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Kulturlandschaftliche Spuren der Auswanderung
Günter Mertins
Die mittelalterliche
Kirchenburg in Tartlau
(Prejmer), Rumänien, gehört
zum UNESCO Weltkulturerbe
Die verschiedenen Auswanderungswellen aus deutschsprachigen Gebieten haben seit Ende des 17. Jahrhunderts
schon in vielen europäischen und überseeischen Gebieten Volksgruppen entstehen lassen, die über Generationen
ihre Kultur tradiert und gepflegt haben,
was sich auch in der Kulturlandschaft
niederschlug. Darunter werden in erster
Linie Siedlungsstrukturen (Grundriss,
Haustypen) und Flurformen verstanden,
ferner Siedungs- und Ortsnamen, die
auf die Gründer und/oder deren Herkunft verweisen. Wichtig sind des Weiteren die Aktivitäten deutscher Vereine, vor allem die Ausrichtung deutscher
Kulturveranstaltungen und Feste (Oktoberfest!), die Auswirkungen auf die Fassadenphysiognomie sowie auf die touristische Infrastruktur (Läden, Restaurants, Hotels etc.) hat.
Auswanderungsvolumen,
-gründe und -phasen
Schon vor dem Einsetzen der Massenauswanderung im 19. Jahrhundert gab
es in Deutschland eine transozeanische
Wanderung. Sie begann mit der Auswanderung von 13 Familien aus Krefeld
nach Pennsylvania (USA), die dort
1683 die erste deutsche Siedlung Germantown gründeten. Insgesamt nennt
der erste Zensus der USA für 1790 die
Zahl von 257.775 Deutschen, wobei
zwischen Auswanderern und Nachkommen früherer Auswanderer nicht unterschieden wird. Erst ab 1820 liegen Ausbzw. Einwanderungsstatistiken vor, wonach 1820-1988 insgesamt 7.026.258
Deutschsprachige in die USA auswanderten 쐃.
Für Lateinamerika setzen die Statistiken z.T. erst später ein. Die Zahlen sind
wesentlich niedriger: In dem angegebenen Zeitraum wanderten ca. 200.000
Deutschsprachige nach Brasilien aus �,
ca. 120.000 nach Argentinien und
12.000 bis 15.000 nach Chile. Für den
Zeitraum zwischen 1933 und 1945 dürfte die Gesamtzahl der deutschsprachigen Emigranten nach Lateinamerika
zwischen 75.000 und 90.000 liegen, wobei der Anteil der Juden 80 bis 90%
ausmachte. Wiederum waren Argentini-
en (31.000-35.000), Brasilien (ca.
16.000) und Chile (ca. 12.000) die
Hauptaufnahmeländer.
Wirtschaftliche Gründe waren der
dominante Faktor der Auswanderung,
die in den – durch generationenlange
Teilung der Parzellen extrem klein gegliederten – Realerbteilungsgebieten
Südwestdeutschlands (Pfalz) ihren Ausgang nahm und im Laufe des 19. Jahrhunderts von dort über den Westen auf
den Nordwesten und Nordosten
Deutschlands übergriff. Religiöse und
politische Gründe spielten zu bestimmten Zeiten eine bedeutende Rolle bei
der Auswanderung, z.B. nach der
1848er Revolution und vor allem während des „Dritten Reiches“. Die deutlichen Schwankungen der Auswanderungszahlen in die USA 쐃 lassen sich
einerseits mit politischen (1848er Revolution) und wirtschaftlichen Krisen
in Deutschland erklären, z.B. dem Ende
der gründerzeitlichen Blüte ab ca. 1875,
bzw. mit wirtschaftlichen Aufschwungphasen, z.B. nach 1871 oder nach 1890.
USA: Zunehmende Rückbesinnung auf die deutsche Herkunft?
Das größte Einwanderungsland der
Welt, die USA, ist von einer erheblichen ethnischen Vielfalt gekennzeichnet, die ein signifikantes soziales Strukturelement darstellt. Über die Volkszählungskategorie „ancestry“ (Abstammung, Herkunft der Vorfahren) wird die
Deutsche und Deutschstämmige
Wer zählt zu den deutschen und
deutschstämmigen Auswanderern? Da
die Hauptauswanderungswellen im 19.
und frühen 20. Jahrhundert lagen, gehören sicherlich alle deutschsprachigen Personen aus dem Deutschen Reich in den
Grenzen von 1871 bzw. später von 1919
dazu. Als Deutschsprechende (auch
immer als Deutschstämmige?) muss man
ferner die Emigranten aus ÖsterreichUngarn einbeziehen, nach 1919 nur
noch aus Österreich, und aus den
deutschsprachigen Teilen der Schweiz.
Schwieriger wird es schon, die Nachfahren der aus dem deutsch-niederländischen Grenzgebiet stammenden Mennoniten, die Ende des 18. und Anfang des
19. Jahrhunderts aus der Region Danzig
zur Kolonisierung in die Ukraine, später
dann von dort nach Kanada, Mexiko und
Paraguay zogen, als Deutsche zu bezeichnen, sicherlich wohl im weiteren
Sinne als deutschstämmig. Gleiches gilt
für die überwiegend aus dem Moselfränkischen (Saarland, Lothringen, Luxemburg) stammenden Siebenbürger Sachsen, die in der zweiten Hälfte des 12.
Jahrhunderts nach Siebenbürgen „gerufen“ wurden.
aktuelle Identifikation mit einer Ethnie, d.h. dem entsprechenden Kulturraum deutlich. Es ist sicherlich überraschend, dass 1990 in weiten Teilen der
USA nicht die englische, sondern –
und weit stärker als im 1980er Zensus –
die deutsche als die wichtigste Herkunftskultur empfunden wurde �, wo-
쐇 Auswanderung nach Argentinien, Brasilien und Chile
1820-1928
Auswanderer in Tsd.
60
50
Argentinien
k.A.
쐃 Auswanderung in die Vereinigten Staaten 1820-1988
Chile
40
19.Jh.
Auswanderer in Tsd.
20.Jh.
30
1600
1400
19.Jh.
1200
20.Jh.
20
10
1000
800
0
600
k.A.
k.A.k.A.
18201830
k.A. k.A.
18311840
18411850
400
18511860
18611870
18711880
18811890
18911900
19011910
19111920
19211928
Die Werte von Chile 1850-1870 beinhalten nur die Auswanderung über Hamburg
© Leibniz-Institut für Länderkunde 2005
200
0
Brasilien
keine Angaben
1820- 1830- 1840- 1850- 1860- 1870- 1880- 1890- 1900- 1910- 1920- 1930- 1940- 1950- 1960- 1970- 19811829 1839 1849 1859 1869 1879 1889 1899 1909 1919 1929 1939 1949 1959 1969 1980 1988
© Leibniz-Institut für Länderkunde 2005
72
Nationalatlas Bundesrepublik Deutschland – Deutschland in der Welt
Deutschen gegründete Kirchen und
Friedhöfe stellen in den Dörfern und
ländlichen Kleinstädten die sichtbarsten Zeichen dar. Außerhalb Neuenglands dominiert die quadratische Landaufteilung (Township-Prinzip). Dort lassen die physiognomisch-baulich weitgehend uniformen Einzelhofsiedlungen
keine Rückschlüsse auf ethnisch unterschiedliche Bewohner zu.
bei der Bundesstaat Wisconsin mit
45,2% (!) den Spitzenwert aufweist. Das
steigende Interesse an der deutschen
Abstammung wird vor allem mit der
seit den 1970er Jahren zunehmenden
Rückbesinnung auf traditionelle, konservative Werte erklärt.
Von Ausnahmen abgesehen (z.B. in
Milwaukee, Cincinnati) gibt es in den
Städten nur noch sehr selten ausgeprägte deutsche Viertel. Jedoch versucht
eine große Zahl von Lebensmittelherstellern, -geschäften und Gastronomiebetrieben ihre deutsche Herkunft zu
vermarkten. Im ländlichen Raum sind
die deutschen Ortsnamen die bedeutendsten kulturlandschaftlichen Spuren
der deutschen Einwanderung �. Von
쐋
Südamerika: zwischen Beharrung und Überprägung
Im südchilenischen Seengebiet um Valdivia, Osorno und Puerto Montt besteht
noch eine bedeutende deutsche Siedlungs- und Kulturinsel, und auch in anderen südamerikanischen Ländern ha-
Mittlerer Westen/Süden der Vereinigten Staaten
Deutsche Ortsnamen
90°
95°
Oberer
NORTH
DAKOTA
85°
See
ben sich – z.T. touristisch überprägt –
bis heute signifikante Einzelbeispiele
deutschen Siedlungsstils gehalten (z.B.
Colonia Tovar, 45 km südsüdwestlich
von Caracas, Venezuela).
Eine geplante, staatlich kontrollierte
und geförderte bäuerliche Kolonisation
hinterließ deutliche kulturlandschaftliche Spuren deutscher Siedlungstätigkeit
in Argentinien, Südbrasilien und Paraguay �. Dazu wurden im 19. Jahrhundert zukünftige Siedler vor allem in
Deutschland durch private Siedlungsgesellschaften oder auch durch entsandte
bzw. freie Personen angeworben. Es gab
staatliche und private Kolonisationsprojekte; bei letzteren hatte eine Gesellschaft oder eine Privatperson die entsprechende Fläche vorher erworben.
Fast immer erfolgten Auswanderung
und Kolonisation in landsmannschaftlich kohärenten Gruppen.
Deutlich lassen sich zwei Kolonisationsformen unterscheiden. Einerseits
war es in allen drei Ländern die Urwaldkolonisation, die zunächst eindeu-
�
tig dominierte. Die Rodung und Flächenerschließung erfolgte über geschlagene Schneisen (picadas), die dann der
Anlage von waldhufenähnlichen Siedlungs- und Flurformen dienten �, die
z.B. in Rio Grande do Sul noch oft
deutlich zu erkennen sind. Die Urwaldkolonisation begann 1824 mit der
Gründung der ersten deutschen Kolonie, São Leopoldo in Rio Grande do
Sul, Brasilien.
Andererseits war es die Kolonisation in
den Savannenbereichen Argentiniens
und Paraguays, die fast drei Jahrzehnte
später mit der Gründung der deutschen
Siedlung Esperanza im argentinischen
Zwischenstromland begann �. Aufgrund
der quadratischen Flächenaufteilung dominierte zunächst die Einzelhofsiedlung
mit einem Koloniezentrum, das sich – je
nach Standort – im Laufe der Zeit zu einem Dorf oder einer ländlichen Kleinstadt entwickelte. Zweizeilige Reihensiedlungen sind bei den Mennoniten-Kolonien in Paraguay um Filadelfia, Río Verde
씮
und Sommerfeld vorherrschend.
Vereinigte Staaten
Bevölkerung mit deutscher Herkunftsidentität 1990
nach Bundesstaaten
80°
ONTARIO
Friesland
MINNESOTA
Huronsee
Rhinelander
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45°
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Zürich
Bratzberg Eltzen
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40°
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Bremen
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deutscher Ortsname
US-Bundesstaaten
Grenze
Hauptstadt
30
20
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Montgomery
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Hamburg
Bremen
30°
Maßstab 1:14 Mio.
B.
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F.
K.
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Bretzville
Eckerty
Ferdinand
Kellerville
Leipsic
St. Meinrad
N.F.
Sch.
St.
V.
W.
W.B.S.
Schreibweise der Ortsnamen nach DEHNE 2003
1mm Säulenhöhe =^ 2 %
Häufigkeitsdiagramm
Prozent
85°
Abkürzungen
Brunswick
Frankfort
Germantown
Hagerstown
Tallahassee
Golf von Mexiko
90°
Bru.
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Ger.
Hag.
10
Maßstab ca. 1 : 100 Mio.
0
FLORIDA
Baton
Rouge
Geismar
Kraetner
Allemand
45
40
GEORGIA
Hamburg
Brunswick
Prozent
Alaska
Bremen
Hanover
MISSISSIPPI
Minden
Anteil der Bevölkerung mit
deutscher Herkunftsidentität
als Erstnennung
Atlanta
Alaba
ma
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Hamburg
Louisiana
Florida
35°
Bremen
Hohenlinden
Georgia
Maßstab 1 : 38 Mio.
SOUTH
CAROLINA
Altheim
Bethel
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Bethel
South
Carolina
Oklahoma
New Mexico
NORTH
CAROLINA
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Little Rock
Hohenwald
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Carolina
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ARKANSAS
35°
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Indiana
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Maryland
Washington D.C.
Virginia
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Utah
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Waldenburg
Arkansas
Pennsylvania
Iowa
Massachusetts
Rhode Island
Connecticut
Fosheim
Nashville
T E N N E S S E E
New
York
Wisconsin
South Dakota
Nebraska
Nevada
Maine
New
Hampshire
North
Dakota
Montana
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Oklahoma City
Dresden
Bethel
Hanover
Vermont
Michigan
E
45°
New Frankfort
Schnellville
Stendal
Velpen
Westphalia
West Baden Springs
deutsch als meistgenannte
ethnische Herkunft
>40
30 - 40
20 - 30
15 - 20
10 - 15
5 - 10
< 5
Die Farben entsprechen
denen in der Karte.
5
10
15
Anzahl der
Bundesstaaten
© Leibniz-Institut für Länderkunde 2005
Autor: G.Mertins
Kulturlandschaftliche Spuren der Auswanderung
73
쐂 Argentinien, Brasilien und Paraguay
Siedlungsgebiete mit deutschen Strukturelementen 2004
60°W
B
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Londrina
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ItaipúStausee
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Foz do Iguaçú
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Florianópolis
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Rio Grande
Santa Cruz do Sul
São Leopoldo
(1.dt. Kolonie 1824)
N
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30°
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Joinville
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30°
Curitiba
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Resistencia
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Concepción
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Rumänien: Rückkehr von
Deutschstämmigen – bleibende
Siedlungs- und Kulturspuren
G
2000
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113
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107
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110
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108
101
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70
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66
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51
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49
54
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43
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46
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59
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57
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31
54
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52
36
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29
50
49
48
47
27
34
46
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44
43
25
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42
41
40
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30
38
37
36
35
21
28
34
33
32
26
31
19
30
29
28
27
17
24
26
25
24
15
23
22
22
21
20
20
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13
18
17
15
18
11
13
16
11
16
9
14
9
4 6 8 10 12
7
14
7
2
5
3
5
12
1
10
Picada pequena
Loma
Plata
A
250 500
3 000 Braças
= 1 Legoa
R
Esperanza
T
ATLANTISCHER
Rosario
N
Villa General
Belgrano
Buenos Aires
E
OZEAN
URUGUAY
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Montevideo
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50°
Deutsche Siedlungsstandorte
G
Colonia Tovar
R
Strukturelemente deutlich ausgeprägt
Strukturelemente schwach ausgeprägt
sonstige im Text erwähnte
Siedlungsstandorte
Deutsche Siedlungsgebiete
Strukturelemente deutlich ausgeprägt
Strukturelemente schwach ausgeprägt
Mar del Plata
A
Brasilien
Kolonie Santa Cruz 1881
A
Filadelfia
do
쐄
zugt wird. Dieser und das in fast allen
Städten deutscher Gründung bzw. in
Stadtvierteln mit einem entsprechenden deutschen Bevölkerungsanteil übliche Oktoberfest (z.B. in Blumenau in
Brasilien mit ca. 800.000 Besuchern,
쑺 Foto) gelten allgemein als die „deutschen“ Markenzeichen. Dazu gehören
natürlich deutsche Lebensmittel- (d.h.
Delikatessen-)läden, Restaurants, Cafes,
Hotels etc. �. Auch Industriebetriebe
z.B. in Blumenau, Joinville und Sta.
Cruz do Sul (Nahrungsmittel, Textilien) setzen in ihrer Werbung die deutsche Herkunft der Firmengründer, deren
Nachfahren oder von Teilen ihrer Arbeiterschaft als Qualitätsmerkmal ein.
Generell gilt, dass sich die kulturlandschaftlichen Spuren deutscher Auswanderung in den Dörfern und Kleinstädten besser erhalten haben als in
Mittel- oder Großstädten. Wenn z.B. in
Petropolis, nahe Rio de Janeiro, noch
heute ein Drittel der ca. 350.000 Einwohner deutscher Abstammung sind, so
äußerst sich das vor allem in Stadtviertelsnamen wie Bingen, Ingelheim oder
Worms und in der Existenz von deutschen Kultur- sowie Kirchenvereinen,
wobei durch die Überalterung der Mitglieder die Gefahr der Auflösung und
damit des Erlöschens des deutschen Gemeindelebens droht.
S al a
Strukturelemente wie Siedlungsgrundriss, Flurformen und Gehöft- oder Hausstil sind in unterschiedlichem Maße erhalten und z.T. noch durchaus deutlich
ausgeprägt. Gleiches gilt für den Gebrauch der deutschen Sprache, die oft
nicht mehr beherrscht wird. Deutsche
Vereine und von diesen organisierte
Feste, Märkte und Kulturveranstaltungen haben aber Bestand und – wenn sie
entsprechend vermarktet werden – an
Bedeutung wieder zugenommen. Städte
wie Blumenau, Joinville und Santa Cruz
do Sul, aber auch kleinere Orte wie Villa General Belgrano � sowie das mennonitische Filadelfia haben einen hohen touristischen Stellenwert und werben mit ihrem deutschen Siedlungsbild
und deutschen Festen. Das hat Auswirkungen auf die Renovierung und auch
auf die Neubauten in den Siedlungskernen, wobei ein Schwarzwälder oder
oberbayerischer Baustil eindeutig bevor-
20°
UrubupungaStausee
Campo Grande
P
Pa
BOLIVIEN
Minas Gerais
Rio Grande
50°
Mato Grosso do Sul
20°S
Bahía Blanca
Abb.6
40°
Städte
Petrópolis
> 1000000 Einw.
500 000 - 1000000 Einw.
< 500000 Einw.
Buenos Aires Hauptstadt
40°
Abb.5
Abb.7
100
0
Valdivia
Osorno
Puerto Montt
300 km
200
ic
Maßstab 1 : 16000 000
ad
Staatsgrenze
Grenze der Bundesstaaten
in Brasilien
60°
a
de
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Restaurant, Café
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Velez Sarfield
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Hotel, Pension
Tourismusbüro, Reiseunternehmen
zur Ortslage siehe Abb.6
© Leibniz-Institut für Länderkunde 2005
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Nationalatlas Bundesrepublik Deutschland – Deutschland in der Welt
Co
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6 km
Los Manantiales
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incial N°5
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Uruguay
© Leibniz-Institut für Länderkunde 2005
17 de Agosto
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von
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Betriebe von Nachkommen deutschsprachiger Einwanderer
2003
Gastronomie, Beherbergung, Tourismus
ha
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Josefa
쐆 Villa General Belgrano–Provinz Córdoba (Argentinien)
Corrientes
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Pic
Faxinal da Dona
Auf dem Territorium des heutigen Rumänien leben seit ca. 850 Jahren Deutsche: in Siebenbürgen, dem Banat, in
der Bukowina, der Dobrudscha und um
Sathmar. Die meisten dieser Gebiete
waren erst durch die so genannten Pariser Vorortverträge 1919/20 Rumänien
zugefallen und gehörten vorher überwiegend zu Österreich-Ungarn.
Bei der Volkszählung 1930 bekannten
sich noch 745.421 Rumänen zur deutschen Abstammung (4,1% der Staatsbevölkerung). Infolge des Zweiten Weltkrieges (Gefallene, Verfolgungen, Deportationen, Umsiedlungen) und der
späteren Furcht, sich zum Deutschtum
zu bekennen, sank diese Zahl bis 1977
auf 227.398 (1,1% der Staatsbevölkerung). Die große Rückwanderung setzte
jedoch erst ab 1978 ein, als Rumänien
aufgrund einer bilateralen Vereinbarung
der Ausreise von 12.000-16.000
Deutschstämmigen pro Jahr in die Bundesrepublik Deutschland gegen die Zahlung eines Pauschalbetrages je Aussiedler zustimmte, der von 5000 DM im
Jahr 1978 auf 7800 DM im Jahr 1989
anstieg. Der eigentliche Exodus begann
aber nach dem Fall des Ceaușescu-Regimes Ende Dezember 1989, als innerhalb eines halben Jahres 111.115
0
100
200
300 m
Maßstab 1:17500
Autor: G.Mertins
쐊
Rumänien
Deutsche Siedlungsgebiete um 2000
R
A
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Èernovcy
(Czernowitz)
Tisa
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B
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Reghin
(Sächsisch Regen)
S i e b e n b ü r g e n
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(Bogarosch)
Timiºoara
(Temeschburg)
M
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Vâlcea
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Beograd
(Belgrad)
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Buzãu
Brãila
Ploieºti
Piteºti
DrobetaTurnu Severin
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(Konstanza)
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Bucureºti
(Bukarest)
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Galaþi
(Galatz)
Braºov
(Kronstadt)
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Focºani
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Gãrâna
(Wolfberg)
Prejmer
(Tartlau)
Sibiu
(Hermannstadt)
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Lugoj
(Lugosch)
B a n a t
Reºiþa
(Reschitz)
Deutschstämmige Rumänien verließen.
Insgesamt betrug im Zeitraum 1990 bis
1999 die Aussiedlerzahl 186.340. Die
ungenauen Schätzungen für die heutigen Rumänien-Deutschen schwanken
zwischen 50.000 und 100.000, wobei die
Älteren eindeutig überwiegen. Das führte insgesamt zu einer erheblichen Reduzierung, ja zur fast vollständigen Aufgabe deutscher Siedlungsgebiete �.
Bleibende Siedlungs- und Kulturdokumente im ländlichen Raum sind
zunächst die Siedlungsgrundrisse: sowohl die im Verlauf der späten deutschen Ostkolonisation entstandenen
Straßen- und Angerdörfer als auch die
schachbrettartigen Grundrisse vieler
Siedlungen im Banat �, die im 18.
Jahrhundert im Rahmen einer großen
Kolonisationsaktion entstanden. In Siebenbürgen stellen die Kirchenburgen
ein besonders eindrucksvolles Zeugnis
dar (쑺 Foto). Sie entstanden als Wehranlagen und Zufluchtstätten während
der Türkeneinfälle im späten 14., vor
allem dann aber im 15. Jahrhundert.
Heute bilden sie eine kulturhistorischtouristische Attraktivität der Region.
In den Altstädten von Sibiu (Hermannstadt), Brașov (Kronstadt), Sighișoara (Schäßburg), Cluj (Klausenburg)
und Temesvar (Temeschvar) finden sich
noch zahlreiche Zeugnisse deutschen
Baustils. Es bestehen noch deutsche
Kirchengemeinden, Schulen und Vereine, wobei die Zahlen der Mitglieder und
die der deutschen Schüler jedoch gering
sind. Durch Renovierungen wird versucht, den in Anlage und Baustil typischen Charakter der ehemaligen deutschen Kolonisationszentren zu erhalten.웇
Sighiºoara
(Schäßburg)
M u r eº
Zãbrani
(Guttenbrunn)
Jimbolia
(Hatzfeld)
Werbefoto für das brasilianische Oktoberfest
in Blumenau aus einer argentinischen Zeitung
Bacãu
Târgu Mureº (Neumarkt)
Mediaº
(Mediasch)
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Cluj-Napoca
(Klausenburg)
Chiºinãu
(Chisinau)
Iaºi
(Jassy)
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Bistriþa
(Bistritz)
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Oradea
(Großwardein)
Bãlþi
Botoºani
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Satu Mare
(Sathmar)
Debrecen
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Nyíregyháza
Dni
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Miskolc
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100 km
Maßstab 1 : 3 750 000
쐎
Rumänien
Typischer Siedlungsgrundriss des 18. Jhs. im Banat
Ehemals mehrheitlich deutsches
Siedlungsgebiet
stark vermindert
durch Umsiedlung 1940 geräumt
Ortschaften mit charakteristischen
deutschen Kirchen / Kirchenburgen
mittelalterliche Kirche
Kirchenburg
gut erhaltene, charakteristische Kirchenburg
Staatsgrenze
Städte
Einwohner
über 1 Mio.
500 Tsd. - 1 Mio.
100 Tsd. - 500 Tsd.
unter 100 Tsd.
Autor: G. Mertins
0
© Leibniz-Institut für Länderkunde 2005
1
Maßstab 1 : 75 000
Kulturlandschaftliche Spuren der Auswanderung
75
2 km