Festschrift der TheaterAkademieStuttgart zur 20 Jahrfeier 2015

Transcrição

Festschrift der TheaterAkademieStuttgart zur 20 Jahrfeier 2015
Impressum
Herausgeber
Redaktion
Förderforum Puck e.V.
Urachstr. 29
70190 Stuttgart
Cornelia Elter Schlösser
Katrin Döringer
Kerstin Zelinka
Karolina Cisek
Telefon: 0711/ 267374
Telefax:0711/ 26861900
Email: [email protected]
Internet: www.akademie-stuttgart.de
GLS Bank-Bochum
Iban: DE67 4306 0967 0075 8831 00
BIC: GENODEM1GLS
Konzept, Gestaltung
Paul Schlösser
Impressum
Herausgeber
Redaktion
Förderforum Puck e.V.
Urachstr. 29
70190 Stuttgart
Cornelia Elter Schlösser
Katrin Döringer
Kerstin Zelinka
Karolina Cisek
Telefon: 0711/ 267374
Telefax:0711/ 26861900
Email: [email protected]
Internet: www.akademie-stuttgart.de
GLS Bank-Bochum
Iban: DE67 4306 0967 0075 8831 00
BIC: GENODEM1GLS
Konzept, Gestaltung
Paul Schlösser
Grußwort
Am 3. Oktober 2015 feiert die
TheaterAkademieStuttgart ihr 20-jähriges
Bestehen. Hierzu gratuliere ich sehr
herzlich und wünsche der Privatschule für
Theaterberufe weiterhin viel Erfolg und eine
gute Zeit.
Gegründet wurde die Akademie im Jahr
1995 von Cornelia Elter-Schlösser und
Christan Schlösser, die hiermit ihre
Idee verwirklichten, eine professionelle
Schauspielausbildung auf privatrechtlicher
Grundlage in Stuttgart zu etablieren. Dieses
ist ihnen auf anerkennenswerte Weise
bestens gelungen.
Dass neben der Schauspielausbildung
auch die Fachbereiche Theater- und
Sprechpädagogik eine tragende Rolle
spielen ist umso bedeutender, da viele
Theaterpädagogik-Projekte in Kooperation
mit Stuttgarter Schulen verwirklicht
werden. So wird für die Auszubildenden schon früh der Praxisbezug hergestellt und für
die Absolventen erste reale Berufserfahrungen gewährleistet. Darüber hinaus wird das
Prinzip, so früh wie möglich praktische Berufserfahrung zu sammeln, auch auf den Bereich
Schauspiel angewandt. So erhalten die Schauspielabsolventen schon in der Ausbildung
früh die Möglichkeit, sich unter realen Verhältnissen auf der Bühne zu bewähren. Viele
Theaterstücke, die an der Akademie unter professionellen Bedingungen erarbeitet werden,
sind Teil des Gastspielangebots, das weit über Stuttgart hinaus präsent ist.
Dieses Alleinstellungsmerkmal – drei Ausbildungsgänge zu kombinieren und den
Berufsanfängern eine weitreichende Berufsqualifikation zu gewährleisten – ist der Garant
für den außerordentlichen Erfolg der TheaterAkademieStuttgart.
Ich hoffe, dass sich der verdiente Erfolg fortsetzt und wünsche der
TheaterAkademieStuttgart, allen ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, seinen
Absolventen und Gründern eine gute Zukunft.
Fritz Kuhn
Landeshauptstadt Stuttgart
Der Oberbürgermeister
1
Inhaltsverzeichnis
1
Grußworte: Oberbürgermeister
Fritz Kuhn
4
20 Jahre TheaterAkademieStuttgart
Cornelia & Christian Schlösser
8
Auszüge aus Dichtung und Musik
Ingeborg Bachmann
9
Warum
Cornelia Elter-Schlösser
9
Ein Wort
Gottfried Benn
10
Interview
Leila Allen
12
Interview
Christoph Cordes
13
Offener Brief
Hannah Heckhausen
14
Grußworte
Prof.Dr.F.Müller / Tobias Ballnuss
15
Das Schicksal, die Akademie und ich
Nupelda Ciftci
16
Auszug aus „Evokation Shakespeare“
Peter Brook
16
Geschichten erzählen
Michael Zirpel
17
Interview
Ana Norambuena
20
Einmal von Stuttgart nach Graz und zurück
Marlies Besthorn
22
Interview
Katrin Röhlig, Stuttgart
23
Ein Traum wird wahr
Sylvie Reimer
24
Das Jahr danach
Markus Michalik
28
Erinnerungen
Katrin Röhlig
29
Interview
David Bernecker
32
„Muss nur noch kurz die Welt retten“
Bernd Köhler
34
Interview
Michèle Grandjean
36
Wissen erleben
Sebastian Hübl
37
„Ich knall Euch ab!“
Christopher Wittkopp
38
Interview
Marius Ionescu
40
Nicht immer „Ziemlich beste Freunde“
Paul Schlösser
42
Als ich den 1. Clown im Hamlet spielte
Gerhard Polacek
46
Joachim Daniel
Cornelia Elter-Schlösser
2
46
Auszüge aus „Ein Gott erscheint“
Joachim Daniel
52
Auf der Reise
Wolfgang Held
54
Tragödie und Mysterium
Jidu Pasqualini
56
Meinem Traum ein Stückchen näher,
Nici Bunge
57
Interview
Sylvia Benz
58
Auf der Suche
Constanze Feulner
59
Scheitern lernen
Karolina Cisek
60
Interview
Tobias Wagenblaß
61
Vom Puck und anderen Lebensgeistern,
Nicola Brisch
62
Auszüge aus „Hätte wir das Wort (...)“
Werner Wintersteiner
62
Kindliche Sprachentwicklung,
Christina Pfeiffer
64
Über die Kunst, Kind und Kultur (...)
Ingmar Volkmann
66
Wer wenn nicht Werner?
Nicola Schönberger
68
Ganz Mensch
Volker Schubert
72
Warum Theaterpädagogik?
Deborah Meuth
73
Eine wegweisende Begegnung
Annemieke Döring
74
“It ́s the final countdown” ,
Kerstin Zelinka
76
Auszug aus „Das Theatre Du Soleil“
Ariane Mnouchkine
76
Gedicht
Josef Beuys
77
Zusammenarbeit
Peter Rissmann
79
Interview
Anne Katrin Lipps
80
Pressestimmen TheaterKompagnieStuttgart
86
Vom Aufblühen und Früchtetragen,
Cornelia & Christian
Schlösser
88
Curriculum der TheaterAkademieStuttgart
3
Liebe Freunde,
Liebe Förderer,
Liebe Leser,
20 Jahre TheaterAkademieStuttgart
Eine lange, aufregende, inspirierende und
reiche Zeit liegt hinter uns. Viele Menschen
haben die Akademie entweder als Schüler
oder lehrend durchlaufen. Nach 20 Jahren
halten wir inne, schauen zurück und haben
den Eindruck, dass dieses Jubiläum der
Höhepunkt einer Entwicklung ist, die unter
einem gewissen Gesichtspunkt aber auch
zu einem Abschluss kommt und nun etwas
Neues beginnt. Rückblickend sind wir
sehr dankbar, dass es für die vielfältigen
Herausforderungen,
die
ein
solches
Unternehmen wie die Gründung einer DreiSpartenausbildung mit sich bringt, so viel
Unterstützung und Hilfen gab, und wir die
Aufgaben dadurch auch bewältigen konnten.
Entstanden ist die TheaterAkademie
Stuttgart aus dem Wunsch von 12 jungen
Menschen aus aller Welt, die Sprecher
werden wollten, die mit der Sprache sowohl
theaterpädagogisch tätig, als auch den
Beruf des Schauspielers ergreifen wollten.
Solch eine Schule gab es 1994 noch nicht.
Fast alle waren Seminaristen des Freien
Jugendseminars Stuttgart. Sie suchten
eine Ausbildung, die das gleiche Anliegen
hatte wie dieses berufsorientierende
Studienjahr. Eine Ausbildung, die neben
der fachlichen Kompetenz auch die
Persönlichkeitsentwicklung
fördert
und
einen selbstbestimmten Weg ins Leben und
in die Arbeitswelt öffnet. Sie suchten eine
Ausbildung, die nicht gleichschaltet, sondern
das individuelle Potenzial zu heben versucht,
echten Selbstwert vermittelt und menschliche
Perspektiven aufzeigt. Wir entwickelten also
ein Curriculum, das in diesem Sinne arbeiten
sollte, auch wenn es realistisch betrachtet
völlig unsinnig war eine neue Ausbildung
4
beginnen zu wollen, da doch gerade ein
„Schulsterben“ begonnen hatte (alleine in
Stuttgart schlossen innerhalb von drei Jahren
vier private Ausbildungsinstitute). Unsere
Idee, Kunst und Pädagogik innerhalb einer
Ausbildung verbinden zu wollen, schien aber
Menschen zu begeistern und wir erfuhren
von verschiedensten Seiten Zuspruch. Also
suchten wir zunächst Sponsoren, hörten
aber immer wieder die gleiche Antwort: eine
wunderbare Idee, aber wer sitzt finanziell mit
im Boot? Nach vielen vergeblichen Anläufen
war die Leiterin einer heilpädagogischen
Einrichtung überzeugt und gab die erste
größere Spende, und siehe da, jetzt kamen
weitere hinzu und plötzlich - mussten wir
beginnen.
Aber wo? Es boten sich die Räume
der Novalisbühne im Stuttgarter Osten
an, denn diese, mit der dazugehörigen
Schauspielschule, schloss gerade ihre
Tore. Uns schwebte eine Kombination aus
Theaterschule und Gastronomie vor (im
Keller gibt es auch heute noch wunderbare
Gewölbe, die eine fantastische Location hätte
werden können). Als wir allerdings den Preis
für die Räume erfuhren waren wir ernüchtert
- die Jahresmiete betrug das Doppelte des
von uns für die gesamte zukünftige Schule
kalkulierten Haushaltes. Wir suchten also
nochmals nach Unterstützung und fanden
Sie durch die Vermittlung von Herrn
Harms, der damals das Theaterressort der
Stuttgarter Nachrichten leitete: Er stellte
den Kontakt her zu Dr. Volker Lubinski, den
Berater des damaligen Oberbürgermeisters
Dr. Schuster. Der zeigte sich interessiert und
brachte in kürzester Zeit eine Runde von
sieben Menschen zusammen, die für eine
eventuelle Nutzung in Frage kamen - unter
Ihnen Irene Lung, die für die Neue Arbeit
Räume suchte. Sie war von unserer Idee
begeistert, hatte durch ihren Arbeitgeber
auch die Mittel, und legte den Grundstein zum
dem, was heute das Kulturwerk Naost ist, mit
dem uns noch heute eine freundschaftliche
Zusammenarbeit verbindet. So konnten wir
für einige Jahre die Räume der ehemaligen
gik am häufigsten gewählt wurde. Dass die
Schule in möglichst vielen Bereichen fachpraktisch ausgerichtet sein sollte stand nie in
Frage. Angeregt durch den Erfolg von zwei
Schauspielprojekten des Gründerkurses,
eine Bearbeitung des Märchens „Das kalte
Herz“ nach Wilhelm Hauff (Vorstellungen im
Forumtheater Stuttgart), und „Ein Sommernachtstraum“ von William Shakespeare (Vorstellungen im Kulturwerk Naost) gründeten
wir 1998 die TheaterKompagnieStuttgart mit
der Idee, Dozenten und Schauspielschüler
in einer gemeinsamen Produktion von einander lernen zu lassen - eben Pu©K, Pädagogik und Kunst. Heute gastiert das Ensemble
im gesamten deutschsprachigen Raum als
„TheaterKompagnieStuttgart“ an Stadttheatern und trägt durch ihre Einnahmen dazu
bei, den Haushalt der Ausbildung zu konsolidieren und das strukturelle Defizit der
TheaterAkademie zu mindern. Einige Jahre
später, und um viele Erfahrung reicher, wurde deutlich, dass wir unseren Namen nicht
halten konnten: PU©K, das klang nach Kindertheater, nicht aber nach einer vierjährigen
Schauspiel - Sprechen/Sprechpädagogik - ernsthaften Ausbildung. Und so war es der
Theaterpädagogik.
Name „Puckis“, den Außenstehende für unNovalisbühne
als
Untermieter
des
Kulturwerks nutzen. Doch die Schule blieb in
Bewegung, auch räumlich, denn die Schule
zog mehrere Male auf dem Kübler-Areal um
und hat sich immer mehr erweitert. Inhaltlich
hat es mit einem Allroundstudium Sprechen/
Sprechpädagogik/ Schauspiel begonnen.
Erklärtes Ziel war (und ist) es, Pädagogik und
Kunst in ihrer Wechselwirkung zu studieren:
Kunst soll von der Pädagogik lernen und
Pädagogik von der Kunst. Darum stand
eben am Anfang Pu©K (Pädagogik und
Kunst) Stuttgarter Schule für Sprache und
Drama. Doch bald schon stellte sich heraus,
dass die Schüler sehr unterschiedliche
Bedürfnisse und Ziele hatten. Damals war die
Theaterpädagogik weitgehend unbekannt
und gerade erst „entdeckt“ worden. Auch wir
stellten fest, dass ein Student, der Schauspiel
studiert, ganz anderes Material benötigt
als jemand, der mit Theater und Sprache
pädagogisch tätig werden will. Wir trennten
darum also den einen Ausbildungsgang in
die drei Ausbildungsgänge/Fachbereiche:
Da sich die Theaterpädagogik noch in den
Kinderschuhen befand, war das Studium an
der „ Pu©K“ eine der ersten grundständigen
Ausbildungen bundesweit. Nun konnten sich
jedoch viele unserer Schüler nicht recht entscheiden und waren an mehreren Studiengängen interessiert. Zugleich wurde uns aus
der Wahrnehmung des Arbeitsmarktes klar,
dass sich die Chancen unserer Absolventen
als Berufseinsteiger mit einer „Doppelqualifikation“ erheblich verbessern würden, was
sich in den Folgejahren bewahrheitet hat.
So entwickelten wir das „Doppelstudium“, in
dem durch ein zusätzliches fünftes Ausbildungsjahr der Abschluss in zwei Fachbereichen möglich wurde (einige wenige Schüler
hatten und haben einen besonders langen
Atem und studier(t)en alle drei Ausbildungsgänge). Diese Studienmöglichkeit war bis
vor einem Jahr weltweit einmalig, wobei die
Kombination Schauspiel/ Theaterpädago-
5
sere Studenten kreiert hatten und der uns
endgültig davon überzeugte, die Namensgebung zu überdenken und zu unserem heutigen Namen führte: TheaterAkademieStuttgart. Dieser Vorgehensweise sind wir treu
geblieben und nie wurden Inhalte und Strukturen dieser Schule auf dem Reisbrett geplant, sondern immer aus der Wahrnehmung
unserer Studenten und der Zeitfragen die jeweils notwendigen Neuerungen gesucht.
Vieles hat sich seit der Gründung 1995
verändert: die BaföG-Berechtigung für die
Studenten, die staatliche Anerkennung der
Abschlüsse aller drei Ausbildungsgänge
und die Erweiterung des Curriculums durch
die Hinzunahme neuer Fächer oder ganzer
Fachbereiche. Für die Sprachgestaltung
haben wir eine
Differenzierung des
Ausbildungsganges nach pädagogischen
und künstlerischen Arbeitsschwerpunkten,
entwickelt. In der Sprechpädagogik soll
besonders auf die Sprachförderung im
Vorschulalter vorbereitet werden.
Im
gleichen Sinne haben wir den künstlerischen
Teil im Sprachstudium konkretisiert. Zur
Abschlussprüfung gehört
nun eine
„Sprachperformance“.
Aufgabe ist es
Dichtung mit Hilfe von Tanz und Musik
oder szenischen Mitteln in den Kontext
eines freigewählten Themas zu stellen.
Die Stundenpläne wurden weitgehend
individualisiert
und
wir
haben
im
Schauspielzweig begonnen eine Filmklasse
aufzubauen. Weitere Änderungen betreffen
unsere Zusammenarbeit mit verwandten
Institutionen. Die Akademie wurde als
Vollmitglied in den BuT (Bundesverband
Theaterpädagogik)
und in den VDPS
(Verband
deutschsprachiger
privater
Schauspielschulen)
aufgenommen, es
gibt eine Zusammenarbeit mit der Inthega
(Interessenverband
deutschsprachiger
Theater), oder die regelmäßige und
vertrauensvolle Zusammenarbeit mit der
ZAV Künstlervermittlung Stuttgart.
Waren Schüler und Dozenten zu Beginn
der Arbeit eine große Familie, musste das
6
enge persönliche Verhältnis zurücktreten, je
mehr die Schule wuchs. Trotzdem bleibt es
unser Anliegen eine Ausbildung anzubieten,
die auf die individuellen Bedürfnisse und
Möglichkeiten eines jeden unserer Studenten
eingeht, und die persönliche Nähe und
Verbundenheit als Grundlage gegenseitigen
Vertrauens im Unterricht zulässt.
Und der Blick in die Zukunft? Die Akademie
wird sich, wie sie es seit 20 Jahren tut,
weiterhin verändern und neue Wege suchen.
Der Generationenwechsel hat schon
begonnen. Unsere langjährigen verdienten
Mitarbeiter Bernd Köhler (Theaterpädagogik)
und Prof. Dr. Felix Müller (Schauspiel) sind im
Ruhestand, und in wenigen Jahren wird es
auch für uns beide Zeit, den Platz an jüngere
Kräfte zu übergeben. Daher haben auch wir
einen Wunsch für „unsere“ TheaterAkademie
und die Menschen, die mit ihr verbunden
sind:
In guten Zeiten die Freiräume für
die Weiterentwicklung der Lehr- und
Forschungsinhalte zu nutzen, immer weiter
zu suchen, selbstkritisch und nie zufrieden
mit dem Erreichten zu sein. Und in schlechten
Zeiten? - auf die Zähne zu beißen, sich von
Widerständen nicht beirren zu lassen und
- dasselbe tun, wie in den guten Zeiten...
„Nimm Deine Maske ab“ war das Motto, das
wir vor 20 Jahren dieser Schule auf den Weg
gegeben haben. Es ist nach wie vor unser
Leitstern. Denn etwas bewirken kann man
dann, wenn man bei sich selbst angekommen
ist. Wenn man authentisch ist.
Cornelia Elter-Schlösser, Christian Schlösser
Gründung und Leitung der TheaterAkademieStuttgart
und der TheaterKompagnieStuttgart
7
Es gibt ein Wort von Hölderlin, das heißt, dass der Geist sich nur
rhythmisch ausdrücken könne. Musik und Dichtung haben nämlich
eine Gangart des Geistes. Sie haben Rhythmus, in dem ersten
gestaltgebenden Sinn. Darum vermögen sie einander zu erkennen...
Wie ein Stigma haftet darum Musik den Dichtungen, zu denen
sie Liebe hat an, denen von brecht, Garcia Lorca,...Trakl...und
den älteren von Baudelaire, Whitmann und Hölderlin...Denn wie
die neuen Wahrheiten können die alten von der Musik geweckt,
bestätigt und nach vorn gerissen werden; und jede Sprache, die
diese Wahrheiten ausspricht-die deutsche, die italienische, die
französische, jede!- , kann durch Musik ihrer Teilhabe an einer
universalen Sprache wieder versichert werden...
Es ist Zeit wieder ein Einsehen zu haben mit der Stimme des
Menschen, dieser Stimme eines gefesselten Geschöpfs, das nicht
ganz zu sagen fähig ist, was es leidet, nicht ganz zu singen, was es
an Höhen und Tiefen auszumessen gibt. Da ist nur dieses Organ
ohne letzte Präzision, ohne letzte Vertrauenswürdigkeit, mit seinem
kleinen Volumen, der Schwelle oben und unten – weit entfernt
davon, ein Gerät zu sein, ein sicheres Instrument, ein gelungener
Apparat. Aber etwas Unbenommenes von Jugend ist darin oder
die Scheuer des Alters, Wärme und Kälte, Süße und Härte, jeder
Vorzug des Lebendigen... Es ist Zeit dieser Stimme wieder Achtung
zu erweisen, ihr unsere Worte, unsere Töne zu übertragen...
Auf diesem dunklen Stern, den wir bewohnen, am Verstummen,
im Zurückweichen von zunehmendem Wahnsinn, beim Räumen
von Herzländern, vor dem Abgang aus Gedanken und beim
Verabschieden so vieler Gefühle, wem würde da- wenn sie einmal
erklingt, wenn sie für ihn erklingt! – nicht plötzlich inne, was das ist:
Eine menschliche Stimme.
Ingeborg Bachmann
aus Frankfurter Vorlesungen –„Musik und Dichtung“
8
Warum
„Warum noch eine private Ausbildung eröffnen und dafür so viele Risiken eingehen?“
Das haben wir uns gefragt, als 9 Studenten des Freien Jugendseminars uns baten,
doch eine Schule für Sprache und Schauspiel zu gründen.- Die Antwort ist: Weil uns die
Ausbildung von Stimme und Sprache legen wollten: Sprache in Ihrer Vielschichtigkeit,
Sprache auch in Ihrer Verbindung zur Musik. Denn Sprache ist viel mehr als wir im
alltäglich Umgang von ihr wahrnehmen und benutzen, sie geht weit über den bloßen
Begriff hinaus. Sprache hat Rhythmus, und die menschliche Stimme hat Klang.
Ich beginne meine erste Stunde Sprachunterricht immer mit einer Frage:
„Kennt Ihr das? Ich möchte einem anderen Menschen etwas mitteilen, das Bedeutung
für mich hat. Ich weiß genau wie ich es sagen möchte, ich höre den Klang in mir, ich
höre die Worte in mir, ich höre das Gefühl, das sich mit dieser Aussage in mir verbindet.
Ich spreche es aus. Und was passiert? – Es klingt fremd, es trennt sich auf eine kalte
Weise von meinem Inneren, ich erkenne es selbst nicht mehr wieder: was ich innen
gehört habe, ist verschwunden. Der Zuhörer versteht mich nicht, bekommt nur den
äußeren Begriff vermittelt, ja manchmal noch schlimmer: Er versteht mich falsch und
Missverständnisse entstehen. Ich habe noch keinen der vielen SchülerInnen, die ich
unterrichtet habe erlebt, der diese Erfahrung nicht kennt. Es ist aber ein tiefes Bedürfnis
aller Menschen, sich über die begriffliche Ebene hinaus mitzuteilen. Daran arbeiten wir
in den ersten Jahren unserer Ausbildung.
Die Ausbildung zum Sprecher bedeutet für uns: die Stimme an den Körper anbinden,
Blockaden, die nicht nur im Körper sichtbar, sondern auch in der Stimme hörbar werden,
aufzulösen, das eigene Zentrum kennenlernen. Hören zu lernen.
...und darum haben wir diese Schule gegründet, weil die Welt immer sprachloser
und dadurch gefühlskälter und ärmer wird. Wir wollten einen Beitrag leisten, dieser
Entwicklung etwas entgegenzusetzen.
Cornelia Elter-Schlösser
Ein Wort
Ein Wort, ein Satz -: aus Chiffren steigen
erkanntes Leben, jäher Sinn,
die Sonne steht, die Sphären schweigen,
und alles ballt sich zu ihm hin.
Ein Wort - ein Glanz, ein Flug, ein Feuer,
ein Flammenwurf, ein Sternenstrich und wieder Dunkel, ungeheuer,
im leeren Raum um Welt und Ich.
Gottfried Benn
9
Interview / Leila Allen, San Francisco
Warum bist Du an die Schule
gekommen?
Schon als Kleinkind habe ich die
Schauspielerei geliebt. Ich wollte gerne
an der Universität studieren, jedoch nach
einem Semester war mir klar, dass die Art
der Kunst und der Umgang der Menschen
miteinander, mir nicht gefielen.
Dann habe ich Sprachgestaltung im
Jugendseminar mit Cornelia ElterSchlösser und Arno Schostock begonnen.
In diesem Jahr hatten Cornelia und
Christian sich entschlossen die Akademie
zu gründen. Ihre Art von Theater und
Sprachgestaltung hat mich sehr interessiert
und motiviert dort zu bleiben.
Was ist/war Dein Lieblingsfach?
Eigentlich hatte ich zwei: Sprachgestaltung
bei Cornelia und Dramaturgie.
Im Sprachunterricht habe ich nicht nur
Atmen, Silbenschritte und Bewegung
gelernt, sondern ich habe von Cornelia das
Sehen und das Hören neu erlernt. Diese
erlernte Fähigkeit, einen Menschen wirklich
zu sehen und seine Stimme wirklich zu
hören, nutze ich heute in meiner täglichen
Arbeit.
Ich durfte Dramaturgie zweimal bei
Cornelia und bei Christian erleben. Beide
Stücke waren von Shakespeare. Sie
haben monatelang ein Stück ganz genau
erforscht. Als es uns dann vorgestellt
wurde, war es, wie ein magisches
Geschenk auszupacken. Sie haben
Themen und Verbindungen entdeckt und
die Charaktere tief verstanden.
Was war Dein persönliches Highlight an
der TheaterAkademie?
Im 4.Jahr habe ich an einer Inszenierung
über die Apokalypse teilgenommen.
10
Wir haben Sprechchöre mit Musik,
Einzelsprechern und Szenen miteinander
kombiniert.
Was machst Du heute?
Seit meinem Abschluss arbeite ich
als Dramalehrerin und Consultant
an Waldorfschulen, hauptsächlich in
Kalifornien, USA. 1999-2010 habe ich
vorwiegend mit Oberstufenschülern
Klassenspiele inszeniert.
2001/2002 habe ich eine Fortbildung in
Therapeutischer Sprachgestaltung auf
anthroposophischer Grundlage bei Dietrich
von Bonin besucht. Zeitweise hatte ich eine
eigene Praxis für Kinder und Erwachsene.
Ich bin Mutter von zwei Kindern und
arbeite an der Waldorfschule in Santa
Rosa, USA. Meine Arbeit umfasst unter
anderem Sprachtherapie mit Kindern und
Lehrer bei Sprach- und Klassenspielen zu
unterstützen, Einzelarbeit mit Lehrern im
Bereich Stimme und Gedicht, sowie in der
Oberstufe Improvisation zu unterrichten.
Gründungskurs: Das Kalte Herz von Wilhelm Hauff
11
Interview / Christoph Cordes L`Aubier, Schweiz
Was assoziierst Du mit der
TheaterAkademie?
Worin hast Du letztendlich deinen
Abschluss gemacht?
Vier reiche, lebendige Jahre meines
Lebens, in denen sich viel geändert, vertieft
hat, ich vieles Wichtiges für mein Leben
und das was ich heute mache gelernt
habe, in denen ich wichtige Menschen
kennengelernt habe.
Sprachgestaltung
Warum bist Du an diese Schule
gekommen?
Ich wollte Sprachgestaltung studieren
und der existenzielle Ansatz, der mir
entgegenkam hat mir sehr gefallen.
Wann hast Du Deinen Abschluss
gemacht?
Was machst Du heute?
Ich leite zusammen mit Michèle ein Hotel
und Restaurant in der französischen
Schweiz, die Teil eines größeren kulturellen
Impulses sind. Hin und wieder inszenieren
wir Zeremonien.
Was waren Deine lustigsten Momente
an der Akademie?
Lustig? Es war intensiv, reich, Arbeit.
Witzige Momente gab es auch, sie sind
aber nicht das, was bleibt. Vielleicht die
Abende in der WG
2000
Was ist/ war Dein Lieblingsfach?
Sprachgestaltung. Ich wollte es studieren,
ich liebte und liebe Gedichte, die
Sprache(n), ihre Laute, was sich in ihnen
ausdrückt, den Sinn verstärkend und über
ihn hinausgehend oder ihm scheinbar
entgegenlaufend!
Was war Dein persönliches Highlight an
der TheaterAkademie?
Die Hamletinszenierung und die Arbeit
an der Rolle des Horatio. Theater in
diesem Fall aber eher „malgré moi“! Ich
habe Michèle (la femme de ma vie),
kennengelernt!
12
Wie hat die TheaterAkademie Euch auf
den Arbeitsmarkt vorbereitet?
Ich bin in einem Bereich tätig der direkt nur
sehr wenig mit Sprache und Theater zu tun
hat, aber die Werkzeuge der Sprache, das
Arbeiten mit Menschen, mit Gruppen von
Menschen ist auch in unserem Beruf sehr
wichtig. Hier habe ich viel an der Pu©k, wie
die TheaterAkademie damals noch hieß,
gelernt und bin dankbar dafür.
vermittelt, wie ich die verschiedenen Laute
in ihrer Qualität, ihrer Konsistenz und ihrer
Bewegung erleben kann. In der Ausbildung
bei Euch entdeckte ich Sprache als sinnlich
und bewegt, räumlich, plastisch: ich kann
mich in ein M hineinschmiegen, ein L
wie Honig schlecken, tausend mal P wie
Luftbläschen zerplatzen lassen. Herrlich!
Mit diesem „Verständnis“ von Sprache kann
ich als Lehrende oft eine Freude am Sprechen
anzetteln, die weit über ein phonetisch
funktionales Üben hinausgeht. Das ist
auch besonders für Menschen wertvoll, die
gerade deutsch lernen. Sie sagen dann
manchmal „das schmeckt lecker“ oder „ich
Wien, der 09.09.2015
fange an die Sprache zu lieben“. Im gleichen
Sinne ist es eine wirksame Arbeit, mit einer
Liebe Cornelia, lieber Christian
Führungsperson zu üben, wie sie mit einem
Ziemlich genau sieben Jahre sind vergangen, T wirklich trifft. Es passiert Entwicklung durch
seit ich bei Euch die Ausbildung mit dem sinnliche und ganzkörperliche Erfahrungen.
großen Sprachabschluss beendet habe.
Das habt ihr mir quasi „eingepflanzt“! Dafür
möchte ich Euch an dieser Stelle DANKE
Die Arbeit an Stimme und Sprache ist für
sagen!
mich inzwischen ein Schwerpunkt geworden.
Hier in Wien unterrichte ich an zwei Immer mal wieder arbeite ich mit Schülern
Schauspielschulen. An einer davon werden an dem Gedicht „der Knabe“ von Rilke. Es
vor allem Studenten mit sogenanntem erfasst für mich, was Sprechen braucht:
Migrationshintergrund ausgebildet, viele die Aufrichtung des Körpers, ein Ziel vor
von ihnen mit Fluchtgeschichte. Zudem Augen und gleichzeitiges Bewusstsein/
unterrichte ich in einer Sprecherausbildung in Vertrauen im hinteren Raum, Spannung
Wien, in einer Erzählerausbildung in Istanbul und gleichzeitige Flexibilität, Wachheit
und gebe Stimm- und Sprechtrainings für und Ruhe. Der kleine Text ist für mich ein
Laien aus verschiedenen Berufsgruppen. Beispiel, wie mit künstlerischen Mitteln
Natürlich ist meine eigene Forschung in persönliche Entwicklung passieren kann.
diesem Bereich weitergegangen (schließlich Diese Verbindung von Kunst und Entwicklung
habe ich ja auch an der TheaterAkademie so haltet Ihr mit der TheaterAkademie hoch.
manchen Lehrer genervt, weil ich‘s immer Das ist großartig! Ich wünsche Euch von
ganz genau wissen wollte. Ich habe eine Herzen, dass Ihr das weiterhin tun könnt und
Ausbildung zur Erzählerin an der UdK Berlin alle Herausforderung dieser wahnsinnigen
gemacht und mich besonders in der Linklater Zeit meistert.
Methode vertieft, die an „der Befreiung der
natürlichen Stimme“ arbeitet. Methoden von Mit lieben Grüßen aus Wien
Juri Vasiliev oder Roy Hardt sind mir begegnet.
Ich finde, das sind alles ganz wunderbare Hannah
Ergänzungen zur Sprachgestaltung.
Hannah Heckhausen,
Aber es gibt Eines, was ich ganz besonders
von Euch gelernt habe: Das ist ein Erleben
der Laute selbst. Ihr habt mir einmalig
Sprecherin, Theater-und Sprechpädagogin, Wien
Ehemalige der TheaterAkademie Stuttgart
13
Grußworte
Als langjähriger Vorsitzender der ständigen
Konferenz Schauspielschulen (SKS) kannte
und teilte ich das kritische Verhältnis, das
Vertreter der staatlichen Schulen gegenüber
den Privatschulen einnehmen. Seit meiner
Mitwirkung an der TheaterAkademieStuttgart
ist der Blickwinkel differenzierter.
lerischen Beruf verlassen die Absolventen
die TheaterAkademieStuttgart mit großem
menschlichen Gewinn.
Ich wünsche noch viele Jahre im Sinne des
bisherigen Wirkens.
Das Ziel der Ausbildung ist auch hier, technisches Grundkönnen verfügbar zu machen
und schauspielerische Ausdruckmöglichkeiten zu optimieren, daneben und vor allem
aber auch die selbständige künstlerische
Persönlichkeit zu entwickeln. So gesehen ist
die Ausbildung zugleich eine menschenbildnerische. Ich konnte meine eigene Auffas- Prof. Dr. Felix Müller
sung von Ausbildung hier gut weiter verfol- Ehemaliger Leiter der Schauspielschule in der
Staatlichen Hochschule für Musik und Darstellende
gen.
Neben der Vorbereitung für einen künst-
Seit
2007
haben
Studierende
der
Theaterpädagogik von der Theater Akademie
Stuttgart die alle zwei Jahre stattfindenen
Schultheatertage am LTT unterstützt. Fünf mal
haben sich angehende Theaterpädagogen
auf den Weg nach Tübingen gemacht, um
dort mit Kindern und Jugendlichen in der
theaterpädagogischen Praxis Erfahrungen
zu sammeln. Sie leiteten Workshops, sahen
viele Schultheateraufführungen, führten
mit den SchülerInnen Nachgespräche und
standen ihnen fünf Tage lang mit Rat und
Tat als Mentoren zur Seite. In all den Jahren
habe ich die Studierenden der Stuttgarter
Akademie sehr zu schätzen gelernt. Ihr
fachliches Können und Wissen, ihre große
Lernbereitschaft und Kritikfähigkeit, ihre
Begeisterungsfähigkeit und ihre Offenheit
ziehen sich wie ein roter Faden durch
die Zusammenarbeit und scheinen von
Jahrgang zu Jahrgang weitergereicht
zu werden. Dank des Einsatzes und der
14
Kunst Stuttgart und langjähriger Dozent für
Schauspiel an der TheaterAkademieStuttgart
Rückmeldungen der Studierenden hat sich
die Konzeption der Schultheatertage am
LTT kontinuierlich verändert und verbessert.
Das macht Lust auf die nächsten Male!
Herzlichen Glückwunsch zum Jubiläum!
Tobias Ballnus
Theaterpädagoge (BUT) und Mitglied der
künstlerischen Leitung des Jungen LTT, Tübingen
Das Schicksal, die Akademie und ich
Seit meiner BOGY-Zeit im Gymnasium recherchierte ich nach Universitäten, Akademien und Ausbildungsstätten, an denen man
Schauspiel lernen konnte. Daraufhin hospitierte und informierte ich mich gezielt. Unsere schöne TheaterAkademieStuttgart hatte
ich bis dato noch nicht entdeckt. Eines Tages
befand sich eine Mail in meinem Postfach.
Eine gewisse Theaterakademie – sogar in
Stuttgart. Mein erster Gedanke war: „Wie
cool! Vielleicht ist das ja die Akademie, die
zu mir passt!“ und mein nächster Gedanke
war: „Huch, wie haben sie meine E-MailAdresse erhalten?“. Ich wurde neugierig.
Nach dem Besuch auf der Homepage, bei
der ich die Sprüche und die Philosophie sehr
ansprechend fand, wollte ich unbedingt zu
einem der Infoworkshops! Um 10 Uhr durfte ich mit Sportkleidung im Gepäck erscheinen. Die anderen Teilnehmer und ich machten uns miteinander vertraut. Ich empfand
sie alle sehr sympathisch und offen. Eine
der Teilnehmerinnen darf ich jetzt zu einer
meiner besten Freundinnen zählen - Sylvie.
Wir bekamen Schauspielunterricht bei Frank
Deesz und lernten dort den Dreischritt. „sehen, bewerten, handeln“ anhand der „Fliege“. Im Fechtunterricht wurden wir durch
motivierende Art zu persönlich sportlichen
Höchstleistungen gebracht. Ein Mittagessen
folgte, bei dem wir mit aktuellen Studenten
der Akademie reden konnten. Sie waren alle
sehr nett und erzählten uns einiges über ihre
Studienzeit hier. Danach durften wir bei Vladimir Khingansky tanzen. Die letzte Unterrichtseinheit war Sprachunterricht bei Herrn
Schlösser mit einem anschließenden Gespräch über die Akademie und ihre Ausbildungsgänge. Die verschiedenen Unterrichtsfächer, die ich an diesem Tag besuchen durfte, hatten mich schon vom Hocker gehauen!
Die Disziplin, die die Dozenten von uns forderten, gefiel mir und der damit kombinierte
Spaß an der Sache entsprach meiner Auffassung einer guten Bildungsstätte. Die Vorstellung davon, all diese Fächer jeden Tag zu
haben, machte mich glücklich, denn es war,
als ob ich jeden Tag meinen Hobbys nachgehen könnte. In dem erwähnten Gespräch
mit Herrn Schlösser erfuhr ich dann von dem
Beruf eines Theaterpädagogen. Die perfekte Kombination aus Theaterschaffenden und
Lehrenden, meiner Meinung nach. Ich hatte früher mit dem Gedanken gespielt, auf
Lehramt zu studieren, da ich es liebe, mit
Kindern zu arbeiten und mein Wissen an
andere weiterzugeben. Als Theaterpädagogin wäre mir somit möglich, künstlerisch wie
auch pädagogisch zu arbeiten. Das Angebot
der TheaterAkademieStuttgart, zwei bis drei
Ausbildungsgänge parallel zu machen, war
dann das letzte Argument um mich voll und
ganz zu überzeugen. Denn so ein Angebot
hatte keine andere Ausbildungsstätte. Als ich
nach Hause kam, spürte ich schon den Muskelkater und meine Erschöpfung von all den
neuen Eindrücken des Tages, aber vor allem
auch meine überquellende Vorfreude und
mein Enthusiasmus an diese Akademie zu
gehen; und nur an diese. Vielen Dank dafür!
Und ein großes Danke auch an das Schicksal, dass wie von Zauberhand meine E-MailAdresse an die Theater Akademie Stuttgart
gelang.
Nupelda Ciftci
4.Ausbildungsjahr Doppelstudium Schauspiel und
Theaterpädagogik
15
Zum Leitbild der TheaterAkademieStuttgart
Wörter nehmen durch die Tatsache, dass sie
nicht nur „Begriffe“ sind, Dimensionen an, die
das Gewöhnliche überschreiten. Auch wenn
ein Begriff beim Sprechen notwendig ist, ist
er doch nur ein lächerlich kleiner Teil des erstaunlichen Ganzen, welches die Sprache
bietet . Der Begriff ist jenes kleine, schwächliche Kriterium, vor dem die gesamte westliche Zivilisation seit vielen Jahrhunderten
sich so übertrieben tief verneigt. Es gibt
den Begriff; doch jenseits des Begriffs gibt
es den ‘Begriff, der durch das Bild lebendig
wird‘; und jenseits des Begriffs und des Bildes ist die Musik, und die Wortmusik ist der
Ausdruck dessen, was durch die begriffliche
Sprache nicht erfasst werden kann. Menschliche Erfahrung, die sich nicht durch Begriffe
ausdrücken lässt, wird durch die Musik ausgedrückt. Daraus entsteht Poesie, denn in
der Poesie finden wir eine unendlich fein abgestimmte Beziehung zwischen Rhythmus,
Ton, Schwingung und Energie, die jedem gesprochenen Wort Begrifflichkeit und Bildlich-
keit verleiht und gleichzeitig eine machtvolle dritte Dimension, die vom Klang herrührt,
von der Wortmusik. Dennoch, wie gefährlich
ist es, das Wort „Musik“ auch nur zu erwähnen! Dies kann zu schrecklichen Missverständnissen führen. Ein Schauspieler denkt:
„Ah! Ich habe eine musikalische Stimme,
also kann ich auch musikalisch sprechen.“
Lassen sie uns ganz klar sehen. Wortmusik
im poetischen Sinne ist äußerst subtil; der
Wortrhythmus ist äußerst subtil; leider wurde in den Schauspielschulen überall auf der
Welt dieses komplexe Phänomen auf eine
Handvoll Regeln reduziert. Wenn ein Schauspieler lernt, dass Shakespeare in Pentametern schrieb und dass ein Pentameter einen
bestimmten Takt hat, wird er versuchen, dies
in seinem Sprechen umzusetzen, und wir erleben eine trockene, leere Musik, die mit der
lebendigen Musik der Wörter nichts zu tun
hat.
Peter Brook
Auszug aus „Evokation Shakespeare
Geschichten erzählen
Die Verbale Sprache ist eine bedeutende Das möchte ich vertiefen.
Sache, die uns vom Tier unterscheidet. Wo
wären wir heute, ohne die Kunst sprechen Michael Zirpel
zu können? Die Menschen haben sich 4.Ausbildungsjahr Doppelstudium Sprechen/
schon immer gerne Geschichten erzählt Theaterpädagogik
und versucht jedes Mal den Anderen zu
übertrumpfen. Die Geschichtenerzähler
waren in dieser Kunst so geübt, dass sie das
Publikum gefesselt haben, allein mit Worten.
Und auch heute noch bleiben einige in der
Stadt stehen, wenn sie einen Redner hören,
der diese Kunst beherrscht, wenn auch nur
kurz. Besonders Kinder sind für diese Kunst
sehr empfänglich. So kann ich meinerseits
berichten, wie ich von der Geschichte des
Öfteren geträumt habe, die meine Mutter mir
erzählte. Dies möchte ich weiter tragen, vor
allem, weil man mir mehrmals gesagt hat,
dass ich eine schöne Erzählstimme habe.
16
Interview / Ana Norambuena, Stuttgart
Was assoziierst Du mit der
TheaterAkademie?
Was waren Deine lustigsten Momente
an der Akademie?
Herausforderung! In jedem Bereich, in
jedem Moment, das ganze Jahr lang.
Auf jeden Fall die Proben in Weißenseifen.
Warum bist Du an diese Schule
gekommen?
Bauchgefühl und um die Pionierzeit
mitzugestalten. Es war eine
außergewöhnlich intensive Zeit in meinem
Leben.
Wann hast Du Deinen Abschluss
gemacht?
Uuups... schon vergessen, war der erste
Abschluss in der Schule
Was ist/ war Dein Lieblingsfach?
Rollenstudium. Weil ich in diesem Fach
die Möglichkeit hatte tief in meine Arbeit
einzutauchen und konnte verschiedene
Wege ausprobieren.
Wie hat die TheaterAkademie Euch auf
den Arbeitsmarkt vorbereitet?
Da ich im Gründungsjahr war und
keinerlei Spuren von anderen
Studentengenerationen gab, hatten wir
so gut wie keine Vorbereitung für den
Arbeitsmarkt. Es war ein Sprung ins kalte
Wasser, über Vorsprechen, Bewerbungen
& Co. Mein Motto war „learning by doing“.
Und es hat sich gelohnt, ich habe 10
Jahren als Schauspielerin im Theater
gearbeitet. Bei den Vorsprechen kam
häufig die Rückmeldung, wie gut meine
Stimme ausgebildet war, und das bekamen
auch andere Mitstudenten gesagt.
Was war Dein persönliches Highlight an
der TheaterAkademie?
Ich habe dort meinen Ehemann
kennengelernt
Worin hast Du letztendlich Deinen
Abschluss gemacht?
Ich wollte alle absolvieren. Letztendlich
habe ich Sprache und Schauspiel
gemacht.
Was machst Du heute?
Psychotherapie und psychologische
Beratung.
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16
18
19
Einmal von Stuttgart nach Graz und zurück
- wie ich an die TheaterAkademieStuttgart kam
Ich war ein eher trauriges Kind und nicht
besonders gut in der Schule, sie machte
mir so überhaupt gar keinen Spaß, und die
Stadt, in der ich wohnte, fand ich hässlich,
grau und langweilig.
Doch eines Tages kam etwas in mein Leben,
das Farbe in die graue Welt brachte. Es war
die 7. Klasse des Gymnasiums, die ich damals
besuchte. Wir spielten ein Märchen von
den Gebrüdern Grimm. Und hier passierte
es: ich stand auf dieser Bühne, hatte die
Scheinwerfer im Gesicht und fühlte, dass
ich genau hier hingehörte. Da gab es keine
Selbstzweifel. Da gab es die Scheinwerfer,
das Publikum und mich, die ich selbst sein
konnte, ohne ich selbst zu sein. Im selben
Jahr bestand ich mein Abitur und war jetzt
offiziell bereit für die große weite Welt. Leider
nur offiziell. Was wollte ich werden? Nun,
eigentlich war das keine Frage. Ich wollte auf
jeden Fall Schauspielerin werden. Ein Leben
ohne die Bühne? Das konnte ich mir gar nicht
mehr vorstellen. Doch an Schauspielschulen
gehen, um dort vorzusprechen? Mich ganz
alleine vor eine Kommission stellen und
spielen? Alleine bei dem Gedanken fühlte
ich mich irgendwie nackt und bekam Angst.
Ich begann an der Universität Hohenheim zu
studieren. Nach 2 Semestern musste ich mir
jedoch eingestehen, dass ich alles andere
als glücklich war mit meiner Studienwahl
und ließ mich prompt exmatrikulieren. Angst
hatte ich immer noch und zwar nicht gerade
wenig. Doch erst jetzt begriff ich, dass Mut
nicht bedeutet keine Angst zu haben, sondern
diese zu überwinden. Wenn dann, richtig,
dachte ich mir und bewarb mich an der
„Ernst Busch“ in Berlin - reiste nach Berlin,
später an die Falkenberg, die Everding nach
München, dann an die Folkwang in Essen,
danach Hannover, Hamburg, Leipzig,
Ludwigsburg, Zinnowitz, Linz, Graz. Ein
Jahr lang tourte ich durch Deutschland und
Österreich und lernte viel über mich selbst,
lernte an mich zu glauben und auch dann
20
wieder aufzustehen, wenn die Landung
wirklich wehgetan hatte. Nach einem Jahr
hatte ich dennoch genug und wollte endlich
meinen Traumberuf erlernen. Ich war so
oft nicht genommen - oder nur knapp nicht
genommen worden - und war es satt 7
Stunden Zug zu fahren, nur um 2 Monologe
vorzusprechen, bei denen man mir eh kaum
zuhörte, weil nach den 20 Monologen vor
mir irgendwann einmal die Aufmerksamkeit
flöten gegangen war.
Doch was nun?
Ich überlegte hin und her. Auf meinem
ersten Statistendreh in der Stadtbibliothek
Stuttgart begegnete mir die vermeintliche
Lösung in Gestalt einer blonden zierlichen
Schauspielschülerin. Sabina erzählte mir
von der privaten Schauspielakademie, die
sie derzeitig besuchte. Sie könne sie mir
nur sehr empfehlen, sagte sie und klang
dabei sehr ehrlich. Ich begann zu überlegen.
Eine Privatschule würde ich mir wohl kaum
leisten können. Doch ein Mal hingehen und
vorsprechen konnte wohl nicht schaden.
Immerhin war es ja auch eine Erfahrung. Also
bewarb ich mich und bekam kurze Zeit später
einen Termin zum Vorsprechen. Der lief dann
für mich recht ungewohnt ab: da waren keine
anderen Bewerber – nur ich. Dann bekam
ich ordentlich Zeit um mich vorzustellen und
meine Monologe vorzuspielen. Hier gab es
keinen Vorsprechstress, den ich mittlerweile
ja schon fast gewohnt war. „Wir würden
Sie aufnehmen“ – dieses Resümee war
dann allerdings die Spitze des Gipfels der
Ungewöhnlichkeiten. Dann fing der Direktor
der Schule an seinen Monolog zu halten (was
auch sehr ungewöhnlich war, da das Halten
von Monologen, ja bis zu diesem Zeitpunkt
eher eine Sache der Bewerber gewesen war).
Er erzählte ausführlich von den Vorteilen, die
seine Schule bot. Irgendwann meldete sich
das Misstrauen in mir; sollte ich ihn nicht
heute davon überzeugen, mich als Schülerin
zu nehmen? Mir kam es jedoch vor, als wolle
er mich davon überzeugen, die Schule zu
wählen.
Später telefonierte ich mit meinem Vater, der
reagierte jedoch ganz anders als gedacht. Er
freute sich für mich und fragte, wie viel ich
denn monatlich an Unterstützung benötigte.
Dann redete ich mit meiner besten Freundin.
Sie kaufte eine Flasche Sekt und freute sich
ebenfalls. „Aber du siehst ja gar nicht glücklich
aus“, stellte sie verwundert fest. Ich zuckte
die Achseln und wusste nicht so recht, was
ich sagen sollte. Ich hatte wohl kein so gutes
Gefühl bei der Sache, dabei war es doch die
ganze Zeit das gewesen, was ich wollte, oder?
Kurze Zeit später ging dann auch das erste
Jahr los. Trotz meines Bauchgefühls hatte
ich mich entschlossen den Ausbildungsplatz
anzunehmen und lernte meine Mitschüler und
meine Dozenten kennen. Ich hatte die ersten
Wochen Unterricht - und fing bald inständig
an zu hoffen, dass sich vielleicht noch etwas
an der Ausbildung änderte. Es gab keinen
Stundenplan und kaum Dozenten, unsere
Schauspielklasse war schauspielerisch so
gar nicht auf einem Stand und wir hatten so
wenig Unterricht, dass ich mich dauerhaft
so fühlte, als hätte ich Ferien. Dass meine
Schauspieldozentin jünger war als ich selbst
und so gut wie keine Referenzen besaß, war
eine von vielen deprimierenden Tatsachen.
Doch natürlich bekamen wir nicht irgendwann
noch mehr Unterricht und schnell wurde mir
klar: ich musste kündigen. Doch laut Vertrag
hing ich hier ein Jahr fest. Viel konnte ich
währenddessen nicht tun. Ich bewarb mich
also noch einmal in München, dann in
Ludwigsburg und dann an der staatlichen
Hochschule für Musik und Darstellende Kunst
in Stuttgart. Eine Mitschülerin und Freundin
von mir begleitete mich auf der Suche nach
einer geeigneten Schule. Dann stießen wir
auf die TheaterAkademie Stuttgart. Noch
eine Privatschule? Wer weiß, wie das
wieder endet. Doch ein Mal hingehen um zu
hospitieren, konnte ja nicht schaden.
Ich erzählte einer weiteren Mitschülerin davon
und gemeinsam schwänzten wir einen Tag
Unterricht an unserer derzeitigen Schule, um
einen Tag Unterricht an einer anderen Schule
mitzuerleben. Der beste Tausch, den ich seit
langem gemacht hatte, denn plötzlich erlebte
ich etwas, das ich fast vergessen hatte:
Schauspielunterricht konnte Spaß machen.
An diesem Tag hatten wir Improvisation,
Theaterpädagogik, Rhythmik und Tanz und
hörten außerdem ein sehr interessantes
Referat über Max Reinhardt. So stellte ich
mir es vor, Schauspiel zu studieren. Am
Abend gingen wir müde nach Hause, müde,
aber glücklich. Hier wollte ich unbedingt hin,
das wusste ich von diesem Tag an. Also
bewarb ich mich. Ich sprach vor, und – wurde
genommen! Endlich war ich angekommen,
sagte mir mein Bauchgefühl, und auch dieses
Mal behielt es Recht. Zwei Monate später: Wir
sitzen wir im Bus, auf dem Weg zu unserer
neuen Schule. Auch meine Mitschülerin aus
der ehemaligen Schauspielschule wurde an
der TheaterAkademieStuttgart genommen
und sitzt neben mir: „Jetzt fängt es an“ sagt
sie und ihre Augen funkeln „Jetzt leben wir
endlich unseren Traum.“ Ja, jetzt fängt es
an, denke ich, schaue aus dem Busfenster
und denke an den langen Weg, der hinter
mir ist, und an den der noch vor mir liegt. Ich
denke an alles, was ich gelernt habe, und
was es alles noch zu lernen gibt. „Schön“,
denke ich und lächle.
Marlies Besthorn, 3. Ausbildungsjahr
Doppelstudium Schauspiel und Theaterpädagogik
21
Interview / Katrin Röhlig, Stuttgart
Was assoziierst Du mit der
TheaterAkademie?
Einen Ort, an dem viel möglich ist.
Warum bist Du an diese Schule
gekommen?
Das Vorsprechen an dieser Schule,
genauer genommen mein Gespräch mit
der Schulleitung hat mich damals so
berührt und überzeugt, dass ich mich für
die TheaterAkademie entschieden habe.
Wann hast Du Deinen Abschluss
gemacht?
2010
Was ist/war Dein Lieblingsfach?
Ich hatte ziemlich viele Lieblingsfächer...
Schauspiel bei Yvonne Racine war wohl
das allerliebste Lieblingsfach. Wir waren
eine spannende und explosive Gruppe
und es ist in diesem Unterricht ziemlich
viel passiert. Es war immer so eine Art
Parallelwelt, die mir aber viel gebracht und
bedeutet hat.
Was war Dein persönliches Highlight an
der TheaterAkademie?
Die Griechenlandreise 2009
Wie hast Du die Schule gefunden?
Was machst Du heute?
Ich arbeite als Schauspielerin und als
freie Theaterpädagogin projektbezogen
und unterrichte in verschiedenen
Einrichtungen Schauspiel und
Theaterpädagogik. Nächstes Jahr schließe
ich meine weiterführende Ausbildung zur
Drama- und Theatertherapeutin ab und
dann geht‘s weiter.
Was waren Deine lustigsten Momente an
der Akademie?
Auf jeden Fall die Kolloquien... die
waren oft ziemlich schräg. Es gab
gesegneten Sand und Tugenden... Und
der Theorieunterricht... Literatur, etc... Jan
Phillip weiß, was gemeint ist. After Schaf
und so...
Wie hat die TheaterAkademie Euch auf
den Arbeitsmarkt vorbereitet?
Ich habe im Job gemerkt, wie gut ich
ausgebildet wurde und wie viel ich in der
Rückhand habe. Das war ein gutes Gefühl.
Trotzdem lerne ich weiter und habe von
Anfang an Fortbildungen besucht. Aber die
Grundlagen dafür, auf dem Arbeitsmarkt
zu bestehen, habe ich bekommen
Wie ist es an der Schule zu unterrichten,
an der Du selbst mal Schüler warst?
Es ist etwas vollkommen anderes. Und das
ist wichtig. Ich habe mich nach meinem
Abschluss komplett abgenabelt und bin
Worin hast Du letztendlich Deinen
meinen Weg gegangen. Darum konnte
Abschluss gemacht?
ich auch als Dozentin zurückkommen. Ich
Ich bin für Schauspiel gekommen und habe glaube an das, was die Akademie lehrt und
wofür sie steht und bin glücklich meinen
meinen Abschluss im Schauspiel und in
Teil dazu- und zurück geben zu können.
Theaterpädagogik gemacht.
Im Internet.
22
Ein Traum wird wahr
Seitdem ich denken kann, möchte ich
Schauspielerin werden. Schon als Kind
spielte ich Theater und liebte es, auf der
Bühne zu stehen. Es gab nie eine Alternative
für mich. Deswegen bin ich so glücklich
darüber hier zu sein, um meinen Traum
Schritt für Schritt zu realisieren. Die Zeit an
der TheaterAkademie hat mir gezeigt, dass
für mich nichts anderes in Frage kommt,
als Schauspielerin zu werden. Ich bin völlig
begeistert, es gibt so viel zu lernen, ich kann
gar nicht genug davon bekommen. Jeder Tag
ist anders und stellt neue Herausforderungen
an mich. In den ersten Jahren haben mich
die Rollenabschlüsse völlig begeistert. Zu
sehen, was die Abschlüssler alles gelernt
haben und wie sie spielen, war großartig. Ich
hätte am liebsten selbst gleich angefangen
zu spielen.
Ich fand auch die Aufführung zusammen
mit den höheren Kursen super. Es hat im
ersten Jahr viel Mut gemacht, dabei zu
sein. Die Proben waren total spannend. Die
Schauspieler aus dem dritten Jahr waren
bewundernswert. Es hat mir auch gezeigt,
wo ich hin möchte. Ich möchte selbst auf
der Bühne stehen. Das Gefühl, wenn ich
auf der Bühne stehe, spiele, neue Dinge
erlebe und fühle ist unbeschreibbar. Das
Spielen macht mir so riesigen Spaß, dass
ich alles Drumherum vergesse. Es macht
alles gut. Alle Probleme sind verschwunden
und danach bin ich voller Glücksgefühle. Die
Vielfalt der Fächer, die wir haben, finde ich
unglaublich. Es ist gut, dass man hier in so
vielen Bereichen gefordert wird. Mir machen
alle Fächer riesigen Spaß und ich habe
erfahren, dass man mit viel Üben wirklich
etwas erreichen kann.
In der Zeit ,die ich jetzt hier bin, habe ich
mich aus meiner Sicht sehr entwickelt und
besser kennengelernt. Doch möchte ich noch
viel mehr über mich und die Schauspielerei
erfahren. Ich bin sehr ehrgeizig und will
mein Ziel unbedingt umsetzen. Ich will
Schauspielerin werden! Wie sehr ich es
will, sagt folgendes Beispiel: Man stelle sich
vor, man wird unter Wasser gedrückt und
bekommt keine Luft. Der erste lebenswichtige
Atemzug beim Auftauchen beschreibt exakt
meinen Willen. Ich möchte die Jahre hier auf
der Schule nutzen um meinen Traum nach
und nach in die Tat umzusetzen.
Und hier noch die Worte von Max Reihnhard,
die mich schon lange bewegen:
„Ich glaube an die Unsterblichkeit des
Theaters. Es ist der seligste Schlupfwinkel
für diejenigen, die ihre Kindheit heimlich
in die Tasche gesteckt und sich damit auf
und davon gemacht haben, um bis an ihr
Lebensende weiterzuspielen.
Sylvie Reimer
4. Ausbildungsjahr Schauspiel
23
Das Jahr danach: Ein Jobeinsteiger berichtet
31.08.2014 – Dieses historische Datum
markierte für mich den Aufbruch in
neue Hoheitsgebiete, einen Gang ins
Ungewisse, den Beginn meines innerlichen
künstlerischen Jakobswegs, kurz, mein
offizielles Ausbildungsende. Es ranken sich
viele Mythen darum, was nach diesem Tag
passiert und die meisten Zeugen dieses
Spektakels waren auf einmal an den
renommierten Wasserstellen der angehenden
Schauspielszene (Schlampazius, Rössle,
etc.) nicht mehr auffindbar. Ich möchte es
heute auf mich nehmen und über diese Welt
des Ungewissen, die hinter dem Abschluss
liegt, berichten.
1. Die Phase kurz nach dem Abschluss:
Eigentlich sitzt man erstmal eine Woche
einfach nur da - mit aufgerissenen Augen.
Auf eine weiße Rauputzwand starrend,
einfach, weil das das Maximum von dem
ist, was man nach den Prüfungswochen
noch an intellektuellem und stressbedingtem
Input aufnehmen kann. In dieser Woche
mischen sich sehr viele Gefühle. Ich glaube,
uns ist allen bewusst, dass die vier, fünf
oder sogar sechs Jahre Ausbildungszeit
an der Akademie nicht immer nur aus eitel
Sonnenschein bestehen und gerade in den
letzten Prüfungswochen neigt man doch eher
dazu, seine Zeit dort zu verteufeln, hadert
mit der Obrigkeit (liebe Grüße) und fragt
sich letztendlich, ob man für den Druck, den
dieser Job beinhaltet ,überhaupt geschaffen
ist. Wenn ihr das hier lest und am Ende eurer
Ausbildungszeit seid, möchte ich letztere
Frage mit „Ja!“ beantworten. Ihr seid dafür
geboren, Ihr habt Euch die letzten Jahre
intensiv mit dem auseinandergesetzt, was
Ihr liebt und Ihr habt dafür eine gewisse Form
der Anerkennung verdient. Da ist es dann
auch gleich, ob diese Anerkennung aus „gut“,
„sehr gut“ oder „mit Auszeichnung“ besteht,
aber das wird einem eh erst später klar. Bis
hierher habt ihr auf jeden Fall alles richtig
gemacht. Man sitzt also in der Woche nach
dem Ausbildungsende da und denkt exakt
24
zwei Sätze: „Juhu – Ich muss nie mehr in den
Laden zurück!“ und „Oh Gott – Ich darf nie
mehr in den Laden zurück!“ Denn irgendwie
wird die Akademie in der langen Zeit, in der
man sie besucht hat, schon auch ein Stück
Familie und gleichzeitig geliebte Routine.
Man freut sich, kann sich aber gleichzeitig
nicht vorstellen, nach dem Sommer nicht
einfach wieder hinzugehen und weiter „Himm
Hemm Hamm Humm“ zu machen. Man hat
jetzt das Glück und gleichzeitig die Bürde,
seines eigenen Glückes Schmied zu sein
und ich glaube, diese Verantwortung wiegt
schwer, befreit aber gleichzeitig ungemein.
Hat man diese Mischgefühl-Paralyse von
sich geschüttelt, beginnt man natürlich
sofort sich in die Stadtbibliothek zu setzen
und seine Abschlussmappe zu schreiben,
damit man zügig sein Abschlusszeugnis in
der Hand halten kann. Spaß beiseite, jetzt
beginnt
2. Die Bewerbungsphase:
Wer gerne Serien schaut, ein starkes
Handgelenk und einen soliden Speichelfluss
hat, der wird sich in dieser Phase wohlfühlen.
Jetzt beginnt nämlich das Bewerbungen
- Schreiben und Eintüten. Man lege eine
Staffel „Lost“ ein, lege den aktuellen
Theateralmanach (von Bernd Steets, Edition
Schmidt, 21,90 €. Enthält Theateradressen in
Deutschland, Österreich und der Schweiz im
Überblick. Daten, Spielpläne, Kommentare).
Meine Bewerbungsschreiben liegen übrigens
eingetütet und unversendet auf meinem
Dachboden, da ich ja dann in Esslingen
untergekommen bin. Die Erfahrung war’s wert
schätze ich. Mehr ist dazu von meiner Seite
auch nicht zu sagen, jetzt geht es zur Sache
und ich beginne, Umschläge mit Adressen
deutschsprachiger Theater zu versehen.
Zeugnis rein, 4 Bildchen dazu, kleines nettes
Anschreiben und weg damit. Schreibt man
nur die Landes- und Staatsbühnen an, hat
man danach so um die 150 Bewerbungen,
eine unermessliche Serienkenntnis und eine
sehr trockene Zunge.
3. Vorsprechphase
Kannste Meisner? Kannste Steiner? Kannste
alles vergessen bzw. MUSS man alles
vergessen, wenn man beim Vorsprechen
steht und auch später. Damit meine ich
nicht, dass es unwichtig ist und man das
Jahre lang für Nichts gemacht hat, sondern
dass man das jetzt intus hat.. Vertraue
darauf, dass du die Techniken instinktiv
richtig anwendest und verhaspel dich nicht,
nur weil du mal statt nem‘ Dreischritt `nen‘
Zweischritt machst. Beim Vorsprechen
beschäftigt einen alles, nur nicht die Kunst.
Die Zuschauer, ihre Blicke, der Fakt, dass
es auf einmal nicht mehr der Bühnensaal mit
seinem sympathisch geteerten Parkettboden
ist und dass man tatsächlich das erste Mal
vor Menschen spielt, die einen noch nie
zuvor spielen gesehen haben. Die nicht die
Privatperson kennen, sondern wirklich nur
den Schauspieler sehen. Ich fuhr damals also
hochambitoniert zu meinem Vorsprechen
an die LB nach Esslingen. Im Gepäck eine
Reisetasche voller Hemden, Hosen, Hüte,
Schuhe, Requisiten, sowie einer Gitarre
und einer Picknickdecke, nur um dann zu
bemerken, dass man in Esslingen ja gar
nicht vor dem Theater parken kann… also zu
Fuß. Ich hatte noch einen guten Zeitpuffer,
kam fit zum Vorsprechen und der Intendant,
Herr Friedrich Schirmer, war so nett sich eine
ganze Stunde für mich Zeit zu nehmen, damit
ich alle meine Rollen spielen konnte.
Außer ihm saßen dort außerdem noch vier
andere Damen und Herren, die für mich
sehr wichtig aussahen. Ich habe also meine
Rollen nach bestem Gewissen gespielt,
habe geschwitzt und mit Gummibärchen
gespuckt, war in voller Fahrt und habe
dieses Vorsprechen als Erfolg verbucht,
Herr Schirmer auch. Und als Fazit musste
ich noch zwei weitere Male erscheinen (Herr
Schirmer wollte damit ausschließen, dass
ich nur einen glücklichen Tag hatte) - und
habe den Job bekommen. Mein Fazit ist:
Vor wem auch immer Ihr beim Vorsprechen
steht, vergesst nicht, er ist wahrscheinlich
ein alter Hase. Er weiß, dass Ihr nervös seid
und er weiß auch, wie er das in so einer
Vorsprechsituation bewerten muss. Verlasst
euch darauf, das Ihr an der Akademie ein
qualitativ gutes Handwerkszeug bekommen
habt, dass Euch locker durch diesen Prozess
trägt. Gebt Euch offen und sympathisch und
zeigt auch, dass Ihr nette Arbeitskollegen
seid. Denn noch vor der Kunst ist vielen
25
Intendanten das persönliche Klima im Haus Privates bleibt einem oft nicht mehr und
ein wichtiges Anliegen. Damit kommen wir zu man muss Freunde oft mehrere Wochen
vertrösten. Aber wenn ich Freunde von
4. Die Arbeitsphase
mir sehe, die acht Stunden im Büro sitzen
Wenn man hier angekommen ist, kann und ihren Job hassen und wenn ich mich
man sich schon ein bisschen was auf sich vor einer johlenden Meute Kinder stehen
einbilden, immerhin ist man weiter als 20 bis sehe, denen ich gerade die Geschichte
30 Prozent der ausgebildeten, arbeitslosen der „Kurzhosengang“ erzählt habe und die
Schauspieler in Deutschland. Arbeiten an im besten Fall noch was Positives über
einem subventionierten Haus ist anfangs - Theater davon mitnehmen, dann weiß ich
und wenn man aus der harten Schule der schon, warum ich das lieber mache als
Theater Kompanie kommt - schon fast ein alles andere. Der Schauspielerberuf wird
bisschen unterfordernd. Ich kann mich noch nie etwas Konventionelles sein, wird nie ein
an meinen ersten Probentag erinnern und Beruf sein, in dem man geregelt arbeitet,
meine schiere, glückliche Ohnmacht, als im abends abstempelt und sich dann nicht mehr
Proberaum schon ein Bühnenbild aufgebaut mit seinem Job auseinandersetzen muss,
war und Probenkostüme für mich rausgelegt sondern wird vielmehr immer ein Teil von
waren. Ich kann hier jetzt nur von meiner einem sein, für den man leben muss und
persönlichen Erfahrung sprechen, aber die in dem man sich immer weiterentwickelt
Arbeit in der Kinder- und Jugendabteilung und nie stehen bleibt. Aber das macht
der Württembergischen Landesbühne ist diesen Job ja auch so einzigartig und
wunderschön. Ich habe durchgehend nette liebenswert. Und deshalb übrigens sieht man
und wache Kollegen, von der Maske über Abschlüssler auch immer seltener abends
die Schauspielkollegen bis hin zur Technik, an den renommierten Wasserlöchern der
den Regisseuren und Dramaturgen und es angehenden Künstlerszene. Wahrscheinlich
wird alles getan, damit ich als Schauspieler haben sie neue Quellen gefunden, an denen
voll aufs Spielen konzentriert sein kann. sie ihre Kraft schöpfen. Ich arbeite jetzt auf
Gerade am Anfang hat man natürlich noch jeden Fall seit einem halben Jahr an der
Hemmungen, gerade vor älteren Kollegen, Landesbühne in Esslingen und kann mir
da man halt doch der „Jungspund“ ist, aber zum jetzigen Zeitpunkt keinen schöneren
ich kann hier nur für mich sprechen, meine Ort vorstellen, an dem ich meine Arbeitszeit
Mitspieler sind alle sehr nett und offen und verbringen möchte. Lange Rede, kurzer Sinn
am Ende des Tages kochen wir halt auch - zum Abschluss gibt’s noch
alle nur mit Wasser. Ich merke aber auch,
dass Schauspiel wirklich ein Beruf ist, für
den man brennen muss und für den man
auch Dinge aufgeben muss. Ich arbeite im
Normalfall von 10.00-14.00 Uhr und nach
einer 4 stündigen Pause nochmal von 18.0022.00 Uhr, samstags „nur“ von 10.00-14.00
Uhr. Dazu kommen noch etwaige Abstecher,
heißt man fährt mit einem Kinderstück in die
Mehrzweckhalle nach Bad Klippsenwerder,
um dort ein Gastspiel zu machen. Oft fährt
man dazu um 6.00 Uhr morgens in Esslingen
ab, um dann um 9.00 Uhr die erste und um
11.00 Uhr die zweite Vorstellung zu spielen.
Manchmal auch Sonntags. Viel Raum für
26
5. Die Dankbarkeitsphase
Ja, ich weiß, in der Erinnerung verklärt
sich so manches! Auch ich habe in meiner
Zeit an der Akademie, vor allem in meiner
Abschlussphase, viele Momente fluchend
und schimpfend auf meinem Sofa in der Bib
verbracht. Ich glaube aber auch, dass das
richtig und wichtig so ist.
Man wird eben flügge nach den ganzen
Ausbildungsjahren und hat den Drang,
das Nest zu verlassen, um sich nun mit
seinem erlernten können im Sturzflug in
die Arbeitswelt zu katapultieren. Wäre ja
schlimm, wenn es nicht so wäre. Aber nach
einiger Zeit im Beruf wird man merken,
wie viel man aus seiner Ausbildung an der
TheaterAkademie mitgenommen hat, sei es
dadurch, dass man sich als Theaterpädagoge
rein stimmlich gegen eine 30- köpfige Gruppe
Jugendlicher durchsetzen kann ohne heiser
zu werden, oder dadurch, dass man ohne ein
Minderwertigkeitsgefühl neben den anderen
Schauspielkollegen steht, weil man einfach
weiß, dass man das richtige Werkzeug mit
auf den Weg bekommen hat. Ich möchte
mich an dieser Stelle bei all meinen Dozenten
dafür bedanken, dass sie mir dieses wichtige
Handwerk mit auf den Weg gegeben haben
und dabei teilweise gegen meinen Missmut
und meine Lustlosigkeit angegangen sind
um mich an und über Grenzen zu treiben.
Vielen Dank!
Mein größter Dank gebührt jedoch Frau
und Herrn Schlösser. Es war alles nicht
immer einfach, aber wie kann es das auch
sein, wenn man sich in einem kreativen
Beruf voller Emotionalitäten bewegt und
doch empfinde ich, dass meine Zeit an
der Akademie sehr fruchtbar war, sowohl
für mich als Persönlichkeit als auch für
meinen beruflichen Werdegang. Danke für
die Möglichkeit, mich „in den unermesslich
weiten Räumen“ der darstellenden Kunst
entfalten zu dürfen und dafür, schon ein
bisschen Theateratmosphäre in meiner Zeit
bei der Kompagnie schmecken zu dürfen...
Es war auch hart, anstrengend und stressig
aber in jeglicher Form auch erdend, wenn Sie
verstehen, was ich meine. Ich glaube man
kann sich nicht vorstellen welcher Stress
dahinter steckt und wie viel Idealismus
es braucht, so eine Schule aufrecht und
am Laufen und bei Laune zu halten. Allen
jetzigen Abschlüsslern und denen, die da
noch kommen mögen, wünsche ich noch
eine schöne Restzeit an der Akademie,
genießt sie so gut Ihr könnt, habt einen
schönen Abschied und startet gut in die
unendlichen Weiten, die da noch vor Euch
liegen. Vergesst eure Akademie-Zeit nicht
und behaltet sie immer im Herzen, Ihr würdet
lügen, wenn Ihr sagen würdet, dass sie Euch
nicht in irgendeiner Weise geformt hat.
Ich habe nicht viel mehr zu sagen außer:
Herzlichen Glückwunsch zum 20jährigen
Jubiläum und viel Kraft und gute Gedanken
für die Jahre, die noch vor der Akademie
liegen
Liebe Grüße, Markus
Ehemaliger, Schauspieler&Theaterpädagoge
27
Warum ich in der TheaterAkademie bin:
In meinem 1. Jahr in der TheaterAkademie
stand ich heulend im Jonglage Unterricht
weil die Bälle einfach nicht so wollten wie
ich , mein Lehrer sagte zu mir “Du musst
dich nicht verändern, keiner kann dich dazu
zwingen “, da wusste ich ,dass ich genau
deshalb hier bin, um mich zu verändern, um
mich zu verwandeln um für meine Träume
einzustehen.
Edda Janz, 3. Ausbildungsjahr Schauspiel
Erinnerungen
Die TheaterAkademie ist für mich ein Ort
an dem so unglaublich viele Erinnerungen
leben. Es ist ein bisschen so, wie durch die
Straßen in der Stadt zu gehen, in der ich
aufgewachsen bin. Auch dort passiert es,
dass ich mitunter inne halte und vor meinem
inneren Auge eine jüngere Version meiner
selbst sehe, die Jahre zuvor genau diesen
Weg, an genau dieser Ecke – und in der
Akademie - in genau diesem Raum ging.
Und die eine oder andere Freundschaft
aus dieser Zeit lebt auch im Jetzt weiter.
Neben all den Tagen und Unterrichten,
Partys und Prüfungen sind es vor allem die
Akademienächte die mir noch sehr lebhaft im
Gedächtnis sind. Wir – meine Mitschüler/innen
und ich - haben nächtelang in verschiedenen
Räumen geprobt. Ausprobiert. Geprobt. In
den Nächten in denen die Zeit irgendwie
still stand und wir von dem was wir taten so
berauscht waren. Und manchmal, vor den
Prüfungen, auch einfach überdreht.
Den Abschluss zu machen. Endlich fertig zu
sein. Endlich beginnen zu können. Nach fünf
Jahren Akademie war es dann endlich soweit.
Und trotz all dem Schönen und Spannenden,
dass ich erleben durfte, war der letzte
Schultag, bzw. der letzte Tag meiner letzten
Bauwoche so gut und so wichtig und ich
war froh in die Welt hinaus zu können. Und
dafür bin ich meiner Zeit in der Akademie mit
am dankbarsten. Ich wurde ausgebildet um
dann auch gehen zu können. Ich wurde nicht
kleingehalten sondern freigelassen. Und das
ist es, was für mich den Geist der Schule
ausmacht. Und darum kam ich gerne wieder
und tue es noch heute.
Diese Jahre der Ausbildung sind ein ganzes
Leben gewesen. Mit allem was dazugehört.
All den Höhen und Tiefen die so ein Leben
eben erfordert. Die Zeit als Schülerin ist zwar Katrin Röhlig,
spannend und noch so voller Möglichkeiten
Ehemalige, Schauspielerin, Theaterpädagogin,
und voll von Zukunft, Träumen und Dozentin für Theaterpädagogik und
Hoffnungen und in gewisser Weise auch Kulturmanagement
noch unbeschwert – jedenfalls muss man
noch keine Steuererklärung machen – aber
auch voller Druck und gespickt mit Ängsten,
Erwartungen. Und nicht zu vergessen, man ist
nie allein. Sondern immer im Schulkollektiv.
Und das ist schon eine besondere Erfahrung.
Ich glaube es ist selten, dass man anderen
Menschen so intensiv nahe kommt wie
in einer Schauspielausbildung. Und jeder
der das kennt, kennt auch den mitunter
abgründigen Sog, in den es einen ziehen
kann. Mit Abstand betrachtet wären manche
Dramen keine Dramen gewesen – aber den
Abstand zu finden ist eben auch eine Kunst.
Und gleichzeitig gab es diese Momente in
denen meine Mitschüler mir so nahe waren.
28
Interview / David Bernecker, Stuttgart
Was assoziierst Du mit der
TheaterAkademie?
Pyjamahosen- die habe ich immer
im Unterricht getragen weil sie am
bequemsten waren. Nein, im Ernst.. Mit
der TheaterAkademie assoziiere ich drei
Dinge: Respekt, Wissen und die Suche
nach Wissen.
Jubiläumsfeier geht es für mich nach Köln,
anschließend Paris. Danach stehe ich in
Stuttgart wieder auf der Bühne.
Was waren Deine lustigsten Momente
an der Akademie?
Zitat meiner Mutter: „Probier es doch mal
mit Kunst!“
Die legendären „Puck Partys“! Mehr
darf ich nicht sagen - was in der
TheaterAkademie passiert bleibt in der
TheaterAkademie. Was gibt es noch?
Ballett. Ja der Ballettunterricht. Auch wenn
er nur ein Bruchteil des gesamten Faches
„Tanz“ war, ich werde es nicht vergessen!
Die Schuhe! Oh Mann...
Wann hast Du Deinen Abschluss
gemacht?
Wie hat die TheaterAkademie Euch auf
den Arbeitsmarkt vorbereitet?
Im Sommer 2013.
Ich denke das ist bei jedem anders. Es
kommt immer darauf an, was du mitnimmst
und was du vielleicht auch liegen lässt. Die
Schulleitung hat sich immer gut um uns
gekümmert, auch die Dozenten. Gut
vorbereitet habe ich mich damals auf jeden
Fall gefühlt, wobei die Eigeninitiative hier
auch eine große Rolle spielt. Du musst an
das glauben was du machst, und vor allem
Spaß daran haben! Ich mache das ganze
nur, weil ich Spaß an der Sache habe. Der
Tag an dem ich aufhöre Spaß zu haben
wird der Tag sein, an dem ich aufhöre und
weitergehe.
Warum bist Du an diese Schule
gekommen?
Was war Dein Lieblingsfach?
Rollenstudium.
Was war Dein persönliches Highlight
an der TheaterAkademie?
Die gemeinsame Zusammenarbeit mit
Frau Yvonne Racine (Rollen/Szenisches
Studium)...und natürlich die Zeit in der
Kompagnie. Professionell auf einer
Bühne zu stehen und eine runde
Abendvorstellung zu geben, das ganze
noch zu Shakespeare läuft!!
Worin hast Du letztendlich Deinen
Abschluss gemacht?
Ich bin für das Schauspielstudium an
die TheaterAkademie gekommen. Den
Abschluss dazu habe ich im Sommer vor
zwei Jahren gemacht.
Was machst Du heute?
Ich arbeite als Schauspieler und Model.
In den letzten Jahren habe ich die
richtige Balance zwischen Theater, Film
und Modelbusiness gefunden. Nach der
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30
31
„Muss nur noch kurz die Welt retten“ (T.Bendzko)
Möglichkeiten und Grenzen der THEATERPÄDAGOGIK
Die Theaterpädagogin (bei Verwendung der
weiblichen Form sind selbstverständlich die
Herren mit einbezogen) – die Theaterpädagogin also ist eine „Allrounderin“. In der
Praxis ist sie : Theaterfachfrau, Erzieherin,
Gruppenleiterin, Regisseurin, Technikerin,
Schauspiellehrerin, Spielpädagogin, Mama,
Organisatorin, Freizeitbeauftragte, Kindergärtnerin, Schauspielerin, Dompteuse,
Freundin, Sozialarbeiterin, Kostümbildnerin,
Seelentrösterin, Bühnenbildnerin, Entertainerin, etc, etc…Von der Theorie her ist die
Theaterpädagogin allerdings primär keine
Sozialpädagogin und schon gar keine Therapeutin. Nachfolgend einige Definitionen,
die mein Verständnis und meine Arbeit als
Theaterpädagogen charakterisieren: „Der
Theaterpädagoge spielt. Er spielt mit sich,
mit anderen, für andere und regt andere zum
Spielen an,“ (Felix Rellstab ) „ Ein Teil meines Interesses richtet sich aufs Theater, ein
anderer auf das Leben. Ich habe immer versucht, Leute auszubilden, die in beidem gut
sind. Vielleicht ist das eine Utopie, aber ich
wünsche mir, dass der Schüler ein Lebendiger im Leben und ein Künstler auf der Bühne ist“ ( Jacques Lecoq ). „Theaterpädagogik ist eine künstlerisch-ästhetische Praxis,
in deren Fokus das Individuum, seine Ideen und seine Ausdrucksmöglichkeiten stehen. Im Kontext der Gruppe entsteht daraus
Theater. Dieser Prozess kultureller Bildung
fördert künstlerische, personale und soziale
Kompetenzen.“ ( aus der Präambel des Bundesverbandes Theaterpädagogik / BuT )
Im Jahre 1997 bekam ich von einem Kollegen den Tipp, dass das staatlich anerkannte
Berufskolleg für Theater und Sprache Pu©K
in Stuttgart einen Theaterfachmann für einen
einwöchigen Improvisationsworkshop suche.
Nach einem angenehmen Gespräch mit der
Schulleitung, das sofort auf Augenhöhe und
gleicher Wellenlänge stattfand, bekam ich
den „Job“. Aus dieser einen Woche wurden
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18 Jahre! Anfangs auch als Schauspiellehrer, später dann ausschließlich als Theaterpädagoge bis hin zum Fachbereichsleiter.18
Jahre, 54 Trimester mit mehr als 250 SchülerInnen aus 13 Nationen!!!
Es gab zwischen mir und Schlössers, den
Schulleitern, stets große mentale und inhaltliche „Schnittmengen“ bzgl. Menschenbild,
Persönlichkeitsentwicklung sowie Theater
kunst und den daraus resultierenden pädagogischen und künstlerischen Zielen und
Wegen der Ausbildung. Was in solch einer
intensiven, täglich mehrstündigen Ausbildung an kleinen und großen persönlichen,
sozialen und künstlerischen Erlebnissen und
Entwicklungen geschieht ( nicht nur bei den
Studierenden, sondern auch bei den Dozenten – von mir kann ich das zumindest behaupten - ), wäre wahrhaft eines Romanes
wert.
Episoden darin wären z.B. :
- als die Schülerin Y. nach ihren ersten zehn
Unterrichtsminuten den Raum verließ und
nie wieder gesehen wurde ( sie wurde, wie
alle anderen auch, mit ihrer Art der Eigenpräsentation als Fremdwahrnehmungsübung,
von den anderen imitiert…)
- dass die Studentin M. eine körperlich sichtbare Metamorphose von einem kleinen, verhuschten Mädchen, einer Schildkröte ähnelnd, zu einer jungen Frau mit aufrechtem
Gang und erhobenem Haupt, zu einer Art
Pfau mutierte.
- dass ich eine Spiegelwand mit Tüchern
verhängte, da V. bei jeder Übung und jeder
Gelegenheit nur sich und ihre Bewegungen
darin bewunderte.
- dass ein Hospitant, von mir mehrfach
gebeten, später dann ermahnt wurde, unsere
Arbeit zu unterstützen und nicht zu stören,
mit dem Satz „Ich gehe sowieso direkt nach
Hollywood!“ uns Türen knallend von seiner wirken. Ereignisse und Erlebnisse bei den
Anwesenheit befreite.
Proben, den Aufführungen und Abstechern
zwischen Dornach und Cuxhaven würden
- dass die eher schwierige, schwer zugäng- ein weiteres ( Anekdoten-) Büchlein füllen.
liche, verschlossene S. diejenige war, die
mir beistand, die Hand hielt und beruhigend Es gibt also für mich unendlich viele Gründe
auf mich einredete, als ich mich wegen einer der Dankbarkeit, dass Cornelia und ChristiNierenkolik vor Schmerzen krümmte, bis der an Schlösser diese Akademie vor 20 Jahren
Notarzt kam
gegründet, bis heute aufrecht erhalten und
stets weiterentwickelt haben und mir über
- dass die Schulgemeinschaft in einer mehr- diese lange Zeit immer wieder das Vertrauen
tägigen, aktiven Trauerzeit sich und der in mich und meine Arbeit ausgesprochen und
betroffenen Familie Halt gab und Beistand gegeben haben : DANKE, MERCI, THANKS,
leistete, als eine Absolventin tödlich verun- GRAZIE, EFCHARISTO, ßPAßIBA…
glückte
Ich wünsche der TAS, der Schulleitung, al- dass sich eine Dozentin, die mit den Haupt- len Kolleginnen und Kollegen, sowie den
fächern nichts zu tun hatte, bei L.´s Abschluss heutigen und künftigen dort Studierenden
lautstark in die öffentliche Prüfung einmisch- noch viele, viele Jahre des Bestehens und
te, L. Mut zusprach, auf dass diese nach ei- der Weiterentwicklung, auf dass durch sie
ner Pause entlastet ihre Prüfung noch einmal und ihr Wirken die Welt, wenn auch nicht sobeginnen durfte. (Dass der Stress zwischen fort und mal kurz gerettet, so doch ein wenig
L. und mir allerdings verabredet war, da L. freundlicher, gerechter, liebevoller, empathidas Unsichtbare Theater als Thema hatte, scher, toleranter, fröhlicher und spielerischer
konnte die gute, engagierte Kollegin ja nicht werde !!!
wissen nach einiger Aufregung hat sie uns
dann aber vergeben...)
T H A L I A
S E I M I T U N S
- dass eine unserer Schülerinnen Vorsitzen- Bernd Köhler
de des TIBA – Ausschusses ( TP in AusbilTheatermacher und Menschwerder
dung und Berufsanfang ) des BuT war und
somit ein reger Austausch zwischen Ausbildungsinstituten bei uns stattfand.
- dass Schüler bei Praktika, Abschlüssen
oder Schultheatertagen mit externen Menschen die befreiende Wirkung, aber auch die
Grenzen von Theaterpädagogik hautnah erlebten.
- dass unzählige Begebenheiten des Schulalltages und manch schwierige Situationen
beim Theatermachen auch mit Humor und
mit Lachen über sich selbst, gemeistert werden konnten.
- u.v.a.m.
Außerdem war es mir vergönnt, als Schauspieler bei der angeschlossenen TheaterKompagnie-Stuttgart in fünf Stücken mitzu-
33
Interview / Michèle Grandjean L´Aubier, Schweiz
Was assoziierst Du mit der TheaterAkademie?
Damals hieß es Puck. - Wunderjahre! Cornelia und Christian, Mühe und Freude,
Freundschaften und Leichtigkeit der Schuljahren, ohne Verantwortung und mit viel
Spaß!!!
Warum bist Du an diese Schule gekommen?
Am Jugendseminar habe ich durch Cornelia
Lust bekommen, die Ausbildung zur Sprachgestaltung anzufangen.
Was machst Du heute?
Oh la la! Ich versuche... Ich habe 3 Kinder
erzogen und leite mit Christoph ein BioHotelRestaurant -Kulturort, mit allen menschlichen
Zwischenräume die dazu gehören (!!!) und
bereite mich vor, eine Ausbildung zur „Unabhängigkeit“ (beruflich und innerlich) innerhalb
unseres Betrieb anzubieten.
Was waren Deine lustigsten Momente an
der Akademie?
Hi hi hi… alle diese Momente, die nicht zur
Unterricht gehörten! Wenn Cornelia wieder
nach der verlorenen Hausschlüssel rief,
Wann hast Du Deinen Abschluss gewenn Gäste in unsere Mini-WG auf der
macht?
Waschmaschine mit einem Teller Spaghetti
saßen, wenn Thorsten seine Papiere mit1999
ten im Raum fallen ließ, wenn Marcus seine
Gitarre holte, wenn wir mit dem Puck-Bus
Was ist/ war Dein Lieblingsfach?
mitten in Berlin mehr oder weniger zufällig
Schwer zu sagen ! Sprachgestaltung mit Cor- unsere Wege fanden…
nelia oder Christian (ich merke sehr deutlich
Wie hat die TheaterAkademie Euch auf
wie sehr ich tief an mich selber arbeitete…)
den Arbeitsmarkt vorbereitet?
und die Inszenierungen von Projekten. (Das
kalte Herz, Sommernachtstraum, Der UnterBeruflich habe ich die Orientierung gewechgang...)
selt. Aber ich fühle mich ganz von diesen
Jahren ausgebildet im Sinne von dem, was
Was war Dein persönliches Highlight an
ich heute bin. Fast täglich bin ich mir beder TheaterAkademie?
wusst, dass ich diese oder jene Fähigkeit aus
Helena in Sommernachtstraum. Ich fühlder Puck Schule habe. Mir geht es sehr viel
te mich sehr anders, als ich im Leben bin!
um dieses Motto der ersten Jahren: „Nimm
Das war aufregend. Und ich dürfte meine
Deine Maske ab, komm, nimm Sie ab“. Ich
Haare dafür locken!!! Ich habe auch eine
möchte durch unsere bald entstehend Ausbilsehr schöne Erinnerung an den Sprechchor
dung in L’Aubier auch dazu beitragen, dass
„Puschkin“, das hatte mich sehr berührt. „Es
Jugendliche zu sich finden, und immer mehr
ziehen die Wolken, schwer und dunkel“ habe mit individuelle Fähigkeiten sich im Leben
ich noch zu Fuß in Rhythmus mit Christoph
bewegen.
rezitiert, als wir Richtung Stadtzentrum die
Treppe runtergingen! Das Kennenlernen von
meinem Mann (Oft denken wir an Euch, Christian und Cornelia!) der noch mein bester
Freund ist!
Worin hast Du Deinen Abschluss gemacht?
Theaterpädagogik und Sprachgestaltung.
34
35
Wissen erleben
Ich habe schon früh darüber nachgedacht
pädagogisch zu arbeiten. Schon deshalb,
weil ich einfach gern mit Menschen arbeite.
Lange wusste ich nicht in welche Richtung
ich mich wenden sollte. Zwei Praktika
und ein FsJ, die ich an Kindergärten
und dem Ganztagsschulprogramm einer
Waldorfschule absolvierte, brauchte es, um
für mich zu erkennen, dass die Berufe des
Erzieher oder Lehrer mir nicht ausreichten.
Die Arbeit mit den Kindern gefiel mir sehr.
Aber es fehlte mir etwas. Dieses „Etwas“
fand ich, als ich mich auf die Zeit meiner
Klassenspiele besann. Wir arbeiteten da
mit Theaterpädagogen zusammen. Deren
Art, Wissen nicht einfach nur stur zu äußern,
sondern dafür zu sorgen dass man sie im
Spiel selbst langsam begreift und aus der
eigenen Erfahrung kennenlernt, hat mich
unglaublich beeindruckt. Das Jahr, das ich
bisher an der Akademie verbringen durfte,
hat meine Meinung diesbezüglich bestärkt,
dass es der Beruf des Theaterpädagogen ist,
den ich ergreifen möchte. Ich habe so viele
neue Einblicke in die Theaterpädagogik
gewonnen, soviel über mich selbst, meinen
Umgang mit Menschen und den Umgang
mit Menschen allgemein gelernt. Ich würde
sogar soweit gehen zu sagen, dass ich es
nicht einfach nur gelernt, sondern erlebt
habe! Wenn ich also sage, dass es sich
für mich richtig anfühlt, die Entscheidung
getroffen zu haben Theaterpädagoge
werden zu wollen, dann meine ich es auch
so! Ich bin motiviert dieses Ziel weiter zu
verfolgen und auch zu erreichen und dabei
soviel mitzunehmen, zu erleben und zu
erlernen wie es nur eben geht.
Ich freue mich auf die nächsten Jahre!
Sebastian Hübl
2.Ausbildungsjahr Theaterpädagogik
36
Und danach... ?
Ich möchte Theater unter die Menschen
und vor allem unter Kinder und Jugendlichen bringen. Ich habe das Glück eine
Bühnenausbildung im Schauspiel zu erhalten und gleichzeitig theaterpädagogisches Handwerk zu erlernen. Es wäre ein
Traum von mir ein Format zu finden oder
zu erschaffen, indem ich Stücke entwickle
mit einer Gruppe von anderen Künstlern
und Theaterschaffenden und diese auf die
Bühne bringe, auf die Bühnen der Schulen, von kleinen Ortschaften und auch gerne anderer Länder. Gerne würde ich auch
mit einem Kinder - und Jugendtheater zusammenarbeiten.
Annemieke Döring, 4. Ausbildungjahr
Mein Ziel ist es nach der Ausbildung eine
Teilzeitstelle an einer Schule zu bekommen, an der ich gruppendynamisch und
am Unterrichtsmaterial mit den Schülern
arbeiten kann. Außerdem möchte ich eine
freie Jugendtheatergruppe leiten, in der
wir uns gemeinsam mit gesellschaftskritischen Themen auseinandersetzen.
Katrin Döringer, 2.Ausbildungsjahr
Das Wichtigste für mich ist das weite
Spektrum der Theaterpädagogik. Von
Kindern, über Menschen mit Beeinträchtigungen bis hin zur Justizanstalt agiert die
Theaterpädagogik und ich kann mir gut
vorstellen in diesen verschiedenen, aufregenden und erfahrungsreichen Bereichen
zu arbeiten.
Semjon Dolmetsch, 4..Ausbildungsjahr
„Ich knall Euch ab!“
Ich möchte Theaterpädagoge werden, weil
ich der Meinung bin, Themen besser zu
begreifen, wenn ich dazu etwas erlebt habe.
Folgendes Erlebnis hat mich in diesem
Wunsch bestärkt
Im November 2008 wurde das Campus
Theater Ensemble gegründet. Dieses
bestand, und besteht auch heute noch aus
Schülern und Theaterpädagogen. Unser
erstes Stück, hieß „Ich knall euch ab“ nach
dem gleichnamigen Roman von Morton
Rhue. Dieses Stück setzt sich auseinander
im Wesentlichen mit dem Thema Mobbing
an Schulen, Täter- und Opferrollen sowie die
mögliche Entwicklung eines Amoklaufes. Am
11. März 2009 ereignete sich in Winnenden
ein tragischer Amoklauf bei welchem 16
Menschen, der Schütze des Amoklaufes
mitgezählt, durch Schusswaffen starben.
Dieses Ereignis warf im Ensemble viele
existenzielle Fragen auf und wurde sehr
kontrovers diskutiert. Hauptsächlich stand
die Frage im Raum, wie wir mit dem Stück und
seinen Themen umgehen sollten, es hatte
durch den Amoklauf in Winnenden an Brisanz
gewonnen, und wir waren uns klar, dass wir
durch eine öffentliche Präsentation unserer
Arbeit auch sehr angreifbar werden würden.
Einige in unserem Ensemble sprachen sich
dafür aus, besser ein anderes Stück mit
anderen Themen zu suchen. Es sei zu heikel.
Ich habe mich für das Stück ausgesprochen.
Mir und vielen anderen Mitwirkenden hat
das Ereignis von Winnenden bewiesen,
dass es von unglaublicher Dringlichkeit ist,
diese Themen weiterhin zu behandeln, sie
öffentlich zu machen und sich jenen Fragen
zu stellen, die der Amoklauf aufgeworfen
hat, um dadurch auf diese aufmerksam
zu machen. Wir haben uns schlussendlich
für das Stück entschieden. Über 20
erfolgreiche
Aufführungen
gaben uns
recht. Das Ensemble wurde 2010 für diese
Inszenierung mit dem Karl-Mommer-Preis
2010 ausgezeichnet.
Die Theaterpädagogik hat seither mein
Berufsbild
und
meine
Persönlichkeit
geprägt. Ich bin stolzes Gründungsmitglied
eines Ensembles, durfte im selbigen viele
Funktionen ausüben. Ich war als Darsteller,
Anleiter oder Assistent. Alle Aufgaben
bereiten mir große Freude. Ich übernehme
gerne Verantwortung, habe Spaß am
Anleiten und möchte auch in Zukunft
mit anderen Menschen von der Bühne
aus wichtige Themen in der Gesellschaft
anregen. Ebenfalls Auch möchte ich die
gleiche Chance, die ich für meine persönliche
Entfaltung und Entwicklung gehabt habe,
anderen Menschen weiter geben. Diejenigen,
die mich seit 2008 mit Theaterpädagogik
begleiten, sind beinahe ausschließlich
ehemalige Schüler der TheaterAkademie
Stuttgart. Aufgrund Ihrer Persönlichkeit
prägen mich diese Menschen auch heute
noch. Ich habe mich darum bewusst für diese
Schule entschieden.
Ich bedanke mich und freue mich auf die
weitere Zeit.
Christopher Wittkopp
3.Ausbildungsjahr Doppelstudium Schauspiel/
Theaterpädagogik
37
Interview / Marius Ionescu, Bukarest
Was assoziierst Du mit der TheaterAkademie?
tert bin, um Scheinwerfer aufzuhängen. Was
er mir damals über Raum und Licht, Licht
und Stimmung alles erzählte - das war Gold
Die TheaterAkademie ist mein „Zauberwert. Über manche Bühnenbilder und LichtRucksack“ und wird immer bleiben. Ich kann stimmungen die wir nach 6-7 Stunden harter
überall damit hinklettern. Ich merke dass ich Nachtarbeit aus dem „Nichts“ gezaubert haimmer noch Nahrung und Kraft daraus zieben bin ich auch noch heute sehr stolz. Aber
he, auch wenn schon 13 Jahren vergangen
da waren noch viele Erlebnisse die genauso
sind.
wichtig für mich waren: eine gelungene Pyramide in Akrobatik, die Rollen in verschiedene
Warum bist Du an diese Schule gekomTheaterstücke , mein Theaterpädagogische
men?
Abschluss, oder dass man nach 4 Jahren an
Ich hatte Hunger… ich hatte Hunger für mei- der Akademie Zukunftshoffnungen hatte und
ne eigene Entwicklung , ich wollte etwas mit nicht Zukunftspessimismus. Und dass habe
ich noch heute, das sitzt tief in mir. Das ist
Kunst, Anthroposophie, Pädagogik studieschon ein Highlight, oder?
ren. Die Akademie hatte einfach alles was
ich damals suchte.
Worin hast Du letztendlich deinen Abschluss gemacht?
Wann hast Du Deinen Abschluss gemacht?
Ich wollte Theaterpädagogik studieren und
ich habe das auch gemacht
2002
Was ist/ war Dein Lieblingsfach?
Was machst Du heute?
Commedia dell arte mit Bernd Köhler. Das
Fach hatte einfach alles: viel Bewegung,
verschiedene Charakteren, Masken tragen
aber eigene Maske abnehmen, es hatte
Herausforderungen die mich manchmal an
meiner Grenzen gebracht haben. Es hatte
Humor und Ironie, es hatte Liebe und es
hatte Drama, Philosophie, Theatergeschichte und - es hatte einen genialen Bernd Köhler. Es war eine lustige, glückliche Zeit…alle
Tränen inbegriffen!
Ich sage gerne dass ich irgendwie immer
noch Theaterpädagoge bin… auch wenn in
meinem Arbeitsvertrag “ Operation Manager “ geschrieben steht. Also offiziell führe
ich Teams in globale Wirtschaftsprozesse.
In den letzten 10 Jahren habe ich verschiedene Teams für große Konzerne wie Oracle
oder Schneider Electric von Kenya bis in der
Schweiz erfolgreich geleitet. Und manchmal
finde ich Leute, die merken, dass ich eine
“andere Sprache” spreche, dass ich nicht
100% der “Business Typ” bin und fragen
mich neugierig was ich studiert habe. Ich
habe keine Wirtschaftsausbildung, keine Manager MBA Training, meine “Management
Methoden” kommen 90% aus dem Kunstbereich. Und irgendwie klappt das… .Klar, es
ist nicht immer einfach, man muss immer die
Menschen und auch die Ziffern sehen . Aber
an der Akademie hab ich verstanden, dass
Kunst eigentlich Leben ist, man soll sie nicht
auf der Bühne sehen und dann vergessen.
Kunst ist Soziale Kompetenz und vernetztes
Was war Dein persönliches Highlight an
der TheaterAkademie?
Kann ich nicht objektiv bewerten, dass sollten meine Lehrer oder Kollegen wissen. Für
mich persönlich gab es immer ein Highlight ,
ich erinnere mich jetzt an dutzende Nächte
während der Tourneen wo ich zusammen
mit Christian Schlösser bis in die Frühe
Bühnenbilder aufgebaut haben und in alle
unmöglichen und gefährlichen Ecken geklet-
38
Denken, ist Ehrlichkeit zu dir und zum anderen. Wenn Kunst Leben ist, dann sollte sie
überall in unseren Leben möglich sein, auch
oder um so mehr in dieser globalisierten
Wirtschaft. Und das Theater hab ich auch
nie aufgegeben, ich spiele noch sehr gerne,
immer wenn ich Zeit habe, auch wenn es nur
nebenberuflich ist. Letzes Mal habe ich in
Bukarest mit “Logos Theater Ansamble” in
“Was ihr wollt” den Narren gespielt.
Was waren Deine lustigsten Momente an
der Akademie?
Oh, das waren viele… der erste Kontakt mit
der Schule…September 1998, Christian rief
mich an und fragte ob ich bei “Hamlet “mitmachen will. Jaaaa, klaaarr… Ich wurde gerade an der Akademie aufgenommen und ich
darf schon in Hamlet mitmachen? Toll! Ich
sollte die Wache spielen, mich erschrecken,
am Rande der Bühne mit der Hellebarde drohen: “Wer da? Ihr steht mir Rede! ” Ich hatte
keine Ahnung über nichts, aber ich versuchte so gut wie möglich mit der Hellebarde zu
spielen (und ich war total stolz über meine
Leistung). Ich “spielte” fast mit Augen zu,
die Hellebarde drehte sich durch die Luft
immer sicherer... Irgendwann kurz vor Premiere kam aber Christian zu mir, nahm mich
bei Seite um die Schultern und fragte mich
besorgt und sehr väterlich …”ich will Sie
nicht durcheinander bringen, Sie machen
alles ganz prima … aber sind Sie sich bewusst, dass wir mit Publikum spielen, nicht
wahr ? Es wäre dann sinnvoll, wenn Sie die
Hellebarde in die andere Richtung bewegen,
wissen Sie, auch wenn bei uns viele Rollen
“sterben”, die Zuschauer sollten am besten
überleben, ansonsten gibts morgen Abend
keinen Applaus …”Ups… es stimmte, ich
war mir gar nicht bewusst ,dass meine Hellebarde die erste 2 Reihen erwischt... Dann
waren noch die “Derniere –Witze” zwischen
Kollegen... “Was ihr wollt” 2001. Ich spielte
ab und zu den Antonio, irgendwann kam ich
in Handschellen auf der Bühne. Nach dieser
Szene sollte ich mich sehr schnell umziehen
und noch mit dem Bühnenbild helfen. Und
meine netten und süßen Kollegen klauen
mir den Schlüssel von den Handschellen
aus dem Mantel und lassen mich in Stich…
Habt ihr mal probiert hohe Stiefel und Lederhose mit Handschellen im Dunkeln auszuziehen während deine Unterwäsche aus
Versehen noch an der Kette von den Handschellen festklemmt ? Dann wisst ihr warum
ich paar Jahren später als Vater kein Problem hatte Pampers von meinen Kindern
mit einer Hand zu wechseln.
Wie hat die TheaterAkademie Euch auf
den Arbeitsmarkt vorbereitet?
Ich konnte schnell Arbeit finden, egal ob ich
in Deutschland oder Rumänien lebte. Ich
bin der Meinung dass die Akademie einen
großen Teil dazu beigetragen hat, dass die
jungen Menschen, die wir damals waren
sich noch heute täglich bemühen etwas
Eigenes zu erschaffen und kreativ zu sein.
Und wenn man lernt kreativ zu sein, dann
braucht man sich keine Sorgen machen.
Da versteht man schnell, dass ein Diplom
für die Arbeitsmarkt doch nicht so wichtig
ist. Wichtig ist was du wirklich kannst und,
noch wichtiger, was du lernen kannst. Und
genau das hat mir die Akademie gegeben:
die Wille immer die Welt neu zu entdecken,
immer lernen zu wollen.
39
Nicht immer „Ziemlich beste Freunde“
Haben Sie sich schon einmal gefragt, warum
ein 23 jähriger Theaterstudent, der eigentlich
keine Motivation hat, den Hamlet spielen
soll? Sicher haben Sie sich das noch nicht
gefragt. Ich aber. Und Sie jetzt auch.
Es gibt diese Momente im Leben, da fragt
man sich, was mache ich hier eigentlich?
Beantworten kann man das meistens erst,
wenn es vorbei ist. „Haml it“, so nenne ich
die Zeit bis zur Premiere, war so etwas für
mich.
Hamlet – der Dinosaurier des Theaters. Als
ich von dem Angebot erfuhr den Hamlet
spielen zu dürfen, hatte ich meine erste
Begegnung mit eben diesem monströsen
Ungetüm. Mit diesem Urgestein „Hamlet“.
Ich kann Ihnen, verehrte Leserschaft, gleich
im Voraus sagen: Sie irren sich, wenn Sie
denken, dass Hamlet sich wesentlich von
einem Dinosaurier unterscheidet. Für den
Zuschauer - ja. Aber für mich - nein. Können
Sie sich vorstellen, wie es sich anfühlt, die
ganze Zeit diesen Text im Kopf zu hören,
„Sein, oder Nichtsein, das ist hier die Frage?“:
Man kommt sich irgendwann vor wie ein Irrer.
Man stelle sich das einmal vor: du wachst auf
und denkst als erstes „Sein, oder Nichtsein“,
beim Frühstück geht es weiter, „Sein, oder
Nichtsein“, unter der Dusche prasselt der
Regen gemütlich gegen das Dach, „Sein,
oder Nichtsein“, wenn du über die Straße
gehst, wird es plötzlich existenziell, „Sein,
oder Nichtsein“ und wenn du es überlebt
haben solltest, kommst du an und das erste,
was du an diesem Morgen aussprechen wirst
ist: „Sein, oder Nichtsein“. Monologprobe.
Da haben Sie‘s! Anders war das bei den
Dinosauriern auch nicht. Hamlet - Ich - darf
- (soll)- sein – will - spielen? Ich darf den
Hamlet spielen! Ich muss mich vermutlich
jetzt freuen.“ Vermutlich. Jeder andere
Schauspieler würde den Eindruck bekommen,
dass bei mir ein großer Irrtum vorliegen
muss. Nämlich, dass sich der Schauspieler
zu freuen hat, wenn er eine große, nein, eine
der größten Rollen bekommt, und das sogar
40
ganz ohne Bewerbung. Andernfalls hätte er
den Beruf verfehlt. Ich wusste das und blieb
stumm. Nicht weil ich gerührt war. Nein, ich
war entsetzt. Hamlet, der T-Rex, hatte mich
gleich zu Beginn unseres nicht immer innigen
Verhältnisses in die Ecke gedrängt. Mein
Problem war, dass ich genau wusste, wie
meine Umwelt meine fehlende Euphorie für
diese Chance aufnehmen würde. Es war zu
dieser Zeit für mich schlicht und ergreifend
unmöglich zu glauben, dass ich den Hamlet
spielen soll und kann, und schon gar nicht in
der TheaterKompagnieStuttgart. Die ganze
Welt, und natürlich offenbart sich hier mein
Hang zur Dramatik, denn es war mitnichten
die ganze Welt, sollte mir also zusehen, wie
ich mit dem Raptor Hamlet ringe, mit nichts
anderem bewaffnet, als einem Frosch im
Hals. Ich frage mich an dieser Stelle, ob Sie
sich, lieber Leser, immer noch fragen, wie
ich zu einem solchen tierischen Vergleich
gekommen bin? Ich hoffe nicht. Einzelheiten
meiner Ängste möchte ich nämlich nicht
sonderlich gerne beschreiben, aber ich kann
Ihnen versichern, es gab Ihrer tausende.
Wie kommt es, dass ich den Hamlet nun
dennoch spiele? Weil ich ein Feigling war.
Natürlich äußerte ich meine Bedenken.
Oftmals sogar vehement. Aber aus Angst,
es nachher zu bereuen, entschied ich mich
für eine Zusage. Egal, welche Entscheidung
ich getroffen hätte, eine feige Entscheidung
wäre es geblieben. Es war also so oder so
die Angst vor dem Spott „der Anderen“. Im
Nachhinein habe ich festgestellt, dass es die
Furcht vor meinen eigenen Erwartungen war.
Die Entscheidung war gefällt. Es wurde
leichter. Ein Tennistrainer sagte mir einmal
nach zwei harten Trainingswochen: „Paul,
jetzt nicht mehr Schnecke, jetzt Ente!“ Und
genauso war es jetzt auch! Es fühlte sich
scheiße an, entschuldigen Sie. Immerhin
konnte ich jetzt gegen den Saurier an quaken!
Ein erheblicher Gewinn, wenn sie mich fragen.
Vom Davonfliegen war noch nicht die Rede,
geschweige denn vom Kampf. Hören Sie
bitte genau hin „anquaken“. Hören Sie das?
Es klingt einfach jämmerlich, wenn man sich
dagegen das Röhren eines Tyrannosaurus
Rex vorstellt.
ein Mensch zu sein, was tue ich eigentlich
nicht aus Egoismus - wirklich nicht? Wenn
man genau hinsieht ist es unglaublich wenig
und je öfter man hinsieht, desto schwerer fällt
es zu(zu)beißen. So gesehen bin ich nur die
Aus der Verzweiflung heraus wurde mein Möglichkeit eines Menschen. Vielleicht sogar
Quaken, teils mehr, teils weniger, und leider nur die Möglichkeit einer Möglichkeit.
auch zum Bedauern meiner übrigens sehr
verehrten Kollegen, immer lauter, und rauer. Hamlet ist also kein Saurier. Aber für mich
Nach viel, viel Entengeschrei rückte die ist er einer, denn ich muss mit ihm kämpfen.
Premiere plötzlich unbarmherzig näher und Aus der Retrospektive bin ich froh, wie es
das war gut so. Denn plötzlich war da etwas, gekommen ist. Es kommt nicht immer darauf
dass wichtiger war, als meine Angst, nämlich an, seine Ängste zu bezwingen, es kommt
das Stück. Und weil mein Gequängel sich nicht immer darauf an, mutig zu sein. Ich habe
nach wie vor nach Quaken anfühlte, richtete nur versucht, das Rückgrat zu entwickeln,
sich mein Interesse auf andere Dinge. Vom meine Schwachheit auszuhalten. So lange
Projektor, bis zum Bühnenbild war ich davon ich das ertrage, kann ich meinem T-Rex
eingenommen. Der Dinosaurier musste auf ebenbürtig werden und gegen ihn antreten.
einmal um Aufmerksamkeit betteln.
Ich bin froh, dass ich mein Monster noch nicht
getötet habe, dass ich es nicht bezwungen,
Ohne es zu bemerken, fand ich mich in oder besiegt habe, denn dann würde ich nie
einer Gemeinschaft wieder. Plötzlich war wieder die Frage stellen können: Sein, oder
aus dem Einzelphänomen Paul Hamlet Nichtsein - denn das ist nach wie vor die
etwas völlig anderes geworden. Viele Frage.
Abende nach den Proben und viele Sam und Sonntage verbrachten wir gemeinsam Paul Schlösser
damit das Bühnenbild zu bemalen, Nebel
4. Ausbildungsjahr Schauspiel & Sprache
und Projektormaschine auszutesten, oder
Requisiten zu finden. Die Rolle Hamlet
war mir einfach unwichtig geworden. Es
eröffneten sich durch den sprichwörtlichen
Bau des äußeren Rahmen des Stückes
ganz
natürliche
Spielmöglichkeiten.
Schließlich war es soweit und wir kamen
zum Startschuss unserer Tournee. Der
T-Rex verließ mich nicht aber ich wusste,
dass ich mich nur konzentrieren musste, um
gegen ihn anzutreten. So schenkte mir mein
Zweifel, ohne dass ich es wahr haben wollte,
eine Nähe zu Hamlet, die ich ansonsten
wohl nie kennen gelernt hätte. Ich konnte
anfangs einfach nicht zubeißen. Das ist wohl
(fast) das Wesentlichste, was Hamlet, neben
den Schuppen, von einer Killermaschine
unterscheidet. Er kann nicht zubeißen, auch
wenn es richtig ist. Aber ist es das? Wir geben
viel darum „Mensch“ genannt zu werden und
manchmal frage ich mich, was tue ich dafür
41
Als ich den 1. Clown im Hamlet spielte
Am Mittwoch, 25. Februar 2015, war es
endlich soweit: der Abend der Premiere
von „Hamlet“ im Stadttheater Lindau war
gekommen. Man spürt Backstage die
Anspannung aller Beteiligten. Wie wird das
Publikum unser dreieinhalb Stunden-Werk
aufnehmen? Die gestrige Generalprobe war
recht gut. Aber heute geht’s um die Wurst,
um „Sein oder Nichtsein“ im wahrsten
Sinn des Wortes. Das ganze Ensemble
wird zu einem einzigen, komplexen Körper
und nur indem jeder seine Position so gut
wie möglich ausfüllt, kann dieser Körper
agieren und heute die Bühne rocken: ich
selber bin eine der Zehen, Paul der Kopf,
und dazwischen das restliche Ensemble –
und alle sind wir aufeinander angewiesen.
Die Vorstellung beginnt und auch hinter
der Bühne wird es ruhig. Ich kann nur sehr
subjektiv zurückschauend und -spürend
über die Ereignisse berichten, da meine
objektive Wahrnehmung etwas getrübt ist
durch meine Auseinandersetzung mit einem
hartnäckig arthritischen Knie. Am Anfang
war die Anfrage. Auf jeden Fall - als ich dann
Cornelia und Christian im Kaffeehaus traf,
war mir klar, da sitzen mir zwei gegenüber,
die brennen für das, was sie tun. Es machte
mich neugierig, mit so einer jungen Truppe
das Wagnis „Hamlet“ mitzuerleben und
habe es nicht bereut. Schon nach dem
ersten, naturgemäß noch etwas holprigen
Teildurchlauf im Probenraum war ich verblüfft
über die beachtliche Ensembleleistung. Das
Alter der Darsteller war perfekt für diese
Figuren. Zeitweise floss das Testosteron
nur so von der Bühne; was ich sah war wild
und ungestüm und kraftvoll. Dazu passte
natürlich Alessandras mädchenhafte Ophelia
auf tragische Weise: die Knospe der Liebe ist
kaum erwacht und schon latscht das Objekt
der Begierde gnadenlos drauf herum. Und
wenn dann eine Schauspielschule das Glück
hat, dass einer ihrer Eleven den Hamlet so
grandios stemmt, dann schließt sich der
Kreis. Paul zeigte mir einen Hamlet, wie
ich ihn mir immer vorgestellt habe: zärtlich,
42
leidenschaftlich, lieb, witzig, verzogen,
bösartig, zornig, berechnend, rücksichtslos.
Das Ensemble schafft der Hauptfigur
eine perfekte Spielwiese, um sich darauf
austoben zu können – that’s the name of
the game. Die Premiere war erfolgreich, das
Publikum begeistert, es hat einfach Spaß
gemacht. Auch die weiteren Vorstellungen
liefen toll. Ich musste zwar immer gute
zweieinhalb Stunden auf meinen ersten
Satz warten, aber das war’s mir wert. Es
hat wohl auch damit zu tun, dass ich mich
in diesem Ensemble auch menschlich sehr
wohl fühlte. Nach der Vorstellung staunte
ich jedes Mal, wie flott die Jungs dieses
beeindruckende, mächtige Bühnenbild in
überschaubare Portionen zerlegten. Ja, ich
freue mich auf die weiteren Vorstellungen.
Dass die Studierenden die Chance haben,
in der hauseigenen TheaterKompanie
schon während der Ausbildung die Wildnis
des Bühnenlebens - gemeinsam mit
berufserfahrenen KollegInnen - erleben
zu können ist von unschätzbarem Wert.
Liebe TheaterAkademie, ich gratuliere zum
20. Geburtstag. Macht weiter so, Cornelia
Elter-Schlösser und Christian Schlösser,
macht weiter so!
Gerhard Polacek, Schauspieler
Schauspieler & Sprecher
Fotos Svenja Lorenz
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2005
2009
46
Griechenland 2005 und 2009
Freiheit ist zu wissen, warum ich bin. Freiheit ist nicht, tun und lassen zu können, was man
will, sondern Freiheit heißt, zu verstehen, warum ich bin. Wenn ich weiß, warum ich bin,
bin ich selbst Ursache alle meiner Handlungen.
Joachim Daniel
aus dem Vortrag „Ein Gott erscheint“
Der Kunsthistoriker und Philosoph Joachim Daniel gehörte lange Jahre zum Dozentenstamm
der TheaterAkademie. Seine Kurse über Kunstgeschichte, Philosophie, Anthroposophie und
Rhetorik sowie zwei Reisen nach Griechenland 2005 und 2009 gehören zum Wesentlichsten,
Eindrücklichsten und Dichtesten was in den zwanzig Jahren ihres Bestehens an der Akademie
gelehrt wurde. Eines der zentrales Themen seines Lebens war die Entstehung des Theaters
aus den griechischen Mysterien und die damit verbundene Annäherung an die Frage „Was
ist die Aufgabe der Kunst“. Er konnte junge Menschen wie kein anderer für Philosophie und
Kunst begeistern, was besonders eindrücklich während der Griechenlandreisen sichtbar
wurde. Er fehlt uns noch immer.
Cornelia Elter-Schlösser
... Ein Mythos, das ist... eine Darstellung, so sagt Platon. Es ist eine Mimesis. Was ist eine
Darstellung? Was ist eine Darstellung im Sinne der Kunst? Es ist die Enthüllung von etwas,
was das Wesen selbst nicht enthüllen kann, sondern, was nur dadurch, dass es in einem
anderen Wesen, in einem anderen Medium zur Erscheinung gebracht wird, sichtbar wird.
Mythos heißt auf Griechisch ursprünglich nichts weiter als Wort. Malerei macht sichtbar,
was unsichtbar ist. Musik macht das Unhörbare hörbar, der Mythos macht das Unfassbare
fassbar, denn die Götter sind unfassbar. Zu dem ganz Wenigen, was wir von den griechischen
Mysterien in Eleusis wissen, gehört, das die Mysterien in drei Stufen begangen wurden.
Diese drei Stufen tragen auf Griechisch die Namen „dromena“, dass heißt Begehungen,
„legomena“ das heißt Lesungen, „deiknymena“ das heißt Zeigungen. Ein Bild zeigt man;
ein Wort hört man; Begehungen macht man. Was im Wesen der Kunst sichtbar wird: dass
aus der Handlung, die ein Bild als Darstellung eines Wesens erzeugt, etwas erfahrbar wird,
das ist das, worum es in den Mysterien ging, wenn ein Wesen erscheinen sollte. Denn das,
was wir heute Kunst nennen, das stand damals noch in der Dimension, in die es ja auch
eigentlich gehört: in der Wesensoffenbarung. Dazu muss man aber wissen, wie man so
handelt, dass in dem Bild, das erzeugt wird, das Wort der Götter hörbar ist...
Bild, Wort, Handlung. In allen Mysterien, zu allen Zeiten, geht es immer um diese Dreiheit:
das Wesen zu erfassen durch Handlung, Bild und Wort.
Joachim Daniel
Auszüge aus dem Vortrag „Ein Gott erscheint - Mythos und Wesen der Persephone“ 2. November 2008
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Griechenland 2005 2009
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Auf der Reise
Erinnerungen an Joachim Daniel
Am 17.Oktober 2009 verstarb überraschend
der Kulturwissenschaftler Joachim Daniel
im Alter von 49 Jahren. Seine Freunde
Wolfgang Held und Philipp Tok, zeichnen
persönliche Schlaglichter eines vielseitigen
Lebensporträts.
Es waren Kurzvorträge über Ästhetik
im Rahmen des Theaterfestivals am
Goetheanum. Spiel und Fantasie waren
Thema: Joachim Daniel erzählte, wie er als
Junge mit Spielkameraden einen Erdhügel
zum Schiff erklärt und ein an einer Stange
montierter Mülleimer als Ausguck diente. Wir
Zuhörer saßen mit ihm in dem imaginären
Boot und verstanden, dass die, die damals
‹übers Wasser gingen›, Spielverderber
waren und dass die, die Grasbüschel zu
schwimmenden Inseln erklärten, gut spielen
konnten. Dann kam der zentrale Gedanke:
«Spiel braucht Regeln, und Spielregeln darf
man nur brechen, wenn es zur Steigerung
des Spiels führt.» Ein Gedanke mit Kraft. Weil
er über sich hinausweist und nicht Endpunkt,
sondern Anfang ist, weil er den Ernst der
Kindheit erklärt ...
Joachim Daniel gelang es in den vergangenen
Jahren, das Wesentliche... zu erfassen.
Seine gedankliche Sicherheit ließ... eine
besondere Nähe zwischen ihm und dem
Publikum entstehen. «Weißt du, warum man
Kinder nicht karikieren kann? Weil sie immer
wesentlich sind.» Diesen Satz von Friedrich
Benesch zitierte Joachim Daniel gerne und
unvermittelt.
Vorausgehend
Viele Redner holen ihre Gedanken aus den
Zuhörern, formen während der Rede die
Ideen. Anders Joachim Daniel: Er begann
erst, wenn er den Gedanken vor sich
hatte... Den Weg zum Wesentlichen hatte
er alleine beschritten und geebnet, bevor
er das Publikum an die Hand nahm. Das
galt geistig wie physisch. Auf seinen über
52
60 Studienreisen war es Joachim Daniel
unerträglich, durch eine Landschaft zu führen,
die ihm nicht vertraut war. Für die Studienreise
nach China im letzten Sommer unternahm
er deshalb einen fünftägigen Höllenritt, um
Minggräber, Mauer und Konfuziushain vorab
in Augenschein zu nehmen. Er konnte sich
in einem halben Tag ohne Unterbrechung
in Aristoteles’ ‹De Anima› vertiefen, dabei
wie sein früherer Lehrer Jörgen Smit mit
Kugelschreiber ganze Absätze brandmarken
Bald nachdem wir uns 1992 kennengelernt
hatten, fragte er mich, ob er mir von 13.00
bis 14.00 Uhr astronomische Fragen stellen
könnte. Erst am nächsten Tag verstand ich,
dass er diese Zeit ‹täglich› meinte.
Tanzender Philosoph
Es gibt vermutlich kaum jemanden mit einer
solch umfassenden Bildung und einer so
kleinen Bibliothek wie Joachim Daniel und
oft war es nur ein Autor, der für ihn zum
Gesprächspartner wurde. Er ging nicht nur
auf das Wesentliche zu, sondern fand auch
jeweils einen wesentlichen Einstieg. Erst war
es Platon, dann Aristoteles und schließlich
Georg Picht, bei dem er die Brücke zwischen
Philosophie und Kunst fand... Kurz vor Ende
seines Studiums in Altertumswissenschaft
und Sprachwissenschaft in Tübingen wurde
ihm Nietzsches Satz «Ihr Philosophen,
werdet Tänzer!» zum Anlass, statt einer
vorgezeichneten akademischen Karriere...
Eurythmie zu studieren.
Er kam in den engen Schülerkreis von
Jörgen Smit und hörte in den persönlichen
Gesprächen mit seinem Lehrer den Satz:
«Dein Leben ist eine Fuge, und du musst
lernen, die Teile zu einem Ganzen zu fügen.»
Das Eurythmiestudium wurde eine neue
Melodie für Joachim Daniel, der während der
Oberstufe in der Hockey-Bundesliga spielte
und bei politischen Unruhen in der vorderen
Reihe stand.
Joachim Daniel konnte seine Ehe mit Helga
Daniel nicht aufrechterhalten, folgte aber
ihrem Rat, Griechenland zu besuchen. Dort
fand er seine zweite Heimat, die er in den
folgenden 20 Jahren über 50 Mal bereiste. –
Schon bald konnte er sich mit griechischen
Bauern
oder
Museumswächtern
auf
Neugriechisch unterhalten. Er notierte:
«Wenn die Erde ein Leib ist, dann sind in
Griechenland die Augen.“
Daniels Wesen, dass er bei aller Lebensfülle
und Lebensliebe früh den Tod ins Angesicht
nahm. Vermutlich schenkte ihm dieser
innere Kampf seine Überzeugungskraft und
Urteilstiefe.
Vor 20 Jahren schrieb er folgendes Gedicht,
überschrieben mit der mediterranen Pflanze
(Hintergrundbild), die im griechischen Mythos
das Reich der Verstorbenen bewächst. |
Joachim Daniel war auf der Reise. Leiblich Wolfgang Held
und geistig. War es vor 15 Jahren der in „Das Goetheanum“ 19.November 2009
Aphaia-Tempel auf Ägina, der für ihn zum
Asphodelos
Schlüssel wurde, war es vor zehn Jahren
Du
willst
den
Weg der Freiheit geh’n
der Mithras-Kult, den er als Dramaturg
Und kennst den Fels auf dem Du gründest?
eines künstlerischen Projektes studierte,
Der Gang zum Quell ist niemals schön
so folgten Julian Apostata, dann Luther,
Bis er sich ganz zu Dir geründet.
Nietzsche, Schiller und der Islam – und
Ich singe Dir ein altes Lied
immer gründlich. Wo er den Kern nicht fand,
Von Tod und Einsamkeit;
da ließ er ab. Wie die Gipfel, die er auf den
Das Licht hat keinen festen Grund –
Wanderungen bestieg, wurde jedes Thema
Bist Du auch schon bereit?
zum Aussichtspunkt auf neue Gebiete.
JoachimDaniel
Beschrittenes wurde nicht abgelegt, sondern
fand seinen Platz in seinem sich fortwährend
weitenden Kosmos.
Sein Gedächtnis erstreckte sich über einen
weiten Fundus an Zitaten, Geschichten und
Gedanken, aber auch über die Ergebnisse der
Endspiele der Fußballweltmeisterschaften.
Die Trauerfeier für Joachim Daniel...
gab mit den fast vierhundert Gästen ein
eindrucksvolles Bild der vielen inhaltlichen
Beziehungen, in denen er stand...
Joachim Daniel hatte eine kämpferische
Natur, und gerade deshalb war es ein
besonderer Anblick, als bei der Reise zur
Sonnenfinsternis in der Türkei eine Taube
während der Finsternis-Totalität ihren
Kopf auf seinen Fuß legte. Es gehört zu
Joachim Daniels Wesen und irritierte seine
Umgebung immer wieder, dass er sowohl
Durchsetzungsvermögen und Kraft als auch
Einfühlungsvermögen und Milde besaß. Es
gehört zum Widersprüchlichen in Joachim
53
Tragödie und Mysterium
Geschichte, Hintergründe und Bedeutung des Theaters in der Antike
Studienreise der Theater-Akademie-Stuttgart nach Griechenland mit Joachim Daniel
27. August bis 11. September 2009
Die Griechenlandreisen mit Joachim
Daniel! Zwei Mal schafften wir es, mit
praktisch allen Studenten der Akademie
das Land der Achäer zu besuchen, die
Quelle des mitteleuropäischen Theaters,
der Demokratie, der westlichen Kultur. Über
fünfzig Menschen versuchten während der
nächtlichen Fahrt zu schlafen - in einem Bus,
und rund tausend Kilometer Richtung Italien
vor sich. Am Hafen von Anconas mit der
Fähre weitere 21 Stunden, bis wir endlich
in Griechenland angekommen waren, müde
(denn geschlafen hatte kaum einer), aber
voller Spannung, was uns erwarten würde.
Eine erste inhaltliche Einführung hatte
schon auf der Fähre stattgefunden. Eine
wunderbare Einstimmung auf die vielen
Erlebnisse und Gedanken, die uns Joachim
in dieser kommenden Zeit vermitteln würde.
Zuerst fuhren wir nach Olympia, einem der
bedeutendsten Tempel der Antike. „Eintrete
wer rein ist – rein ist aber wer heiliges denkt“ so
die damalige Inschrift vor dem Haupteingang
der olympischen Anlage. Und damit begann
ein Abenteuer, das allen, die dabei sein
durften, sich unvergesslich einprägte, und
von dem heute noch viele Ehemalige sagen,
es sei ein Höhepunkt in ihrer Ausbildung
gewesen: die Auseinandersetzung mit
Mythen und Denkweisen der alten Griechen,
ihr besonderer Umgang mit dem Theater
als Teil ihrer Heilstätten , das eigene und
unglaubliche Licht, das Griechenland
ausmacht und nicht zuletzt das intensive
Gemeinschaftserlebnis,
das
uns
als
Schulgemeinschaft auch noch lange nach
diesen Reisen trug. Archäa Phigalia war
unser zweites Ziel, eine noch wenig erforschte
Stadt, an dessen Rand uns ein kleiner Tempel
erwartete. Dieser stand wie ein Wächter am
Anfang eines Pfades, der den Beginn eines
alten Einweihungsweges markierte, und
an dessen Ende dem Mysterienschüler ein
kleines Schauspiel begegnete: Dionysos
54
Akratophoros, der Gott des Rausches,
der reinen Wein einschenkt, trat darin auf,
er spiegelte dem Mysterienschüler seine
persönlichen Unvollkommenheiten.
Nach diesem sicherlich ernüchternden Spiel
wanderte der Schüler mit einem ThyrsosStab in der Hand in die Schlucht des Flusses
Neda herunter, wo dieser zwischen drei
Berghängen in einer Höhle verschwindet. Dort
unten wartete eine andere Göttin auf ihn, die
schwarze Demeter, die Herrin der Pest und
der Krankheiten. Diesen Abstieg beschritten
auch wir schweigend, so wie damals der
Einweihungsschüler, im Gespräch mit uns
selbst. Unten in der Schlucht angekommen,
befanden wir uns mitten in einer stillen,
paradiesischen Landschaft, mit kleinen
unberührten Seen kristallklaren Wassers,
die bei den sommerlichen Temperaturen
zu einem erfrischenden Bad einluden. So
intensiv die Schönheit dieses Ortes auch
war, eine besondere Trauer lag über ihr,
und es bedurfte einiger Zeit, bis wir die
Beklemmung des Ortes überwunden hatten
und uns den „griechischen Badefreuden“
widmen konnten. Mit unserer Wanderung in
die Schlucht waren wir offenbar auch seelisch
gewandert, jeder in den eigenen inneren
Abgrund und immer klarer wurden Joachims
Worte: „ein Tempel ist das Haus eines Gottes.
Er ist die Kristallisation der Landschaft. Dort,
wo eine Stimmung besonders stark erlebbar
ist, da ist der Gott anwesend und dort haben
die Griechen ihm ein Haus gebaut.“ Später
konnten die „Härtesten von uns“ noch in der
Dunkelheit durch die tiefen Gewässer der
Höhle schwimmen. Am Ende eines Tunnels
angelangt konnte man verstehen, warum die
alten Bewohner des anliegenden Dorfes auch
heute noch sagen, dort dürfe man nicht hin,
denn da tanzten die Nereïden… Am nächsten
Tag erwartete uns die Tempelanlage bei
Messene, dem Asklepios geweiht, dem Gott
der Heilkunst. Er lehrte, dass die Krankheit
selbst bereits der Beginn der Heilung sei.
Joachim erklärte uns, dass man Platos Worte,
der Mensch sei die Krankheit des Kosmos,
nur verstehen könne, wenn man diese
asklepiadeischen Gedanken einbeziehe und
dass nach dieser Auffassung das Universum
den Menschen zur Vervollkommnung
brauche! Des Menschen Freiheit sei sein
größtes Gut, zugleich aber auch seine größte
Unvollkommenheit, denn dieses frei sich für
etwas entscheiden zu können bedeute eben
auch, sich gegen den Menschen und die
Menschlichkeit entscheiden zu können. Auf
dem Rückweg mussten diese Gedanken erst
einmal „verdaut“ werden. Am nächsten Tag
verließen wir unseren Campingplatz und nach
einem Besuch des gigantischen Theaters
in Epidauros, sowie der mit dem Theater
verbundenen und angrenzenden Heilstätte,
fuhren wir gen Westen. Unterwegs hielten
wir in den bergigen, Schwindel erregenden
Höhen von Bassai. Hier in dieser wüsten,
steinigen Gegend steht ein ganz einmaliger
Tempel zu Ehren Apolls, der an diesem Ort
mit einem besonderen Beinamen verehrt
wurde – Epikourios, der Heilende. Von hier
aus erstreckt sich eine klare Sicht bis an
den Horizont. Hier lehrte uns Joachim die
Geometrie der Landschaft zu sehen und sie
zu verstehen. Wir zogen imaginäre Linien von
Eleusis nach Samothrake bis nach Ephesos,
Delphi stand jetzt in einem imaginären
Dreieck mit Olympia und Epidauros. Diese
Tempel mussten demnach in Beziehung zueinander gebaut worden sein, wir staunten.
Welche Weisheit der Erbauer. Das Rätsel
Griechenland barg mit jeder Station neue
Überraschungen. Weiter fuhren wir zu
dem Orakel von Delphi, besuchten das
Totenorakel, die Quellen des Acheron, einen
der Eingänge des Hades, und das berühmte
Orakel von Dodona. Am Fuße einer Eiche
sitzend lauschten wir Joachims lebendigem
Vortrag, der über den Weg der Luft vom
Geräusch bis hin zum gesprochenen Wort
erzählte…Und so wurden Rätsel für Rätsel
gelöst und Unverständliches verständlich und immer wieder neue Fragen aufgeworfen.
Es entstand für uns ein vielschichtiges Bild aus
Mythos, Geschichte, Mysteriengeschichte
und tiefer Weisheit. Vor allem aber: der
Sinn des Theaters wurde immer deutlicher,
Herkunft und Aufgabe unserer Kunst. So
probierten wir auch einige Male selbst, wie
griechisches Schauspiel wohl ausgeübt
worden sein mag, die tänzerischen
Bewegungen der antiken Schauspieler, die
Sprechchöre, und waren tief berührt von
der unglaublichen Akustik und Präsenz der
antiken Theater. Auf der Rückreise nach
Stuttgart fragte ich eine Studentin, wie sie
die Reise fand, bzw. ob sie mit den Inhalten
etwas anfangen könne. Sie antwortete fast
empört, „warum wird das nicht in den Schulen
gelehrt? Das ist so unglaublich spannend und
wichtig! Eigentlich müsste jeder diese Reise
machen.“ Mit großer Bestürzung erfuhren
wir, dass Joachim am 18.10.2009, im Alter
von 49 Jahren verstarb. Ganz plötzlich, ganz
allein, in einem Hotelzimmer, mit seinen
Büchern. Wie immer, unterwegs. Nur diesmal
eine größere Reise…
Große Ehrfurcht und Dankbarkeit diesem
Menschen! Dank auch an Cornelia Elter und
Christian Schlösser, die uns so wunderbares
ermöglichten.
Jidu Emiliano Pasqualini
Schauspieler, Sprecher, Theaterpädagoge,
Ehemaliger TheaterAkademieStuttgart
Joachim Daniel
55
Meinem Traum ein Stückchen näher
Schon als Kind lagen meine Interessen
im künstlerischen und kulturellen Bereich.
Tanz, Theater, Musik und Kunst begleiten
mich schon seit meiner Kindheit. Im frühen
Alter begann ich Instrumente zu spielen,
Turnier zu tanzen und zu schauspielern. Es
bereitete mir immer Freude mein Können vor
Menschen zu präsentieren.
Schauspielmethoden, die ich an der Schule
gelernt habe, weiß ich mich innerlich
anzubinden um somit authentisch spielen zu
können. Ich habe so viel gesehen und gelernt
und all dies bestärkt mich jeden Tag immer
mehr zu diesem Schauspielstudium. Was ich
in diesem Jahr erleben durfte fasziniert mich.
Das Studium an der TheaterAkademie
In
einem freiwilligen sozialen Jahr entspricht meinen Vorstellungen, ja es
wurde meine Entscheidung zu einem übertrifft sie sogar.
Schauspielstudium zunehmend bestärkt, da
mir dort bestätigt wurde wo meine Fähigkeiten Nicole Bunge
liegen.
Ich wollte meinem Traum ein Stück näher
kommen und deshalb bewarb ich mich an
der TheaterAkademieStuttgart. In diesen
zwei Jahren an der Akademie habe ich so
viel Neues gelernt, auch von mir Neues
gelernt. Ich habe Seiten an mir entdeckt, die
ich selbst vorher nicht kannte. Ich sehe wie
ich jeden Tag, offener werde.
Endlich fühle ich mich angekommen,
angenommen und akzeptiert. Auch das
Arbeiten mit meinen Mitstudenten und den
Dozenten ist sehr offen und respektvoll.
Durch das familiäre Klima in der Schule fühle
ich mich wohl. Ich traue mich, ich selbst zu
sein, dies konnte ich vorher nicht. Natürlich
gibt es auch Tage an denen es nicht so gut
klappt, aber gerade diese sind es, die mich
auch in meinem Willen zu diesem Studium
bestärken.
Dieses Jahr an der Akademie gehört
zu einem der intensivsten meines
bisherigen Lebens. Es ist voller Gefühle,
Entdeckungen, Erfahrungen, Erlebnisse
und
Neuerkenntnisse.
Durch
die
56
3.Ausbildungsjahr Doppelstudium Schauspiel und
Theaterpädagogik
Interview / Sylvia Benz, Esslingen
Was assoziierst Du mit der
TheaterAkademie?
z.B. bei der Arbeit mit dem Atem oder bei
Bewegungsanalysen. Ab und zu biete
ich auch kleine theaterpädagogische
Workshops für meine Klienten an
Eine sehr bunte Zeit der Selbsterfahrung
mit interessanten Menschen. Ausprobieren,
Grenzen erweitern, in die Tiefe schauen
Was waren Deine lustigsten Momente an
der Akademie?
Warum bist Du an diese Schule
gekommen?
Die ganzen Jahre an der TheaterAkademie
waren eine sehr lustige Zeit. Ein echter
Im Jugendseminar habe ich Cornelia
Luxus
und Christian bei Theaterprojekten
Wie hat die TheaterAkademie Euch auf
kennengelernt und hatte große Lust mit
den Arbeitsmarkt vorbereitet?
den Beiden weiter zu gehen und beim
Aufbau der Schule dabei zu sein.
Nach dem Abschluss hatte ich keine
Wann hast Du Deinen Abschluss
Ahnung was ich denn jetzt überhaupt
gemacht?
kann. Bei der ersten Anstellung an der
Landesbühne Bruchsal war ich dann ganz
1999
überrascht, was alles in meinem Gepäck
war.
Was ist/ war Dein Lieblingsfach?
Das kann ich nicht mehr sagen, jedes Fach
hatte faszinierende Momente und Zeiten, in
denen ich es gar nicht mochte, weil ich an
meine Grenzen kam
Was war Dein persönliches Highlight an
der TheaterAkademie?
Zu merken, dass mich das ganze Publikum
versteht, wenn ich auf einer Bühne rede
und ich gar keine Piepsstimme habe.
Worin hast Du letztendlich deinen
Abschluss gemacht?
Wir hatten alle drei Studiengänge. Theater
als pädagogisches Werkzeug hat mich
immer am meisten interessiert. Ich bin
Sprachgestalterin und Theaterpädagogin
Was machst Du heute?
Heute bin ich Körpertherapeutin. Das, was
ich an der TheaterAkademie gelernt habe
ist mir dabei immer noch hilfreich
57
Auf der Suche
Als ich an die TheaterAkademieStuttgart
kam, fühlte ich mich sowohl körperlich als
auch emotional recht „eingerostet“. Ich war
gejagt von einem Gefühl der Unsicherheit
und des Leistungsdruckes in der Schule,
im Arbeitsleben und oft sogar privat. Als ich
mich an der TheaterAkademie bewarb, hielt
ich das für normal. Doch plötzlich befand ich
mich an dieser Schule, an der ein Umgang
mit den Menschen herrschte, wie ich ihn
noch nie zuvor erlebt hatte. Geradezu
erstaunt stellte ich fest, dass die Dozenten
hier an das Potential in jedem einzelnen
ihrer Schüler glauben und das Beste aus
ihm herausholen- und zwar mit Geduld,
Einfühlungsvermögen, viel individueller
Arbeit und Fachkompetenz. „Wer wirklich
will und es auch kann, dem stehen hier
alle Türen offen“, hat mein Schulleiter mal
zu mir gesagt. Diese Philosophie hat mir
geholfen, aus meinem Schneckenhaus
hervorzukommen. Ich entdeckte mich selber
und die Verbindung zu meinem Körper aufs
Neue und was es heißt, sich selber zu spüren
und zu tanzen – auch im übertragenen Sinne.
Ja, ich entdeckte durch die Anwendung
unterschiedlichster
Schauspieltechniken,
vor allem die Bewegungsmethodiken nach
Tschechov und Grotowski, Muskeln und
Gelenke, die ich vorher gar nicht kannte! Auf
einmal fühlte ich eine Form der Freiheit und
des Reichtums in meinen Bewegungen und
meinem Tun, die mich sehr glücklich machte
und die Faszination für die Menschen und die
Welt um uns herum wiedererweckte. Seitdem
kann ich mir ein Leben ohne Tanz, Bewegung
und freie Äußerung der Emotionen gar nicht
mehr vorstellen.
Im Laufe meiner Ausbildung habe ich zum
ersten Mal erlebt, dass ich für eine Sache
über meine physischen und auch seelischen
Grenzen hinausgewachsen bin, weil ich sie
so sehr will. Und dass es nicht das Wichtigste
ist, von Anfang an gut oder gar perfekt zu
sein, sondern dass der Moment zählt, in dem
ich anfange, aus einer Idee heraus etwas
58
zu schaffen. Zum Beispiel, indem ich die
Jonglagebälle, nachdem sie das gefühlt 120.
Mal gefallen sind, wieder aufhebe, um beim
121. Mal endlich erfolgreich zu sein. „Ich war
ein Stein, aber jetzt bin ich frei“ ist der Satz,
der mein Gefühl zur eigenen Entwicklung der
letzten Zeit am treffendsten beschreibt.
Die TheaterAkademie ist ein Ort, der mir
tiefe Erfahrungen und Freundschaften fürs
Leben geschenkt hat und den ich nie mehr
missen möchte. Schauspiel funktioniert
nur, wenn ich echt bin. Es gibt kein gut und
schlecht in der Kunst, es gibt nur Echt und
Unecht. So wie im Leben. Es gibt keinen
perfekten Menschen. Und irgendwie doch.
Denn es gibt die Vollkommenheit, die einer
Seele entspringt in dem Moment, da sie sich
ehrlich ausdrückt. Und jene Vollkommenheit
möchte ich am eigenen Beispiel in die Welt
tragen. Und für diese Erkenntnis und die
Vorbereitung auf das, was kommt, danke ich
meiner Schule von Herzen.
Constanze Feulner,
3. Ausbildungsjahr Schauspiel
Scheitern lernen
Als ich das erste Mal in einem Stück
mitgespielt habe, wurde mir bewusst, dass
mir Schauspiel allein nicht reicht. Ich hatte
stets das Bedürfnis das Stück nicht nur mit
zu entwickeln, sondern am liebsten selbst
eine Gruppe zu leiten und gemeinsam etwas
entstehen zu lassen.
Es geht mir darum sich mit einem Thema in
einer Gruppe auseinanderzusetzen, etwas
entwickeln zu können.
Deswegen
interessiert
mich
die
Theaterpädagogik auch so sehr, da hier
die Entwicklung jedes Einzelnen gefördert
wird.
Sie kann kulturelle und soziale
Schranken spielerisch lösen und das
Gemeinschaftsgefühl fördern. Ich selbst
habe in meiner bisherigen Schulzeit an der
TheaterAkademie gelernt, wie viele dieser
Methoden, mich selbst und andere sensibler
machen.
Warum ich an der Akademie bin:
Weil ich hier das gute Gefühl habe richtig zu sein, weil ich hier die Möglichkeit
habe, mich frei zu entfalten, weil ich hier
meinem Traumberuf näher komme.
Elisa Bohnstengel
2. Ausbildungsjahr
Die TheaterAkademie begleitet und
bringt mich auf meinem Weg weiter
voran. Ich habe mich für diese Schule
entschieden, weil mir der familiäre
Umgang untereinander sehr gut gefällt
und ich gefordert und immer wieder über
meine Grenzen hinaus gebracht werde.
Katrin Döringer
2.Ausbildungsjahr Theaterpädagogik
Theaterpädagogik ist ein wunderbares Mittel
Konflikte zu bearbeiten und somit auch
zu lösen. Ich möchte anderen beibringen
können, wie man lebendiger lernen kann
und wie man dadurch Handlungslust und
Kreativität erweckt. Wenn ich an die Zeit
nach meiner Ausbildung denke, wäre
mein Wunsch mit den unterschiedlichsten
Gruppen zu arbeiten: mit Schülern aus
Brennpunktschulen, Geschäftsleuten oder
Senioren. Jeder hat individuelle körperliche,
emotionale und sprachliche Gaben, die man
so fördern kann. Erfahrungen können das
Selbstbewusstsein und das Selbstwertgefühl
steigern und vielen Menschen so in ihrem
Alltag helfen. Unsere Gesellschaft schreibt
uns vor nicht scheitern zu dürfen und genau
diese Angst vor dem Scheitern sollte uns
genommen werden, auch das ist eine,
vielleicht sogar die wichtigste Aufgabe der
Theaterpädagogik
Karoline Cisek
3.Ausbildungsjahr Doppelstudium Theaterpädagogik
und Schauspiel
59
Interview / Tobias Wagenblaß, Stuttgart
Warum bist Du an diese Schule
gekommen?
Ich wollte Schauspiel studieren, habe in
Google „Theater Akademie“ eingegeben
und als erstes Ergebnis kam die Theater
Akademie. So kam eins zum anderen.
Wann hast Du Deinen Abschluss
gemacht?
2013
Was ist/ war Dein Lieblingsfach?
Grotowski. Der Unterricht mit Peter
Rissmann hat genau zu mir gepasst. Frei
im Raum sein, sich viel bewegen, dabei
habe ich für mich die größte Entwicklung
gespürt.
Was war Dein persönliches Highlight
an der TheaterAkademie?
Die Arbeit in der TheaterKompanie. Es
ist mitunter sehr anstrengend, aber die
Erfahrung und die Erlebnisse sind mehr
wert.
Worin hast Du letztendlich Deinen
Abschluss gemacht?
Schauspiel und Schauspiel.
Was machst Du heute?
Ich bin als freiberuflicher Schauspieler
tätig und gebe Akrobatikunterricht.
Was waren Deine lustigsten Momente
an der Akademie?
Zwei Worte: Spontane Partys
Wie hat die TheaterAkademie Euch auf
den Arbeitsmarkt vorbereitet?
Die Akademie ist ein Ort, an dem
man Werkzeug und Handwerk gelehrt
bekommt. Es ist alles Notwendige dabei
60
und gerade in der Zeit meiner Ausbildung
wurde begonnen, sich auch in Richtung
Film zu orientieren, was mir persönlich viel
für die Arbeitswelt geholfen hat. Die beste
Hilfe für den Arbeitsmarkt sind aber die
Kontakte die man knüpfen kann.
Vom Puck und anderen Lebensgeistern
Ein besonderer Dank an die GLS Treuhand
„He, Geist! Wo geht die Reise hin?“ fragt
Puck - Hofnarr des Elfenkönigs Oberon - die
Elfe zu Beginn des Sommernachtstraum von
William Shakespeare. Wo die Reise hingehen soll fragt sich der Studienfonds Puck
auch immer wieder? Gegründet wurde der
Fond 2003; gegründet um die Liebenden zu
vereinen. Die Liebenden? Nein, wir sind kein
Kuppel-Club an der Schule – vielmehr hat es
sich die Schülerschaft mit dem Studienfond
zur Aufgabe gemacht, auch jenen Schülern,
die aus schwierigen finanziellen Verhältnissen kommen, zu ermöglichen sich ihrer
Traumausbildung und ihrer Liebe zur Kunst
ganz hinzugeben. Diese sozusagen zu vereinen. Wie im Sommernachtstraum geht es
dabei immer um die Verkehrung der aktuellen Verhältnisse. Doch wünschten wir oft,
wir hätten eine Zauberblume, deren Nektar
wir nur auf die Augen der Schlafenden träufeln müssten, statt dessen sind meist Papier
und Stift unsere effektivsten Waffen. Hier ein
Antragsformular, dort noch ein Empfehlungsschreiben.
Doch der Studienfond, das ist nicht nur das
kleine Kernteam, das sich um die Verwaltung
kümmert. In die Schule aufgenommen zu
werden, heißt auch Verantwortung zu übernehmen. Verantwortung für ein Miteinander,
in denen jene, die in finanzieller Bedrängnis
leben, Unterstützung erfahren. „Ich eil, ich
eil, sieh, wie ich eil!“ heißt es da und wie der
Puck eilt so mancher, um die Schulparty zu
organisieren oder eine Versteigerung auf die
Beine zu stellen. Der Studienfonds war und
ist schon immer ein wichtiger Lernort, an dem
SchülerInnen in organisatorische und verwaltungstechnische Aufgaben hineinwachsen
können. Neben dem Geld, das die Schülerschaft selbst eingeworben hat, hat die GLS
Treuhand den Studienfond in den letzten 12
Jahren mit rund 100.000 Euro unterstützt.
Diese wurde teilweise als Darlehen, teilweise als Schenkungen ausgezahlt. Insgesamt
konnten 49 SchülerInnen gefördert werden.
Ohne diese Unterstützung wäre es Ihnen
nicht möglich gewesen, ihre Ausbildung abzuschließen. Ein großes Dankeschön!
Nicola Brisch
2.Ausbildungsjahr Theaterpädagogik
Mitglied im Kernteam des Studienfonds
61
Zum Leitbild der TheaterAkademieStuttgart
Die UNO hat die erste Dekade des neuen
Jahrtausends der „Kultur des Friedens“
gewidmet.
Ausgangspunkt ist die Erkenntnis, dass
es nicht genügt, ganz allgemein Kriege zu
verurteilen. Wir müssen auch die zugrunde
liegende „Kultur der Gewalt“, die immer
wieder Kriege hervorruft, überwinden. Eine
wesentliche Rolle kann dabei die Erziehung
spielen... Dem Sprach- und Literaturunterricht
kommt dabei eine entscheidende Rolle zu.
Um zu begreifen, wie eine Gesellschaft
funktioniert, mehr noch, wie wir selbst uns
als gesellschaftliche Wesen verhalten,
reichen politische und soziologische Fakten
nicht aus. Erst wenn man die kulturellen
Grundlagen einbezieht – Sprache, Medien,
Kunst und Literatur – erhält man ein
vollständiges Bild. Doch Kunst und Literatur
helfen nicht nur, die Welt zu verstehen,
wie sie ist, sondern auch zu sehen, wie
sie sein könnte. Literatur hat heute – nicht
trotz, sondern wegen der Allgegenwart
der Massenmedien – die unverzichtbare
Funktion, das Selbstverständliche in Frage
zu stellen. Ingeborg Bachmann hat den
„Konflikt mit der Sprache“ als eigentliches
Charakteristikum des Schriftstellers genannt.
Die Suche nach neuen Ausdrucksformen ist
... das permanente Bemühen, eine Sprache
zu finden für einen neuen Blick auf die Welt.
Heftig kritisiert Bachmann die Meinung, dass
„der weltbestimmende und weltanschauliche
Gehalt“ der Dichtung uns „nichts anzugehen
brauche. Sie tritt ein für eine Literatur, die
mit dem Unfrieden der Welt keinen Frieden
geschlossen hat. Und dann der erstaunliche
Satz: „Hätten wir das Wort, hätten wir
Sprache, wir bräuchten die Waffen nicht“. Das
ist nicht das billige Klischee von „Kultur statt
Krieg“. Ingeborg Bachmann verweigert die
Idylle einer Welt des Geistes als Gegensatz
zur Welt des Geldes, der Macht, der Waffen.
62
Sie weiß nur zu genau, welche Gewalt von
Worten ausgehen kann. Doch sie sieht in der
Arbeit an der Sprache, in der unendlichen
Suche nach der „von uns erahnten Sprache,
die wir nicht ganz in unseren Besitz bringen
können“ (Bachmann 1978), die eigentliche
Aufgabe...
Werner Wintersteiner
Auszüge aus dem Buch „Hätten wir das Wort, wir
bräuchten die Waffen nicht“ Erziehung für eine
Kultur des Friedens
Kindliche
Sprachentwicklung
Goethe sagte einst:
„Zwei Dinge
sollen Kinder von ihren Eltern bekommen:
Wurzeln und Flügel!“
In unserer heutigen Zeit ist es zusätzlich und
vermehrt die Aufgabe von Pädagogen, Bindung aufzubauen, Nähe und Vertrauen zu
bilden und familienergänzend individuell Alltag zu gestalten, damit Kinder „fliegen“ und
sich frei entfalten können. Wahrnehmungsvermögen, Geduld und Visionen, Neugier,
Kontinuität, konsequentes Handeln, Motivation sind einige wenige Kompetenzen, die
für die Arbeit ganz allgemein nötig sind. Der
Pädagoge muss heutzutage viel stärker kompetenter Partner für kindliche Lernprozesse
sein als noch vor wenigen Jahrzehnten.
Wirft man nun einen Blick auf die kindliche
Sprachentwicklung und denkt an unsere
heutige Gesellschaft, insbesondere daran
wie viel Zeit den Kindern für sinnvolle und
intensive Gespräche entgegengebracht
wird, so kann man die Verantwortung des
Pädagogen im Hinblick darauf erahnen.
Heute hören Kinder nur noch selten „life“
Geschichten und die Intensität und Dauer
von Gesprächen nimmt stark ab. Fernseher
oder CD-Player stehen anstelle des
unmittelbaren Erzählens. So beträgt der
Medienkonsum heute bei Kindern bis acht
Jahren durchschnittlich 5,5 Stunden pro Tag;
direkte Gespräche dagegen finden im Schnitt
nur noch 12 Minuten täglich statt. Dass
Kinder die Sprache jedoch nicht über das
Fernsehen erlernen können, ist mittlerweile
wissenschaftlich erwiesen. Sprachlosigkeit,
Bewegungsmangel und Isolation stellen
also Pädagogen vor große Aufgaben, denn
der Erwerb der Kulturfähigkeiten Lesen,
Rechnen und Schreiben wird auf Grund
der mangelnden zwischenmenschlichen
Kommunikation immer schwerer für Kinder.
Im Jahre 2011 lagen die Sprachstörungen
von Mädchen und Jungen mit Schuleintritt
im Schnitt bei 34%. Sie steigen stetig weiter
an und man kann bereits bei Kindern im
Vorschulalter schwere motorische und
sensorische Defizite feststellen. Kaum ein
Kind, das in die Schule kommt, kann noch
gut rückwärts laufen, auf einem Bein stehen
oder balancieren.
Ergotherapeuten haben viel zu tun, um
Störungen, oder Entwicklungsrückstände
auszugleichen. Auch Pädagogen bräuchten
eigentlich im Hinblick auf Sprach- und
motorische Entwicklung einen „Rucksack“
an Handwerkszeug. Dazu leistet die
Sprechpädagogik einen sehr wertvollen
Beitrag. Sie ist mir in der Arbeit mit den
Kindern eine nicht mehr wegzudenkende
Ergänzung geworden.
Darum ist für mich in der sprachlichen Arbeit
der Blick auf die körperliche, seelische
und geistige Entwicklung der Kinder von
großer Bedeutung. Sprache ist Bewegung
äußerlich, sowie innerlich. Dies versuche
ich für die Kinder erfahrbar zu machen,
sie sollen Bewegung, Rhythmus und Stille
erfahren, und beim Geschichtenerzählen,
Singen oder bei Fingerspielen das Lauschen
lernen. In unserer heutigen schnelllebigen
Gesellschaft geht uns das Staunen und SichEinlassen auf die Welt oder andere Menschen
immer mehr verloren. Mit der Sprache
und ihren unendlich vielen Möglichkeiten Christina Pfeiffer
begebe ich mich in die Welt der Kinder
Ehemalige TheaterAkademieStuttgart
und baue auf die gesunde Entwicklung Element-i Teamleitung Theaterpädagogin
eines jeden einzelnen. Logopäden und BuT®/SprecherStabsstelle Theaterpädagogik NRW
63
Über die Kunst, Kind und Kultur unter einen
Hut zu bringen
Wie viele Babysitter brauchen zwei Solisten
am Stuttgarter Ballett für die gemeinsame
Tochter, um ihre Parts zu tanzen? Was macht
ein Mitglied des Opernchors mit seinem
Sohn, wenn die Aufführung ansteht? Und
haben es Schauspieler-Kinder besonders
schwer zwischen Probe und Vorführung?
Die Kita der Staatstheater wirkt auf den ersten
Blick wie eine fröhliche WG mit extrem viel
jungen Mitbewohnern. Christina Pfeiffer, die
Teamleiterin der Einrichtung, erzählt schnell
und lacht gerne und viel. Die Erzieherin und
Theater- und Sprechpädagogin hat erst eine
Ausbildung zur Waldorf-Erzieherin gemacht
und dann an der TheaterAkademie studiert.
Zum Team gehört auch immer mal wieder
ein/e Student/in der TheaterAkademie,
die ihr Abschlusspraktikum in der Kita
absolvieren. „Wenn die Studenten kurz
vor ihrem Abschluss zum Sprecher oder
Theaterpädagogen stehen, überlegen sie
sich ein Thema für die Kinder, das zum
Thema Sprache funktionieren könnte“,
erzählt Pfeiffer. Mal sei das ein Fingerspiel
mit Sprache und Bewegung, um Sprache
spielerisch zu verankern, mal gebe es eine
Reise zu Vokalen, bei denen Buchstaben mit
Salzteig gebacken werden.
Dorf um die Kinder kümmert.“ Umso wichtiger
sei eine feste Struktur in der Kita.
Wir wechseln in dieser Geschichte zum
Thema Kinderbetreuung die Perspektive.
Von der Kantine der Staatstheater geht es in
das Reich des Stuttgarter Balletts. In einem
der zahlreiche Studios warten die Halbsolistin
Katarzyna Kozielska und der Solist Damiano
Pettenella mit ihrer vierjährigen Tochter Mia.
Die kleine Künstlerfamilie steht stellvertretend
für die Internationalität des Stuttgarter
Balletts. Kozielska wurde im polnischen
Zabrze geboren, Pettenella im italienischen
Verona. Untereinander sprechen sie
Englisch, mit der Tochter Deutsch, die kleine
Mia antwortet dann wiederum auf Polnisch
oder Italienisch. Unter den anderen Tänzern
am Ballett gibt es nicht viele Eltern. „Viele
Tänzerinnen haben Angst, zwei Jahre aus
dem Beruf draußen zu sein und dann nicht
mehr hineinzufinden“, sagt
Katarzyna
Kozielska.
Bei
all
den spannenden Aufgaben
als Tänzerin und Choreographin sei
für Kozielska die erste Priorität aber immer
die Mutterrolle: „Mia ist unsere Nummer
1!“ Wird man als Tochter zweier Startänzer
eigentlich unweigerlich auch Tänzerin?
Damiano Pettenella schüttelt energisch
den Kopf. „Wir versuchen sie, auf keinen
Fall in irgendeine Richtung zu drängen. In
alldem, was sie gerne macht, versuchen
wir sie zu unterstützen.“ Ob es nach dieser
erfolgreichen ersten Produktion ein zweites
Kind geben wird? Beide lachen verlegen.
„You can manage pretty much everything“,
sagt Damiano Pettenella. Kind und Kultur
unter einen Hut zu bringen, ist eben auch
nichts weniger als eine große Kunst.
Die Eltern haben Verträge von 20 bis 40
Wochenstunden.
Extrem
unbeholfene
Frage: Ticken Künstlerkinder anders als
Kinder, die in einem klassischen Haushalt
aufwachsen? „Künstler brauchen extrem
flexible Betreuungszeiten. Künstlerkinder
sind schon früh viel unterwegs unter
Erwachsenen, haben viele Babysitter und
andere unterschiedliche Bezugspersonen.
Sie fremdeln nicht so arg wie andere
Kinder, ohne das werten zu wollen.“ Sie
seien Erwachsenen allgemein erstaunlich
freundlich gestimmt. „Man kann es vielleicht Ingmar Volkmann
am ehesten mit einem Aufwachsen wie in
Stuttgarter Zeitung
Afrika vergleichen, wo sich auch das gesamte
64
65
Liebe/ Lieber Mitschüler/in,
kennst du das? Du hast in 5 Minuten
Sprachunterricht und mal wieder keinen Text
vorbereitet? Zum wiederholten Male? Und
du hast keine Lust wieder doof da zu stehen?
Natürlich gibt es dafür keine annehmbare
und glaubhafte Entschuldigung, sei dir
dessen bewusst!!
Doch zukünftig muss das nicht mehr sein!
Abhilfe in dieser äußerst brenzligen Situation
kann folgender Text schaffen, den du dir
(auch noch 5 Minuten vor dem Unterricht)
"
praktisch ausschneiden (oder einfach in aller
Hektik und dementsprechend gewaltvoll
ausreißen) kannst. Ganz locker flockig.
Sprachunterricht gerettet!! (Ich spreche aus
Erfahrung). Aber Obacht: Absprache mit
anderen Mitschülern, die eventuell ebenfalls
davon gebrauch machen, ist von Vorteil, da
es sonst wieder zu unangenehmen
Situationen kommen kann (auch hier spreche
ich aus Erfahrung)
Viel Spaß dabei. Und immer schön den
Stimmsitz trainieren. Auf bald, Nico.
Hier ausschneiden
WER WENN NICHT WERNER?
NICOLAS SCHÖNBERGER
„Mehr Power!“, fordert Werner lautstark am Rande des Spielfelds stehend und seine
Jungs von Fortuna 93 Dorfkirchen scharf beobachtend. Aus tiefster Kehle brüllt er ihnen
strategisch ausgeklügelte Anweisungen entgegen: „Andy, geh da rein, Mensch! Rouven
spiel ab man, spiel ab!“. Seine Halsschlagader, die in unrhythmischen Intervallen stark
geschwollen vor sich hin pulsiert, ist unübersehbar. Der Schnauzer, welcher seine Oberlippe
ziert, ist korrekt in Form, allerdings vom ständigen Rauchen am unteren Rand schon etwas
gelblich gefärbt. Sein geschulter Blick wird durch eine Brille, die vom Modell her zu deuten
ihren Ursprung irgendwo in den späten Siebzigern hat, geschärft. Um bei diesem Wetter
einen kühlen Kopf zu bewahren, trägt er eine Schirmmütze der Brauerei „Bitburger“, die
ihm an diesem Tag ausreichend Schatten spendet. Eben ein Getränk jener Brauerei hält
er praktisch abgefüllt in einer Dose in seiner rechten Hand fest umschlossen, um seine
Kehle mit kurzen aber dafür großen Schlücken zu ölen um sie vor einer Überreizung zu
bewahren. Eine gute Idee, die kaum Wirkung zeigt. „Männers, was das denn? Lange Pässe,
lange Pässe! Diago! Diago!“. Sein aus Ballonseide gefertigter Trainingsanzug spendet dem
großen Meister ausreichend Schutz. Es ist sein Umhang, wie ihn jeder große Magier zu
tragen pflegt. Der Unterschied liegt für den Außenstehenden allerdings darin, dass der
Umhang des Magiers eine gewisse Autorität verleiht. Auch mit viel Mühe und gutem Willen
kann man diese aus Werners Trainingsanzug nicht herauslesen.
„Was machsu? Robert! Hau weg das Ding, auffa ganzen Pflanke! Nochma sowas und ich
zieh Dich eijenhändisch vom Feld, mein Lieba“. Anne Ohren, sagt er meistens noch, wozu er
aber dieses Mal nicht mehr kommt, da ein Spieler der der gegnerischen Mannschaft seinen
besten Mann mittels einer saftigen Blutgrätsche vom Platz befördert hat. „Schaise, man.
Schaise!“. Er wendet sich der rechten Spielfeldhälfte zu, wo der Trainer der gegnerischen
Mannschaft besonnen sitzt. Ein Junger, im Gegensatz zu Werner durchaus sportlicher
Trainer. Ein Gewinnertyp, der Garant für den Besuch aller Mütter am Spielfeldrand. Der
Liebling aller pubertierenden Mädchen, die lauthals kichern, wirft er ihnen einen einen
schüchternen Blick zu. „Komm Thomas! Das wäre jetzt wirklich nicht nötig gewesen“.
Thomas, ebenfalls ein Spieler mit Adonisfaktor schlendert bedröppelt vom Feld, als der
Schiri ihm mit aller Deutlichkeit die rote Karte ins Gesicht hält.
66
„Der verpfeift uns jedes Mal!“ schreit ein Rudel stark angetrunkener Väter vom Spielfeldrand,
als sie im Begriff sind leere Bierdosen auf das Feld zu werfen, um ihren Protest für alle, wirklich
alle, sichtbar zu machen. Von seinen Teamkollegen wird Thomas auf eine sportliche Weise
begrüßt. Man knufft ihm in die Schulter, rubbelt sein ohnehin schon zerzaustes Haar, bevor
man ihm auf der
Spielerbank einen Platz anbietet. Auf der anderen Seite sieht dieses Ritual schon ganz
anders aus. Robin, dem diese Blutgrätsche gegolten hat, humpelt unter lautem Stöhnen
vom Platz. Werner reagiert pflichtbewusst und markiert seinen Standpunkt als
verantwortungsvoller Coach: „Robin, du Flasche. Ab zurück aufs Feld. Wir sind hier nicht
beim Schach! Du brauchst dich gar nicht zu setzten. Heul nicht so rum wegen na
Schürfwunde, sonst krixe gleich noch eine und zwar von mir!“. Robin fällt in Richtung
Spielerbank, wo er von seinen Teamkollegen aufopferungsvoll begrüßt wird. Man schlägt
ihm ihn den Bauch, spuckt ihm Wasser ins Gesicht, kommentiert sein Wehklagen
verständnisvoll: „Mann, Robin du Spacko“, „Was kannst du eigentlich?!“, „Nichts, und
das nicht mal richtig“, bevor man ihm einen Platz abseits aller Sitzgelegenheiten anbietet.
Robin bricht zusammen und bleibt liegen. Werner widmet sich indessen mit großer
Selbstlosigkeit dem Unterstützen seiner Mannschaft. Denn diese ist wider aller
Erwartungen im Ballbesitz. Manuel, ein hochgewachsener Junge rennt mit knallrotem
Kopf und stark prustend mit großen Sprüngen auf das gegnerische Tor zu. Den Ball führt
er sicher an der Fußspitze. Auf der Spielerbank schürt sich spürbar die Spannung. Auch
Werner kann seine Aufregung nicht weiter zurückhalten und verleiht seiner
Begeisterung Ausdruck, indem er seine angekratzte Stimme mit einem hastigen Schluck
aus der Dose kühlt und zum Schlachtruf ansetzt: „MAAANUUUUU“, tönt es indessen
voller Vorfreude von der Spielerbank. Manu rennt leicht benommen, sich der
Verantwortung über die seinige Situation im klaren auf das gegnerische Tor zu.
Der Torwart atmet tief durch und macht sich zum Absprung bereit. Ein letzter Pruster,
dann ist es soweit. Manu holt zum vernichtenden Torschuss aus. Sein Fuß streift über den
zerzausten Rasen, trockenes Gras wirbelt durch die Luft und der Ball rast geradewegs auf
das Tor zu. Luftanhalten. Latte! Ausatmen. „Mann, das kann doch alles nich wahr sein!“,
brüllt Werner und steckt sich eine Kippe an. Doch der Ball fliegt geradewegs zurück in
das Spielfeld und Manu setzt zum Kopfball an. Er springt ab und fliegt, nein, schwebt
engelsgleich mit gestrecktem Körper dem Ball siegessicher entgegen. Dieser dreht und
dreht sich, wie ein Planet, der gerade aus seiner Umlaufbahn ausgebrochen ist. Hoch,
weit oben über dem Spielfeld, nahe der Sonne, bahnt sich ein Schauspiel galaktischen
Ausmaßes an. Die Kollision zweier Himmelskörper. Engelsgesang. Als Manuel wieder zu
Bewusstsein gelangt befindet er sich kopfüber in einem Busch
unweit des Spielfeldes. An die letzten zehn Minuten hat er keine Erinnerungen mehr.
Mit letzter Kraft rappelt er sich auf und geht nach Hause.
Das Spiel wird abgepfiffen. 0:1, für die Mannschaft aus… ja woher eigentlich, fragt sich
Werner. Und diskutiert dies mit seinen Jungs bei einer Kiste Bier, die von der Brauerei
jener Biermarke freundlicherweise zur Verfügung gestellt wird. Derweil umrundet der
Nachwuchs, die Fortuna Dorfkirchen 93 “Minis”, den Platz mit einer Spardose, die die
Form eines Fußballs hat und bitten in vorpubertär gereizter Laune um “eine Spende für
die Jugend”. Das ist deutscher Fußball in seiner reinsten Form. Der Fußball entwickelt
sich zu einer Hochkultur, von der man in 1000 Jahren noch schwärmen wird. Werner ist
Beleg dafür.
67
Ganz Mensch
Mittelpunkt stellt. Theater, das keine Lust
macht zu machen, macht auch keine Lust
beim Anschauen. So einfach ist das und so
schwer zu bewerkstelligen.
„Die Luft, die man atmet
ist voller Fragen, die ohne
Antwort bleiben und ich
frage mich, was wichtiger
ist: Diese Fragen zu
beantworten oder sie zu
stellen.“
Michelangelo Antonioni
Die
besten
Produktionen, die ich
begleitet habe als Dramaturg und/oder
Theaterpädagoge, waren die, wo das Proben
Spaß gemacht hat. Hier gab es Spiel-Raum
für Neugier, ohne die Furcht des Scheiterns
oder etwas „falsch“ zu machen. Ein
wichtiger Faktor dabei ist die gegenseitige
Wertschätzung von Regie und Schauspiel.
Theaterarbeit ist eine zutiefst menschliche.
All zu oft leider gerät das aus dem Blickfeld,
wenn sich die praktische Arbeit auf Gänge,
Haltungen, Betonungen und Wirkungen
„Der Mensch ist nur da ganz Mensch, wo fokussiert. Da heißt es wirklich Haltung zu
er spielt“ - das bekannte Zitat von Friedrich bewahren und sich zu behaupten, anstatt
Schiller ist beliebt bei Theatermenschen etwas zu behaupten, was nicht „stimmt“.
im allgemeinen und Theaterpädagogen
im Besonderen. Ich habe viele Jahre an Dazu braucht es Menschen, die nicht nur
Theatern gearbeitet, als Dramaturg, vor Charaktere spielen, sondern auch Charakter
haben. Persönlichkeiten die Personen
allem aber als Theaterpädagoge.
verkörpern. Damit sie das „stimmig“, also
Beide Aufgaben haben meine Wahrnehmung glaubhaft machen können, brauchen sie
geschärft dafür, was beim Publikum gut neben Respekt für die Arbeit und Vertrauen
ankommt und was nicht. Ich meine mit „gut in die Regie auch Selbst-Vertrauen. Sie
ankommen“ nicht, dass viele Menschen in das brauchen eine gestärkte Persönlichkeit, ein
Stück gegangen sind - das hängt maßgeblich Wissen um die Dinge, die sie spielen und ein
und leider oft vom Bekanntheitsgrad des Wissen um sich, die da spielen.
Titels ab oder von der „Notwendigkeit“ es
Kurz: Ich drehe das Schiller-Zitat mal um und
gesehen haben zu müssen.
behaupte: „Der Mensch spielt nur da (gut),
Was ich mit „gut“ meine, spielt sich in der wo er ganz Mensch ist.“
magischen Wechselwirkung zwischen Bühne
und Zuschauerraum ab. Die Resonanz Ich schreibe das, weil die TheaterAkademie
bei der Aufführung, die sich im Idealfall für mich ein Ort ist, wo die Ausbildung
gegenseitig positiv verstärkt und einen guten den ganzen Menschen sieht, umfasst und
Theaterabend möglich macht. Und hier liegt fördert. Deshalb arbeite ich sehr gern hier.
der Schlüssel bei der vorangegangenen Weil die Ausbildung nicht nur auf vielfältige
Weise Handwerkszeug vermittelt, sondern
Probenarbeit.
Menschen begleitet und ermutigt, ihre
Theater, das gut ankommen will beim individuellen Fähigkeiten zu entwickeln und
Publikum, braucht eine Atmosphäre, die das zu entfalten. Durch Wertschätzung, das WahrSpielerische bei der Probenarbeit in den Nehmen und die persönliche Begleitung der
68
Menschen, die sich uns anvertrauen. Und
das mit großer Neugier, mit Respekt und
auf ganz individuelle Art.
Ich glaube, dass auf diese Weise Menschen
die TheaterAkademie verlassen, die ihren
Betrag leisten können, gutes Theater zu
machen. Und ich wünsche ihnen sehr,
dass sie auf gute Regisseurinnen und
Regisseure treffen, gute Dramaturginnen
und Dramaturgen und Theaterleitungen,
die unter „gut“ bei Mitarbeiterinnen und
Mitarbeitern nicht „willig“ oder „fügsam“
verstehen und „gut“ bei Theateraufführungen
nicht nur „gut gefüllte Vorstellung“, sondern
Theater, das gut ankommt, weil es gut
gemacht ist. Also von Menschen, die ganz
spielen, weil sie ganz Mensch sein dürfen
und können.
Theater Akademie Stuttgart
Format: 184,6x120 mm, 4c
DU: 23.09.15
Volker Schubert
Theaterpädagoge, Theaterwissenschaftler und
Dramaturg / Dozent für Bewegungsanalyse,
Theatergeschichte und Theaterpädagogik
Geld ist nicht da, um Geld zu
vermehren, sondern um Ideen
zu verwirklichen.
Geld ist ein soziales Gestaltungsmittel —
wenn wir es gemeinsam dazu machen.
www.gls.de
69
Internet: www.VKK-Verlag.de
Mail: [email protected]
70
71
Warum Theaterpädagogik?
Während meines theaterwissenschaftlichen
Studiums habe ich meinen ästhetischanalytischen Blick auf Theater geschult und
so mein Interesse für Regie und Autorschaft
entdeckt. Als sich mein Interesse vom
Endprodukt auf den Probenprozess verschob,
gewann für mich die künstlerische Arbeit mit
Nichtprofessionellen an Bedeutung. Statt der
Neuartigkeit der Performance steht dort vor
allem die Entwicklung der Spieler während
des Probenprozesses im Mittelpunkt. Die
Aufführung ist lediglich das Zeugnis dieser
Entwicklung, das im Idealfall so berührend
ist, dass es auch in den Zuschauern einen
Prozess der Selbstbegegnung anstößt.
Als Anleitende reicht es nicht aus, selbst
darstellerisches Können zu besitzen. Vielmehr
bilde ich mich zur Expertin des Weges aus.
Ich mache mir den (eigenen) Lernprozess
bewusst und setze dieses Handwerkszeug
ein, um andere zu ihrer schöpferischen
Quelle, zum Künstler in sich zu geleiten. Als
Theaterpädagogin muss ich noch in einem
In zehn Jahren sehe ich mich als
selbstständige
Theaterpädagogin,
die Theatergruppen in der Schule,
im Kindergarten, in Freizeitstätten, in
Altenheimen oder in Einrichtungen für
Menschen mit Behinderungen leitet. Des
Weiteren möchte ich die Integration und
Inklusion der Teilnehmer innerhalb der
Gruppen sowie Gruppenübergreifend,
durch das Theater fördern. Um Menschen
die Möglichkeiten zu geben, sich mit
anderen Kulturen und Lebensweisen
auseinanderzusetzen, könnte ich mir
ebenfalls vorstellen, Austauschprojekte
zu initiieren und im Bereich der Asylarbeit
tätig zu werden.
Maike Strach
3.Ausbildungsjahr
72
ganz anderen Maße von meinen Spielern
ausgehen als im professionellen Theater. Ihr
Können und ihr Unvermögen, ihre Eigenarten
und Ängste sind mein Material. Sie sind
nicht beliebig formbar und einsetzbar. Diese
Einschränkung als Freiraum, und den Spagat
zwischen den eigenen künstlerischen
Visionen und dem pädagogischen Auftrag als
inspirierende Herausforderung, zu begreifen,
macht für mich theaterpädagogische Arbeit
aus. Da für mich Theater immer auch ein
künstlerischer Austausch über gelernte
kulturelle Rollen, Gesten, Verhaltensweisen
und das Infragestellen dieser ist, scheint
es mir ein ideales Medium interkulturellen
Austauschs zu sein. Darum interessiert mich
besonders die theaterpädagogische Arbeit
mit Menschen verschiedener Kulturen, sei es
in Form innerdeutscher oder transnationaler
Projekte.
Deborah Meuth,
4.Ausbildungsjahr Theaterpädagogik
Eine wegweisende Begegnung
Theaterpädagogik bedeutet für mich die
Kunstform des Theaters mit Menschen
aus unterschiedlichsten Bereichen zu
praktizieren. Über den künstlerischen Prozess
ist es jedem möglich ungeahnte Interessen,
Leidenschaften, Phantasien und objektive
Stärken zu entdecken, sowie gesellschaftliche
und literarische Themen zu behandeln.
Während meiner Schulzeit war die Zeit im
Jugendclub am Theater für mich eine der
intensivsten und echtesten, da man dort die
Möglichkeit hatte sich auszuprobieren, sich
zu zeigen und gleichzeitig literarische Texte
in einen ganz neuen Kontext bringen konnte.
Ich hatte keine Ahnung wie der Beruf meines
damaligen Leiters hieß, ich wusste nur, dass er
mir etwas sehr Wichtiges ermöglichte und ich
ihn sehr bewunderte für seine motivierende
Art, wie er jeden Einzelnen in der Gruppe
wahrnahm und auf ihn einging. Ich hätte mir
nie träumen lassen, dass dieser Mann eines
Tages mein Dozent werden würde. Über
viele Umwege hat es mich dann tatsächlich
als Studentin an die Schule geführt, an der
Matthias Winter vor vielen Jahren selbst
gelernt hat. Schon vor der Ausbildung habe
ich mir mit Hilfe von zwei Regieassistenzen,
einem halbjährigen Praktikum bei einem
freien Theaterpädagogen und dem Spielen
in einer jungen Gruppe am Schauspielhaus
Hamburg ein Bild versucht zu verschaffen,
was Theater ist und was es sein kann. Mit
diesen Erfahrungen bin ich mir sicher, dass
ich Theater mit Laien machen möchte und
bin sehr froh an der TheaterAkademie
gelandet zu sein.
Annemieke Döring
4.Ausbildungsjahr Doppelstudium Schauspiel und
Theaterpädagogik
73
“It´s the final countdown”
Drei Jahre ist es inzwischen her, dass ich
mit der Ausbildung zur Theaterpädagogin an
der TheaterAkademie angefangen habe. Am
Anfang stand der Wunsch Theaterpädagogik
und auch Schauspiel zu machen. Doch
während des Grundlagenjahres, in dem
man alle drei Ausbildungsgänge kennen
lernt, kamen immer mehr Zweifel darüber
auf, ob Schauspiel denn wirklich das
Richtige für mich ist. Ich überlegte hin und
her, entschied mich dafür und dagegen. Das
Motivationsschreiben, das zur Aufnahme in
den jeweiligen Ausbildungszweig nötig war,
hatte ich noch kurz vor knapp geschrieben,
aber zum Vorsprechen mich dann nicht mehr
angemeldet.
Nach dem Infogespräch mit Frau Schlösser
fasste ich den endgültigen Beschluss, dass
ich nicht genug dafür brenne, um Schauspiel
zum Beruf zu machen und entschied
mich dafür „nur“ Theaterpädagogik zu
machen. Im zweiten Jahr, das mit der
Aufnahmeprüfung für Theaterpädagogik
anfing, ging es schon mehr zur Sache, als
im ersten Jahr, in dem es noch viel darum
ging, sich selbst auszuprobieren und selber
zu spielen. Fächer wie Gruppendynamik und
Kindertheater kamen auf den Stundenplan.
- Der Focus verschob sich immer mehr vom
eigenen Erleben hin zu gruppendynamischen
Prozessen, zum Selbst-Anleiten, kleinen
Regieübungen.
Im dritten Jahren begann dann anscheinend
endgültig der Ernst des Lebens - Schluss
mit Spaß und Spiel - Regieprojekte standen
auf dem Plan. Das Bedürfnis etwas Eigenes,
auch außerhalb der Akademie, zu machen
wuchs, gleichzeitig machten sich auch immer
wieder Zweifel breit, ob ich das auch könne?
den Ausbildungsgang Theaterpädagogik.
Aufgabe ist es, aus einer vorgegebenen
Buchvorlage (in unserem Fall: Kinderbücher)
ein 20-minütiges Stück zu machen und mit
Kommilitonen/innen aus dem 1. Jahr zu
inszenieren. Das hieß Buch lesen, Konzept
mit Textbuch entwerfen und in Absprache
mit den Kollegen aus dem eigenen Jahr
eine Besetzung festlegen. Da rauchen
dann auch mal ganz schön die Köpfe bis 17
Schauspieler/innen fair unter 10 Regisseuren
verteilt sind. Denn jede/r hat natürlich seine
Favoritenbesetzung,
gleichzeitig
sollen
aber alle mitspielen - und möglichst in
nicht mehr als zwei Projekten. Ich bekam
„Ronja Räubertochter“ von Astrid Lindgren
zugeteilt. Es machte sehr viel Spaß an dem
Projekt zu arbeiten und ich hatte eine tolle
Schauspielergruppe, dennoch scheiterte
mein Projekt am künstlerischen Teil und ich
sollte die Prüfung wiederholen. Zunächst
sah ich das als Chance und freute mich auf
ein zweites Projekt nach den Ferien.
In den Ferien und auf einer Freizeit mit
Erwachsenen mit Behinderung kamen bei
mir jedoch wieder neue Zweifel auf. Ich
wollte zum ersten Mal nicht wieder zurück
in die TheaterAkademie und mich erneut
einem Regieprojekt stellen, sondern lieber
mit diesen Menschen weiterarbeiten.
Gleichzeitig merkte ich bei der Theatereinheit,
die ich mit den Freizeitteilnehmern machen
durfte, wie einfach es doch ist die Menschen
mit recht simplen Übungen zu begeistern
und war mir sicher, dass ich so weiter
arbeiten will. Noch beim Nachtreffen der
Freizeit meinte einer der Teilnehmer zu mir:
„Theater war´s beschte, gell?!“ Also begab
ich mich mit gemischten Gefühlen wieder
in die Akademie und an die Aufgabe, das
Die angesprochenen Regieprojekte sind nächste Regieprojekt irgendwie zu meistern.
die Zwischenprüfung im dritten Jahr für Es wurde ein langer Weg voller Höhen und
74
Tiefen, ein Projekt, in dem Schauspieler
gewechselt und das Konzept mehrmals über
den Haufen geworfen wurde, eine Zeit voller
Tränen, aber auch eine Zeit, in der ich die
Unterstützung vieler Menschen bekommen
habe und aus der ich voller Begeisterung
und neuer Motivation herausgekommen bin.
An dieser Stelle möchte ich mich bei allen,
die mich in dieser Zeit begleitet, unterstützt,
motiviert und an mich geglaubt haben
herzlich bedanken: bei meinen Dozenten,
Mitschülern, Freunden, meiner Familie und
ganz besonders auch bei meinem tollen
Schauspiel-, Regie- und Technikteam, ohne
das ich das tolle Projekt „Bridget Jones“
niemals hätte meistern können - und nicht
zuletzt natürlich allen Zuschauern des
Projektes, die sichtlich begeistert davon
waren und mich damit fast zu Tränen gerührt
haben. Vielen DANK euch und Ihnen allen!
Die Zeit mit all ihren Höhen und Tiefen hat
sich auf jeden Fall gelohnt und ich hatte das
Glück erfahren zu dürfen, dass meine Schule
mit all ihren Schüler/innen und Dozenten, mit
Frau und Herrn Schlösser hinter mir stehen,
und es sich besonders dann lohnt weiter zu
machen, wenn man am liebsten alles nur
noch hinschmeißen würde. Und das möchte
ich jedem mit auf den Weg geben: Gib
niemals auf, besonders dann nicht, wenn du
es am meisten willst! - Es lohnt sich!
Jetzt
heißt
es
für mich „It´s the
final countdown“. Das letzte der vier
Ausbildungsjahre steht vor mir. Ich weiß
noch nicht, was es alles bringen wird, aber
ich werde mich auch dieser Herausforderung
stellen - mit dem Wissen, dass meine Schule
und alle, die dazu gehören, hinter mir stehen.
Kerstin Zelinka,
4.Ausbildungsjahr Theaterpädagogik
75
Zum Leitbild der TheaterAkademieStuttgart
„Solange der Schauspieler glaubt, er müsse „tun“, solange er den Wunsch hat, sich sehen
zu lassen, sich zu zeigen, solange zeigt er nichts. Er muss zunächst empfangen lernen. Der
Schauspieler ist wie ein Schwamm, der alles empfängt, alles aufnimmt. Ein Schwamm, der
übersetzt, ohne etwas hinzuzufügen, und zwar so, dass er den Dingen eine Form verleiht.“
Ariane Mnouchkine
Lass dich fallen, lerne Schlangen zu beobachten.
Pflanze unmögliche Gärten.
Lade jemanden Gefährlichen zum Tee ein.
Mache kleine Zeichen, die "ja" sagen
und verteile sie überall in deinem Haus.
Werde ein Freund von Freiheit und Unsicherheit.
Freue dich auf Träume.
Weine bei Kinofilmen.
Schaukle so hoch du kannst mit einer Schaukel bei Mondlicht.
Pflege verschiedene Stimmungen.
Verweigere dich, 'verantwortlich zu sein' - tu es aus Liebe!
Glaube an Zauberei, lache eine Menge.
Bade im Mondschein.
Träume wilde, fantasievolle Träume.
Zeichne auf Wände.
Lies jeden Tag.
Stell dir vor, du wärst verzaubert.
Kichere mit Kindern, höre alten Leuten zu.
Spiele mit allem.
Unterhalte das Kind in dir. Du bist unschuldig.
Baue eine Burg aus Decken. Werde nass. Umarme Bäume.
Schreibe Liebesbriefe ...
Josef Beuys
Ich kann mich noch genau daran erinnern, als unser Dozent Peter Rissmann diesen Text
In unserer Facebookgruppe gepostet hat. Ich war erst seit einigen Wochen hier an der
Schule, als ich dies gelesen habe. Dieser Text begleitet mich seither. Schon während meines
Infoworkshops war mir klar, dass ich hier bleiben muss. Noch heute bin ich begeistert von
jedem einzelnen Fach und freue mich das Erlernte in meiner Zukunft zu verwirklichen.
Sylvie Reimer, 4.Ausbildungsjahr Schauspiel
76
Der gemeinsamen Arbeit langen Atem geben
Ein Feuer entzündet sich, lodert auf, wärmt
und erhellt uns. Von Holzscheit zu Holzscheit
springt der Funke. Das Feuer, das seine Energie entfacht, ist mehr als die Summe der
brennenden Holzscheite, mehr als die Nahrung, die es am Leben erhält. War es der
Funke, den ich im Schauspielstudenten entdecke, der auf mich überspringt, oder war es
meine Begeisterung, die das erste Interesse
beim Schüler weckt? Wenn das Feuer einmal knistert, ist es egal, wo der Funke, der
hin- und herspringt, seinen Ursprung genommen hat. Jetzt gilt es, das Feuer am Brennen
zu halten, über Tage, über Wochen, für die
Dauer eines Trimesters oder sogar darüber
hinaus. Da sehe ich mich auch immer wieder gemeinsam mit einem Studenten knien
und vorsichtig auf die letzte Glut, die verglimmen will, pusten. Hauptsache ist, uns geht
die Luft nicht aus. Auch das kann nur beidseitige Sorge sein: Der gemeinsamen Arbeit
den langen Atem zu geben. Dann entsteht
aus dem schlafenden Feuer immer wieder
ein loderndes. Darin erweist sich die kreative Zusammenarbeit zwischen Schülern
und Lehrern: Dass beide dem Feuer nie den
Rücken zukehren und so zulassen, dass es
erlischt, aus Nachlässigkeit,
Desinteresse, Ichbezogenheit. Wenn wir diesen einzelnen kleinen Feuern immer wieder Nahrung geben
während der Unterrichtseinheit in der Schauspielschule
(oder während eines Probenprozesses im Theater),
bilden sie insgesamt die
Glut der Leidenschaft für
den Theaterberuf. Ohne diese Leidenschaft koppeln wir
uns ab von der Möglichkeit
einzugreifen, zu schaffen,
zu erschaffen. Das aber ist
unser künstlerischer Antrieb, unser Wille,
einen Teil der Welt, die uns umgibt, aktiv
(kreativ) mit zu formen. Vom ersten Tag an
der TheaterAkademieStuttgart habe ich diese gemeinsame Verantwortung von Schüler
und Lehrer für den Unterrichtsprozess gespürt. Ich habe versucht, die kreative Chance dieses Prozesses zu stärken, während
meiner vielen Jahre, die ich jetzt Teil des
Lehrerkollegiums an der TheaterAkademie
bin. In diesem Prozess lerne ich als Lehrer
tagtäglich. Der Wandel des Lehrers und der
Wandel des Schülers im gemeinsamen Unterrichtsprozess ist für mich ein spannender
Vorgang. Ein gegenseitiges Geben und Nehmen, dass auf beiden Seiten die Fähigkeit im
Geben vergrößert: Auf der Seite des Lehrers
verfeinern sich die fachlichen und didaktischen Fähigkeiten, auf Schülerseite vollenden sich die handwerklichen und kreativen
Möglichkeiten mehr und mehr.
Peter Rissmann
Schauspieler
Dozent für Grotowski, szenisches Studium & Rollenstudium
77
78
Interview / Anne Katrin Lipps, Pforzheim
Was assoziierst Du mit der
TheaterAkademie?
Was waren Deine lustigsten Momente
an der Akademie?
Eine aufregende Zeit, die ich nie vergessen Jajaja, so einige lustige Momente gab es
im Unterricht. Aber wie sagt man so schön:
werde.
„Was im Unterricht passiert, bleibt im
Warum bist Du an diese Schule
Unterricht!“
gekommen?
Wie hat die TheaterAkademie Euch auf
Weil ich dort die Möglichkeit hatte, zwei
den Arbeitsmarkt vorbereitet?
Ausbildungen parallel zu machen.
Im Bereich Theaterpädagogik konnte
Wann hast Du deinen Abschluss
ich sofort nach meinem Abschluss
gemacht?
mehrere Jobs finden. Im Schauspiel ist
2012 Schauspiel, 2013 Theaterpädagogik. das bekanntermaßen schwieriger. Nach
dem Motto „Mühsam ernährt sich das
Eichhörnchen“ :-)
Was ist/ war Dein Lieblingsfach?
„Szenisches Studium“- In diesem Fach
haben wir als Gruppe erstmals ein ganzes
Theaterstück durchgenommen, bearbeitet
und gespielt.
Was war Dein persönliches Highlight an
der TheaterAkademie?
Da gibt es mehrere Momente. Wenn
ich zwei Highlights erwähnen darf,
dann ist es unser Schauspielabschluss
(ob intern oder öffentlich) und unsere
Griechenlandexkursion.
Worin hast Du letztendlich Deinen
Abschluss gemacht?
Ich bin durch Schauspiel auf die Schule
aufmerksam geworden und habe
einen Abschluss in Schauspiel und
Theaterpädagogik.
Was machst Du heute?
Ich bin selbstständig und arbeite als
Schauspielerin und Theaterpädagogin.
79
Pressestimmen TheaterKompagnieStuttgart
Hamlet
Sein oder Nicht-Sein, das war die Frage
Großartige Aufführung in der Salzachhalle
...gespielt wurde von der TheaterKompagnie
Stuttgart...und dazu gibt es nur eine Aussage:
Einfach großartig...die Bravorufe am Schluss
waren sehr verdient. Dieser Hamlet...
wird wohl allen unvergesslich bleiben.
(Südostbayrische Rundschau)
Eine zerrissene Persönlichkeit
Hamlet beeindruckt im Kulturforum
Die Stille ist mit Händen zu greifen...das
fünfzehnköpfige Ensemble präsentiert sich
auf sehr hohem Niveau und agiert mit einer
spielerischen Begeisterung, die das Publikum
mitreißt, allen voran der junge Paul Elter in
der Hauptrolle. Dieser Hamlet ist eine Wucht!
Wie er sich vom jugendlichen Schwärmer
zum mordgierigen Radikalen... wandelt, lässt
niemanden unberührt. (Lingener Tagespost)
Hamlet, der Pseudo-Held
...Paul Elter, der auch für das Bühnenbild
verantwortlich zeigt, spielt Hamlet mit einer
kraftstrotzenden Jungendlichkeit, ungestüm
und immer wieder aufbrausend...der Fokus
liegt auf den Charakteren mit ihrem intensiven
Spiel und ihrer packenden Präsenz. Der Dank
ist begeisterter Schlussapplaus. (Westfalen
Blatt)
80
Was Ihr Wollt
Was sie alles wollten
Die Theater-Kompagnie-Stuttgart spielte
Shakespeares „Was Ihr Wollt“ und machte
dabei mit Text — und Personalfassung
nahezu, was sie wollte. Dennoch bot die
Theater-Kompagnie auf der Bühne einen
Shakespeare in Reinform und von höchster
schauspielerischer Qualität. Das Stuttgarter
Ensemble unter der brillanten Regie von
Cornelia und Christian Schlösser hat zwar
die Grundhandlung der Vorlage erhalten,
aber erstens den Text neu übersetzt und
zweitens Figuren und Motive aus Hamlet
dem
Geschehen
beigemengt.
Beide
Bearbeitungsweisen sind geglückt. Wortund ideenreich werden Intrigen gesponnen,
so dass die Charaktere in höchste Verwirrung
stürzen. Am komischsten war dabei der
Tölpel Sir Andrew von Bleichenwang, der mit
Golfausrüstung und im Schottenröckchen
über die Bühne stolperte. Am besten war
dabei Malvolio (Bernd Köhler), der mittels
eines fingierten Briefes so böse hereingelegt
wird. Allein die Regieeinfälle um seine Person
waren eine theatralische Augenweide. Dabei
präsentierten die Regisseure eine klassische
Shakespeare Bühne und die ist bekanntlich
beinahe leer. (Augsburger Zeitung)
Was Ihr Wollt
Ein glänzender Auftritt
...die muntere Spielerschar tat einen tiefen
Griff in die Trickkiste des Theaters. Es
wurde geschmachtet und intrigiert, getobt
und geziert, dass es eine Augenweide war.
Ausgezeichnete Sprechtechnik und perfekte
Körpersprache, sparsame aber passende
Kostüme und Requisiten zeichnen die Bühne Mittsommernachtstraum
und bewiesen eindeutig die Ausdrucksstärke
Glück mit Shakespeare
ihrer Darsteller.“ (Rems-Zeitung)
Bemerkenswerte
Aufführung
des
Sommernachtstraum in der Stadthalle
Spiel um Sein und Schein
„Sommernachtstraum“
der
Ein überaus spielfreudiges Ensemble Der
spielte die Bretter in rasantem Tempo, TheaterKompagnieStuttgart am Donnerstag
unter Benutzung einer reichen Symbolik, in der Stadthalle war ohne Zweifel einer der
verstand sich auf lyrische Passagen von lustigsten, sympathischsten und poetischsten
hinreißender Schönheit ebenso wie auf Theaterabende der laufenden Spielzeit....
krachlederne Komik, zelebrierte Weltliteratur Das Publikum folgte animiert und fasziniert.
mit Genuss und flocht dennoch mal einen An diese Aufführung wird man denken.
deftigen Spruch ein...Verbunden sind die Shakespeares Sterne strahlten helle über
verschiedenen Ebenen durch den Narren, der Stiadthalle. (Münstersche Zeitung)
der hier vermittelt, da verspottet wird, dort
triumphiert, und tiefschürfend über den Sinn Shakespeares “Mittsommernachtstraum“
des Lebens grübelt: eine Paraderolle für brachte die Zuschauer zum Lachen
...Die Komödie…präsentierte das Ensemble
Cornelia Elter.... (Wormser Zeitung)
witziger, bunter und temporeicher, als
mancher
Kinofilm…Die
lebensfrohe
Darbietung setzte ein Zeichen und ließ nicht
nur beim furiosen Finale der Handwerker,
bei dem alles köstlich gekonnt schief lief, das
Stadttheaters vom Lachen des Publikums
erbeben. (Nahe Zeitung). Shakespeares
Sommernachtstraum als „Brüller“.
81
Pressestimmen TheaterKompagnieStuttgart
Mittsommernachtstraum
So lassen wir uns die ollen Klassiker
gefallen!
Shakespeares „Sommernachtstraum“ stand
auf dem Spielplan. Inszeniert von der Theater-Kompagnie-Stuttgart, deren aufgekratzte
Akteure ihr Oldenburger Publikum zum Jubeln brachten. 400 Jahre Liebesleid und Koketterie, frisch wie am ersten Tag. Mit unkonventionellen Ideen bürsteten die Stuttgarter
dem Fünfakter allen Staub ab und holten ihn
ins dritte Jahrtausend. Bei der Inszenierung
müssen Cornelia Elter-Schlösser und Christian Schlösser ein zwinkerndes Auge auf
den Schöpfer dieses unverwüstlichen Evergreens gehabt haben. Was ihr Ensemble
nicht alles aus dem Shakespeare-Hit herausholte: Slapsticks, entwaffnenden Nonsens, Jedermann
furiose Hahnenkämpfe und hemmungslosen
Eindrucksvolle Allegorie
Zicken-Alarm...(Lübecker Nachrichten)
Regisseur Schlösser, dessen Inszenierung
in Schopfheim Premiere feierte, widerstand
der Versuchung, diesen Klassiker zu
modernisieren und setzt auf die Sprechkunst
seiner Schauspieler, die zum Teil erfahrene
Profis, zum Teil junge Schauspielschüler der
TheaterAkademieStuttgart sind. Ihre starke
Bühnenpräsenz, ihr packendes Spiel und
souveränes Sprechen ließen diese Allegorie
auch auf einer Saalbühne nachhaltig wirken
– ohne Domkulisse wie in Salzburg. Mit Till
Schneidenbach ist die Titelfigur sehr kraftvoll
besetzt. Selbstbewusst und kraftstrotzend
in Gebärden, Körpersprache und Ausdruck
gibt der Schauspieler den reichen Mann,
der die um Almosen bittenden Armen und
den Schuldknecht kaltherzig abweist...So
eindringlich gespielt, hat diese Allegorie
nichts von ihrer Wirkungskraft verloren, wie
sich am langen Beifall des Publikums zeigte.
(Badische Zeitung)
82
Jedermann
Doppelprojekt Troerinnen/Lysistrate
Wenn Gottvater weiblich ist und Irren
männlich.
Die Premiere war ein Volltreffer.
Das
war
große
Kultur,
was
die
TheaterKompagnieStuttgart da auf der
Sommerbühne da zu bieten hatte.... der
Jedermann wurde zu einem packenden
Schauspiel, das die 400 Zuschauer in
atemlose Spannung versetzte und keinem die
Chance ließ, sich zu entziehen. Verantwortlich
war dafür in erster Linie ein hervorragender
Till Schneidenbach, der die Titelrolle mit
unglaublicher Überzeugung spielte. Nicht
weniger beeindruckend Cornelia Elter, die
nicht nur für die Konzeption des Abends
zuständig war, sondern auch die Rollen
von Gottvater (Wer behauptet, dass Gott
männlich ist?), Jedermanns Mutter und des
verarmten Nachbarn übernommen hatte....
(Trierischer Volksfreund)
Ein beklemmendes Thema zeitlos in
Szene gesetzt
...schauspielerisch hervorragend in Szene
gesetzt, ein junges, leidenschaftliches Team,
angeführt von Cornelia Elter, der Grande
Dame des Ensembles. Sie brillierte mit
ihren Verkörperungen der Hekabe, Königin
von Troja ebenso wie der Lysistrate – zwei
starke Frauenfiguren, die unterschiedlicher
Nichtsein könnten. Und zwei Dramen, die
als archetypische
Theaterstücke noch
immer faszinieren. Eine Inszenierung, die
niemanden kalt gelassen haben dürfte.
(Fränkische Landeszeitung)
Antikes Schauspiel erfrischend neu
Die Griechen im Doppelpack - wer da
bildungsbürgerliches Gähnkrampf-Theater
erwartet hatte, wurde enttäuscht. Die
Doppelvorstellung der Theater-Kompagnie
aus Stuttgart mit den Troerinnen und
Lysistrate
begeisterte
vielmehr
mit
Wenn das Ende naht - was bleibt dann?
erfrischenden Inszenierungen der beiden
TheaterKompagnieStuttgart präsentiert einen antiken Schauspiele. (Allgmeine Zeitung
großartigen Jedermann vor dem Fritzlarer Dom Mainz)
...und so dauert es auch einige lange
Sekunden, bis das Publikum sich in der
Realität wiederfindet und applaudiert.
(Waldeckische Zeitung)
83
Pressestimmen TheaterKompagnieStuttgart
Troerinnen
Nach dem Krieg
„Die Troerinnen“ im Stadttheater Herford
Bewegend sensibel erzählt und dadurch
besonders erschütternd, vielschichtig und
stimmig inszeniert präsentierte TheaterKompagnie-Stuttgart. Theater, das vor
allem durch das Vertrauen der Regie und
Schauspieler auf die Kraft der Worte ihres
Stückes, Verzicht auf unnötigen Aktionismus
und Effekthascherei bei dennoch effektvollen
lnszenierungs-Details, wie im Bühnenbau,
Ton-Gestaltung und Kostüme, tief berührte:
Beeindruckend gelungen. Ein TheaterErlebnis von herausragender Intensität.
(Neue Westfälische)
Troerinnen
84
Tragödie geht unter die Haut
Die Bearbeitung von Walter Jens bot
den Zuschauern einen eindrucksvollen
Theaterabend,
der
durch
eine
schlüssige Inszenierung und großartige
Schauspielerinnen - allen voran Cornelia
Elter – imponierte. (Lindauer Zeitung)
Eurpides` Troerinnen im Pfalzbau
...Die auf hundert Minuten geraffte,
spannungsreich
die
psychologische
Verfassung der
Akteurinnen auslotende, beklemmende, aber
auch anrührende Inszenierung beginnt in
der Stille nach dem Kriegsgetümmel... eine
heftig beklatschte Vorstellung. (Mannheimer
Morgen)
Lysistrate
umgesetztes Konzept zugrunde, wobei
Christian Schlösser über ein ausgezeichnetes,
Strapse als Waffe oder die Macht des komödiantisch brillantes Ensemble verfügt.
Beischlafboykott
Diese „Lysistrate“ ist ein wirklicher Genuss.
Theater Kompanie Stuttgart gastiert in der (Mindener Tagblatt)
Stadthalle mit fleischlich-greller »Lysistrate«
...Der Applaus für die Theater Kompanie
Stuttgart am Samstag in der Stadthalle
hielt an. Aristophanes Komödie unterhielt
mit Kopfnote. Großartige Darsteller um die
beeindruckende Cornelia Elter (Lysistrate)
zeigten junges Theater- fleischlich, lustig,
lebendig, verflogen 75 Minuten am Stück.
(Schwarzwälder Bote)
Derb-frivole Lysistrate bietet wirklich
Genuss
...Dem bunten Lustspiel liegt ein gut
85
Vom Aufblühen und Früchte Tragen
Immer hin und wieder
Strebt der Blütenzweig im Winde
Immer auf und nieder
Strebt mein Herz gleich einem Kinde
zwischen hellen, dunklen Tagen,
zwischen Wollen und Entsagen.
Hermann Hesse
Der Wind fegt durch die Gänge der Schule;
laute Stimmen erproben sich; es wird
geschrien, geheult, getanzt - auf der Suche
nach dem Schlüssel zum authentischen
Bühnenspiel und dem heilenden, magischen
Moment der ästhetischen Begegnung - mit
der Rolle, sich selbst, dem Gegenüber.
Nicht wenige sind in diesen Gängen
aufgeblüht, haben ihren eigenen Zugang zu
ihrer Kreativität und Ausdruckskraft gefunden.
Haben sich den Stürmen, die eine solche
Ausbildung mit sich bringt, ausgesetzt und
sich immer wieder der Begegnung mit sich
selbst gestellt. Nicht nur Ihre Kunstfertigkeit
und Ideenkraft durfte wachsen, auch ihre
Persönlichkeit.
alle Ausgaben ausschließlich von den
Schulgebühren bestreiten, würden diese so
hoch, dass nur junge Menschen, die das
Glück haben in eine wirtschaftlich bevorzugte
Gesellschaftsschicht
hineingeboren
zu
werden, an der TheaterAkademie studieren
können. Das ist etwas, was sich mit dem
inneren Anliegen der Schule nicht verbinden
lässt. Die TheaterAkademie erwirtschaftet
keinen Gewinn, sie ist eine gemeinnützige
Bildungseinrichtung und deshalb auf
Spenden angewiesen. Die Förderer unseres
Trägervereins sind die Wurzeln, die es
ermöglichen, dass unser Baum Früchte
tragen kann. Dies wird auch in Zukunft
notwendig sein.
Wollen Sie ein Teil dieses Wurzelwerks
sein, damit unser Akademiebaum stark und
fruchtbar bleibt? Dazu haben Sie folgende
Möglichkeiten
a) Werden Sie Fördermitglied in unserem
gemeinnützigen Verein „Förderforum Puck
e.V.“: unterstützen Sie uns mit regelmäßigen
monatlichen Beträgen (ab 5,-€ / 10,-€ /15,€). So wie der Baum regelmäßig Wasser
Zwischen hellen und dunklen Tagen, und Sonne braucht, so sind es diese
zwischen Wollen und Entsagen spielt sich regelmäßigen Beiträge, die uns nähren und
die fortschreitende Entwicklung der Schule am Leben erhalten
ab. Auch wenn das Ziel oft klar vor Augen
steht und die Kunst einem scheinbar Flügel b) Unterstützen Sie uns mit einer einmaligen
verleiht, so bleibt am Ende des Tages doch Spende: hier und da ein unerwarteter
die Frage, mit welchem Geld die Löcher im Dünger, der neue Nährstoffe bringt, so wirken
Parkett geflickt werden; wer die Reparatur einmalige Spenden. Plötzlich kann etwas
der Deckenlampen übernehmen kann und Neues aufblühen, lang Geplantes endlich
wie eine zusätzliche Finanzierung für die verwirklicht und neue Kraft getankt werden.
Miete der Räumlichkeiten aufgestellt werden
könnte.
c) Unterstützen Sie den Stipendienfond des
Förderforum Puck e.V.: mit einer monatlichen
Jede einzelne Blüte braucht einen Baum, zweckgebundenen Spende und übernehmen
der sie trägt und der Baum braucht starkes damit eine Patenschaft für einen unserer
Wurzelwerk das ihn ernährt. Müssten wir Studenten.
86
Was ist ein Baum ohne seine Früchte, was
ohne seine Blüten? Unsere SchülerInnen
sind die Früchte unserer Arbeit. Entscheiden
Sie sich dazu, einen bestimmten Schüler, eine
bestimmte Schülerin zu fördern, und nehmen
Sie an deren Lern- und Entwicklungsprozess
teil.
d) Theater für mehr Integration: die
TheaterAkademieStuttgart möchte jungen
Flüchtlingen
eine
Lebensperspektive
bieten, und so einen Beitrag zu der großen
Herausforderung zu leisten, der sich unsere
Gesellschaft gegenüber sieht. Der Gedanke
dabei ist, dass die Studenten schon
während, aber vor allem nach Beendigung
ihres Studiums, Integrationsarbeit mit
Ihren Landsleuten leisten können, da
sie über den selben Erlebnishintergrund
verfügen. Der Abschluss einer qualifizierten
Ausbildung gibt diesen jungen Menschen
eine sinnvolle Zukunftsperspektive, die über
das Einzelschicksal hinaus auch größere
Auswirkungen haben könnte. Darum möchten
wir jährlich zwei bis vier spendenfinanzierte
Ausbildungsplätze anbieten, für die wir Sie
herzlich um Ihre Unterstützung bitten.
20 Jahre sind eine lange Zeit. Lang genug,
so dass aus Blüten Früchte werden und
diese sich wieder neu aussamen können. Die
Gewissheit bleibt, dass 20 Jahre zwar eine
lange Zeit sind, aber kein Grund aufzuhören.
Je mehr Menschen sich an dem Gedeihen
der Schule beteiligen, desto kraftvoller wird
der Baumstamm und desto schöner die
Krone Es gibt noch viele neue Bereiche zu
erforschen.
Die TheaterAkademieStuttgart hätte nicht
gegründet werden können ohne die vielen
kleinen und großen Sponsoren, die diese
Arbeit erst ermöglichen. Ein herzliches
Dankeschön an alle, die bis heute das
Wurzelwerk bilden dass unsere Schule trägt.
Cornelia Elter-Schlösser & Christian Schlösser
TheaterAkademieStuttgart
87
88
Wir
danken allen
Freunden & Spendern der
TheaterAkademieStuttgart für
ihre Unterstützung, insbesondere:
Andrea Döringer-Brugger
Jaqueline Kaess Farquet
Waltraud Linsenmaier
Siegfried Knapp
Miriam Kipp
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90
Grußwort
Am 3. Oktober 2015 feiert die
TheaterAkademieStuttgart ihr 20-jähriges
Bestehen. Hierzu gratuliere ich sehr
herzlich und wünsche der Privatschule für
Theaterberufe weiterhin viel Erfolg und eine
gute Zeit.
Gegründet wurde die Akademie im Jahr
1995 von Cornelia Elter-Schlösser und
Christan Schlösser, die hiermit ihre
Idee verwirklichten, eine professionelle
Schauspielausbildung auf privatrechtlicher
Grundlage in Stuttgart zu etablieren. Dieses
ist ihnen auf anerkennenswerte Weise
bestens gelungen.
Dass neben der Schauspielausbildung
auch die Fachbereiche Theater- und
Sprechpädagogik eine tragende Rolle
spielen ist umso bedeutender, da viele
Theaterpädagogik-Projekte in Kooperation
mit Stuttgarter Schulen verwirklicht
werden. So wird für die Auszubildenden schon früh der Praxisbezug hergestellt und für
die Absolventen erste reale Berufserfahrungen gewährleistet. Darüber hinaus wird das
Prinzip, so früh wie möglich praktische Berufserfahrung zu sammeln, auch auf den Bereich
Schauspiel angewandt. So erhalten die Schauspielabsolventen schon in der Ausbildung
früh die Möglichkeit, sich unter realen Verhältnissen auf der Bühne zu bewähren. Viele
Theaterstücke, die an der Akademie unter professionellen Bedingungen erarbeitet werden,
sind Teil des Gastspielangebots, das weit über Stuttgart hinaus präsent ist.
Dieses Alleinstellungsmerkmal – drei Ausbildungsgänge zu kombinieren und den
Berufsanfängern eine weitreichende Berufsqualifikation zu gewährleisten – ist der Garant
für den außerordentlichen Erfolg der TheaterAkademieStuttgart.
Ich hoffe, dass sich der verdiente Erfolg fortsetzt und wünsche der
TheaterAkademieStuttgart, allen ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, seinen
Absolventen und Gründern eine gute Zukunft.
Fritz Kuhn
Landeshauptstadt Stuttgart
Der Oberbürgermeister
1
Inhaltsverzeichnis
1
Grußworte: Oberbürgermeister
Fritz Kuhn
4
20 Jahre TheaterAkademieStuttgart
Cornelia & Christian Schlösser
8
Auszüge aus Dichtung und Musik
Ingeborg Bachmann
9
Warum
Cornelia Elter-Schlösser
9
Ein Wort
Gottfried Benn
10
Interview
Leila Allen
12
Interview
Christoph Cordes
13
Offener Brief
Hannah Heckhausen
14
Grußworte
Prof.Dr.F.Müller / Tobias Ballnuss
15
Das Schicksal, die Akademie und ich
Nupelda Ciftci
16
Auszug aus „Evokation Shakespeare“
Peter Brook
16
Geschichten erzählen
Michael Zirpel
17
Interview
Ana Norambuena
20
Einmal von Stuttgart nach Graz und zurück
Marlies Besthorn
22
Interview
Katrin Röhlig, Stuttgart
23
Ein Traum wird wahr
Sylvie Reimer
24
Das Jahr danach
Markus Michalik
28
Erinnerungen
Katrin Röhlig
29
Interview
David Bernecker
32
„Muss nur noch kurz die Welt retten“
Bernd Köhler
34
Interview
Michèle Grandjean
36
Wissen erleben
Sebastian Hübl
37
„Ich knall Euch ab!“
Christopher Wittkopp
38
Interview
Marius Ionescu
40
Nicht immer „Ziemlich beste Freunde“
Paul Schlösser
42
Als ich den 1. Clown im Hamlet spielte
Gerhard Polacek
46
Joachim Daniel
Cornelia Elter-Schlösser
2
46
Auszüge aus „Ein Gott erscheint“
Joachim Daniel
52
Auf der Reise
Wolfgang Held
54
Tragödie und Mysterium
Jidu Pasqualini
56
Meinem Traum ein Stückchen näher,
Nici Bunge
57
Interview
Sylvia Benz
58
Auf der Suche
Constanze Feulner
59
Scheitern lernen
Karolina Cisek
60
Interview
Tobias Wagenblaß
61
Vom Puck und anderen Lebensgeistern,
Nicola Brisch
62
Auszüge aus „Hätte wir das Wort (...)“
Werner Wintersteiner
62
Kindliche Sprachentwicklung,
Christina Pfeiffer
64
Über die Kunst, Kind und Kultur (...)
Ingmar Volkmann
66
Wer wenn nicht Werner?
Nicola Schönberger
68
Ganz Mensch
Volker Schubert
72
Warum Theaterpädagogik?
Deborah Meuth
73
Eine wegweisende Begegnung
Annemieke Döring
74
“It ́s the final countdown” ,
Kerstin Zelinka
76
Auszug aus „Das Theatre Du Soleil“
Ariane Mnouchkine
76
Gedicht
Josef Beuys
77
Zusammenarbeit
Peter Rissmann
79
Interview
Anne Katrin Lipps
80
Pressestimmen TheaterKompagnieStuttgart
86
Vom Aufblühen und Früchtetragen,
Cornelia & Christian
Schlösser
88
Curriculum der TheaterAkademieStuttgart
3
Liebe Freunde,
Liebe Förderer,
Liebe Leser,
20 Jahre TheaterAkademieStuttgart
Eine lange, aufregende, inspirierende und
reiche Zeit liegt hinter uns. Viele Menschen
haben die Akademie entweder als Schüler
oder lehrend durchlaufen. Nach 20 Jahren
halten wir inne, schauen zurück und haben
den Eindruck, dass dieses Jubiläum der
Höhepunkt einer Entwicklung ist, die unter
einem gewissen Gesichtspunkt aber auch
zu einem Abschluss kommt und nun etwas
Neues beginnt. Rückblickend sind wir
sehr dankbar, dass es für die vielfältigen
Herausforderungen,
die
ein
solches
Unternehmen wie die Gründung einer DreiSpartenausbildung mit sich bringt, so viel
Unterstützung und Hilfen gab, und wir die
Aufgaben dadurch auch bewältigen konnten.
Entstanden ist die TheaterAkademie
Stuttgart aus dem Wunsch von 12 jungen
Menschen aus aller Welt, die Sprecher
werden wollten, die mit der Sprache sowohl
theaterpädagogisch tätig, als auch den
Beruf des Schauspielers ergreifen wollten.
Solch eine Schule gab es 1994 noch nicht.
Fast alle waren Seminaristen des Freien
Jugendseminars Stuttgart. Sie suchten
eine Ausbildung, die das gleiche Anliegen
hatte wie dieses berufsorientierende
Studienjahr. Eine Ausbildung, die neben
der fachlichen Kompetenz auch die
Persönlichkeitsentwicklung
fördert
und
einen selbstbestimmten Weg ins Leben und
in die Arbeitswelt öffnet. Sie suchten eine
Ausbildung, die nicht gleichschaltet, sondern
das individuelle Potenzial zu heben versucht,
echten Selbstwert vermittelt und menschliche
Perspektiven aufzeigt. Wir entwickelten also
ein Curriculum, das in diesem Sinne arbeiten
sollte, auch wenn es realistisch betrachtet
völlig unsinnig war eine neue Ausbildung
4
beginnen zu wollen, da doch gerade ein
„Schulsterben“ begonnen hatte (alleine in
Stuttgart schlossen innerhalb von drei Jahren
vier private Ausbildungsinstitute). Unsere
Idee, Kunst und Pädagogik innerhalb einer
Ausbildung verbinden zu wollen, schien aber
Menschen zu begeistern und wir erfuhren
von verschiedensten Seiten Zuspruch. Also
suchten wir zunächst Sponsoren, hörten
aber immer wieder die gleiche Antwort: eine
wunderbare Idee, aber wer sitzt finanziell mit
im Boot? Nach vielen vergeblichen Anläufen
war die Leiterin einer heilpädagogischen
Einrichtung überzeugt und gab die erste
größere Spende, und siehe da, jetzt kamen
weitere hinzu und plötzlich - mussten wir
beginnen.
Aber wo? Es boten sich die Räume
der Novalisbühne im Stuttgarter Osten
an, denn diese, mit der dazugehörigen
Schauspielschule, schloss gerade ihre
Tore. Uns schwebte eine Kombination aus
Theaterschule und Gastronomie vor (im
Keller gibt es auch heute noch wunderbare
Gewölbe, die eine fantastische Location hätte
werden können). Als wir allerdings den Preis
für die Räume erfuhren waren wir ernüchtert
- die Jahresmiete betrug das Doppelte des
von uns für die gesamte zukünftige Schule
kalkulierten Haushaltes. Wir suchten also
nochmals nach Unterstützung und fanden
Sie durch die Vermittlung von Herrn
Harms, der damals das Theaterressort der
Stuttgarter Nachrichten leitete: Er stellte
den Kontakt her zu Dr. Volker Lubinski, den
Berater des damaligen Oberbürgermeisters
Dr. Schuster. Der zeigte sich interessiert und
brachte in kürzester Zeit eine Runde von
sieben Menschen zusammen, die für eine
eventuelle Nutzung in Frage kamen - unter
Ihnen Irene Lung, die für die Neue Arbeit
Räume suchte. Sie war von unserer Idee
begeistert, hatte durch ihren Arbeitgeber
auch die Mittel, und legte den Grundstein zum
dem, was heute das Kulturwerk Naost ist, mit
dem uns noch heute eine freundschaftliche
Zusammenarbeit verbindet. So konnten wir
für einige Jahre die Räume der ehemaligen
gik am häufigsten gewählt wurde. Dass die
Schule in möglichst vielen Bereichen fachpraktisch ausgerichtet sein sollte stand nie in
Frage. Angeregt durch den Erfolg von zwei
Schauspielprojekten des Gründerkurses,
eine Bearbeitung des Märchens „Das kalte
Herz“ nach Wilhelm Hauff (Vorstellungen im
Forumtheater Stuttgart), und „Ein Sommernachtstraum“ von William Shakespeare (Vorstellungen im Kulturwerk Naost) gründeten
wir 1998 die TheaterKompagnieStuttgart mit
der Idee, Dozenten und Schauspielschüler
in einer gemeinsamen Produktion von einander lernen zu lassen - eben Pu©K, Pädagogik und Kunst. Heute gastiert das Ensemble
im gesamten deutschsprachigen Raum als
„TheaterKompagnieStuttgart“ an Stadttheatern und trägt durch ihre Einnahmen dazu
bei, den Haushalt der Ausbildung zu konsolidieren und das strukturelle Defizit der
TheaterAkademie zu mindern. Einige Jahre
später, und um viele Erfahrung reicher, wurde deutlich, dass wir unseren Namen nicht
halten konnten: PU©K, das klang nach Kindertheater, nicht aber nach einer vierjährigen
Schauspiel - Sprechen/Sprechpädagogik - ernsthaften Ausbildung. Und so war es der
Theaterpädagogik.
Name „Puckis“, den Außenstehende für unNovalisbühne
als
Untermieter
des
Kulturwerks nutzen. Doch die Schule blieb in
Bewegung, auch räumlich, denn die Schule
zog mehrere Male auf dem Kübler-Areal um
und hat sich immer mehr erweitert. Inhaltlich
hat es mit einem Allroundstudium Sprechen/
Sprechpädagogik/ Schauspiel begonnen.
Erklärtes Ziel war (und ist) es, Pädagogik und
Kunst in ihrer Wechselwirkung zu studieren:
Kunst soll von der Pädagogik lernen und
Pädagogik von der Kunst. Darum stand
eben am Anfang Pu©K (Pädagogik und
Kunst) Stuttgarter Schule für Sprache und
Drama. Doch bald schon stellte sich heraus,
dass die Schüler sehr unterschiedliche
Bedürfnisse und Ziele hatten. Damals war die
Theaterpädagogik weitgehend unbekannt
und gerade erst „entdeckt“ worden. Auch wir
stellten fest, dass ein Student, der Schauspiel
studiert, ganz anderes Material benötigt
als jemand, der mit Theater und Sprache
pädagogisch tätig werden will. Wir trennten
darum also den einen Ausbildungsgang in
die drei Ausbildungsgänge/Fachbereiche:
Da sich die Theaterpädagogik noch in den
Kinderschuhen befand, war das Studium an
der „ Pu©K“ eine der ersten grundständigen
Ausbildungen bundesweit. Nun konnten sich
jedoch viele unserer Schüler nicht recht entscheiden und waren an mehreren Studiengängen interessiert. Zugleich wurde uns aus
der Wahrnehmung des Arbeitsmarktes klar,
dass sich die Chancen unserer Absolventen
als Berufseinsteiger mit einer „Doppelqualifikation“ erheblich verbessern würden, was
sich in den Folgejahren bewahrheitet hat.
So entwickelten wir das „Doppelstudium“, in
dem durch ein zusätzliches fünftes Ausbildungsjahr der Abschluss in zwei Fachbereichen möglich wurde (einige wenige Schüler
hatten und haben einen besonders langen
Atem und studier(t)en alle drei Ausbildungsgänge). Diese Studienmöglichkeit war bis
vor einem Jahr weltweit einmalig, wobei die
Kombination Schauspiel/ Theaterpädago-
5
sere Studenten kreiert hatten und der uns
endgültig davon überzeugte, die Namensgebung zu überdenken und zu unserem heutigen Namen führte: TheaterAkademieStuttgart. Dieser Vorgehensweise sind wir treu
geblieben und nie wurden Inhalte und Strukturen dieser Schule auf dem Reisbrett geplant, sondern immer aus der Wahrnehmung
unserer Studenten und der Zeitfragen die jeweils notwendigen Neuerungen gesucht.
Vieles hat sich seit der Gründung 1995
verändert: die BaföG-Berechtigung für die
Studenten, die staatliche Anerkennung der
Abschlüsse aller drei Ausbildungsgänge
und die Erweiterung des Curriculums durch
die Hinzunahme neuer Fächer oder ganzer
Fachbereiche. Für die Sprachgestaltung
haben wir eine
Differenzierung des
Ausbildungsganges nach pädagogischen
und künstlerischen Arbeitsschwerpunkten,
entwickelt. In der Sprechpädagogik soll
besonders auf die Sprachförderung im
Vorschulalter vorbereitet werden.
Im
gleichen Sinne haben wir den künstlerischen
Teil im Sprachstudium konkretisiert. Zur
Abschlussprüfung gehört
nun eine
„Sprachperformance“.
Aufgabe ist es
Dichtung mit Hilfe von Tanz und Musik
oder szenischen Mitteln in den Kontext
eines freigewählten Themas zu stellen.
Die Stundenpläne wurden weitgehend
individualisiert
und
wir
haben
im
Schauspielzweig begonnen eine Filmklasse
aufzubauen. Weitere Änderungen betreffen
unsere Zusammenarbeit mit verwandten
Institutionen. Die Akademie wurde als
Vollmitglied in den BuT (Bundesverband
Theaterpädagogik)
und in den VDPS
(Verband
deutschsprachiger
privater
Schauspielschulen)
aufgenommen, es
gibt eine Zusammenarbeit mit der Inthega
(Interessenverband
deutschsprachiger
Theater), oder die regelmäßige und
vertrauensvolle Zusammenarbeit mit der
ZAV Künstlervermittlung Stuttgart.
Waren Schüler und Dozenten zu Beginn
der Arbeit eine große Familie, musste das
6
enge persönliche Verhältnis zurücktreten, je
mehr die Schule wuchs. Trotzdem bleibt es
unser Anliegen eine Ausbildung anzubieten,
die auf die individuellen Bedürfnisse und
Möglichkeiten eines jeden unserer Studenten
eingeht, und die persönliche Nähe und
Verbundenheit als Grundlage gegenseitigen
Vertrauens im Unterricht zulässt.
Und der Blick in die Zukunft? Die Akademie
wird sich, wie sie es seit 20 Jahren tut,
weiterhin verändern und neue Wege suchen.
Der Generationenwechsel hat schon
begonnen. Unsere langjährigen verdienten
Mitarbeiter Bernd Köhler (Theaterpädagogik)
und Prof. Dr. Felix Müller (Schauspiel) sind im
Ruhestand, und in wenigen Jahren wird es
auch für uns beide Zeit, den Platz an jüngere
Kräfte zu übergeben. Daher haben auch wir
einen Wunsch für „unsere“ TheaterAkademie
und die Menschen, die mit ihr verbunden
sind:
In guten Zeiten die Freiräume für
die Weiterentwicklung der Lehr- und
Forschungsinhalte zu nutzen, immer weiter
zu suchen, selbstkritisch und nie zufrieden
mit dem Erreichten zu sein. Und in schlechten
Zeiten? - auf die Zähne zu beißen, sich von
Widerständen nicht beirren zu lassen und
- dasselbe tun, wie in den guten Zeiten...
„Nimm Deine Maske ab“ war das Motto, das
wir vor 20 Jahren dieser Schule auf den Weg
gegeben haben. Es ist nach wie vor unser
Leitstern. Denn etwas bewirken kann man
dann, wenn man bei sich selbst angekommen
ist. Wenn man authentisch ist.
Cornelia Elter-Schlösser, Christian Schlösser
Gründung und Leitung der TheaterAkademieStuttgart
und der TheaterKompagnieStuttgart
7
Es gibt ein Wort von Hölderlin, das heißt, dass der Geist sich nur
rhythmisch ausdrücken könne. Musik und Dichtung haben nämlich
eine Gangart des Geistes. Sie haben Rhythmus, in dem ersten
gestaltgebenden Sinn. Darum vermögen sie einander zu erkennen...
Wie ein Stigma haftet darum Musik den Dichtungen, zu denen
sie Liebe hat an, denen von brecht, Garcia Lorca,...Trakl...und
den älteren von Baudelaire, Whitmann und Hölderlin...Denn wie
die neuen Wahrheiten können die alten von der Musik geweckt,
bestätigt und nach vorn gerissen werden; und jede Sprache, die
diese Wahrheiten ausspricht-die deutsche, die italienische, die
französische, jede!- , kann durch Musik ihrer Teilhabe an einer
universalen Sprache wieder versichert werden...
Es ist Zeit wieder ein Einsehen zu haben mit der Stimme des
Menschen, dieser Stimme eines gefesselten Geschöpfs, das nicht
ganz zu sagen fähig ist, was es leidet, nicht ganz zu singen, was es
an Höhen und Tiefen auszumessen gibt. Da ist nur dieses Organ
ohne letzte Präzision, ohne letzte Vertrauenswürdigkeit, mit seinem
kleinen Volumen, der Schwelle oben und unten – weit entfernt
davon, ein Gerät zu sein, ein sicheres Instrument, ein gelungener
Apparat. Aber etwas Unbenommenes von Jugend ist darin oder
die Scheuer des Alters, Wärme und Kälte, Süße und Härte, jeder
Vorzug des Lebendigen... Es ist Zeit dieser Stimme wieder Achtung
zu erweisen, ihr unsere Worte, unsere Töne zu übertragen...
Auf diesem dunklen Stern, den wir bewohnen, am Verstummen,
im Zurückweichen von zunehmendem Wahnsinn, beim Räumen
von Herzländern, vor dem Abgang aus Gedanken und beim
Verabschieden so vieler Gefühle, wem würde da- wenn sie einmal
erklingt, wenn sie für ihn erklingt! – nicht plötzlich inne, was das ist:
Eine menschliche Stimme.
Ingeborg Bachmann
aus Frankfurter Vorlesungen –„Musik und Dichtung“
8
Warum
„Warum noch eine private Ausbildung eröffnen und dafür so viele Risiken eingehen?“
Das haben wir uns gefragt, als 9 Studenten des Freien Jugendseminars uns baten,
doch eine Schule für Sprache und Schauspiel zu gründen.- Die Antwort ist: Weil uns die
Ausbildung von Stimme und Sprache legen wollten: Sprache in Ihrer Vielschichtigkeit,
Sprache auch in Ihrer Verbindung zur Musik. Denn Sprache ist viel mehr als wir im
alltäglich Umgang von ihr wahrnehmen und benutzen, sie geht weit über den bloßen
Begriff hinaus. Sprache hat Rhythmus, und die menschliche Stimme hat Klang.
Ich beginne meine erste Stunde Sprachunterricht immer mit einer Frage:
„Kennt Ihr das? Ich möchte einem anderen Menschen etwas mitteilen, das Bedeutung
für mich hat. Ich weiß genau wie ich es sagen möchte, ich höre den Klang in mir, ich
höre die Worte in mir, ich höre das Gefühl, das sich mit dieser Aussage in mir verbindet.
Ich spreche es aus. Und was passiert? – Es klingt fremd, es trennt sich auf eine kalte
Weise von meinem Inneren, ich erkenne es selbst nicht mehr wieder: was ich innen
gehört habe, ist verschwunden. Der Zuhörer versteht mich nicht, bekommt nur den
äußeren Begriff vermittelt, ja manchmal noch schlimmer: Er versteht mich falsch und
Missverständnisse entstehen. Ich habe noch keinen der vielen SchülerInnen, die ich
unterrichtet habe erlebt, der diese Erfahrung nicht kennt. Es ist aber ein tiefes Bedürfnis
aller Menschen, sich über die begriffliche Ebene hinaus mitzuteilen. Daran arbeiten wir
in den ersten Jahren unserer Ausbildung.
Die Ausbildung zum Sprecher bedeutet für uns: die Stimme an den Körper anbinden,
Blockaden, die nicht nur im Körper sichtbar, sondern auch in der Stimme hörbar werden,
aufzulösen, das eigene Zentrum kennenlernen. Hören zu lernen.
...und darum haben wir diese Schule gegründet, weil die Welt immer sprachloser
und dadurch gefühlskälter und ärmer wird. Wir wollten einen Beitrag leisten, dieser
Entwicklung etwas entgegenzusetzen.
Cornelia Elter-Schlösser
Ein Wort
Ein Wort, ein Satz -: aus Chiffren steigen
erkanntes Leben, jäher Sinn,
die Sonne steht, die Sphären schweigen,
und alles ballt sich zu ihm hin.
Ein Wort - ein Glanz, ein Flug, ein Feuer,
ein Flammenwurf, ein Sternenstrich und wieder Dunkel, ungeheuer,
im leeren Raum um Welt und Ich.
Gottfried Benn
9
Interview / Leila Allen, San Francisco
Warum bist Du an die Schule
gekommen?
Schon als Kleinkind habe ich die
Schauspielerei geliebt. Ich wollte gerne
an der Universität studieren, jedoch nach
einem Semester war mir klar, dass die Art
der Kunst und der Umgang der Menschen
miteinander, mir nicht gefielen.
Dann habe ich Sprachgestaltung im
Jugendseminar mit Cornelia ElterSchlösser und Arno Schostock begonnen.
In diesem Jahr hatten Cornelia und
Christian sich entschlossen die Akademie
zu gründen. Ihre Art von Theater und
Sprachgestaltung hat mich sehr interessiert
und motiviert dort zu bleiben.
Was ist/war Dein Lieblingsfach?
Eigentlich hatte ich zwei: Sprachgestaltung
bei Cornelia und Dramaturgie.
Im Sprachunterricht habe ich nicht nur
Atmen, Silbenschritte und Bewegung
gelernt, sondern ich habe von Cornelia das
Sehen und das Hören neu erlernt. Diese
erlernte Fähigkeit, einen Menschen wirklich
zu sehen und seine Stimme wirklich zu
hören, nutze ich heute in meiner täglichen
Arbeit.
Ich durfte Dramaturgie zweimal bei
Cornelia und bei Christian erleben. Beide
Stücke waren von Shakespeare. Sie
haben monatelang ein Stück ganz genau
erforscht. Als es uns dann vorgestellt
wurde, war es, wie ein magisches
Geschenk auszupacken. Sie haben
Themen und Verbindungen entdeckt und
die Charaktere tief verstanden.
Was war Dein persönliches Highlight an
der TheaterAkademie?
Im 4.Jahr habe ich an einer Inszenierung
über die Apokalypse teilgenommen.
10
Wir haben Sprechchöre mit Musik,
Einzelsprechern und Szenen miteinander
kombiniert.
Was machst Du heute?
Seit meinem Abschluss arbeite ich
als Dramalehrerin und Consultant
an Waldorfschulen, hauptsächlich in
Kalifornien, USA. 1999-2010 habe ich
vorwiegend mit Oberstufenschülern
Klassenspiele inszeniert.
2001/2002 habe ich eine Fortbildung in
Therapeutischer Sprachgestaltung auf
anthroposophischer Grundlage bei Dietrich
von Bonin besucht. Zeitweise hatte ich eine
eigene Praxis für Kinder und Erwachsene.
Ich bin Mutter von zwei Kindern und
arbeite an der Waldorfschule in Santa
Rosa, USA. Meine Arbeit umfasst unter
anderem Sprachtherapie mit Kindern und
Lehrer bei Sprach- und Klassenspielen zu
unterstützen, Einzelarbeit mit Lehrern im
Bereich Stimme und Gedicht, sowie in der
Oberstufe Improvisation zu unterrichten.
Gründungskurs: Das Kalte Herz von Wilhelm Hauff
11
Interview / Christoph Cordes L`Aubier, Schweiz
Was assoziierst Du mit der
TheaterAkademie?
Worin hast Du letztendlich deinen
Abschluss gemacht?
Vier reiche, lebendige Jahre meines
Lebens, in denen sich viel geändert, vertieft
hat, ich vieles Wichtiges für mein Leben
und das was ich heute mache gelernt
habe, in denen ich wichtige Menschen
kennengelernt habe.
Sprachgestaltung
Warum bist Du an diese Schule
gekommen?
Ich wollte Sprachgestaltung studieren
und der existenzielle Ansatz, der mir
entgegenkam hat mir sehr gefallen.
Wann hast Du Deinen Abschluss
gemacht?
Was machst Du heute?
Ich leite zusammen mit Michèle ein Hotel
und Restaurant in der französischen
Schweiz, die Teil eines größeren kulturellen
Impulses sind. Hin und wieder inszenieren
wir Zeremonien.
Was waren Deine lustigsten Momente
an der Akademie?
Lustig? Es war intensiv, reich, Arbeit.
Witzige Momente gab es auch, sie sind
aber nicht das, was bleibt. Vielleicht die
Abende in der WG
2000
Was ist/ war Dein Lieblingsfach?
Sprachgestaltung. Ich wollte es studieren,
ich liebte und liebe Gedichte, die
Sprache(n), ihre Laute, was sich in ihnen
ausdrückt, den Sinn verstärkend und über
ihn hinausgehend oder ihm scheinbar
entgegenlaufend!
Was war Dein persönliches Highlight an
der TheaterAkademie?
Die Hamletinszenierung und die Arbeit
an der Rolle des Horatio. Theater in
diesem Fall aber eher „malgré moi“! Ich
habe Michèle (la femme de ma vie),
kennengelernt!
12
Wie hat die TheaterAkademie Euch auf
den Arbeitsmarkt vorbereitet?
Ich bin in einem Bereich tätig der direkt nur
sehr wenig mit Sprache und Theater zu tun
hat, aber die Werkzeuge der Sprache, das
Arbeiten mit Menschen, mit Gruppen von
Menschen ist auch in unserem Beruf sehr
wichtig. Hier habe ich viel an der Pu©k, wie
die TheaterAkademie damals noch hieß,
gelernt und bin dankbar dafür.
vermittelt, wie ich die verschiedenen Laute
in ihrer Qualität, ihrer Konsistenz und ihrer
Bewegung erleben kann. In der Ausbildung
bei Euch entdeckte ich Sprache als sinnlich
und bewegt, räumlich, plastisch: ich kann
mich in ein M hineinschmiegen, ein L
wie Honig schlecken, tausend mal P wie
Luftbläschen zerplatzen lassen. Herrlich!
Mit diesem „Verständnis“ von Sprache kann
ich als Lehrende oft eine Freude am Sprechen
anzetteln, die weit über ein phonetisch
funktionales Üben hinausgeht. Das ist
auch besonders für Menschen wertvoll, die
gerade deutsch lernen. Sie sagen dann
manchmal „das schmeckt lecker“ oder „ich
Wien, der 09.09.2015
fange an die Sprache zu lieben“. Im gleichen
Sinne ist es eine wirksame Arbeit, mit einer
Liebe Cornelia, lieber Christian
Führungsperson zu üben, wie sie mit einem
Ziemlich genau sieben Jahre sind vergangen, T wirklich trifft. Es passiert Entwicklung durch
seit ich bei Euch die Ausbildung mit dem sinnliche und ganzkörperliche Erfahrungen.
großen Sprachabschluss beendet habe.
Das habt ihr mir quasi „eingepflanzt“! Dafür
möchte ich Euch an dieser Stelle DANKE
Die Arbeit an Stimme und Sprache ist für
sagen!
mich inzwischen ein Schwerpunkt geworden.
Hier in Wien unterrichte ich an zwei Immer mal wieder arbeite ich mit Schülern
Schauspielschulen. An einer davon werden an dem Gedicht „der Knabe“ von Rilke. Es
vor allem Studenten mit sogenanntem erfasst für mich, was Sprechen braucht:
Migrationshintergrund ausgebildet, viele die Aufrichtung des Körpers, ein Ziel vor
von ihnen mit Fluchtgeschichte. Zudem Augen und gleichzeitiges Bewusstsein/
unterrichte ich in einer Sprecherausbildung in Vertrauen im hinteren Raum, Spannung
Wien, in einer Erzählerausbildung in Istanbul und gleichzeitige Flexibilität, Wachheit
und gebe Stimm- und Sprechtrainings für und Ruhe. Der kleine Text ist für mich ein
Laien aus verschiedenen Berufsgruppen. Beispiel, wie mit künstlerischen Mitteln
Natürlich ist meine eigene Forschung in persönliche Entwicklung passieren kann.
diesem Bereich weitergegangen (schließlich Diese Verbindung von Kunst und Entwicklung
habe ich ja auch an der TheaterAkademie so haltet Ihr mit der TheaterAkademie hoch.
manchen Lehrer genervt, weil ich‘s immer Das ist großartig! Ich wünsche Euch von
ganz genau wissen wollte. Ich habe eine Herzen, dass Ihr das weiterhin tun könnt und
Ausbildung zur Erzählerin an der UdK Berlin alle Herausforderung dieser wahnsinnigen
gemacht und mich besonders in der Linklater Zeit meistert.
Methode vertieft, die an „der Befreiung der
natürlichen Stimme“ arbeitet. Methoden von Mit lieben Grüßen aus Wien
Juri Vasiliev oder Roy Hardt sind mir begegnet.
Ich finde, das sind alles ganz wunderbare Hannah
Ergänzungen zur Sprachgestaltung.
Hannah Heckhausen,
Aber es gibt Eines, was ich ganz besonders
von Euch gelernt habe: Das ist ein Erleben
der Laute selbst. Ihr habt mir einmalig
Sprecherin, Theater-und Sprechpädagogin, Wien
Ehemalige der TheaterAkademie Stuttgart
13
Grußworte
Als langjähriger Vorsitzender der ständigen
Konferenz Schauspielschulen (SKS) kannte
und teilte ich das kritische Verhältnis, das
Vertreter der staatlichen Schulen gegenüber
den Privatschulen einnehmen. Seit meiner
Mitwirkung an der TheaterAkademieStuttgart
ist der Blickwinkel differenzierter.
lerischen Beruf verlassen die Absolventen
die TheaterAkademieStuttgart mit großem
menschlichen Gewinn.
Ich wünsche noch viele Jahre im Sinne des
bisherigen Wirkens.
Das Ziel der Ausbildung ist auch hier, technisches Grundkönnen verfügbar zu machen
und schauspielerische Ausdruckmöglichkeiten zu optimieren, daneben und vor allem
aber auch die selbständige künstlerische
Persönlichkeit zu entwickeln. So gesehen ist
die Ausbildung zugleich eine menschenbildnerische. Ich konnte meine eigene Auffas- Prof. Dr. Felix Müller
sung von Ausbildung hier gut weiter verfol- Ehemaliger Leiter der Schauspielschule in der
Staatlichen Hochschule für Musik und Darstellende
gen.
Neben der Vorbereitung für einen künst-
Seit
2007
haben
Studierende
der
Theaterpädagogik von der Theater Akademie
Stuttgart die alle zwei Jahre stattfindenen
Schultheatertage am LTT unterstützt. Fünf mal
haben sich angehende Theaterpädagogen
auf den Weg nach Tübingen gemacht, um
dort mit Kindern und Jugendlichen in der
theaterpädagogischen Praxis Erfahrungen
zu sammeln. Sie leiteten Workshops, sahen
viele Schultheateraufführungen, führten
mit den SchülerInnen Nachgespräche und
standen ihnen fünf Tage lang mit Rat und
Tat als Mentoren zur Seite. In all den Jahren
habe ich die Studierenden der Stuttgarter
Akademie sehr zu schätzen gelernt. Ihr
fachliches Können und Wissen, ihre große
Lernbereitschaft und Kritikfähigkeit, ihre
Begeisterungsfähigkeit und ihre Offenheit
ziehen sich wie ein roter Faden durch
die Zusammenarbeit und scheinen von
Jahrgang zu Jahrgang weitergereicht
zu werden. Dank des Einsatzes und der
14
Kunst Stuttgart und langjähriger Dozent für
Schauspiel an der TheaterAkademieStuttgart
Rückmeldungen der Studierenden hat sich
die Konzeption der Schultheatertage am
LTT kontinuierlich verändert und verbessert.
Das macht Lust auf die nächsten Male!
Herzlichen Glückwunsch zum Jubiläum!
Tobias Ballnus
Theaterpädagoge (BUT) und Mitglied der
künstlerischen Leitung des Jungen LTT, Tübingen
Das Schicksal, die Akademie und ich
Seit meiner BOGY-Zeit im Gymnasium recherchierte ich nach Universitäten, Akademien und Ausbildungsstätten, an denen man
Schauspiel lernen konnte. Daraufhin hospitierte und informierte ich mich gezielt. Unsere schöne TheaterAkademieStuttgart hatte
ich bis dato noch nicht entdeckt. Eines Tages
befand sich eine Mail in meinem Postfach.
Eine gewisse Theaterakademie – sogar in
Stuttgart. Mein erster Gedanke war: „Wie
cool! Vielleicht ist das ja die Akademie, die
zu mir passt!“ und mein nächster Gedanke
war: „Huch, wie haben sie meine E-MailAdresse erhalten?“. Ich wurde neugierig.
Nach dem Besuch auf der Homepage, bei
der ich die Sprüche und die Philosophie sehr
ansprechend fand, wollte ich unbedingt zu
einem der Infoworkshops! Um 10 Uhr durfte ich mit Sportkleidung im Gepäck erscheinen. Die anderen Teilnehmer und ich machten uns miteinander vertraut. Ich empfand
sie alle sehr sympathisch und offen. Eine
der Teilnehmerinnen darf ich jetzt zu einer
meiner besten Freundinnen zählen - Sylvie.
Wir bekamen Schauspielunterricht bei Frank
Deesz und lernten dort den Dreischritt. „sehen, bewerten, handeln“ anhand der „Fliege“. Im Fechtunterricht wurden wir durch
motivierende Art zu persönlich sportlichen
Höchstleistungen gebracht. Ein Mittagessen
folgte, bei dem wir mit aktuellen Studenten
der Akademie reden konnten. Sie waren alle
sehr nett und erzählten uns einiges über ihre
Studienzeit hier. Danach durften wir bei Vladimir Khingansky tanzen. Die letzte Unterrichtseinheit war Sprachunterricht bei Herrn
Schlösser mit einem anschließenden Gespräch über die Akademie und ihre Ausbildungsgänge. Die verschiedenen Unterrichtsfächer, die ich an diesem Tag besuchen durfte, hatten mich schon vom Hocker gehauen!
Die Disziplin, die die Dozenten von uns forderten, gefiel mir und der damit kombinierte
Spaß an der Sache entsprach meiner Auffassung einer guten Bildungsstätte. Die Vorstellung davon, all diese Fächer jeden Tag zu
haben, machte mich glücklich, denn es war,
als ob ich jeden Tag meinen Hobbys nachgehen könnte. In dem erwähnten Gespräch
mit Herrn Schlösser erfuhr ich dann von dem
Beruf eines Theaterpädagogen. Die perfekte Kombination aus Theaterschaffenden und
Lehrenden, meiner Meinung nach. Ich hatte früher mit dem Gedanken gespielt, auf
Lehramt zu studieren, da ich es liebe, mit
Kindern zu arbeiten und mein Wissen an
andere weiterzugeben. Als Theaterpädagogin wäre mir somit möglich, künstlerisch wie
auch pädagogisch zu arbeiten. Das Angebot
der TheaterAkademieStuttgart, zwei bis drei
Ausbildungsgänge parallel zu machen, war
dann das letzte Argument um mich voll und
ganz zu überzeugen. Denn so ein Angebot
hatte keine andere Ausbildungsstätte. Als ich
nach Hause kam, spürte ich schon den Muskelkater und meine Erschöpfung von all den
neuen Eindrücken des Tages, aber vor allem
auch meine überquellende Vorfreude und
mein Enthusiasmus an diese Akademie zu
gehen; und nur an diese. Vielen Dank dafür!
Und ein großes Danke auch an das Schicksal, dass wie von Zauberhand meine E-MailAdresse an die Theater Akademie Stuttgart
gelang.
Nupelda Ciftci
4.Ausbildungsjahr Doppelstudium Schauspiel und
Theaterpädagogik
15
Zum Leitbild der TheaterAkademieStuttgart
Wörter nehmen durch die Tatsache, dass sie
nicht nur „Begriffe“ sind, Dimensionen an, die
das Gewöhnliche überschreiten. Auch wenn
ein Begriff beim Sprechen notwendig ist, ist
er doch nur ein lächerlich kleiner Teil des erstaunlichen Ganzen, welches die Sprache
bietet . Der Begriff ist jenes kleine, schwächliche Kriterium, vor dem die gesamte westliche Zivilisation seit vielen Jahrhunderten
sich so übertrieben tief verneigt. Es gibt
den Begriff; doch jenseits des Begriffs gibt
es den ‘Begriff, der durch das Bild lebendig
wird‘; und jenseits des Begriffs und des Bildes ist die Musik, und die Wortmusik ist der
Ausdruck dessen, was durch die begriffliche
Sprache nicht erfasst werden kann. Menschliche Erfahrung, die sich nicht durch Begriffe
ausdrücken lässt, wird durch die Musik ausgedrückt. Daraus entsteht Poesie, denn in
der Poesie finden wir eine unendlich fein abgestimmte Beziehung zwischen Rhythmus,
Ton, Schwingung und Energie, die jedem gesprochenen Wort Begrifflichkeit und Bildlich-
keit verleiht und gleichzeitig eine machtvolle dritte Dimension, die vom Klang herrührt,
von der Wortmusik. Dennoch, wie gefährlich
ist es, das Wort „Musik“ auch nur zu erwähnen! Dies kann zu schrecklichen Missverständnissen führen. Ein Schauspieler denkt:
„Ah! Ich habe eine musikalische Stimme,
also kann ich auch musikalisch sprechen.“
Lassen sie uns ganz klar sehen. Wortmusik
im poetischen Sinne ist äußerst subtil; der
Wortrhythmus ist äußerst subtil; leider wurde in den Schauspielschulen überall auf der
Welt dieses komplexe Phänomen auf eine
Handvoll Regeln reduziert. Wenn ein Schauspieler lernt, dass Shakespeare in Pentametern schrieb und dass ein Pentameter einen
bestimmten Takt hat, wird er versuchen, dies
in seinem Sprechen umzusetzen, und wir erleben eine trockene, leere Musik, die mit der
lebendigen Musik der Wörter nichts zu tun
hat.
Peter Brook
Auszug aus „Evokation Shakespeare
Geschichten erzählen
Die Verbale Sprache ist eine bedeutende Das möchte ich vertiefen.
Sache, die uns vom Tier unterscheidet. Wo
wären wir heute, ohne die Kunst sprechen Michael Zirpel
zu können? Die Menschen haben sich 4.Ausbildungsjahr Doppelstudium Sprechen/
schon immer gerne Geschichten erzählt Theaterpädagogik
und versucht jedes Mal den Anderen zu
übertrumpfen. Die Geschichtenerzähler
waren in dieser Kunst so geübt, dass sie das
Publikum gefesselt haben, allein mit Worten.
Und auch heute noch bleiben einige in der
Stadt stehen, wenn sie einen Redner hören,
der diese Kunst beherrscht, wenn auch nur
kurz. Besonders Kinder sind für diese Kunst
sehr empfänglich. So kann ich meinerseits
berichten, wie ich von der Geschichte des
Öfteren geträumt habe, die meine Mutter mir
erzählte. Dies möchte ich weiter tragen, vor
allem, weil man mir mehrmals gesagt hat,
dass ich eine schöne Erzählstimme habe.
16
Interview / Ana Norambuena, Stuttgart
Was assoziierst Du mit der
TheaterAkademie?
Was waren Deine lustigsten Momente
an der Akademie?
Herausforderung! In jedem Bereich, in
jedem Moment, das ganze Jahr lang.
Auf jeden Fall die Proben in Weißenseifen.
Warum bist Du an diese Schule
gekommen?
Bauchgefühl und um die Pionierzeit
mitzugestalten. Es war eine
außergewöhnlich intensive Zeit in meinem
Leben.
Wann hast Du Deinen Abschluss
gemacht?
Uuups... schon vergessen, war der erste
Abschluss in der Schule
Was ist/ war Dein Lieblingsfach?
Rollenstudium. Weil ich in diesem Fach
die Möglichkeit hatte tief in meine Arbeit
einzutauchen und konnte verschiedene
Wege ausprobieren.
Wie hat die TheaterAkademie Euch auf
den Arbeitsmarkt vorbereitet?
Da ich im Gründungsjahr war und
keinerlei Spuren von anderen
Studentengenerationen gab, hatten wir
so gut wie keine Vorbereitung für den
Arbeitsmarkt. Es war ein Sprung ins kalte
Wasser, über Vorsprechen, Bewerbungen
& Co. Mein Motto war „learning by doing“.
Und es hat sich gelohnt, ich habe 10
Jahren als Schauspielerin im Theater
gearbeitet. Bei den Vorsprechen kam
häufig die Rückmeldung, wie gut meine
Stimme ausgebildet war, und das bekamen
auch andere Mitstudenten gesagt.
Was war Dein persönliches Highlight an
der TheaterAkademie?
Ich habe dort meinen Ehemann
kennengelernt
Worin hast Du letztendlich Deinen
Abschluss gemacht?
Ich wollte alle absolvieren. Letztendlich
habe ich Sprache und Schauspiel
gemacht.
Was machst Du heute?
Psychotherapie und psychologische
Beratung.
17
16
18
19
Einmal von Stuttgart nach Graz und zurück
- wie ich an die TheaterAkademieStuttgart kam
Ich war ein eher trauriges Kind und nicht
besonders gut in der Schule, sie machte
mir so überhaupt gar keinen Spaß, und die
Stadt, in der ich wohnte, fand ich hässlich,
grau und langweilig.
Doch eines Tages kam etwas in mein Leben,
das Farbe in die graue Welt brachte. Es war
die 7. Klasse des Gymnasiums, die ich damals
besuchte. Wir spielten ein Märchen von
den Gebrüdern Grimm. Und hier passierte
es: ich stand auf dieser Bühne, hatte die
Scheinwerfer im Gesicht und fühlte, dass
ich genau hier hingehörte. Da gab es keine
Selbstzweifel. Da gab es die Scheinwerfer,
das Publikum und mich, die ich selbst sein
konnte, ohne ich selbst zu sein. Im selben
Jahr bestand ich mein Abitur und war jetzt
offiziell bereit für die große weite Welt. Leider
nur offiziell. Was wollte ich werden? Nun,
eigentlich war das keine Frage. Ich wollte auf
jeden Fall Schauspielerin werden. Ein Leben
ohne die Bühne? Das konnte ich mir gar nicht
mehr vorstellen. Doch an Schauspielschulen
gehen, um dort vorzusprechen? Mich ganz
alleine vor eine Kommission stellen und
spielen? Alleine bei dem Gedanken fühlte
ich mich irgendwie nackt und bekam Angst.
Ich begann an der Universität Hohenheim zu
studieren. Nach 2 Semestern musste ich mir
jedoch eingestehen, dass ich alles andere
als glücklich war mit meiner Studienwahl
und ließ mich prompt exmatrikulieren. Angst
hatte ich immer noch und zwar nicht gerade
wenig. Doch erst jetzt begriff ich, dass Mut
nicht bedeutet keine Angst zu haben, sondern
diese zu überwinden. Wenn dann, richtig,
dachte ich mir und bewarb mich an der
„Ernst Busch“ in Berlin - reiste nach Berlin,
später an die Falkenberg, die Everding nach
München, dann an die Folkwang in Essen,
danach Hannover, Hamburg, Leipzig,
Ludwigsburg, Zinnowitz, Linz, Graz. Ein
Jahr lang tourte ich durch Deutschland und
Österreich und lernte viel über mich selbst,
lernte an mich zu glauben und auch dann
20
wieder aufzustehen, wenn die Landung
wirklich wehgetan hatte. Nach einem Jahr
hatte ich dennoch genug und wollte endlich
meinen Traumberuf erlernen. Ich war so
oft nicht genommen - oder nur knapp nicht
genommen worden - und war es satt 7
Stunden Zug zu fahren, nur um 2 Monologe
vorzusprechen, bei denen man mir eh kaum
zuhörte, weil nach den 20 Monologen vor
mir irgendwann einmal die Aufmerksamkeit
flöten gegangen war.
Doch was nun?
Ich überlegte hin und her. Auf meinem
ersten Statistendreh in der Stadtbibliothek
Stuttgart begegnete mir die vermeintliche
Lösung in Gestalt einer blonden zierlichen
Schauspielschülerin. Sabina erzählte mir
von der privaten Schauspielakademie, die
sie derzeitig besuchte. Sie könne sie mir
nur sehr empfehlen, sagte sie und klang
dabei sehr ehrlich. Ich begann zu überlegen.
Eine Privatschule würde ich mir wohl kaum
leisten können. Doch ein Mal hingehen und
vorsprechen konnte wohl nicht schaden.
Immerhin war es ja auch eine Erfahrung. Also
bewarb ich mich und bekam kurze Zeit später
einen Termin zum Vorsprechen. Der lief dann
für mich recht ungewohnt ab: da waren keine
anderen Bewerber – nur ich. Dann bekam
ich ordentlich Zeit um mich vorzustellen und
meine Monologe vorzuspielen. Hier gab es
keinen Vorsprechstress, den ich mittlerweile
ja schon fast gewohnt war. „Wir würden
Sie aufnehmen“ – dieses Resümee war
dann allerdings die Spitze des Gipfels der
Ungewöhnlichkeiten. Dann fing der Direktor
der Schule an seinen Monolog zu halten (was
auch sehr ungewöhnlich war, da das Halten
von Monologen, ja bis zu diesem Zeitpunkt
eher eine Sache der Bewerber gewesen war).
Er erzählte ausführlich von den Vorteilen, die
seine Schule bot. Irgendwann meldete sich
das Misstrauen in mir; sollte ich ihn nicht
heute davon überzeugen, mich als Schülerin
zu nehmen? Mir kam es jedoch vor, als wolle
er mich davon überzeugen, die Schule zu
wählen.
Später telefonierte ich mit meinem Vater, der
reagierte jedoch ganz anders als gedacht. Er
freute sich für mich und fragte, wie viel ich
denn monatlich an Unterstützung benötigte.
Dann redete ich mit meiner besten Freundin.
Sie kaufte eine Flasche Sekt und freute sich
ebenfalls. „Aber du siehst ja gar nicht glücklich
aus“, stellte sie verwundert fest. Ich zuckte
die Achseln und wusste nicht so recht, was
ich sagen sollte. Ich hatte wohl kein so gutes
Gefühl bei der Sache, dabei war es doch die
ganze Zeit das gewesen, was ich wollte, oder?
Kurze Zeit später ging dann auch das erste
Jahr los. Trotz meines Bauchgefühls hatte
ich mich entschlossen den Ausbildungsplatz
anzunehmen und lernte meine Mitschüler und
meine Dozenten kennen. Ich hatte die ersten
Wochen Unterricht - und fing bald inständig
an zu hoffen, dass sich vielleicht noch etwas
an der Ausbildung änderte. Es gab keinen
Stundenplan und kaum Dozenten, unsere
Schauspielklasse war schauspielerisch so
gar nicht auf einem Stand und wir hatten so
wenig Unterricht, dass ich mich dauerhaft
so fühlte, als hätte ich Ferien. Dass meine
Schauspieldozentin jünger war als ich selbst
und so gut wie keine Referenzen besaß, war
eine von vielen deprimierenden Tatsachen.
Doch natürlich bekamen wir nicht irgendwann
noch mehr Unterricht und schnell wurde mir
klar: ich musste kündigen. Doch laut Vertrag
hing ich hier ein Jahr fest. Viel konnte ich
währenddessen nicht tun. Ich bewarb mich
also noch einmal in München, dann in
Ludwigsburg und dann an der staatlichen
Hochschule für Musik und Darstellende Kunst
in Stuttgart. Eine Mitschülerin und Freundin
von mir begleitete mich auf der Suche nach
einer geeigneten Schule. Dann stießen wir
auf die TheaterAkademie Stuttgart. Noch
eine Privatschule? Wer weiß, wie das
wieder endet. Doch ein Mal hingehen um zu
hospitieren, konnte ja nicht schaden.
Ich erzählte einer weiteren Mitschülerin davon
und gemeinsam schwänzten wir einen Tag
Unterricht an unserer derzeitigen Schule, um
einen Tag Unterricht an einer anderen Schule
mitzuerleben. Der beste Tausch, den ich seit
langem gemacht hatte, denn plötzlich erlebte
ich etwas, das ich fast vergessen hatte:
Schauspielunterricht konnte Spaß machen.
An diesem Tag hatten wir Improvisation,
Theaterpädagogik, Rhythmik und Tanz und
hörten außerdem ein sehr interessantes
Referat über Max Reinhardt. So stellte ich
mir es vor, Schauspiel zu studieren. Am
Abend gingen wir müde nach Hause, müde,
aber glücklich. Hier wollte ich unbedingt hin,
das wusste ich von diesem Tag an. Also
bewarb ich mich. Ich sprach vor, und – wurde
genommen! Endlich war ich angekommen,
sagte mir mein Bauchgefühl, und auch dieses
Mal behielt es Recht. Zwei Monate später: Wir
sitzen wir im Bus, auf dem Weg zu unserer
neuen Schule. Auch meine Mitschülerin aus
der ehemaligen Schauspielschule wurde an
der TheaterAkademieStuttgart genommen
und sitzt neben mir: „Jetzt fängt es an“ sagt
sie und ihre Augen funkeln „Jetzt leben wir
endlich unseren Traum.“ Ja, jetzt fängt es
an, denke ich, schaue aus dem Busfenster
und denke an den langen Weg, der hinter
mir ist, und an den der noch vor mir liegt. Ich
denke an alles, was ich gelernt habe, und
was es alles noch zu lernen gibt. „Schön“,
denke ich und lächle.
Marlies Besthorn, 3. Ausbildungsjahr
Doppelstudium Schauspiel und Theaterpädagogik
21
Interview / Katrin Röhlig, Stuttgart
Was assoziierst Du mit der
TheaterAkademie?
Einen Ort, an dem viel möglich ist.
Warum bist Du an diese Schule
gekommen?
Das Vorsprechen an dieser Schule,
genauer genommen mein Gespräch mit
der Schulleitung hat mich damals so
berührt und überzeugt, dass ich mich für
die TheaterAkademie entschieden habe.
Wann hast Du Deinen Abschluss
gemacht?
2010
Was ist/war Dein Lieblingsfach?
Ich hatte ziemlich viele Lieblingsfächer...
Schauspiel bei Yvonne Racine war wohl
das allerliebste Lieblingsfach. Wir waren
eine spannende und explosive Gruppe
und es ist in diesem Unterricht ziemlich
viel passiert. Es war immer so eine Art
Parallelwelt, die mir aber viel gebracht und
bedeutet hat.
Was war Dein persönliches Highlight an
der TheaterAkademie?
Die Griechenlandreise 2009
Wie hast Du die Schule gefunden?
Was machst Du heute?
Ich arbeite als Schauspielerin und als
freie Theaterpädagogin projektbezogen
und unterrichte in verschiedenen
Einrichtungen Schauspiel und
Theaterpädagogik. Nächstes Jahr schließe
ich meine weiterführende Ausbildung zur
Drama- und Theatertherapeutin ab und
dann geht‘s weiter.
Was waren Deine lustigsten Momente an
der Akademie?
Auf jeden Fall die Kolloquien... die
waren oft ziemlich schräg. Es gab
gesegneten Sand und Tugenden... Und
der Theorieunterricht... Literatur, etc... Jan
Phillip weiß, was gemeint ist. After Schaf
und so...
Wie hat die TheaterAkademie Euch auf
den Arbeitsmarkt vorbereitet?
Ich habe im Job gemerkt, wie gut ich
ausgebildet wurde und wie viel ich in der
Rückhand habe. Das war ein gutes Gefühl.
Trotzdem lerne ich weiter und habe von
Anfang an Fortbildungen besucht. Aber die
Grundlagen dafür, auf dem Arbeitsmarkt
zu bestehen, habe ich bekommen
Wie ist es an der Schule zu unterrichten,
an der Du selbst mal Schüler warst?
Es ist etwas vollkommen anderes. Und das
ist wichtig. Ich habe mich nach meinem
Abschluss komplett abgenabelt und bin
Worin hast Du letztendlich Deinen
meinen Weg gegangen. Darum konnte
Abschluss gemacht?
ich auch als Dozentin zurückkommen. Ich
Ich bin für Schauspiel gekommen und habe glaube an das, was die Akademie lehrt und
wofür sie steht und bin glücklich meinen
meinen Abschluss im Schauspiel und in
Teil dazu- und zurück geben zu können.
Theaterpädagogik gemacht.
Im Internet.
22
Ein Traum wird wahr
Seitdem ich denken kann, möchte ich
Schauspielerin werden. Schon als Kind
spielte ich Theater und liebte es, auf der
Bühne zu stehen. Es gab nie eine Alternative
für mich. Deswegen bin ich so glücklich
darüber hier zu sein, um meinen Traum
Schritt für Schritt zu realisieren. Die Zeit an
der TheaterAkademie hat mir gezeigt, dass
für mich nichts anderes in Frage kommt,
als Schauspielerin zu werden. Ich bin völlig
begeistert, es gibt so viel zu lernen, ich kann
gar nicht genug davon bekommen. Jeder Tag
ist anders und stellt neue Herausforderungen
an mich. In den ersten Jahren haben mich
die Rollenabschlüsse völlig begeistert. Zu
sehen, was die Abschlüssler alles gelernt
haben und wie sie spielen, war großartig. Ich
hätte am liebsten selbst gleich angefangen
zu spielen.
Ich fand auch die Aufführung zusammen
mit den höheren Kursen super. Es hat im
ersten Jahr viel Mut gemacht, dabei zu
sein. Die Proben waren total spannend. Die
Schauspieler aus dem dritten Jahr waren
bewundernswert. Es hat mir auch gezeigt,
wo ich hin möchte. Ich möchte selbst auf
der Bühne stehen. Das Gefühl, wenn ich
auf der Bühne stehe, spiele, neue Dinge
erlebe und fühle ist unbeschreibbar. Das
Spielen macht mir so riesigen Spaß, dass
ich alles Drumherum vergesse. Es macht
alles gut. Alle Probleme sind verschwunden
und danach bin ich voller Glücksgefühle. Die
Vielfalt der Fächer, die wir haben, finde ich
unglaublich. Es ist gut, dass man hier in so
vielen Bereichen gefordert wird. Mir machen
alle Fächer riesigen Spaß und ich habe
erfahren, dass man mit viel Üben wirklich
etwas erreichen kann.
In der Zeit ,die ich jetzt hier bin, habe ich
mich aus meiner Sicht sehr entwickelt und
besser kennengelernt. Doch möchte ich noch
viel mehr über mich und die Schauspielerei
erfahren. Ich bin sehr ehrgeizig und will
mein Ziel unbedingt umsetzen. Ich will
Schauspielerin werden! Wie sehr ich es
will, sagt folgendes Beispiel: Man stelle sich
vor, man wird unter Wasser gedrückt und
bekommt keine Luft. Der erste lebenswichtige
Atemzug beim Auftauchen beschreibt exakt
meinen Willen. Ich möchte die Jahre hier auf
der Schule nutzen um meinen Traum nach
und nach in die Tat umzusetzen.
Und hier noch die Worte von Max Reihnhard,
die mich schon lange bewegen:
„Ich glaube an die Unsterblichkeit des
Theaters. Es ist der seligste Schlupfwinkel
für diejenigen, die ihre Kindheit heimlich
in die Tasche gesteckt und sich damit auf
und davon gemacht haben, um bis an ihr
Lebensende weiterzuspielen.
Sylvie Reimer
4. Ausbildungsjahr Schauspiel
23
Das Jahr danach: Ein Jobeinsteiger berichtet
31.08.2014 – Dieses historische Datum
markierte für mich den Aufbruch in
neue Hoheitsgebiete, einen Gang ins
Ungewisse, den Beginn meines innerlichen
künstlerischen Jakobswegs, kurz, mein
offizielles Ausbildungsende. Es ranken sich
viele Mythen darum, was nach diesem Tag
passiert und die meisten Zeugen dieses
Spektakels waren auf einmal an den
renommierten Wasserstellen der angehenden
Schauspielszene (Schlampazius, Rössle,
etc.) nicht mehr auffindbar. Ich möchte es
heute auf mich nehmen und über diese Welt
des Ungewissen, die hinter dem Abschluss
liegt, berichten.
1. Die Phase kurz nach dem Abschluss:
Eigentlich sitzt man erstmal eine Woche
einfach nur da - mit aufgerissenen Augen.
Auf eine weiße Rauputzwand starrend,
einfach, weil das das Maximum von dem
ist, was man nach den Prüfungswochen
noch an intellektuellem und stressbedingtem
Input aufnehmen kann. In dieser Woche
mischen sich sehr viele Gefühle. Ich glaube,
uns ist allen bewusst, dass die vier, fünf
oder sogar sechs Jahre Ausbildungszeit
an der Akademie nicht immer nur aus eitel
Sonnenschein bestehen und gerade in den
letzten Prüfungswochen neigt man doch eher
dazu, seine Zeit dort zu verteufeln, hadert
mit der Obrigkeit (liebe Grüße) und fragt
sich letztendlich, ob man für den Druck, den
dieser Job beinhaltet ,überhaupt geschaffen
ist. Wenn ihr das hier lest und am Ende eurer
Ausbildungszeit seid, möchte ich letztere
Frage mit „Ja!“ beantworten. Ihr seid dafür
geboren, Ihr habt Euch die letzten Jahre
intensiv mit dem auseinandergesetzt, was
Ihr liebt und Ihr habt dafür eine gewisse Form
der Anerkennung verdient. Da ist es dann
auch gleich, ob diese Anerkennung aus „gut“,
„sehr gut“ oder „mit Auszeichnung“ besteht,
aber das wird einem eh erst später klar. Bis
hierher habt ihr auf jeden Fall alles richtig
gemacht. Man sitzt also in der Woche nach
dem Ausbildungsende da und denkt exakt
24
zwei Sätze: „Juhu – Ich muss nie mehr in den
Laden zurück!“ und „Oh Gott – Ich darf nie
mehr in den Laden zurück!“ Denn irgendwie
wird die Akademie in der langen Zeit, in der
man sie besucht hat, schon auch ein Stück
Familie und gleichzeitig geliebte Routine.
Man freut sich, kann sich aber gleichzeitig
nicht vorstellen, nach dem Sommer nicht
einfach wieder hinzugehen und weiter „Himm
Hemm Hamm Humm“ zu machen. Man hat
jetzt das Glück und gleichzeitig die Bürde,
seines eigenen Glückes Schmied zu sein
und ich glaube, diese Verantwortung wiegt
schwer, befreit aber gleichzeitig ungemein.
Hat man diese Mischgefühl-Paralyse von
sich geschüttelt, beginnt man natürlich
sofort sich in die Stadtbibliothek zu setzen
und seine Abschlussmappe zu schreiben,
damit man zügig sein Abschlusszeugnis in
der Hand halten kann. Spaß beiseite, jetzt
beginnt
2. Die Bewerbungsphase:
Wer gerne Serien schaut, ein starkes
Handgelenk und einen soliden Speichelfluss
hat, der wird sich in dieser Phase wohlfühlen.
Jetzt beginnt nämlich das Bewerbungen
- Schreiben und Eintüten. Man lege eine
Staffel „Lost“ ein, lege den aktuellen
Theateralmanach (von Bernd Steets, Edition
Schmidt, 21,90 €. Enthält Theateradressen in
Deutschland, Österreich und der Schweiz im
Überblick. Daten, Spielpläne, Kommentare).
Meine Bewerbungsschreiben liegen übrigens
eingetütet und unversendet auf meinem
Dachboden, da ich ja dann in Esslingen
untergekommen bin. Die Erfahrung war’s wert
schätze ich. Mehr ist dazu von meiner Seite
auch nicht zu sagen, jetzt geht es zur Sache
und ich beginne, Umschläge mit Adressen
deutschsprachiger Theater zu versehen.
Zeugnis rein, 4 Bildchen dazu, kleines nettes
Anschreiben und weg damit. Schreibt man
nur die Landes- und Staatsbühnen an, hat
man danach so um die 150 Bewerbungen,
eine unermessliche Serienkenntnis und eine
sehr trockene Zunge.
3. Vorsprechphase
Kannste Meisner? Kannste Steiner? Kannste
alles vergessen bzw. MUSS man alles
vergessen, wenn man beim Vorsprechen
steht und auch später. Damit meine ich
nicht, dass es unwichtig ist und man das
Jahre lang für Nichts gemacht hat, sondern
dass man das jetzt intus hat.. Vertraue
darauf, dass du die Techniken instinktiv
richtig anwendest und verhaspel dich nicht,
nur weil du mal statt nem‘ Dreischritt `nen‘
Zweischritt machst. Beim Vorsprechen
beschäftigt einen alles, nur nicht die Kunst.
Die Zuschauer, ihre Blicke, der Fakt, dass
es auf einmal nicht mehr der Bühnensaal mit
seinem sympathisch geteerten Parkettboden
ist und dass man tatsächlich das erste Mal
vor Menschen spielt, die einen noch nie
zuvor spielen gesehen haben. Die nicht die
Privatperson kennen, sondern wirklich nur
den Schauspieler sehen. Ich fuhr damals also
hochambitoniert zu meinem Vorsprechen
an die LB nach Esslingen. Im Gepäck eine
Reisetasche voller Hemden, Hosen, Hüte,
Schuhe, Requisiten, sowie einer Gitarre
und einer Picknickdecke, nur um dann zu
bemerken, dass man in Esslingen ja gar
nicht vor dem Theater parken kann… also zu
Fuß. Ich hatte noch einen guten Zeitpuffer,
kam fit zum Vorsprechen und der Intendant,
Herr Friedrich Schirmer, war so nett sich eine
ganze Stunde für mich Zeit zu nehmen, damit
ich alle meine Rollen spielen konnte.
Außer ihm saßen dort außerdem noch vier
andere Damen und Herren, die für mich
sehr wichtig aussahen. Ich habe also meine
Rollen nach bestem Gewissen gespielt,
habe geschwitzt und mit Gummibärchen
gespuckt, war in voller Fahrt und habe
dieses Vorsprechen als Erfolg verbucht,
Herr Schirmer auch. Und als Fazit musste
ich noch zwei weitere Male erscheinen (Herr
Schirmer wollte damit ausschließen, dass
ich nur einen glücklichen Tag hatte) - und
habe den Job bekommen. Mein Fazit ist:
Vor wem auch immer Ihr beim Vorsprechen
steht, vergesst nicht, er ist wahrscheinlich
ein alter Hase. Er weiß, dass Ihr nervös seid
und er weiß auch, wie er das in so einer
Vorsprechsituation bewerten muss. Verlasst
euch darauf, das Ihr an der Akademie ein
qualitativ gutes Handwerkszeug bekommen
habt, dass Euch locker durch diesen Prozess
trägt. Gebt Euch offen und sympathisch und
zeigt auch, dass Ihr nette Arbeitskollegen
seid. Denn noch vor der Kunst ist vielen
25
Intendanten das persönliche Klima im Haus Privates bleibt einem oft nicht mehr und
ein wichtiges Anliegen. Damit kommen wir zu man muss Freunde oft mehrere Wochen
vertrösten. Aber wenn ich Freunde von
4. Die Arbeitsphase
mir sehe, die acht Stunden im Büro sitzen
Wenn man hier angekommen ist, kann und ihren Job hassen und wenn ich mich
man sich schon ein bisschen was auf sich vor einer johlenden Meute Kinder stehen
einbilden, immerhin ist man weiter als 20 bis sehe, denen ich gerade die Geschichte
30 Prozent der ausgebildeten, arbeitslosen der „Kurzhosengang“ erzählt habe und die
Schauspieler in Deutschland. Arbeiten an im besten Fall noch was Positives über
einem subventionierten Haus ist anfangs - Theater davon mitnehmen, dann weiß ich
und wenn man aus der harten Schule der schon, warum ich das lieber mache als
Theater Kompanie kommt - schon fast ein alles andere. Der Schauspielerberuf wird
bisschen unterfordernd. Ich kann mich noch nie etwas Konventionelles sein, wird nie ein
an meinen ersten Probentag erinnern und Beruf sein, in dem man geregelt arbeitet,
meine schiere, glückliche Ohnmacht, als im abends abstempelt und sich dann nicht mehr
Proberaum schon ein Bühnenbild aufgebaut mit seinem Job auseinandersetzen muss,
war und Probenkostüme für mich rausgelegt sondern wird vielmehr immer ein Teil von
waren. Ich kann hier jetzt nur von meiner einem sein, für den man leben muss und
persönlichen Erfahrung sprechen, aber die in dem man sich immer weiterentwickelt
Arbeit in der Kinder- und Jugendabteilung und nie stehen bleibt. Aber das macht
der Württembergischen Landesbühne ist diesen Job ja auch so einzigartig und
wunderschön. Ich habe durchgehend nette liebenswert. Und deshalb übrigens sieht man
und wache Kollegen, von der Maske über Abschlüssler auch immer seltener abends
die Schauspielkollegen bis hin zur Technik, an den renommierten Wasserlöchern der
den Regisseuren und Dramaturgen und es angehenden Künstlerszene. Wahrscheinlich
wird alles getan, damit ich als Schauspieler haben sie neue Quellen gefunden, an denen
voll aufs Spielen konzentriert sein kann. sie ihre Kraft schöpfen. Ich arbeite jetzt auf
Gerade am Anfang hat man natürlich noch jeden Fall seit einem halben Jahr an der
Hemmungen, gerade vor älteren Kollegen, Landesbühne in Esslingen und kann mir
da man halt doch der „Jungspund“ ist, aber zum jetzigen Zeitpunkt keinen schöneren
ich kann hier nur für mich sprechen, meine Ort vorstellen, an dem ich meine Arbeitszeit
Mitspieler sind alle sehr nett und offen und verbringen möchte. Lange Rede, kurzer Sinn
am Ende des Tages kochen wir halt auch - zum Abschluss gibt’s noch
alle nur mit Wasser. Ich merke aber auch,
dass Schauspiel wirklich ein Beruf ist, für
den man brennen muss und für den man
auch Dinge aufgeben muss. Ich arbeite im
Normalfall von 10.00-14.00 Uhr und nach
einer 4 stündigen Pause nochmal von 18.0022.00 Uhr, samstags „nur“ von 10.00-14.00
Uhr. Dazu kommen noch etwaige Abstecher,
heißt man fährt mit einem Kinderstück in die
Mehrzweckhalle nach Bad Klippsenwerder,
um dort ein Gastspiel zu machen. Oft fährt
man dazu um 6.00 Uhr morgens in Esslingen
ab, um dann um 9.00 Uhr die erste und um
11.00 Uhr die zweite Vorstellung zu spielen.
Manchmal auch Sonntags. Viel Raum für
26
5. Die Dankbarkeitsphase
Ja, ich weiß, in der Erinnerung verklärt
sich so manches! Auch ich habe in meiner
Zeit an der Akademie, vor allem in meiner
Abschlussphase, viele Momente fluchend
und schimpfend auf meinem Sofa in der Bib
verbracht. Ich glaube aber auch, dass das
richtig und wichtig so ist.
Man wird eben flügge nach den ganzen
Ausbildungsjahren und hat den Drang,
das Nest zu verlassen, um sich nun mit
seinem erlernten können im Sturzflug in
die Arbeitswelt zu katapultieren. Wäre ja
schlimm, wenn es nicht so wäre. Aber nach
einiger Zeit im Beruf wird man merken,
wie viel man aus seiner Ausbildung an der
TheaterAkademie mitgenommen hat, sei es
dadurch, dass man sich als Theaterpädagoge
rein stimmlich gegen eine 30- köpfige Gruppe
Jugendlicher durchsetzen kann ohne heiser
zu werden, oder dadurch, dass man ohne ein
Minderwertigkeitsgefühl neben den anderen
Schauspielkollegen steht, weil man einfach
weiß, dass man das richtige Werkzeug mit
auf den Weg bekommen hat. Ich möchte
mich an dieser Stelle bei all meinen Dozenten
dafür bedanken, dass sie mir dieses wichtige
Handwerk mit auf den Weg gegeben haben
und dabei teilweise gegen meinen Missmut
und meine Lustlosigkeit angegangen sind
um mich an und über Grenzen zu treiben.
Vielen Dank!
Mein größter Dank gebührt jedoch Frau
und Herrn Schlösser. Es war alles nicht
immer einfach, aber wie kann es das auch
sein, wenn man sich in einem kreativen
Beruf voller Emotionalitäten bewegt und
doch empfinde ich, dass meine Zeit an
der Akademie sehr fruchtbar war, sowohl
für mich als Persönlichkeit als auch für
meinen beruflichen Werdegang. Danke für
die Möglichkeit, mich „in den unermesslich
weiten Räumen“ der darstellenden Kunst
entfalten zu dürfen und dafür, schon ein
bisschen Theateratmosphäre in meiner Zeit
bei der Kompagnie schmecken zu dürfen...
Es war auch hart, anstrengend und stressig
aber in jeglicher Form auch erdend, wenn Sie
verstehen, was ich meine. Ich glaube man
kann sich nicht vorstellen welcher Stress
dahinter steckt und wie viel Idealismus
es braucht, so eine Schule aufrecht und
am Laufen und bei Laune zu halten. Allen
jetzigen Abschlüsslern und denen, die da
noch kommen mögen, wünsche ich noch
eine schöne Restzeit an der Akademie,
genießt sie so gut Ihr könnt, habt einen
schönen Abschied und startet gut in die
unendlichen Weiten, die da noch vor Euch
liegen. Vergesst eure Akademie-Zeit nicht
und behaltet sie immer im Herzen, Ihr würdet
lügen, wenn Ihr sagen würdet, dass sie Euch
nicht in irgendeiner Weise geformt hat.
Ich habe nicht viel mehr zu sagen außer:
Herzlichen Glückwunsch zum 20jährigen
Jubiläum und viel Kraft und gute Gedanken
für die Jahre, die noch vor der Akademie
liegen
Liebe Grüße, Markus
Ehemaliger, Schauspieler&Theaterpädagoge
27
Warum ich in der TheaterAkademie bin:
In meinem 1. Jahr in der TheaterAkademie
stand ich heulend im Jonglage Unterricht
weil die Bälle einfach nicht so wollten wie
ich , mein Lehrer sagte zu mir “Du musst
dich nicht verändern, keiner kann dich dazu
zwingen “, da wusste ich ,dass ich genau
deshalb hier bin, um mich zu verändern, um
mich zu verwandeln um für meine Träume
einzustehen.
Edda Janz, 3. Ausbildungsjahr Schauspiel
Erinnerungen
Die TheaterAkademie ist für mich ein Ort
an dem so unglaublich viele Erinnerungen
leben. Es ist ein bisschen so, wie durch die
Straßen in der Stadt zu gehen, in der ich
aufgewachsen bin. Auch dort passiert es,
dass ich mitunter inne halte und vor meinem
inneren Auge eine jüngere Version meiner
selbst sehe, die Jahre zuvor genau diesen
Weg, an genau dieser Ecke – und in der
Akademie - in genau diesem Raum ging.
Und die eine oder andere Freundschaft
aus dieser Zeit lebt auch im Jetzt weiter.
Neben all den Tagen und Unterrichten,
Partys und Prüfungen sind es vor allem die
Akademienächte die mir noch sehr lebhaft im
Gedächtnis sind. Wir – meine Mitschüler/innen
und ich - haben nächtelang in verschiedenen
Räumen geprobt. Ausprobiert. Geprobt. In
den Nächten in denen die Zeit irgendwie
still stand und wir von dem was wir taten so
berauscht waren. Und manchmal, vor den
Prüfungen, auch einfach überdreht.
Den Abschluss zu machen. Endlich fertig zu
sein. Endlich beginnen zu können. Nach fünf
Jahren Akademie war es dann endlich soweit.
Und trotz all dem Schönen und Spannenden,
dass ich erleben durfte, war der letzte
Schultag, bzw. der letzte Tag meiner letzten
Bauwoche so gut und so wichtig und ich
war froh in die Welt hinaus zu können. Und
dafür bin ich meiner Zeit in der Akademie mit
am dankbarsten. Ich wurde ausgebildet um
dann auch gehen zu können. Ich wurde nicht
kleingehalten sondern freigelassen. Und das
ist es, was für mich den Geist der Schule
ausmacht. Und darum kam ich gerne wieder
und tue es noch heute.
Diese Jahre der Ausbildung sind ein ganzes
Leben gewesen. Mit allem was dazugehört.
All den Höhen und Tiefen die so ein Leben
eben erfordert. Die Zeit als Schülerin ist zwar Katrin Röhlig,
spannend und noch so voller Möglichkeiten
Ehemalige, Schauspielerin, Theaterpädagogin,
und voll von Zukunft, Träumen und Dozentin für Theaterpädagogik und
Hoffnungen und in gewisser Weise auch Kulturmanagement
noch unbeschwert – jedenfalls muss man
noch keine Steuererklärung machen – aber
auch voller Druck und gespickt mit Ängsten,
Erwartungen. Und nicht zu vergessen, man ist
nie allein. Sondern immer im Schulkollektiv.
Und das ist schon eine besondere Erfahrung.
Ich glaube es ist selten, dass man anderen
Menschen so intensiv nahe kommt wie
in einer Schauspielausbildung. Und jeder
der das kennt, kennt auch den mitunter
abgründigen Sog, in den es einen ziehen
kann. Mit Abstand betrachtet wären manche
Dramen keine Dramen gewesen – aber den
Abstand zu finden ist eben auch eine Kunst.
Und gleichzeitig gab es diese Momente in
denen meine Mitschüler mir so nahe waren.
28
Interview / David Bernecker, Stuttgart
Was assoziierst Du mit der
TheaterAkademie?
Pyjamahosen- die habe ich immer
im Unterricht getragen weil sie am
bequemsten waren. Nein, im Ernst.. Mit
der TheaterAkademie assoziiere ich drei
Dinge: Respekt, Wissen und die Suche
nach Wissen.
Jubiläumsfeier geht es für mich nach Köln,
anschließend Paris. Danach stehe ich in
Stuttgart wieder auf der Bühne.
Was waren Deine lustigsten Momente
an der Akademie?
Zitat meiner Mutter: „Probier es doch mal
mit Kunst!“
Die legendären „Puck Partys“! Mehr
darf ich nicht sagen - was in der
TheaterAkademie passiert bleibt in der
TheaterAkademie. Was gibt es noch?
Ballett. Ja der Ballettunterricht. Auch wenn
er nur ein Bruchteil des gesamten Faches
„Tanz“ war, ich werde es nicht vergessen!
Die Schuhe! Oh Mann...
Wann hast Du Deinen Abschluss
gemacht?
Wie hat die TheaterAkademie Euch auf
den Arbeitsmarkt vorbereitet?
Im Sommer 2013.
Ich denke das ist bei jedem anders. Es
kommt immer darauf an, was du mitnimmst
und was du vielleicht auch liegen lässt. Die
Schulleitung hat sich immer gut um uns
gekümmert, auch die Dozenten. Gut
vorbereitet habe ich mich damals auf jeden
Fall gefühlt, wobei die Eigeninitiative hier
auch eine große Rolle spielt. Du musst an
das glauben was du machst, und vor allem
Spaß daran haben! Ich mache das ganze
nur, weil ich Spaß an der Sache habe. Der
Tag an dem ich aufhöre Spaß zu haben
wird der Tag sein, an dem ich aufhöre und
weitergehe.
Warum bist Du an diese Schule
gekommen?
Was war Dein Lieblingsfach?
Rollenstudium.
Was war Dein persönliches Highlight
an der TheaterAkademie?
Die gemeinsame Zusammenarbeit mit
Frau Yvonne Racine (Rollen/Szenisches
Studium)...und natürlich die Zeit in der
Kompagnie. Professionell auf einer
Bühne zu stehen und eine runde
Abendvorstellung zu geben, das ganze
noch zu Shakespeare läuft!!
Worin hast Du letztendlich Deinen
Abschluss gemacht?
Ich bin für das Schauspielstudium an
die TheaterAkademie gekommen. Den
Abschluss dazu habe ich im Sommer vor
zwei Jahren gemacht.
Was machst Du heute?
Ich arbeite als Schauspieler und Model.
In den letzten Jahren habe ich die
richtige Balance zwischen Theater, Film
und Modelbusiness gefunden. Nach der
29
30
31
„Muss nur noch kurz die Welt retten“ (T.Bendzko)
Möglichkeiten und Grenzen der THEATERPÄDAGOGIK
Die Theaterpädagogin (bei Verwendung der
weiblichen Form sind selbstverständlich die
Herren mit einbezogen) – die Theaterpädagogin also ist eine „Allrounderin“. In der
Praxis ist sie : Theaterfachfrau, Erzieherin,
Gruppenleiterin, Regisseurin, Technikerin,
Schauspiellehrerin, Spielpädagogin, Mama,
Organisatorin, Freizeitbeauftragte, Kindergärtnerin, Schauspielerin, Dompteuse,
Freundin, Sozialarbeiterin, Kostümbildnerin,
Seelentrösterin, Bühnenbildnerin, Entertainerin, etc, etc…Von der Theorie her ist die
Theaterpädagogin allerdings primär keine
Sozialpädagogin und schon gar keine Therapeutin. Nachfolgend einige Definitionen,
die mein Verständnis und meine Arbeit als
Theaterpädagogen charakterisieren: „Der
Theaterpädagoge spielt. Er spielt mit sich,
mit anderen, für andere und regt andere zum
Spielen an,“ (Felix Rellstab ) „ Ein Teil meines Interesses richtet sich aufs Theater, ein
anderer auf das Leben. Ich habe immer versucht, Leute auszubilden, die in beidem gut
sind. Vielleicht ist das eine Utopie, aber ich
wünsche mir, dass der Schüler ein Lebendiger im Leben und ein Künstler auf der Bühne ist“ ( Jacques Lecoq ). „Theaterpädagogik ist eine künstlerisch-ästhetische Praxis,
in deren Fokus das Individuum, seine Ideen und seine Ausdrucksmöglichkeiten stehen. Im Kontext der Gruppe entsteht daraus
Theater. Dieser Prozess kultureller Bildung
fördert künstlerische, personale und soziale
Kompetenzen.“ ( aus der Präambel des Bundesverbandes Theaterpädagogik / BuT )
Im Jahre 1997 bekam ich von einem Kollegen den Tipp, dass das staatlich anerkannte
Berufskolleg für Theater und Sprache Pu©K
in Stuttgart einen Theaterfachmann für einen
einwöchigen Improvisationsworkshop suche.
Nach einem angenehmen Gespräch mit der
Schulleitung, das sofort auf Augenhöhe und
gleicher Wellenlänge stattfand, bekam ich
den „Job“. Aus dieser einen Woche wurden
32
18 Jahre! Anfangs auch als Schauspiellehrer, später dann ausschließlich als Theaterpädagoge bis hin zum Fachbereichsleiter.18
Jahre, 54 Trimester mit mehr als 250 SchülerInnen aus 13 Nationen!!!
Es gab zwischen mir und Schlössers, den
Schulleitern, stets große mentale und inhaltliche „Schnittmengen“ bzgl. Menschenbild,
Persönlichkeitsentwicklung sowie Theater
kunst und den daraus resultierenden pädagogischen und künstlerischen Zielen und
Wegen der Ausbildung. Was in solch einer
intensiven, täglich mehrstündigen Ausbildung an kleinen und großen persönlichen,
sozialen und künstlerischen Erlebnissen und
Entwicklungen geschieht ( nicht nur bei den
Studierenden, sondern auch bei den Dozenten – von mir kann ich das zumindest behaupten - ), wäre wahrhaft eines Romanes
wert.
Episoden darin wären z.B. :
- als die Schülerin Y. nach ihren ersten zehn
Unterrichtsminuten den Raum verließ und
nie wieder gesehen wurde ( sie wurde, wie
alle anderen auch, mit ihrer Art der Eigenpräsentation als Fremdwahrnehmungsübung,
von den anderen imitiert…)
- dass die Studentin M. eine körperlich sichtbare Metamorphose von einem kleinen, verhuschten Mädchen, einer Schildkröte ähnelnd, zu einer jungen Frau mit aufrechtem
Gang und erhobenem Haupt, zu einer Art
Pfau mutierte.
- dass ich eine Spiegelwand mit Tüchern
verhängte, da V. bei jeder Übung und jeder
Gelegenheit nur sich und ihre Bewegungen
darin bewunderte.
- dass ein Hospitant, von mir mehrfach
gebeten, später dann ermahnt wurde, unsere
Arbeit zu unterstützen und nicht zu stören,
mit dem Satz „Ich gehe sowieso direkt nach
Hollywood!“ uns Türen knallend von seiner wirken. Ereignisse und Erlebnisse bei den
Anwesenheit befreite.
Proben, den Aufführungen und Abstechern
zwischen Dornach und Cuxhaven würden
- dass die eher schwierige, schwer zugäng- ein weiteres ( Anekdoten-) Büchlein füllen.
liche, verschlossene S. diejenige war, die
mir beistand, die Hand hielt und beruhigend Es gibt also für mich unendlich viele Gründe
auf mich einredete, als ich mich wegen einer der Dankbarkeit, dass Cornelia und ChristiNierenkolik vor Schmerzen krümmte, bis der an Schlösser diese Akademie vor 20 Jahren
Notarzt kam
gegründet, bis heute aufrecht erhalten und
stets weiterentwickelt haben und mir über
- dass die Schulgemeinschaft in einer mehr- diese lange Zeit immer wieder das Vertrauen
tägigen, aktiven Trauerzeit sich und der in mich und meine Arbeit ausgesprochen und
betroffenen Familie Halt gab und Beistand gegeben haben : DANKE, MERCI, THANKS,
leistete, als eine Absolventin tödlich verun- GRAZIE, EFCHARISTO, ßPAßIBA…
glückte
Ich wünsche der TAS, der Schulleitung, al- dass sich eine Dozentin, die mit den Haupt- len Kolleginnen und Kollegen, sowie den
fächern nichts zu tun hatte, bei L.´s Abschluss heutigen und künftigen dort Studierenden
lautstark in die öffentliche Prüfung einmisch- noch viele, viele Jahre des Bestehens und
te, L. Mut zusprach, auf dass diese nach ei- der Weiterentwicklung, auf dass durch sie
ner Pause entlastet ihre Prüfung noch einmal und ihr Wirken die Welt, wenn auch nicht sobeginnen durfte. (Dass der Stress zwischen fort und mal kurz gerettet, so doch ein wenig
L. und mir allerdings verabredet war, da L. freundlicher, gerechter, liebevoller, empathidas Unsichtbare Theater als Thema hatte, scher, toleranter, fröhlicher und spielerischer
konnte die gute, engagierte Kollegin ja nicht werde !!!
wissen nach einiger Aufregung hat sie uns
dann aber vergeben...)
T H A L I A
S E I M I T U N S
- dass eine unserer Schülerinnen Vorsitzen- Bernd Köhler
de des TIBA – Ausschusses ( TP in AusbilTheatermacher und Menschwerder
dung und Berufsanfang ) des BuT war und
somit ein reger Austausch zwischen Ausbildungsinstituten bei uns stattfand.
- dass Schüler bei Praktika, Abschlüssen
oder Schultheatertagen mit externen Menschen die befreiende Wirkung, aber auch die
Grenzen von Theaterpädagogik hautnah erlebten.
- dass unzählige Begebenheiten des Schulalltages und manch schwierige Situationen
beim Theatermachen auch mit Humor und
mit Lachen über sich selbst, gemeistert werden konnten.
- u.v.a.m.
Außerdem war es mir vergönnt, als Schauspieler bei der angeschlossenen TheaterKompagnie-Stuttgart in fünf Stücken mitzu-
33
Interview / Michèle Grandjean L´Aubier, Schweiz
Was assoziierst Du mit der TheaterAkademie?
Damals hieß es Puck. - Wunderjahre! Cornelia und Christian, Mühe und Freude,
Freundschaften und Leichtigkeit der Schuljahren, ohne Verantwortung und mit viel
Spaß!!!
Warum bist Du an diese Schule gekommen?
Am Jugendseminar habe ich durch Cornelia
Lust bekommen, die Ausbildung zur Sprachgestaltung anzufangen.
Was machst Du heute?
Oh la la! Ich versuche... Ich habe 3 Kinder
erzogen und leite mit Christoph ein BioHotelRestaurant -Kulturort, mit allen menschlichen
Zwischenräume die dazu gehören (!!!) und
bereite mich vor, eine Ausbildung zur „Unabhängigkeit“ (beruflich und innerlich) innerhalb
unseres Betrieb anzubieten.
Was waren Deine lustigsten Momente an
der Akademie?
Hi hi hi… alle diese Momente, die nicht zur
Unterricht gehörten! Wenn Cornelia wieder
nach der verlorenen Hausschlüssel rief,
Wann hast Du Deinen Abschluss gewenn Gäste in unsere Mini-WG auf der
macht?
Waschmaschine mit einem Teller Spaghetti
saßen, wenn Thorsten seine Papiere mit1999
ten im Raum fallen ließ, wenn Marcus seine
Gitarre holte, wenn wir mit dem Puck-Bus
Was ist/ war Dein Lieblingsfach?
mitten in Berlin mehr oder weniger zufällig
Schwer zu sagen ! Sprachgestaltung mit Cor- unsere Wege fanden…
nelia oder Christian (ich merke sehr deutlich
Wie hat die TheaterAkademie Euch auf
wie sehr ich tief an mich selber arbeitete…)
den Arbeitsmarkt vorbereitet?
und die Inszenierungen von Projekten. (Das
kalte Herz, Sommernachtstraum, Der UnterBeruflich habe ich die Orientierung gewechgang...)
selt. Aber ich fühle mich ganz von diesen
Jahren ausgebildet im Sinne von dem, was
Was war Dein persönliches Highlight an
ich heute bin. Fast täglich bin ich mir beder TheaterAkademie?
wusst, dass ich diese oder jene Fähigkeit aus
Helena in Sommernachtstraum. Ich fühlder Puck Schule habe. Mir geht es sehr viel
te mich sehr anders, als ich im Leben bin!
um dieses Motto der ersten Jahren: „Nimm
Das war aufregend. Und ich dürfte meine
Deine Maske ab, komm, nimm Sie ab“. Ich
Haare dafür locken!!! Ich habe auch eine
möchte durch unsere bald entstehend Ausbilsehr schöne Erinnerung an den Sprechchor
dung in L’Aubier auch dazu beitragen, dass
„Puschkin“, das hatte mich sehr berührt. „Es
Jugendliche zu sich finden, und immer mehr
ziehen die Wolken, schwer und dunkel“ habe mit individuelle Fähigkeiten sich im Leben
ich noch zu Fuß in Rhythmus mit Christoph
bewegen.
rezitiert, als wir Richtung Stadtzentrum die
Treppe runtergingen! Das Kennenlernen von
meinem Mann (Oft denken wir an Euch, Christian und Cornelia!) der noch mein bester
Freund ist!
Worin hast Du Deinen Abschluss gemacht?
Theaterpädagogik und Sprachgestaltung.
34
35
Wissen erleben
Ich habe schon früh darüber nachgedacht
pädagogisch zu arbeiten. Schon deshalb,
weil ich einfach gern mit Menschen arbeite.
Lange wusste ich nicht in welche Richtung
ich mich wenden sollte. Zwei Praktika
und ein FsJ, die ich an Kindergärten
und dem Ganztagsschulprogramm einer
Waldorfschule absolvierte, brauchte es, um
für mich zu erkennen, dass die Berufe des
Erzieher oder Lehrer mir nicht ausreichten.
Die Arbeit mit den Kindern gefiel mir sehr.
Aber es fehlte mir etwas. Dieses „Etwas“
fand ich, als ich mich auf die Zeit meiner
Klassenspiele besann. Wir arbeiteten da
mit Theaterpädagogen zusammen. Deren
Art, Wissen nicht einfach nur stur zu äußern,
sondern dafür zu sorgen dass man sie im
Spiel selbst langsam begreift und aus der
eigenen Erfahrung kennenlernt, hat mich
unglaublich beeindruckt. Das Jahr, das ich
bisher an der Akademie verbringen durfte,
hat meine Meinung diesbezüglich bestärkt,
dass es der Beruf des Theaterpädagogen ist,
den ich ergreifen möchte. Ich habe so viele
neue Einblicke in die Theaterpädagogik
gewonnen, soviel über mich selbst, meinen
Umgang mit Menschen und den Umgang
mit Menschen allgemein gelernt. Ich würde
sogar soweit gehen zu sagen, dass ich es
nicht einfach nur gelernt, sondern erlebt
habe! Wenn ich also sage, dass es sich
für mich richtig anfühlt, die Entscheidung
getroffen zu haben Theaterpädagoge
werden zu wollen, dann meine ich es auch
so! Ich bin motiviert dieses Ziel weiter zu
verfolgen und auch zu erreichen und dabei
soviel mitzunehmen, zu erleben und zu
erlernen wie es nur eben geht.
Ich freue mich auf die nächsten Jahre!
Sebastian Hübl
2.Ausbildungsjahr Theaterpädagogik
36
Und danach... ?
Ich möchte Theater unter die Menschen
und vor allem unter Kinder und Jugendlichen bringen. Ich habe das Glück eine
Bühnenausbildung im Schauspiel zu erhalten und gleichzeitig theaterpädagogisches Handwerk zu erlernen. Es wäre ein
Traum von mir ein Format zu finden oder
zu erschaffen, indem ich Stücke entwickle
mit einer Gruppe von anderen Künstlern
und Theaterschaffenden und diese auf die
Bühne bringe, auf die Bühnen der Schulen, von kleinen Ortschaften und auch gerne anderer Länder. Gerne würde ich auch
mit einem Kinder - und Jugendtheater zusammenarbeiten.
Annemieke Döring, 4. Ausbildungjahr
Mein Ziel ist es nach der Ausbildung eine
Teilzeitstelle an einer Schule zu bekommen, an der ich gruppendynamisch und
am Unterrichtsmaterial mit den Schülern
arbeiten kann. Außerdem möchte ich eine
freie Jugendtheatergruppe leiten, in der
wir uns gemeinsam mit gesellschaftskritischen Themen auseinandersetzen.
Katrin Döringer, 2.Ausbildungsjahr
Das Wichtigste für mich ist das weite
Spektrum der Theaterpädagogik. Von
Kindern, über Menschen mit Beeinträchtigungen bis hin zur Justizanstalt agiert die
Theaterpädagogik und ich kann mir gut
vorstellen in diesen verschiedenen, aufregenden und erfahrungsreichen Bereichen
zu arbeiten.
Semjon Dolmetsch, 4..Ausbildungsjahr
„Ich knall Euch ab!“
Ich möchte Theaterpädagoge werden, weil
ich der Meinung bin, Themen besser zu
begreifen, wenn ich dazu etwas erlebt habe.
Folgendes Erlebnis hat mich in diesem
Wunsch bestärkt
Im November 2008 wurde das Campus
Theater Ensemble gegründet. Dieses
bestand, und besteht auch heute noch aus
Schülern und Theaterpädagogen. Unser
erstes Stück, hieß „Ich knall euch ab“ nach
dem gleichnamigen Roman von Morton
Rhue. Dieses Stück setzt sich auseinander
im Wesentlichen mit dem Thema Mobbing
an Schulen, Täter- und Opferrollen sowie die
mögliche Entwicklung eines Amoklaufes. Am
11. März 2009 ereignete sich in Winnenden
ein tragischer Amoklauf bei welchem 16
Menschen, der Schütze des Amoklaufes
mitgezählt, durch Schusswaffen starben.
Dieses Ereignis warf im Ensemble viele
existenzielle Fragen auf und wurde sehr
kontrovers diskutiert. Hauptsächlich stand
die Frage im Raum, wie wir mit dem Stück und
seinen Themen umgehen sollten, es hatte
durch den Amoklauf in Winnenden an Brisanz
gewonnen, und wir waren uns klar, dass wir
durch eine öffentliche Präsentation unserer
Arbeit auch sehr angreifbar werden würden.
Einige in unserem Ensemble sprachen sich
dafür aus, besser ein anderes Stück mit
anderen Themen zu suchen. Es sei zu heikel.
Ich habe mich für das Stück ausgesprochen.
Mir und vielen anderen Mitwirkenden hat
das Ereignis von Winnenden bewiesen,
dass es von unglaublicher Dringlichkeit ist,
diese Themen weiterhin zu behandeln, sie
öffentlich zu machen und sich jenen Fragen
zu stellen, die der Amoklauf aufgeworfen
hat, um dadurch auf diese aufmerksam
zu machen. Wir haben uns schlussendlich
für das Stück entschieden. Über 20
erfolgreiche
Aufführungen
gaben uns
recht. Das Ensemble wurde 2010 für diese
Inszenierung mit dem Karl-Mommer-Preis
2010 ausgezeichnet.
Die Theaterpädagogik hat seither mein
Berufsbild
und
meine
Persönlichkeit
geprägt. Ich bin stolzes Gründungsmitglied
eines Ensembles, durfte im selbigen viele
Funktionen ausüben. Ich war als Darsteller,
Anleiter oder Assistent. Alle Aufgaben
bereiten mir große Freude. Ich übernehme
gerne Verantwortung, habe Spaß am
Anleiten und möchte auch in Zukunft
mit anderen Menschen von der Bühne
aus wichtige Themen in der Gesellschaft
anregen. Ebenfalls Auch möchte ich die
gleiche Chance, die ich für meine persönliche
Entfaltung und Entwicklung gehabt habe,
anderen Menschen weiter geben. Diejenigen,
die mich seit 2008 mit Theaterpädagogik
begleiten, sind beinahe ausschließlich
ehemalige Schüler der TheaterAkademie
Stuttgart. Aufgrund Ihrer Persönlichkeit
prägen mich diese Menschen auch heute
noch. Ich habe mich darum bewusst für diese
Schule entschieden.
Ich bedanke mich und freue mich auf die
weitere Zeit.
Christopher Wittkopp
3.Ausbildungsjahr Doppelstudium Schauspiel/
Theaterpädagogik
37
Interview / Marius Ionescu, Bukarest
Was assoziierst Du mit der TheaterAkademie?
tert bin, um Scheinwerfer aufzuhängen. Was
er mir damals über Raum und Licht, Licht
und Stimmung alles erzählte - das war Gold
Die TheaterAkademie ist mein „Zauberwert. Über manche Bühnenbilder und LichtRucksack“ und wird immer bleiben. Ich kann stimmungen die wir nach 6-7 Stunden harter
überall damit hinklettern. Ich merke dass ich Nachtarbeit aus dem „Nichts“ gezaubert haimmer noch Nahrung und Kraft daraus zieben bin ich auch noch heute sehr stolz. Aber
he, auch wenn schon 13 Jahren vergangen
da waren noch viele Erlebnisse die genauso
sind.
wichtig für mich waren: eine gelungene Pyramide in Akrobatik, die Rollen in verschiedene
Warum bist Du an diese Schule gekomTheaterstücke , mein Theaterpädagogische
men?
Abschluss, oder dass man nach 4 Jahren an
Ich hatte Hunger… ich hatte Hunger für mei- der Akademie Zukunftshoffnungen hatte und
ne eigene Entwicklung , ich wollte etwas mit nicht Zukunftspessimismus. Und dass habe
ich noch heute, das sitzt tief in mir. Das ist
Kunst, Anthroposophie, Pädagogik studieschon ein Highlight, oder?
ren. Die Akademie hatte einfach alles was
ich damals suchte.
Worin hast Du letztendlich deinen Abschluss gemacht?
Wann hast Du Deinen Abschluss gemacht?
Ich wollte Theaterpädagogik studieren und
ich habe das auch gemacht
2002
Was ist/ war Dein Lieblingsfach?
Was machst Du heute?
Commedia dell arte mit Bernd Köhler. Das
Fach hatte einfach alles: viel Bewegung,
verschiedene Charakteren, Masken tragen
aber eigene Maske abnehmen, es hatte
Herausforderungen die mich manchmal an
meiner Grenzen gebracht haben. Es hatte
Humor und Ironie, es hatte Liebe und es
hatte Drama, Philosophie, Theatergeschichte und - es hatte einen genialen Bernd Köhler. Es war eine lustige, glückliche Zeit…alle
Tränen inbegriffen!
Ich sage gerne dass ich irgendwie immer
noch Theaterpädagoge bin… auch wenn in
meinem Arbeitsvertrag “ Operation Manager “ geschrieben steht. Also offiziell führe
ich Teams in globale Wirtschaftsprozesse.
In den letzten 10 Jahren habe ich verschiedene Teams für große Konzerne wie Oracle
oder Schneider Electric von Kenya bis in der
Schweiz erfolgreich geleitet. Und manchmal
finde ich Leute, die merken, dass ich eine
“andere Sprache” spreche, dass ich nicht
100% der “Business Typ” bin und fragen
mich neugierig was ich studiert habe. Ich
habe keine Wirtschaftsausbildung, keine Manager MBA Training, meine “Management
Methoden” kommen 90% aus dem Kunstbereich. Und irgendwie klappt das… .Klar, es
ist nicht immer einfach, man muss immer die
Menschen und auch die Ziffern sehen . Aber
an der Akademie hab ich verstanden, dass
Kunst eigentlich Leben ist, man soll sie nicht
auf der Bühne sehen und dann vergessen.
Kunst ist Soziale Kompetenz und vernetztes
Was war Dein persönliches Highlight an
der TheaterAkademie?
Kann ich nicht objektiv bewerten, dass sollten meine Lehrer oder Kollegen wissen. Für
mich persönlich gab es immer ein Highlight ,
ich erinnere mich jetzt an dutzende Nächte
während der Tourneen wo ich zusammen
mit Christian Schlösser bis in die Frühe
Bühnenbilder aufgebaut haben und in alle
unmöglichen und gefährlichen Ecken geklet-
38
Denken, ist Ehrlichkeit zu dir und zum anderen. Wenn Kunst Leben ist, dann sollte sie
überall in unseren Leben möglich sein, auch
oder um so mehr in dieser globalisierten
Wirtschaft. Und das Theater hab ich auch
nie aufgegeben, ich spiele noch sehr gerne,
immer wenn ich Zeit habe, auch wenn es nur
nebenberuflich ist. Letzes Mal habe ich in
Bukarest mit “Logos Theater Ansamble” in
“Was ihr wollt” den Narren gespielt.
Was waren Deine lustigsten Momente an
der Akademie?
Oh, das waren viele… der erste Kontakt mit
der Schule…September 1998, Christian rief
mich an und fragte ob ich bei “Hamlet “mitmachen will. Jaaaa, klaaarr… Ich wurde gerade an der Akademie aufgenommen und ich
darf schon in Hamlet mitmachen? Toll! Ich
sollte die Wache spielen, mich erschrecken,
am Rande der Bühne mit der Hellebarde drohen: “Wer da? Ihr steht mir Rede! ” Ich hatte
keine Ahnung über nichts, aber ich versuchte so gut wie möglich mit der Hellebarde zu
spielen (und ich war total stolz über meine
Leistung). Ich “spielte” fast mit Augen zu,
die Hellebarde drehte sich durch die Luft
immer sicherer... Irgendwann kurz vor Premiere kam aber Christian zu mir, nahm mich
bei Seite um die Schultern und fragte mich
besorgt und sehr väterlich …”ich will Sie
nicht durcheinander bringen, Sie machen
alles ganz prima … aber sind Sie sich bewusst, dass wir mit Publikum spielen, nicht
wahr ? Es wäre dann sinnvoll, wenn Sie die
Hellebarde in die andere Richtung bewegen,
wissen Sie, auch wenn bei uns viele Rollen
“sterben”, die Zuschauer sollten am besten
überleben, ansonsten gibts morgen Abend
keinen Applaus …”Ups… es stimmte, ich
war mir gar nicht bewusst ,dass meine Hellebarde die erste 2 Reihen erwischt... Dann
waren noch die “Derniere –Witze” zwischen
Kollegen... “Was ihr wollt” 2001. Ich spielte
ab und zu den Antonio, irgendwann kam ich
in Handschellen auf der Bühne. Nach dieser
Szene sollte ich mich sehr schnell umziehen
und noch mit dem Bühnenbild helfen. Und
meine netten und süßen Kollegen klauen
mir den Schlüssel von den Handschellen
aus dem Mantel und lassen mich in Stich…
Habt ihr mal probiert hohe Stiefel und Lederhose mit Handschellen im Dunkeln auszuziehen während deine Unterwäsche aus
Versehen noch an der Kette von den Handschellen festklemmt ? Dann wisst ihr warum
ich paar Jahren später als Vater kein Problem hatte Pampers von meinen Kindern
mit einer Hand zu wechseln.
Wie hat die TheaterAkademie Euch auf
den Arbeitsmarkt vorbereitet?
Ich konnte schnell Arbeit finden, egal ob ich
in Deutschland oder Rumänien lebte. Ich
bin der Meinung dass die Akademie einen
großen Teil dazu beigetragen hat, dass die
jungen Menschen, die wir damals waren
sich noch heute täglich bemühen etwas
Eigenes zu erschaffen und kreativ zu sein.
Und wenn man lernt kreativ zu sein, dann
braucht man sich keine Sorgen machen.
Da versteht man schnell, dass ein Diplom
für die Arbeitsmarkt doch nicht so wichtig
ist. Wichtig ist was du wirklich kannst und,
noch wichtiger, was du lernen kannst. Und
genau das hat mir die Akademie gegeben:
die Wille immer die Welt neu zu entdecken,
immer lernen zu wollen.
39
Nicht immer „Ziemlich beste Freunde“
Haben Sie sich schon einmal gefragt, warum
ein 23 jähriger Theaterstudent, der eigentlich
keine Motivation hat, den Hamlet spielen
soll? Sicher haben Sie sich das noch nicht
gefragt. Ich aber. Und Sie jetzt auch.
Es gibt diese Momente im Leben, da fragt
man sich, was mache ich hier eigentlich?
Beantworten kann man das meistens erst,
wenn es vorbei ist. „Haml it“, so nenne ich
die Zeit bis zur Premiere, war so etwas für
mich.
Hamlet – der Dinosaurier des Theaters. Als
ich von dem Angebot erfuhr den Hamlet
spielen zu dürfen, hatte ich meine erste
Begegnung mit eben diesem monströsen
Ungetüm. Mit diesem Urgestein „Hamlet“.
Ich kann Ihnen, verehrte Leserschaft, gleich
im Voraus sagen: Sie irren sich, wenn Sie
denken, dass Hamlet sich wesentlich von
einem Dinosaurier unterscheidet. Für den
Zuschauer - ja. Aber für mich - nein. Können
Sie sich vorstellen, wie es sich anfühlt, die
ganze Zeit diesen Text im Kopf zu hören,
„Sein, oder Nichtsein, das ist hier die Frage?“:
Man kommt sich irgendwann vor wie ein Irrer.
Man stelle sich das einmal vor: du wachst auf
und denkst als erstes „Sein, oder Nichtsein“,
beim Frühstück geht es weiter, „Sein, oder
Nichtsein“, unter der Dusche prasselt der
Regen gemütlich gegen das Dach, „Sein,
oder Nichtsein“, wenn du über die Straße
gehst, wird es plötzlich existenziell, „Sein,
oder Nichtsein“ und wenn du es überlebt
haben solltest, kommst du an und das erste,
was du an diesem Morgen aussprechen wirst
ist: „Sein, oder Nichtsein“. Monologprobe.
Da haben Sie‘s! Anders war das bei den
Dinosauriern auch nicht. Hamlet - Ich - darf
- (soll)- sein – will - spielen? Ich darf den
Hamlet spielen! Ich muss mich vermutlich
jetzt freuen.“ Vermutlich. Jeder andere
Schauspieler würde den Eindruck bekommen,
dass bei mir ein großer Irrtum vorliegen
muss. Nämlich, dass sich der Schauspieler
zu freuen hat, wenn er eine große, nein, eine
der größten Rollen bekommt, und das sogar
40
ganz ohne Bewerbung. Andernfalls hätte er
den Beruf verfehlt. Ich wusste das und blieb
stumm. Nicht weil ich gerührt war. Nein, ich
war entsetzt. Hamlet, der T-Rex, hatte mich
gleich zu Beginn unseres nicht immer innigen
Verhältnisses in die Ecke gedrängt. Mein
Problem war, dass ich genau wusste, wie
meine Umwelt meine fehlende Euphorie für
diese Chance aufnehmen würde. Es war zu
dieser Zeit für mich schlicht und ergreifend
unmöglich zu glauben, dass ich den Hamlet
spielen soll und kann, und schon gar nicht in
der TheaterKompagnieStuttgart. Die ganze
Welt, und natürlich offenbart sich hier mein
Hang zur Dramatik, denn es war mitnichten
die ganze Welt, sollte mir also zusehen, wie
ich mit dem Raptor Hamlet ringe, mit nichts
anderem bewaffnet, als einem Frosch im
Hals. Ich frage mich an dieser Stelle, ob Sie
sich, lieber Leser, immer noch fragen, wie
ich zu einem solchen tierischen Vergleich
gekommen bin? Ich hoffe nicht. Einzelheiten
meiner Ängste möchte ich nämlich nicht
sonderlich gerne beschreiben, aber ich kann
Ihnen versichern, es gab Ihrer tausende.
Wie kommt es, dass ich den Hamlet nun
dennoch spiele? Weil ich ein Feigling war.
Natürlich äußerte ich meine Bedenken.
Oftmals sogar vehement. Aber aus Angst,
es nachher zu bereuen, entschied ich mich
für eine Zusage. Egal, welche Entscheidung
ich getroffen hätte, eine feige Entscheidung
wäre es geblieben. Es war also so oder so
die Angst vor dem Spott „der Anderen“. Im
Nachhinein habe ich festgestellt, dass es die
Furcht vor meinen eigenen Erwartungen war.
Die Entscheidung war gefällt. Es wurde
leichter. Ein Tennistrainer sagte mir einmal
nach zwei harten Trainingswochen: „Paul,
jetzt nicht mehr Schnecke, jetzt Ente!“ Und
genauso war es jetzt auch! Es fühlte sich
scheiße an, entschuldigen Sie. Immerhin
konnte ich jetzt gegen den Saurier an quaken!
Ein erheblicher Gewinn, wenn sie mich fragen.
Vom Davonfliegen war noch nicht die Rede,
geschweige denn vom Kampf. Hören Sie
bitte genau hin „anquaken“. Hören Sie das?
Es klingt einfach jämmerlich, wenn man sich
dagegen das Röhren eines Tyrannosaurus
Rex vorstellt.
ein Mensch zu sein, was tue ich eigentlich
nicht aus Egoismus - wirklich nicht? Wenn
man genau hinsieht ist es unglaublich wenig
und je öfter man hinsieht, desto schwerer fällt
es zu(zu)beißen. So gesehen bin ich nur die
Aus der Verzweiflung heraus wurde mein Möglichkeit eines Menschen. Vielleicht sogar
Quaken, teils mehr, teils weniger, und leider nur die Möglichkeit einer Möglichkeit.
auch zum Bedauern meiner übrigens sehr
verehrten Kollegen, immer lauter, und rauer. Hamlet ist also kein Saurier. Aber für mich
Nach viel, viel Entengeschrei rückte die ist er einer, denn ich muss mit ihm kämpfen.
Premiere plötzlich unbarmherzig näher und Aus der Retrospektive bin ich froh, wie es
das war gut so. Denn plötzlich war da etwas, gekommen ist. Es kommt nicht immer darauf
dass wichtiger war, als meine Angst, nämlich an, seine Ängste zu bezwingen, es kommt
das Stück. Und weil mein Gequängel sich nicht immer darauf an, mutig zu sein. Ich habe
nach wie vor nach Quaken anfühlte, richtete nur versucht, das Rückgrat zu entwickeln,
sich mein Interesse auf andere Dinge. Vom meine Schwachheit auszuhalten. So lange
Projektor, bis zum Bühnenbild war ich davon ich das ertrage, kann ich meinem T-Rex
eingenommen. Der Dinosaurier musste auf ebenbürtig werden und gegen ihn antreten.
einmal um Aufmerksamkeit betteln.
Ich bin froh, dass ich mein Monster noch nicht
getötet habe, dass ich es nicht bezwungen,
Ohne es zu bemerken, fand ich mich in oder besiegt habe, denn dann würde ich nie
einer Gemeinschaft wieder. Plötzlich war wieder die Frage stellen können: Sein, oder
aus dem Einzelphänomen Paul Hamlet Nichtsein - denn das ist nach wie vor die
etwas völlig anderes geworden. Viele Frage.
Abende nach den Proben und viele Sam und Sonntage verbrachten wir gemeinsam Paul Schlösser
damit das Bühnenbild zu bemalen, Nebel
4. Ausbildungsjahr Schauspiel & Sprache
und Projektormaschine auszutesten, oder
Requisiten zu finden. Die Rolle Hamlet
war mir einfach unwichtig geworden. Es
eröffneten sich durch den sprichwörtlichen
Bau des äußeren Rahmen des Stückes
ganz
natürliche
Spielmöglichkeiten.
Schließlich war es soweit und wir kamen
zum Startschuss unserer Tournee. Der
T-Rex verließ mich nicht aber ich wusste,
dass ich mich nur konzentrieren musste, um
gegen ihn anzutreten. So schenkte mir mein
Zweifel, ohne dass ich es wahr haben wollte,
eine Nähe zu Hamlet, die ich ansonsten
wohl nie kennen gelernt hätte. Ich konnte
anfangs einfach nicht zubeißen. Das ist wohl
(fast) das Wesentlichste, was Hamlet, neben
den Schuppen, von einer Killermaschine
unterscheidet. Er kann nicht zubeißen, auch
wenn es richtig ist. Aber ist es das? Wir geben
viel darum „Mensch“ genannt zu werden und
manchmal frage ich mich, was tue ich dafür
41
Als ich den 1. Clown im Hamlet spielte
Am Mittwoch, 25. Februar 2015, war es
endlich soweit: der Abend der Premiere
von „Hamlet“ im Stadttheater Lindau war
gekommen. Man spürt Backstage die
Anspannung aller Beteiligten. Wie wird das
Publikum unser dreieinhalb Stunden-Werk
aufnehmen? Die gestrige Generalprobe war
recht gut. Aber heute geht’s um die Wurst,
um „Sein oder Nichtsein“ im wahrsten
Sinn des Wortes. Das ganze Ensemble
wird zu einem einzigen, komplexen Körper
und nur indem jeder seine Position so gut
wie möglich ausfüllt, kann dieser Körper
agieren und heute die Bühne rocken: ich
selber bin eine der Zehen, Paul der Kopf,
und dazwischen das restliche Ensemble –
und alle sind wir aufeinander angewiesen.
Die Vorstellung beginnt und auch hinter
der Bühne wird es ruhig. Ich kann nur sehr
subjektiv zurückschauend und -spürend
über die Ereignisse berichten, da meine
objektive Wahrnehmung etwas getrübt ist
durch meine Auseinandersetzung mit einem
hartnäckig arthritischen Knie. Am Anfang
war die Anfrage. Auf jeden Fall - als ich dann
Cornelia und Christian im Kaffeehaus traf,
war mir klar, da sitzen mir zwei gegenüber,
die brennen für das, was sie tun. Es machte
mich neugierig, mit so einer jungen Truppe
das Wagnis „Hamlet“ mitzuerleben und
habe es nicht bereut. Schon nach dem
ersten, naturgemäß noch etwas holprigen
Teildurchlauf im Probenraum war ich verblüfft
über die beachtliche Ensembleleistung. Das
Alter der Darsteller war perfekt für diese
Figuren. Zeitweise floss das Testosteron
nur so von der Bühne; was ich sah war wild
und ungestüm und kraftvoll. Dazu passte
natürlich Alessandras mädchenhafte Ophelia
auf tragische Weise: die Knospe der Liebe ist
kaum erwacht und schon latscht das Objekt
der Begierde gnadenlos drauf herum. Und
wenn dann eine Schauspielschule das Glück
hat, dass einer ihrer Eleven den Hamlet so
grandios stemmt, dann schließt sich der
Kreis. Paul zeigte mir einen Hamlet, wie
ich ihn mir immer vorgestellt habe: zärtlich,
42
leidenschaftlich, lieb, witzig, verzogen,
bösartig, zornig, berechnend, rücksichtslos.
Das Ensemble schafft der Hauptfigur
eine perfekte Spielwiese, um sich darauf
austoben zu können – that’s the name of
the game. Die Premiere war erfolgreich, das
Publikum begeistert, es hat einfach Spaß
gemacht. Auch die weiteren Vorstellungen
liefen toll. Ich musste zwar immer gute
zweieinhalb Stunden auf meinen ersten
Satz warten, aber das war’s mir wert. Es
hat wohl auch damit zu tun, dass ich mich
in diesem Ensemble auch menschlich sehr
wohl fühlte. Nach der Vorstellung staunte
ich jedes Mal, wie flott die Jungs dieses
beeindruckende, mächtige Bühnenbild in
überschaubare Portionen zerlegten. Ja, ich
freue mich auf die weiteren Vorstellungen.
Dass die Studierenden die Chance haben,
in der hauseigenen TheaterKompanie
schon während der Ausbildung die Wildnis
des Bühnenlebens - gemeinsam mit
berufserfahrenen KollegInnen - erleben
zu können ist von unschätzbarem Wert.
Liebe TheaterAkademie, ich gratuliere zum
20. Geburtstag. Macht weiter so, Cornelia
Elter-Schlösser und Christian Schlösser,
macht weiter so!
Gerhard Polacek, Schauspieler
Schauspieler & Sprecher
Fotos Svenja Lorenz
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44
45
2005
2009
46
Griechenland 2005 und 2009
Freiheit ist zu wissen, warum ich bin. Freiheit ist nicht, tun und lassen zu können, was man
will, sondern Freiheit heißt, zu verstehen, warum ich bin. Wenn ich weiß, warum ich bin,
bin ich selbst Ursache alle meiner Handlungen.
Joachim Daniel
aus dem Vortrag „Ein Gott erscheint“
Der Kunsthistoriker und Philosoph Joachim Daniel gehörte lange Jahre zum Dozentenstamm
der TheaterAkademie. Seine Kurse über Kunstgeschichte, Philosophie, Anthroposophie und
Rhetorik sowie zwei Reisen nach Griechenland 2005 und 2009 gehören zum Wesentlichsten,
Eindrücklichsten und Dichtesten was in den zwanzig Jahren ihres Bestehens an der Akademie
gelehrt wurde. Eines der zentrales Themen seines Lebens war die Entstehung des Theaters
aus den griechischen Mysterien und die damit verbundene Annäherung an die Frage „Was
ist die Aufgabe der Kunst“. Er konnte junge Menschen wie kein anderer für Philosophie und
Kunst begeistern, was besonders eindrücklich während der Griechenlandreisen sichtbar
wurde. Er fehlt uns noch immer.
Cornelia Elter-Schlösser
... Ein Mythos, das ist... eine Darstellung, so sagt Platon. Es ist eine Mimesis. Was ist eine
Darstellung? Was ist eine Darstellung im Sinne der Kunst? Es ist die Enthüllung von etwas,
was das Wesen selbst nicht enthüllen kann, sondern, was nur dadurch, dass es in einem
anderen Wesen, in einem anderen Medium zur Erscheinung gebracht wird, sichtbar wird.
Mythos heißt auf Griechisch ursprünglich nichts weiter als Wort. Malerei macht sichtbar,
was unsichtbar ist. Musik macht das Unhörbare hörbar, der Mythos macht das Unfassbare
fassbar, denn die Götter sind unfassbar. Zu dem ganz Wenigen, was wir von den griechischen
Mysterien in Eleusis wissen, gehört, das die Mysterien in drei Stufen begangen wurden.
Diese drei Stufen tragen auf Griechisch die Namen „dromena“, dass heißt Begehungen,
„legomena“ das heißt Lesungen, „deiknymena“ das heißt Zeigungen. Ein Bild zeigt man;
ein Wort hört man; Begehungen macht man. Was im Wesen der Kunst sichtbar wird: dass
aus der Handlung, die ein Bild als Darstellung eines Wesens erzeugt, etwas erfahrbar wird,
das ist das, worum es in den Mysterien ging, wenn ein Wesen erscheinen sollte. Denn das,
was wir heute Kunst nennen, das stand damals noch in der Dimension, in die es ja auch
eigentlich gehört: in der Wesensoffenbarung. Dazu muss man aber wissen, wie man so
handelt, dass in dem Bild, das erzeugt wird, das Wort der Götter hörbar ist...
Bild, Wort, Handlung. In allen Mysterien, zu allen Zeiten, geht es immer um diese Dreiheit:
das Wesen zu erfassen durch Handlung, Bild und Wort.
Joachim Daniel
Auszüge aus dem Vortrag „Ein Gott erscheint - Mythos und Wesen der Persephone“ 2. November 2008
47
Griechenland 2005 2009
48
49
50
51
Auf der Reise
Erinnerungen an Joachim Daniel
Am 17.Oktober 2009 verstarb überraschend
der Kulturwissenschaftler Joachim Daniel
im Alter von 49 Jahren. Seine Freunde
Wolfgang Held und Philipp Tok, zeichnen
persönliche Schlaglichter eines vielseitigen
Lebensporträts.
Es waren Kurzvorträge über Ästhetik
im Rahmen des Theaterfestivals am
Goetheanum. Spiel und Fantasie waren
Thema: Joachim Daniel erzählte, wie er als
Junge mit Spielkameraden einen Erdhügel
zum Schiff erklärt und ein an einer Stange
montierter Mülleimer als Ausguck diente. Wir
Zuhörer saßen mit ihm in dem imaginären
Boot und verstanden, dass die, die damals
‹übers Wasser gingen›, Spielverderber
waren und dass die, die Grasbüschel zu
schwimmenden Inseln erklärten, gut spielen
konnten. Dann kam der zentrale Gedanke:
«Spiel braucht Regeln, und Spielregeln darf
man nur brechen, wenn es zur Steigerung
des Spiels führt.» Ein Gedanke mit Kraft. Weil
er über sich hinausweist und nicht Endpunkt,
sondern Anfang ist, weil er den Ernst der
Kindheit erklärt ...
Joachim Daniel gelang es in den vergangenen
Jahren, das Wesentliche... zu erfassen.
Seine gedankliche Sicherheit ließ... eine
besondere Nähe zwischen ihm und dem
Publikum entstehen. «Weißt du, warum man
Kinder nicht karikieren kann? Weil sie immer
wesentlich sind.» Diesen Satz von Friedrich
Benesch zitierte Joachim Daniel gerne und
unvermittelt.
Vorausgehend
Viele Redner holen ihre Gedanken aus den
Zuhörern, formen während der Rede die
Ideen. Anders Joachim Daniel: Er begann
erst, wenn er den Gedanken vor sich
hatte... Den Weg zum Wesentlichen hatte
er alleine beschritten und geebnet, bevor
er das Publikum an die Hand nahm. Das
galt geistig wie physisch. Auf seinen über
52
60 Studienreisen war es Joachim Daniel
unerträglich, durch eine Landschaft zu führen,
die ihm nicht vertraut war. Für die Studienreise
nach China im letzten Sommer unternahm
er deshalb einen fünftägigen Höllenritt, um
Minggräber, Mauer und Konfuziushain vorab
in Augenschein zu nehmen. Er konnte sich
in einem halben Tag ohne Unterbrechung
in Aristoteles’ ‹De Anima› vertiefen, dabei
wie sein früherer Lehrer Jörgen Smit mit
Kugelschreiber ganze Absätze brandmarken
Bald nachdem wir uns 1992 kennengelernt
hatten, fragte er mich, ob er mir von 13.00
bis 14.00 Uhr astronomische Fragen stellen
könnte. Erst am nächsten Tag verstand ich,
dass er diese Zeit ‹täglich› meinte.
Tanzender Philosoph
Es gibt vermutlich kaum jemanden mit einer
solch umfassenden Bildung und einer so
kleinen Bibliothek wie Joachim Daniel und
oft war es nur ein Autor, der für ihn zum
Gesprächspartner wurde. Er ging nicht nur
auf das Wesentliche zu, sondern fand auch
jeweils einen wesentlichen Einstieg. Erst war
es Platon, dann Aristoteles und schließlich
Georg Picht, bei dem er die Brücke zwischen
Philosophie und Kunst fand... Kurz vor Ende
seines Studiums in Altertumswissenschaft
und Sprachwissenschaft in Tübingen wurde
ihm Nietzsches Satz «Ihr Philosophen,
werdet Tänzer!» zum Anlass, statt einer
vorgezeichneten akademischen Karriere...
Eurythmie zu studieren.
Er kam in den engen Schülerkreis von
Jörgen Smit und hörte in den persönlichen
Gesprächen mit seinem Lehrer den Satz:
«Dein Leben ist eine Fuge, und du musst
lernen, die Teile zu einem Ganzen zu fügen.»
Das Eurythmiestudium wurde eine neue
Melodie für Joachim Daniel, der während der
Oberstufe in der Hockey-Bundesliga spielte
und bei politischen Unruhen in der vorderen
Reihe stand.
Joachim Daniel konnte seine Ehe mit Helga
Daniel nicht aufrechterhalten, folgte aber
ihrem Rat, Griechenland zu besuchen. Dort
fand er seine zweite Heimat, die er in den
folgenden 20 Jahren über 50 Mal bereiste. –
Schon bald konnte er sich mit griechischen
Bauern
oder
Museumswächtern
auf
Neugriechisch unterhalten. Er notierte:
«Wenn die Erde ein Leib ist, dann sind in
Griechenland die Augen.“
Daniels Wesen, dass er bei aller Lebensfülle
und Lebensliebe früh den Tod ins Angesicht
nahm. Vermutlich schenkte ihm dieser
innere Kampf seine Überzeugungskraft und
Urteilstiefe.
Vor 20 Jahren schrieb er folgendes Gedicht,
überschrieben mit der mediterranen Pflanze
(Hintergrundbild), die im griechischen Mythos
das Reich der Verstorbenen bewächst. |
Joachim Daniel war auf der Reise. Leiblich Wolfgang Held
und geistig. War es vor 15 Jahren der in „Das Goetheanum“ 19.November 2009
Aphaia-Tempel auf Ägina, der für ihn zum
Asphodelos
Schlüssel wurde, war es vor zehn Jahren
Du
willst
den
Weg der Freiheit geh’n
der Mithras-Kult, den er als Dramaturg
Und kennst den Fels auf dem Du gründest?
eines künstlerischen Projektes studierte,
Der Gang zum Quell ist niemals schön
so folgten Julian Apostata, dann Luther,
Bis er sich ganz zu Dir geründet.
Nietzsche, Schiller und der Islam – und
Ich singe Dir ein altes Lied
immer gründlich. Wo er den Kern nicht fand,
Von Tod und Einsamkeit;
da ließ er ab. Wie die Gipfel, die er auf den
Das Licht hat keinen festen Grund –
Wanderungen bestieg, wurde jedes Thema
Bist Du auch schon bereit?
zum Aussichtspunkt auf neue Gebiete.
JoachimDaniel
Beschrittenes wurde nicht abgelegt, sondern
fand seinen Platz in seinem sich fortwährend
weitenden Kosmos.
Sein Gedächtnis erstreckte sich über einen
weiten Fundus an Zitaten, Geschichten und
Gedanken, aber auch über die Ergebnisse der
Endspiele der Fußballweltmeisterschaften.
Die Trauerfeier für Joachim Daniel...
gab mit den fast vierhundert Gästen ein
eindrucksvolles Bild der vielen inhaltlichen
Beziehungen, in denen er stand...
Joachim Daniel hatte eine kämpferische
Natur, und gerade deshalb war es ein
besonderer Anblick, als bei der Reise zur
Sonnenfinsternis in der Türkei eine Taube
während der Finsternis-Totalität ihren
Kopf auf seinen Fuß legte. Es gehört zu
Joachim Daniels Wesen und irritierte seine
Umgebung immer wieder, dass er sowohl
Durchsetzungsvermögen und Kraft als auch
Einfühlungsvermögen und Milde besaß. Es
gehört zum Widersprüchlichen in Joachim
53
Tragödie und Mysterium
Geschichte, Hintergründe und Bedeutung des Theaters in der Antike
Studienreise der Theater-Akademie-Stuttgart nach Griechenland mit Joachim Daniel
27. August bis 11. September 2009
Die Griechenlandreisen mit Joachim
Daniel! Zwei Mal schafften wir es, mit
praktisch allen Studenten der Akademie
das Land der Achäer zu besuchen, die
Quelle des mitteleuropäischen Theaters,
der Demokratie, der westlichen Kultur. Über
fünfzig Menschen versuchten während der
nächtlichen Fahrt zu schlafen - in einem Bus,
und rund tausend Kilometer Richtung Italien
vor sich. Am Hafen von Anconas mit der
Fähre weitere 21 Stunden, bis wir endlich
in Griechenland angekommen waren, müde
(denn geschlafen hatte kaum einer), aber
voller Spannung, was uns erwarten würde.
Eine erste inhaltliche Einführung hatte
schon auf der Fähre stattgefunden. Eine
wunderbare Einstimmung auf die vielen
Erlebnisse und Gedanken, die uns Joachim
in dieser kommenden Zeit vermitteln würde.
Zuerst fuhren wir nach Olympia, einem der
bedeutendsten Tempel der Antike. „Eintrete
wer rein ist – rein ist aber wer heiliges denkt“ so
die damalige Inschrift vor dem Haupteingang
der olympischen Anlage. Und damit begann
ein Abenteuer, das allen, die dabei sein
durften, sich unvergesslich einprägte, und
von dem heute noch viele Ehemalige sagen,
es sei ein Höhepunkt in ihrer Ausbildung
gewesen: die Auseinandersetzung mit
Mythen und Denkweisen der alten Griechen,
ihr besonderer Umgang mit dem Theater
als Teil ihrer Heilstätten , das eigene und
unglaubliche Licht, das Griechenland
ausmacht und nicht zuletzt das intensive
Gemeinschaftserlebnis,
das
uns
als
Schulgemeinschaft auch noch lange nach
diesen Reisen trug. Archäa Phigalia war
unser zweites Ziel, eine noch wenig erforschte
Stadt, an dessen Rand uns ein kleiner Tempel
erwartete. Dieser stand wie ein Wächter am
Anfang eines Pfades, der den Beginn eines
alten Einweihungsweges markierte, und
an dessen Ende dem Mysterienschüler ein
kleines Schauspiel begegnete: Dionysos
54
Akratophoros, der Gott des Rausches,
der reinen Wein einschenkt, trat darin auf,
er spiegelte dem Mysterienschüler seine
persönlichen Unvollkommenheiten.
Nach diesem sicherlich ernüchternden Spiel
wanderte der Schüler mit einem ThyrsosStab in der Hand in die Schlucht des Flusses
Neda herunter, wo dieser zwischen drei
Berghängen in einer Höhle verschwindet. Dort
unten wartete eine andere Göttin auf ihn, die
schwarze Demeter, die Herrin der Pest und
der Krankheiten. Diesen Abstieg beschritten
auch wir schweigend, so wie damals der
Einweihungsschüler, im Gespräch mit uns
selbst. Unten in der Schlucht angekommen,
befanden wir uns mitten in einer stillen,
paradiesischen Landschaft, mit kleinen
unberührten Seen kristallklaren Wassers,
die bei den sommerlichen Temperaturen
zu einem erfrischenden Bad einluden. So
intensiv die Schönheit dieses Ortes auch
war, eine besondere Trauer lag über ihr,
und es bedurfte einiger Zeit, bis wir die
Beklemmung des Ortes überwunden hatten
und uns den „griechischen Badefreuden“
widmen konnten. Mit unserer Wanderung in
die Schlucht waren wir offenbar auch seelisch
gewandert, jeder in den eigenen inneren
Abgrund und immer klarer wurden Joachims
Worte: „ein Tempel ist das Haus eines Gottes.
Er ist die Kristallisation der Landschaft. Dort,
wo eine Stimmung besonders stark erlebbar
ist, da ist der Gott anwesend und dort haben
die Griechen ihm ein Haus gebaut.“ Später
konnten die „Härtesten von uns“ noch in der
Dunkelheit durch die tiefen Gewässer der
Höhle schwimmen. Am Ende eines Tunnels
angelangt konnte man verstehen, warum die
alten Bewohner des anliegenden Dorfes auch
heute noch sagen, dort dürfe man nicht hin,
denn da tanzten die Nereïden… Am nächsten
Tag erwartete uns die Tempelanlage bei
Messene, dem Asklepios geweiht, dem Gott
der Heilkunst. Er lehrte, dass die Krankheit
selbst bereits der Beginn der Heilung sei.
Joachim erklärte uns, dass man Platos Worte,
der Mensch sei die Krankheit des Kosmos,
nur verstehen könne, wenn man diese
asklepiadeischen Gedanken einbeziehe und
dass nach dieser Auffassung das Universum
den Menschen zur Vervollkommnung
brauche! Des Menschen Freiheit sei sein
größtes Gut, zugleich aber auch seine größte
Unvollkommenheit, denn dieses frei sich für
etwas entscheiden zu können bedeute eben
auch, sich gegen den Menschen und die
Menschlichkeit entscheiden zu können. Auf
dem Rückweg mussten diese Gedanken erst
einmal „verdaut“ werden. Am nächsten Tag
verließen wir unseren Campingplatz und nach
einem Besuch des gigantischen Theaters
in Epidauros, sowie der mit dem Theater
verbundenen und angrenzenden Heilstätte,
fuhren wir gen Westen. Unterwegs hielten
wir in den bergigen, Schwindel erregenden
Höhen von Bassai. Hier in dieser wüsten,
steinigen Gegend steht ein ganz einmaliger
Tempel zu Ehren Apolls, der an diesem Ort
mit einem besonderen Beinamen verehrt
wurde – Epikourios, der Heilende. Von hier
aus erstreckt sich eine klare Sicht bis an
den Horizont. Hier lehrte uns Joachim die
Geometrie der Landschaft zu sehen und sie
zu verstehen. Wir zogen imaginäre Linien von
Eleusis nach Samothrake bis nach Ephesos,
Delphi stand jetzt in einem imaginären
Dreieck mit Olympia und Epidauros. Diese
Tempel mussten demnach in Beziehung zueinander gebaut worden sein, wir staunten.
Welche Weisheit der Erbauer. Das Rätsel
Griechenland barg mit jeder Station neue
Überraschungen. Weiter fuhren wir zu
dem Orakel von Delphi, besuchten das
Totenorakel, die Quellen des Acheron, einen
der Eingänge des Hades, und das berühmte
Orakel von Dodona. Am Fuße einer Eiche
sitzend lauschten wir Joachims lebendigem
Vortrag, der über den Weg der Luft vom
Geräusch bis hin zum gesprochenen Wort
erzählte…Und so wurden Rätsel für Rätsel
gelöst und Unverständliches verständlich und immer wieder neue Fragen aufgeworfen.
Es entstand für uns ein vielschichtiges Bild aus
Mythos, Geschichte, Mysteriengeschichte
und tiefer Weisheit. Vor allem aber: der
Sinn des Theaters wurde immer deutlicher,
Herkunft und Aufgabe unserer Kunst. So
probierten wir auch einige Male selbst, wie
griechisches Schauspiel wohl ausgeübt
worden sein mag, die tänzerischen
Bewegungen der antiken Schauspieler, die
Sprechchöre, und waren tief berührt von
der unglaublichen Akustik und Präsenz der
antiken Theater. Auf der Rückreise nach
Stuttgart fragte ich eine Studentin, wie sie
die Reise fand, bzw. ob sie mit den Inhalten
etwas anfangen könne. Sie antwortete fast
empört, „warum wird das nicht in den Schulen
gelehrt? Das ist so unglaublich spannend und
wichtig! Eigentlich müsste jeder diese Reise
machen.“ Mit großer Bestürzung erfuhren
wir, dass Joachim am 18.10.2009, im Alter
von 49 Jahren verstarb. Ganz plötzlich, ganz
allein, in einem Hotelzimmer, mit seinen
Büchern. Wie immer, unterwegs. Nur diesmal
eine größere Reise…
Große Ehrfurcht und Dankbarkeit diesem
Menschen! Dank auch an Cornelia Elter und
Christian Schlösser, die uns so wunderbares
ermöglichten.
Jidu Emiliano Pasqualini
Schauspieler, Sprecher, Theaterpädagoge,
Ehemaliger TheaterAkademieStuttgart
Joachim Daniel
55
Meinem Traum ein Stückchen näher
Schon als Kind lagen meine Interessen
im künstlerischen und kulturellen Bereich.
Tanz, Theater, Musik und Kunst begleiten
mich schon seit meiner Kindheit. Im frühen
Alter begann ich Instrumente zu spielen,
Turnier zu tanzen und zu schauspielern. Es
bereitete mir immer Freude mein Können vor
Menschen zu präsentieren.
Schauspielmethoden, die ich an der Schule
gelernt habe, weiß ich mich innerlich
anzubinden um somit authentisch spielen zu
können. Ich habe so viel gesehen und gelernt
und all dies bestärkt mich jeden Tag immer
mehr zu diesem Schauspielstudium. Was ich
in diesem Jahr erleben durfte fasziniert mich.
Das Studium an der TheaterAkademie
In
einem freiwilligen sozialen Jahr entspricht meinen Vorstellungen, ja es
wurde meine Entscheidung zu einem übertrifft sie sogar.
Schauspielstudium zunehmend bestärkt, da
mir dort bestätigt wurde wo meine Fähigkeiten Nicole Bunge
liegen.
Ich wollte meinem Traum ein Stück näher
kommen und deshalb bewarb ich mich an
der TheaterAkademieStuttgart. In diesen
zwei Jahren an der Akademie habe ich so
viel Neues gelernt, auch von mir Neues
gelernt. Ich habe Seiten an mir entdeckt, die
ich selbst vorher nicht kannte. Ich sehe wie
ich jeden Tag, offener werde.
Endlich fühle ich mich angekommen,
angenommen und akzeptiert. Auch das
Arbeiten mit meinen Mitstudenten und den
Dozenten ist sehr offen und respektvoll.
Durch das familiäre Klima in der Schule fühle
ich mich wohl. Ich traue mich, ich selbst zu
sein, dies konnte ich vorher nicht. Natürlich
gibt es auch Tage an denen es nicht so gut
klappt, aber gerade diese sind es, die mich
auch in meinem Willen zu diesem Studium
bestärken.
Dieses Jahr an der Akademie gehört
zu einem der intensivsten meines
bisherigen Lebens. Es ist voller Gefühle,
Entdeckungen, Erfahrungen, Erlebnisse
und
Neuerkenntnisse.
Durch
die
56
3.Ausbildungsjahr Doppelstudium Schauspiel und
Theaterpädagogik
Interview / Sylvia Benz, Esslingen
Was assoziierst Du mit der
TheaterAkademie?
z.B. bei der Arbeit mit dem Atem oder bei
Bewegungsanalysen. Ab und zu biete
ich auch kleine theaterpädagogische
Workshops für meine Klienten an
Eine sehr bunte Zeit der Selbsterfahrung
mit interessanten Menschen. Ausprobieren,
Grenzen erweitern, in die Tiefe schauen
Was waren Deine lustigsten Momente an
der Akademie?
Warum bist Du an diese Schule
gekommen?
Die ganzen Jahre an der TheaterAkademie
waren eine sehr lustige Zeit. Ein echter
Im Jugendseminar habe ich Cornelia
Luxus
und Christian bei Theaterprojekten
Wie hat die TheaterAkademie Euch auf
kennengelernt und hatte große Lust mit
den Arbeitsmarkt vorbereitet?
den Beiden weiter zu gehen und beim
Aufbau der Schule dabei zu sein.
Nach dem Abschluss hatte ich keine
Wann hast Du Deinen Abschluss
Ahnung was ich denn jetzt überhaupt
gemacht?
kann. Bei der ersten Anstellung an der
Landesbühne Bruchsal war ich dann ganz
1999
überrascht, was alles in meinem Gepäck
war.
Was ist/ war Dein Lieblingsfach?
Das kann ich nicht mehr sagen, jedes Fach
hatte faszinierende Momente und Zeiten, in
denen ich es gar nicht mochte, weil ich an
meine Grenzen kam
Was war Dein persönliches Highlight an
der TheaterAkademie?
Zu merken, dass mich das ganze Publikum
versteht, wenn ich auf einer Bühne rede
und ich gar keine Piepsstimme habe.
Worin hast Du letztendlich deinen
Abschluss gemacht?
Wir hatten alle drei Studiengänge. Theater
als pädagogisches Werkzeug hat mich
immer am meisten interessiert. Ich bin
Sprachgestalterin und Theaterpädagogin
Was machst Du heute?
Heute bin ich Körpertherapeutin. Das, was
ich an der TheaterAkademie gelernt habe
ist mir dabei immer noch hilfreich
57
Auf der Suche
Als ich an die TheaterAkademieStuttgart
kam, fühlte ich mich sowohl körperlich als
auch emotional recht „eingerostet“. Ich war
gejagt von einem Gefühl der Unsicherheit
und des Leistungsdruckes in der Schule,
im Arbeitsleben und oft sogar privat. Als ich
mich an der TheaterAkademie bewarb, hielt
ich das für normal. Doch plötzlich befand ich
mich an dieser Schule, an der ein Umgang
mit den Menschen herrschte, wie ich ihn
noch nie zuvor erlebt hatte. Geradezu
erstaunt stellte ich fest, dass die Dozenten
hier an das Potential in jedem einzelnen
ihrer Schüler glauben und das Beste aus
ihm herausholen- und zwar mit Geduld,
Einfühlungsvermögen, viel individueller
Arbeit und Fachkompetenz. „Wer wirklich
will und es auch kann, dem stehen hier
alle Türen offen“, hat mein Schulleiter mal
zu mir gesagt. Diese Philosophie hat mir
geholfen, aus meinem Schneckenhaus
hervorzukommen. Ich entdeckte mich selber
und die Verbindung zu meinem Körper aufs
Neue und was es heißt, sich selber zu spüren
und zu tanzen – auch im übertragenen Sinne.
Ja, ich entdeckte durch die Anwendung
unterschiedlichster
Schauspieltechniken,
vor allem die Bewegungsmethodiken nach
Tschechov und Grotowski, Muskeln und
Gelenke, die ich vorher gar nicht kannte! Auf
einmal fühlte ich eine Form der Freiheit und
des Reichtums in meinen Bewegungen und
meinem Tun, die mich sehr glücklich machte
und die Faszination für die Menschen und die
Welt um uns herum wiedererweckte. Seitdem
kann ich mir ein Leben ohne Tanz, Bewegung
und freie Äußerung der Emotionen gar nicht
mehr vorstellen.
Im Laufe meiner Ausbildung habe ich zum
ersten Mal erlebt, dass ich für eine Sache
über meine physischen und auch seelischen
Grenzen hinausgewachsen bin, weil ich sie
so sehr will. Und dass es nicht das Wichtigste
ist, von Anfang an gut oder gar perfekt zu
sein, sondern dass der Moment zählt, in dem
ich anfange, aus einer Idee heraus etwas
58
zu schaffen. Zum Beispiel, indem ich die
Jonglagebälle, nachdem sie das gefühlt 120.
Mal gefallen sind, wieder aufhebe, um beim
121. Mal endlich erfolgreich zu sein. „Ich war
ein Stein, aber jetzt bin ich frei“ ist der Satz,
der mein Gefühl zur eigenen Entwicklung der
letzten Zeit am treffendsten beschreibt.
Die TheaterAkademie ist ein Ort, der mir
tiefe Erfahrungen und Freundschaften fürs
Leben geschenkt hat und den ich nie mehr
missen möchte. Schauspiel funktioniert
nur, wenn ich echt bin. Es gibt kein gut und
schlecht in der Kunst, es gibt nur Echt und
Unecht. So wie im Leben. Es gibt keinen
perfekten Menschen. Und irgendwie doch.
Denn es gibt die Vollkommenheit, die einer
Seele entspringt in dem Moment, da sie sich
ehrlich ausdrückt. Und jene Vollkommenheit
möchte ich am eigenen Beispiel in die Welt
tragen. Und für diese Erkenntnis und die
Vorbereitung auf das, was kommt, danke ich
meiner Schule von Herzen.
Constanze Feulner,
3. Ausbildungsjahr Schauspiel
Scheitern lernen
Als ich das erste Mal in einem Stück
mitgespielt habe, wurde mir bewusst, dass
mir Schauspiel allein nicht reicht. Ich hatte
stets das Bedürfnis das Stück nicht nur mit
zu entwickeln, sondern am liebsten selbst
eine Gruppe zu leiten und gemeinsam etwas
entstehen zu lassen.
Es geht mir darum sich mit einem Thema in
einer Gruppe auseinanderzusetzen, etwas
entwickeln zu können.
Deswegen
interessiert
mich
die
Theaterpädagogik auch so sehr, da hier
die Entwicklung jedes Einzelnen gefördert
wird.
Sie kann kulturelle und soziale
Schranken spielerisch lösen und das
Gemeinschaftsgefühl fördern. Ich selbst
habe in meiner bisherigen Schulzeit an der
TheaterAkademie gelernt, wie viele dieser
Methoden, mich selbst und andere sensibler
machen.
Warum ich an der Akademie bin:
Weil ich hier das gute Gefühl habe richtig zu sein, weil ich hier die Möglichkeit
habe, mich frei zu entfalten, weil ich hier
meinem Traumberuf näher komme.
Elisa Bohnstengel
2. Ausbildungsjahr
Die TheaterAkademie begleitet und
bringt mich auf meinem Weg weiter
voran. Ich habe mich für diese Schule
entschieden, weil mir der familiäre
Umgang untereinander sehr gut gefällt
und ich gefordert und immer wieder über
meine Grenzen hinaus gebracht werde.
Katrin Döringer
2.Ausbildungsjahr Theaterpädagogik
Theaterpädagogik ist ein wunderbares Mittel
Konflikte zu bearbeiten und somit auch
zu lösen. Ich möchte anderen beibringen
können, wie man lebendiger lernen kann
und wie man dadurch Handlungslust und
Kreativität erweckt. Wenn ich an die Zeit
nach meiner Ausbildung denke, wäre
mein Wunsch mit den unterschiedlichsten
Gruppen zu arbeiten: mit Schülern aus
Brennpunktschulen, Geschäftsleuten oder
Senioren. Jeder hat individuelle körperliche,
emotionale und sprachliche Gaben, die man
so fördern kann. Erfahrungen können das
Selbstbewusstsein und das Selbstwertgefühl
steigern und vielen Menschen so in ihrem
Alltag helfen. Unsere Gesellschaft schreibt
uns vor nicht scheitern zu dürfen und genau
diese Angst vor dem Scheitern sollte uns
genommen werden, auch das ist eine,
vielleicht sogar die wichtigste Aufgabe der
Theaterpädagogik
Karoline Cisek
3.Ausbildungsjahr Doppelstudium Theaterpädagogik
und Schauspiel
59
Interview / Tobias Wagenblaß, Stuttgart
Warum bist Du an diese Schule
gekommen?
Ich wollte Schauspiel studieren, habe in
Google „Theater Akademie“ eingegeben
und als erstes Ergebnis kam die Theater
Akademie. So kam eins zum anderen.
Wann hast Du Deinen Abschluss
gemacht?
2013
Was ist/ war Dein Lieblingsfach?
Grotowski. Der Unterricht mit Peter
Rissmann hat genau zu mir gepasst. Frei
im Raum sein, sich viel bewegen, dabei
habe ich für mich die größte Entwicklung
gespürt.
Was war Dein persönliches Highlight
an der TheaterAkademie?
Die Arbeit in der TheaterKompanie. Es
ist mitunter sehr anstrengend, aber die
Erfahrung und die Erlebnisse sind mehr
wert.
Worin hast Du letztendlich Deinen
Abschluss gemacht?
Schauspiel und Schauspiel.
Was machst Du heute?
Ich bin als freiberuflicher Schauspieler
tätig und gebe Akrobatikunterricht.
Was waren Deine lustigsten Momente
an der Akademie?
Zwei Worte: Spontane Partys
Wie hat die TheaterAkademie Euch auf
den Arbeitsmarkt vorbereitet?
Die Akademie ist ein Ort, an dem
man Werkzeug und Handwerk gelehrt
bekommt. Es ist alles Notwendige dabei
60
und gerade in der Zeit meiner Ausbildung
wurde begonnen, sich auch in Richtung
Film zu orientieren, was mir persönlich viel
für die Arbeitswelt geholfen hat. Die beste
Hilfe für den Arbeitsmarkt sind aber die
Kontakte die man knüpfen kann.
Vom Puck und anderen Lebensgeistern
Ein besonderer Dank an die GLS Treuhand
„He, Geist! Wo geht die Reise hin?“ fragt
Puck - Hofnarr des Elfenkönigs Oberon - die
Elfe zu Beginn des Sommernachtstraum von
William Shakespeare. Wo die Reise hingehen soll fragt sich der Studienfonds Puck
auch immer wieder? Gegründet wurde der
Fond 2003; gegründet um die Liebenden zu
vereinen. Die Liebenden? Nein, wir sind kein
Kuppel-Club an der Schule – vielmehr hat es
sich die Schülerschaft mit dem Studienfond
zur Aufgabe gemacht, auch jenen Schülern,
die aus schwierigen finanziellen Verhältnissen kommen, zu ermöglichen sich ihrer
Traumausbildung und ihrer Liebe zur Kunst
ganz hinzugeben. Diese sozusagen zu vereinen. Wie im Sommernachtstraum geht es
dabei immer um die Verkehrung der aktuellen Verhältnisse. Doch wünschten wir oft,
wir hätten eine Zauberblume, deren Nektar
wir nur auf die Augen der Schlafenden träufeln müssten, statt dessen sind meist Papier
und Stift unsere effektivsten Waffen. Hier ein
Antragsformular, dort noch ein Empfehlungsschreiben.
Doch der Studienfond, das ist nicht nur das
kleine Kernteam, das sich um die Verwaltung
kümmert. In die Schule aufgenommen zu
werden, heißt auch Verantwortung zu übernehmen. Verantwortung für ein Miteinander,
in denen jene, die in finanzieller Bedrängnis
leben, Unterstützung erfahren. „Ich eil, ich
eil, sieh, wie ich eil!“ heißt es da und wie der
Puck eilt so mancher, um die Schulparty zu
organisieren oder eine Versteigerung auf die
Beine zu stellen. Der Studienfonds war und
ist schon immer ein wichtiger Lernort, an dem
SchülerInnen in organisatorische und verwaltungstechnische Aufgaben hineinwachsen
können. Neben dem Geld, das die Schülerschaft selbst eingeworben hat, hat die GLS
Treuhand den Studienfond in den letzten 12
Jahren mit rund 100.000 Euro unterstützt.
Diese wurde teilweise als Darlehen, teilweise als Schenkungen ausgezahlt. Insgesamt
konnten 49 SchülerInnen gefördert werden.
Ohne diese Unterstützung wäre es Ihnen
nicht möglich gewesen, ihre Ausbildung abzuschließen. Ein großes Dankeschön!
Nicola Brisch
2.Ausbildungsjahr Theaterpädagogik
Mitglied im Kernteam des Studienfonds
61
Zum Leitbild der TheaterAkademieStuttgart
Die UNO hat die erste Dekade des neuen
Jahrtausends der „Kultur des Friedens“
gewidmet.
Ausgangspunkt ist die Erkenntnis, dass
es nicht genügt, ganz allgemein Kriege zu
verurteilen. Wir müssen auch die zugrunde
liegende „Kultur der Gewalt“, die immer
wieder Kriege hervorruft, überwinden. Eine
wesentliche Rolle kann dabei die Erziehung
spielen... Dem Sprach- und Literaturunterricht
kommt dabei eine entscheidende Rolle zu.
Um zu begreifen, wie eine Gesellschaft
funktioniert, mehr noch, wie wir selbst uns
als gesellschaftliche Wesen verhalten,
reichen politische und soziologische Fakten
nicht aus. Erst wenn man die kulturellen
Grundlagen einbezieht – Sprache, Medien,
Kunst und Literatur – erhält man ein
vollständiges Bild. Doch Kunst und Literatur
helfen nicht nur, die Welt zu verstehen,
wie sie ist, sondern auch zu sehen, wie
sie sein könnte. Literatur hat heute – nicht
trotz, sondern wegen der Allgegenwart
der Massenmedien – die unverzichtbare
Funktion, das Selbstverständliche in Frage
zu stellen. Ingeborg Bachmann hat den
„Konflikt mit der Sprache“ als eigentliches
Charakteristikum des Schriftstellers genannt.
Die Suche nach neuen Ausdrucksformen ist
... das permanente Bemühen, eine Sprache
zu finden für einen neuen Blick auf die Welt.
Heftig kritisiert Bachmann die Meinung, dass
„der weltbestimmende und weltanschauliche
Gehalt“ der Dichtung uns „nichts anzugehen
brauche. Sie tritt ein für eine Literatur, die
mit dem Unfrieden der Welt keinen Frieden
geschlossen hat. Und dann der erstaunliche
Satz: „Hätten wir das Wort, hätten wir
Sprache, wir bräuchten die Waffen nicht“. Das
ist nicht das billige Klischee von „Kultur statt
Krieg“. Ingeborg Bachmann verweigert die
Idylle einer Welt des Geistes als Gegensatz
zur Welt des Geldes, der Macht, der Waffen.
62
Sie weiß nur zu genau, welche Gewalt von
Worten ausgehen kann. Doch sie sieht in der
Arbeit an der Sprache, in der unendlichen
Suche nach der „von uns erahnten Sprache,
die wir nicht ganz in unseren Besitz bringen
können“ (Bachmann 1978), die eigentliche
Aufgabe...
Werner Wintersteiner
Auszüge aus dem Buch „Hätten wir das Wort, wir
bräuchten die Waffen nicht“ Erziehung für eine
Kultur des Friedens
Kindliche
Sprachentwicklung
Goethe sagte einst:
„Zwei Dinge
sollen Kinder von ihren Eltern bekommen:
Wurzeln und Flügel!“
In unserer heutigen Zeit ist es zusätzlich und
vermehrt die Aufgabe von Pädagogen, Bindung aufzubauen, Nähe und Vertrauen zu
bilden und familienergänzend individuell Alltag zu gestalten, damit Kinder „fliegen“ und
sich frei entfalten können. Wahrnehmungsvermögen, Geduld und Visionen, Neugier,
Kontinuität, konsequentes Handeln, Motivation sind einige wenige Kompetenzen, die
für die Arbeit ganz allgemein nötig sind. Der
Pädagoge muss heutzutage viel stärker kompetenter Partner für kindliche Lernprozesse
sein als noch vor wenigen Jahrzehnten.
Wirft man nun einen Blick auf die kindliche
Sprachentwicklung und denkt an unsere
heutige Gesellschaft, insbesondere daran
wie viel Zeit den Kindern für sinnvolle und
intensive Gespräche entgegengebracht
wird, so kann man die Verantwortung des
Pädagogen im Hinblick darauf erahnen.
Heute hören Kinder nur noch selten „life“
Geschichten und die Intensität und Dauer
von Gesprächen nimmt stark ab. Fernseher
oder CD-Player stehen anstelle des
unmittelbaren Erzählens. So beträgt der
Medienkonsum heute bei Kindern bis acht
Jahren durchschnittlich 5,5 Stunden pro Tag;
direkte Gespräche dagegen finden im Schnitt
nur noch 12 Minuten täglich statt. Dass
Kinder die Sprache jedoch nicht über das
Fernsehen erlernen können, ist mittlerweile
wissenschaftlich erwiesen. Sprachlosigkeit,
Bewegungsmangel und Isolation stellen
also Pädagogen vor große Aufgaben, denn
der Erwerb der Kulturfähigkeiten Lesen,
Rechnen und Schreiben wird auf Grund
der mangelnden zwischenmenschlichen
Kommunikation immer schwerer für Kinder.
Im Jahre 2011 lagen die Sprachstörungen
von Mädchen und Jungen mit Schuleintritt
im Schnitt bei 34%. Sie steigen stetig weiter
an und man kann bereits bei Kindern im
Vorschulalter schwere motorische und
sensorische Defizite feststellen. Kaum ein
Kind, das in die Schule kommt, kann noch
gut rückwärts laufen, auf einem Bein stehen
oder balancieren.
Ergotherapeuten haben viel zu tun, um
Störungen, oder Entwicklungsrückstände
auszugleichen. Auch Pädagogen bräuchten
eigentlich im Hinblick auf Sprach- und
motorische Entwicklung einen „Rucksack“
an Handwerkszeug. Dazu leistet die
Sprechpädagogik einen sehr wertvollen
Beitrag. Sie ist mir in der Arbeit mit den
Kindern eine nicht mehr wegzudenkende
Ergänzung geworden.
Darum ist für mich in der sprachlichen Arbeit
der Blick auf die körperliche, seelische
und geistige Entwicklung der Kinder von
großer Bedeutung. Sprache ist Bewegung
äußerlich, sowie innerlich. Dies versuche
ich für die Kinder erfahrbar zu machen,
sie sollen Bewegung, Rhythmus und Stille
erfahren, und beim Geschichtenerzählen,
Singen oder bei Fingerspielen das Lauschen
lernen. In unserer heutigen schnelllebigen
Gesellschaft geht uns das Staunen und SichEinlassen auf die Welt oder andere Menschen
immer mehr verloren. Mit der Sprache
und ihren unendlich vielen Möglichkeiten Christina Pfeiffer
begebe ich mich in die Welt der Kinder
Ehemalige TheaterAkademieStuttgart
und baue auf die gesunde Entwicklung Element-i Teamleitung Theaterpädagogin
eines jeden einzelnen. Logopäden und BuT®/SprecherStabsstelle Theaterpädagogik NRW
63
Über die Kunst, Kind und Kultur unter einen
Hut zu bringen
Wie viele Babysitter brauchen zwei Solisten
am Stuttgarter Ballett für die gemeinsame
Tochter, um ihre Parts zu tanzen? Was macht
ein Mitglied des Opernchors mit seinem
Sohn, wenn die Aufführung ansteht? Und
haben es Schauspieler-Kinder besonders
schwer zwischen Probe und Vorführung?
Die Kita der Staatstheater wirkt auf den ersten
Blick wie eine fröhliche WG mit extrem viel
jungen Mitbewohnern. Christina Pfeiffer, die
Teamleiterin der Einrichtung, erzählt schnell
und lacht gerne und viel. Die Erzieherin und
Theater- und Sprechpädagogin hat erst eine
Ausbildung zur Waldorf-Erzieherin gemacht
und dann an der TheaterAkademie studiert.
Zum Team gehört auch immer mal wieder
ein/e Student/in der TheaterAkademie,
die ihr Abschlusspraktikum in der Kita
absolvieren. „Wenn die Studenten kurz
vor ihrem Abschluss zum Sprecher oder
Theaterpädagogen stehen, überlegen sie
sich ein Thema für die Kinder, das zum
Thema Sprache funktionieren könnte“,
erzählt Pfeiffer. Mal sei das ein Fingerspiel
mit Sprache und Bewegung, um Sprache
spielerisch zu verankern, mal gebe es eine
Reise zu Vokalen, bei denen Buchstaben mit
Salzteig gebacken werden.
Dorf um die Kinder kümmert.“ Umso wichtiger
sei eine feste Struktur in der Kita.
Wir wechseln in dieser Geschichte zum
Thema Kinderbetreuung die Perspektive.
Von der Kantine der Staatstheater geht es in
das Reich des Stuttgarter Balletts. In einem
der zahlreiche Studios warten die Halbsolistin
Katarzyna Kozielska und der Solist Damiano
Pettenella mit ihrer vierjährigen Tochter Mia.
Die kleine Künstlerfamilie steht stellvertretend
für die Internationalität des Stuttgarter
Balletts. Kozielska wurde im polnischen
Zabrze geboren, Pettenella im italienischen
Verona. Untereinander sprechen sie
Englisch, mit der Tochter Deutsch, die kleine
Mia antwortet dann wiederum auf Polnisch
oder Italienisch. Unter den anderen Tänzern
am Ballett gibt es nicht viele Eltern. „Viele
Tänzerinnen haben Angst, zwei Jahre aus
dem Beruf draußen zu sein und dann nicht
mehr hineinzufinden“, sagt
Katarzyna
Kozielska.
Bei
all
den spannenden Aufgaben
als Tänzerin und Choreographin sei
für Kozielska die erste Priorität aber immer
die Mutterrolle: „Mia ist unsere Nummer
1!“ Wird man als Tochter zweier Startänzer
eigentlich unweigerlich auch Tänzerin?
Damiano Pettenella schüttelt energisch
den Kopf. „Wir versuchen sie, auf keinen
Fall in irgendeine Richtung zu drängen. In
alldem, was sie gerne macht, versuchen
wir sie zu unterstützen.“ Ob es nach dieser
erfolgreichen ersten Produktion ein zweites
Kind geben wird? Beide lachen verlegen.
„You can manage pretty much everything“,
sagt Damiano Pettenella. Kind und Kultur
unter einen Hut zu bringen, ist eben auch
nichts weniger als eine große Kunst.
Die Eltern haben Verträge von 20 bis 40
Wochenstunden.
Extrem
unbeholfene
Frage: Ticken Künstlerkinder anders als
Kinder, die in einem klassischen Haushalt
aufwachsen? „Künstler brauchen extrem
flexible Betreuungszeiten. Künstlerkinder
sind schon früh viel unterwegs unter
Erwachsenen, haben viele Babysitter und
andere unterschiedliche Bezugspersonen.
Sie fremdeln nicht so arg wie andere
Kinder, ohne das werten zu wollen.“ Sie
seien Erwachsenen allgemein erstaunlich
freundlich gestimmt. „Man kann es vielleicht Ingmar Volkmann
am ehesten mit einem Aufwachsen wie in
Stuttgarter Zeitung
Afrika vergleichen, wo sich auch das gesamte
64
65
Liebe/ Lieber Mitschüler/in,
kennst du das? Du hast in 5 Minuten
Sprachunterricht und mal wieder keinen Text
vorbereitet? Zum wiederholten Male? Und
du hast keine Lust wieder doof da zu stehen?
Natürlich gibt es dafür keine annehmbare
und glaubhafte Entschuldigung, sei dir
dessen bewusst!!
Doch zukünftig muss das nicht mehr sein!
Abhilfe in dieser äußerst brenzligen Situation
kann folgender Text schaffen, den du dir
(auch noch 5 Minuten vor dem Unterricht)
"
praktisch ausschneiden (oder einfach in aller
Hektik und dementsprechend gewaltvoll
ausreißen) kannst. Ganz locker flockig.
Sprachunterricht gerettet!! (Ich spreche aus
Erfahrung). Aber Obacht: Absprache mit
anderen Mitschülern, die eventuell ebenfalls
davon gebrauch machen, ist von Vorteil, da
es sonst wieder zu unangenehmen
Situationen kommen kann (auch hier spreche
ich aus Erfahrung)
Viel Spaß dabei. Und immer schön den
Stimmsitz trainieren. Auf bald, Nico.
Hier ausschneiden
WER WENN NICHT WERNER?
NICOLAS SCHÖNBERGER
„Mehr Power!“, fordert Werner lautstark am Rande des Spielfelds stehend und seine
Jungs von Fortuna 93 Dorfkirchen scharf beobachtend. Aus tiefster Kehle brüllt er ihnen
strategisch ausgeklügelte Anweisungen entgegen: „Andy, geh da rein, Mensch! Rouven
spiel ab man, spiel ab!“. Seine Halsschlagader, die in unrhythmischen Intervallen stark
geschwollen vor sich hin pulsiert, ist unübersehbar. Der Schnauzer, welcher seine Oberlippe
ziert, ist korrekt in Form, allerdings vom ständigen Rauchen am unteren Rand schon etwas
gelblich gefärbt. Sein geschulter Blick wird durch eine Brille, die vom Modell her zu deuten
ihren Ursprung irgendwo in den späten Siebzigern hat, geschärft. Um bei diesem Wetter
einen kühlen Kopf zu bewahren, trägt er eine Schirmmütze der Brauerei „Bitburger“, die
ihm an diesem Tag ausreichend Schatten spendet. Eben ein Getränk jener Brauerei hält
er praktisch abgefüllt in einer Dose in seiner rechten Hand fest umschlossen, um seine
Kehle mit kurzen aber dafür großen Schlücken zu ölen um sie vor einer Überreizung zu
bewahren. Eine gute Idee, die kaum Wirkung zeigt. „Männers, was das denn? Lange Pässe,
lange Pässe! Diago! Diago!“. Sein aus Ballonseide gefertigter Trainingsanzug spendet dem
großen Meister ausreichend Schutz. Es ist sein Umhang, wie ihn jeder große Magier zu
tragen pflegt. Der Unterschied liegt für den Außenstehenden allerdings darin, dass der
Umhang des Magiers eine gewisse Autorität verleiht. Auch mit viel Mühe und gutem Willen
kann man diese aus Werners Trainingsanzug nicht herauslesen.
„Was machsu? Robert! Hau weg das Ding, auffa ganzen Pflanke! Nochma sowas und ich
zieh Dich eijenhändisch vom Feld, mein Lieba“. Anne Ohren, sagt er meistens noch, wozu er
aber dieses Mal nicht mehr kommt, da ein Spieler der der gegnerischen Mannschaft seinen
besten Mann mittels einer saftigen Blutgrätsche vom Platz befördert hat. „Schaise, man.
Schaise!“. Er wendet sich der rechten Spielfeldhälfte zu, wo der Trainer der gegnerischen
Mannschaft besonnen sitzt. Ein Junger, im Gegensatz zu Werner durchaus sportlicher
Trainer. Ein Gewinnertyp, der Garant für den Besuch aller Mütter am Spielfeldrand. Der
Liebling aller pubertierenden Mädchen, die lauthals kichern, wirft er ihnen einen einen
schüchternen Blick zu. „Komm Thomas! Das wäre jetzt wirklich nicht nötig gewesen“.
Thomas, ebenfalls ein Spieler mit Adonisfaktor schlendert bedröppelt vom Feld, als der
Schiri ihm mit aller Deutlichkeit die rote Karte ins Gesicht hält.
66
„Der verpfeift uns jedes Mal!“ schreit ein Rudel stark angetrunkener Väter vom Spielfeldrand,
als sie im Begriff sind leere Bierdosen auf das Feld zu werfen, um ihren Protest für alle, wirklich
alle, sichtbar zu machen. Von seinen Teamkollegen wird Thomas auf eine sportliche Weise
begrüßt. Man knufft ihm in die Schulter, rubbelt sein ohnehin schon zerzaustes Haar, bevor
man ihm auf der
Spielerbank einen Platz anbietet. Auf der anderen Seite sieht dieses Ritual schon ganz
anders aus. Robin, dem diese Blutgrätsche gegolten hat, humpelt unter lautem Stöhnen
vom Platz. Werner reagiert pflichtbewusst und markiert seinen Standpunkt als
verantwortungsvoller Coach: „Robin, du Flasche. Ab zurück aufs Feld. Wir sind hier nicht
beim Schach! Du brauchst dich gar nicht zu setzten. Heul nicht so rum wegen na
Schürfwunde, sonst krixe gleich noch eine und zwar von mir!“. Robin fällt in Richtung
Spielerbank, wo er von seinen Teamkollegen aufopferungsvoll begrüßt wird. Man schlägt
ihm ihn den Bauch, spuckt ihm Wasser ins Gesicht, kommentiert sein Wehklagen
verständnisvoll: „Mann, Robin du Spacko“, „Was kannst du eigentlich?!“, „Nichts, und
das nicht mal richtig“, bevor man ihm einen Platz abseits aller Sitzgelegenheiten anbietet.
Robin bricht zusammen und bleibt liegen. Werner widmet sich indessen mit großer
Selbstlosigkeit dem Unterstützen seiner Mannschaft. Denn diese ist wider aller
Erwartungen im Ballbesitz. Manuel, ein hochgewachsener Junge rennt mit knallrotem
Kopf und stark prustend mit großen Sprüngen auf das gegnerische Tor zu. Den Ball führt
er sicher an der Fußspitze. Auf der Spielerbank schürt sich spürbar die Spannung. Auch
Werner kann seine Aufregung nicht weiter zurückhalten und verleiht seiner
Begeisterung Ausdruck, indem er seine angekratzte Stimme mit einem hastigen Schluck
aus der Dose kühlt und zum Schlachtruf ansetzt: „MAAANUUUUU“, tönt es indessen
voller Vorfreude von der Spielerbank. Manu rennt leicht benommen, sich der
Verantwortung über die seinige Situation im klaren auf das gegnerische Tor zu.
Der Torwart atmet tief durch und macht sich zum Absprung bereit. Ein letzter Pruster,
dann ist es soweit. Manu holt zum vernichtenden Torschuss aus. Sein Fuß streift über den
zerzausten Rasen, trockenes Gras wirbelt durch die Luft und der Ball rast geradewegs auf
das Tor zu. Luftanhalten. Latte! Ausatmen. „Mann, das kann doch alles nich wahr sein!“,
brüllt Werner und steckt sich eine Kippe an. Doch der Ball fliegt geradewegs zurück in
das Spielfeld und Manu setzt zum Kopfball an. Er springt ab und fliegt, nein, schwebt
engelsgleich mit gestrecktem Körper dem Ball siegessicher entgegen. Dieser dreht und
dreht sich, wie ein Planet, der gerade aus seiner Umlaufbahn ausgebrochen ist. Hoch,
weit oben über dem Spielfeld, nahe der Sonne, bahnt sich ein Schauspiel galaktischen
Ausmaßes an. Die Kollision zweier Himmelskörper. Engelsgesang. Als Manuel wieder zu
Bewusstsein gelangt befindet er sich kopfüber in einem Busch
unweit des Spielfeldes. An die letzten zehn Minuten hat er keine Erinnerungen mehr.
Mit letzter Kraft rappelt er sich auf und geht nach Hause.
Das Spiel wird abgepfiffen. 0:1, für die Mannschaft aus… ja woher eigentlich, fragt sich
Werner. Und diskutiert dies mit seinen Jungs bei einer Kiste Bier, die von der Brauerei
jener Biermarke freundlicherweise zur Verfügung gestellt wird. Derweil umrundet der
Nachwuchs, die Fortuna Dorfkirchen 93 “Minis”, den Platz mit einer Spardose, die die
Form eines Fußballs hat und bitten in vorpubertär gereizter Laune um “eine Spende für
die Jugend”. Das ist deutscher Fußball in seiner reinsten Form. Der Fußball entwickelt
sich zu einer Hochkultur, von der man in 1000 Jahren noch schwärmen wird. Werner ist
Beleg dafür.
67
Ganz Mensch
Mittelpunkt stellt. Theater, das keine Lust
macht zu machen, macht auch keine Lust
beim Anschauen. So einfach ist das und so
schwer zu bewerkstelligen.
„Die Luft, die man atmet
ist voller Fragen, die ohne
Antwort bleiben und ich
frage mich, was wichtiger
ist: Diese Fragen zu
beantworten oder sie zu
stellen.“
Michelangelo Antonioni
Die
besten
Produktionen, die ich
begleitet habe als Dramaturg und/oder
Theaterpädagoge, waren die, wo das Proben
Spaß gemacht hat. Hier gab es Spiel-Raum
für Neugier, ohne die Furcht des Scheiterns
oder etwas „falsch“ zu machen. Ein
wichtiger Faktor dabei ist die gegenseitige
Wertschätzung von Regie und Schauspiel.
Theaterarbeit ist eine zutiefst menschliche.
All zu oft leider gerät das aus dem Blickfeld,
wenn sich die praktische Arbeit auf Gänge,
Haltungen, Betonungen und Wirkungen
„Der Mensch ist nur da ganz Mensch, wo fokussiert. Da heißt es wirklich Haltung zu
er spielt“ - das bekannte Zitat von Friedrich bewahren und sich zu behaupten, anstatt
Schiller ist beliebt bei Theatermenschen etwas zu behaupten, was nicht „stimmt“.
im allgemeinen und Theaterpädagogen
im Besonderen. Ich habe viele Jahre an Dazu braucht es Menschen, die nicht nur
Theatern gearbeitet, als Dramaturg, vor Charaktere spielen, sondern auch Charakter
haben. Persönlichkeiten die Personen
allem aber als Theaterpädagoge.
verkörpern. Damit sie das „stimmig“, also
Beide Aufgaben haben meine Wahrnehmung glaubhaft machen können, brauchen sie
geschärft dafür, was beim Publikum gut neben Respekt für die Arbeit und Vertrauen
ankommt und was nicht. Ich meine mit „gut in die Regie auch Selbst-Vertrauen. Sie
ankommen“ nicht, dass viele Menschen in das brauchen eine gestärkte Persönlichkeit, ein
Stück gegangen sind - das hängt maßgeblich Wissen um die Dinge, die sie spielen und ein
und leider oft vom Bekanntheitsgrad des Wissen um sich, die da spielen.
Titels ab oder von der „Notwendigkeit“ es
Kurz: Ich drehe das Schiller-Zitat mal um und
gesehen haben zu müssen.
behaupte: „Der Mensch spielt nur da (gut),
Was ich mit „gut“ meine, spielt sich in der wo er ganz Mensch ist.“
magischen Wechselwirkung zwischen Bühne
und Zuschauerraum ab. Die Resonanz Ich schreibe das, weil die TheaterAkademie
bei der Aufführung, die sich im Idealfall für mich ein Ort ist, wo die Ausbildung
gegenseitig positiv verstärkt und einen guten den ganzen Menschen sieht, umfasst und
Theaterabend möglich macht. Und hier liegt fördert. Deshalb arbeite ich sehr gern hier.
der Schlüssel bei der vorangegangenen Weil die Ausbildung nicht nur auf vielfältige
Weise Handwerkszeug vermittelt, sondern
Probenarbeit.
Menschen begleitet und ermutigt, ihre
Theater, das gut ankommen will beim individuellen Fähigkeiten zu entwickeln und
Publikum, braucht eine Atmosphäre, die das zu entfalten. Durch Wertschätzung, das WahrSpielerische bei der Probenarbeit in den Nehmen und die persönliche Begleitung der
68
Menschen, die sich uns anvertrauen. Und
das mit großer Neugier, mit Respekt und
auf ganz individuelle Art.
Ich glaube, dass auf diese Weise Menschen
die TheaterAkademie verlassen, die ihren
Betrag leisten können, gutes Theater zu
machen. Und ich wünsche ihnen sehr,
dass sie auf gute Regisseurinnen und
Regisseure treffen, gute Dramaturginnen
und Dramaturgen und Theaterleitungen,
die unter „gut“ bei Mitarbeiterinnen und
Mitarbeitern nicht „willig“ oder „fügsam“
verstehen und „gut“ bei Theateraufführungen
nicht nur „gut gefüllte Vorstellung“, sondern
Theater, das gut ankommt, weil es gut
gemacht ist. Also von Menschen, die ganz
spielen, weil sie ganz Mensch sein dürfen
und können.
Theater Akademie Stuttgart
Format: 184,6x120 mm, 4c
DU: 23.09.15
Volker Schubert
Theaterpädagoge, Theaterwissenschaftler und
Dramaturg / Dozent für Bewegungsanalyse,
Theatergeschichte und Theaterpädagogik
Geld ist nicht da, um Geld zu
vermehren, sondern um Ideen
zu verwirklichen.
Geld ist ein soziales Gestaltungsmittel —
wenn wir es gemeinsam dazu machen.
www.gls.de
69
Internet: www.VKK-Verlag.de
Mail: [email protected]
70
71
Warum Theaterpädagogik?
Während meines theaterwissenschaftlichen
Studiums habe ich meinen ästhetischanalytischen Blick auf Theater geschult und
so mein Interesse für Regie und Autorschaft
entdeckt. Als sich mein Interesse vom
Endprodukt auf den Probenprozess verschob,
gewann für mich die künstlerische Arbeit mit
Nichtprofessionellen an Bedeutung. Statt der
Neuartigkeit der Performance steht dort vor
allem die Entwicklung der Spieler während
des Probenprozesses im Mittelpunkt. Die
Aufführung ist lediglich das Zeugnis dieser
Entwicklung, das im Idealfall so berührend
ist, dass es auch in den Zuschauern einen
Prozess der Selbstbegegnung anstößt.
Als Anleitende reicht es nicht aus, selbst
darstellerisches Können zu besitzen. Vielmehr
bilde ich mich zur Expertin des Weges aus.
Ich mache mir den (eigenen) Lernprozess
bewusst und setze dieses Handwerkszeug
ein, um andere zu ihrer schöpferischen
Quelle, zum Künstler in sich zu geleiten. Als
Theaterpädagogin muss ich noch in einem
In zehn Jahren sehe ich mich als
selbstständige
Theaterpädagogin,
die Theatergruppen in der Schule,
im Kindergarten, in Freizeitstätten, in
Altenheimen oder in Einrichtungen für
Menschen mit Behinderungen leitet. Des
Weiteren möchte ich die Integration und
Inklusion der Teilnehmer innerhalb der
Gruppen sowie Gruppenübergreifend,
durch das Theater fördern. Um Menschen
die Möglichkeiten zu geben, sich mit
anderen Kulturen und Lebensweisen
auseinanderzusetzen, könnte ich mir
ebenfalls vorstellen, Austauschprojekte
zu initiieren und im Bereich der Asylarbeit
tätig zu werden.
Maike Strach
3.Ausbildungsjahr
72
ganz anderen Maße von meinen Spielern
ausgehen als im professionellen Theater. Ihr
Können und ihr Unvermögen, ihre Eigenarten
und Ängste sind mein Material. Sie sind
nicht beliebig formbar und einsetzbar. Diese
Einschränkung als Freiraum, und den Spagat
zwischen den eigenen künstlerischen
Visionen und dem pädagogischen Auftrag als
inspirierende Herausforderung, zu begreifen,
macht für mich theaterpädagogische Arbeit
aus. Da für mich Theater immer auch ein
künstlerischer Austausch über gelernte
kulturelle Rollen, Gesten, Verhaltensweisen
und das Infragestellen dieser ist, scheint
es mir ein ideales Medium interkulturellen
Austauschs zu sein. Darum interessiert mich
besonders die theaterpädagogische Arbeit
mit Menschen verschiedener Kulturen, sei es
in Form innerdeutscher oder transnationaler
Projekte.
Deborah Meuth,
4.Ausbildungsjahr Theaterpädagogik
Eine wegweisende Begegnung
Theaterpädagogik bedeutet für mich die
Kunstform des Theaters mit Menschen
aus unterschiedlichsten Bereichen zu
praktizieren. Über den künstlerischen Prozess
ist es jedem möglich ungeahnte Interessen,
Leidenschaften, Phantasien und objektive
Stärken zu entdecken, sowie gesellschaftliche
und literarische Themen zu behandeln.
Während meiner Schulzeit war die Zeit im
Jugendclub am Theater für mich eine der
intensivsten und echtesten, da man dort die
Möglichkeit hatte sich auszuprobieren, sich
zu zeigen und gleichzeitig literarische Texte
in einen ganz neuen Kontext bringen konnte.
Ich hatte keine Ahnung wie der Beruf meines
damaligen Leiters hieß, ich wusste nur, dass er
mir etwas sehr Wichtiges ermöglichte und ich
ihn sehr bewunderte für seine motivierende
Art, wie er jeden Einzelnen in der Gruppe
wahrnahm und auf ihn einging. Ich hätte mir
nie träumen lassen, dass dieser Mann eines
Tages mein Dozent werden würde. Über
viele Umwege hat es mich dann tatsächlich
als Studentin an die Schule geführt, an der
Matthias Winter vor vielen Jahren selbst
gelernt hat. Schon vor der Ausbildung habe
ich mir mit Hilfe von zwei Regieassistenzen,
einem halbjährigen Praktikum bei einem
freien Theaterpädagogen und dem Spielen
in einer jungen Gruppe am Schauspielhaus
Hamburg ein Bild versucht zu verschaffen,
was Theater ist und was es sein kann. Mit
diesen Erfahrungen bin ich mir sicher, dass
ich Theater mit Laien machen möchte und
bin sehr froh an der TheaterAkademie
gelandet zu sein.
Annemieke Döring
4.Ausbildungsjahr Doppelstudium Schauspiel und
Theaterpädagogik
73
“It´s the final countdown”
Drei Jahre ist es inzwischen her, dass ich
mit der Ausbildung zur Theaterpädagogin an
der TheaterAkademie angefangen habe. Am
Anfang stand der Wunsch Theaterpädagogik
und auch Schauspiel zu machen. Doch
während des Grundlagenjahres, in dem
man alle drei Ausbildungsgänge kennen
lernt, kamen immer mehr Zweifel darüber
auf, ob Schauspiel denn wirklich das
Richtige für mich ist. Ich überlegte hin und
her, entschied mich dafür und dagegen. Das
Motivationsschreiben, das zur Aufnahme in
den jeweiligen Ausbildungszweig nötig war,
hatte ich noch kurz vor knapp geschrieben,
aber zum Vorsprechen mich dann nicht mehr
angemeldet.
Nach dem Infogespräch mit Frau Schlösser
fasste ich den endgültigen Beschluss, dass
ich nicht genug dafür brenne, um Schauspiel
zum Beruf zu machen und entschied
mich dafür „nur“ Theaterpädagogik zu
machen. Im zweiten Jahr, das mit der
Aufnahmeprüfung für Theaterpädagogik
anfing, ging es schon mehr zur Sache, als
im ersten Jahr, in dem es noch viel darum
ging, sich selbst auszuprobieren und selber
zu spielen. Fächer wie Gruppendynamik und
Kindertheater kamen auf den Stundenplan.
- Der Focus verschob sich immer mehr vom
eigenen Erleben hin zu gruppendynamischen
Prozessen, zum Selbst-Anleiten, kleinen
Regieübungen.
Im dritten Jahren begann dann anscheinend
endgültig der Ernst des Lebens - Schluss
mit Spaß und Spiel - Regieprojekte standen
auf dem Plan. Das Bedürfnis etwas Eigenes,
auch außerhalb der Akademie, zu machen
wuchs, gleichzeitig machten sich auch immer
wieder Zweifel breit, ob ich das auch könne?
den Ausbildungsgang Theaterpädagogik.
Aufgabe ist es, aus einer vorgegebenen
Buchvorlage (in unserem Fall: Kinderbücher)
ein 20-minütiges Stück zu machen und mit
Kommilitonen/innen aus dem 1. Jahr zu
inszenieren. Das hieß Buch lesen, Konzept
mit Textbuch entwerfen und in Absprache
mit den Kollegen aus dem eigenen Jahr
eine Besetzung festlegen. Da rauchen
dann auch mal ganz schön die Köpfe bis 17
Schauspieler/innen fair unter 10 Regisseuren
verteilt sind. Denn jede/r hat natürlich seine
Favoritenbesetzung,
gleichzeitig
sollen
aber alle mitspielen - und möglichst in
nicht mehr als zwei Projekten. Ich bekam
„Ronja Räubertochter“ von Astrid Lindgren
zugeteilt. Es machte sehr viel Spaß an dem
Projekt zu arbeiten und ich hatte eine tolle
Schauspielergruppe, dennoch scheiterte
mein Projekt am künstlerischen Teil und ich
sollte die Prüfung wiederholen. Zunächst
sah ich das als Chance und freute mich auf
ein zweites Projekt nach den Ferien.
In den Ferien und auf einer Freizeit mit
Erwachsenen mit Behinderung kamen bei
mir jedoch wieder neue Zweifel auf. Ich
wollte zum ersten Mal nicht wieder zurück
in die TheaterAkademie und mich erneut
einem Regieprojekt stellen, sondern lieber
mit diesen Menschen weiterarbeiten.
Gleichzeitig merkte ich bei der Theatereinheit,
die ich mit den Freizeitteilnehmern machen
durfte, wie einfach es doch ist die Menschen
mit recht simplen Übungen zu begeistern
und war mir sicher, dass ich so weiter
arbeiten will. Noch beim Nachtreffen der
Freizeit meinte einer der Teilnehmer zu mir:
„Theater war´s beschte, gell?!“ Also begab
ich mich mit gemischten Gefühlen wieder
in die Akademie und an die Aufgabe, das
Die angesprochenen Regieprojekte sind nächste Regieprojekt irgendwie zu meistern.
die Zwischenprüfung im dritten Jahr für Es wurde ein langer Weg voller Höhen und
74
Tiefen, ein Projekt, in dem Schauspieler
gewechselt und das Konzept mehrmals über
den Haufen geworfen wurde, eine Zeit voller
Tränen, aber auch eine Zeit, in der ich die
Unterstützung vieler Menschen bekommen
habe und aus der ich voller Begeisterung
und neuer Motivation herausgekommen bin.
An dieser Stelle möchte ich mich bei allen,
die mich in dieser Zeit begleitet, unterstützt,
motiviert und an mich geglaubt haben
herzlich bedanken: bei meinen Dozenten,
Mitschülern, Freunden, meiner Familie und
ganz besonders auch bei meinem tollen
Schauspiel-, Regie- und Technikteam, ohne
das ich das tolle Projekt „Bridget Jones“
niemals hätte meistern können - und nicht
zuletzt natürlich allen Zuschauern des
Projektes, die sichtlich begeistert davon
waren und mich damit fast zu Tränen gerührt
haben. Vielen DANK euch und Ihnen allen!
Die Zeit mit all ihren Höhen und Tiefen hat
sich auf jeden Fall gelohnt und ich hatte das
Glück erfahren zu dürfen, dass meine Schule
mit all ihren Schüler/innen und Dozenten, mit
Frau und Herrn Schlösser hinter mir stehen,
und es sich besonders dann lohnt weiter zu
machen, wenn man am liebsten alles nur
noch hinschmeißen würde. Und das möchte
ich jedem mit auf den Weg geben: Gib
niemals auf, besonders dann nicht, wenn du
es am meisten willst! - Es lohnt sich!
Jetzt
heißt
es
für mich „It´s the
final countdown“. Das letzte der vier
Ausbildungsjahre steht vor mir. Ich weiß
noch nicht, was es alles bringen wird, aber
ich werde mich auch dieser Herausforderung
stellen - mit dem Wissen, dass meine Schule
und alle, die dazu gehören, hinter mir stehen.
Kerstin Zelinka,
4.Ausbildungsjahr Theaterpädagogik
75
Zum Leitbild der TheaterAkademieStuttgart
„Solange der Schauspieler glaubt, er müsse „tun“, solange er den Wunsch hat, sich sehen
zu lassen, sich zu zeigen, solange zeigt er nichts. Er muss zunächst empfangen lernen. Der
Schauspieler ist wie ein Schwamm, der alles empfängt, alles aufnimmt. Ein Schwamm, der
übersetzt, ohne etwas hinzuzufügen, und zwar so, dass er den Dingen eine Form verleiht.“
Ariane Mnouchkine
Lass dich fallen, lerne Schlangen zu beobachten.
Pflanze unmögliche Gärten.
Lade jemanden Gefährlichen zum Tee ein.
Mache kleine Zeichen, die "ja" sagen
und verteile sie überall in deinem Haus.
Werde ein Freund von Freiheit und Unsicherheit.
Freue dich auf Träume.
Weine bei Kinofilmen.
Schaukle so hoch du kannst mit einer Schaukel bei Mondlicht.
Pflege verschiedene Stimmungen.
Verweigere dich, 'verantwortlich zu sein' - tu es aus Liebe!
Glaube an Zauberei, lache eine Menge.
Bade im Mondschein.
Träume wilde, fantasievolle Träume.
Zeichne auf Wände.
Lies jeden Tag.
Stell dir vor, du wärst verzaubert.
Kichere mit Kindern, höre alten Leuten zu.
Spiele mit allem.
Unterhalte das Kind in dir. Du bist unschuldig.
Baue eine Burg aus Decken. Werde nass. Umarme Bäume.
Schreibe Liebesbriefe ...
Josef Beuys
Ich kann mich noch genau daran erinnern, als unser Dozent Peter Rissmann diesen Text
In unserer Facebookgruppe gepostet hat. Ich war erst seit einigen Wochen hier an der
Schule, als ich dies gelesen habe. Dieser Text begleitet mich seither. Schon während meines
Infoworkshops war mir klar, dass ich hier bleiben muss. Noch heute bin ich begeistert von
jedem einzelnen Fach und freue mich das Erlernte in meiner Zukunft zu verwirklichen.
Sylvie Reimer, 4.Ausbildungsjahr Schauspiel
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Der gemeinsamen Arbeit langen Atem geben
Ein Feuer entzündet sich, lodert auf, wärmt
und erhellt uns. Von Holzscheit zu Holzscheit
springt der Funke. Das Feuer, das seine Energie entfacht, ist mehr als die Summe der
brennenden Holzscheite, mehr als die Nahrung, die es am Leben erhält. War es der
Funke, den ich im Schauspielstudenten entdecke, der auf mich überspringt, oder war es
meine Begeisterung, die das erste Interesse
beim Schüler weckt? Wenn das Feuer einmal knistert, ist es egal, wo der Funke, der
hin- und herspringt, seinen Ursprung genommen hat. Jetzt gilt es, das Feuer am Brennen
zu halten, über Tage, über Wochen, für die
Dauer eines Trimesters oder sogar darüber
hinaus. Da sehe ich mich auch immer wieder gemeinsam mit einem Studenten knien
und vorsichtig auf die letzte Glut, die verglimmen will, pusten. Hauptsache ist, uns geht
die Luft nicht aus. Auch das kann nur beidseitige Sorge sein: Der gemeinsamen Arbeit
den langen Atem zu geben. Dann entsteht
aus dem schlafenden Feuer immer wieder
ein loderndes. Darin erweist sich die kreative Zusammenarbeit zwischen Schülern
und Lehrern: Dass beide dem Feuer nie den
Rücken zukehren und so zulassen, dass es
erlischt, aus Nachlässigkeit,
Desinteresse, Ichbezogenheit. Wenn wir diesen einzelnen kleinen Feuern immer wieder Nahrung geben
während der Unterrichtseinheit in der Schauspielschule
(oder während eines Probenprozesses im Theater),
bilden sie insgesamt die
Glut der Leidenschaft für
den Theaterberuf. Ohne diese Leidenschaft koppeln wir
uns ab von der Möglichkeit
einzugreifen, zu schaffen,
zu erschaffen. Das aber ist
unser künstlerischer Antrieb, unser Wille,
einen Teil der Welt, die uns umgibt, aktiv
(kreativ) mit zu formen. Vom ersten Tag an
der TheaterAkademieStuttgart habe ich diese gemeinsame Verantwortung von Schüler
und Lehrer für den Unterrichtsprozess gespürt. Ich habe versucht, die kreative Chance dieses Prozesses zu stärken, während
meiner vielen Jahre, die ich jetzt Teil des
Lehrerkollegiums an der TheaterAkademie
bin. In diesem Prozess lerne ich als Lehrer
tagtäglich. Der Wandel des Lehrers und der
Wandel des Schülers im gemeinsamen Unterrichtsprozess ist für mich ein spannender
Vorgang. Ein gegenseitiges Geben und Nehmen, dass auf beiden Seiten die Fähigkeit im
Geben vergrößert: Auf der Seite des Lehrers
verfeinern sich die fachlichen und didaktischen Fähigkeiten, auf Schülerseite vollenden sich die handwerklichen und kreativen
Möglichkeiten mehr und mehr.
Peter Rissmann
Schauspieler
Dozent für Grotowski, szenisches Studium & Rollenstudium
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78
Interview / Anne Katrin Lipps, Pforzheim
Was assoziierst Du mit der
TheaterAkademie?
Was waren Deine lustigsten Momente
an der Akademie?
Eine aufregende Zeit, die ich nie vergessen Jajaja, so einige lustige Momente gab es
im Unterricht. Aber wie sagt man so schön:
werde.
„Was im Unterricht passiert, bleibt im
Warum bist Du an diese Schule
Unterricht!“
gekommen?
Wie hat die TheaterAkademie Euch auf
Weil ich dort die Möglichkeit hatte, zwei
den Arbeitsmarkt vorbereitet?
Ausbildungen parallel zu machen.
Im Bereich Theaterpädagogik konnte
Wann hast Du deinen Abschluss
ich sofort nach meinem Abschluss
gemacht?
mehrere Jobs finden. Im Schauspiel ist
2012 Schauspiel, 2013 Theaterpädagogik. das bekanntermaßen schwieriger. Nach
dem Motto „Mühsam ernährt sich das
Eichhörnchen“ :-)
Was ist/ war Dein Lieblingsfach?
„Szenisches Studium“- In diesem Fach
haben wir als Gruppe erstmals ein ganzes
Theaterstück durchgenommen, bearbeitet
und gespielt.
Was war Dein persönliches Highlight an
der TheaterAkademie?
Da gibt es mehrere Momente. Wenn
ich zwei Highlights erwähnen darf,
dann ist es unser Schauspielabschluss
(ob intern oder öffentlich) und unsere
Griechenlandexkursion.
Worin hast Du letztendlich Deinen
Abschluss gemacht?
Ich bin durch Schauspiel auf die Schule
aufmerksam geworden und habe
einen Abschluss in Schauspiel und
Theaterpädagogik.
Was machst Du heute?
Ich bin selbstständig und arbeite als
Schauspielerin und Theaterpädagogin.
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Pressestimmen TheaterKompagnieStuttgart
Hamlet
Sein oder Nicht-Sein, das war die Frage
Großartige Aufführung in der Salzachhalle
...gespielt wurde von der TheaterKompagnie
Stuttgart...und dazu gibt es nur eine Aussage:
Einfach großartig...die Bravorufe am Schluss
waren sehr verdient. Dieser Hamlet...
wird wohl allen unvergesslich bleiben.
(Südostbayrische Rundschau)
Eine zerrissene Persönlichkeit
Hamlet beeindruckt im Kulturforum
Die Stille ist mit Händen zu greifen...das
fünfzehnköpfige Ensemble präsentiert sich
auf sehr hohem Niveau und agiert mit einer
spielerischen Begeisterung, die das Publikum
mitreißt, allen voran der junge Paul Elter in
der Hauptrolle. Dieser Hamlet ist eine Wucht!
Wie er sich vom jugendlichen Schwärmer
zum mordgierigen Radikalen... wandelt, lässt
niemanden unberührt. (Lingener Tagespost)
Hamlet, der Pseudo-Held
...Paul Elter, der auch für das Bühnenbild
verantwortlich zeigt, spielt Hamlet mit einer
kraftstrotzenden Jungendlichkeit, ungestüm
und immer wieder aufbrausend...der Fokus
liegt auf den Charakteren mit ihrem intensiven
Spiel und ihrer packenden Präsenz. Der Dank
ist begeisterter Schlussapplaus. (Westfalen
Blatt)
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Was Ihr Wollt
Was sie alles wollten
Die Theater-Kompagnie-Stuttgart spielte
Shakespeares „Was Ihr Wollt“ und machte
dabei mit Text — und Personalfassung
nahezu, was sie wollte. Dennoch bot die
Theater-Kompagnie auf der Bühne einen
Shakespeare in Reinform und von höchster
schauspielerischer Qualität. Das Stuttgarter
Ensemble unter der brillanten Regie von
Cornelia und Christian Schlösser hat zwar
die Grundhandlung der Vorlage erhalten,
aber erstens den Text neu übersetzt und
zweitens Figuren und Motive aus Hamlet
dem
Geschehen
beigemengt.
Beide
Bearbeitungsweisen sind geglückt. Wortund ideenreich werden Intrigen gesponnen,
so dass die Charaktere in höchste Verwirrung
stürzen. Am komischsten war dabei der
Tölpel Sir Andrew von Bleichenwang, der mit
Golfausrüstung und im Schottenröckchen
über die Bühne stolperte. Am besten war
dabei Malvolio (Bernd Köhler), der mittels
eines fingierten Briefes so böse hereingelegt
wird. Allein die Regieeinfälle um seine Person
waren eine theatralische Augenweide. Dabei
präsentierten die Regisseure eine klassische
Shakespeare Bühne und die ist bekanntlich
beinahe leer. (Augsburger Zeitung)
Was Ihr Wollt
Ein glänzender Auftritt
...die muntere Spielerschar tat einen tiefen
Griff in die Trickkiste des Theaters. Es
wurde geschmachtet und intrigiert, getobt
und geziert, dass es eine Augenweide war.
Ausgezeichnete Sprechtechnik und perfekte
Körpersprache, sparsame aber passende
Kostüme und Requisiten zeichnen die Bühne Mittsommernachtstraum
und bewiesen eindeutig die Ausdrucksstärke
Glück mit Shakespeare
ihrer Darsteller.“ (Rems-Zeitung)
Bemerkenswerte
Aufführung
des
Sommernachtstraum in der Stadthalle
Spiel um Sein und Schein
„Sommernachtstraum“
der
Ein überaus spielfreudiges Ensemble Der
spielte die Bretter in rasantem Tempo, TheaterKompagnieStuttgart am Donnerstag
unter Benutzung einer reichen Symbolik, in der Stadthalle war ohne Zweifel einer der
verstand sich auf lyrische Passagen von lustigsten, sympathischsten und poetischsten
hinreißender Schönheit ebenso wie auf Theaterabende der laufenden Spielzeit....
krachlederne Komik, zelebrierte Weltliteratur Das Publikum folgte animiert und fasziniert.
mit Genuss und flocht dennoch mal einen An diese Aufführung wird man denken.
deftigen Spruch ein...Verbunden sind die Shakespeares Sterne strahlten helle über
verschiedenen Ebenen durch den Narren, der Stiadthalle. (Münstersche Zeitung)
der hier vermittelt, da verspottet wird, dort
triumphiert, und tiefschürfend über den Sinn Shakespeares “Mittsommernachtstraum“
des Lebens grübelt: eine Paraderolle für brachte die Zuschauer zum Lachen
...Die Komödie…präsentierte das Ensemble
Cornelia Elter.... (Wormser Zeitung)
witziger, bunter und temporeicher, als
mancher
Kinofilm…Die
lebensfrohe
Darbietung setzte ein Zeichen und ließ nicht
nur beim furiosen Finale der Handwerker,
bei dem alles köstlich gekonnt schief lief, das
Stadttheaters vom Lachen des Publikums
erbeben. (Nahe Zeitung). Shakespeares
Sommernachtstraum als „Brüller“.
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Pressestimmen TheaterKompagnieStuttgart
Mittsommernachtstraum
So lassen wir uns die ollen Klassiker
gefallen!
Shakespeares „Sommernachtstraum“ stand
auf dem Spielplan. Inszeniert von der Theater-Kompagnie-Stuttgart, deren aufgekratzte
Akteure ihr Oldenburger Publikum zum Jubeln brachten. 400 Jahre Liebesleid und Koketterie, frisch wie am ersten Tag. Mit unkonventionellen Ideen bürsteten die Stuttgarter
dem Fünfakter allen Staub ab und holten ihn
ins dritte Jahrtausend. Bei der Inszenierung
müssen Cornelia Elter-Schlösser und Christian Schlösser ein zwinkerndes Auge auf
den Schöpfer dieses unverwüstlichen Evergreens gehabt haben. Was ihr Ensemble
nicht alles aus dem Shakespeare-Hit herausholte: Slapsticks, entwaffnenden Nonsens, Jedermann
furiose Hahnenkämpfe und hemmungslosen
Eindrucksvolle Allegorie
Zicken-Alarm...(Lübecker Nachrichten)
Regisseur Schlösser, dessen Inszenierung
in Schopfheim Premiere feierte, widerstand
der Versuchung, diesen Klassiker zu
modernisieren und setzt auf die Sprechkunst
seiner Schauspieler, die zum Teil erfahrene
Profis, zum Teil junge Schauspielschüler der
TheaterAkademieStuttgart sind. Ihre starke
Bühnenpräsenz, ihr packendes Spiel und
souveränes Sprechen ließen diese Allegorie
auch auf einer Saalbühne nachhaltig wirken
– ohne Domkulisse wie in Salzburg. Mit Till
Schneidenbach ist die Titelfigur sehr kraftvoll
besetzt. Selbstbewusst und kraftstrotzend
in Gebärden, Körpersprache und Ausdruck
gibt der Schauspieler den reichen Mann,
der die um Almosen bittenden Armen und
den Schuldknecht kaltherzig abweist...So
eindringlich gespielt, hat diese Allegorie
nichts von ihrer Wirkungskraft verloren, wie
sich am langen Beifall des Publikums zeigte.
(Badische Zeitung)
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Jedermann
Doppelprojekt Troerinnen/Lysistrate
Wenn Gottvater weiblich ist und Irren
männlich.
Die Premiere war ein Volltreffer.
Das
war
große
Kultur,
was
die
TheaterKompagnieStuttgart da auf der
Sommerbühne da zu bieten hatte.... der
Jedermann wurde zu einem packenden
Schauspiel, das die 400 Zuschauer in
atemlose Spannung versetzte und keinem die
Chance ließ, sich zu entziehen. Verantwortlich
war dafür in erster Linie ein hervorragender
Till Schneidenbach, der die Titelrolle mit
unglaublicher Überzeugung spielte. Nicht
weniger beeindruckend Cornelia Elter, die
nicht nur für die Konzeption des Abends
zuständig war, sondern auch die Rollen
von Gottvater (Wer behauptet, dass Gott
männlich ist?), Jedermanns Mutter und des
verarmten Nachbarn übernommen hatte....
(Trierischer Volksfreund)
Ein beklemmendes Thema zeitlos in
Szene gesetzt
...schauspielerisch hervorragend in Szene
gesetzt, ein junges, leidenschaftliches Team,
angeführt von Cornelia Elter, der Grande
Dame des Ensembles. Sie brillierte mit
ihren Verkörperungen der Hekabe, Königin
von Troja ebenso wie der Lysistrate – zwei
starke Frauenfiguren, die unterschiedlicher
Nichtsein könnten. Und zwei Dramen, die
als archetypische
Theaterstücke noch
immer faszinieren. Eine Inszenierung, die
niemanden kalt gelassen haben dürfte.
(Fränkische Landeszeitung)
Antikes Schauspiel erfrischend neu
Die Griechen im Doppelpack - wer da
bildungsbürgerliches Gähnkrampf-Theater
erwartet hatte, wurde enttäuscht. Die
Doppelvorstellung der Theater-Kompagnie
aus Stuttgart mit den Troerinnen und
Lysistrate
begeisterte
vielmehr
mit
Wenn das Ende naht - was bleibt dann?
erfrischenden Inszenierungen der beiden
TheaterKompagnieStuttgart präsentiert einen antiken Schauspiele. (Allgmeine Zeitung
großartigen Jedermann vor dem Fritzlarer Dom Mainz)
...und so dauert es auch einige lange
Sekunden, bis das Publikum sich in der
Realität wiederfindet und applaudiert.
(Waldeckische Zeitung)
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Pressestimmen TheaterKompagnieStuttgart
Troerinnen
Nach dem Krieg
„Die Troerinnen“ im Stadttheater Herford
Bewegend sensibel erzählt und dadurch
besonders erschütternd, vielschichtig und
stimmig inszeniert präsentierte TheaterKompagnie-Stuttgart. Theater, das vor
allem durch das Vertrauen der Regie und
Schauspieler auf die Kraft der Worte ihres
Stückes, Verzicht auf unnötigen Aktionismus
und Effekthascherei bei dennoch effektvollen
lnszenierungs-Details, wie im Bühnenbau,
Ton-Gestaltung und Kostüme, tief berührte:
Beeindruckend gelungen. Ein TheaterErlebnis von herausragender Intensität.
(Neue Westfälische)
Troerinnen
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Tragödie geht unter die Haut
Die Bearbeitung von Walter Jens bot
den Zuschauern einen eindrucksvollen
Theaterabend,
der
durch
eine
schlüssige Inszenierung und großartige
Schauspielerinnen - allen voran Cornelia
Elter – imponierte. (Lindauer Zeitung)
Eurpides` Troerinnen im Pfalzbau
...Die auf hundert Minuten geraffte,
spannungsreich
die
psychologische
Verfassung der
Akteurinnen auslotende, beklemmende, aber
auch anrührende Inszenierung beginnt in
der Stille nach dem Kriegsgetümmel... eine
heftig beklatschte Vorstellung. (Mannheimer
Morgen)
Lysistrate
umgesetztes Konzept zugrunde, wobei
Christian Schlösser über ein ausgezeichnetes,
Strapse als Waffe oder die Macht des komödiantisch brillantes Ensemble verfügt.
Beischlafboykott
Diese „Lysistrate“ ist ein wirklicher Genuss.
Theater Kompanie Stuttgart gastiert in der (Mindener Tagblatt)
Stadthalle mit fleischlich-greller »Lysistrate«
...Der Applaus für die Theater Kompanie
Stuttgart am Samstag in der Stadthalle
hielt an. Aristophanes Komödie unterhielt
mit Kopfnote. Großartige Darsteller um die
beeindruckende Cornelia Elter (Lysistrate)
zeigten junges Theater- fleischlich, lustig,
lebendig, verflogen 75 Minuten am Stück.
(Schwarzwälder Bote)
Derb-frivole Lysistrate bietet wirklich
Genuss
...Dem bunten Lustspiel liegt ein gut
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Vom Aufblühen und Früchte Tragen
Immer hin und wieder
Strebt der Blütenzweig im Winde
Immer auf und nieder
Strebt mein Herz gleich einem Kinde
zwischen hellen, dunklen Tagen,
zwischen Wollen und Entsagen.
Hermann Hesse
Der Wind fegt durch die Gänge der Schule;
laute Stimmen erproben sich; es wird
geschrien, geheult, getanzt - auf der Suche
nach dem Schlüssel zum authentischen
Bühnenspiel und dem heilenden, magischen
Moment der ästhetischen Begegnung - mit
der Rolle, sich selbst, dem Gegenüber.
Nicht wenige sind in diesen Gängen
aufgeblüht, haben ihren eigenen Zugang zu
ihrer Kreativität und Ausdruckskraft gefunden.
Haben sich den Stürmen, die eine solche
Ausbildung mit sich bringt, ausgesetzt und
sich immer wieder der Begegnung mit sich
selbst gestellt. Nicht nur Ihre Kunstfertigkeit
und Ideenkraft durfte wachsen, auch ihre
Persönlichkeit.
alle Ausgaben ausschließlich von den
Schulgebühren bestreiten, würden diese so
hoch, dass nur junge Menschen, die das
Glück haben in eine wirtschaftlich bevorzugte
Gesellschaftsschicht
hineingeboren
zu
werden, an der TheaterAkademie studieren
können. Das ist etwas, was sich mit dem
inneren Anliegen der Schule nicht verbinden
lässt. Die TheaterAkademie erwirtschaftet
keinen Gewinn, sie ist eine gemeinnützige
Bildungseinrichtung und deshalb auf
Spenden angewiesen. Die Förderer unseres
Trägervereins sind die Wurzeln, die es
ermöglichen, dass unser Baum Früchte
tragen kann. Dies wird auch in Zukunft
notwendig sein.
Wollen Sie ein Teil dieses Wurzelwerks
sein, damit unser Akademiebaum stark und
fruchtbar bleibt? Dazu haben Sie folgende
Möglichkeiten
a) Werden Sie Fördermitglied in unserem
gemeinnützigen Verein „Förderforum Puck
e.V.“: unterstützen Sie uns mit regelmäßigen
monatlichen Beträgen (ab 5,-€ / 10,-€ /15,€). So wie der Baum regelmäßig Wasser
Zwischen hellen und dunklen Tagen, und Sonne braucht, so sind es diese
zwischen Wollen und Entsagen spielt sich regelmäßigen Beiträge, die uns nähren und
die fortschreitende Entwicklung der Schule am Leben erhalten
ab. Auch wenn das Ziel oft klar vor Augen
steht und die Kunst einem scheinbar Flügel b) Unterstützen Sie uns mit einer einmaligen
verleiht, so bleibt am Ende des Tages doch Spende: hier und da ein unerwarteter
die Frage, mit welchem Geld die Löcher im Dünger, der neue Nährstoffe bringt, so wirken
Parkett geflickt werden; wer die Reparatur einmalige Spenden. Plötzlich kann etwas
der Deckenlampen übernehmen kann und Neues aufblühen, lang Geplantes endlich
wie eine zusätzliche Finanzierung für die verwirklicht und neue Kraft getankt werden.
Miete der Räumlichkeiten aufgestellt werden
könnte.
c) Unterstützen Sie den Stipendienfond des
Förderforum Puck e.V.: mit einer monatlichen
Jede einzelne Blüte braucht einen Baum, zweckgebundenen Spende und übernehmen
der sie trägt und der Baum braucht starkes damit eine Patenschaft für einen unserer
Wurzelwerk das ihn ernährt. Müssten wir Studenten.
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Was ist ein Baum ohne seine Früchte, was
ohne seine Blüten? Unsere SchülerInnen
sind die Früchte unserer Arbeit. Entscheiden
Sie sich dazu, einen bestimmten Schüler, eine
bestimmte Schülerin zu fördern, und nehmen
Sie an deren Lern- und Entwicklungsprozess
teil.
d) Theater für mehr Integration: die
TheaterAkademieStuttgart möchte jungen
Flüchtlingen
eine
Lebensperspektive
bieten, und so einen Beitrag zu der großen
Herausforderung zu leisten, der sich unsere
Gesellschaft gegenüber sieht. Der Gedanke
dabei ist, dass die Studenten schon
während, aber vor allem nach Beendigung
ihres Studiums, Integrationsarbeit mit
Ihren Landsleuten leisten können, da
sie über den selben Erlebnishintergrund
verfügen. Der Abschluss einer qualifizierten
Ausbildung gibt diesen jungen Menschen
eine sinnvolle Zukunftsperspektive, die über
das Einzelschicksal hinaus auch größere
Auswirkungen haben könnte. Darum möchten
wir jährlich zwei bis vier spendenfinanzierte
Ausbildungsplätze anbieten, für die wir Sie
herzlich um Ihre Unterstützung bitten.
20 Jahre sind eine lange Zeit. Lang genug,
so dass aus Blüten Früchte werden und
diese sich wieder neu aussamen können. Die
Gewissheit bleibt, dass 20 Jahre zwar eine
lange Zeit sind, aber kein Grund aufzuhören.
Je mehr Menschen sich an dem Gedeihen
der Schule beteiligen, desto kraftvoller wird
der Baumstamm und desto schöner die
Krone Es gibt noch viele neue Bereiche zu
erforschen.
Die TheaterAkademieStuttgart hätte nicht
gegründet werden können ohne die vielen
kleinen und großen Sponsoren, die diese
Arbeit erst ermöglichen. Ein herzliches
Dankeschön an alle, die bis heute das
Wurzelwerk bilden dass unsere Schule trägt.
Cornelia Elter-Schlösser & Christian Schlösser
TheaterAkademieStuttgart
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Wir
danken allen
Freunden & Spendern der
TheaterAkademieStuttgart für
ihre Unterstützung, insbesondere:
Andrea Döringer-Brugger
Jaqueline Kaess Farquet
Waltraud Linsenmaier
Siegfried Knapp
Miriam Kipp
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