaterAkademie ist ein Ort, der mir tiefe Erfahrungen und Freundschaften fürs Leben geschenkt hat und den ich nie mehr missen möchte. Schauspiel funktioniert nur, wenn ich echt bin. Es gibt kein gut und schlecht in der Kunst, es gibt nur Echt und Unecht. So wie im Leben. Es gibt keinen perfekten Menschen. Und irgendwie doch. Denn es gibt die Vollkommenheit, die einer Seele entspringt in dem Moment, da sie sich ehrlich ausdrückt. Und jene Vollkommenheit möchte ich am eigenen Beispiel in die Welt tragen. Und für diese Erkenntnis und die Vorbereitung auf das, was kommt, danke ich meiner Schule von Herzen. Constanze Feulner, 3. Ausbildungsjahr Schauspiel Scheitern lernen Als ich das erste Mal in einem Stück mitgespielt habe, wurde mir bewusst, dass mir Schauspiel allein nicht reicht. Ich hatte stets das Bedürfnis das Stück nicht nur mit zu entwickeln, sondern am liebsten selbst eine Gruppe zu leiten und gemeinsam etwas entstehen zu lassen. Es geht mir darum sich mit einem Thema in einer Gruppe auseinanderzusetzen, etwas entwickeln zu können. Deswegen interessiert mich die Theaterpädagogik auch so sehr, da hier die Entwicklung jedes Einzelnen gefördert wird. Sie kann kulturelle und soziale Schranken spielerisch lösen und das Gemeinschaftsgefühl fördern. Ich selbst habe in meiner bisherigen Schulzeit an der TheaterAkademie gelernt, wie viele dieser Methoden, mich selbst und andere sensibler machen. Warum ich an der Akademie bin: Weil ich hier das gute Gefühl habe richtig zu sein, weil ich hier die Möglichkeit habe, mich frei zu entfalten, weil ich hier meinem Traumberuf näher komme. Elisa Bohnstengel 2. Ausbildungsjahr Die TheaterAkademie begleitet und bringt mich auf meinem Weg weiter voran. Ich habe mich für diese Schule entschieden, weil mir der familiäre Umgang untereinander sehr gut gefällt und ich gefordert und immer wieder über meine Grenzen hinaus gebracht werde. Katrin Döringer 2.Ausbildungsjahr Theaterpädagogik Theaterpädagogik ist ein wunderbares Mittel Konflikte zu bearbeiten und somit auch zu lösen. Ich möchte anderen beibringen können, wie man lebendiger lernen kann und wie man dadurch Handlungslust und Kreativität erweckt. Wenn ich an die Zeit nach meiner Ausbildung denke, wäre mein Wunsch mit den unterschiedlichsten Gruppen zu arbeiten: mit Schülern aus Brennpunktschulen, Geschäftsleuten oder Senioren. Jeder hat individuelle körperliche, emotionale und sprachliche Gaben, die man so fördern kann. Erfahrungen können das Selbstbewusstsein und das Selbstwertgefühl steigern und vielen Menschen so in ihrem Alltag helfen. Unsere Gesellschaft schreibt uns vor nicht scheitern zu dürfen und genau diese Angst vor dem Scheitern sollte uns genommen werden, auch das ist eine, vielleicht sogar die wichtigste Aufgabe der Theaterpädagogik Karoline Cisek 3.Ausbildungsjahr Doppelstudium Theaterpädagogik und Schauspiel 59 Interview / Tobias Wagenblaß, Stuttgart Warum bist Du an diese Schule gekommen? Ich wollte Schauspiel studieren, habe in Google „Theater Akademie“ eingegeben und als erstes Ergebnis kam die Theater Akademie. So kam eins zum anderen. Wann hast Du Deinen Abschluss gemacht? 2013 Was ist/ war Dein Lieblingsfach? Grotowski. Der Unterricht mit Peter Rissmann hat genau zu mir gepasst. Frei im Raum sein, sich viel bewegen, dabei habe ich für mich die größte Entwicklung gespürt. Was war Dein persönliches Highlight an der TheaterAkademie? Die Arbeit in der TheaterKompanie. Es ist mitunter sehr anstrengend, aber die Erfahrung und die Erlebnisse sind mehr wert. Worin hast Du letztendlich Deinen Abschluss gemacht? Schauspiel und Schauspiel. Was machst Du heute? Ich bin als freiberuflicher Schauspieler tätig und gebe Akrobatikunterricht. Was waren Deine lustigsten Momente an der Akademie? Zwei Worte: Spontane Partys Wie hat die TheaterAkademie Euch auf den Arbeitsmarkt vorbereitet? Die Akademie ist ein Ort, an dem man Werkzeug und Handwerk gelehrt bekommt. Es ist alles Notwendige dabei 60 und gerade in der Zeit meiner Ausbildung wurde begonnen, sich auch in Richtung Film zu orientieren, was mir persönlich viel für die Arbeitswelt geholfen hat. Die beste Hilfe für den Arbeitsmarkt sind aber die Kontakte die man knüpfen kann. Vom Puck und anderen Lebensgeistern Ein besonderer Dank an die GLS Treuhand „He, Geist! Wo geht die Reise hin?“ fragt Puck - Hofnarr des Elfenkönigs Oberon - die Elfe zu Beginn des Sommernachtstraum von William Shakespeare. Wo die Reise hingehen soll fragt sich der Studienfonds Puck auch immer wieder? Gegründet wurde der Fond 2003; gegründet um die Liebenden zu vereinen. Die Liebenden? Nein, wir sind kein Kuppel-Club an der Schule – vielmehr hat es sich die Schülerschaft mit dem Studienfond zur Aufgabe gemacht, auch jenen Schülern, die aus schwierigen finanziellen Verhältnissen kommen, zu ermöglichen sich ihrer Traumausbildung und ihrer Liebe zur Kunst ganz hinzugeben. Diese sozusagen zu vereinen. Wie im Sommernachtstraum geht es dabei immer um die Verkehrung der aktuellen Verhältnisse. Doch wünschten wir oft, wir hätten eine Zauberblume, deren Nektar wir nur auf die Augen der Schlafenden träufeln müssten, statt dessen sind meist Papier und Stift unsere effektivsten Waffen. Hier ein Antragsformular, dort noch ein Empfehlungsschreiben. Doch der Studienfond, das ist nicht nur das kleine Kernteam, das sich um die Verwaltung kümmert. In die Schule aufgenommen zu werden, heißt auch Verantwortung zu übernehmen. Verantwortung für ein Miteinander, in denen jene, die in finanzieller Bedrängnis leben, Unterstützung erfahren. „Ich eil, ich eil, sieh, wie ich eil!“ heißt es da und wie der Puck eilt so mancher, um die Schulparty zu organisieren oder eine Versteigerung auf die Beine zu stellen. Der Studienfonds war und ist schon immer ein wichtiger Lernort, an dem SchülerInnen in organisatorische und verwaltungstechnische Aufgaben hineinwachsen können. Neben dem Geld, das die Schülerschaft selbst eingeworben hat, hat die GLS Treuhand den Studienfond in den letzten 12 Jahren mit rund 100.000 Euro unterstützt. Diese wurde teilweise als Darlehen, teilweise als Schenkungen ausgezahlt. Insgesamt konnten 49 SchülerInnen gefördert werden. Ohne diese Unterstützung wäre es Ihnen nicht möglich gewesen, ihre Ausbildung abzuschließen. Ein großes Dankeschön! Nicola Brisch 2.Ausbildungsjahr Theaterpädagogik Mitglied im Kernteam des Studienfonds 61 Zum Leitbild der TheaterAkademieStuttgart Die UNO hat die erste Dekade des neuen Jahrtausends der „Kultur des Friedens“ gewidmet. Ausgangspunkt ist die Erkenntnis, dass es nicht genügt, ganz allgemein Kriege zu verurteilen. Wir müssen auch die zugrunde liegende „Kultur der Gewalt“, die immer wieder Kriege hervorruft, überwinden. Eine wesentliche Rolle kann dabei die Erziehung spielen... Dem Sprach- und Literaturunterricht kommt dabei eine entscheidende Rolle zu. Um zu begreifen, wie eine Gesellschaft funktioniert, mehr noch, wie wir selbst uns als gesellschaftliche Wesen verhalten, reichen politische und soziologische Fakten nicht aus. Erst wenn man die kulturellen Grundlagen einbezieht – Sprache, Medien, Kunst und Literatur – erhält man ein vollständiges Bild. Doch Kunst und Literatur helfen nicht nur, die Welt zu verstehen, wie sie ist, sondern auch zu sehen, wie sie sein könnte. Literatur hat heute – nicht trotz, sondern wegen der Allgegenwart der Massenmedien – die unverzichtbare Funktion, das Selbstverständliche in Frage zu stellen. Ingeborg Bachmann hat den „Konflikt mit der Sprache“ als eigentliches Charakteristikum des Schriftstellers genannt. Die Suche nach neuen Ausdrucksformen ist ... das permanente Bemühen, eine Sprache zu finden für einen neuen Blick auf die Welt. Heftig kritisiert Bachmann die Meinung, dass „der weltbestimmende und weltanschauliche Gehalt“ der Dichtung uns „nichts anzugehen brauche. Sie tritt ein für eine Literatur, die mit dem Unfrieden der Welt keinen Frieden geschlossen hat. Und dann der erstaunliche Satz: „Hätten wir das Wort, hätten wir Sprache, wir bräuchten die Waffen nicht“. Das ist nicht das billige Klischee von „Kultur statt Krieg“. Ingeborg Bachmann verweigert die Idylle einer Welt des Geistes als Gegensatz zur Welt des Geldes, der Macht, der Waffen. 62 Sie weiß nur zu genau, welche Gewalt von Worten ausgehen kann. Doch sie sieht in der Arbeit an der Sprache, in der unendlichen Suche nach der „von uns erahnten Sprache, die wir nicht ganz in unseren Besitz bringen können“ (Bachmann 1978), die eigentliche Aufgabe... Werner Wintersteiner Auszüge aus dem Buch „Hätten wir das Wort, wir bräuchten die Waffen nicht“ Erziehung für eine Kultur des Friedens Kindliche Sprachentwicklung Goethe sagte einst: „Zwei Dinge sollen Kinder von ihren Eltern bekommen: Wurzeln und Flügel!“ In unserer heutigen Zeit ist es zusätzlich und vermehrt die Aufgabe von Pädagogen, Bindung aufzubauen, Nähe und Vertrauen zu bilden und familienergänzend individuell Alltag zu gestalten, damit Kinder „fliegen“ und sich frei entfalten können. Wahrnehmungsvermögen, Geduld und Visionen, Neugier, Kontinuität, konsequentes Handeln, Motivation sind einige wenige Kompetenzen, die für die Arbeit ganz allgemein nötig sind. Der Pädagoge muss heutzutage viel stärker kompetenter Partner für kindliche Lernprozesse sein als noch vor wenigen Jahrzehnten. Wirft man nun einen Blick auf die kindliche Sprachentwicklung und denkt an unsere heutige Gesellschaft, insbesondere daran wie viel Zeit den Kindern für sinnvolle und intensive Gespräche entgegengebracht wird, so kann man die Verantwortung des Pädagogen im Hinblick darauf erahnen. Heute hören Kinder nur noch selten „life“ Geschichten und die Intensität und Dauer von Gesprächen nimmt stark ab. Fernseher oder CD-Player stehen anstelle des unmittelbaren Erzählens. So beträgt der Medienkonsum heute bei Kindern bis acht Jahren durchschnittlich 5,5 Stunden pro Tag; direkte Gespräche dagegen finden im Schnitt nur noch 12 Minuten täglich statt. Dass Kinder die Sprache jedoch nicht über das Fernsehen erlernen können, ist mittlerweile wissenschaftlich erwiesen. Sprachlosigkeit, Bewegungsmangel und Isolation stellen also Pädagogen vor große Aufgaben, denn der Erwerb der Kulturfähigkeiten Lesen, Rechnen und Schreiben wird auf Grund der mangelnden zwischenmenschlichen Kommunikation immer schwerer für Kinder. Im Jahre 2011 lagen die Sprachstörungen von Mädchen und Jungen mit Schuleintritt im Schnitt bei 34%. Sie steigen stetig weiter an und man kann bereits bei Kindern im Vorschulalter schwere motorische und sensorische Defizite feststellen. Kaum ein Kind, das in die Schule kommt, kann noch gut rückwärts laufen, auf einem Bein stehen oder balancieren. Ergotherapeuten haben viel zu tun, um Störungen, oder Entwicklungsrückstände auszugleichen. Auch Pädagogen bräuchten eigentlich im Hinblick auf Sprach- und motorische Entwicklung einen „Rucksack“ an Handwerkszeug. Dazu leistet die Sprechpädagogik einen sehr wertvollen Beitrag. Sie ist mir in der Arbeit mit den Kindern eine nicht mehr wegzudenkende Ergänzung geworden. Darum ist für mich in der sprachlichen Arbeit der Blick auf die körperliche, seelische und geistige Entwicklung der Kinder von großer Bedeutung. Sprache ist Bewegung äußerlich, sowie innerlich. Dies versuche ich für die Kinder erfahrbar zu machen, sie sollen Bewegung, Rhythmus und Stille erfahren, und beim Geschichtenerzählen, Singen oder bei Fingerspielen das Lauschen lernen. In unserer heutigen schnelllebigen Gesellschaft geht uns das Staunen und SichEinlassen auf die Welt oder andere Menschen immer mehr verloren. Mit der Sprache und ihren unendlich vielen Möglichkeiten Christina Pfeiffer begebe ich mich in die Welt der Kinder Ehemalige TheaterAkademieStuttgart und baue auf die gesunde Entwicklung Element-i Teamleitung Theaterpädagogin eines jeden einzelnen. Logopäden und BuT®/SprecherStabsstelle Theaterpädagogik NRW 63 Über die Kunst, Kind und Kultur unter einen Hut zu bringen Wie viele Babysitter brauchen zwei Solisten am Stuttgarter Ballett für die gemeinsame Tochter, um ihre Parts zu tanzen? Was macht ein Mitglied des Opernchors mit seinem Sohn, wenn die Aufführung ansteht? Und haben es Schauspieler-Kinder besonders schwer zwischen Probe und Vorführung? Die Kita der Staatstheater wirkt auf den ersten Blick wie eine fröhliche WG mit extrem viel jungen Mitbewohnern. Christina Pfeiffer, die Teamleiterin der Einrichtung, erzählt schnell und lacht gerne und viel. Die Erzieherin und Theater- und Sprechpädagogin hat erst eine Ausbildung zur Waldorf-Erzieherin gemacht und dann an der TheaterAkademie studiert. Zum Team gehört auch immer mal wieder ein/e Student/in der TheaterAkademie, die ihr Abschlusspraktikum in der Kita absolvieren. „Wenn die Studenten kurz vor ihrem Abschluss zum Sprecher oder Theaterpädagogen stehen, überlegen sie sich ein Thema für die Kinder, das zum Thema Sprache funktionieren könnte“, erzählt Pfeiffer. Mal sei das ein Fingerspiel mit Sprache und Bewegung, um Sprache spielerisch zu verankern, mal gebe es eine Reise zu Vokalen, bei denen Buchstaben mit Salzteig gebacken werden. Dorf um die Kinder kümmert.“ Umso wichtiger sei eine feste Struktur in der Kita. Wir wechseln in dieser Geschichte zum Thema Kinderbetreuung die Perspektive. Von der Kantine der Staatstheater geht es in das Reich des Stuttgarter Balletts. In einem der zahlreiche Studios warten die Halbsolistin Katarzyna Kozielska und der Solist Damiano Pettenella mit ihrer vierjährigen Tochter Mia. Die kleine Künstlerfamilie steht stellvertretend für die Internationalität des Stuttgarter Balletts. Kozielska wurde im polnischen Zabrze geboren, Pettenella im italienischen Verona. Untereinander sprechen sie Englisch, mit der Tochter Deutsch, die kleine Mia antwortet dann wiederum auf Polnisch oder Italienisch. Unter den anderen Tänzern am Ballett gibt es nicht viele Eltern. „Viele Tänzerinnen haben Angst, zwei Jahre aus dem Beruf draußen zu sein und dann nicht mehr hineinzufinden“, sagt Katarzyna Kozielska. Bei all den spannenden Aufgaben als Tänzerin und Choreographin sei für Kozielska die erste Priorität aber immer die Mutterrolle: „Mia ist unsere Nummer 1!“ Wird man als Tochter zweier Startänzer eigentlich unweigerlich auch Tänzerin? Damiano Pettenella schüttelt energisch den Kopf. „Wir versuchen sie, auf keinen Fall in irgendeine Richtung zu drängen. In alldem, was sie gerne macht, versuchen wir sie zu unterstützen.“ Ob es nach dieser erfolgreichen ersten Produktion ein zweites Kind geben wird? Beide lachen verlegen. „You can manage pretty much everything“, sagt Damiano Pettenella. Kind und Kultur unter einen Hut zu bringen, ist eben auch nichts weniger als eine große Kunst. Die Eltern haben Verträge von 20 bis 40 Wochenstunden. Extrem unbeholfene Frage: Ticken Künstlerkinder anders als Kinder, die in einem klassischen Haushalt aufwachsen? „Künstler brauchen extrem flexible Betreuungszeiten. Künstlerkinder sind schon früh viel unterwegs unter Erwachsenen, haben viele Babysitter und andere unterschiedliche Bezugspersonen. Sie fremdeln nicht so arg wie andere Kinder, ohne das werten zu wollen.“ Sie seien Erwachsenen allgemein erstaunlich freundlich gestimmt. „Man kann es vielleicht Ingmar Volkmann am ehesten mit einem Aufwachsen wie in Stuttgarter Zeitung Afrika vergleichen, wo sich auch das gesamte 64 65 Liebe/ Lieber Mitschüler/in, kennst du das? Du hast in 5 Minuten Sprachunterricht und mal wieder keinen Text vorbereitet? Zum wiederholten Male? Und du hast keine Lust wieder doof da zu stehen? Natürlich gibt es dafür keine annehmbare und glaubhafte Entschuldigung, sei dir dessen bewusst!! Doch zukünftig muss das nicht mehr sein! Abhilfe in dieser äußerst brenzligen Situation kann folgender Text schaffen, den du dir (auch noch 5 Minuten vor dem Unterricht) " praktisch ausschneiden (oder einfach in aller Hektik und dementsprechend gewaltvoll ausreißen) kannst. Ganz locker flockig. Sprachunterricht gerettet!! (Ich spreche aus Erfahrung). Aber Obacht: Absprache mit anderen Mitschülern, die eventuell ebenfalls davon gebrauch machen, ist von Vorteil, da es sonst wieder zu unangenehmen Situationen kommen kann (auch hier spreche ich aus Erfahrung) Viel Spaß dabei. Und immer schön den Stimmsitz trainieren. Auf bald, Nico. Hier ausschneiden WER WENN NICHT WERNER? NICOLAS SCHÖNBERGER „Mehr Power!“, fordert Werner lautstark am Rande des Spielfelds stehend und seine Jungs von Fortuna 93 Dorfkirchen scharf beobachtend. Aus tiefster Kehle brüllt er ihnen strategisch ausgeklügelte Anweisungen entgegen: „Andy, geh da rein, Mensch! Rouven spiel ab man, spiel ab!“. Seine Halsschlagader, die in unrhythmischen Intervallen stark geschwollen vor sich hin pulsiert, ist unübersehbar. Der Schnauzer, welcher seine Oberlippe ziert, ist korrekt in Form, allerdings vom ständigen Rauchen am unteren Rand schon etwas gelblich gefärbt. Sein geschulter Blick wird durch eine Brille, die vom Modell her zu deuten ihren Ursprung irgendwo in den späten Siebzigern hat, geschärft. Um bei diesem Wetter einen kühlen Kopf zu bewahren, trägt er eine Schirmmütze der Brauerei „Bitburger“, die ihm an diesem Tag ausreichend Schatten spendet. Eben ein Getränk jener Brauerei hält er praktisch abgefüllt in einer Dose in seiner rechten Hand fest umschlossen, um seine Kehle mit kurzen aber dafür großen Schlücken zu ölen um sie vor einer Überreizung zu bewahren. Eine gute Idee, die kaum Wirkung zeigt. „Männers, was das denn? Lange Pässe, lange Pässe! Diago! Diago!“. Sein aus Ballonseide gefertigter Trainingsanzug spendet dem großen Meister ausreichend Schutz. Es ist sein Umhang, wie ihn jeder große Magier zu tragen pflegt. Der Unterschied liegt für den Außenstehenden allerdings darin, dass der Umhang des Magiers eine gewisse Autorität verleiht. Auch mit viel Mühe und gutem Willen kann man diese aus Werners Trainingsanzug nicht herauslesen. „Was machsu? Robert! Hau weg das Ding, auffa ganzen Pflanke! Nochma sowas und ich zieh Dich eijenhändisch vom Feld, mein Lieba“. Anne Ohren, sagt er meistens noch, wozu er aber dieses Mal nicht mehr kommt, da ein Spieler der der gegnerischen Mannschaft seinen besten Mann mittels einer saftigen Blutgrätsche vom Platz befördert hat. „Schaise, man. Schaise!“. Er wendet sich der rechten Spielfeldhälfte zu, wo der Trainer der gegnerischen Mannschaft besonnen sitzt. Ein Junger, im Gegensatz zu Werner durchaus sportlicher Trainer. Ein Gewinnertyp, der Garant für den Besuch aller Mütter am Spielfeldrand. Der Liebling aller pubertierenden Mädchen, die lauthals kichern, wirft er ihnen einen einen schüchternen Blick zu. „Komm Thomas! Das wäre jetzt wirklich nicht nötig gewesen“. Thomas, ebenfalls ein Spieler mit Adonisfaktor schlendert bedröppelt vom Feld, als der Schiri ihm mit aller Deutlichkeit die rote Karte ins Gesicht hält. 66 „Der verpfeift uns jedes Mal!“ schreit ein Rudel stark angetrunkener Väter vom Spielfeldrand, als sie im Begriff sind leere Bierdosen auf das Feld zu werfen, um ihren Protest für alle, wirklich alle, sichtbar zu machen. Von seinen Teamkollegen wird Thomas auf eine sportliche Weise begrüßt. Man knufft ihm in die Schulter, rubbelt sein ohnehin schon zerzaustes Haar, bevor man ihm auf der Spielerbank einen Platz anbietet. Auf der anderen Seite sieht dieses Ritual schon ganz anders aus. Robin, dem diese Blutgrätsche gegolten hat, humpelt unter lautem Stöhnen vom Platz. Werner reagiert pflichtbewusst und markiert seinen Standpunkt als verantwortungsvoller Coach: „Robin, du Flasche. Ab zurück aufs Feld. Wir sind hier nicht beim Schach! Du brauchst dich gar nicht zu setzten. Heul nicht so rum wegen na Schürfwunde, sonst krixe gleich noch eine und zwar von mir!“. Robin fällt in Richtung Spielerbank, wo er von seinen Teamkollegen aufopferungsvoll begrüßt wird. Man schlägt ihm ihn den Bauch, spuckt ihm Wasser ins Gesicht, kommentiert sein Wehklagen verständnisvoll: „Mann, Robin du Spacko“, „Was kannst du eigentlich?!“, „Nichts, und das nicht mal richtig“, bevor man ihm einen Platz abseits aller Sitzgelegenheiten anbietet. Robin bricht zusammen und bleibt liegen. Werner widmet sich indessen mit großer Selbstlosigkeit dem Unterstützen seiner Mannschaft. Denn diese ist wider aller Erwartungen im Ballbesitz. Manuel, ein hochgewachsener Junge rennt mit knallrotem Kopf und stark prustend mit großen Sprüngen auf das gegnerische Tor zu. Den Ball führt er sicher an der Fußspitze. Auf der Spielerbank schürt sich spürbar die Spannung. Auch Werner kann seine Aufregung nicht weiter zurückhalten und verleiht seiner Begeisterung Ausdruck, indem er seine angekratzte Stimme mit einem hastigen Schluck aus der Dose kühlt und zum Schlachtruf ansetzt: „MAAANUUUUU“, tönt es indessen voller Vorfreude von der Spielerbank. Manu rennt leicht benommen, sich der Verantwortung über die seinige Situation im klaren auf das gegnerische Tor zu. Der Torwart atmet tief durch und macht sich zum Absprung bereit. Ein letzter Pruster, dann ist es soweit. Manu holt zum vernichtenden Torschuss aus. Sein Fuß streift über den zerzausten Rasen, trockenes Gras wirbelt durch die Luft und der Ball rast geradewegs auf das Tor zu. Luftanhalten. Latte! Ausatmen. „Mann, das kann doch alles nich wahr sein!“, brüllt Werner und steckt sich eine Kippe an. Doch der Ball fliegt geradewegs zurück in das Spielfeld und Manu setzt zum Kopfball an. Er springt ab und fliegt, nein, schwebt engelsgleich mit gestrecktem Körper dem Ball siegessicher entgegen. Dieser dreht und dreht sich, wie ein Planet, der gerade aus seiner Umlaufbahn ausgebrochen ist. Hoch, weit oben über dem Spielfeld, nahe der Sonne, bahnt sich ein Schauspiel galaktischen Ausmaßes an. Die Kollision zweier Himmelskörper. Engelsgesang. Als Manuel wieder zu Bewusstsein gelangt befindet er sich kopfüber in einem Busch unweit des Spielfeldes. An die letzten zehn Minuten hat er keine Erinnerungen mehr. Mit letzter Kraft rappelt er sich auf und geht nach Hause. Das Spiel wird abgepfiffen. 0:1, für die Mannschaft aus… ja woher eigentlich, fragt sich Werner. Und diskutiert dies mit seinen Jungs bei einer Kiste Bier, die von der Brauerei jener Biermarke freundlicherweise zur Verfügung gestellt wird. Derweil umrundet der Nachwuchs, die Fortuna Dorfkirchen 93 “Minis”, den Platz mit einer Spardose, die die Form eines Fußballs hat und bitten in vorpubertär gereizter Laune um “eine Spende für die Jugend”. Das ist deutscher Fußball in seiner reinsten Form. Der Fußball entwickelt sich zu einer Hochkultur, von der man in 1000 Jahren noch schwärmen wird. Werner ist Beleg dafür. 67 Ganz Mensch Mittelpunkt stellt. Theater, das keine Lust macht zu machen, macht auch keine Lust beim Anschauen. So einfach ist das und so schwer zu bewerkstelligen. „Die Luft, die man atmet ist voller Fragen, die ohne Antwort bleiben und ich frage mich, was wichtiger ist: Diese Fragen zu beantworten oder sie zu stellen.“ Michelangelo Antonioni Die besten Produktionen, die ich begleitet habe als Dramaturg und/oder Theaterpädagoge, waren die, wo das Proben Spaß gemacht hat. Hier gab es Spiel-Raum für Neugier, ohne die Furcht des Scheiterns oder etwas „falsch“ zu machen. Ein wichtiger Faktor dabei ist die gegenseitige Wertschätzung von Regie und Schauspiel. Theaterarbeit ist eine zutiefst menschliche. All zu oft leider gerät das aus dem Blickfeld, wenn sich die praktische Arbeit auf Gänge, Haltungen, Betonungen und Wirkungen „Der Mensch ist nur da ganz Mensch, wo fokussiert. Da heißt es wirklich Haltung zu er spielt“ - das bekannte Zitat von Friedrich bewahren und sich zu behaupten, anstatt Schiller ist beliebt bei Theatermenschen etwas zu behaupten, was nicht „stimmt“. im allgemeinen und Theaterpädagogen im Besonderen. Ich habe viele Jahre an Dazu braucht es Menschen, die nicht nur Theatern gearbeitet, als Dramaturg, vor Charaktere spielen, sondern auch Charakter haben. Persönlichkeiten die Personen allem aber als Theaterpädagoge. verkörpern. Damit sie das „stimmig“, also Beide Aufgaben haben meine Wahrnehmung glaubhaft machen können, brauchen sie geschärft dafür, was beim Publikum gut neben Respekt für die Arbeit und Vertrauen ankommt und was nicht. Ich meine mit „gut in die Regie auch Selbst-Vertrauen. Sie ankommen“ nicht, dass viele Menschen in das brauchen eine gestärkte Persönlichkeit, ein Stück gegangen sind - das hängt maßgeblich Wissen um die Dinge, die sie spielen und ein und leider oft vom Bekanntheitsgrad des Wissen um sich, die da spielen. Titels ab oder von der „Notwendigkeit“ es Kurz: Ich drehe das Schiller-Zitat mal um und gesehen haben zu müssen. behaupte: „Der Mensch spielt nur da (gut), Was ich mit „gut“ meine, spielt sich in der wo er ganz Mensch ist.“ magischen Wechselwirkung zwischen Bühne und Zuschauerraum ab. Die Resonanz Ich schreibe das, weil die TheaterAkademie bei der Aufführung, die sich im Idealfall für mich ein Ort ist, wo die Ausbildung gegenseitig positiv verstärkt und einen guten den ganzen Menschen sieht, umfasst und Theaterabend möglich macht. Und hier liegt fördert. Deshalb arbeite ich sehr gern hier. der Schlüssel bei der vorangegangenen Weil die Ausbildung nicht nur auf vielfältige Weise Handwerkszeug vermittelt, sondern Probenarbeit. Menschen begleitet und ermutigt, ihre Theater, das gut ankommen will beim individuellen Fähigkeiten zu entwickeln und Publikum, braucht eine Atmosphäre, die das zu entfalten. Durch Wertschätzung, das WahrSpielerische bei der Probenarbeit in den Nehmen und die persönliche Begleitung der 68 Menschen, die sich uns anvertrauen. Und das mit großer Neugier, mit Respekt und auf ganz individuelle Art. Ich glaube, dass auf diese Weise Menschen die TheaterAkademie verlassen, die ihren Betrag leisten können, gutes Theater zu machen. Und ich wünsche ihnen sehr, dass sie auf gute Regisseurinnen und Regisseure treffen, gute Dramaturginnen und Dramaturgen und Theaterleitungen, die unter „gut“ bei Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern nicht „willig“ oder „fügsam“ verstehen und „gut“ bei Theateraufführungen nicht nur „gut gefüllte Vorstellung“, sondern Theater, das gut ankommt, weil es gut gemacht ist. Also von Menschen, die ganz spielen, weil sie ganz Mensch sein dürfen und können. Theater Akademie Stuttgart Format: 184,6x120 mm, 4c DU: 23.09.15 Volker Schubert Theaterpädagoge, Theaterwissenschaftler und Dramaturg / Dozent für Bewegungsanalyse, Theatergeschichte und Theaterpädagogik Geld ist nicht da, um Geld zu vermehren, sondern um Ideen zu verwirklichen. Geld ist ein soziales Gestaltungsmittel — wenn wir es gemeinsam dazu machen. www.gls.de 69 Internet: www.VKK-Verlag.de Mail: [email protected] 70 71 Warum Theaterpädagogik? Während meines theaterwissenschaftlichen Studiums habe ich meinen ästhetischanalytischen Blick auf Theater geschult und so mein Interesse für Regie und Autorschaft entdeckt. Als sich mein Interesse vom Endprodukt auf den Probenprozess verschob, gewann für mich die künstlerische Arbeit mit Nichtprofessionellen an Bedeutung. Statt der Neuartigkeit der Performance steht dort vor allem die Entwicklung der Spieler während des Probenprozesses im Mittelpunkt. Die Aufführung ist lediglich das Zeugnis dieser Entwicklung, das im Idealfall so berührend ist, dass es auch in den Zuschauern einen Prozess der Selbstbegegnung anstößt. Als Anleitende reicht es nicht aus, selbst darstellerisches Können zu besitzen. Vielmehr bilde ich mich zur Expertin des Weges aus. Ich mache mir den (eigenen) Lernprozess bewusst und setze dieses Handwerkszeug ein, um andere zu ihrer schöpferischen Quelle, zum Künstler in sich zu geleiten. Als Theaterpädagogin muss ich noch in einem In zehn Jahren sehe ich mich als selbstständige Theaterpädagogin, die Theatergruppen in der Schule, im Kindergarten, in Freizeitstätten, in Altenheimen oder in Einrichtungen für Menschen mit Behinderungen leitet. Des Weiteren möchte ich die Integration und Inklusion der Teilnehmer innerhalb der Gruppen sowie Gruppenübergreifend, durch das Theater fördern. Um Menschen die Möglichkeiten zu geben, sich mit anderen Kulturen und Lebensweisen auseinanderzusetzen, könnte ich mir ebenfalls vorstellen, Austauschprojekte zu initiieren und im Bereich der Asylarbeit tätig zu werden. Maike Strach 3.Ausbildungsjahr 72 ganz anderen Maße von meinen Spielern ausgehen als im professionellen Theater. Ihr Können und ihr Unvermögen, ihre Eigenarten und Ängste sind mein Material. Sie sind nicht beliebig formbar und einsetzbar. Diese Einschränkung als Freiraum, und den Spagat zwischen den eigenen künstlerischen Visionen und dem pädagogischen Auftrag als inspirierende Herausforderung, zu begreifen, macht für mich theaterpädagogische Arbeit aus. Da für mich Theater immer auch ein künstlerischer Austausch über gelernte kulturelle Rollen, Gesten, Verhaltensweisen und das Infragestellen dieser ist, scheint es mir ein ideales Medium interkulturellen Austauschs zu sein. Darum interessiert mich besonders die theaterpädagogische Arbeit mit Menschen verschiedener Kulturen, sei es in Form innerdeutscher oder transnationaler Projekte. Deborah Meuth, 4.Ausbildungsjahr Theaterpädagogik Eine wegweisende Begegnung Theaterpädagogik bedeutet für mich die Kunstform des Theaters mit Menschen aus unterschiedlichsten Bereichen zu praktizieren. Über den künstlerischen Prozess ist es jedem möglich ungeahnte Interessen, Leidenschaften, Phantasien und objektive Stärken zu entdecken, sowie gesellschaftliche und literarische Themen zu behandeln. Während meiner Schulzeit war die Zeit im Jugendclub am Theater für mich eine der intensivsten und echtesten, da man dort die Möglichkeit hatte sich auszuprobieren, sich zu zeigen und gleichzeitig literarische Texte in einen ganz neuen Kontext bringen konnte. Ich hatte keine Ahnung wie der Beruf meines damaligen Leiters hieß, ich wusste nur, dass er mir etwas sehr Wichtiges ermöglichte und ich ihn sehr bewunderte für seine motivierende Art, wie er jeden Einzelnen in der Gruppe wahrnahm und auf ihn einging. Ich hätte mir nie träumen lassen, dass dieser Mann eines Tages mein Dozent werden würde. Über viele Umwege hat es mich dann tatsächlich als Studentin an die Schule geführt, an der Matthias Winter vor vielen Jahren selbst gelernt hat. Schon vor der Ausbildung habe ich mir mit Hilfe von zwei Regieassistenzen, einem halbjährigen Praktikum bei einem freien Theaterpädagogen und dem Spielen in einer jungen Gruppe am Schauspielhaus Hamburg ein Bild versucht zu verschaffen, was Theater ist und was es sein kann. Mit diesen Erfahrungen bin ich mir sicher, dass ich Theater mit Laien machen möchte und bin sehr froh an der TheaterAkademie gelandet zu sein. Annemieke Döring 4.Ausbildungsjahr Doppelstudium Schauspiel und Theaterpädagogik 73 “It´s the final countdown” Drei Jahre ist es inzwischen her, dass ich mit der Ausbildung zur Theaterpädagogin an der TheaterAkademie angefangen habe. Am Anfang stand der Wunsch Theaterpädagogik und auch Schauspiel zu machen. Doch während des Grundlagenjahres, in dem man alle drei Ausbildungsgänge kennen lernt, kamen immer mehr Zweifel darüber auf, ob Schauspiel denn wirklich das Richtige für mich ist. Ich überlegte hin und her, entschied mich dafür und dagegen. Das Motivationsschreiben, das zur Aufnahme in den jeweiligen Ausbildungszweig nötig war, hatte ich noch kurz vor knapp geschrieben, aber zum Vorsprechen mich dann nicht mehr angemeldet. Nach dem Infogespräch mit Frau Schlösser fasste ich den endgültigen Beschluss, dass ich nicht genug dafür brenne, um Schauspiel zum Beruf zu machen und entschied mich dafür „nur“ Theaterpädagogik zu machen. Im zweiten Jahr, das mit der Aufnahmeprüfung für Theaterpädagogik anfing, ging es schon mehr zur Sache, als im ersten Jahr, in dem es noch viel darum ging, sich selbst auszuprobieren und selber zu spielen. Fächer wie Gruppendynamik und Kindertheater kamen auf den Stundenplan. - Der Focus verschob sich immer mehr vom eigenen Erleben hin zu gruppendynamischen Prozessen, zum Selbst-Anleiten, kleinen Regieübungen. Im dritten Jahren begann dann anscheinend endgültig der Ernst des Lebens - Schluss mit Spaß und Spiel - Regieprojekte standen auf dem Plan. Das Bedürfnis etwas Eigenes, auch außerhalb der Akademie, zu machen wuchs, gleichzeitig machten sich auch immer wieder Zweifel breit, ob ich das auch könne? den Ausbildungsgang Theaterpädagogik. Aufgabe ist es, aus einer vorgegebenen Buchvorlage (in unserem Fall: Kinderbücher) ein 20-minütiges Stück zu machen und mit Kommilitonen/innen aus dem 1. Jahr zu inszenieren. Das hieß Buch lesen, Konzept mit Textbuch entwerfen und in Absprache mit den Kollegen aus dem eigenen Jahr eine Besetzung festlegen. Da rauchen dann auch mal ganz schön die Köpfe bis 17 Schauspieler/innen fair unter 10 Regisseuren verteilt sind. Denn jede/r hat natürlich seine Favoritenbesetzung, gleichzeitig sollen aber alle mitspielen - und möglichst in nicht mehr als zwei Projekten. Ich bekam „Ronja Räubertochter“ von Astrid Lindgren zugeteilt. Es machte sehr viel Spaß an dem Projekt zu arbeiten und ich hatte eine tolle Schauspielergruppe, dennoch scheiterte mein Projekt am künstlerischen Teil und ich sollte die Prüfung wiederholen. Zunächst sah ich das als Chance und freute mich auf ein zweites Projekt nach den Ferien. In den Ferien und auf einer Freizeit mit Erwachsenen mit Behinderung kamen bei mir jedoch wieder neue Zweifel auf. Ich wollte zum ersten Mal nicht wieder zurück in die TheaterAkademie und mich erneut einem Regieprojekt stellen, sondern lieber mit diesen Menschen weiterarbeiten. Gleichzeitig merkte ich bei der Theatereinheit, die ich mit den Freizeitteilnehmern machen durfte, wie einfach es doch ist die Menschen mit recht simplen Übungen zu begeistern und war mir sicher, dass ich so weiter arbeiten will. Noch beim Nachtreffen der Freizeit meinte einer der Teilnehmer zu mir: „Theater war´s beschte, gell?!“ Also begab ich mich mit gemischten Gefühlen wieder in die Akademie und an die Aufgabe, das Die angesprochenen Regieprojekte sind nächste Regieprojekt irgendwie zu meistern. die Zwischenprüfung im dritten Jahr für Es wurde ein langer Weg voller Höhen und 74 Tiefen, ein Projekt, in dem Schauspieler gewechselt und das Konzept mehrmals über den Haufen geworfen wurde, eine Zeit voller Tränen, aber auch eine Zeit, in der ich die Unterstützung vieler Menschen bekommen habe und aus der ich voller Begeisterung und neuer Motivation herausgekommen bin. An dieser Stelle möchte ich mich bei allen, die mich in dieser Zeit begleitet, unterstützt, motiviert und an mich geglaubt haben herzlich bedanken: bei meinen Dozenten, Mitschülern, Freunden, meiner Familie und ganz besonders auch bei meinem tollen Schauspiel-, Regie- und Technikteam, ohne das ich das tolle Projekt „Bridget Jones“ niemals hätte meistern können - und nicht zuletzt natürlich allen Zuschauern des Projektes, die sichtlich begeistert davon waren und mich damit fast zu Tränen gerührt haben. Vielen DANK euch und Ihnen allen! Die Zeit mit all ihren Höhen und Tiefen hat sich auf jeden Fall gelohnt und ich hatte das Glück erfahren zu dürfen, dass meine Schule mit all ihren Schüler/innen und Dozenten, mit Frau und Herrn Schlösser hinter mir stehen, und es sich besonders dann lohnt weiter zu machen, wenn man am liebsten alles nur noch hinschmeißen würde. Und das möchte ich jedem mit auf den Weg geben: Gib niemals auf, besonders dann nicht, wenn du es am meisten willst! - Es lohnt sich! Jetzt heißt es für mich „It´s the final countdown“. Das letzte der vier Ausbildungsjahre steht vor mir. Ich weiß noch nicht, was es alles bringen wird, aber ich werde mich auch dieser Herausforderung stellen - mit dem Wissen, dass meine Schule und alle, die dazu gehören, hinter mir stehen. Kerstin Zelinka, 4.Ausbildungsjahr Theaterpädagogik 75 Zum Leitbild der TheaterAkademieStuttgart „Solange der Schauspieler glaubt, er müsse „tun“, solange er den Wunsch hat, sich sehen zu lassen, sich zu zeigen, solange zeigt er nichts. Er muss zunächst empfangen lernen. Der Schauspieler ist wie ein Schwamm, der alles empfängt, alles aufnimmt. Ein Schwamm, der übersetzt, ohne etwas hinzuzufügen, und zwar so, dass er den Dingen eine Form verleiht.“ Ariane Mnouchkine Lass dich fallen, lerne Schlangen zu beobachten. Pflanze unmögliche Gärten. Lade jemanden Gefährlichen zum Tee ein. Mache kleine Zeichen, die "ja" sagen und verteile sie überall in deinem Haus. Werde ein Freund von Freiheit und Unsicherheit. Freue dich auf Träume. Weine bei Kinofilmen. Schaukle so hoch du kannst mit einer Schaukel bei Mondlicht. Pflege verschiedene Stimmungen. Verweigere dich, 'verantwortlich zu sein' - tu es aus Liebe! Glaube an Zauberei, lache eine Menge. Bade im Mondschein. Träume wilde, fantasievolle Träume. Zeichne auf Wände. Lies jeden Tag. Stell dir vor, du wärst verzaubert. Kichere mit Kindern, höre alten Leuten zu. Spiele mit allem. Unterhalte das Kind in dir. Du bist unschuldig. Baue eine Burg aus Decken. Werde nass. Umarme Bäume. Schreibe Liebesbriefe ... Josef Beuys Ich kann mich noch genau daran erinnern, als unser Dozent Peter Rissmann diesen Text In unserer Facebookgruppe gepostet hat. Ich war erst seit einigen Wochen hier an der Schule, als ich dies gelesen habe. Dieser Text begleitet mich seither. Schon während meines Infoworkshops war mir klar, dass ich hier bleiben muss. Noch heute bin ich begeistert von jedem einzelnen Fach und freue mich das Erlernte in meiner Zukunft zu verwirklichen. Sylvie Reimer, 4.Ausbildungsjahr Schauspiel 76 Der gemeinsamen Arbeit langen Atem geben Ein Feuer entzündet sich, lodert auf, wärmt und erhellt uns. Von Holzscheit zu Holzscheit springt der Funke. Das Feuer, das seine Energie entfacht, ist mehr als die Summe der brennenden Holzscheite, mehr als die Nahrung, die es am Leben erhält. War es der Funke, den ich im Schauspielstudenten entdecke, der auf mich überspringt, oder war es meine Begeisterung, die das erste Interesse beim Schüler weckt? Wenn das Feuer einmal knistert, ist es egal, wo der Funke, der hin- und herspringt, seinen Ursprung genommen hat. Jetzt gilt es, das Feuer am Brennen zu halten, über Tage, über Wochen, für die Dauer eines Trimesters oder sogar darüber hinaus. Da sehe ich mich auch immer wieder gemeinsam mit einem Studenten knien und vorsichtig auf die letzte Glut, die verglimmen will, pusten. Hauptsache ist, uns geht die Luft nicht aus. Auch das kann nur beidseitige Sorge sein: Der gemeinsamen Arbeit den langen Atem zu geben. Dann entsteht aus dem schlafenden Feuer immer wieder ein loderndes. Darin erweist sich die kreative Zusammenarbeit zwischen Schülern und Lehrern: Dass beide dem Feuer nie den Rücken zukehren und so zulassen, dass es erlischt, aus Nachlässigkeit, Desinteresse, Ichbezogenheit. Wenn wir diesen einzelnen kleinen Feuern immer wieder Nahrung geben während der Unterrichtseinheit in der Schauspielschule (oder während eines Probenprozesses im Theater), bilden sie insgesamt die Glut der Leidenschaft für den Theaterberuf. Ohne diese Leidenschaft koppeln wir uns ab von der Möglichkeit einzugreifen, zu schaffen, zu erschaffen. Das aber ist unser künstlerischer Antrieb, unser Wille, einen Teil der Welt, die uns umgibt, aktiv (kreativ) mit zu formen. Vom ersten Tag an der TheaterAkademieStuttgart habe ich diese gemeinsame Verantwortung von Schüler und Lehrer für den Unterrichtsprozess gespürt. Ich habe versucht, die kreative Chance dieses Prozesses zu stärken, während meiner vielen Jahre, die ich jetzt Teil des Lehrerkollegiums an der TheaterAkademie bin. In diesem Prozess lerne ich als Lehrer tagtäglich. Der Wandel des Lehrers und der Wandel des Schülers im gemeinsamen Unterrichtsprozess ist für mich ein spannender Vorgang. Ein gegenseitiges Geben und Nehmen, dass auf beiden Seiten die Fähigkeit im Geben vergrößert: Auf der Seite des Lehrers verfeinern sich die fachlichen und didaktischen Fähigkeiten, auf Schülerseite vollenden sich die handwerklichen und kreativen Möglichkeiten mehr und mehr. Peter Rissmann Schauspieler Dozent für Grotowski, szenisches Studium & Rollenstudium 77 78 Interview / Anne Katrin Lipps, Pforzheim Was assoziierst Du mit der TheaterAkademie? Was waren Deine lustigsten Momente an der Akademie? Eine aufregende Zeit, die ich nie vergessen Jajaja, so einige lustige Momente gab es im Unterricht. Aber wie sagt man so schön: werde. „Was im Unterricht passiert, bleibt im Warum bist Du an diese Schule Unterricht!“ gekommen? Wie hat die TheaterAkademie Euch auf Weil ich dort die Möglichkeit hatte, zwei den Arbeitsmarkt vorbereitet? Ausbildungen parallel zu machen. Im Bereich Theaterpädagogik konnte Wann hast Du deinen Abschluss ich sofort nach meinem Abschluss gemacht? mehrere Jobs finden. Im Schauspiel ist 2012 Schauspiel, 2013 Theaterpädagogik. das bekanntermaßen schwieriger. Nach dem Motto „Mühsam ernährt sich das Eichhörnchen“ :-) Was ist/ war Dein Lieblingsfach? „Szenisches Studium“- In diesem Fach haben wir als Gruppe erstmals ein ganzes Theaterstück durchgenommen, bearbeitet und gespielt. Was war Dein persönliches Highlight an der TheaterAkademie? Da gibt es mehrere Momente. Wenn ich zwei Highlights erwähnen darf, dann ist es unser Schauspielabschluss (ob intern oder öffentlich) und unsere Griechenlandexkursion. Worin hast Du letztendlich Deinen Abschluss gemacht? Ich bin durch Schauspiel auf die Schule aufmerksam geworden und habe einen Abschluss in Schauspiel und Theaterpädagogik. Was machst Du heute? Ich bin selbstständig und arbeite als Schauspielerin und Theaterpädagogin. 79 Pressestimmen TheaterKompagnieStuttgart Hamlet Sein oder Nicht-Sein, das war die Frage Großartige Aufführung in der Salzachhalle ...gespielt wurde von der TheaterKompagnie Stuttgart...und dazu gibt es nur eine Aussage: Einfach großartig...die Bravorufe am Schluss waren sehr verdient. Dieser Hamlet... wird wohl allen unvergesslich bleiben. (Südostbayrische Rundschau) Eine zerrissene Persönlichkeit Hamlet beeindruckt im Kulturforum Die Stille ist mit Händen zu greifen...das fünfzehnköpfige Ensemble präsentiert sich auf sehr hohem Niveau und agiert mit einer spielerischen Begeisterung, die das Publikum mitreißt, allen voran der junge Paul Elter in der Hauptrolle. Dieser Hamlet ist eine Wucht! Wie er sich vom jugendlichen Schwärmer zum mordgierigen Radikalen... wandelt, lässt niemanden unberührt. (Lingener Tagespost) Hamlet, der Pseudo-Held ...Paul Elter, der auch für das Bühnenbild verantwortlich zeigt, spielt Hamlet mit einer kraftstrotzenden Jungendlichkeit, ungestüm und immer wieder aufbrausend...der Fokus liegt auf den Charakteren mit ihrem intensiven Spiel und ihrer packenden Präsenz. Der Dank ist begeisterter Schlussapplaus. (Westfalen Blatt) 80 Was Ihr Wollt Was sie alles wollten Die Theater-Kompagnie-Stuttgart spielte Shakespeares „Was Ihr Wollt“ und machte dabei mit Text — und Personalfassung nahezu, was sie wollte. Dennoch bot die Theater-Kompagnie auf der Bühne einen Shakespeare in Reinform und von höchster schauspielerischer Qualität. Das Stuttgarter Ensemble unter der brillanten Regie von Cornelia und Christian Schlösser hat zwar die Grundhandlung der Vorlage erhalten, aber erstens den Text neu übersetzt und zweitens Figuren und Motive aus Hamlet dem Geschehen beigemengt. Beide Bearbeitungsweisen sind geglückt. Wortund ideenreich werden Intrigen gesponnen, so dass die Charaktere in höchste Verwirrung stürzen. Am komischsten war dabei der Tölpel Sir Andrew von Bleichenwang, der mit Golfausrüstung und im Schottenröckchen über die Bühne stolperte. Am besten war dabei Malvolio (Bernd Köhler), der mittels eines fingierten Briefes so böse hereingelegt wird. Allein die Regieeinfälle um seine Person waren eine theatralische Augenweide. Dabei präsentierten die Regisseure eine klassische Shakespeare Bühne und die ist bekanntlich beinahe leer. (Augsburger Zeitung) Was Ihr Wollt Ein glänzender Auftritt ...die muntere Spielerschar tat einen tiefen Griff in die Trickkiste des Theaters. Es wurde geschmachtet und intrigiert, getobt und geziert, dass es eine Augenweide war. Ausgezeichnete Sprechtechnik und perfekte Körpersprache, sparsame aber passende Kostüme und Requisiten zeichnen die Bühne Mittsommernachtstraum und bewiesen eindeutig die Ausdrucksstärke Glück mit Shakespeare ihrer Darsteller.“ (Rems-Zeitung) Bemerkenswerte Aufführung des Sommernachtstraum in der Stadthalle Spiel um Sein und Schein „Sommernachtstraum“ der Ein überaus spielfreudiges Ensemble Der spielte die Bretter in rasantem Tempo, TheaterKompagnieStuttgart am Donnerstag unter Benutzung einer reichen Symbolik, in der Stadthalle war ohne Zweifel einer der verstand sich auf lyrische Passagen von lustigsten, sympathischsten und poetischsten hinreißender Schönheit ebenso wie auf Theaterabende der laufenden Spielzeit.... krachlederne Komik, zelebrierte Weltliteratur Das Publikum folgte animiert und fasziniert. mit Genuss und flocht dennoch mal einen An diese Aufführung wird man denken. deftigen Spruch ein...Verbunden sind die Shakespeares Sterne strahlten helle über verschiedenen Ebenen durch den Narren, der Stiadthalle. (Münstersche Zeitung) der hier vermittelt, da verspottet wird, dort triumphiert, und tiefschürfend über den Sinn Shakespeares “Mittsommernachtstraum“ des Lebens grübelt: eine Paraderolle für brachte die Zuschauer zum Lachen ...Die Komödie…präsentierte das Ensemble Cornelia Elter.... (Wormser Zeitung) witziger, bunter und temporeicher, als mancher Kinofilm…Die lebensfrohe Darbietung setzte ein Zeichen und ließ nicht nur beim furiosen Finale der Handwerker, bei dem alles köstlich gekonnt schief lief, das Stadttheaters vom Lachen des Publikums erbeben. (Nahe Zeitung). Shakespeares Sommernachtstraum als „Brüller“. 81 Pressestimmen TheaterKompagnieStuttgart Mittsommernachtstraum So lassen wir uns die ollen Klassiker gefallen! Shakespeares „Sommernachtstraum“ stand auf dem Spielplan. Inszeniert von der Theater-Kompagnie-Stuttgart, deren aufgekratzte Akteure ihr Oldenburger Publikum zum Jubeln brachten. 400 Jahre Liebesleid und Koketterie, frisch wie am ersten Tag. Mit unkonventionellen Ideen bürsteten die Stuttgarter dem Fünfakter allen Staub ab und holten ihn ins dritte Jahrtausend. Bei der Inszenierung müssen Cornelia Elter-Schlösser und Christian Schlösser ein zwinkerndes Auge auf den Schöpfer dieses unverwüstlichen Evergreens gehabt haben. Was ihr Ensemble nicht alles aus dem Shakespeare-Hit herausholte: Slapsticks, entwaffnenden Nonsens, Jedermann furiose Hahnenkämpfe und hemmungslosen Eindrucksvolle Allegorie Zicken-Alarm...(Lübecker Nachrichten) Regisseur Schlösser, dessen Inszenierung in Schopfheim Premiere feierte, widerstand der Versuchung, diesen Klassiker zu modernisieren und setzt auf die Sprechkunst seiner Schauspieler, die zum Teil erfahrene Profis, zum Teil junge Schauspielschüler der TheaterAkademieStuttgart sind. Ihre starke Bühnenpräsenz, ihr packendes Spiel und souveränes Sprechen ließen diese Allegorie auch auf einer Saalbühne nachhaltig wirken – ohne Domkulisse wie in Salzburg. Mit Till Schneidenbach ist die Titelfigur sehr kraftvoll besetzt. Selbstbewusst und kraftstrotzend in Gebärden, Körpersprache und Ausdruck gibt der Schauspieler den reichen Mann, der die um Almosen bittenden Armen und den Schuldknecht kaltherzig abweist...So eindringlich gespielt, hat diese Allegorie nichts von ihrer Wirkungskraft verloren, wie sich am langen Beifall des Publikums zeigte. (Badische Zeitung) 82 Jedermann Doppelprojekt Troerinnen/Lysistrate Wenn Gottvater weiblich ist und Irren männlich. Die Premiere war ein Volltreffer. Das war große Kultur, was die TheaterKompagnieStuttgart da auf der Sommerbühne da zu bieten hatte.... der Jedermann wurde zu einem packenden Schauspiel, das die 400 Zuschauer in atemlose Spannung versetzte und keinem die Chance ließ, sich zu entziehen. Verantwortlich war dafür in erster Linie ein hervorragender Till Schneidenbach, der die Titelrolle mit unglaublicher Überzeugung spielte. Nicht weniger beeindruckend Cornelia Elter, die nicht nur für die Konzeption des Abends zuständig war, sondern auch die Rollen von Gottvater (Wer behauptet, dass Gott männlich ist?), Jedermanns Mutter und des verarmten Nachbarn übernommen hatte.... (Trierischer Volksfreund) Ein beklemmendes Thema zeitlos in Szene gesetzt ...schauspielerisch hervorragend in Szene gesetzt, ein junges, leidenschaftliches Team, angeführt von Cornelia Elter, der Grande Dame des Ensembles. Sie brillierte mit ihren Verkörperungen der Hekabe, Königin von Troja ebenso wie der Lysistrate – zwei starke Frauenfiguren, die unterschiedlicher Nichtsein könnten. Und zwei Dramen, die als archetypische Theaterstücke noch immer faszinieren. Eine Inszenierung, die niemanden kalt gelassen haben dürfte. (Fränkische Landeszeitung) Antikes Schauspiel erfrischend neu Die Griechen im Doppelpack - wer da bildungsbürgerliches Gähnkrampf-Theater erwartet hatte, wurde enttäuscht. Die Doppelvorstellung der Theater-Kompagnie aus Stuttgart mit den Troerinnen und Lysistrate begeisterte vielmehr mit Wenn das Ende naht - was bleibt dann? erfrischenden Inszenierungen der beiden TheaterKompagnieStuttgart präsentiert einen antiken Schauspiele. (Allgmeine Zeitung großartigen Jedermann vor dem Fritzlarer Dom Mainz) ...und so dauert es auch einige lange Sekunden, bis das Publikum sich in der Realität wiederfindet und applaudiert. (Waldeckische Zeitung) 83 Pressestimmen TheaterKompagnieStuttgart Troerinnen Nach dem Krieg „Die Troerinnen“ im Stadttheater Herford Bewegend sensibel erzählt und dadurch besonders erschütternd, vielschichtig und stimmig inszeniert präsentierte TheaterKompagnie-Stuttgart. Theater, das vor allem durch das Vertrauen der Regie und Schauspieler auf die Kraft der Worte ihres Stückes, Verzicht auf unnötigen Aktionismus und Effekthascherei bei dennoch effektvollen lnszenierungs-Details, wie im Bühnenbau, Ton-Gestaltung und Kostüme, tief berührte: Beeindruckend gelungen. Ein TheaterErlebnis von herausragender Intensität. (Neue Westfälische) Troerinnen 84 Tragödie geht unter die Haut Die Bearbeitung von Walter Jens bot den Zuschauern einen eindrucksvollen Theaterabend, der durch eine schlüssige Inszenierung und großartige Schauspielerinnen - allen voran Cornelia Elter – imponierte. (Lindauer Zeitung) Eurpides` Troerinnen im Pfalzbau ...Die auf hundert Minuten geraffte, spannungsreich die psychologische Verfassung der Akteurinnen auslotende, beklemmende, aber auch anrührende Inszenierung beginnt in der Stille nach dem Kriegsgetümmel... eine heftig beklatschte Vorstellung. (Mannheimer Morgen) Lysistrate umgesetztes Konzept zugrunde, wobei Christian Schlösser über ein ausgezeichnetes, Strapse als Waffe oder die Macht des komödiantisch brillantes Ensemble verfügt. Beischlafboykott Diese „Lysistrate“ ist ein wirklicher Genuss. Theater Kompanie Stuttgart gastiert in der (Mindener Tagblatt) Stadthalle mit fleischlich-greller »Lysistrate« ...Der Applaus für die Theater Kompanie Stuttgart am Samstag in der Stadthalle hielt an. Aristophanes Komödie unterhielt mit Kopfnote. Großartige Darsteller um die beeindruckende Cornelia Elter (Lysistrate) zeigten junges Theater- fleischlich, lustig, lebendig, verflogen 75 Minuten am Stück. (Schwarzwälder Bote) Derb-frivole Lysistrate bietet wirklich Genuss ...Dem bunten Lustspiel liegt ein gut 85 Vom Aufblühen und Früchte Tragen Immer hin und wieder Strebt der Blütenzweig im Winde Immer auf und nieder Strebt mein Herz gleich einem Kinde zwischen hellen, dunklen Tagen, zwischen Wollen und Entsagen. Hermann Hesse Der Wind fegt durch die Gänge der Schule; laute Stimmen erproben sich; es wird geschrien, geheult, getanzt - auf der Suche nach dem Schlüssel zum authentischen Bühnenspiel und dem heilenden, magischen Moment der ästhetischen Begegnung - mit der Rolle, sich selbst, dem Gegenüber. Nicht wenige sind in diesen Gängen aufgeblüht, haben ihren eigenen Zugang zu ihrer Kreativität und Ausdruckskraft gefunden. Haben sich den Stürmen, die eine solche Ausbildung mit sich bringt, ausgesetzt und sich immer wieder der Begegnung mit sich selbst gestellt. Nicht nur Ihre Kunstfertigkeit und Ideenkraft durfte wachsen, auch ihre Persönlichkeit. alle Ausgaben ausschließlich von den Schulgebühren bestreiten, würden diese so hoch, dass nur junge Menschen, die das Glück haben in eine wirtschaftlich bevorzugte Gesellschaftsschicht hineingeboren zu werden, an der TheaterAkademie studieren können. Das ist etwas, was sich mit dem inneren Anliegen der Schule nicht verbinden lässt. Die TheaterAkademie erwirtschaftet keinen Gewinn, sie ist eine gemeinnützige Bildungseinrichtung und deshalb auf Spenden angewiesen. Die Förderer unseres Trägervereins sind die Wurzeln, die es ermöglichen, dass unser Baum Früchte tragen kann. Dies wird auch in Zukunft notwendig sein. Wollen Sie ein Teil dieses Wurzelwerks sein, damit unser Akademiebaum stark und fruchtbar bleibt? Dazu haben Sie folgende Möglichkeiten a) Werden Sie Fördermitglied in unserem gemeinnützigen Verein „Förderforum Puck e.V.“: unterstützen Sie uns mit regelmäßigen monatlichen Beträgen (ab 5,-€ / 10,-€ /15,€). So wie der Baum regelmäßig Wasser Zwischen hellen und dunklen Tagen, und Sonne braucht, so sind es diese zwischen Wollen und Entsagen spielt sich regelmäßigen Beiträge, die uns nähren und die fortschreitende Entwicklung der Schule am Leben erhalten ab. Auch wenn das Ziel oft klar vor Augen steht und die Kunst einem scheinbar Flügel b) Unterstützen Sie uns mit einer einmaligen verleiht, so bleibt am Ende des Tages doch Spende: hier und da ein unerwarteter die Frage, mit welchem Geld die Löcher im Dünger, der neue Nährstoffe bringt, so wirken Parkett geflickt werden; wer die Reparatur einmalige Spenden. Plötzlich kann etwas der Deckenlampen übernehmen kann und Neues aufblühen, lang Geplantes endlich wie eine zusätzliche Finanzierung für die verwirklicht und neue Kraft getankt werden. Miete der Räumlichkeiten aufgestellt werden könnte. c) Unterstützen Sie den Stipendienfond des Förderforum Puck e.V.: mit einer monatlichen Jede einzelne Blüte braucht einen Baum, zweckgebundenen Spende und übernehmen der sie trägt und der Baum braucht starkes damit eine Patenschaft für einen unserer Wurzelwerk das ihn ernährt. Müssten wir Studenten. 86 Was ist ein Baum ohne seine Früchte, was ohne seine Blüten? Unsere SchülerInnen sind die Früchte unserer Arbeit. Entscheiden Sie sich dazu, einen bestimmten Schüler, eine bestimmte Schülerin zu fördern, und nehmen Sie an deren Lern- und Entwicklungsprozess teil. d) Theater für mehr Integration: die TheaterAkademieStuttgart möchte jungen Flüchtlingen eine Lebensperspektive bieten, und so einen Beitrag zu der großen Herausforderung zu leisten, der sich unsere Gesellschaft gegenüber sieht. Der Gedanke dabei ist, dass die Studenten schon während, aber vor allem nach Beendigung ihres Studiums, Integrationsarbeit mit Ihren Landsleuten leisten können, da sie über den selben Erlebnishintergrund verfügen. Der Abschluss einer qualifizierten Ausbildung gibt diesen jungen Menschen eine sinnvolle Zukunftsperspektive, die über das Einzelschicksal hinaus auch größere Auswirkungen haben könnte. Darum möchten wir jährlich zwei bis vier spendenfinanzierte Ausbildungsplätze anbieten, für die wir Sie herzlich um Ihre Unterstützung bitten. 20 Jahre sind eine lange Zeit. Lang genug, so dass aus Blüten Früchte werden und diese sich wieder neu aussamen können. Die Gewissheit bleibt, dass 20 Jahre zwar eine lange Zeit sind, aber kein Grund aufzuhören. Je mehr Menschen sich an dem Gedeihen der Schule beteiligen, desto kraftvoller wird der Baumstamm und desto schöner die Krone Es gibt noch viele neue Bereiche zu erforschen. Die TheaterAkademieStuttgart hätte nicht gegründet werden können ohne die vielen kleinen und großen Sponsoren, die diese Arbeit erst ermöglichen. Ein herzliches Dankeschön an alle, die bis heute das Wurzelwerk bilden dass unsere Schule trägt. Cornelia Elter-Schlösser & Christian Schlösser TheaterAkademieStuttgart 87 88 Wir danken allen Freunden & Spendern der TheaterAkademieStuttgart für ihre Unterstützung, insbesondere: Andrea Döringer-Brugger Jaqueline Kaess Farquet Waltraud Linsenmaier Siegfried Knapp Miriam Kipp 89 90 Grußwort Am 3. Oktober 2015 feiert die TheaterAkademieStuttgart ihr 20-jähriges Bestehen. Hierzu gratuliere ich sehr herzlich und wünsche der Privatschule für Theaterberufe weiterhin viel Erfolg und eine gute Zeit. Gegründet wurde die Akademie im Jahr 1995 von Cornelia Elter-Schlösser und Christan Schlösser, die hiermit ihre Idee verwirklichten, eine professionelle Schauspielausbildung auf privatrechtlicher Grundlage in Stuttgart zu etablieren. Dieses ist ihnen auf anerkennenswerte Weise bestens gelungen. Dass neben der Schauspielausbildung auch die Fachbereiche Theater- und Sprechpädagogik eine tragende Rolle spielen ist umso bedeutender, da viele Theaterpädagogik-Projekte in Kooperation mit Stuttgarter Schulen verwirklicht werden. So wird für die Auszubildenden schon früh der Praxisbezug hergestellt und für die Absolventen erste reale Berufserfahrungen gewährleistet. Darüber hinaus wird das Prinzip, so früh wie möglich praktische Berufserfahrung zu sammeln, auch auf den Bereich Schauspiel angewandt. So erhalten die Schauspielabsolventen schon in der Ausbildung früh die Möglichkeit, sich unter realen Verhältnissen auf der Bühne zu bewähren. Viele Theaterstücke, die an der Akademie unter professionellen Bedingungen erarbeitet werden, sind Teil des Gastspielangebots, das weit über Stuttgart hinaus präsent ist. Dieses Alleinstellungsmerkmal – drei Ausbildungsgänge zu kombinieren und den Berufsanfängern eine weitreichende Berufsqualifikation zu gewährleisten – ist der Garant für den außerordentlichen Erfolg der TheaterAkademieStuttgart. Ich hoffe, dass sich der verdiente Erfolg fortsetzt und wünsche der TheaterAkademieStuttgart, allen ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, seinen Absolventen und Gründern eine gute Zukunft. Fritz Kuhn Landeshauptstadt Stuttgart Der Oberbürgermeister 1 Inhaltsverzeichnis 1 Grußworte: Oberbürgermeister Fritz Kuhn 4 20 Jahre TheaterAkademieStuttgart Cornelia & Christian Schlösser 8 Auszüge aus Dichtung und Musik Ingeborg Bachmann 9 Warum Cornelia Elter-Schlösser 9 Ein Wort Gottfried Benn 10 Interview Leila Allen 12 Interview Christoph Cordes 13 Offener Brief Hannah Heckhausen 14 Grußworte Prof.Dr.F.Müller / Tobias Ballnuss 15 Das Schicksal, die Akademie und ich Nupelda Ciftci 16 Auszug aus „Evokation Shakespeare“ Peter Brook 16 Geschichten erzählen Michael Zirpel 17 Interview Ana Norambuena 20 Einmal von Stuttgart nach Graz und zurück Marlies Besthorn 22 Interview Katrin Röhlig, Stuttgart 23 Ein Traum wird wahr Sylvie Reimer 24 Das Jahr danach Markus Michalik 28 Erinnerungen Katrin Röhlig 29 Interview David Bernecker 32 „Muss nur noch kurz die Welt retten“ Bernd Köhler 34 Interview Michèle Grandjean 36 Wissen erleben Sebastian Hübl 37 „Ich knall Euch ab!“ Christopher Wittkopp 38 Interview Marius Ionescu 40 Nicht immer „Ziemlich beste Freunde“ Paul Schlösser 42 Als ich den 1. Clown im Hamlet spielte Gerhard Polacek 46 Joachim Daniel Cornelia Elter-Schlösser 2 46 Auszüge aus „Ein Gott erscheint“ Joachim Daniel 52 Auf der Reise Wolfgang Held 54 Tragödie und Mysterium Jidu Pasqualini 56 Meinem Traum ein Stückchen näher, Nici Bunge 57 Interview Sylvia Benz 58 Auf der Suche Constanze Feulner 59 Scheitern lernen Karolina Cisek 60 Interview Tobias Wagenblaß 61 Vom Puck und anderen Lebensgeistern, Nicola Brisch 62 Auszüge aus „Hätte wir das Wort (...)“ Werner Wintersteiner 62 Kindliche Sprachentwicklung, Christina Pfeiffer 64 Über die Kunst, Kind und Kultur (...) Ingmar Volkmann 66 Wer wenn nicht Werner? Nicola Schönberger 68 Ganz Mensch Volker Schubert 72 Warum Theaterpädagogik? Deborah Meuth 73 Eine wegweisende Begegnung Annemieke Döring 74 “It ́s the final countdown” , Kerstin Zelinka 76 Auszug aus „Das Theatre Du Soleil“ Ariane Mnouchkine 76 Gedicht Josef Beuys 77 Zusammenarbeit Peter Rissmann 79 Interview Anne Katrin Lipps 80 Pressestimmen TheaterKompagnieStuttgart 86 Vom Aufblühen und Früchtetragen, Cornelia & Christian Schlösser 88 Curriculum der TheaterAkademieStuttgart 3 Liebe Freunde, Liebe Förderer, Liebe Leser, 20 Jahre TheaterAkademieStuttgart Eine lange, aufregende, inspirierende und reiche Zeit liegt hinter uns. Viele Menschen haben die Akademie entweder als Schüler oder lehrend durchlaufen. Nach 20 Jahren halten wir inne, schauen zurück und haben den Eindruck, dass dieses Jubiläum der Höhepunkt einer Entwicklung ist, die unter einem gewissen Gesichtspunkt aber auch zu einem Abschluss kommt und nun etwas Neues beginnt. Rückblickend sind wir sehr dankbar, dass es für die vielfältigen Herausforderungen, die ein solches Unternehmen wie die Gründung einer DreiSpartenausbildung mit sich bringt, so viel Unterstützung und Hilfen gab, und wir die Aufgaben dadurch auch bewältigen konnten. Entstanden ist die TheaterAkademie Stuttgart aus dem Wunsch von 12 jungen Menschen aus aller Welt, die Sprecher werden wollten, die mit der Sprache sowohl theaterpädagogisch tätig, als auch den Beruf des Schauspielers ergreifen wollten. Solch eine Schule gab es 1994 noch nicht. Fast alle waren Seminaristen des Freien Jugendseminars Stuttgart. Sie suchten eine Ausbildung, die das gleiche Anliegen hatte wie dieses berufsorientierende Studienjahr. Eine Ausbildung, die neben der fachlichen Kompetenz auch die Persönlichkeitsentwicklung fördert und einen selbstbestimmten Weg ins Leben und in die Arbeitswelt öffnet. Sie suchten eine Ausbildung, die nicht gleichschaltet, sondern das individuelle Potenzial zu heben versucht, echten Selbstwert vermittelt und menschliche Perspektiven aufzeigt. Wir entwickelten also ein Curriculum, das in diesem Sinne arbeiten sollte, auch wenn es realistisch betrachtet völlig unsinnig war eine neue Ausbildung 4 beginnen zu wollen, da doch gerade ein „Schulsterben“ begonnen hatte (alleine in Stuttgart schlossen innerhalb von drei Jahren vier private Ausbildungsinstitute). Unsere Idee, Kunst und Pädagogik innerhalb einer Ausbildung verbinden zu wollen, schien aber Menschen zu begeistern und wir erfuhren von verschiedensten Seiten Zuspruch. Also suchten wir zunächst Sponsoren, hörten aber immer wieder die gleiche Antwort: eine wunderbare Idee, aber wer sitzt finanziell mit im Boot? Nach vielen vergeblichen Anläufen war die Leiterin einer heilpädagogischen Einrichtung überzeugt und gab die erste größere Spende, und siehe da, jetzt kamen weitere hinzu und plötzlich - mussten wir beginnen. Aber wo? Es boten sich die Räume der Novalisbühne im Stuttgarter Osten an, denn diese, mit der dazugehörigen Schauspielschule, schloss gerade ihre Tore. Uns schwebte eine Kombination aus Theaterschule und Gastronomie vor (im Keller gibt es auch heute noch wunderbare Gewölbe, die eine fantastische Location hätte werden können). Als wir allerdings den Preis für die Räume erfuhren waren wir ernüchtert - die Jahresmiete betrug das Doppelte des von uns für die gesamte zukünftige Schule kalkulierten Haushaltes. Wir suchten also nochmals nach Unterstützung und fanden Sie durch die Vermittlung von Herrn Harms, der damals das Theaterressort der Stuttgarter Nachrichten leitete: Er stellte den Kontakt her zu Dr. Volker Lubinski, den Berater des damaligen Oberbürgermeisters Dr. Schuster. Der zeigte sich interessiert und brachte in kürzester Zeit eine Runde von sieben Menschen zusammen, die für eine eventuelle Nutzung in Frage kamen - unter Ihnen Irene Lung, die für die Neue Arbeit Räume suchte. Sie war von unserer Idee begeistert, hatte durch ihren Arbeitgeber auch die Mittel, und legte den Grundstein zum dem, was heute das Kulturwerk Naost ist, mit dem uns noch heute eine freundschaftliche Zusammenarbeit verbindet. So konnten wir für einige Jahre die Räume der ehemaligen gik am häufigsten gewählt wurde. Dass die Schule in möglichst vielen Bereichen fachpraktisch ausgerichtet sein sollte stand nie in Frage. Angeregt durch den Erfolg von zwei Schauspielprojekten des Gründerkurses, eine Bearbeitung des Märchens „Das kalte Herz“ nach Wilhelm Hauff (Vorstellungen im Forumtheater Stuttgart), und „Ein Sommernachtstraum“ von William Shakespeare (Vorstellungen im Kulturwerk Naost) gründeten wir 1998 die TheaterKompagnieStuttgart mit der Idee, Dozenten und Schauspielschüler in einer gemeinsamen Produktion von einander lernen zu lassen - eben Pu©K, Pädagogik und Kunst. Heute gastiert das Ensemble im gesamten deutschsprachigen Raum als „TheaterKompagnieStuttgart“ an Stadttheatern und trägt durch ihre Einnahmen dazu bei, den Haushalt der Ausbildung zu konsolidieren und das strukturelle Defizit der TheaterAkademie zu mindern. Einige Jahre später, und um viele Erfahrung reicher, wurde deutlich, dass wir unseren Namen nicht halten konnten: PU©K, das klang nach Kindertheater, nicht aber nach einer vierjährigen Schauspiel - Sprechen/Sprechpädagogik - ernsthaften Ausbildung. Und so war es der Theaterpädagogik. Name „Puckis“, den Außenstehende für unNovalisbühne als Untermieter des Kulturwerks nutzen. Doch die Schule blieb in Bewegung, auch räumlich, denn die Schule zog mehrere Male auf dem Kübler-Areal um und hat sich immer mehr erweitert. Inhaltlich hat es mit einem Allroundstudium Sprechen/ Sprechpädagogik/ Schauspiel begonnen. Erklärtes Ziel war (und ist) es, Pädagogik und Kunst in ihrer Wechselwirkung zu studieren: Kunst soll von der Pädagogik lernen und Pädagogik von der Kunst. Darum stand eben am Anfang Pu©K (Pädagogik und Kunst) Stuttgarter Schule für Sprache und Drama. Doch bald schon stellte sich heraus, dass die Schüler sehr unterschiedliche Bedürfnisse und Ziele hatten. Damals war die Theaterpädagogik weitgehend unbekannt und gerade erst „entdeckt“ worden. Auch wir stellten fest, dass ein Student, der Schauspiel studiert, ganz anderes Material benötigt als jemand, der mit Theater und Sprache pädagogisch tätig werden will. Wir trennten darum also den einen Ausbildungsgang in die drei Ausbildungsgänge/Fachbereiche: Da sich die Theaterpädagogik noch in den Kinderschuhen befand, war das Studium an der „ Pu©K“ eine der ersten grundständigen Ausbildungen bundesweit. Nun konnten sich jedoch viele unserer Schüler nicht recht entscheiden und waren an mehreren Studiengängen interessiert. Zugleich wurde uns aus der Wahrnehmung des Arbeitsmarktes klar, dass sich die Chancen unserer Absolventen als Berufseinsteiger mit einer „Doppelqualifikation“ erheblich verbessern würden, was sich in den Folgejahren bewahrheitet hat. So entwickelten wir das „Doppelstudium“, in dem durch ein zusätzliches fünftes Ausbildungsjahr der Abschluss in zwei Fachbereichen möglich wurde (einige wenige Schüler hatten und haben einen besonders langen Atem und studier(t)en alle drei Ausbildungsgänge). Diese Studienmöglichkeit war bis vor einem Jahr weltweit einmalig, wobei die Kombination Schauspiel/ Theaterpädago- 5 sere Studenten kreiert hatten und der uns endgültig davon überzeugte, die Namensgebung zu überdenken und zu unserem heutigen Namen führte: TheaterAkademieStuttgart. Dieser Vorgehensweise sind wir treu geblieben und nie wurden Inhalte und Strukturen dieser Schule auf dem Reisbrett geplant, sondern immer aus der Wahrnehmung unserer Studenten und der Zeitfragen die jeweils notwendigen Neuerungen gesucht. Vieles hat sich seit der Gründung 1995 verändert: die BaföG-Berechtigung für die Studenten, die staatliche Anerkennung der Abschlüsse aller drei Ausbildungsgänge und die Erweiterung des Curriculums durch die Hinzunahme neuer Fächer oder ganzer Fachbereiche. Für die Sprachgestaltung haben wir eine Differenzierung des Ausbildungsganges nach pädagogischen und künstlerischen Arbeitsschwerpunkten, entwickelt. In der Sprechpädagogik soll besonders auf die Sprachförderung im Vorschulalter vorbereitet werden. Im gleichen Sinne haben wir den künstlerischen Teil im Sprachstudium konkretisiert. Zur Abschlussprüfung gehört nun eine „Sprachperformance“. Aufgabe ist es Dichtung mit Hilfe von Tanz und Musik oder szenischen Mitteln in den Kontext eines freigewählten Themas zu stellen. Die Stundenpläne wurden weitgehend individualisiert und wir haben im Schauspielzweig begonnen eine Filmklasse aufzubauen. Weitere Änderungen betreffen unsere Zusammenarbeit mit verwandten Institutionen. Die Akademie wurde als Vollmitglied in den BuT (Bundesverband Theaterpädagogik) und in den VDPS (Verband deutschsprachiger privater Schauspielschulen) aufgenommen, es gibt eine Zusammenarbeit mit der Inthega (Interessenverband deutschsprachiger Theater), oder die regelmäßige und vertrauensvolle Zusammenarbeit mit der ZAV Künstlervermittlung Stuttgart. Waren Schüler und Dozenten zu Beginn der Arbeit eine große Familie, musste das 6 enge persönliche Verhältnis zurücktreten, je mehr die Schule wuchs. Trotzdem bleibt es unser Anliegen eine Ausbildung anzubieten, die auf die individuellen Bedürfnisse und Möglichkeiten eines jeden unserer Studenten eingeht, und die persönliche Nähe und Verbundenheit als Grundlage gegenseitigen Vertrauens im Unterricht zulässt. Und der Blick in die Zukunft? Die Akademie wird sich, wie sie es seit 20 Jahren tut, weiterhin verändern und neue Wege suchen. Der Generationenwechsel hat schon begonnen. Unsere langjährigen verdienten Mitarbeiter Bernd Köhler (Theaterpädagogik) und Prof. Dr. Felix Müller (Schauspiel) sind im Ruhestand, und in wenigen Jahren wird es auch für uns beide Zeit, den Platz an jüngere Kräfte zu übergeben. Daher haben auch wir einen Wunsch für „unsere“ TheaterAkademie und die Menschen, die mit ihr verbunden sind: In guten Zeiten die Freiräume für die Weiterentwicklung der Lehr- und Forschungsinhalte zu nutzen, immer weiter zu suchen, selbstkritisch und nie zufrieden mit dem Erreichten zu sein. Und in schlechten Zeiten? - auf die Zähne zu beißen, sich von Widerständen nicht beirren zu lassen und - dasselbe tun, wie in den guten Zeiten... „Nimm Deine Maske ab“ war das Motto, das wir vor 20 Jahren dieser Schule auf den Weg gegeben haben. Es ist nach wie vor unser Leitstern. Denn etwas bewirken kann man dann, wenn man bei sich selbst angekommen ist. Wenn man authentisch ist. Cornelia Elter-Schlösser, Christian Schlösser Gründung und Leitung der TheaterAkademieStuttgart und der TheaterKompagnieStuttgart 7 Es gibt ein Wort von Hölderlin, das heißt, dass der Geist sich nur rhythmisch ausdrücken könne. Musik und Dichtung haben nämlich eine Gangart des Geistes. Sie haben Rhythmus, in dem ersten gestaltgebenden Sinn. Darum vermögen sie einander zu erkennen... Wie ein Stigma haftet darum Musik den Dichtungen, zu denen sie Liebe hat an, denen von brecht, Garcia Lorca,...Trakl...und den älteren von Baudelaire, Whitmann und Hölderlin...Denn wie die neuen Wahrheiten können die alten von der Musik geweckt, bestätigt und nach vorn gerissen werden; und jede Sprache, die diese Wahrheiten ausspricht-die deutsche, die italienische, die französische, jede!- , kann durch Musik ihrer Teilhabe an einer universalen Sprache wieder versichert werden... Es ist Zeit wieder ein Einsehen zu haben mit der Stimme des Menschen, dieser Stimme eines gefesselten Geschöpfs, das nicht ganz zu sagen fähig ist, was es leidet, nicht ganz zu singen, was es an Höhen und Tiefen auszumessen gibt. Da ist nur dieses Organ ohne letzte Präzision, ohne letzte Vertrauenswürdigkeit, mit seinem kleinen Volumen, der Schwelle oben und unten – weit entfernt davon, ein Gerät zu sein, ein sicheres Instrument, ein gelungener Apparat. Aber etwas Unbenommenes von Jugend ist darin oder die Scheuer des Alters, Wärme und Kälte, Süße und Härte, jeder Vorzug des Lebendigen... Es ist Zeit dieser Stimme wieder Achtung zu erweisen, ihr unsere Worte, unsere Töne zu übertragen... Auf diesem dunklen Stern, den wir bewohnen, am Verstummen, im Zurückweichen von zunehmendem Wahnsinn, beim Räumen von Herzländern, vor dem Abgang aus Gedanken und beim Verabschieden so vieler Gefühle, wem würde da- wenn sie einmal erklingt, wenn sie für ihn erklingt! – nicht plötzlich inne, was das ist: Eine menschliche Stimme. Ingeborg Bachmann aus Frankfurter Vorlesungen –„Musik und Dichtung“ 8 Warum „Warum noch eine private Ausbildung eröffnen und dafür so viele Risiken eingehen?“ Das haben wir uns gefragt, als 9 Studenten des Freien Jugendseminars uns baten, doch eine Schule für Sprache und Schauspiel zu gründen.- Die Antwort ist: Weil uns die Ausbildung von Stimme und Sprache legen wollten: Sprache in Ihrer Vielschichtigkeit, Sprache auch in Ihrer Verbindung zur Musik. Denn Sprache ist viel mehr als wir im alltäglich Umgang von ihr wahrnehmen und benutzen, sie geht weit über den bloßen Begriff hinaus. Sprache hat Rhythmus, und die menschliche Stimme hat Klang. Ich beginne meine erste Stunde Sprachunterricht immer mit einer Frage: „Kennt Ihr das? Ich möchte einem anderen Menschen etwas mitteilen, das Bedeutung für mich hat. Ich weiß genau wie ich es sagen möchte, ich höre den Klang in mir, ich höre die Worte in mir, ich höre das Gefühl, das sich mit dieser Aussage in mir verbindet. Ich spreche es aus. Und was passiert? – Es klingt fremd, es trennt sich auf eine kalte Weise von meinem Inneren, ich erkenne es selbst nicht mehr wieder: was ich innen gehört habe, ist verschwunden. Der Zuhörer versteht mich nicht, bekommt nur den äußeren Begriff vermittelt, ja manchmal noch schlimmer: Er versteht mich falsch und Missverständnisse entstehen. Ich habe noch keinen der vielen SchülerInnen, die ich unterrichtet habe erlebt, der diese Erfahrung nicht kennt. Es ist aber ein tiefes Bedürfnis aller Menschen, sich über die begriffliche Ebene hinaus mitzuteilen. Daran arbeiten wir in den ersten Jahren unserer Ausbildung. Die Ausbildung zum Sprecher bedeutet für uns: die Stimme an den Körper anbinden, Blockaden, die nicht nur im Körper sichtbar, sondern auch in der Stimme hörbar werden, aufzulösen, das eigene Zentrum kennenlernen. Hören zu lernen. ...und darum haben wir diese Schule gegründet, weil die Welt immer sprachloser und dadurch gefühlskälter und ärmer wird. Wir wollten einen Beitrag leisten, dieser Entwicklung etwas entgegenzusetzen. Cornelia Elter-Schlösser Ein Wort Ein Wort, ein Satz -: aus Chiffren steigen erkanntes Leben, jäher Sinn, die Sonne steht, die Sphären schweigen, und alles ballt sich zu ihm hin. Ein Wort - ein Glanz, ein Flug, ein Feuer, ein Flammenwurf, ein Sternenstrich und wieder Dunkel, ungeheuer, im leeren Raum um Welt und Ich. Gottfried Benn 9 Interview / Leila Allen, San Francisco Warum bist Du an die Schule gekommen? Schon als Kleinkind habe ich die Schauspielerei geliebt. Ich wollte gerne an der Universität studieren, jedoch nach einem Semester war mir klar, dass die Art der Kunst und der Umgang der Menschen miteinander, mir nicht gefielen. Dann habe ich Sprachgestaltung im Jugendseminar mit Cornelia ElterSchlösser und Arno Schostock begonnen. In diesem Jahr hatten Cornelia und Christian sich entschlossen die Akademie zu gründen. Ihre Art von Theater und Sprachgestaltung hat mich sehr interessiert und motiviert dort zu bleiben. Was ist/war Dein Lieblingsfach? Eigentlich hatte ich zwei: Sprachgestaltung bei Cornelia und Dramaturgie. Im Sprachunterricht habe ich nicht nur Atmen, Silbenschritte und Bewegung gelernt, sondern ich habe von Cornelia das Sehen und das Hören neu erlernt. Diese erlernte Fähigkeit, einen Menschen wirklich zu sehen und seine Stimme wirklich zu hören, nutze ich heute in meiner täglichen Arbeit. Ich durfte Dramaturgie zweimal bei Cornelia und bei Christian erleben. Beide Stücke waren von Shakespeare. Sie haben monatelang ein Stück ganz genau erforscht. Als es uns dann vorgestellt wurde, war es, wie ein magisches Geschenk auszupacken. Sie haben Themen und Verbindungen entdeckt und die Charaktere tief verstanden. Was war Dein persönliches Highlight an der TheaterAkademie? Im 4.Jahr habe ich an einer Inszenierung über die Apokalypse teilgenommen. 10 Wir haben Sprechchöre mit Musik, Einzelsprechern und Szenen miteinander kombiniert. Was machst Du heute? Seit meinem Abschluss arbeite ich als Dramalehrerin und Consultant an Waldorfschulen, hauptsächlich in Kalifornien, USA. 1999-2010 habe ich vorwiegend mit Oberstufenschülern Klassenspiele inszeniert. 2001/2002 habe ich eine Fortbildung in Therapeutischer Sprachgestaltung auf anthroposophischer Grundlage bei Dietrich von Bonin besucht. Zeitweise hatte ich eine eigene Praxis für Kinder und Erwachsene. Ich bin Mutter von zwei Kindern und arbeite an der Waldorfschule in Santa Rosa, USA. Meine Arbeit umfasst unter anderem Sprachtherapie mit Kindern und Lehrer bei Sprach- und Klassenspielen zu unterstützen, Einzelarbeit mit Lehrern im Bereich Stimme und Gedicht, sowie in der Oberstufe Improvisation zu unterrichten. Gründungskurs: Das Kalte Herz von Wilhelm Hauff 11 Interview / Christoph Cordes L`Aubier, Schweiz Was assoziierst Du mit der TheaterAkademie? Worin hast Du letztendlich deinen Abschluss gemacht? Vier reiche, lebendige Jahre meines Lebens, in denen sich viel geändert, vertieft hat, ich vieles Wichtiges für mein Leben und das was ich heute mache gelernt habe, in denen ich wichtige Menschen kennengelernt habe. Sprachgestaltung Warum bist Du an diese Schule gekommen? Ich wollte Sprachgestaltung studieren und der existenzielle Ansatz, der mir entgegenkam hat mir sehr gefallen. Wann hast Du Deinen Abschluss gemacht? Was machst Du heute? Ich leite zusammen mit Michèle ein Hotel und Restaurant in der französischen Schweiz, die Teil eines größeren kulturellen Impulses sind. Hin und wieder inszenieren wir Zeremonien. Was waren Deine lustigsten Momente an der Akademie? Lustig? Es war intensiv, reich, Arbeit. Witzige Momente gab es auch, sie sind aber nicht das, was bleibt. Vielleicht die Abende in der WG 2000 Was ist/ war Dein Lieblingsfach? Sprachgestaltung. Ich wollte es studieren, ich liebte und liebe Gedichte, die Sprache(n), ihre Laute, was sich in ihnen ausdrückt, den Sinn verstärkend und über ihn hinausgehend oder ihm scheinbar entgegenlaufend! Was war Dein persönliches Highlight an der TheaterAkademie? Die Hamletinszenierung und die Arbeit an der Rolle des Horatio. Theater in diesem Fall aber eher „malgré moi“! Ich habe Michèle (la femme de ma vie), kennengelernt! 12 Wie hat die TheaterAkademie Euch auf den Arbeitsmarkt vorbereitet? Ich bin in einem Bereich tätig der direkt nur sehr wenig mit Sprache und Theater zu tun hat, aber die Werkzeuge der Sprache, das Arbeiten mit Menschen, mit Gruppen von Menschen ist auch in unserem Beruf sehr wichtig. Hier habe ich viel an der Pu©k, wie die TheaterAkademie damals noch hieß, gelernt und bin dankbar dafür. vermittelt, wie ich die verschiedenen Laute in ihrer Qualität, ihrer Konsistenz und ihrer Bewegung erleben kann. In der Ausbildung bei Euch entdeckte ich Sprache als sinnlich und bewegt, räumlich, plastisch: ich kann mich in ein M hineinschmiegen, ein L wie Honig schlecken, tausend mal P wie Luftbläschen zerplatzen lassen. Herrlich! Mit diesem „Verständnis“ von Sprache kann ich als Lehrende oft eine Freude am Sprechen anzetteln, die weit über ein phonetisch funktionales Üben hinausgeht. Das ist auch besonders für Menschen wertvoll, die gerade deutsch lernen. Sie sagen dann manchmal „das schmeckt lecker“ oder „ich Wien, der 09.09.2015 fange an die Sprache zu lieben“. Im gleichen Sinne ist es eine wirksame Arbeit, mit einer Liebe Cornelia, lieber Christian Führungsperson zu üben, wie sie mit einem Ziemlich genau sieben Jahre sind vergangen, T wirklich trifft. Es passiert Entwicklung durch seit ich bei Euch die Ausbildung mit dem sinnliche und ganzkörperliche Erfahrungen. großen Sprachabschluss beendet habe. Das habt ihr mir quasi „eingepflanzt“! Dafür möchte ich Euch an dieser Stelle DANKE Die Arbeit an Stimme und Sprache ist für sagen! mich inzwischen ein Schwerpunkt geworden. Hier in Wien unterrichte ich an zwei Immer mal wieder arbeite ich mit Schülern Schauspielschulen. An einer davon werden an dem Gedicht „der Knabe“ von Rilke. Es vor allem Studenten mit sogenanntem erfasst für mich, was Sprechen braucht: Migrationshintergrund ausgebildet, viele die Aufrichtung des Körpers, ein Ziel vor von ihnen mit Fluchtgeschichte. Zudem Augen und gleichzeitiges Bewusstsein/ unterrichte ich in einer Sprecherausbildung in Vertrauen im hinteren Raum, Spannung Wien, in einer Erzählerausbildung in Istanbul und gleichzeitige Flexibilität, Wachheit und gebe Stimm- und Sprechtrainings für und Ruhe. Der kleine Text ist für mich ein Laien aus verschiedenen Berufsgruppen. Beispiel, wie mit künstlerischen Mitteln Natürlich ist meine eigene Forschung in persönliche Entwicklung passieren kann. diesem Bereich weitergegangen (schließlich Diese Verbindung von Kunst und Entwicklung habe ich ja auch an der TheaterAkademie so haltet Ihr mit der TheaterAkademie hoch. manchen Lehrer genervt, weil ich‘s immer Das ist großartig! Ich wünsche Euch von ganz genau wissen wollte. Ich habe eine Herzen, dass Ihr das weiterhin tun könnt und Ausbildung zur Erzählerin an der UdK Berlin alle Herausforderung dieser wahnsinnigen gemacht und mich besonders in der Linklater Zeit meistert. Methode vertieft, die an „der Befreiung der natürlichen Stimme“ arbeitet. Methoden von Mit lieben Grüßen aus Wien Juri Vasiliev oder Roy Hardt sind mir begegnet. Ich finde, das sind alles ganz wunderbare Hannah Ergänzungen zur Sprachgestaltung. Hannah Heckhausen, Aber es gibt Eines, was ich ganz besonders von Euch gelernt habe: Das ist ein Erleben der Laute selbst. Ihr habt mir einmalig Sprecherin, Theater-und Sprechpädagogin, Wien Ehemalige der TheaterAkademie Stuttgart 13 Grußworte Als langjähriger Vorsitzender der ständigen Konferenz Schauspielschulen (SKS) kannte und teilte ich das kritische Verhältnis, das Vertreter der staatlichen Schulen gegenüber den Privatschulen einnehmen. Seit meiner Mitwirkung an der TheaterAkademieStuttgart ist der Blickwinkel differenzierter. lerischen Beruf verlassen die Absolventen die TheaterAkademieStuttgart mit großem menschlichen Gewinn. Ich wünsche noch viele Jahre im Sinne des bisherigen Wirkens. Das Ziel der Ausbildung ist auch hier, technisches Grundkönnen verfügbar zu machen und schauspielerische Ausdruckmöglichkeiten zu optimieren, daneben und vor allem aber auch die selbständige künstlerische Persönlichkeit zu entwickeln. So gesehen ist die Ausbildung zugleich eine menschenbildnerische. Ich konnte meine eigene Auffas- Prof. Dr. Felix Müller sung von Ausbildung hier gut weiter verfol- Ehemaliger Leiter der Schauspielschule in der Staatlichen Hochschule für Musik und Darstellende gen. Neben der Vorbereitung für einen künst- Seit 2007 haben Studierende der Theaterpädagogik von der Theater Akademie Stuttgart die alle zwei Jahre stattfindenen Schultheatertage am LTT unterstützt. Fünf mal haben sich angehende Theaterpädagogen auf den Weg nach Tübingen gemacht, um dort mit Kindern und Jugendlichen in der theaterpädagogischen Praxis Erfahrungen zu sammeln. Sie leiteten Workshops, sahen viele Schultheateraufführungen, führten mit den SchülerInnen Nachgespräche und standen ihnen fünf Tage lang mit Rat und Tat als Mentoren zur Seite. In all den Jahren habe ich die Studierenden der Stuttgarter Akademie sehr zu schätzen gelernt. Ihr fachliches Können und Wissen, ihre große Lernbereitschaft und Kritikfähigkeit, ihre Begeisterungsfähigkeit und ihre Offenheit ziehen sich wie ein roter Faden durch die Zusammenarbeit und scheinen von Jahrgang zu Jahrgang weitergereicht zu werden. Dank des Einsatzes und der 14 Kunst Stuttgart und langjähriger Dozent für Schauspiel an der TheaterAkademieStuttgart Rückmeldungen der Studierenden hat sich die Konzeption der Schultheatertage am LTT kontinuierlich verändert und verbessert. Das macht Lust auf die nächsten Male! Herzlichen Glückwunsch zum Jubiläum! Tobias Ballnus Theaterpädagoge (BUT) und Mitglied der künstlerischen Leitung des Jungen LTT, Tübingen Das Schicksal, die Akademie und ich Seit meiner BOGY-Zeit im Gymnasium recherchierte ich nach Universitäten, Akademien und Ausbildungsstätten, an denen man Schauspiel lernen konnte. Daraufhin hospitierte und informierte ich mich gezielt. Unsere schöne TheaterAkademieStuttgart hatte ich bis dato noch nicht entdeckt. Eines Tages befand sich eine Mail in meinem Postfach. Eine gewisse Theaterakademie – sogar in Stuttgart. Mein erster Gedanke war: „Wie cool! Vielleicht ist das ja die Akademie, die zu mir passt!“ und mein nächster Gedanke war: „Huch, wie haben sie meine E-MailAdresse erhalten?“. Ich wurde neugierig. Nach dem Besuch auf der Homepage, bei der ich die Sprüche und die Philosophie sehr ansprechend fand, wollte ich unbedingt zu einem der Infoworkshops! Um 10 Uhr durfte ich mit Sportkleidung im Gepäck erscheinen. Die anderen Teilnehmer und ich machten uns miteinander vertraut. Ich empfand sie alle sehr sympathisch und offen. Eine der Teilnehmerinnen darf ich jetzt zu einer meiner besten Freundinnen zählen - Sylvie. Wir bekamen Schauspielunterricht bei Frank Deesz und lernten dort den Dreischritt. „sehen, bewerten, handeln“ anhand der „Fliege“. Im Fechtunterricht wurden wir durch motivierende Art zu persönlich sportlichen Höchstleistungen gebracht. Ein Mittagessen folgte, bei dem wir mit aktuellen Studenten der Akademie reden konnten. Sie waren alle sehr nett und erzählten uns einiges über ihre Studienzeit hier. Danach durften wir bei Vladimir Khingansky tanzen. Die letzte Unterrichtseinheit war Sprachunterricht bei Herrn Schlösser mit einem anschließenden Gespräch über die Akademie und ihre Ausbildungsgänge. Die verschiedenen Unterrichtsfächer, die ich an diesem Tag besuchen durfte, hatten mich schon vom Hocker gehauen! Die Disziplin, die die Dozenten von uns forderten, gefiel mir und der damit kombinierte Spaß an der Sache entsprach meiner Auffassung einer guten Bildungsstätte. Die Vorstellung davon, all diese Fächer jeden Tag zu haben, machte mich glücklich, denn es war, als ob ich jeden Tag meinen Hobbys nachgehen könnte. In dem erwähnten Gespräch mit Herrn Schlösser erfuhr ich dann von dem Beruf eines Theaterpädagogen. Die perfekte Kombination aus Theaterschaffenden und Lehrenden, meiner Meinung nach. Ich hatte früher mit dem Gedanken gespielt, auf Lehramt zu studieren, da ich es liebe, mit Kindern zu arbeiten und mein Wissen an andere weiterzugeben. Als Theaterpädagogin wäre mir somit möglich, künstlerisch wie auch pädagogisch zu arbeiten. Das Angebot der TheaterAkademieStuttgart, zwei bis drei Ausbildungsgänge parallel zu machen, war dann das letzte Argument um mich voll und ganz zu überzeugen. Denn so ein Angebot hatte keine andere Ausbildungsstätte. Als ich nach Hause kam, spürte ich schon den Muskelkater und meine Erschöpfung von all den neuen Eindrücken des Tages, aber vor allem auch meine überquellende Vorfreude und mein Enthusiasmus an diese Akademie zu gehen; und nur an diese. Vielen Dank dafür! Und ein großes Danke auch an das Schicksal, dass wie von Zauberhand meine E-MailAdresse an die Theater Akademie Stuttgart gelang. Nupelda Ciftci 4.Ausbildungsjahr Doppelstudium Schauspiel und Theaterpädagogik 15 Zum Leitbild der TheaterAkademieStuttgart Wörter nehmen durch die Tatsache, dass sie nicht nur „Begriffe“ sind, Dimensionen an, die das Gewöhnliche überschreiten. Auch wenn ein Begriff beim Sprechen notwendig ist, ist er doch nur ein lächerlich kleiner Teil des erstaunlichen Ganzen, welches die Sprache bietet . Der Begriff ist jenes kleine, schwächliche Kriterium, vor dem die gesamte westliche Zivilisation seit vielen Jahrhunderten sich so übertrieben tief verneigt. Es gibt den Begriff; doch jenseits des Begriffs gibt es den ‘Begriff, der durch das Bild lebendig wird‘; und jenseits des Begriffs und des Bildes ist die Musik, und die Wortmusik ist der Ausdruck dessen, was durch die begriffliche Sprache nicht erfasst werden kann. Menschliche Erfahrung, die sich nicht durch Begriffe ausdrücken lässt, wird durch die Musik ausgedrückt. Daraus entsteht Poesie, denn in der Poesie finden wir eine unendlich fein abgestimmte Beziehung zwischen Rhythmus, Ton, Schwingung und Energie, die jedem gesprochenen Wort Begrifflichkeit und Bildlich- keit verleiht und gleichzeitig eine machtvolle dritte Dimension, die vom Klang herrührt, von der Wortmusik. Dennoch, wie gefährlich ist es, das Wort „Musik“ auch nur zu erwähnen! Dies kann zu schrecklichen Missverständnissen führen. Ein Schauspieler denkt: „Ah! Ich habe eine musikalische Stimme, also kann ich auch musikalisch sprechen.“ Lassen sie uns ganz klar sehen. Wortmusik im poetischen Sinne ist äußerst subtil; der Wortrhythmus ist äußerst subtil; leider wurde in den Schauspielschulen überall auf der Welt dieses komplexe Phänomen auf eine Handvoll Regeln reduziert. Wenn ein Schauspieler lernt, dass Shakespeare in Pentametern schrieb und dass ein Pentameter einen bestimmten Takt hat, wird er versuchen, dies in seinem Sprechen umzusetzen, und wir erleben eine trockene, leere Musik, die mit der lebendigen Musik der Wörter nichts zu tun hat. Peter Brook Auszug aus „Evokation Shakespeare Geschichten erzählen Die Verbale Sprache ist eine bedeutende Das möchte ich vertiefen. Sache, die uns vom Tier unterscheidet. Wo wären wir heute, ohne die Kunst sprechen Michael Zirpel zu können? Die Menschen haben sich 4.Ausbildungsjahr Doppelstudium Sprechen/ schon immer gerne Geschichten erzählt Theaterpädagogik und versucht jedes Mal den Anderen zu übertrumpfen. Die Geschichtenerzähler waren in dieser Kunst so geübt, dass sie das Publikum gefesselt haben, allein mit Worten. Und auch heute noch bleiben einige in der Stadt stehen, wenn sie einen Redner hören, der diese Kunst beherrscht, wenn auch nur kurz. Besonders Kinder sind für diese Kunst sehr empfänglich. So kann ich meinerseits berichten, wie ich von der Geschichte des Öfteren geträumt habe, die meine Mutter mir erzählte. Dies möchte ich weiter tragen, vor allem, weil man mir mehrmals gesagt hat, dass ich eine schöne Erzählstimme habe. 16 Interview / Ana Norambuena, Stuttgart Was assoziierst Du mit der TheaterAkademie? Was waren Deine lustigsten Momente an der Akademie? Herausforderung! In jedem Bereich, in jedem Moment, das ganze Jahr lang. Auf jeden Fall die Proben in Weißenseifen. Warum bist Du an diese Schule gekommen? Bauchgefühl und um die Pionierzeit mitzugestalten. Es war eine außergewöhnlich intensive Zeit in meinem Leben. Wann hast Du Deinen Abschluss gemacht? Uuups... schon vergessen, war der erste Abschluss in der Schule Was ist/ war Dein Lieblingsfach? Rollenstudium. Weil ich in diesem Fach die Möglichkeit hatte tief in meine Arbeit einzutauchen und konnte verschiedene Wege ausprobieren. Wie hat die TheaterAkademie Euch auf den Arbeitsmarkt vorbereitet? Da ich im Gründungsjahr war und keinerlei Spuren von anderen Studentengenerationen gab, hatten wir so gut wie keine Vorbereitung für den Arbeitsmarkt. Es war ein Sprung ins kalte Wasser, über Vorsprechen, Bewerbungen & Co. Mein Motto war „learning by doing“. Und es hat sich gelohnt, ich habe 10 Jahren als Schauspielerin im Theater gearbeitet. Bei den Vorsprechen kam häufig die Rückmeldung, wie gut meine Stimme ausgebildet war, und das bekamen auch andere Mitstudenten gesagt. Was war Dein persönliches Highlight an der TheaterAkademie? Ich habe dort meinen Ehemann kennengelernt Worin hast Du letztendlich Deinen Abschluss gemacht? Ich wollte alle absolvieren. Letztendlich habe ich Sprache und Schauspiel gemacht. Was machst Du heute? Psychotherapie und psychologische Beratung. 17 16 18 19 Einmal von Stuttgart nach Graz und zurück - wie ich an die TheaterAkademieStuttgart kam Ich war ein eher trauriges Kind und nicht besonders gut in der Schule, sie machte mir so überhaupt gar keinen Spaß, und die Stadt, in der ich wohnte, fand ich hässlich, grau und langweilig. Doch eines Tages kam etwas in mein Leben, das Farbe in die graue Welt brachte. Es war die 7. Klasse des Gymnasiums, die ich damals besuchte. Wir spielten ein Märchen von den Gebrüdern Grimm. Und hier passierte es: ich stand auf dieser Bühne, hatte die Scheinwerfer im Gesicht und fühlte, dass ich genau hier hingehörte. Da gab es keine Selbstzweifel. Da gab es die Scheinwerfer, das Publikum und mich, die ich selbst sein konnte, ohne ich selbst zu sein. Im selben Jahr bestand ich mein Abitur und war jetzt offiziell bereit für die große weite Welt. Leider nur offiziell. Was wollte ich werden? Nun, eigentlich war das keine Frage. Ich wollte auf jeden Fall Schauspielerin werden. Ein Leben ohne die Bühne? Das konnte ich mir gar nicht mehr vorstellen. Doch an Schauspielschulen gehen, um dort vorzusprechen? Mich ganz alleine vor eine Kommission stellen und spielen? Alleine bei dem Gedanken fühlte ich mich irgendwie nackt und bekam Angst. Ich begann an der Universität Hohenheim zu studieren. Nach 2 Semestern musste ich mir jedoch eingestehen, dass ich alles andere als glücklich war mit meiner Studienwahl und ließ mich prompt exmatrikulieren. Angst hatte ich immer noch und zwar nicht gerade wenig. Doch erst jetzt begriff ich, dass Mut nicht bedeutet keine Angst zu haben, sondern diese zu überwinden. Wenn dann, richtig, dachte ich mir und bewarb mich an der „Ernst Busch“ in Berlin - reiste nach Berlin, später an die Falkenberg, die Everding nach München, dann an die Folkwang in Essen, danach Hannover, Hamburg, Leipzig, Ludwigsburg, Zinnowitz, Linz, Graz. Ein Jahr lang tourte ich durch Deutschland und Österreich und lernte viel über mich selbst, lernte an mich zu glauben und auch dann 20 wieder aufzustehen, wenn die Landung wirklich wehgetan hatte. Nach einem Jahr hatte ich dennoch genug und wollte endlich meinen Traumberuf erlernen. Ich war so oft nicht genommen - oder nur knapp nicht genommen worden - und war es satt 7 Stunden Zug zu fahren, nur um 2 Monologe vorzusprechen, bei denen man mir eh kaum zuhörte, weil nach den 20 Monologen vor mir irgendwann einmal die Aufmerksamkeit flöten gegangen war. Doch was nun? Ich überlegte hin und her. Auf meinem ersten Statistendreh in der Stadtbibliothek Stuttgart begegnete mir die vermeintliche Lösung in Gestalt einer blonden zierlichen Schauspielschülerin. Sabina erzählte mir von der privaten Schauspielakademie, die sie derzeitig besuchte. Sie könne sie mir nur sehr empfehlen, sagte sie und klang dabei sehr ehrlich. Ich begann zu überlegen. Eine Privatschule würde ich mir wohl kaum leisten können. Doch ein Mal hingehen und vorsprechen konnte wohl nicht schaden. Immerhin war es ja auch eine Erfahrung. Also bewarb ich mich und bekam kurze Zeit später einen Termin zum Vorsprechen. Der lief dann für mich recht ungewohnt ab: da waren keine anderen Bewerber – nur ich. Dann bekam ich ordentlich Zeit um mich vorzustellen und meine Monologe vorzuspielen. Hier gab es keinen Vorsprechstress, den ich mittlerweile ja schon fast gewohnt war. „Wir würden Sie aufnehmen“ – dieses Resümee war dann allerdings die Spitze des Gipfels der Ungewöhnlichkeiten. Dann fing der Direktor der Schule an seinen Monolog zu halten (was auch sehr ungewöhnlich war, da das Halten von Monologen, ja bis zu diesem Zeitpunkt eher eine Sache der Bewerber gewesen war). Er erzählte ausführlich von den Vorteilen, die seine Schule bot. Irgendwann meldete sich das Misstrauen in mir; sollte ich ihn nicht heute davon überzeugen, mich als Schülerin zu nehmen? Mir kam es jedoch vor, als wolle er mich davon überzeugen, die Schule zu wählen. Später telefonierte ich mit meinem Vater, der reagierte jedoch ganz anders als gedacht. Er freute sich für mich und fragte, wie viel ich denn monatlich an Unterstützung benötigte. Dann redete ich mit meiner besten Freundin. Sie kaufte eine Flasche Sekt und freute sich ebenfalls. „Aber du siehst ja gar nicht glücklich aus“, stellte sie verwundert fest. Ich zuckte die Achseln und wusste nicht so recht, was ich sagen sollte. Ich hatte wohl kein so gutes Gefühl bei der Sache, dabei war es doch die ganze Zeit das gewesen, was ich wollte, oder? Kurze Zeit später ging dann auch das erste Jahr los. Trotz meines Bauchgefühls hatte ich mich entschlossen den Ausbildungsplatz anzunehmen und lernte meine Mitschüler und meine Dozenten kennen. Ich hatte die ersten Wochen Unterricht - und fing bald inständig an zu hoffen, dass sich vielleicht noch etwas an der Ausbildung änderte. Es gab keinen Stundenplan und kaum Dozenten, unsere Schauspielklasse war schauspielerisch so gar nicht auf einem Stand und wir hatten so wenig Unterricht, dass ich mich dauerhaft so fühlte, als hätte ich Ferien. Dass meine Schauspieldozentin jünger war als ich selbst und so gut wie keine Referenzen besaß, war eine von vielen deprimierenden Tatsachen. Doch natürlich bekamen wir nicht irgendwann noch mehr Unterricht und schnell wurde mir klar: ich musste kündigen. Doch laut Vertrag hing ich hier ein Jahr fest. Viel konnte ich währenddessen nicht tun. Ich bewarb mich also noch einmal in München, dann in Ludwigsburg und dann an der staatlichen Hochschule für Musik und Darstellende Kunst in Stuttgart. Eine Mitschülerin und Freundin von mir begleitete mich auf der Suche nach einer geeigneten Schule. Dann stießen wir auf die TheaterAkademie Stuttgart. Noch eine Privatschule? Wer weiß, wie das wieder endet. Doch ein Mal hingehen um zu hospitieren, konnte ja nicht schaden. Ich erzählte einer weiteren Mitschülerin davon und gemeinsam schwänzten wir einen Tag Unterricht an unserer derzeitigen Schule, um einen Tag Unterricht an einer anderen Schule mitzuerleben. Der beste Tausch, den ich seit langem gemacht hatte, denn plötzlich erlebte ich etwas, das ich fast vergessen hatte: Schauspielunterricht konnte Spaß machen. An diesem Tag hatten wir Improvisation, Theaterpädagogik, Rhythmik und Tanz und hörten außerdem ein sehr interessantes Referat über Max Reinhardt. So stellte ich mir es vor, Schauspiel zu studieren. Am Abend gingen wir müde nach Hause, müde, aber glücklich. Hier wollte ich unbedingt hin, das wusste ich von diesem Tag an. Also bewarb ich mich. Ich sprach vor, und – wurde genommen! Endlich war ich angekommen, sagte mir mein Bauchgefühl, und auch dieses Mal behielt es Recht. Zwei Monate später: Wir sitzen wir im Bus, auf dem Weg zu unserer neuen Schule. Auch meine Mitschülerin aus der ehemaligen Schauspielschule wurde an der TheaterAkademieStuttgart genommen und sitzt neben mir: „Jetzt fängt es an“ sagt sie und ihre Augen funkeln „Jetzt leben wir endlich unseren Traum.“ Ja, jetzt fängt es an, denke ich, schaue aus dem Busfenster und denke an den langen Weg, der hinter mir ist, und an den der noch vor mir liegt. Ich denke an alles, was ich gelernt habe, und was es alles noch zu lernen gibt. „Schön“, denke ich und lächle. Marlies Besthorn, 3. Ausbildungsjahr Doppelstudium Schauspiel und Theaterpädagogik 21 Interview / Katrin Röhlig, Stuttgart Was assoziierst Du mit der TheaterAkademie? Einen Ort, an dem viel möglich ist. Warum bist Du an diese Schule gekommen? Das Vorsprechen an dieser Schule, genauer genommen mein Gespräch mit der Schulleitung hat mich damals so berührt und überzeugt, dass ich mich für die TheaterAkademie entschieden habe. Wann hast Du Deinen Abschluss gemacht? 2010 Was ist/war Dein Lieblingsfach? Ich hatte ziemlich viele Lieblingsfächer... Schauspiel bei Yvonne Racine war wohl das allerliebste Lieblingsfach. Wir waren eine spannende und explosive Gruppe und es ist in diesem Unterricht ziemlich viel passiert. Es war immer so eine Art Parallelwelt, die mir aber viel gebracht und bedeutet hat. Was war Dein persönliches Highlight an der TheaterAkademie? Die Griechenlandreise 2009 Wie hast Du die Schule gefunden? Was machst Du heute? Ich arbeite als Schauspielerin und als freie Theaterpädagogin projektbezogen und unterrichte in verschiedenen Einrichtungen Schauspiel und Theaterpädagogik. Nächstes Jahr schließe ich meine weiterführende Ausbildung zur Drama- und Theatertherapeutin ab und dann geht‘s weiter. Was waren Deine lustigsten Momente an der Akademie? Auf jeden Fall die Kolloquien... die waren oft ziemlich schräg. Es gab gesegneten Sand und Tugenden... Und der Theorieunterricht... Literatur, etc... Jan Phillip weiß, was gemeint ist. After Schaf und so... Wie hat die TheaterAkademie Euch auf den Arbeitsmarkt vorbereitet? Ich habe im Job gemerkt, wie gut ich ausgebildet wurde und wie viel ich in der Rückhand habe. Das war ein gutes Gefühl. Trotzdem lerne ich weiter und habe von Anfang an Fortbildungen besucht. Aber die Grundlagen dafür, auf dem Arbeitsmarkt zu bestehen, habe ich bekommen Wie ist es an der Schule zu unterrichten, an der Du selbst mal Schüler warst? Es ist etwas vollkommen anderes. Und das ist wichtig. Ich habe mich nach meinem Abschluss komplett abgenabelt und bin Worin hast Du letztendlich Deinen meinen Weg gegangen. Darum konnte Abschluss gemacht? ich auch als Dozentin zurückkommen. Ich Ich bin für Schauspiel gekommen und habe glaube an das, was die Akademie lehrt und wofür sie steht und bin glücklich meinen meinen Abschluss im Schauspiel und in Teil dazu- und zurück geben zu können. Theaterpädagogik gemacht. Im Internet. 22 Ein Traum wird wahr Seitdem ich denken kann, möchte ich Schauspielerin werden. Schon als Kind spielte ich Theater und liebte es, auf der Bühne zu stehen. Es gab nie eine Alternative für mich. Deswegen bin ich so glücklich darüber hier zu sein, um meinen Traum Schritt für Schritt zu realisieren. Die Zeit an der TheaterAkademie hat mir gezeigt, dass für mich nichts anderes in Frage kommt, als Schauspielerin zu werden. Ich bin völlig begeistert, es gibt so viel zu lernen, ich kann gar nicht genug davon bekommen. Jeder Tag ist anders und stellt neue Herausforderungen an mich. In den ersten Jahren haben mich die Rollenabschlüsse völlig begeistert. Zu sehen, was die Abschlüssler alles gelernt haben und wie sie spielen, war großartig. Ich hätte am liebsten selbst gleich angefangen zu spielen. Ich fand auch die Aufführung zusammen mit den höheren Kursen super. Es hat im ersten Jahr viel Mut gemacht, dabei zu sein. Die Proben waren total spannend. Die Schauspieler aus dem dritten Jahr waren bewundernswert. Es hat mir auch gezeigt, wo ich hin möchte. Ich möchte selbst auf der Bühne stehen. Das Gefühl, wenn ich auf der Bühne stehe, spiele, neue Dinge erlebe und fühle ist unbeschreibbar. Das Spielen macht mir so riesigen Spaß, dass ich alles Drumherum vergesse. Es macht alles gut. Alle Probleme sind verschwunden und danach bin ich voller Glücksgefühle. Die Vielfalt der Fächer, die wir haben, finde ich unglaublich. Es ist gut, dass man hier in so vielen Bereichen gefordert wird. Mir machen alle Fächer riesigen Spaß und ich habe erfahren, dass man mit viel Üben wirklich etwas erreichen kann. In der Zeit ,die ich jetzt hier bin, habe ich mich aus meiner Sicht sehr entwickelt und besser kennengelernt. Doch möchte ich noch viel mehr über mich und die Schauspielerei erfahren. Ich bin sehr ehrgeizig und will mein Ziel unbedingt umsetzen. Ich will Schauspielerin werden! Wie sehr ich es will, sagt folgendes Beispiel: Man stelle sich vor, man wird unter Wasser gedrückt und bekommt keine Luft. Der erste lebenswichtige Atemzug beim Auftauchen beschreibt exakt meinen Willen. Ich möchte die Jahre hier auf der Schule nutzen um meinen Traum nach und nach in die Tat umzusetzen. Und hier noch die Worte von Max Reihnhard, die mich schon lange bewegen: „Ich glaube an die Unsterblichkeit des Theaters. Es ist der seligste Schlupfwinkel für diejenigen, die ihre Kindheit heimlich in die Tasche gesteckt und sich damit auf und davon gemacht haben, um bis an ihr Lebensende weiterzuspielen. Sylvie Reimer 4. Ausbildungsjahr Schauspiel 23 Das Jahr danach: Ein Jobeinsteiger berichtet 31.08.2014 – Dieses historische Datum markierte für mich den Aufbruch in neue Hoheitsgebiete, einen Gang ins Ungewisse, den Beginn meines innerlichen künstlerischen Jakobswegs, kurz, mein offizielles Ausbildungsende. Es ranken sich viele Mythen darum, was nach diesem Tag passiert und die meisten Zeugen dieses Spektakels waren auf einmal an den renommierten Wasserstellen der angehenden Schauspielszene (Schlampazius, Rössle, etc.) nicht mehr auffindbar. Ich möchte es heute auf mich nehmen und über diese Welt des Ungewissen, die hinter dem Abschluss liegt, berichten. 1. Die Phase kurz nach dem Abschluss: Eigentlich sitzt man erstmal eine Woche einfach nur da - mit aufgerissenen Augen. Auf eine weiße Rauputzwand starrend, einfach, weil das das Maximum von dem ist, was man nach den Prüfungswochen noch an intellektuellem und stressbedingtem Input aufnehmen kann. In dieser Woche mischen sich sehr viele Gefühle. Ich glaube, uns ist allen bewusst, dass die vier, fünf oder sogar sechs Jahre Ausbildungszeit an der Akademie nicht immer nur aus eitel Sonnenschein bestehen und gerade in den letzten Prüfungswochen neigt man doch eher dazu, seine Zeit dort zu verteufeln, hadert mit der Obrigkeit (liebe Grüße) und fragt sich letztendlich, ob man für den Druck, den dieser Job beinhaltet ,überhaupt geschaffen ist. Wenn ihr das hier lest und am Ende eurer Ausbildungszeit seid, möchte ich letztere Frage mit „Ja!“ beantworten. Ihr seid dafür geboren, Ihr habt Euch die letzten Jahre intensiv mit dem auseinandergesetzt, was Ihr liebt und Ihr habt dafür eine gewisse Form der Anerkennung verdient. Da ist es dann auch gleich, ob diese Anerkennung aus „gut“, „sehr gut“ oder „mit Auszeichnung“ besteht, aber das wird einem eh erst später klar. Bis hierher habt ihr auf jeden Fall alles richtig gemacht. Man sitzt also in der Woche nach dem Ausbildungsende da und denkt exakt 24 zwei Sätze: „Juhu – Ich muss nie mehr in den Laden zurück!“ und „Oh Gott – Ich darf nie mehr in den Laden zurück!“ Denn irgendwie wird die Akademie in der langen Zeit, in der man sie besucht hat, schon auch ein Stück Familie und gleichzeitig geliebte Routine. Man freut sich, kann sich aber gleichzeitig nicht vorstellen, nach dem Sommer nicht einfach wieder hinzugehen und weiter „Himm Hemm Hamm Humm“ zu machen. Man hat jetzt das Glück und gleichzeitig die Bürde, seines eigenen Glückes Schmied zu sein und ich glaube, diese Verantwortung wiegt schwer, befreit aber gleichzeitig ungemein. Hat man diese Mischgefühl-Paralyse von sich geschüttelt, beginnt man natürlich sofort sich in die Stadtbibliothek zu setzen und seine Abschlussmappe zu schreiben, damit man zügig sein Abschlusszeugnis in der Hand halten kann. Spaß beiseite, jetzt beginnt 2. Die Bewerbungsphase: Wer gerne Serien schaut, ein starkes Handgelenk und einen soliden Speichelfluss hat, der wird sich in dieser Phase wohlfühlen. Jetzt beginnt nämlich das Bewerbungen - Schreiben und Eintüten. Man lege eine Staffel „Lost“ ein, lege den aktuellen Theateralmanach (von Bernd Steets, Edition Schmidt, 21,90 €. Enthält Theateradressen in Deutschland, Österreich und der Schweiz im Überblick. Daten, Spielpläne, Kommentare). Meine Bewerbungsschreiben liegen übrigens eingetütet und unversendet auf meinem Dachboden, da ich ja dann in Esslingen untergekommen bin. Die Erfahrung war’s wert schätze ich. Mehr ist dazu von meiner Seite auch nicht zu sagen, jetzt geht es zur Sache und ich beginne, Umschläge mit Adressen deutschsprachiger Theater zu versehen. Zeugnis rein, 4 Bildchen dazu, kleines nettes Anschreiben und weg damit. Schreibt man nur die Landes- und Staatsbühnen an, hat man danach so um die 150 Bewerbungen, eine unermessliche Serienkenntnis und eine sehr trockene Zunge. 3. Vorsprechphase Kannste Meisner? Kannste Steiner? Kannste alles vergessen bzw. MUSS man alles vergessen, wenn man beim Vorsprechen steht und auch später. Damit meine ich nicht, dass es unwichtig ist und man das Jahre lang für Nichts gemacht hat, sondern dass man das jetzt intus hat.. Vertraue darauf, dass du die Techniken instinktiv richtig anwendest und verhaspel dich nicht, nur weil du mal statt nem‘ Dreischritt `nen‘ Zweischritt machst. Beim Vorsprechen beschäftigt einen alles, nur nicht die Kunst. Die Zuschauer, ihre Blicke, der Fakt, dass es auf einmal nicht mehr der Bühnensaal mit seinem sympathisch geteerten Parkettboden ist und dass man tatsächlich das erste Mal vor Menschen spielt, die einen noch nie zuvor spielen gesehen haben. Die nicht die Privatperson kennen, sondern wirklich nur den Schauspieler sehen. Ich fuhr damals also hochambitoniert zu meinem Vorsprechen an die LB nach Esslingen. Im Gepäck eine Reisetasche voller Hemden, Hosen, Hüte, Schuhe, Requisiten, sowie einer Gitarre und einer Picknickdecke, nur um dann zu bemerken, dass man in Esslingen ja gar nicht vor dem Theater parken kann… also zu Fuß. Ich hatte noch einen guten Zeitpuffer, kam fit zum Vorsprechen und der Intendant, Herr Friedrich Schirmer, war so nett sich eine ganze Stunde für mich Zeit zu nehmen, damit ich alle meine Rollen spielen konnte. Außer ihm saßen dort außerdem noch vier andere Damen und Herren, die für mich sehr wichtig aussahen. Ich habe also meine Rollen nach bestem Gewissen gespielt, habe geschwitzt und mit Gummibärchen gespuckt, war in voller Fahrt und habe dieses Vorsprechen als Erfolg verbucht, Herr Schirmer auch. Und als Fazit musste ich noch zwei weitere Male erscheinen (Herr Schirmer wollte damit ausschließen, dass ich nur einen glücklichen Tag hatte) - und habe den Job bekommen. Mein Fazit ist: Vor wem auch immer Ihr beim Vorsprechen steht, vergesst nicht, er ist wahrscheinlich ein alter Hase. Er weiß, dass Ihr nervös seid und er weiß auch, wie er das in so einer Vorsprechsituation bewerten muss. Verlasst euch darauf, das Ihr an der Akademie ein qualitativ gutes Handwerkszeug bekommen habt, dass Euch locker durch diesen Prozess trägt. Gebt Euch offen und sympathisch und zeigt auch, dass Ihr nette Arbeitskollegen seid. Denn noch vor der Kunst ist vielen 25 Intendanten das persönliche Klima im Haus Privates bleibt einem oft nicht mehr und ein wichtiges Anliegen. Damit kommen wir zu man muss Freunde oft mehrere Wochen vertrösten. Aber wenn ich Freunde von 4. Die Arbeitsphase mir sehe, die acht Stunden im Büro sitzen Wenn man hier angekommen ist, kann und ihren Job hassen und wenn ich mich man sich schon ein bisschen was auf sich vor einer johlenden Meute Kinder stehen einbilden, immerhin ist man weiter als 20 bis sehe, denen ich gerade die Geschichte 30 Prozent der ausgebildeten, arbeitslosen der „Kurzhosengang“ erzählt habe und die Schauspieler in Deutschland. Arbeiten an im besten Fall noch was Positives über einem subventionierten Haus ist anfangs - Theater davon mitnehmen, dann weiß ich und wenn man aus der harten Schule der schon, warum ich das lieber mache als Theater Kompanie kommt - schon fast ein alles andere. Der Schauspielerberuf wird bisschen unterfordernd. Ich kann mich noch nie etwas Konventionelles sein, wird nie ein an meinen ersten Probentag erinnern und Beruf sein, in dem man geregelt arbeitet, meine schiere, glückliche Ohnmacht, als im abends abstempelt und sich dann nicht mehr Proberaum schon ein Bühnenbild aufgebaut mit seinem Job auseinandersetzen muss, war und Probenkostüme für mich rausgelegt sondern wird vielmehr immer ein Teil von waren. Ich kann hier jetzt nur von meiner einem sein, für den man leben muss und persönlichen Erfahrung sprechen, aber die in dem man sich immer weiterentwickelt Arbeit in der Kinder- und Jugendabteilung und nie stehen bleibt. Aber das macht der Württembergischen Landesbühne ist diesen Job ja auch so einzigartig und wunderschön. Ich habe durchgehend nette liebenswert. Und deshalb übrigens sieht man und wache Kollegen, von der Maske über Abschlüssler auch immer seltener abends die Schauspielkollegen bis hin zur Technik, an den renommierten Wasserlöchern der den Regisseuren und Dramaturgen und es angehenden Künstlerszene. Wahrscheinlich wird alles getan, damit ich als Schauspieler haben sie neue Quellen gefunden, an denen voll aufs Spielen konzentriert sein kann. sie ihre Kraft schöpfen. Ich arbeite jetzt auf Gerade am Anfang hat man natürlich noch jeden Fall seit einem halben Jahr an der Hemmungen, gerade vor älteren Kollegen, Landesbühne in Esslingen und kann mir da man halt doch der „Jungspund“ ist, aber zum jetzigen Zeitpunkt keinen schöneren ich kann hier nur für mich sprechen, meine Ort vorstellen, an dem ich meine Arbeitszeit Mitspieler sind alle sehr nett und offen und verbringen möchte. Lange Rede, kurzer Sinn am Ende des Tages kochen wir halt auch - zum Abschluss gibt’s noch alle nur mit Wasser. Ich merke aber auch, dass Schauspiel wirklich ein Beruf ist, für den man brennen muss und für den man auch Dinge aufgeben muss. Ich arbeite im Normalfall von 10.00-14.00 Uhr und nach einer 4 stündigen Pause nochmal von 18.0022.00 Uhr, samstags „nur“ von 10.00-14.00 Uhr. Dazu kommen noch etwaige Abstecher, heißt man fährt mit einem Kinderstück in die Mehrzweckhalle nach Bad Klippsenwerder, um dort ein Gastspiel zu machen. Oft fährt man dazu um 6.00 Uhr morgens in Esslingen ab, um dann um 9.00 Uhr die erste und um 11.00 Uhr die zweite Vorstellung zu spielen. Manchmal auch Sonntags. Viel Raum für 26 5. Die Dankbarkeitsphase Ja, ich weiß, in der Erinnerung verklärt sich so manches! Auch ich habe in meiner Zeit an der Akademie, vor allem in meiner Abschlussphase, viele Momente fluchend und schimpfend auf meinem Sofa in der Bib verbracht. Ich glaube aber auch, dass das richtig und wichtig so ist. Man wird eben flügge nach den ganzen Ausbildungsjahren und hat den Drang, das Nest zu verlassen, um sich nun mit seinem erlernten können im Sturzflug in die Arbeitswelt zu katapultieren. Wäre ja schlimm, wenn es nicht so wäre. Aber nach einiger Zeit im Beruf wird man merken, wie viel man aus seiner Ausbildung an der TheaterAkademie mitgenommen hat, sei es dadurch, dass man sich als Theaterpädagoge rein stimmlich gegen eine 30- köpfige Gruppe Jugendlicher durchsetzen kann ohne heiser zu werden, oder dadurch, dass man ohne ein Minderwertigkeitsgefühl neben den anderen Schauspielkollegen steht, weil man einfach weiß, dass man das richtige Werkzeug mit auf den Weg bekommen hat. Ich möchte mich an dieser Stelle bei all meinen Dozenten dafür bedanken, dass sie mir dieses wichtige Handwerk mit auf den Weg gegeben haben und dabei teilweise gegen meinen Missmut und meine Lustlosigkeit angegangen sind um mich an und über Grenzen zu treiben. Vielen Dank! Mein größter Dank gebührt jedoch Frau und Herrn Schlösser. Es war alles nicht immer einfach, aber wie kann es das auch sein, wenn man sich in einem kreativen Beruf voller Emotionalitäten bewegt und doch empfinde ich, dass meine Zeit an der Akademie sehr fruchtbar war, sowohl für mich als Persönlichkeit als auch für meinen beruflichen Werdegang. Danke für die Möglichkeit, mich „in den unermesslich weiten Räumen“ der darstellenden Kunst entfalten zu dürfen und dafür, schon ein bisschen Theateratmosphäre in meiner Zeit bei der Kompagnie schmecken zu dürfen... Es war auch hart, anstrengend und stressig aber in jeglicher Form auch erdend, wenn Sie verstehen, was ich meine. Ich glaube man kann sich nicht vorstellen welcher Stress dahinter steckt und wie viel Idealismus es braucht, so eine Schule aufrecht und am Laufen und bei Laune zu halten. Allen jetzigen Abschlüsslern und denen, die da noch kommen mögen, wünsche ich noch eine schöne Restzeit an der Akademie, genießt sie so gut Ihr könnt, habt einen schönen Abschied und startet gut in die unendlichen Weiten, die da noch vor Euch liegen. Vergesst eure Akademie-Zeit nicht und behaltet sie immer im Herzen, Ihr würdet lügen, wenn Ihr sagen würdet, dass sie Euch nicht in irgendeiner Weise geformt hat. Ich habe nicht viel mehr zu sagen außer: Herzlichen Glückwunsch zum 20jährigen Jubiläum und viel Kraft und gute Gedanken für die Jahre, die noch vor der Akademie liegen Liebe Grüße, Markus Ehemaliger, Schauspieler&Theaterpädagoge 27 Warum ich in der TheaterAkademie bin: In meinem 1. Jahr in der TheaterAkademie stand ich heulend im Jonglage Unterricht weil die Bälle einfach nicht so wollten wie ich , mein Lehrer sagte zu mir “Du musst dich nicht verändern, keiner kann dich dazu zwingen “, da wusste ich ,dass ich genau deshalb hier bin, um mich zu verändern, um mich zu verwandeln um für meine Träume einzustehen. Edda Janz, 3. Ausbildungsjahr Schauspiel Erinnerungen Die TheaterAkademie ist für mich ein Ort an dem so unglaublich viele Erinnerungen leben. Es ist ein bisschen so, wie durch die Straßen in der Stadt zu gehen, in der ich aufgewachsen bin. Auch dort passiert es, dass ich mitunter inne halte und vor meinem inneren Auge eine jüngere Version meiner selbst sehe, die Jahre zuvor genau diesen Weg, an genau dieser Ecke – und in der Akademie - in genau diesem Raum ging. Und die eine oder andere Freundschaft aus dieser Zeit lebt auch im Jetzt weiter. Neben all den Tagen und Unterrichten, Partys und Prüfungen sind es vor allem die Akademienächte die mir noch sehr lebhaft im Gedächtnis sind. Wir – meine Mitschüler/innen und ich - haben nächtelang in verschiedenen Räumen geprobt. Ausprobiert. Geprobt. In den Nächten in denen die Zeit irgendwie still stand und wir von dem was wir taten so berauscht waren. Und manchmal, vor den Prüfungen, auch einfach überdreht. Den Abschluss zu machen. Endlich fertig zu sein. Endlich beginnen zu können. Nach fünf Jahren Akademie war es dann endlich soweit. Und trotz all dem Schönen und Spannenden, dass ich erleben durfte, war der letzte Schultag, bzw. der letzte Tag meiner letzten Bauwoche so gut und so wichtig und ich war froh in die Welt hinaus zu können. Und dafür bin ich meiner Zeit in der Akademie mit am dankbarsten. Ich wurde ausgebildet um dann auch gehen zu können. Ich wurde nicht kleingehalten sondern freigelassen. Und das ist es, was für mich den Geist der Schule ausmacht. Und darum kam ich gerne wieder und tue es noch heute. Diese Jahre der Ausbildung sind ein ganzes Leben gewesen. Mit allem was dazugehört. All den Höhen und Tiefen die so ein Leben eben erfordert. Die Zeit als Schülerin ist zwar Katrin Röhlig, spannend und noch so voller Möglichkeiten Ehemalige, Schauspielerin, Theaterpädagogin, und voll von Zukunft, Träumen und Dozentin für Theaterpädagogik und Hoffnungen und in gewisser Weise auch Kulturmanagement noch unbeschwert – jedenfalls muss man noch keine Steuererklärung machen – aber auch voller Druck und gespickt mit Ängsten, Erwartungen. Und nicht zu vergessen, man ist nie allein. Sondern immer im Schulkollektiv. Und das ist schon eine besondere Erfahrung. Ich glaube es ist selten, dass man anderen Menschen so intensiv nahe kommt wie in einer Schauspielausbildung. Und jeder der das kennt, kennt auch den mitunter abgründigen Sog, in den es einen ziehen kann. Mit Abstand betrachtet wären manche Dramen keine Dramen gewesen – aber den Abstand zu finden ist eben auch eine Kunst. Und gleichzeitig gab es diese Momente in denen meine Mitschüler mir so nahe waren. 28 Interview / David Bernecker, Stuttgart Was assoziierst Du mit der TheaterAkademie? Pyjamahosen- die habe ich immer im Unterricht getragen weil sie am bequemsten waren. Nein, im Ernst.. Mit der TheaterAkademie assoziiere ich drei Dinge: Respekt, Wissen und die Suche nach Wissen. Jubiläumsfeier geht es für mich nach Köln, anschließend Paris. Danach stehe ich in Stuttgart wieder auf der Bühne. Was waren Deine lustigsten Momente an der Akademie? Zitat meiner Mutter: „Probier es doch mal mit Kunst!“ Die legendären „Puck Partys“! Mehr darf ich nicht sagen - was in der TheaterAkademie passiert bleibt in der TheaterAkademie. Was gibt es noch? Ballett. Ja der Ballettunterricht. Auch wenn er nur ein Bruchteil des gesamten Faches „Tanz“ war, ich werde es nicht vergessen! Die Schuhe! Oh Mann... Wann hast Du Deinen Abschluss gemacht? Wie hat die TheaterAkademie Euch auf den Arbeitsmarkt vorbereitet? Im Sommer 2013. Ich denke das ist bei jedem anders. Es kommt immer darauf an, was du mitnimmst und was du vielleicht auch liegen lässt. Die Schulleitung hat sich immer gut um uns gekümmert, auch die Dozenten. Gut vorbereitet habe ich mich damals auf jeden Fall gefühlt, wobei die Eigeninitiative hier auch eine große Rolle spielt. Du musst an das glauben was du machst, und vor allem Spaß daran haben! Ich mache das ganze nur, weil ich Spaß an der Sache habe. Der Tag an dem ich aufhöre Spaß zu haben wird der Tag sein, an dem ich aufhöre und weitergehe. Warum bist Du an diese Schule gekommen? Was war Dein Lieblingsfach? Rollenstudium. Was war Dein persönliches Highlight an der TheaterAkademie? Die gemeinsame Zusammenarbeit mit Frau Yvonne Racine (Rollen/Szenisches Studium)...und natürlich die Zeit in der Kompagnie. Professionell auf einer Bühne zu stehen und eine runde Abendvorstellung zu geben, das ganze noch zu Shakespeare läuft!! Worin hast Du letztendlich Deinen Abschluss gemacht? Ich bin für das Schauspielstudium an die TheaterAkademie gekommen. Den Abschluss dazu habe ich im Sommer vor zwei Jahren gemacht. Was machst Du heute? Ich arbeite als Schauspieler und Model. In den letzten Jahren habe ich die richtige Balance zwischen Theater, Film und Modelbusiness gefunden. Nach der 29 30 31 „Muss nur noch kurz die Welt retten“ (T.Bendzko) Möglichkeiten und Grenzen der THEATERPÄDAGOGIK Die Theaterpädagogin (bei Verwendung der weiblichen Form sind selbstverständlich die Herren mit einbezogen) – die Theaterpädagogin also ist eine „Allrounderin“. In der Praxis ist sie : Theaterfachfrau, Erzieherin, Gruppenleiterin, Regisseurin, Technikerin, Schauspiellehrerin, Spielpädagogin, Mama, Organisatorin, Freizeitbeauftragte, Kindergärtnerin, Schauspielerin, Dompteuse, Freundin, Sozialarbeiterin, Kostümbildnerin, Seelentrösterin, Bühnenbildnerin, Entertainerin, etc, etc…Von der Theorie her ist die Theaterpädagogin allerdings primär keine Sozialpädagogin und schon gar keine Therapeutin. Nachfolgend einige Definitionen, die mein Verständnis und meine Arbeit als Theaterpädagogen charakterisieren: „Der Theaterpädagoge spielt. Er spielt mit sich, mit anderen, für andere und regt andere zum Spielen an,“ (Felix Rellstab ) „ Ein Teil meines Interesses richtet sich aufs Theater, ein anderer auf das Leben. Ich habe immer versucht, Leute auszubilden, die in beidem gut sind. Vielleicht ist das eine Utopie, aber ich wünsche mir, dass der Schüler ein Lebendiger im Leben und ein Künstler auf der Bühne ist“ ( Jacques Lecoq ). „Theaterpädagogik ist eine künstlerisch-ästhetische Praxis, in deren Fokus das Individuum, seine Ideen und seine Ausdrucksmöglichkeiten stehen. Im Kontext der Gruppe entsteht daraus Theater. Dieser Prozess kultureller Bildung fördert künstlerische, personale und soziale Kompetenzen.“ ( aus der Präambel des Bundesverbandes Theaterpädagogik / BuT ) Im Jahre 1997 bekam ich von einem Kollegen den Tipp, dass das staatlich anerkannte Berufskolleg für Theater und Sprache Pu©K in Stuttgart einen Theaterfachmann für einen einwöchigen Improvisationsworkshop suche. Nach einem angenehmen Gespräch mit der Schulleitung, das sofort auf Augenhöhe und gleicher Wellenlänge stattfand, bekam ich den „Job“. Aus dieser einen Woche wurden 32 18 Jahre! Anfangs auch als Schauspiellehrer, später dann ausschließlich als Theaterpädagoge bis hin zum Fachbereichsleiter.18 Jahre, 54 Trimester mit mehr als 250 SchülerInnen aus 13 Nationen!!! Es gab zwischen mir und Schlössers, den Schulleitern, stets große mentale und inhaltliche „Schnittmengen“ bzgl. Menschenbild, Persönlichkeitsentwicklung sowie Theater kunst und den daraus resultierenden pädagogischen und künstlerischen Zielen und Wegen der Ausbildung. Was in solch einer intensiven, täglich mehrstündigen Ausbildung an kleinen und großen persönlichen, sozialen und künstlerischen Erlebnissen und Entwicklungen geschieht ( nicht nur bei den Studierenden, sondern auch bei den Dozenten – von mir kann ich das zumindest behaupten - ), wäre wahrhaft eines Romanes wert. Episoden darin wären z.B. : - als die Schülerin Y. nach ihren ersten zehn Unterrichtsminuten den Raum verließ und nie wieder gesehen wurde ( sie wurde, wie alle anderen auch, mit ihrer Art der Eigenpräsentation als Fremdwahrnehmungsübung, von den anderen imitiert…) - dass die Studentin M. eine körperlich sichtbare Metamorphose von einem kleinen, verhuschten Mädchen, einer Schildkröte ähnelnd, zu einer jungen Frau mit aufrechtem Gang und erhobenem Haupt, zu einer Art Pfau mutierte. - dass ich eine Spiegelwand mit Tüchern verhängte, da V. bei jeder Übung und jeder Gelegenheit nur sich und ihre Bewegungen darin bewunderte. - dass ein Hospitant, von mir mehrfach gebeten, später dann ermahnt wurde, unsere Arbeit zu unterstützen und nicht zu stören, mit dem Satz „Ich gehe sowieso direkt nach Hollywood!“ uns Türen knallend von seiner wirken. Ereignisse und Erlebnisse bei den Anwesenheit befreite. Proben, den Aufführungen und Abstechern zwischen Dornach und Cuxhaven würden - dass die eher schwierige, schwer zugäng- ein weiteres ( Anekdoten-) Büchlein füllen. liche, verschlossene S. diejenige war, die mir beistand, die Hand hielt und beruhigend Es gibt also für mich unendlich viele Gründe auf mich einredete, als ich mich wegen einer der Dankbarkeit, dass Cornelia und ChristiNierenkolik vor Schmerzen krümmte, bis der an Schlösser diese Akademie vor 20 Jahren Notarzt kam gegründet, bis heute aufrecht erhalten und stets weiterentwickelt haben und mir über - dass die Schulgemeinschaft in einer mehr- diese lange Zeit immer wieder das Vertrauen tägigen, aktiven Trauerzeit sich und der in mich und meine Arbeit ausgesprochen und betroffenen Familie Halt gab und Beistand gegeben haben : DANKE, MERCI, THANKS, leistete, als eine Absolventin tödlich verun- GRAZIE, EFCHARISTO, ßPAßIBA… glückte Ich wünsche der TAS, der Schulleitung, al- dass sich eine Dozentin, die mit den Haupt- len Kolleginnen und Kollegen, sowie den fächern nichts zu tun hatte, bei L.´s Abschluss heutigen und künftigen dort Studierenden lautstark in die öffentliche Prüfung einmisch- noch viele, viele Jahre des Bestehens und te, L. Mut zusprach, auf dass diese nach ei- der Weiterentwicklung, auf dass durch sie ner Pause entlastet ihre Prüfung noch einmal und ihr Wirken die Welt, wenn auch nicht sobeginnen durfte. (Dass der Stress zwischen fort und mal kurz gerettet, so doch ein wenig L. und mir allerdings verabredet war, da L. freundlicher, gerechter, liebevoller, empathidas Unsichtbare Theater als Thema hatte, scher, toleranter, fröhlicher und spielerischer konnte die gute, engagierte Kollegin ja nicht werde !!! wissen nach einiger Aufregung hat sie uns dann aber vergeben...) T H A L I A S E I M I T U N S - dass eine unserer Schülerinnen Vorsitzen- Bernd Köhler de des TIBA – Ausschusses ( TP in AusbilTheatermacher und Menschwerder dung und Berufsanfang ) des BuT war und somit ein reger Austausch zwischen Ausbildungsinstituten bei uns stattfand. - dass Schüler bei Praktika, Abschlüssen oder Schultheatertagen mit externen Menschen die befreiende Wirkung, aber auch die Grenzen von Theaterpädagogik hautnah erlebten. - dass unzählige Begebenheiten des Schulalltages und manch schwierige Situationen beim Theatermachen auch mit Humor und mit Lachen über sich selbst, gemeistert werden konnten. - u.v.a.m. Außerdem war es mir vergönnt, als Schauspieler bei der angeschlossenen TheaterKompagnie-Stuttgart in fünf Stücken mitzu- 33 Interview / Michèle Grandjean L´Aubier, Schweiz Was assoziierst Du mit der TheaterAkademie? Damals hieß es Puck. - Wunderjahre! Cornelia und Christian, Mühe und Freude, Freundschaften und Leichtigkeit der Schuljahren, ohne Verantwortung und mit viel Spaß!!! Warum bist Du an diese Schule gekommen? Am Jugendseminar habe ich durch Cornelia Lust bekommen, die Ausbildung zur Sprachgestaltung anzufangen. Was machst Du heute? Oh la la! Ich versuche... Ich habe 3 Kinder erzogen und leite mit Christoph ein BioHotelRestaurant -Kulturort, mit allen menschlichen Zwischenräume die dazu gehören (!!!) und bereite mich vor, eine Ausbildung zur „Unabhängigkeit“ (beruflich und innerlich) innerhalb unseres Betrieb anzubieten. Was waren Deine lustigsten Momente an der Akademie? Hi hi hi… alle diese Momente, die nicht zur Unterricht gehörten! Wenn Cornelia wieder nach der verlorenen Hausschlüssel rief, Wann hast Du Deinen Abschluss gewenn Gäste in unsere Mini-WG auf der macht? Waschmaschine mit einem Teller Spaghetti saßen, wenn Thorsten seine Papiere mit1999 ten im Raum fallen ließ, wenn Marcus seine Gitarre holte, wenn wir mit dem Puck-Bus Was ist/ war Dein Lieblingsfach? mitten in Berlin mehr oder weniger zufällig Schwer zu sagen ! Sprachgestaltung mit Cor- unsere Wege fanden… nelia oder Christian (ich merke sehr deutlich Wie hat die TheaterAkademie Euch auf wie sehr ich tief an mich selber arbeitete…) den Arbeitsmarkt vorbereitet? und die Inszenierungen von Projekten. (Das kalte Herz, Sommernachtstraum, Der UnterBeruflich habe ich die Orientierung gewechgang...) selt. Aber ich fühle mich ganz von diesen Jahren ausgebildet im Sinne von dem, was Was war Dein persönliches Highlight an ich heute bin. Fast täglich bin ich mir beder TheaterAkademie? wusst, dass ich diese oder jene Fähigkeit aus Helena in Sommernachtstraum. Ich fühlder Puck Schule habe. Mir geht es sehr viel te mich sehr anders, als ich im Leben bin! um dieses Motto der ersten Jahren: „Nimm Das war aufregend. Und ich dürfte meine Deine Maske ab, komm, nimm Sie ab“. Ich Haare dafür locken!!! Ich habe auch eine möchte durch unsere bald entstehend Ausbilsehr schöne Erinnerung an den Sprechchor dung in L’Aubier auch dazu beitragen, dass „Puschkin“, das hatte mich sehr berührt. „Es Jugendliche zu sich finden, und immer mehr ziehen die Wolken, schwer und dunkel“ habe mit individuelle Fähigkeiten sich im Leben ich noch zu Fuß in Rhythmus mit Christoph bewegen. rezitiert, als wir Richtung Stadtzentrum die Treppe runtergingen! Das Kennenlernen von meinem Mann (Oft denken wir an Euch, Christian und Cornelia!) der noch mein bester Freund ist! Worin hast Du Deinen Abschluss gemacht? Theaterpädagogik und Sprachgestaltung. 34 35 Wissen erleben Ich habe schon früh darüber nachgedacht pädagogisch zu arbeiten. Schon deshalb, weil ich einfach gern mit Menschen arbeite. Lange wusste ich nicht in welche Richtung ich mich wenden sollte. Zwei Praktika und ein FsJ, die ich an Kindergärten und dem Ganztagsschulprogramm einer Waldorfschule absolvierte, brauchte es, um für mich zu erkennen, dass die Berufe des Erzieher oder Lehrer mir nicht ausreichten. Die Arbeit mit den Kindern gefiel mir sehr. Aber es fehlte mir etwas. Dieses „Etwas“ fand ich, als ich mich auf die Zeit meiner Klassenspiele besann. Wir arbeiteten da mit Theaterpädagogen zusammen. Deren Art, Wissen nicht einfach nur stur zu äußern, sondern dafür zu sorgen dass man sie im Spiel selbst langsam begreift und aus der eigenen Erfahrung kennenlernt, hat mich unglaublich beeindruckt. Das Jahr, das ich bisher an der Akademie verbringen durfte, hat meine Meinung diesbezüglich bestärkt, dass es der Beruf des Theaterpädagogen ist, den ich ergreifen möchte. Ich habe so viele neue Einblicke in die Theaterpädagogik gewonnen, soviel über mich selbst, meinen Umgang mit Menschen und den Umgang mit Menschen allgemein gelernt. Ich würde sogar soweit gehen zu sagen, dass ich es nicht einfach nur gelernt, sondern erlebt habe! Wenn ich also sage, dass es sich für mich richtig anfühlt, die Entscheidung getroffen zu haben Theaterpädagoge werden zu wollen, dann meine ich es auch so! Ich bin motiviert dieses Ziel weiter zu verfolgen und auch zu erreichen und dabei soviel mitzunehmen, zu erleben und zu erlernen wie es nur eben geht. Ich freue mich auf die nächsten Jahre! Sebastian Hübl 2.Ausbildungsjahr Theaterpädagogik 36 Und danach... ? Ich möchte Theater unter die Menschen und vor allem unter Kinder und Jugendlichen bringen. Ich habe das Glück eine Bühnenausbildung im Schauspiel zu erhalten und gleichzeitig theaterpädagogisches Handwerk zu erlernen. Es wäre ein Traum von mir ein Format zu finden oder zu erschaffen, indem ich Stücke entwickle mit einer Gruppe von anderen Künstlern und Theaterschaffenden und diese auf die Bühne bringe, auf die Bühnen der Schulen, von kleinen Ortschaften und auch gerne anderer Länder. Gerne würde ich auch mit einem Kinder - und Jugendtheater zusammenarbeiten. Annemieke Döring, 4. Ausbildungjahr Mein Ziel ist es nach der Ausbildung eine Teilzeitstelle an einer Schule zu bekommen, an der ich gruppendynamisch und am Unterrichtsmaterial mit den Schülern arbeiten kann. Außerdem möchte ich eine freie Jugendtheatergruppe leiten, in der wir uns gemeinsam mit gesellschaftskritischen Themen auseinandersetzen. Katrin Döringer, 2.Ausbildungsjahr Das Wichtigste für mich ist das weite Spektrum der Theaterpädagogik. Von Kindern, über Menschen mit Beeinträchtigungen bis hin zur Justizanstalt agiert die Theaterpädagogik und ich kann mir gut vorstellen in diesen verschiedenen, aufregenden und erfahrungsreichen Bereichen zu arbeiten. Semjon Dolmetsch, 4..Ausbildungsjahr „Ich knall Euch ab!“ Ich möchte Theaterpädagoge werden, weil ich der Meinung bin, Themen besser zu begreifen, wenn ich dazu etwas erlebt habe. Folgendes Erlebnis hat mich in diesem Wunsch bestärkt Im November 2008 wurde das Campus Theater Ensemble gegründet. Dieses bestand, und besteht auch heute noch aus Schülern und Theaterpädagogen. Unser erstes Stück, hieß „Ich knall euch ab“ nach dem gleichnamigen Roman von Morton Rhue. Dieses Stück setzt sich auseinander im Wesentlichen mit dem Thema Mobbing an Schulen, Täter- und Opferrollen sowie die mögliche Entwicklung eines Amoklaufes. Am 11. März 2009 ereignete sich in Winnenden ein tragischer Amoklauf bei welchem 16 Menschen, der Schütze des Amoklaufes mitgezählt, durch Schusswaffen starben. Dieses Ereignis warf im Ensemble viele existenzielle Fragen auf und wurde sehr kontrovers diskutiert. Hauptsächlich stand die Frage im Raum, wie wir mit dem Stück und seinen Themen umgehen sollten, es hatte durch den Amoklauf in Winnenden an Brisanz gewonnen, und wir waren uns klar, dass wir durch eine öffentliche Präsentation unserer Arbeit auch sehr angreifbar werden würden. Einige in unserem Ensemble sprachen sich dafür aus, besser ein anderes Stück mit anderen Themen zu suchen. Es sei zu heikel. Ich habe mich für das Stück ausgesprochen. Mir und vielen anderen Mitwirkenden hat das Ereignis von Winnenden bewiesen, dass es von unglaublicher Dringlichkeit ist, diese Themen weiterhin zu behandeln, sie öffentlich zu machen und sich jenen Fragen zu stellen, die der Amoklauf aufgeworfen hat, um dadurch auf diese aufmerksam zu machen. Wir haben uns schlussendlich für das Stück entschieden. Über 20 erfolgreiche Aufführungen gaben uns recht. Das Ensemble wurde 2010 für diese Inszenierung mit dem Karl-Mommer-Preis 2010 ausgezeichnet. Die Theaterpädagogik hat seither mein Berufsbild und meine Persönlichkeit geprägt. Ich bin stolzes Gründungsmitglied eines Ensembles, durfte im selbigen viele Funktionen ausüben. Ich war als Darsteller, Anleiter oder Assistent. Alle Aufgaben bereiten mir große Freude. Ich übernehme gerne Verantwortung, habe Spaß am Anleiten und möchte auch in Zukunft mit anderen Menschen von der Bühne aus wichtige Themen in der Gesellschaft anregen. Ebenfalls Auch möchte ich die gleiche Chance, die ich für meine persönliche Entfaltung und Entwicklung gehabt habe, anderen Menschen weiter geben. Diejenigen, die mich seit 2008 mit Theaterpädagogik begleiten, sind beinahe ausschließlich ehemalige Schüler der TheaterAkademie Stuttgart. Aufgrund Ihrer Persönlichkeit prägen mich diese Menschen auch heute noch. Ich habe mich darum bewusst für diese Schule entschieden. Ich bedanke mich und freue mich auf die weitere Zeit. Christopher Wittkopp 3.Ausbildungsjahr Doppelstudium Schauspiel/ Theaterpädagogik 37 Interview / Marius Ionescu, Bukarest Was assoziierst Du mit der TheaterAkademie? tert bin, um Scheinwerfer aufzuhängen. Was er mir damals über Raum und Licht, Licht und Stimmung alles erzählte - das war Gold Die TheaterAkademie ist mein „Zauberwert. Über manche Bühnenbilder und LichtRucksack“ und wird immer bleiben. Ich kann stimmungen die wir nach 6-7 Stunden harter überall damit hinklettern. Ich merke dass ich Nachtarbeit aus dem „Nichts“ gezaubert haimmer noch Nahrung und Kraft daraus zieben bin ich auch noch heute sehr stolz. Aber he, auch wenn schon 13 Jahren vergangen da waren noch viele Erlebnisse die genauso sind. wichtig für mich waren: eine gelungene Pyramide in Akrobatik, die Rollen in verschiedene Warum bist Du an diese Schule gekomTheaterstücke , mein Theaterpädagogische men? Abschluss, oder dass man nach 4 Jahren an Ich hatte Hunger… ich hatte Hunger für mei- der Akademie Zukunftshoffnungen hatte und ne eigene Entwicklung , ich wollte etwas mit nicht Zukunftspessimismus. Und dass habe ich noch heute, das sitzt tief in mir. Das ist Kunst, Anthroposophie, Pädagogik studieschon ein Highlight, oder? ren. Die Akademie hatte einfach alles was ich damals suchte. Worin hast Du letztendlich deinen Abschluss gemacht? Wann hast Du Deinen Abschluss gemacht? Ich wollte Theaterpädagogik studieren und ich habe das auch gemacht 2002 Was ist/ war Dein Lieblingsfach? Was machst Du heute? Commedia dell arte mit Bernd Köhler. Das Fach hatte einfach alles: viel Bewegung, verschiedene Charakteren, Masken tragen aber eigene Maske abnehmen, es hatte Herausforderungen die mich manchmal an meiner Grenzen gebracht haben. Es hatte Humor und Ironie, es hatte Liebe und es hatte Drama, Philosophie, Theatergeschichte und - es hatte einen genialen Bernd Köhler. Es war eine lustige, glückliche Zeit…alle Tränen inbegriffen! Ich sage gerne dass ich irgendwie immer noch Theaterpädagoge bin… auch wenn in meinem Arbeitsvertrag “ Operation Manager “ geschrieben steht. Also offiziell führe ich Teams in globale Wirtschaftsprozesse. In den letzten 10 Jahren habe ich verschiedene Teams für große Konzerne wie Oracle oder Schneider Electric von Kenya bis in der Schweiz erfolgreich geleitet. Und manchmal finde ich Leute, die merken, dass ich eine “andere Sprache” spreche, dass ich nicht 100% der “Business Typ” bin und fragen mich neugierig was ich studiert habe. Ich habe keine Wirtschaftsausbildung, keine Manager MBA Training, meine “Management Methoden” kommen 90% aus dem Kunstbereich. Und irgendwie klappt das… .Klar, es ist nicht immer einfach, man muss immer die Menschen und auch die Ziffern sehen . Aber an der Akademie hab ich verstanden, dass Kunst eigentlich Leben ist, man soll sie nicht auf der Bühne sehen und dann vergessen. Kunst ist Soziale Kompetenz und vernetztes Was war Dein persönliches Highlight an der TheaterAkademie? Kann ich nicht objektiv bewerten, dass sollten meine Lehrer oder Kollegen wissen. Für mich persönlich gab es immer ein Highlight , ich erinnere mich jetzt an dutzende Nächte während der Tourneen wo ich zusammen mit Christian Schlösser bis in die Frühe Bühnenbilder aufgebaut haben und in alle unmöglichen und gefährlichen Ecken geklet- 38 Denken, ist Ehrlichkeit zu dir und zum anderen. Wenn Kunst Leben ist, dann sollte sie überall in unseren Leben möglich sein, auch oder um so mehr in dieser globalisierten Wirtschaft. Und das Theater hab ich auch nie aufgegeben, ich spiele noch sehr gerne, immer wenn ich Zeit habe, auch wenn es nur nebenberuflich ist. Letzes Mal habe ich in Bukarest mit “Logos Theater Ansamble” in “Was ihr wollt” den Narren gespielt. Was waren Deine lustigsten Momente an der Akademie? Oh, das waren viele… der erste Kontakt mit der Schule…September 1998, Christian rief mich an und fragte ob ich bei “Hamlet “mitmachen will. Jaaaa, klaaarr… Ich wurde gerade an der Akademie aufgenommen und ich darf schon in Hamlet mitmachen? Toll! Ich sollte die Wache spielen, mich erschrecken, am Rande der Bühne mit der Hellebarde drohen: “Wer da? Ihr steht mir Rede! ” Ich hatte keine Ahnung über nichts, aber ich versuchte so gut wie möglich mit der Hellebarde zu spielen (und ich war total stolz über meine Leistung). Ich “spielte” fast mit Augen zu, die Hellebarde drehte sich durch die Luft immer sicherer... Irgendwann kurz vor Premiere kam aber Christian zu mir, nahm mich bei Seite um die Schultern und fragte mich besorgt und sehr väterlich …”ich will Sie nicht durcheinander bringen, Sie machen alles ganz prima … aber sind Sie sich bewusst, dass wir mit Publikum spielen, nicht wahr ? Es wäre dann sinnvoll, wenn Sie die Hellebarde in die andere Richtung bewegen, wissen Sie, auch wenn bei uns viele Rollen “sterben”, die Zuschauer sollten am besten überleben, ansonsten gibts morgen Abend keinen Applaus …”Ups… es stimmte, ich war mir gar nicht bewusst ,dass meine Hellebarde die erste 2 Reihen erwischt... Dann waren noch die “Derniere –Witze” zwischen Kollegen... “Was ihr wollt” 2001. Ich spielte ab und zu den Antonio, irgendwann kam ich in Handschellen auf der Bühne. Nach dieser Szene sollte ich mich sehr schnell umziehen und noch mit dem Bühnenbild helfen. Und meine netten und süßen Kollegen klauen mir den Schlüssel von den Handschellen aus dem Mantel und lassen mich in Stich… Habt ihr mal probiert hohe Stiefel und Lederhose mit Handschellen im Dunkeln auszuziehen während deine Unterwäsche aus Versehen noch an der Kette von den Handschellen festklemmt ? Dann wisst ihr warum ich paar Jahren später als Vater kein Problem hatte Pampers von meinen Kindern mit einer Hand zu wechseln. Wie hat die TheaterAkademie Euch auf den Arbeitsmarkt vorbereitet? Ich konnte schnell Arbeit finden, egal ob ich in Deutschland oder Rumänien lebte. Ich bin der Meinung dass die Akademie einen großen Teil dazu beigetragen hat, dass die jungen Menschen, die wir damals waren sich noch heute täglich bemühen etwas Eigenes zu erschaffen und kreativ zu sein. Und wenn man lernt kreativ zu sein, dann braucht man sich keine Sorgen machen. Da versteht man schnell, dass ein Diplom für die Arbeitsmarkt doch nicht so wichtig ist. Wichtig ist was du wirklich kannst und, noch wichtiger, was du lernen kannst. Und genau das hat mir die Akademie gegeben: die Wille immer die Welt neu zu entdecken, immer lernen zu wollen. 39 Nicht immer „Ziemlich beste Freunde“ Haben Sie sich schon einmal gefragt, warum ein 23 jähriger Theaterstudent, der eigentlich keine Motivation hat, den Hamlet spielen soll? Sicher haben Sie sich das noch nicht gefragt. Ich aber. Und Sie jetzt auch. Es gibt diese Momente im Leben, da fragt man sich, was mache ich hier eigentlich? Beantworten kann man das meistens erst, wenn es vorbei ist. „Haml it“, so nenne ich die Zeit bis zur Premiere, war so etwas für mich. Hamlet – der Dinosaurier des Theaters. Als ich von dem Angebot erfuhr den Hamlet spielen zu dürfen, hatte ich meine erste Begegnung mit eben diesem monströsen Ungetüm. Mit diesem Urgestein „Hamlet“. Ich kann Ihnen, verehrte Leserschaft, gleich im Voraus sagen: Sie irren sich, wenn Sie denken, dass Hamlet sich wesentlich von einem Dinosaurier unterscheidet. Für den Zuschauer - ja. Aber für mich - nein. Können Sie sich vorstellen, wie es sich anfühlt, die ganze Zeit diesen Text im Kopf zu hören, „Sein, oder Nichtsein, das ist hier die Frage?“: Man kommt sich irgendwann vor wie ein Irrer. Man stelle sich das einmal vor: du wachst auf und denkst als erstes „Sein, oder Nichtsein“, beim Frühstück geht es weiter, „Sein, oder Nichtsein“, unter der Dusche prasselt der Regen gemütlich gegen das Dach, „Sein, oder Nichtsein“, wenn du über die Straße gehst, wird es plötzlich existenziell, „Sein, oder Nichtsein“ und wenn du es überlebt haben solltest, kommst du an und das erste, was du an diesem Morgen aussprechen wirst ist: „Sein, oder Nichtsein“. Monologprobe. Da haben Sie‘s! Anders war das bei den Dinosauriern auch nicht. Hamlet - Ich - darf - (soll)- sein – will - spielen? Ich darf den Hamlet spielen! Ich muss mich vermutlich jetzt freuen.“ Vermutlich. Jeder andere Schauspieler würde den Eindruck bekommen, dass bei mir ein großer Irrtum vorliegen muss. Nämlich, dass sich der Schauspieler zu freuen hat, wenn er eine große, nein, eine der größten Rollen bekommt, und das sogar 40 ganz ohne Bewerbung. Andernfalls hätte er den Beruf verfehlt. Ich wusste das und blieb stumm. Nicht weil ich gerührt war. Nein, ich war entsetzt. Hamlet, der T-Rex, hatte mich gleich zu Beginn unseres nicht immer innigen Verhältnisses in die Ecke gedrängt. Mein Problem war, dass ich genau wusste, wie meine Umwelt meine fehlende Euphorie für diese Chance aufnehmen würde. Es war zu dieser Zeit für mich schlicht und ergreifend unmöglich zu glauben, dass ich den Hamlet spielen soll und kann, und schon gar nicht in der TheaterKompagnieStuttgart. Die ganze Welt, und natürlich offenbart sich hier mein Hang zur Dramatik, denn es war mitnichten die ganze Welt, sollte mir also zusehen, wie ich mit dem Raptor Hamlet ringe, mit nichts anderem bewaffnet, als einem Frosch im Hals. Ich frage mich an dieser Stelle, ob Sie sich, lieber Leser, immer noch fragen, wie ich zu einem solchen tierischen Vergleich gekommen bin? Ich hoffe nicht. Einzelheiten meiner Ängste möchte ich nämlich nicht sonderlich gerne beschreiben, aber ich kann Ihnen versichern, es gab Ihrer tausende. Wie kommt es, dass ich den Hamlet nun dennoch spiele? Weil ich ein Feigling war. Natürlich äußerte ich meine Bedenken. Oftmals sogar vehement. Aber aus Angst, es nachher zu bereuen, entschied ich mich für eine Zusage. Egal, welche Entscheidung ich getroffen hätte, eine feige Entscheidung wäre es geblieben. Es war also so oder so die Angst vor dem Spott „der Anderen“. Im Nachhinein habe ich festgestellt, dass es die Furcht vor meinen eigenen Erwartungen war. Die Entscheidung war gefällt. Es wurde leichter. Ein Tennistrainer sagte mir einmal nach zwei harten Trainingswochen: „Paul, jetzt nicht mehr Schnecke, jetzt Ente!“ Und genauso war es jetzt auch! Es fühlte sich scheiße an, entschuldigen Sie. Immerhin konnte ich jetzt gegen den Saurier an quaken! Ein erheblicher Gewinn, wenn sie mich fragen. Vom Davonfliegen war noch nicht die Rede, geschweige denn vom Kampf. Hören Sie bitte genau hin „anquaken“. Hören Sie das? Es klingt einfach jämmerlich, wenn man sich dagegen das Röhren eines Tyrannosaurus Rex vorstellt. ein Mensch zu sein, was tue ich eigentlich nicht aus Egoismus - wirklich nicht? Wenn man genau hinsieht ist es unglaublich wenig und je öfter man hinsieht, desto schwerer fällt es zu(zu)beißen. So gesehen bin ich nur die Aus der Verzweiflung heraus wurde mein Möglichkeit eines Menschen. Vielleicht sogar Quaken, teils mehr, teils weniger, und leider nur die Möglichkeit einer Möglichkeit. auch zum Bedauern meiner übrigens sehr verehrten Kollegen, immer lauter, und rauer. Hamlet ist also kein Saurier. Aber für mich Nach viel, viel Entengeschrei rückte die ist er einer, denn ich muss mit ihm kämpfen. Premiere plötzlich unbarmherzig näher und Aus der Retrospektive bin ich froh, wie es das war gut so. Denn plötzlich war da etwas, gekommen ist. Es kommt nicht immer darauf dass wichtiger war, als meine Angst, nämlich an, seine Ängste zu bezwingen, es kommt das Stück. Und weil mein Gequängel sich nicht immer darauf an, mutig zu sein. Ich habe nach wie vor nach Quaken anfühlte, richtete nur versucht, das Rückgrat zu entwickeln, sich mein Interesse auf andere Dinge. Vom meine Schwachheit auszuhalten. So lange Projektor, bis zum Bühnenbild war ich davon ich das ertrage, kann ich meinem T-Rex eingenommen. Der Dinosaurier musste auf ebenbürtig werden und gegen ihn antreten. einmal um Aufmerksamkeit betteln. Ich bin froh, dass ich mein Monster noch nicht getötet habe, dass ich es nicht bezwungen, Ohne es zu bemerken, fand ich mich in oder besiegt habe, denn dann würde ich nie einer Gemeinschaft wieder. Plötzlich war wieder die Frage stellen können: Sein, oder aus dem Einzelphänomen Paul Hamlet Nichtsein - denn das ist nach wie vor die etwas völlig anderes geworden. Viele Frage. Abende nach den Proben und viele Sam und Sonntage verbrachten wir gemeinsam Paul Schlösser damit das Bühnenbild zu bemalen, Nebel 4. Ausbildungsjahr Schauspiel & Sprache und Projektormaschine auszutesten, oder Requisiten zu finden. Die Rolle Hamlet war mir einfach unwichtig geworden. Es eröffneten sich durch den sprichwörtlichen Bau des äußeren Rahmen des Stückes ganz natürliche Spielmöglichkeiten. Schließlich war es soweit und wir kamen zum Startschuss unserer Tournee. Der T-Rex verließ mich nicht aber ich wusste, dass ich mich nur konzentrieren musste, um gegen ihn anzutreten. So schenkte mir mein Zweifel, ohne dass ich es wahr haben wollte, eine Nähe zu Hamlet, die ich ansonsten wohl nie kennen gelernt hätte. Ich konnte anfangs einfach nicht zubeißen. Das ist wohl (fast) das Wesentlichste, was Hamlet, neben den Schuppen, von einer Killermaschine unterscheidet. Er kann nicht zubeißen, auch wenn es richtig ist. Aber ist es das? Wir geben viel darum „Mensch“ genannt zu werden und manchmal frage ich mich, was tue ich dafür 41 Als ich den 1. Clown im Hamlet spielte Am Mittwoch, 25. Februar 2015, war es endlich soweit: der Abend der Premiere von „Hamlet“ im Stadttheater Lindau war gekommen. Man spürt Backstage die Anspannung aller Beteiligten. Wie wird das Publikum unser dreieinhalb Stunden-Werk aufnehmen? Die gestrige Generalprobe war recht gut. Aber heute geht’s um die Wurst, um „Sein oder Nichtsein“ im wahrsten Sinn des Wortes. Das ganze Ensemble wird zu einem einzigen, komplexen Körper und nur indem jeder seine Position so gut wie möglich ausfüllt, kann dieser Körper agieren und heute die Bühne rocken: ich selber bin eine der Zehen, Paul der Kopf, und dazwischen das restliche Ensemble – und alle sind wir aufeinander angewiesen. Die Vorstellung beginnt und auch hinter der Bühne wird es ruhig. Ich kann nur sehr subjektiv zurückschauend und -spürend über die Ereignisse berichten, da meine objektive Wahrnehmung etwas getrübt ist durch meine Auseinandersetzung mit einem hartnäckig arthritischen Knie. Am Anfang war die Anfrage. Auf jeden Fall - als ich dann Cornelia und Christian im Kaffeehaus traf, war mir klar, da sitzen mir zwei gegenüber, die brennen für das, was sie tun. Es machte mich neugierig, mit so einer jungen Truppe das Wagnis „Hamlet“ mitzuerleben und habe es nicht bereut. Schon nach dem ersten, naturgemäß noch etwas holprigen Teildurchlauf im Probenraum war ich verblüfft über die beachtliche Ensembleleistung. Das Alter der Darsteller war perfekt für diese Figuren. Zeitweise floss das Testosteron nur so von der Bühne; was ich sah war wild und ungestüm und kraftvoll. Dazu passte natürlich Alessandras mädchenhafte Ophelia auf tragische Weise: die Knospe der Liebe ist kaum erwacht und schon latscht das Objekt der Begierde gnadenlos drauf herum. Und wenn dann eine Schauspielschule das Glück hat, dass einer ihrer Eleven den Hamlet so grandios stemmt, dann schließt sich der Kreis. Paul zeigte mir einen Hamlet, wie ich ihn mir immer vorgestellt habe: zärtlich, 42 leidenschaftlich, lieb, witzig, verzogen, bösartig, zornig, berechnend, rücksichtslos. Das Ensemble schafft der Hauptfigur eine perfekte Spielwiese, um sich darauf austoben zu können – that’s the name of the game. Die Premiere war erfolgreich, das Publikum begeistert, es hat einfach Spaß gemacht. Auch die weiteren Vorstellungen liefen toll. Ich musste zwar immer gute zweieinhalb Stunden auf meinen ersten Satz warten, aber das war’s mir wert. Es hat wohl auch damit zu tun, dass ich mich in diesem Ensemble auch menschlich sehr wohl fühlte. Nach der Vorstellung staunte ich jedes Mal, wie flott die Jungs dieses beeindruckende, mächtige Bühnenbild in überschaubare Portionen zerlegten. Ja, ich freue mich auf die weiteren Vorstellungen. Dass die Studierenden die Chance haben, in der hauseigenen TheaterKompanie schon während der Ausbildung die Wildnis des Bühnenlebens - gemeinsam mit berufserfahrenen KollegInnen - erleben zu können ist von unschätzbarem Wert. Liebe TheaterAkademie, ich gratuliere zum 20. Geburtstag. Macht weiter so, Cornelia Elter-Schlösser und Christian Schlösser, macht weiter so! Gerhard Polacek, Schauspieler Schauspieler & Sprecher Fotos Svenja Lorenz 43 44 45 2005 2009 46 Griechenland 2005 und 2009 Freiheit ist zu wissen, warum ich bin. Freiheit ist nicht, tun und lassen zu können, was man will, sondern Freiheit heißt, zu verstehen, warum ich bin. Wenn ich weiß, warum ich bin, bin ich selbst Ursache alle meiner Handlungen. Joachim Daniel aus dem Vortrag „Ein Gott erscheint“ Der Kunsthistoriker und Philosoph Joachim Daniel gehörte lange Jahre zum Dozentenstamm der TheaterAkademie. Seine Kurse über Kunstgeschichte, Philosophie, Anthroposophie und Rhetorik sowie zwei Reisen nach Griechenland 2005 und 2009 gehören zum Wesentlichsten, Eindrücklichsten und Dichtesten was in den zwanzig Jahren ihres Bestehens an der Akademie gelehrt wurde. Eines der zentrales Themen seines Lebens war die Entstehung des Theaters aus den griechischen Mysterien und die damit verbundene Annäherung an die Frage „Was ist die Aufgabe der Kunst“. Er konnte junge Menschen wie kein anderer für Philosophie und Kunst begeistern, was besonders eindrücklich während der Griechenlandreisen sichtbar wurde. Er fehlt uns noch immer. Cornelia Elter-Schlösser ... Ein Mythos, das ist... eine Darstellung, so sagt Platon. Es ist eine Mimesis. Was ist eine Darstellung? Was ist eine Darstellung im Sinne der Kunst? Es ist die Enthüllung von etwas, was das Wesen selbst nicht enthüllen kann, sondern, was nur dadurch, dass es in einem anderen Wesen, in einem anderen Medium zur Erscheinung gebracht wird, sichtbar wird. Mythos heißt auf Griechisch ursprünglich nichts weiter als Wort. Malerei macht sichtbar, was unsichtbar ist. Musik macht das Unhörbare hörbar, der Mythos macht das Unfassbare fassbar, denn die Götter sind unfassbar. Zu dem ganz Wenigen, was wir von den griechischen Mysterien in Eleusis wissen, gehört, das die Mysterien in drei Stufen begangen wurden. Diese drei Stufen tragen auf Griechisch die Namen „dromena“, dass heißt Begehungen, „legomena“ das heißt Lesungen, „deiknymena“ das heißt Zeigungen. Ein Bild zeigt man; ein Wort hört man; Begehungen macht man. Was im Wesen der Kunst sichtbar wird: dass aus der Handlung, die ein Bild als Darstellung eines Wesens erzeugt, etwas erfahrbar wird, das ist das, worum es in den Mysterien ging, wenn ein Wesen erscheinen sollte. Denn das, was wir heute Kunst nennen, das stand damals noch in der Dimension, in die es ja auch eigentlich gehört: in der Wesensoffenbarung. Dazu muss man aber wissen, wie man so handelt, dass in dem Bild, das erzeugt wird, das Wort der Götter hörbar ist... Bild, Wort, Handlung. In allen Mysterien, zu allen Zeiten, geht es immer um diese Dreiheit: das Wesen zu erfassen durch Handlung, Bild und Wort. Joachim Daniel Auszüge aus dem Vortrag „Ein Gott erscheint - Mythos und Wesen der Persephone“ 2. November 2008 47 Griechenland 2005 2009 48 49 50 51 Auf der Reise Erinnerungen an Joachim Daniel Am 17.Oktober 2009 verstarb überraschend der Kulturwissenschaftler Joachim Daniel im Alter von 49 Jahren. Seine Freunde Wolfgang Held und Philipp Tok, zeichnen persönliche Schlaglichter eines vielseitigen Lebensporträts. Es waren Kurzvorträge über Ästhetik im Rahmen des Theaterfestivals am Goetheanum. Spiel und Fantasie waren Thema: Joachim Daniel erzählte, wie er als Junge mit Spielkameraden einen Erdhügel zum Schiff erklärt und ein an einer Stange montierter Mülleimer als Ausguck diente. Wir Zuhörer saßen mit ihm in dem imaginären Boot und verstanden, dass die, die damals ‹übers Wasser gingen›, Spielverderber waren und dass die, die Grasbüschel zu schwimmenden Inseln erklärten, gut spielen konnten. Dann kam der zentrale Gedanke: «Spiel braucht Regeln, und Spielregeln darf man nur brechen, wenn es zur Steigerung des Spiels führt.» Ein Gedanke mit Kraft. Weil er über sich hinausweist und nicht Endpunkt, sondern Anfang ist, weil er den Ernst der Kindheit erklärt ... Joachim Daniel gelang es in den vergangenen Jahren, das Wesentliche... zu erfassen. Seine gedankliche Sicherheit ließ... eine besondere Nähe zwischen ihm und dem Publikum entstehen. «Weißt du, warum man Kinder nicht karikieren kann? Weil sie immer wesentlich sind.» Diesen Satz von Friedrich Benesch zitierte Joachim Daniel gerne und unvermittelt. Vorausgehend Viele Redner holen ihre Gedanken aus den Zuhörern, formen während der Rede die Ideen. Anders Joachim Daniel: Er begann erst, wenn er den Gedanken vor sich hatte... Den Weg zum Wesentlichen hatte er alleine beschritten und geebnet, bevor er das Publikum an die Hand nahm. Das galt geistig wie physisch. Auf seinen über 52 60 Studienreisen war es Joachim Daniel unerträglich, durch eine Landschaft zu führen, die ihm nicht vertraut war. Für die Studienreise nach China im letzten Sommer unternahm er deshalb einen fünftägigen Höllenritt, um Minggräber, Mauer und Konfuziushain vorab in Augenschein zu nehmen. Er konnte sich in einem halben Tag ohne Unterbrechung in Aristoteles’ ‹De Anima› vertiefen, dabei wie sein früherer Lehrer Jörgen Smit mit Kugelschreiber ganze Absätze brandmarken Bald nachdem wir uns 1992 kennengelernt hatten, fragte er mich, ob er mir von 13.00 bis 14.00 Uhr astronomische Fragen stellen könnte. Erst am nächsten Tag verstand ich, dass er diese Zeit ‹täglich› meinte. Tanzender Philosoph Es gibt vermutlich kaum jemanden mit einer solch umfassenden Bildung und einer so kleinen Bibliothek wie Joachim Daniel und oft war es nur ein Autor, der für ihn zum Gesprächspartner wurde. Er ging nicht nur auf das Wesentliche zu, sondern fand auch jeweils einen wesentlichen Einstieg. Erst war es Platon, dann Aristoteles und schließlich Georg Picht, bei dem er die Brücke zwischen Philosophie und Kunst fand... Kurz vor Ende seines Studiums in Altertumswissenschaft und Sprachwissenschaft in Tübingen wurde ihm Nietzsches Satz «Ihr Philosophen, werdet Tänzer!» zum Anlass, statt einer vorgezeichneten akademischen Karriere... Eurythmie zu studieren. Er kam in den engen Schülerkreis von Jörgen Smit und hörte in den persönlichen Gesprächen mit seinem Lehrer den Satz: «Dein Leben ist eine Fuge, und du musst lernen, die Teile zu einem Ganzen zu fügen.» Das Eurythmiestudium wurde eine neue Melodie für Joachim Daniel, der während der Oberstufe in der Hockey-Bundesliga spielte und bei politischen Unruhen in der vorderen Reihe stand. Joachim Daniel konnte seine Ehe mit Helga Daniel nicht aufrechterhalten, folgte aber ihrem Rat, Griechenland zu besuchen. Dort fand er seine zweite Heimat, die er in den folgenden 20 Jahren über 50 Mal bereiste. – Schon bald konnte er sich mit griechischen Bauern oder Museumswächtern auf Neugriechisch unterhalten. Er notierte: «Wenn die Erde ein Leib ist, dann sind in Griechenland die Augen.“ Daniels Wesen, dass er bei aller Lebensfülle und Lebensliebe früh den Tod ins Angesicht nahm. Vermutlich schenkte ihm dieser innere Kampf seine Überzeugungskraft und Urteilstiefe. Vor 20 Jahren schrieb er folgendes Gedicht, überschrieben mit der mediterranen Pflanze (Hintergrundbild), die im griechischen Mythos das Reich der Verstorbenen bewächst. | Joachim Daniel war auf der Reise. Leiblich Wolfgang Held und geistig. War es vor 15 Jahren der in „Das Goetheanum“ 19.November 2009 Aphaia-Tempel auf Ägina, der für ihn zum Asphodelos Schlüssel wurde, war es vor zehn Jahren Du willst den Weg der Freiheit geh’n der Mithras-Kult, den er als Dramaturg Und kennst den Fels auf dem Du gründest? eines künstlerischen Projektes studierte, Der Gang zum Quell ist niemals schön so folgten Julian Apostata, dann Luther, Bis er sich ganz zu Dir geründet. Nietzsche, Schiller und der Islam – und Ich singe Dir ein altes Lied immer gründlich. Wo er den Kern nicht fand, Von Tod und Einsamkeit; da ließ er ab. Wie die Gipfel, die er auf den Das Licht hat keinen festen Grund – Wanderungen bestieg, wurde jedes Thema Bist Du auch schon bereit? zum Aussichtspunkt auf neue Gebiete. JoachimDaniel Beschrittenes wurde nicht abgelegt, sondern fand seinen Platz in seinem sich fortwährend weitenden Kosmos. Sein Gedächtnis erstreckte sich über einen weiten Fundus an Zitaten, Geschichten und Gedanken, aber auch über die Ergebnisse der Endspiele der Fußballweltmeisterschaften. Die Trauerfeier für Joachim Daniel... gab mit den fast vierhundert Gästen ein eindrucksvolles Bild der vielen inhaltlichen Beziehungen, in denen er stand... Joachim Daniel hatte eine kämpferische Natur, und gerade deshalb war es ein besonderer Anblick, als bei der Reise zur Sonnenfinsternis in der Türkei eine Taube während der Finsternis-Totalität ihren Kopf auf seinen Fuß legte. Es gehört zu Joachim Daniels Wesen und irritierte seine Umgebung immer wieder, dass er sowohl Durchsetzungsvermögen und Kraft als auch Einfühlungsvermögen und Milde besaß. Es gehört zum Widersprüchlichen in Joachim 53 Tragödie und Mysterium Geschichte, Hintergründe und Bedeutung des Theaters in der Antike Studienreise der Theater-Akademie-Stuttgart nach Griechenland mit Joachim Daniel 27. August bis 11. September 2009 Die Griechenlandreisen mit Joachim Daniel! Zwei Mal schafften wir es, mit praktisch allen Studenten der Akademie das Land der Achäer zu besuchen, die Quelle des mitteleuropäischen Theaters, der Demokratie, der westlichen Kultur. Über fünfzig Menschen versuchten während der nächtlichen Fahrt zu schlafen - in einem Bus, und rund tausend Kilometer Richtung Italien vor sich. Am Hafen von Anconas mit der Fähre weitere 21 Stunden, bis wir endlich in Griechenland angekommen waren, müde (denn geschlafen hatte kaum einer), aber voller Spannung, was uns erwarten würde. Eine erste inhaltliche Einführung hatte schon auf der Fähre stattgefunden. Eine wunderbare Einstimmung auf die vielen Erlebnisse und Gedanken, die uns Joachim in dieser kommenden Zeit vermitteln würde. Zuerst fuhren wir nach Olympia, einem der bedeutendsten Tempel der Antike. „Eintrete wer rein ist – rein ist aber wer heiliges denkt“ so die damalige Inschrift vor dem Haupteingang der olympischen Anlage. Und damit begann ein Abenteuer, das allen, die dabei sein durften, sich unvergesslich einprägte, und von dem heute noch viele Ehemalige sagen, es sei ein Höhepunkt in ihrer Ausbildung gewesen: die Auseinandersetzung mit Mythen und Denkweisen der alten Griechen, ihr besonderer Umgang mit dem Theater als Teil ihrer Heilstätten , das eigene und unglaubliche Licht, das Griechenland ausmacht und nicht zuletzt das intensive Gemeinschaftserlebnis, das uns als Schulgemeinschaft auch noch lange nach diesen Reisen trug. Archäa Phigalia war unser zweites Ziel, eine noch wenig erforschte Stadt, an dessen Rand uns ein kleiner Tempel erwartete. Dieser stand wie ein Wächter am Anfang eines Pfades, der den Beginn eines alten Einweihungsweges markierte, und an dessen Ende dem Mysterienschüler ein kleines Schauspiel begegnete: Dionysos 54 Akratophoros, der Gott des Rausches, der reinen Wein einschenkt, trat darin auf, er spiegelte dem Mysterienschüler seine persönlichen Unvollkommenheiten. Nach diesem sicherlich ernüchternden Spiel wanderte der Schüler mit einem ThyrsosStab in der Hand in die Schlucht des Flusses Neda herunter, wo dieser zwischen drei Berghängen in einer Höhle verschwindet. Dort unten wartete eine andere Göttin auf ihn, die schwarze Demeter, die Herrin der Pest und der Krankheiten. Diesen Abstieg beschritten auch wir schweigend, so wie damals der Einweihungsschüler, im Gespräch mit uns selbst. Unten in der Schlucht angekommen, befanden wir uns mitten in einer stillen, paradiesischen Landschaft, mit kleinen unberührten Seen kristallklaren Wassers, die bei den sommerlichen Temperaturen zu einem erfrischenden Bad einluden. So intensiv die Schönheit dieses Ortes auch war, eine besondere Trauer lag über ihr, und es bedurfte einiger Zeit, bis wir die Beklemmung des Ortes überwunden hatten und uns den „griechischen Badefreuden“ widmen konnten. Mit unserer Wanderung in die Schlucht waren wir offenbar auch seelisch gewandert, jeder in den eigenen inneren Abgrund und immer klarer wurden Joachims Worte: „ein Tempel ist das Haus eines Gottes. Er ist die Kristallisation der Landschaft. Dort, wo eine Stimmung besonders stark erlebbar ist, da ist der Gott anwesend und dort haben die Griechen ihm ein Haus gebaut.“ Später konnten die „Härtesten von uns“ noch in der Dunkelheit durch die tiefen Gewässer der Höhle schwimmen. Am Ende eines Tunnels angelangt konnte man verstehen, warum die alten Bewohner des anliegenden Dorfes auch heute noch sagen, dort dürfe man nicht hin, denn da tanzten die Nereïden… Am nächsten Tag erwartete uns die Tempelanlage bei Messene, dem Asklepios geweiht, dem Gott der Heilkunst. Er lehrte, dass die Krankheit selbst bereits der Beginn der Heilung sei. Joachim erklärte uns, dass man Platos Worte, der Mensch sei die Krankheit des Kosmos, nur verstehen könne, wenn man diese asklepiadeischen Gedanken einbeziehe und dass nach dieser Auffassung das Universum den Menschen zur Vervollkommnung brauche! Des Menschen Freiheit sei sein größtes Gut, zugleich aber auch seine größte Unvollkommenheit, denn dieses frei sich für etwas entscheiden zu können bedeute eben auch, sich gegen den Menschen und die Menschlichkeit entscheiden zu können. Auf dem Rückweg mussten diese Gedanken erst einmal „verdaut“ werden. Am nächsten Tag verließen wir unseren Campingplatz und nach einem Besuch des gigantischen Theaters in Epidauros, sowie der mit dem Theater verbundenen und angrenzenden Heilstätte, fuhren wir gen Westen. Unterwegs hielten wir in den bergigen, Schwindel erregenden Höhen von Bassai. Hier in dieser wüsten, steinigen Gegend steht ein ganz einmaliger Tempel zu Ehren Apolls, der an diesem Ort mit einem besonderen Beinamen verehrt wurde – Epikourios, der Heilende. Von hier aus erstreckt sich eine klare Sicht bis an den Horizont. Hier lehrte uns Joachim die Geometrie der Landschaft zu sehen und sie zu verstehen. Wir zogen imaginäre Linien von Eleusis nach Samothrake bis nach Ephesos, Delphi stand jetzt in einem imaginären Dreieck mit Olympia und Epidauros. Diese Tempel mussten demnach in Beziehung zueinander gebaut worden sein, wir staunten. Welche Weisheit der Erbauer. Das Rätsel Griechenland barg mit jeder Station neue Überraschungen. Weiter fuhren wir zu dem Orakel von Delphi, besuchten das Totenorakel, die Quellen des Acheron, einen der Eingänge des Hades, und das berühmte Orakel von Dodona. Am Fuße einer Eiche sitzend lauschten wir Joachims lebendigem Vortrag, der über den Weg der Luft vom Geräusch bis hin zum gesprochenen Wort erzählte…Und so wurden Rätsel für Rätsel gelöst und Unverständliches verständlich und immer wieder neue Fragen aufgeworfen. Es entstand für uns ein vielschichtiges Bild aus Mythos, Geschichte, Mysteriengeschichte und tiefer Weisheit. Vor allem aber: der Sinn des Theaters wurde immer deutlicher, Herkunft und Aufgabe unserer Kunst. So probierten wir auch einige Male selbst, wie griechisches Schauspiel wohl ausgeübt worden sein mag, die tänzerischen Bewegungen der antiken Schauspieler, die Sprechchöre, und waren tief berührt von der unglaublichen Akustik und Präsenz der antiken Theater. Auf der Rückreise nach Stuttgart fragte ich eine Studentin, wie sie die Reise fand, bzw. ob sie mit den Inhalten etwas anfangen könne. Sie antwortete fast empört, „warum wird das nicht in den Schulen gelehrt? Das ist so unglaublich spannend und wichtig! Eigentlich müsste jeder diese Reise machen.“ Mit großer Bestürzung erfuhren wir, dass Joachim am 18.10.2009, im Alter von 49 Jahren verstarb. Ganz plötzlich, ganz allein, in einem Hotelzimmer, mit seinen Büchern. Wie immer, unterwegs. Nur diesmal eine größere Reise… Große Ehrfurcht und Dankbarkeit diesem Menschen! Dank auch an Cornelia Elter und Christian Schlösser, die uns so wunderbares ermöglichten. Jidu Emiliano Pasqualini Schauspieler, Sprecher, Theaterpädagoge, Ehemaliger TheaterAkademieStuttgart Joachim Daniel 55 Meinem Traum ein Stückchen näher Schon als Kind lagen meine Interessen im künstlerischen und kulturellen Bereich. Tanz, Theater, Musik und Kunst begleiten mich schon seit meiner Kindheit. Im frühen Alter begann ich Instrumente zu spielen, Turnier zu tanzen und zu schauspielern. Es bereitete mir immer Freude mein Können vor Menschen zu präsentieren. Schauspielmethoden, die ich an der Schule gelernt habe, weiß ich mich innerlich anzubinden um somit authentisch spielen zu können. Ich habe so viel gesehen und gelernt und all dies bestärkt mich jeden Tag immer mehr zu diesem Schauspielstudium. Was ich in diesem Jahr erleben durfte fasziniert mich. Das Studium an der TheaterAkademie In einem freiwilligen sozialen Jahr entspricht meinen Vorstellungen, ja es wurde meine Entscheidung zu einem übertrifft sie sogar. Schauspielstudium zunehmend bestärkt, da mir dort bestätigt wurde wo meine Fähigkeiten Nicole Bunge liegen. Ich wollte meinem Traum ein Stück näher kommen und deshalb bewarb ich mich an der TheaterAkademieStuttgart. In diesen zwei Jahren an der Akademie habe ich so viel Neues gelernt, auch von mir Neues gelernt. Ich habe Seiten an mir entdeckt, die ich selbst vorher nicht kannte. Ich sehe wie ich jeden Tag, offener werde. Endlich fühle ich mich angekommen, angenommen und akzeptiert. Auch das Arbeiten mit meinen Mitstudenten und den Dozenten ist sehr offen und respektvoll. Durch das familiäre Klima in der Schule fühle ich mich wohl. Ich traue mich, ich selbst zu sein, dies konnte ich vorher nicht. Natürlich gibt es auch Tage an denen es nicht so gut klappt, aber gerade diese sind es, die mich auch in meinem Willen zu diesem Studium bestärken. Dieses Jahr an der Akademie gehört zu einem der intensivsten meines bisherigen Lebens. Es ist voller Gefühle, Entdeckungen, Erfahrungen, Erlebnisse und Neuerkenntnisse. Durch die 56 3.Ausbildungsjahr Doppelstudium Schauspiel und Theaterpädagogik Interview / Sylvia Benz, Esslingen Was assoziierst Du mit der TheaterAkademie? z.B. bei der Arbeit mit dem Atem oder bei Bewegungsanalysen. Ab und zu biete ich auch kleine theaterpädagogische Workshops für meine Klienten an Eine sehr bunte Zeit der Selbsterfahrung mit interessanten Menschen. Ausprobieren, Grenzen erweitern, in die Tiefe schauen Was waren Deine lustigsten Momente an der Akademie? Warum bist Du an diese Schule gekommen? Die ganzen Jahre an der TheaterAkademie waren eine sehr lustige Zeit. Ein echter Im Jugendseminar habe ich Cornelia Luxus und Christian bei Theaterprojekten Wie hat die TheaterAkademie Euch auf kennengelernt und hatte große Lust mit den Arbeitsmarkt vorbereitet? den Beiden weiter zu gehen und beim Aufbau der Schule dabei zu sein. Nach dem Abschluss hatte ich keine Wann hast Du Deinen Abschluss Ahnung was ich denn jetzt überhaupt gemacht? kann. Bei der ersten Anstellung an der Landesbühne Bruchsal war ich dann ganz 1999 überrascht, was alles in meinem Gepäck war. Was ist/ war Dein Lieblingsfach? Das kann ich nicht mehr sagen, jedes Fach hatte faszinierende Momente und Zeiten, in denen ich es gar nicht mochte, weil ich an meine Grenzen kam Was war Dein persönliches Highlight an der TheaterAkademie? Zu merken, dass mich das ganze Publikum versteht, wenn ich auf einer Bühne rede und ich gar keine Piepsstimme habe. Worin hast Du letztendlich deinen Abschluss gemacht? Wir hatten alle drei Studiengänge. Theater als pädagogisches Werkzeug hat mich immer am meisten interessiert. Ich bin Sprachgestalterin und Theaterpädagogin Was machst Du heute? Heute bin ich Körpertherapeutin. Das, was ich an der TheaterAkademie gelernt habe ist mir dabei immer noch hilfreich 57 Auf der Suche Als ich an die TheaterAkademieStuttgart kam, fühlte ich mich sowohl körperlich als auch emotional recht „eingerostet“. Ich war gejagt von einem Gefühl der Unsicherheit und des Leistungsdruckes in der Schule, im Arbeitsleben und oft sogar privat. Als ich mich an der TheaterAkademie bewarb, hielt ich das für normal. Doch plötzlich befand ich mich an dieser Schule, an der ein Umgang mit den Menschen herrschte, wie ich ihn noch nie zuvor erlebt hatte. Geradezu erstaunt stellte ich fest, dass die Dozenten hier an das Potential in jedem einzelnen ihrer Schüler glauben und das Beste aus ihm herausholen- und zwar mit Geduld, Einfühlungsvermögen, viel individueller Arbeit und Fachkompetenz. „Wer wirklich will und es auch kann, dem stehen hier alle Türen offen“, hat mein Schulleiter mal zu mir gesagt. Diese Philosophie hat mir geholfen, aus meinem Schneckenhaus hervorzukommen. Ich entdeckte mich selber und die Verbindung zu meinem Körper aufs Neue und was es heißt, sich selber zu spüren und zu tanzen – auch im übertragenen Sinne. Ja, ich entdeckte durch die Anwendung unterschiedlichster Schauspieltechniken, vor allem die Bewegungsmethodiken nach Tschechov und Grotowski, Muskeln und Gelenke, die ich vorher gar nicht kannte! Auf einmal fühlte ich eine Form der Freiheit und des Reichtums in meinen Bewegungen und meinem Tun, die mich sehr glücklich machte und die Faszination für die Menschen und die Welt um uns herum wiedererweckte. Seitdem kann ich mir ein Leben ohne Tanz, Bewegung und freie Äußerung der Emotionen gar nicht mehr vorstellen. Im Laufe meiner Ausbildung habe ich zum ersten Mal erlebt, dass ich für eine Sache über meine physischen und auch seelischen Grenzen hinausgewachsen bin, weil ich sie so sehr will. Und dass es nicht das Wichtigste ist, von Anfang an gut oder gar perfekt zu sein, sondern dass der Moment zählt, in dem ich anfange, aus einer Idee heraus etwas 58 zu schaffen. Zum Beispiel, indem ich die Jonglagebälle, nachdem sie das gefühlt 120. Mal gefallen sind, wieder aufhebe, um beim 121. Mal endlich erfolgreich zu sein. „Ich war ein Stein, aber jetzt bin ich frei“ ist der Satz, der mein Gefühl zur eigenen Entwicklung der letzten Zeit am treffendsten beschreibt. Die TheaterAkademie ist ein Ort, der mir tiefe Erfahrungen und Freundschaften fürs Leben geschenkt hat und den ich nie mehr missen möchte. Schauspiel funktioniert nur, wenn ich echt bin. Es gibt kein gut und schlecht in der Kunst, es gibt nur Echt und Unecht. So wie im Leben. Es gibt keinen perfekten Menschen. Und irgendwie doch. Denn es gibt die Vollkommenheit, die einer Seele entspringt in dem Moment, da sie sich ehrlich ausdrückt. Und jene Vollkommenheit möchte ich am eigenen Beispiel in die Welt tragen. Und für diese Erkenntnis und die Vorbereitung auf das, was kommt, danke ich meiner Schule von Herzen. Constanze Feulner, 3. Ausbildungsjahr Schauspiel Scheitern lernen Als ich das erste Mal in einem Stück mitgespielt habe, wurde mir bewusst, dass mir Schauspiel allein nicht reicht. Ich hatte stets das Bedürfnis das Stück nicht nur mit zu entwickeln, sondern am liebsten selbst eine Gruppe zu leiten und gemeinsam etwas entstehen zu lassen. Es geht mir darum sich mit einem Thema in einer Gruppe auseinanderzusetzen, etwas entwickeln zu können. Deswegen interessiert mich die Theaterpädagogik auch so sehr, da hier die Entwicklung jedes Einzelnen gefördert wird. Sie kann kulturelle und soziale Schranken spielerisch lösen und das Gemeinschaftsgefühl fördern. Ich selbst habe in meiner bisherigen Schulzeit an der TheaterAkademie gelernt, wie viele dieser Methoden, mich selbst und andere sensibler machen. Warum ich an der Akademie bin: Weil ich hier das gute Gefühl habe richtig zu sein, weil ich hier die Möglichkeit habe, mich frei zu entfalten, weil ich hier meinem Traumberuf näher komme. Elisa Bohnstengel 2. Ausbildungsjahr Die TheaterAkademie begleitet und bringt mich auf meinem Weg weiter voran. Ich habe mich für diese Schule entschieden, weil mir der familiäre Umgang untereinander sehr gut gefällt und ich gefordert und immer wieder über meine Grenzen hinaus gebracht werde. Katrin Döringer 2.Ausbildungsjahr Theaterpädagogik Theaterpädagogik ist ein wunderbares Mittel Konflikte zu bearbeiten und somit auch zu lösen. Ich möchte anderen beibringen können, wie man lebendiger lernen kann und wie man dadurch Handlungslust und Kreativität erweckt. Wenn ich an die Zeit nach meiner Ausbildung denke, wäre mein Wunsch mit den unterschiedlichsten Gruppen zu arbeiten: mit Schülern aus Brennpunktschulen, Geschäftsleuten oder Senioren. Jeder hat individuelle körperliche, emotionale und sprachliche Gaben, die man so fördern kann. Erfahrungen können das Selbstbewusstsein und das Selbstwertgefühl steigern und vielen Menschen so in ihrem Alltag helfen. Unsere Gesellschaft schreibt uns vor nicht scheitern zu dürfen und genau diese Angst vor dem Scheitern sollte uns genommen werden, auch das ist eine, vielleicht sogar die wichtigste Aufgabe der Theaterpädagogik Karoline Cisek 3.Ausbildungsjahr Doppelstudium Theaterpädagogik und Schauspiel 59 Interview / Tobias Wagenblaß, Stuttgart Warum bist Du an diese Schule gekommen? Ich wollte Schauspiel studieren, habe in Google „Theater Akademie“ eingegeben und als erstes Ergebnis kam die Theater Akademie. So kam eins zum anderen. Wann hast Du Deinen Abschluss gemacht? 2013 Was ist/ war Dein Lieblingsfach? Grotowski. Der Unterricht mit Peter Rissmann hat genau zu mir gepasst. Frei im Raum sein, sich viel bewegen, dabei habe ich für mich die größte Entwicklung gespürt. Was war Dein persönliches Highlight an der TheaterAkademie? Die Arbeit in der TheaterKompanie. Es ist mitunter sehr anstrengend, aber die Erfahrung und die Erlebnisse sind mehr wert. Worin hast Du letztendlich Deinen Abschluss gemacht? Schauspiel und Schauspiel. Was machst Du heute? Ich bin als freiberuflicher Schauspieler tätig und gebe Akrobatikunterricht. Was waren Deine lustigsten Momente an der Akademie? Zwei Worte: Spontane Partys Wie hat die TheaterAkademie Euch auf den Arbeitsmarkt vorbereitet? Die Akademie ist ein Ort, an dem man Werkzeug und Handwerk gelehrt bekommt. Es ist alles Notwendige dabei 60 und gerade in der Zeit meiner Ausbildung wurde begonnen, sich auch in Richtung Film zu orientieren, was mir persönlich viel für die Arbeitswelt geholfen hat. Die beste Hilfe für den Arbeitsmarkt sind aber die Kontakte die man knüpfen kann. Vom Puck und anderen Lebensgeistern Ein besonderer Dank an die GLS Treuhand „He, Geist! Wo geht die Reise hin?“ fragt Puck - Hofnarr des Elfenkönigs Oberon - die Elfe zu Beginn des Sommernachtstraum von William Shakespeare. Wo die Reise hingehen soll fragt sich der Studienfonds Puck auch immer wieder? Gegründet wurde der Fond 2003; gegründet um die Liebenden zu vereinen. Die Liebenden? Nein, wir sind kein Kuppel-Club an der Schule – vielmehr hat es sich die Schülerschaft mit dem Studienfond zur Aufgabe gemacht, auch jenen Schülern, die aus schwierigen finanziellen Verhältnissen kommen, zu ermöglichen sich ihrer Traumausbildung und ihrer Liebe zur Kunst ganz hinzugeben. Diese sozusagen zu vereinen. Wie im Sommernachtstraum geht es dabei immer um die Verkehrung der aktuellen Verhältnisse. Doch wünschten wir oft, wir hätten eine Zauberblume, deren Nektar wir nur auf die Augen der Schlafenden träufeln müssten, statt dessen sind meist Papier und Stift unsere effektivsten Waffen. Hier ein Antragsformular, dort noch ein Empfehlungsschreiben. Doch der Studienfond, das ist nicht nur das kleine Kernteam, das sich um die Verwaltung kümmert. In die Schule aufgenommen zu werden, heißt auch Verantwortung zu übernehmen. Verantwortung für ein Miteinander, in denen jene, die in finanzieller Bedrängnis leben, Unterstützung erfahren. „Ich eil, ich eil, sieh, wie ich eil!“ heißt es da und wie der Puck eilt so mancher, um die Schulparty zu organisieren oder eine Versteigerung auf die Beine zu stellen. Der Studienfonds war und ist schon immer ein wichtiger Lernort, an dem SchülerInnen in organisatorische und verwaltungstechnische Aufgaben hineinwachsen können. Neben dem Geld, das die Schülerschaft selbst eingeworben hat, hat die GLS Treuhand den Studienfond in den letzten 12 Jahren mit rund 100.000 Euro unterstützt. Diese wurde teilweise als Darlehen, teilweise als Schenkungen ausgezahlt. Insgesamt konnten 49 SchülerInnen gefördert werden. Ohne diese Unterstützung wäre es Ihnen nicht möglich gewesen, ihre Ausbildung abzuschließen. Ein großes Dankeschön! Nicola Brisch 2.Ausbildungsjahr Theaterpädagogik Mitglied im Kernteam des Studienfonds 61 Zum Leitbild der TheaterAkademieStuttgart Die UNO hat die erste Dekade des neuen Jahrtausends der „Kultur des Friedens“ gewidmet. Ausgangspunkt ist die Erkenntnis, dass es nicht genügt, ganz allgemein Kriege zu verurteilen. Wir müssen auch die zugrunde liegende „Kultur der Gewalt“, die immer wieder Kriege hervorruft, überwinden. Eine wesentliche Rolle kann dabei die Erziehung spielen... Dem Sprach- und Literaturunterricht kommt dabei eine entscheidende Rolle zu. Um zu begreifen, wie eine Gesellschaft funktioniert, mehr noch, wie wir selbst uns als gesellschaftliche Wesen verhalten, reichen politische und soziologische Fakten nicht aus. Erst wenn man die kulturellen Grundlagen einbezieht – Sprache, Medien, Kunst und Literatur – erhält man ein vollständiges Bild. Doch Kunst und Literatur helfen nicht nur, die Welt zu verstehen, wie sie ist, sondern auch zu sehen, wie sie sein könnte. Literatur hat heute – nicht trotz, sondern wegen der Allgegenwart der Massenmedien – die unverzichtbare Funktion, das Selbstverständliche in Frage zu stellen. Ingeborg Bachmann hat den „Konflikt mit der Sprache“ als eigentliches Charakteristikum des Schriftstellers genannt. Die Suche nach neuen Ausdrucksformen ist ... das permanente Bemühen, eine Sprache zu finden für einen neuen Blick auf die Welt. Heftig kritisiert Bachmann die Meinung, dass „der weltbestimmende und weltanschauliche Gehalt“ der Dichtung uns „nichts anzugehen brauche. Sie tritt ein für eine Literatur, die mit dem Unfrieden der Welt keinen Frieden geschlossen hat. Und dann der erstaunliche Satz: „Hätten wir das Wort, hätten wir Sprache, wir bräuchten die Waffen nicht“. Das ist nicht das billige Klischee von „Kultur statt Krieg“. Ingeborg Bachmann verweigert die Idylle einer Welt des Geistes als Gegensatz zur Welt des Geldes, der Macht, der Waffen. 62 Sie weiß nur zu genau, welche Gewalt von Worten ausgehen kann. Doch sie sieht in der Arbeit an der Sprache, in der unendlichen Suche nach der „von uns erahnten Sprache, die wir nicht ganz in unseren Besitz bringen können“ (Bachmann 1978), die eigentliche Aufgabe... Werner Wintersteiner Auszüge aus dem Buch „Hätten wir das Wort, wir bräuchten die Waffen nicht“ Erziehung für eine Kultur des Friedens Kindliche Sprachentwicklung Goethe sagte einst: „Zwei Dinge sollen Kinder von ihren Eltern bekommen: Wurzeln und Flügel!“ In unserer heutigen Zeit ist es zusätzlich und vermehrt die Aufgabe von Pädagogen, Bindung aufzubauen, Nähe und Vertrauen zu bilden und familienergänzend individuell Alltag zu gestalten, damit Kinder „fliegen“ und sich frei entfalten können. Wahrnehmungsvermögen, Geduld und Visionen, Neugier, Kontinuität, konsequentes Handeln, Motivation sind einige wenige Kompetenzen, die für die Arbeit ganz allgemein nötig sind. Der Pädagoge muss heutzutage viel stärker kompetenter Partner für kindliche Lernprozesse sein als noch vor wenigen Jahrzehnten. Wirft man nun einen Blick auf die kindliche Sprachentwicklung und denkt an unsere heutige Gesellschaft, insbesondere daran wie viel Zeit den Kindern für sinnvolle und intensive Gespräche entgegengebracht wird, so kann man die Verantwortung des Pädagogen im Hinblick darauf erahnen. Heute hören Kinder nur noch selten „life“ Geschichten und die Intensität und Dauer von Gesprächen nimmt stark ab. Fernseher oder CD-Player stehen anstelle des unmittelbaren Erzählens. So beträgt der Medienkonsum heute bei Kindern bis acht Jahren durchschnittlich 5,5 Stunden pro Tag; direkte Gespräche dagegen finden im Schnitt nur noch 12 Minuten täglich statt. Dass Kinder die Sprache jedoch nicht über das Fernsehen erlernen können, ist mittlerweile wissenschaftlich erwiesen. Sprachlosigkeit, Bewegungsmangel und Isolation stellen also Pädagogen vor große Aufgaben, denn der Erwerb der Kulturfähigkeiten Lesen, Rechnen und Schreiben wird auf Grund der mangelnden zwischenmenschlichen Kommunikation immer schwerer für Kinder. Im Jahre 2011 lagen die Sprachstörungen von Mädchen und Jungen mit Schuleintritt im Schnitt bei 34%. Sie steigen stetig weiter an und man kann bereits bei Kindern im Vorschulalter schwere motorische und sensorische Defizite feststellen. Kaum ein Kind, das in die Schule kommt, kann noch gut rückwärts laufen, auf einem Bein stehen oder balancieren. Ergotherapeuten haben viel zu tun, um Störungen, oder Entwicklungsrückstände auszugleichen. Auch Pädagogen bräuchten eigentlich im Hinblick auf Sprach- und motorische Entwicklung einen „Rucksack“ an Handwerkszeug. Dazu leistet die Sprechpädagogik einen sehr wertvollen Beitrag. Sie ist mir in der Arbeit mit den Kindern eine nicht mehr wegzudenkende Ergänzung geworden. Darum ist für mich in der sprachlichen Arbeit der Blick auf die körperliche, seelische und geistige Entwicklung der Kinder von großer Bedeutung. Sprache ist Bewegung äußerlich, sowie innerlich. Dies versuche ich für die Kinder erfahrbar zu machen, sie sollen Bewegung, Rhythmus und Stille erfahren, und beim Geschichtenerzählen, Singen oder bei Fingerspielen das Lauschen lernen. In unserer heutigen schnelllebigen Gesellschaft geht uns das Staunen und SichEinlassen auf die Welt oder andere Menschen immer mehr verloren. Mit der Sprache und ihren unendlich vielen Möglichkeiten Christina Pfeiffer begebe ich mich in die Welt der Kinder Ehemalige TheaterAkademieStuttgart und baue auf die gesunde Entwicklung Element-i Teamleitung Theaterpädagogin eines jeden einzelnen. Logopäden und BuT®/SprecherStabsstelle Theaterpädagogik NRW 63 Über die Kunst, Kind und Kultur unter einen Hut zu bringen Wie viele Babysitter brauchen zwei Solisten am Stuttgarter Ballett für die gemeinsame Tochter, um ihre Parts zu tanzen? Was macht ein Mitglied des Opernchors mit seinem Sohn, wenn die Aufführung ansteht? Und haben es Schauspieler-Kinder besonders schwer zwischen Probe und Vorführung? Die Kita der Staatstheater wirkt auf den ersten Blick wie eine fröhliche WG mit extrem viel jungen Mitbewohnern. Christina Pfeiffer, die Teamleiterin der Einrichtung, erzählt schnell und lacht gerne und viel. Die Erzieherin und Theater- und Sprechpädagogin hat erst eine Ausbildung zur Waldorf-Erzieherin gemacht und dann an der TheaterAkademie studiert. Zum Team gehört auch immer mal wieder ein/e Student/in der TheaterAkademie, die ihr Abschlusspraktikum in der Kita absolvieren. „Wenn die Studenten kurz vor ihrem Abschluss zum Sprecher oder Theaterpädagogen stehen, überlegen sie sich ein Thema für die Kinder, das zum Thema Sprache funktionieren könnte“, erzählt Pfeiffer. Mal sei das ein Fingerspiel mit Sprache und Bewegung, um Sprache spielerisch zu verankern, mal gebe es eine Reise zu Vokalen, bei denen Buchstaben mit Salzteig gebacken werden. Dorf um die Kinder kümmert.“ Umso wichtiger sei eine feste Struktur in der Kita. Wir wechseln in dieser Geschichte zum Thema Kinderbetreuung die Perspektive. Von der Kantine der Staatstheater geht es in das Reich des Stuttgarter Balletts. In einem der zahlreiche Studios warten die Halbsolistin Katarzyna Kozielska und der Solist Damiano Pettenella mit ihrer vierjährigen Tochter Mia. Die kleine Künstlerfamilie steht stellvertretend für die Internationalität des Stuttgarter Balletts. Kozielska wurde im polnischen Zabrze geboren, Pettenella im italienischen Verona. Untereinander sprechen sie Englisch, mit der Tochter Deutsch, die kleine Mia antwortet dann wiederum auf Polnisch oder Italienisch. Unter den anderen Tänzern am Ballett gibt es nicht viele Eltern. „Viele Tänzerinnen haben Angst, zwei Jahre aus dem Beruf draußen zu sein und dann nicht mehr hineinzufinden“, sagt Katarzyna Kozielska. Bei all den spannenden Aufgaben als Tänzerin und Choreographin sei für Kozielska die erste Priorität aber immer die Mutterrolle: „Mia ist unsere Nummer 1!“ Wird man als Tochter zweier Startänzer eigentlich unweigerlich auch Tänzerin? Damiano Pettenella schüttelt energisch den Kopf. „Wir versuchen sie, auf keinen Fall in irgendeine Richtung zu drängen. In alldem, was sie gerne macht, versuchen wir sie zu unterstützen.“ Ob es nach dieser erfolgreichen ersten Produktion ein zweites Kind geben wird? Beide lachen verlegen. „You can manage pretty much everything“, sagt Damiano Pettenella. Kind und Kultur unter einen Hut zu bringen, ist eben auch nichts weniger als eine große Kunst. Die Eltern haben Verträge von 20 bis 40 Wochenstunden. Extrem unbeholfene Frage: Ticken Künstlerkinder anders als Kinder, die in einem klassischen Haushalt aufwachsen? „Künstler brauchen extrem flexible Betreuungszeiten. Künstlerkinder sind schon früh viel unterwegs unter Erwachsenen, haben viele Babysitter und andere unterschiedliche Bezugspersonen. Sie fremdeln nicht so arg wie andere Kinder, ohne das werten zu wollen.“ Sie seien Erwachsenen allgemein erstaunlich freundlich gestimmt. „Man kann es vielleicht Ingmar Volkmann am ehesten mit einem Aufwachsen wie in Stuttgarter Zeitung Afrika vergleichen, wo sich auch das gesamte 64 65 Liebe/ Lieber Mitschüler/in, kennst du das? Du hast in 5 Minuten Sprachunterricht und mal wieder keinen Text vorbereitet? Zum wiederholten Male? Und du hast keine Lust wieder doof da zu stehen? Natürlich gibt es dafür keine annehmbare und glaubhafte Entschuldigung, sei dir dessen bewusst!! Doch zukünftig muss das nicht mehr sein! Abhilfe in dieser äußerst brenzligen Situation kann folgender Text schaffen, den du dir (auch noch 5 Minuten vor dem Unterricht) " praktisch ausschneiden (oder einfach in aller Hektik und dementsprechend gewaltvoll ausreißen) kannst. Ganz locker flockig. Sprachunterricht gerettet!! (Ich spreche aus Erfahrung). Aber Obacht: Absprache mit anderen Mitschülern, die eventuell ebenfalls davon gebrauch machen, ist von Vorteil, da es sonst wieder zu unangenehmen Situationen kommen kann (auch hier spreche ich aus Erfahrung) Viel Spaß dabei. Und immer schön den Stimmsitz trainieren. Auf bald, Nico. Hier ausschneiden WER WENN NICHT WERNER? NICOLAS SCHÖNBERGER „Mehr Power!“, fordert Werner lautstark am Rande des Spielfelds stehend und seine Jungs von Fortuna 93 Dorfkirchen scharf beobachtend. Aus tiefster Kehle brüllt er ihnen strategisch ausgeklügelte Anweisungen entgegen: „Andy, geh da rein, Mensch! Rouven spiel ab man, spiel ab!“. Seine Halsschlagader, die in unrhythmischen Intervallen stark geschwollen vor sich hin pulsiert, ist unübersehbar. Der Schnauzer, welcher seine Oberlippe ziert, ist korrekt in Form, allerdings vom ständigen Rauchen am unteren Rand schon etwas gelblich gefärbt. Sein geschulter Blick wird durch eine Brille, die vom Modell her zu deuten ihren Ursprung irgendwo in den späten Siebzigern hat, geschärft. Um bei diesem Wetter einen kühlen Kopf zu bewahren, trägt er eine Schirmmütze der Brauerei „Bitburger“, die ihm an diesem Tag ausreichend Schatten spendet. Eben ein Getränk jener Brauerei hält er praktisch abgefüllt in einer Dose in seiner rechten Hand fest umschlossen, um seine Kehle mit kurzen aber dafür großen Schlücken zu ölen um sie vor einer Überreizung zu bewahren. Eine gute Idee, die kaum Wirkung zeigt. „Männers, was das denn? Lange Pässe, lange Pässe! Diago! Diago!“. Sein aus Ballonseide gefertigter Trainingsanzug spendet dem großen Meister ausreichend Schutz. Es ist sein Umhang, wie ihn jeder große Magier zu tragen pflegt. Der Unterschied liegt für den Außenstehenden allerdings darin, dass der Umhang des Magiers eine gewisse Autorität verleiht. Auch mit viel Mühe und gutem Willen kann man diese aus Werners Trainingsanzug nicht herauslesen. „Was machsu? Robert! Hau weg das Ding, auffa ganzen Pflanke! Nochma sowas und ich zieh Dich eijenhändisch vom Feld, mein Lieba“. Anne Ohren, sagt er meistens noch, wozu er aber dieses Mal nicht mehr kommt, da ein Spieler der der gegnerischen Mannschaft seinen besten Mann mittels einer saftigen Blutgrätsche vom Platz befördert hat. „Schaise, man. Schaise!“. Er wendet sich der rechten Spielfeldhälfte zu, wo der Trainer der gegnerischen Mannschaft besonnen sitzt. Ein Junger, im Gegensatz zu Werner durchaus sportlicher Trainer. Ein Gewinnertyp, der Garant für den Besuch aller Mütter am Spielfeldrand. Der Liebling aller pubertierenden Mädchen, die lauthals kichern, wirft er ihnen einen einen schüchternen Blick zu. „Komm Thomas! Das wäre jetzt wirklich nicht nötig gewesen“. Thomas, ebenfalls ein Spieler mit Adonisfaktor schlendert bedröppelt vom Feld, als der Schiri ihm mit aller Deutlichkeit die rote Karte ins Gesicht hält. 66 „Der verpfeift uns jedes Mal!“ schreit ein Rudel stark angetrunkener Väter vom Spielfeldrand, als sie im Begriff sind leere Bierdosen auf das Feld zu werfen, um ihren Protest für alle, wirklich alle, sichtbar zu machen. Von seinen Teamkollegen wird Thomas auf eine sportliche Weise begrüßt. Man knufft ihm in die Schulter, rubbelt sein ohnehin schon zerzaustes Haar, bevor man ihm auf der Spielerbank einen Platz anbietet. Auf der anderen Seite sieht dieses Ritual schon ganz anders aus. Robin, dem diese Blutgrätsche gegolten hat, humpelt unter lautem Stöhnen vom Platz. Werner reagiert pflichtbewusst und markiert seinen Standpunkt als verantwortungsvoller Coach: „Robin, du Flasche. Ab zurück aufs Feld. Wir sind hier nicht beim Schach! Du brauchst dich gar nicht zu setzten. Heul nicht so rum wegen na Schürfwunde, sonst krixe gleich noch eine und zwar von mir!“. Robin fällt in Richtung Spielerbank, wo er von seinen Teamkollegen aufopferungsvoll begrüßt wird. Man schlägt ihm ihn den Bauch, spuckt ihm Wasser ins Gesicht, kommentiert sein Wehklagen verständnisvoll: „Mann, Robin du Spacko“, „Was kannst du eigentlich?!“, „Nichts, und das nicht mal richtig“, bevor man ihm einen Platz abseits aller Sitzgelegenheiten anbietet. Robin bricht zusammen und bleibt liegen. Werner widmet sich indessen mit großer Selbstlosigkeit dem Unterstützen seiner Mannschaft. Denn diese ist wider aller Erwartungen im Ballbesitz. Manuel, ein hochgewachsener Junge rennt mit knallrotem Kopf und stark prustend mit großen Sprüngen auf das gegnerische Tor zu. Den Ball führt er sicher an der Fußspitze. Auf der Spielerbank schürt sich spürbar die Spannung. Auch Werner kann seine Aufregung nicht weiter zurückhalten und verleiht seiner Begeisterung Ausdruck, indem er seine angekratzte Stimme mit einem hastigen Schluck aus der Dose kühlt und zum Schlachtruf ansetzt: „MAAANUUUUU“, tönt es indessen voller Vorfreude von der Spielerbank. Manu rennt leicht benommen, sich der Verantwortung über die seinige Situation im klaren auf das gegnerische Tor zu. Der Torwart atmet tief durch und macht sich zum Absprung bereit. Ein letzter Pruster, dann ist es soweit. Manu holt zum vernichtenden Torschuss aus. Sein Fuß streift über den zerzausten Rasen, trockenes Gras wirbelt durch die Luft und der Ball rast geradewegs auf das Tor zu. Luftanhalten. Latte! Ausatmen. „Mann, das kann doch alles nich wahr sein!“, brüllt Werner und steckt sich eine Kippe an. Doch der Ball fliegt geradewegs zurück in das Spielfeld und Manu setzt zum Kopfball an. Er springt ab und fliegt, nein, schwebt engelsgleich mit gestrecktem Körper dem Ball siegessicher entgegen. Dieser dreht und dreht sich, wie ein Planet, der gerade aus seiner Umlaufbahn ausgebrochen ist. Hoch, weit oben über dem Spielfeld, nahe der Sonne, bahnt sich ein Schauspiel galaktischen Ausmaßes an. Die Kollision zweier Himmelskörper. Engelsgesang. Als Manuel wieder zu Bewusstsein gelangt befindet er sich kopfüber in einem Busch unweit des Spielfeldes. An die letzten zehn Minuten hat er keine Erinnerungen mehr. Mit letzter Kraft rappelt er sich auf und geht nach Hause. Das Spiel wird abgepfiffen. 0:1, für die Mannschaft aus… ja woher eigentlich, fragt sich Werner. Und diskutiert dies mit seinen Jungs bei einer Kiste Bier, die von der Brauerei jener Biermarke freundlicherweise zur Verfügung gestellt wird. Derweil umrundet der Nachwuchs, die Fortuna Dorfkirchen 93 “Minis”, den Platz mit einer Spardose, die die Form eines Fußballs hat und bitten in vorpubertär gereizter Laune um “eine Spende für die Jugend”. Das ist deutscher Fußball in seiner reinsten Form. Der Fußball entwickelt sich zu einer Hochkultur, von der man in 1000 Jahren noch schwärmen wird. Werner ist Beleg dafür. 67 Ganz Mensch Mittelpunkt stellt. Theater, das keine Lust macht zu machen, macht auch keine Lust beim Anschauen. So einfach ist das und so schwer zu bewerkstelligen. „Die Luft, die man atmet ist voller Fragen, die ohne Antwort bleiben und ich frage mich, was wichtiger ist: Diese Fragen zu beantworten oder sie zu stellen.“ Michelangelo Antonioni Die besten Produktionen, die ich begleitet habe als Dramaturg und/oder Theaterpädagoge, waren die, wo das Proben Spaß gemacht hat. Hier gab es Spiel-Raum für Neugier, ohne die Furcht des Scheiterns oder etwas „falsch“ zu machen. Ein wichtiger Faktor dabei ist die gegenseitige Wertschätzung von Regie und Schauspiel. Theaterarbeit ist eine zutiefst menschliche. All zu oft leider gerät das aus dem Blickfeld, wenn sich die praktische Arbeit auf Gänge, Haltungen, Betonungen und Wirkungen „Der Mensch ist nur da ganz Mensch, wo fokussiert. Da heißt es wirklich Haltung zu er spielt“ - das bekannte Zitat von Friedrich bewahren und sich zu behaupten, anstatt Schiller ist beliebt bei Theatermenschen etwas zu behaupten, was nicht „stimmt“. im allgemeinen und Theaterpädagogen im Besonderen. Ich habe viele Jahre an Dazu braucht es Menschen, die nicht nur Theatern gearbeitet, als Dramaturg, vor Charaktere spielen, sondern auch Charakter haben. Persönlichkeiten die Personen allem aber als Theaterpädagoge. verkörpern. Damit sie das „stimmig“, also Beide Aufgaben haben meine Wahrnehmung glaubhaft machen können, brauchen sie geschärft dafür, was beim Publikum gut neben Respekt für die Arbeit und Vertrauen ankommt und was nicht. Ich meine mit „gut in die Regie auch Selbst-Vertrauen. Sie ankommen“ nicht, dass viele Menschen in das brauchen eine gestärkte Persönlichkeit, ein Stück gegangen sind - das hängt maßgeblich Wissen um die Dinge, die sie spielen und ein und leider oft vom Bekanntheitsgrad des Wissen um sich, die da spielen. Titels ab oder von der „Notwendigkeit“ es Kurz: Ich drehe das Schiller-Zitat mal um und gesehen haben zu müssen. behaupte: „Der Mensch spielt nur da (gut), Was ich mit „gut“ meine, spielt sich in der wo er ganz Mensch ist.“ magischen Wechselwirkung zwischen Bühne und Zuschauerraum ab. Die Resonanz Ich schreibe das, weil die TheaterAkademie bei der Aufführung, die sich im Idealfall für mich ein Ort ist, wo die Ausbildung gegenseitig positiv verstärkt und einen guten den ganzen Menschen sieht, umfasst und Theaterabend möglich macht. Und hier liegt fördert. Deshalb arbeite ich sehr gern hier. der Schlüssel bei der vorangegangenen Weil die Ausbildung nicht nur auf vielfältige Weise Handwerkszeug vermittelt, sondern Probenarbeit. Menschen begleitet und ermutigt, ihre Theater, das gut ankommen will beim individuellen Fähigkeiten zu entwickeln und Publikum, braucht eine Atmosphäre, die das zu entfalten. Durch Wertschätzung, das WahrSpielerische bei der Probenarbeit in den Nehmen und die persönliche Begleitung der 68 Menschen, die sich uns anvertrauen. Und das mit großer Neugier, mit Respekt und auf ganz individuelle Art. Ich glaube, dass auf diese Weise Menschen die TheaterAkademie verlassen, die ihren Betrag leisten können, gutes Theater zu machen. Und ich wünsche ihnen sehr, dass sie auf gute Regisseurinnen und Regisseure treffen, gute Dramaturginnen und Dramaturgen und Theaterleitungen, die unter „gut“ bei Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern nicht „willig“ oder „fügsam“ verstehen und „gut“ bei Theateraufführungen nicht nur „gut gefüllte Vorstellung“, sondern Theater, das gut ankommt, weil es gut gemacht ist. Also von Menschen, die ganz spielen, weil sie ganz Mensch sein dürfen und können. Theater Akademie Stuttgart Format: 184,6x120 mm, 4c DU: 23.09.15 Volker Schubert Theaterpädagoge, Theaterwissenschaftler und Dramaturg / Dozent für Bewegungsanalyse, Theatergeschichte und Theaterpädagogik Geld ist nicht da, um Geld zu vermehren, sondern um Ideen zu verwirklichen. Geld ist ein soziales Gestaltungsmittel — wenn wir es gemeinsam dazu machen. www.gls.de 69 Internet: www.VKK-Verlag.de Mail: [email protected] 70 71 Warum Theaterpädagogik? Während meines theaterwissenschaftlichen Studiums habe ich meinen ästhetischanalytischen Blick auf Theater geschult und so mein Interesse für Regie und Autorschaft entdeckt. Als sich mein Interesse vom Endprodukt auf den Probenprozess verschob, gewann für mich die künstlerische Arbeit mit Nichtprofessionellen an Bedeutung. Statt der Neuartigkeit der Performance steht dort vor allem die Entwicklung der Spieler während des Probenprozesses im Mittelpunkt. Die Aufführung ist lediglich das Zeugnis dieser Entwicklung, das im Idealfall so berührend ist, dass es auch in den Zuschauern einen Prozess der Selbstbegegnung anstößt. Als Anleitende reicht es nicht aus, selbst darstellerisches Können zu besitzen. Vielmehr bilde ich mich zur Expertin des Weges aus. Ich mache mir den (eigenen) Lernprozess bewusst und setze dieses Handwerkszeug ein, um andere zu ihrer schöpferischen Quelle, zum Künstler in sich zu geleiten. Als Theaterpädagogin muss ich noch in einem In zehn Jahren sehe ich mich als selbstständige Theaterpädagogin, die Theatergruppen in der Schule, im Kindergarten, in Freizeitstätten, in Altenheimen oder in Einrichtungen für Menschen mit Behinderungen leitet. Des Weiteren möchte ich die Integration und Inklusion der Teilnehmer innerhalb der Gruppen sowie Gruppenübergreifend, durch das Theater fördern. Um Menschen die Möglichkeiten zu geben, sich mit anderen Kulturen und Lebensweisen auseinanderzusetzen, könnte ich mir ebenfalls vorstellen, Austauschprojekte zu initiieren und im Bereich der Asylarbeit tätig zu werden. Maike Strach 3.Ausbildungsjahr 72 ganz anderen Maße von meinen Spielern ausgehen als im professionellen Theater. Ihr Können und ihr Unvermögen, ihre Eigenarten und Ängste sind mein Material. Sie sind nicht beliebig formbar und einsetzbar. Diese Einschränkung als Freiraum, und den Spagat zwischen den eigenen künstlerischen Visionen und dem pädagogischen Auftrag als inspirierende Herausforderung, zu begreifen, macht für mich theaterpädagogische Arbeit aus. Da für mich Theater immer auch ein künstlerischer Austausch über gelernte kulturelle Rollen, Gesten, Verhaltensweisen und das Infragestellen dieser ist, scheint es mir ein ideales Medium interkulturellen Austauschs zu sein. Darum interessiert mich besonders die theaterpädagogische Arbeit mit Menschen verschiedener Kulturen, sei es in Form innerdeutscher oder transnationaler Projekte. Deborah Meuth, 4.Ausbildungsjahr Theaterpädagogik Eine wegweisende Begegnung Theaterpädagogik bedeutet für mich die Kunstform des Theaters mit Menschen aus unterschiedlichsten Bereichen zu praktizieren. Über den künstlerischen Prozess ist es jedem möglich ungeahnte Interessen, Leidenschaften, Phantasien und objektive Stärken zu entdecken, sowie gesellschaftliche und literarische Themen zu behandeln. Während meiner Schulzeit war die Zeit im Jugendclub am Theater für mich eine der intensivsten und echtesten, da man dort die Möglichkeit hatte sich auszuprobieren, sich zu zeigen und gleichzeitig literarische Texte in einen ganz neuen Kontext bringen konnte. Ich hatte keine Ahnung wie der Beruf meines damaligen Leiters hieß, ich wusste nur, dass er mir etwas sehr Wichtiges ermöglichte und ich ihn sehr bewunderte für seine motivierende Art, wie er jeden Einzelnen in der Gruppe wahrnahm und auf ihn einging. Ich hätte mir nie träumen lassen, dass dieser Mann eines Tages mein Dozent werden würde. Über viele Umwege hat es mich dann tatsächlich als Studentin an die Schule geführt, an der Matthias Winter vor vielen Jahren selbst gelernt hat. Schon vor der Ausbildung habe ich mir mit Hilfe von zwei Regieassistenzen, einem halbjährigen Praktikum bei einem freien Theaterpädagogen und dem Spielen in einer jungen Gruppe am Schauspielhaus Hamburg ein Bild versucht zu verschaffen, was Theater ist und was es sein kann. Mit diesen Erfahrungen bin ich mir sicher, dass ich Theater mit Laien machen möchte und bin sehr froh an der TheaterAkademie gelandet zu sein. Annemieke Döring 4.Ausbildungsjahr Doppelstudium Schauspiel und Theaterpädagogik 73 “It´s the final countdown” Drei Jahre ist es inzwischen her, dass ich mit der Ausbildung zur Theaterpädagogin an der TheaterAkademie angefangen habe. Am Anfang stand der Wunsch Theaterpädagogik und auch Schauspiel zu machen. Doch während des Grundlagenjahres, in dem man alle drei Ausbildungsgänge kennen lernt, kamen immer mehr Zweifel darüber auf, ob Schauspiel denn wirklich das Richtige für mich ist. Ich überlegte hin und her, entschied mich dafür und dagegen. Das Motivationsschreiben, das zur Aufnahme in den jeweiligen Ausbildungszweig nötig war, hatte ich noch kurz vor knapp geschrieben, aber zum Vorsprechen mich dann nicht mehr angemeldet. Nach dem Infogespräch mit Frau Schlösser fasste ich den endgültigen Beschluss, dass ich nicht genug dafür brenne, um Schauspiel zum Beruf zu machen und entschied mich dafür „nur“ Theaterpädagogik zu machen. Im zweiten Jahr, das mit der Aufnahmeprüfung für Theaterpädagogik anfing, ging es schon mehr zur Sache, als im ersten Jahr, in dem es noch viel darum ging, sich selbst auszuprobieren und selber zu spielen. Fächer wie Gruppendynamik und Kindertheater kamen auf den Stundenplan. - Der Focus verschob sich immer mehr vom eigenen Erleben hin zu gruppendynamischen Prozessen, zum Selbst-Anleiten, kleinen Regieübungen. Im dritten Jahren begann dann anscheinend endgültig der Ernst des Lebens - Schluss mit Spaß und Spiel - Regieprojekte standen auf dem Plan. Das Bedürfnis etwas Eigenes, auch außerhalb der Akademie, zu machen wuchs, gleichzeitig machten sich auch immer wieder Zweifel breit, ob ich das auch könne? den Ausbildungsgang Theaterpädagogik. Aufgabe ist es, aus einer vorgegebenen Buchvorlage (in unserem Fall: Kinderbücher) ein 20-minütiges Stück zu machen und mit Kommilitonen/innen aus dem 1. Jahr zu inszenieren. Das hieß Buch lesen, Konzept mit Textbuch entwerfen und in Absprache mit den Kollegen aus dem eigenen Jahr eine Besetzung festlegen. Da rauchen dann auch mal ganz schön die Köpfe bis 17 Schauspieler/innen fair unter 10 Regisseuren verteilt sind. Denn jede/r hat natürlich seine Favoritenbesetzung, gleichzeitig sollen aber alle mitspielen - und möglichst in nicht mehr als zwei Projekten. Ich bekam „Ronja Räubertochter“ von Astrid Lindgren zugeteilt. Es machte sehr viel Spaß an dem Projekt zu arbeiten und ich hatte eine tolle Schauspielergruppe, dennoch scheiterte mein Projekt am künstlerischen Teil und ich sollte die Prüfung wiederholen. Zunächst sah ich das als Chance und freute mich auf ein zweites Projekt nach den Ferien. In den Ferien und auf einer Freizeit mit Erwachsenen mit Behinderung kamen bei mir jedoch wieder neue Zweifel auf. Ich wollte zum ersten Mal nicht wieder zurück in die TheaterAkademie und mich erneut einem Regieprojekt stellen, sondern lieber mit diesen Menschen weiterarbeiten. Gleichzeitig merkte ich bei der Theatereinheit, die ich mit den Freizeitteilnehmern machen durfte, wie einfach es doch ist die Menschen mit recht simplen Übungen zu begeistern und war mir sicher, dass ich so weiter arbeiten will. Noch beim Nachtreffen der Freizeit meinte einer der Teilnehmer zu mir: „Theater war´s beschte, gell?!“ Also begab ich mich mit gemischten Gefühlen wieder in die Akademie und an die Aufgabe, das Die angesprochenen Regieprojekte sind nächste Regieprojekt irgendwie zu meistern. die Zwischenprüfung im dritten Jahr für Es wurde ein langer Weg voller Höhen und 74 Tiefen, ein Projekt, in dem Schauspieler gewechselt und das Konzept mehrmals über den Haufen geworfen wurde, eine Zeit voller Tränen, aber auch eine Zeit, in der ich die Unterstützung vieler Menschen bekommen habe und aus der ich voller Begeisterung und neuer Motivation herausgekommen bin. An dieser Stelle möchte ich mich bei allen, die mich in dieser Zeit begleitet, unterstützt, motiviert und an mich geglaubt haben herzlich bedanken: bei meinen Dozenten, Mitschülern, Freunden, meiner Familie und ganz besonders auch bei meinem tollen Schauspiel-, Regie- und Technikteam, ohne das ich das tolle Projekt „Bridget Jones“ niemals hätte meistern können - und nicht zuletzt natürlich allen Zuschauern des Projektes, die sichtlich begeistert davon waren und mich damit fast zu Tränen gerührt haben. Vielen DANK euch und Ihnen allen! Die Zeit mit all ihren Höhen und Tiefen hat sich auf jeden Fall gelohnt und ich hatte das Glück erfahren zu dürfen, dass meine Schule mit all ihren Schüler/innen und Dozenten, mit Frau und Herrn Schlösser hinter mir stehen, und es sich besonders dann lohnt weiter zu machen, wenn man am liebsten alles nur noch hinschmeißen würde. Und das möchte ich jedem mit auf den Weg geben: Gib niemals auf, besonders dann nicht, wenn du es am meisten willst! - Es lohnt sich! Jetzt heißt es für mich „It´s the final countdown“. Das letzte der vier Ausbildungsjahre steht vor mir. Ich weiß noch nicht, was es alles bringen wird, aber ich werde mich auch dieser Herausforderung stellen - mit dem Wissen, dass meine Schule und alle, die dazu gehören, hinter mir stehen. Kerstin Zelinka, 4.Ausbildungsjahr Theaterpädagogik 75 Zum Leitbild der TheaterAkademieStuttgart „Solange der Schauspieler glaubt, er müsse „tun“, solange er den Wunsch hat, sich sehen zu lassen, sich zu zeigen, solange zeigt er nichts. Er muss zunächst empfangen lernen. Der Schauspieler ist wie ein Schwamm, der alles empfängt, alles aufnimmt. Ein Schwamm, der übersetzt, ohne etwas hinzuzufügen, und zwar so, dass er den Dingen eine Form verleiht.“ Ariane Mnouchkine Lass dich fallen, lerne Schlangen zu beobachten. Pflanze unmögliche Gärten. Lade jemanden Gefährlichen zum Tee ein. Mache kleine Zeichen, die "ja" sagen und verteile sie überall in deinem Haus. Werde ein Freund von Freiheit und Unsicherheit. Freue dich auf Träume. Weine bei Kinofilmen. Schaukle so hoch du kannst mit einer Schaukel bei Mondlicht. Pflege verschiedene Stimmungen. Verweigere dich, 'verantwortlich zu sein' - tu es aus Liebe! Glaube an Zauberei, lache eine Menge. Bade im Mondschein. Träume wilde, fantasievolle Träume. Zeichne auf Wände. Lies jeden Tag. Stell dir vor, du wärst verzaubert. Kichere mit Kindern, höre alten Leuten zu. Spiele mit allem. Unterhalte das Kind in dir. Du bist unschuldig. Baue eine Burg aus Decken. Werde nass. Umarme Bäume. Schreibe Liebesbriefe ... Josef Beuys Ich kann mich noch genau daran erinnern, als unser Dozent Peter Rissmann diesen Text In unserer Facebookgruppe gepostet hat. Ich war erst seit einigen Wochen hier an der Schule, als ich dies gelesen habe. Dieser Text begleitet mich seither. Schon während meines Infoworkshops war mir klar, dass ich hier bleiben muss. Noch heute bin ich begeistert von jedem einzelnen Fach und freue mich das Erlernte in meiner Zukunft zu verwirklichen. Sylvie Reimer, 4.Ausbildungsjahr Schauspiel 76 Der gemeinsamen Arbeit langen Atem geben Ein Feuer entzündet sich, lodert auf, wärmt und erhellt uns. Von Holzscheit zu Holzscheit springt der Funke. Das Feuer, das seine Energie entfacht, ist mehr als die Summe der brennenden Holzscheite, mehr als die Nahrung, die es am Leben erhält. War es der Funke, den ich im Schauspielstudenten entdecke, der auf mich überspringt, oder war es meine Begeisterung, die das erste Interesse beim Schüler weckt? Wenn das Feuer einmal knistert, ist es egal, wo der Funke, der hin- und herspringt, seinen Ursprung genommen hat. Jetzt gilt es, das Feuer am Brennen zu halten, über Tage, über Wochen, für die Dauer eines Trimesters oder sogar darüber hinaus. Da sehe ich mich auch immer wieder gemeinsam mit einem Studenten knien und vorsichtig auf die letzte Glut, die verglimmen will, pusten. Hauptsache ist, uns geht die Luft nicht aus. Auch das kann nur beidseitige Sorge sein: Der gemeinsamen Arbeit den langen Atem zu geben. Dann entsteht aus dem schlafenden Feuer immer wieder ein loderndes. Darin erweist sich die kreative Zusammenarbeit zwischen Schülern und Lehrern: Dass beide dem Feuer nie den Rücken zukehren und so zulassen, dass es erlischt, aus Nachlässigkeit, Desinteresse, Ichbezogenheit. Wenn wir diesen einzelnen kleinen Feuern immer wieder Nahrung geben während der Unterrichtseinheit in der Schauspielschule (oder während eines Probenprozesses im Theater), bilden sie insgesamt die Glut der Leidenschaft für den Theaterberuf. Ohne diese Leidenschaft koppeln wir uns ab von der Möglichkeit einzugreifen, zu schaffen, zu erschaffen. Das aber ist unser künstlerischer Antrieb, unser Wille, einen Teil der Welt, die uns umgibt, aktiv (kreativ) mit zu formen. Vom ersten Tag an der TheaterAkademieStuttgart habe ich diese gemeinsame Verantwortung von Schüler und Lehrer für den Unterrichtsprozess gespürt. Ich habe versucht, die kreative Chance dieses Prozesses zu stärken, während meiner vielen Jahre, die ich jetzt Teil des Lehrerkollegiums an der TheaterAkademie bin. In diesem Prozess lerne ich als Lehrer tagtäglich. Der Wandel des Lehrers und der Wandel des Schülers im gemeinsamen Unterrichtsprozess ist für mich ein spannender Vorgang. Ein gegenseitiges Geben und Nehmen, dass auf beiden Seiten die Fähigkeit im Geben vergrößert: Auf der Seite des Lehrers verfeinern sich die fachlichen und didaktischen Fähigkeiten, auf Schülerseite vollenden sich die handwerklichen und kreativen Möglichkeiten mehr und mehr. Peter Rissmann Schauspieler Dozent für Grotowski, szenisches Studium & Rollenstudium 77 78 Interview / Anne Katrin Lipps, Pforzheim Was assoziierst Du mit der TheaterAkademie? Was waren Deine lustigsten Momente an der Akademie? Eine aufregende Zeit, die ich nie vergessen Jajaja, so einige lustige Momente gab es im Unterricht. Aber wie sagt man so schön: werde. „Was im Unterricht passiert, bleibt im Warum bist Du an diese Schule Unterricht!“ gekommen? Wie hat die TheaterAkademie Euch auf Weil ich dort die Möglichkeit hatte, zwei den Arbeitsmarkt vorbereitet? Ausbildungen parallel zu machen. Im Bereich Theaterpädagogik konnte Wann hast Du deinen Abschluss ich sofort nach meinem Abschluss gemacht? mehrere Jobs finden. Im Schauspiel ist 2012 Schauspiel, 2013 Theaterpädagogik. das bekanntermaßen schwieriger. Nach dem Motto „Mühsam ernährt sich das Eichhörnchen“ :-) Was ist/ war Dein Lieblingsfach? „Szenisches Studium“- In diesem Fach haben wir als Gruppe erstmals ein ganzes Theaterstück durchgenommen, bearbeitet und gespielt. Was war Dein persönliches Highlight an der TheaterAkademie? Da gibt es mehrere Momente. Wenn ich zwei Highlights erwähnen darf, dann ist es unser Schauspielabschluss (ob intern oder öffentlich) und unsere Griechenlandexkursion. Worin hast Du letztendlich Deinen Abschluss gemacht? Ich bin durch Schauspiel auf die Schule aufmerksam geworden und habe einen Abschluss in Schauspiel und Theaterpädagogik. Was machst Du heute? Ich bin selbstständig und arbeite als Schauspielerin und Theaterpädagogin. 79 Pressestimmen TheaterKompagnieStuttgart Hamlet Sein oder Nicht-Sein, das war die Frage Großartige Aufführung in der Salzachhalle ...gespielt wurde von der TheaterKompagnie Stuttgart...und dazu gibt es nur eine Aussage: Einfach großartig...die Bravorufe am Schluss waren sehr verdient. Dieser Hamlet... wird wohl allen unvergesslich bleiben. (Südostbayrische Rundschau) Eine zerrissene Persönlichkeit Hamlet beeindruckt im Kulturforum Die Stille ist mit Händen zu greifen...das fünfzehnköpfige Ensemble präsentiert sich auf sehr hohem Niveau und agiert mit einer spielerischen Begeisterung, die das Publikum mitreißt, allen voran der junge Paul Elter in der Hauptrolle. Dieser Hamlet ist eine Wucht! Wie er sich vom jugendlichen Schwärmer zum mordgierigen Radikalen... wandelt, lässt niemanden unberührt. (Lingener Tagespost) Hamlet, der Pseudo-Held ...Paul Elter, der auch für das Bühnenbild verantwortlich zeigt, spielt Hamlet mit einer kraftstrotzenden Jungendlichkeit, ungestüm und immer wieder aufbrausend...der Fokus liegt auf den Charakteren mit ihrem intensiven Spiel und ihrer packenden Präsenz. Der Dank ist begeisterter Schlussapplaus. (Westfalen Blatt) 80 Was Ihr Wollt Was sie alles wollten Die Theater-Kompagnie-Stuttgart spielte Shakespeares „Was Ihr Wollt“ und machte dabei mit Text — und Personalfassung nahezu, was sie wollte. Dennoch bot die Theater-Kompagnie auf der Bühne einen Shakespeare in Reinform und von höchster schauspielerischer Qualität. Das Stuttgarter Ensemble unter der brillanten Regie von Cornelia und Christian Schlösser hat zwar die Grundhandlung der Vorlage erhalten, aber erstens den Text neu übersetzt und zweitens Figuren und Motive aus Hamlet dem Geschehen beigemengt. Beide Bearbeitungsweisen sind geglückt. Wortund ideenreich werden Intrigen gesponnen, so dass die Charaktere in höchste Verwirrung stürzen. Am komischsten war dabei der Tölpel Sir Andrew von Bleichenwang, der mit Golfausrüstung und im Schottenröckchen über die Bühne stolperte. Am besten war dabei Malvolio (Bernd Köhler), der mittels eines fingierten Briefes so böse hereingelegt wird. Allein die Regieeinfälle um seine Person waren eine theatralische Augenweide. Dabei präsentierten die Regisseure eine klassische Shakespeare Bühne und die ist bekanntlich beinahe leer. (Augsburger Zeitung) Was Ihr Wollt Ein glänzender Auftritt ...die muntere Spielerschar tat einen tiefen Griff in die Trickkiste des Theaters. Es wurde geschmachtet und intrigiert, getobt und geziert, dass es eine Augenweide war. Ausgezeichnete Sprechtechnik und perfekte Körpersprache, sparsame aber passende Kostüme und Requisiten zeichnen die Bühne Mittsommernachtstraum und bewiesen eindeutig die Ausdrucksstärke Glück mit Shakespeare ihrer Darsteller.“ (Rems-Zeitung) Bemerkenswerte Aufführung des Sommernachtstraum in der Stadthalle Spiel um Sein und Schein „Sommernachtstraum“ der Ein überaus spielfreudiges Ensemble Der spielte die Bretter in rasantem Tempo, TheaterKompagnieStuttgart am Donnerstag unter Benutzung einer reichen Symbolik, in der Stadthalle war ohne Zweifel einer der verstand sich auf lyrische Passagen von lustigsten, sympathischsten und poetischsten hinreißender Schönheit ebenso wie auf Theaterabende der laufenden Spielzeit.... krachlederne Komik, zelebrierte Weltliteratur Das Publikum folgte animiert und fasziniert. mit Genuss und flocht dennoch mal einen An diese Aufführung wird man denken. deftigen Spruch ein...Verbunden sind die Shakespeares Sterne strahlten helle über verschiedenen Ebenen durch den Narren, der Stiadthalle. (Münstersche Zeitung) der hier vermittelt, da verspottet wird, dort triumphiert, und tiefschürfend über den Sinn Shakespeares “Mittsommernachtstraum“ des Lebens grübelt: eine Paraderolle für brachte die Zuschauer zum Lachen ...Die Komödie…präsentierte das Ensemble Cornelia Elter.... (Wormser Zeitung) witziger, bunter und temporeicher, als mancher Kinofilm…Die lebensfrohe Darbietung setzte ein Zeichen und ließ nicht nur beim furiosen Finale der Handwerker, bei dem alles köstlich gekonnt schief lief, das Stadttheaters vom Lachen des Publikums erbeben. (Nahe Zeitung). Shakespeares Sommernachtstraum als „Brüller“. 81 Pressestimmen TheaterKompagnieStuttgart Mittsommernachtstraum So lassen wir uns die ollen Klassiker gefallen! Shakespeares „Sommernachtstraum“ stand auf dem Spielplan. Inszeniert von der Theater-Kompagnie-Stuttgart, deren aufgekratzte Akteure ihr Oldenburger Publikum zum Jubeln brachten. 400 Jahre Liebesleid und Koketterie, frisch wie am ersten Tag. Mit unkonventionellen Ideen bürsteten die Stuttgarter dem Fünfakter allen Staub ab und holten ihn ins dritte Jahrtausend. Bei der Inszenierung müssen Cornelia Elter-Schlösser und Christian Schlösser ein zwinkerndes Auge auf den Schöpfer dieses unverwüstlichen Evergreens gehabt haben. Was ihr Ensemble nicht alles aus dem Shakespeare-Hit herausholte: Slapsticks, entwaffnenden Nonsens, Jedermann furiose Hahnenkämpfe und hemmungslosen Eindrucksvolle Allegorie Zicken-Alarm...(Lübecker Nachrichten) Regisseur Schlösser, dessen Inszenierung in Schopfheim Premiere feierte, widerstand der Versuchung, diesen Klassiker zu modernisieren und setzt auf die Sprechkunst seiner Schauspieler, die zum Teil erfahrene Profis, zum Teil junge Schauspielschüler der TheaterAkademieStuttgart sind. Ihre starke Bühnenpräsenz, ihr packendes Spiel und souveränes Sprechen ließen diese Allegorie auch auf einer Saalbühne nachhaltig wirken – ohne Domkulisse wie in Salzburg. Mit Till Schneidenbach ist die Titelfigur sehr kraftvoll besetzt. Selbstbewusst und kraftstrotzend in Gebärden, Körpersprache und Ausdruck gibt der Schauspieler den reichen Mann, der die um Almosen bittenden Armen und den Schuldknecht kaltherzig abweist...So eindringlich gespielt, hat diese Allegorie nichts von ihrer Wirkungskraft verloren, wie sich am langen Beifall des Publikums zeigte. (Badische Zeitung) 82 Jedermann Doppelprojekt Troerinnen/Lysistrate Wenn Gottvater weiblich ist und Irren männlich. Die Premiere war ein Volltreffer. Das war große Kultur, was die TheaterKompagnieStuttgart da auf der Sommerbühne da zu bieten hatte.... der Jedermann wurde zu einem packenden Schauspiel, das die 400 Zuschauer in atemlose Spannung versetzte und keinem die Chance ließ, sich zu entziehen. Verantwortlich war dafür in erster Linie ein hervorragender Till Schneidenbach, der die Titelrolle mit unglaublicher Überzeugung spielte. Nicht weniger beeindruckend Cornelia Elter, die nicht nur für die Konzeption des Abends zuständig war, sondern auch die Rollen von Gottvater (Wer behauptet, dass Gott männlich ist?), Jedermanns Mutter und des verarmten Nachbarn übernommen hatte.... (Trierischer Volksfreund) Ein beklemmendes Thema zeitlos in Szene gesetzt ...schauspielerisch hervorragend in Szene gesetzt, ein junges, leidenschaftliches Team, angeführt von Cornelia Elter, der Grande Dame des Ensembles. Sie brillierte mit ihren Verkörperungen der Hekabe, Königin von Troja ebenso wie der Lysistrate – zwei starke Frauenfiguren, die unterschiedlicher Nichtsein könnten. Und zwei Dramen, die als archetypische Theaterstücke noch immer faszinieren. Eine Inszenierung, die niemanden kalt gelassen haben dürfte. (Fränkische Landeszeitung) Antikes Schauspiel erfrischend neu Die Griechen im Doppelpack - wer da bildungsbürgerliches Gähnkrampf-Theater erwartet hatte, wurde enttäuscht. Die Doppelvorstellung der Theater-Kompagnie aus Stuttgart mit den Troerinnen und Lysistrate begeisterte vielmehr mit Wenn das Ende naht - was bleibt dann? erfrischenden Inszenierungen der beiden TheaterKompagnieStuttgart präsentiert einen antiken Schauspiele. (Allgmeine Zeitung großartigen Jedermann vor dem Fritzlarer Dom Mainz) ...und so dauert es auch einige lange Sekunden, bis das Publikum sich in der Realität wiederfindet und applaudiert. (Waldeckische Zeitung) 83 Pressestimmen TheaterKompagnieStuttgart Troerinnen Nach dem Krieg „Die Troerinnen“ im Stadttheater Herford Bewegend sensibel erzählt und dadurch besonders erschütternd, vielschichtig und stimmig inszeniert präsentierte TheaterKompagnie-Stuttgart. Theater, das vor allem durch das Vertrauen der Regie und Schauspieler auf die Kraft der Worte ihres Stückes, Verzicht auf unnötigen Aktionismus und Effekthascherei bei dennoch effektvollen lnszenierungs-Details, wie im Bühnenbau, Ton-Gestaltung und Kostüme, tief berührte: Beeindruckend gelungen. Ein TheaterErlebnis von herausragender Intensität. (Neue Westfälische) Troerinnen 84 Tragödie geht unter die Haut Die Bearbeitung von Walter Jens bot den Zuschauern einen eindrucksvollen Theaterabend, der durch eine schlüssige Inszenierung und großartige Schauspielerinnen - allen voran Cornelia Elter – imponierte. (Lindauer Zeitung) Eurpides` Troerinnen im Pfalzbau ...Die auf hundert Minuten geraffte, spannungsreich die psychologische Verfassung der Akteurinnen auslotende, beklemmende, aber auch anrührende Inszenierung beginnt in der Stille nach dem Kriegsgetümmel... eine heftig beklatschte Vorstellung. (Mannheimer Morgen) Lysistrate umgesetztes Konzept zugrunde, wobei Christian Schlösser über ein ausgezeichnetes, Strapse als Waffe oder die Macht des komödiantisch brillantes Ensemble verfügt. Beischlafboykott Diese „Lysistrate“ ist ein wirklicher Genuss. Theater Kompanie Stuttgart gastiert in der (Mindener Tagblatt) Stadthalle mit fleischlich-greller »Lysistrate« ...Der Applaus für die Theater Kompanie Stuttgart am Samstag in der Stadthalle hielt an. Aristophanes Komödie unterhielt mit Kopfnote. Großartige Darsteller um die beeindruckende Cornelia Elter (Lysistrate) zeigten junges Theater- fleischlich, lustig, lebendig, verflogen 75 Minuten am Stück. (Schwarzwälder Bote) Derb-frivole Lysistrate bietet wirklich Genuss ...Dem bunten Lustspiel liegt ein gut 85 Vom Aufblühen und Früchte Tragen Immer hin und wieder Strebt der Blütenzweig im Winde Immer auf und nieder Strebt mein Herz gleich einem Kinde zwischen hellen, dunklen Tagen, zwischen Wollen und Entsagen. Hermann Hesse Der Wind fegt durch die Gänge der Schule; laute Stimmen erproben sich; es wird geschrien, geheult, getanzt - auf der Suche nach dem Schlüssel zum authentischen Bühnenspiel und dem heilenden, magischen Moment der ästhetischen Begegnung - mit der Rolle, sich selbst, dem Gegenüber. Nicht wenige sind in diesen Gängen aufgeblüht, haben ihren eigenen Zugang zu ihrer Kreativität und Ausdruckskraft gefunden. Haben sich den Stürmen, die eine solche Ausbildung mit sich bringt, ausgesetzt und sich immer wieder der Begegnung mit sich selbst gestellt. Nicht nur Ihre Kunstfertigkeit und Ideenkraft durfte wachsen, auch ihre Persönlichkeit. alle Ausgaben ausschließlich von den Schulgebühren bestreiten, würden diese so hoch, dass nur junge Menschen, die das Glück haben in eine wirtschaftlich bevorzugte Gesellschaftsschicht hineingeboren zu werden, an der TheaterAkademie studieren können. Das ist etwas, was sich mit dem inneren Anliegen der Schule nicht verbinden lässt. Die TheaterAkademie erwirtschaftet keinen Gewinn, sie ist eine gemeinnützige Bildungseinrichtung und deshalb auf Spenden angewiesen. Die Förderer unseres Trägervereins sind die Wurzeln, die es ermöglichen, dass unser Baum Früchte tragen kann. Dies wird auch in Zukunft notwendig sein. Wollen Sie ein Teil dieses Wurzelwerks sein, damit unser Akademiebaum stark und fruchtbar bleibt? Dazu haben Sie folgende Möglichkeiten a) Werden Sie Fördermitglied in unserem gemeinnützigen Verein „Förderforum Puck e.V.“: unterstützen Sie uns mit regelmäßigen monatlichen Beträgen (ab 5,-€ / 10,-€ /15,€). So wie der Baum regelmäßig Wasser Zwischen hellen und dunklen Tagen, und Sonne braucht, so sind es diese zwischen Wollen und Entsagen spielt sich regelmäßigen Beiträge, die uns nähren und die fortschreitende Entwicklung der Schule am Leben erhalten ab. Auch wenn das Ziel oft klar vor Augen steht und die Kunst einem scheinbar Flügel b) Unterstützen Sie uns mit einer einmaligen verleiht, so bleibt am Ende des Tages doch Spende: hier und da ein unerwarteter die Frage, mit welchem Geld die Löcher im Dünger, der neue Nährstoffe bringt, so wirken Parkett geflickt werden; wer die Reparatur einmalige Spenden. Plötzlich kann etwas der Deckenlampen übernehmen kann und Neues aufblühen, lang Geplantes endlich wie eine zusätzliche Finanzierung für die verwirklicht und neue Kraft getankt werden. Miete der Räumlichkeiten aufgestellt werden könnte. c) Unterstützen Sie den Stipendienfond des Förderforum Puck e.V.: mit einer monatlichen Jede einzelne Blüte braucht einen Baum, zweckgebundenen Spende und übernehmen der sie trägt und der Baum braucht starkes damit eine Patenschaft für einen unserer Wurzelwerk das ihn ernährt. Müssten wir Studenten. 86 Was ist ein Baum ohne seine Früchte, was ohne seine Blüten? Unsere SchülerInnen sind die Früchte unserer Arbeit. Entscheiden Sie sich dazu, einen bestimmten Schüler, eine bestimmte Schülerin zu fördern, und nehmen Sie an deren Lern- und Entwicklungsprozess teil. d) Theater für mehr Integration: die TheaterAkademieStuttgart möchte jungen Flüchtlingen eine Lebensperspektive bieten, und so einen Beitrag zu der großen Herausforderung zu leisten, der sich unsere Gesellschaft gegenüber sieht. Der Gedanke dabei ist, dass die Studenten schon während, aber vor allem nach Beendigung ihres Studiums, Integrationsarbeit mit Ihren Landsleuten leisten können, da sie über den selben Erlebnishintergrund verfügen. Der Abschluss einer qualifizierten Ausbildung gibt diesen jungen Menschen eine sinnvolle Zukunftsperspektive, die über das Einzelschicksal hinaus auch größere Auswirkungen haben könnte. Darum möchten wir jährlich zwei bis vier spendenfinanzierte Ausbildungsplätze anbieten, für die wir Sie herzlich um Ihre Unterstützung bitten. 20 Jahre sind eine lange Zeit. Lang genug, so dass aus Blüten Früchte werden und diese sich wieder neu aussamen können. Die Gewissheit bleibt, dass 20 Jahre zwar eine lange Zeit sind, aber kein Grund aufzuhören. Je mehr Menschen sich an dem Gedeihen der Schule beteiligen, desto kraftvoller wird der Baumstamm und desto schöner die Krone Es gibt noch viele neue Bereiche zu erforschen. Die TheaterAkademieStuttgart hätte nicht gegründet werden können ohne die vielen kleinen und großen Sponsoren, die diese Arbeit erst ermöglichen. Ein herzliches Dankeschön an alle, die bis heute das Wurzelwerk bilden dass unsere Schule trägt. Cornelia Elter-Schlösser & Christian Schlösser TheaterAkademieStuttgart 87 88 Wir danken allen Freunden & Spendern der TheaterAkademieStuttgart für ihre Unterstützung, insbesondere: Andrea Döringer-Brugger Jaqueline Kaess Farquet Waltraud Linsenmaier Siegfried Knapp Miriam Kipp 89 90