Die Visualisierung des Todes und des toten Körpers im Animationsfilm
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Die Visualisierung des Todes und des toten Körpers im Animationsfilm
Die Visualisierung des Todes und des toten Körpers im Animationsfilm Katja Flachberger DIPLOMARBEIT eingereicht am Fachhochschul-Masterstudiengang Digitale Medien in Hagenberg im Juli 2011 © Copyright 2011 Katja Flachberger Diese Arbeit wird unter den Bedingungen der Creative Commons Lizenz Namensnennung–NichtKommerziell–KeineBearbeitung Österreich (CC BYNC-ND) veröffentlicht – siehe http://creativecommons.org/licenses/by-nc-nd/ 3.0/at/. ii Erklärung Hiermit erkläre ich an Eides statt, dass ich die vorliegende Arbeit selbstständig und ohne fremde Hilfe verfasst, andere als die angegebenen Quellen und Hilfsmittel nicht benutzt und die aus anderen Quellen entnommenen Stellen als solche gekennzeichnet habe. Hagenberg, am 27. Juni 2011 Katja Flachberger iii Inhaltsverzeichnis Erklärung iii Kurzfassung vi Abstract vii 1 Einleitung 1.1 Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.2 Motivation und Struktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 1 2 2 Einführende Worte zur Visualisierung des Todes 2.1 Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2 Darstellung des Todes in der bildenden Kunst . . . . . . . . . 2.2.1 Von der Antike bis zum 18. Jahrhundert . . . . . . . . 2.2.2 Das 19. Jahrhundert bis zur Gegenwart . . . . . . . . 2.3 Kategorisierung der Darstellung toter und sterbender Körper 2.3.1 Der schöne Tod . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3.2 Der offene und zerstörte Körper . . . . . . . . . . . . . 2.3.3 Das Tote am Toten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.4 Die Funktion der Auseinandersetzung mit dem Tod in der Kunst 3 3 4 4 7 11 11 12 14 16 3 Der Tod im Animationsfilm 18 3.1 Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18 3.2 Die Darstellung des Todes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19 3.2.1 Frühe Darstellungen des Todes in Kurzfilmen . . . . . 19 3.2.2 Der Tod im animierten Spielfilm für Kinder . . . . . . 21 3.2.3 Der nicht jugendfreie Tod im animierten Spielfilm . . . 24 3.3 Unsterblichkeit in Zeichentrickserien . . . . . . . . . . . . . . 25 3.3.1 Unverwüstliche Körper . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25 3.3.2 Der wiederholte Tod . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27 3.4 Personifikation des Todes in der Animation . . . . . . . . . . 29 3.5 Exkurs: Tod und Metalepse in der Animation . . . . . . . . . 33 3.5.1 Tod durch Überschreitung der diegetischen Grenzen . 35 3.5.2 Sterblichkeitsbewusstsein bei animierten Charakteren . 36 iv Inhaltsverzeichnis 3.5.3 v Interaktion mit dem Tod des belebten Körpers . . . . 4 Darstellungsformen des toten Körpers im 4.1 Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.2 Der schöne Tod . . . . . . . . . . . . . . . 4.3 Die Ästhetik offener und geteilter Körper 4.4 Der temporäre Tod . . . . . . . . . . . . . 4.5 Das transi-Motiv . . . . . . . . . . . . . . 4.6 Das Tote am Toten . . . . . . . . . . . . . 5 Schlussbemerkungen 38 Animationsfilm 40 . . . . . . . . . . . 40 . . . . . . . . . . . 41 . . . . . . . . . . . 45 . . . . . . . . . . . 51 . . . . . . . . . . . 54 . . . . . . . . . . . 59 65 A Inhalt der CD-ROM 67 A.1 PDF-Diplomarbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67 A.2 Online-Ressourcen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67 Literaturverzeichnis 69 Kurzfassung Die vorliegende Arbeit befasst sich mit der Visualisierung des Todes und des toten Körpers im Animationsfilm. Die Auseinandersetzung mit der Todesthematik in der Animation bietet vielfältige gestalterische Möglichkeiten, die sich nicht durch Realitätsnähe auszeichnen müssen und daher einen freieren Zugang zur Darstellung des Todes zulassen. Die Charaktere in Animationen leben meist in einer fiktiven Welt, die für sie geschaffen wurde und müssen den physischen und biologischen Naturgesetzen damit nicht gehorchen. Durch eine stilisierte oder abstrakte Visualisierung können ungewohnte Todesdarstellungen entstehen, oder auch bekannte Formen eine divergente Wirkung beim Betrachter erzielen. Im Zuge der Untersuchung werden den Darstellungen des Todes in der Animation Beispiele aus bildender Kunst, Fotografie und Realfilm gegenübergestellt. Es werden die verschiedenen Formen des Todes im Animationsfilm betrachtet, zahlreiche Beispiele unter verschiedenen Kriterien analysiert und dabei die Besonderheiten, die sich bei der Visualisierung des Todes zeigen, heraus gearbeitet. vi Abstract This thesis deals with the visualization of death and dead bodies in animated films. The examination of the death thematic within animation offers multifarious, creative possibilities which do not have to be characterized by realism and therefore it endorses a more free approach of death illustration. Most of the animated characters live in a fictional world which was designed especially for them and they do not have to obey to physical and biological laws of nature. Through stylized or abstract visualization unfamiliar illustrations can be generated. Moreover familiar illustrations can reach a divergent reaction by the observer. In the course of analysis the illustration of death within the animation is opposed to examples of fine arts, photography and live action. Various types of death in animated films will be examined and a variety of examples of different criteria will be analyzed. Through all these analysis the specifics of the visualization of death will be figured out. vii Kapitel 1 Einleitung 1.1 Einführung Die Auseinandersetzung mit dem Tod ist ein natürliches Bedürfnis des Menschen, welches seit jeher in allen Kunstrichtungen behandelt wird. Der Tod und der tote Körper fasziniert, es umgibt ihn, wie es Alfred J. Gahlmann formuliert, eine „merkwürdige Aura der Neugier“ [15, S. 572]. Die Konfrontation mit dem Tod im Bewegtbild ist heutzutage bei durchschnittlichem Medienkonsum unumgänglich. Mittels einer Flut von Bildern wird uns der Tod tagtäglich über Nachrichten, Fernsehen und Filme ins Haus geliefert. Der Animationsfilm bietet dabei eine besondere Plattform für die visuelle Umsetzung der Todesthematik. Die Charaktere in Animationsfilmen leben meist in einer fiktiven Welt, die für sie geschaffen wurde. In diesen Welten gibt es eigene Regeln und Gesetzmäßigkeiten, die sich an den realen orientieren, jedoch auch völlig neu gestaltet werden können. Die Charaktere müssen sich daher nicht an die physischen und biologischen Naturgesetze halten und damit besteht auch die Möglichkeit, den Tod in einer ungewohnten Weise dazustellen. Während die Darstellungsformen des Todes im Realfilm meist von Realitätsnähe geprägt sind, besteht in der Animation die Gelegenheit einen freieren Zugang bei der Visualisierung des Todes zu wählen. In dieser Arbeit wird versucht, die erweiterten gestalterischen Möglichkeiten zu ergründen, die im Animationsfilm ausgeschöpft werden. Die visuelle Umsetzung der Todesthematik in der Animation wird dabei Beispielen aus bildender Kunst, Fotografie und Realfilm gegenübergestellt. Als Abgrenzung werden nur Beispiele verwendet, die aus dem europäischen und US-amerikanischen Raum kommen und sich damit durch ähnliche kulturelle Werte auszeichnen. Hierbei steht der tote Körper und seine Visualisierung im Mittelpunkt. Ziel ist es, die Besonderheiten, die der Darstellung des Todes und vor allem des toten Körpers im Animationsfilm zugrunde liegen, herauszuarbeiten. 1 1. Einleitung 1.2 2 Motivation und Struktur Mein Interesse für die Darstellungen des Todes im Animationsfilm wurde durch die zahlreichen animierten Kurzfilme, die sich mit dem Tod in einer humorvollen Weise auseinandersetzen, geweckt. Darin werden teils an sich brutale Erscheinungen so dargestellt, dass nicht das Grauen oder der Schrecken über den zerstörten Körper in den Mittelpunkt rückt, sondern die skurrile Geschichte und die absurde Visualisierung Vergnügen bereitet. Bei der Darstellung von Charakteren in stilisierter oder abstrakter Form können sich sehr fantasievolle Erscheinungen des Todes ergeben, die so im Realfilm nicht umsetzbar wären oder eine gänzlich andere Wirkung auf den Betrachter hätten. Während es zu den Darstellungen des Todes in bildender Kunst, Fotografie und Realfilm bereits viele Untersuchungen gibt, wurde der Betrachtung dieser Thematik im Animationsfilm bisher keine Aufmerksamkeit geschenkt. Dies war für mich der Anlass, in meiner Arbeit die Todesdarstellungen in der Animation zu untersuchen. Um einen Einblick in die Visualisierung des Todes zu bekommen, werden im zweiten Kapitel die Darstellungsformen des Todes betrachtet, die in bildender Kunst, Fotografie und Realfilm zu finden sind. Dazu wird untersucht, wie sich die Darstellung des Todes im geschichtlichen Verlauf und mit dem Aufkommen neuer Medien entwickelt hat und welche Formen dabei häufig aufgegriffen werden. In einer Kategorisierung wird im folgenden auf herausstechende Visualisierungen genauer eingegangen, um diese im weiteren Verlauf der Arbeit für die Gegenüberstellung mit den Darstellungen des Todes im Animationsfilm zu verwenden. Das Interesse des dritten Kapitels gilt den verschiedenen Bereichen, in welchen der Tod im Animationsfilm zu finden ist. Es werden Beispiele für die ersten Tode in der Animation betrachtet und das Vorkommen des Todes in animierten Spielfilmen untersucht. Weiters wird ein Blick auf die Visualisierung des personifizierten Todes im Animationsfilm geworfen und die Umsetzung bzw. Adaption des Totentanzes für dieses Genre untersucht. Zudem wird in diesem Kapitel der Tod im Zuge der Überschreitung der Diegese behandelt. Die Figuren einer fiktiven Welt können aus dieser heraus fallen und damit ihre Fiktivität offenbaren. Das vierte Kapitel widmet sich der Darstellung des toten Körpers in der Animation. Dazu werden zu verschieden Gesichtspunkten ausgewählte Animationsbeispiele untersucht. Die Erkenntnisse aus dem zweiten Kapitel sollen dabei in die Betrachtung mit einfließen und Gemeinsamkeiten sowie Unterschiede erarbeitet werden. Besondere Formen der Visualisierung des Todes im Animationsfilm werden betrachtet und gegebenenfalls mit Darstellungen aus dem Realfilm verglichen. Kapitel 2 Einführende Worte zur Visualisierung des Todes 2.1 Einführung In diesem Kapitel soll ein Einblick in die Auseinandersetzung mit dem Tod in Gesellschaft und Kunst gegeben werden. Der Umgang mit dem Tod wurde durch verschiedene Einflüsse, wie etwa Kriege, Krankheiten oder die Religion geprägt. Die Gesellschaft hat sich mit der Zeit verändert und weiterentwickelt und damit auch der Zugang zur Todesthematik. Hier sollen in chronologischer Reihenfolge verschiedene Darstellungsformen des Todes betrachtet werden, die von der Antike bis zur Gegenwart entstanden sind. In der Arbeit werden nur Animationen aus dem europäischen und US-amerikanischen Raum behandelt, daher soll für die Untersuchung der Todesbilder in der bildenden Kunst und im Film ebenfalls nur dieses Gebiet berücksichtigt werden. Aufgrund der enormen Fülle von Darstellungen des Todes, kann nur ein kleiner Einblick in diese Thematik genommen werden. Eine ausführliche Untersuchung wäre im Rahmen dieser Arbeit nicht umzusetzen, ist jedoch auch nicht nötig. Vielmehr wird versucht auf die wichtigsten Entwicklungen einzugehen. Aus dem Ergebnis dieser Ausführung wird im Anschluss eine Gliederung aus hervorstechenden Punkten der Darstellungen des Todes erarbeitet, um in Kapitel 4 in die Analyse von Beispielen aus dem Animationsfilm einzufließen. Ein weiterer Aspekt, der in diesem Kapitel kurz behandelt werden soll, ist die Frage nach den Motiven, die zur Bebilderung des Todes und der Toten führen. 3 2. Einführende Worte zur Visualisierung des Todes 2.2 2.2.1 4 Darstellung des Todes in der bildenden Kunst Von der Antike bis zum 18. Jahrhundert In der bildenden Kunst der Antike ist der gewaltsame Tod das dominierende Thema bei der Darstellung von sterbenden und toten Körpern. Man findet ihn etwa in Gestalt von Plastiken, als Wandmalerei oder auch als Verzierung auf Vasen und Särgen. Auf Sarkophagen wurde das Sterben oftmals in Form von Bildgeschichten dargestellt, bei denen die Toten vielfach mit Göttern, wie dem Totengeleiter Hermes, abgebildet wurden. Diese galten damals als Verursacher und Auslöser von gewaltsamen Tötungen. Häufige Motive solcher Abbildungen waren der Mord von Familienangehörigen, der Tod im Kampf oder die tödliche Rache eines Gottes. Man kann bei diesen Todesdarstellungen erstmals von einem schönen Tod sprechen, denn obwohl die Darstellungen meist vom gewaltvollen Tod handeln, wurden die Toten mit nahezu unversehrten, jugendlichen Körpern in ansprechender, oft sinnlicher Pose dargestellt [33, S. 35–46]. Im Mittelalter war die europäische Gesellschaft, die Malerei und damit auch die Darstellungen des Todes geprägt vom christlichen Glauben. Die bildende Kunst dieser Zeit hat ihre Spuren vor allem in Kirchen, Klöstern und an Friedhöfen in Form von Plastiken und Wandmalereien hinterlassen. Zwischen dem 12. und 14. Jahrhundert entwickelte sich eine der wohl bekanntesten Darstellungen des toten Körpers, das Bild des blutüberströmten Christus am Kreuz [39, S. 535]. Bis zum 15. Jahrhundert unterschied sich der tote kaum vom lebendigen Körper, da er ohne besondere Anzeichen des Todes abgebildet wurde. Es sei denn, die Darstellungen zeigten eine äussere Gewalteinwirkung durch die der Tod der Person angenommen werden konnte, wie es bei einem von Klingen durchbohrten Körper der Fall ist [2, S. 210, 218]. Mit dem Spätmittelalter entwickelte sich eine Darstellungsästhetik, die als makabre Ikonographie bezeichnet wird. Philippe Ariès führt aus, dass sie die Abbildungen von toten Körpern vom 14. bis 16. Jahrhundert besonders dort prägte, wo die Gesichter der Toten bedeckt wurden.1 Eine weitere Ursache für deren Entwicklung war, so Tina Weber, das wachsende Interesse an der Anatomie [38, S. 553]. Der Hauptakteur der makabren Ikonographie ist der verwesende Leichnam, der „Erstarrte“, auch transi genannt, den man zuerst in Form von Grabplastiken fand [1, S. 141 ff]. Ein Beispiel dafür ist die Grabplastik L’homme à moulons, in Boussu (Belgien). Sie zeigt den aufgebahrten, verwesten und schon offenen Körper eines Mannes. Die Haut ist an manchen Stellen bis auf die Knochen verwest, der Körper von Wür1 Im mittelalterlichen Zeitraum war es üblich den Toten und vor allem das Gesicht, bis zur Beisetzung nicht zu bedecken. Erst mit dem 13. Jh wurde in der lateinischen Christenheit, die mediterranen Länder ausgenommen, der Leichnam als ein unerträglicher Anblick wahrgenommen, dies führte zur Verhüllung des Toten sofort nach dem Tod [1, S. 146, 216 ff]. 2. Einführende Worte zur Visualisierung des Todes 5 mern übersät und Rippen sowie Wirbelsäule stehen aus dem hohlen Rumpf hervor. Die noch mit Haut überzogenen Stellen sind eingefallen und lassen das Skelett erkennen. Während die Darstellungen der Leichen im 15. Jahrhundert die Zersetzung des Körpers im Mittelpunkt hatten, wurde im 16. Jahrhundert das Augenmerk auf die beginnende Veränderung des toten Körpers gelegt. Interessant waren die ersten Anzeichen des körperlichen Verfalles, etwa die Veränderung der Hautfarbe [1, S. 477]. Die Motive waren häufig religiös geprägt oder setzten sich mit dem massenhaften Tod in Folge von Pest und anderen Seuchen auseinander, die zu dieser Zeit die Menschen reihenweise dahinrafften.2 Große Furcht bereitete in der Zeit der Seuchen die Plötzlichkeit des Todes, die das Verabschieden und Vorsorgen, in religiöser Sicht vor allem die Beichte, vor dem Tod verhinderte. Mit den Epidemien im Hintergrund entwickelte sich im 15. Jahrhundert die Darstellung des Totentanzes. Er hat seine Grundlage im christlichen Glauben und diente als bildhaftes memento mori dazu, die Menschen an den plötzlich auftretenden Tod und damit an ein gottgefälliges Leben und die ständige Beichte zu erinnern. Ursprünglich stellte er wirklich einen „Tanz der Toten“ dar, bei dem Personen – egal welchen Geschlechtes oder Ranges – gewaltsam von einem Skelett ins Jenseits geführt wurden [27, S. 77]. Die begriffliche Bedeutung des Totentanzes hat sich gewandelt und ist ungenau definiert. Seit der Renaissance versteht man darunter alle Darstellungen, deren Themen von Mensch und Tod dominiert werden. Mit dem Totentanz entwickelte sich auch eine besondere Thematik: Das Mädchen und der Tod. Dabei wurde ein meist „fraulich erblühter Mädchenkörper“ mit dem Tod in Form eines Gerippes konfrontiert und damit auf die Vergänglichkeit von Schönheit und Jugend hingewiesen [4, S. 105, 117]. Während die Darstellungen von Liebe und Tod in den Totentänzen vom 14. und 15. Jahrhundert sittsam waren, sind jene aus dem 16. Jahrhundert geprägt von Gewalt und Erotik. Philippe Ariès drückt es so aus [1, S. 472]: „Der Tod ist nicht mehr Werkzeug der Notwendigkeit, er ist von Begierde nach Genuß belebt, er ist zugleich Tod und Begierde.“ Der Totentanz hat sich mit der Zeit verändert. Zu seinen Anfängen im 14. Jahrhundert wurden vor allem Totentänze mit mehreren Personen und Skeletten gezeigt. Mit Beginn der Neuzeit entwickelte er sich zu einer individualisierten Form, in welcher der Einzelne dem Tod begegnet. Im Barockzeitalter wird der Totentanz von allegorischen und sinnbildlichen Motiven überhäuft, er verliert zuerst langsam seinen religiösen Hintergrund und schließlich seinen Schrecken. Im 19. und 20. Jahrhundert kam es zu einem gesteigerten Interesse am mittelalterlichen Totentanz, dessen Aufleben von stark erotischen Tendenzen begleitet wurde [4, S. 109–120]. Die Verbindung von Eros und Thanatos zeigt sich etwa bei Edward Munchs Das Mädchen 2 Es dienen etwa Leichenkarren und ausgehobene Massengräber als Motive [1, S. 162]. 2. Einführende Worte zur Visualisierung des Todes 6 und der Tod (1894), bei dem ein Gerippe sein Bein in den Schoß einer Frau gräbt und die Beiden eng umschlungen den „Todeskuss“ vollführen. Die Personalisierung des Todes wurde in der bildenden Kunst zunächst als verwesender Leichnam dargestellt, der gegen Ende des 16. Jahrhunderts vom nackten Gerippe abgelöst wurde [2, S. 184]. Ende des Spätmittelalters kam es zu weiteren Versionen eines personalisierten Todes in unterschiedlichen Ausführungen, wie etwa der Sensenmann, der Schnitter Tod, der Ritter Tod oder der Lebensfaden abschneidende Parze [29, S. 19]. Zeitgleich mit dem Totentanz tritt auch das Thema der „Triumph des Todes“ [1, S. 151] auf, das nicht von der individuellen Auseinandersetzung zwischen Tod und Mensch, sondern von der „kollektiven Macht“ des Todes zeugt. Diese zeigt sich in der Form der Personifikation des Todes als Skelett oder Mumie, und auch durch Symbole wie Sanduhr und Sense. Hintergrund sind wie beim Totentanz Seuchen und Pest, die damals die Menschen dahingerafft haben [1, S. 152]. Ein Beispiel für den allmächtigen Tod findet sich in dem Bild Die Pest (1898) von Arnold Böckling. Es zeigt den Tod, der verwest und bis auf die Knochen abgemagert, auf einem Gift sprühenden Drachen durch die Stadt fliegt und dabei die Sense schwingt. Anstelle der Augen sieht man nur ins schwarze Nichts. Das große Interesse an der Anatomie des menschlichen Körpers, führte im 16. und 17. Jahrhundert zu gemeinschaftlichen teils auch öffentlichen Sezierungen, die ebenfalls in Bildern festgehalten wurden. Ein Gemälde von Peter Michielsz van Miereveld zeigt beispielsweise einen auf dem Seziertisch aufgebahrten, geöffneten Leichnam, umringt von interessierten männlichen Zusehern.3 Im 16. Jahrhundert bekommt die Porträtkunst eine neue Facette, die realistische Darstellung des kürzlich verstorbenen Körpers. Die PostMortem-Gemälde zeigen den Leichnam, der sorgsam positioniert und meist noch im Totenbett, in der Form des ewigen Schlafes dargestellt wird [2, S. 191, 207]. Im 18. Jahrhundert hält das Morbide Einzug ins gesellschaftliche Leben. Dies zeigt sich in Form von öffentlichen Leichenschauhäusern und Hinrichtungen und bringt eine weitere Variante der Verbindung von Eros und Thanatos. Die Liebe geht in der Kunst der schwarzen Romantik über den Tod hinaus und wird in Liebesbeziehungen zwischen Lebenden und Toten dargestellt [2, S. 222]. Im Zuge dessen entstehen viele Gemälde von Friedhofszenen, in denen Tote von ihren Angehörigen aus ihren Gräbern entnommen werden. 3 Bsp.: Die Anatomiestunde des Doktor W. van der Meer in Delft von Peter Michielsz van Miereveld (1617). 2. Einführende Worte zur Visualisierung des Todes 2.2.2 7 Das 19. Jahrhundert bis zur Gegenwart Mit der Erfindung der Fotografie gab es ein neues Medium für die Darstellung des Todes. Die Verbindung von Tod und Fotografie griff auf bekanntes zurück, brachte jedoch auch neue Formen hervor. Mitte des 19. Jahrhunderts entwickelte sich der Bereich der Post-Mortem-Fotografie in verschiedenen Ausführungen. Die Leichen wurden im Kreis der Familie, am Schreibtisch oder in den Armen der Mutter fotografiert [37, S. 996]. Die Toten wurden meist schlafend dargestellt, oder im Fall von Kindern oft sogar im Sonntagskleid sitzend und mit geöffneten Augen [2, S. 259 ff]. Es ging darum dem Leichnam Leben einzuhauchen und den Tod für die Dauer des Fotos zu negieren. Diese Art der Fotografie war damals die Haupteinnahmequelle von Fotografen [30, S. 417]. Eine Umkehrung dessen ist die Aufnahme des lebendigen Körpers, als wäre er Tod. Hier wird der Tod nachgeahmt und auf dem Bild festgehalten.4 Eine weitere Form der „Todesfotografie“, die etwas später aufkam, ist die Jagd nach dem Augenblick des Todes. Es sind Aufnahmen, die den echten Tod zeigen, wenn er gerade eintritt [10, S. 89 ff]. Eines der berühmtesten Bespiele hierfür ist das Bild Spanischer Loyalist (1936) von Robert Capa. Das Foto zeigt einen Soldaten, der von einem Schuss getroffen, das Gewehr fallen lässt und zusammensackt. An dieser Stelle soll ein aktuelleres Beispiel zu dieser Thematik erwähnt werden. Bei der Installation Slow Death von John Gerrard wurde der Tod eines Soldaten aus dem Computerspiel Unreal Tournament, der normalerweise wenige Sekunden dauert, für die ARS-Electronica Ausstellung 2003 auf sechs Tage ausgedehnt.5 Der Soldat wird in der Installation von einer Kugel getroffen und fällt sterbend zu Boden. Durch den zeitlich gedehnten Tod werden Details des Sterbens sichtbar, die sonst in der Flüchtigkeit des Moments verloren gehen.6 Eine weitere Entwicklung in der Fotografie des 19. Jahrhunderts ist die Entstehung der „Geisterfotografie“. Lichterscheinungen wurden schon immer als Zeichen oder Medium zur spirituellen Welt gesehen. Daher verwundert es nicht, dass der Lichtmalerei zugeschrieben wurde, die Strahlen von Schatten und Geistern aus dem Jenseits in Bildern festhalten zu können [30, S. 415]. Neben vermeintlich echten Geisterfotografien, auf denen „verdünnte Gestalten“, wie Anette Hüsch es nennt, oder sonderbare Flecken abgebildet waren, entfaltete sich auch ein gutes Geschäft mit manipulierten Fotografien, in denen durch Doppelbelichtung entstandene Geister zu sehen sind. Näheres zur Geisterfotographie in [17]. 4 Bsp.: Selbstportrait als Ertrinkender (1840) von Hippolyte Bayard. In der Version des Projektes fürs Internet dauert der Tod des Soldaten zwanzig Tage, was der ungefähren Zeit entspricht, die zwischen der US-Invasion im Irak und dem inszenierten Abriss der Saddam Hussein Statue in Bagdad lag. 6 Quellen: http://www.artinfo.com/news/story/26093/john-gerrard/, http://www.aec.at/bilderclient_detail_de.php?id=24294&iAreaID=63. 5 2. Einführende Worte zur Visualisierung des Todes 8 Während die Post-Mortem-Fotografien Mitte des 19. Jh als Erinnerungsmaterial dienten und hauptsächlich den schönen schlafenden Tod zeigen, bilden die Post-Mortem-Fotografien, die gegen Ende des 20. Jahrhunderts aufkamen, den brutalen Verfall und die Auflösung des Körpers ab. Als Beispiel dafür können die Arbeiten der Fotografin Sue Fox angeführt werden. Sie hat in den 1990er Jahren über vier Jahre Aufnahmen von toten Körpern in Autopsieräumen gemacht, welche die unbeschönigte Zerstörung und den Verfall zeigen, der mit dem Tod einhergeht. In aller Deutlichkeit kommt bei diesen Fotos das „Tote am Toten“ [23, S. 303] zur Geltung, die heraus hängenden Gedärme schockieren und lassen keine Gewöhnung zu. Zu dieser Zeit entwickelte sich generell ein großes Interesse an forensischen Fotos, die in zahlreichen Büchern und Ausstellungen veröffentlicht wurden [8, S. 365]. Einen grundverschiedenen Zugang zur Fotografie von toten Körpern findet man bei dem Projekt Noch mal leben vor dem Tod von Beate Lakotta und Walter Schels, die über zwei Jahre unheilbar Kranke in Hospizen begleitet haben.7 Dabei wurden bei jeder Person zwei Bilder in gleicher Pose und Lichtstimmung gemacht, eines vor und eines nach dem Tod. Auf eine andere Weise nähert sich Hans Danuser dem toten Körper. Er lichtet nicht die gesamte Erscheinung des Menschen ab, sondern konzentriert sich auf winzige Details der Haut. Teile des Körpers werden in seinen Arbeiten als abstrakte Fragmente dargestellt, die man erst auf den zweiten Blick zuordnen kann. Es geht im dabei um die Topographie der Oberfläche. Die Haut als Schutzhülle des Körper wird in extremen Detailaufnahmen mit Spuren von „Verwesung, Verwundung, Vernarbung oder natürlicher Faltung“ dargestellt. Eine Textur der Haut, die verfremdet anmutet [7, S. 447]. Mit der Erfindung des Films gab es wiederum ein neues Medium für die Darstellung des Todes, vor allem jedoch des Sterbens, dass mit dem Zusatz der Bewegung eine Vielzahl von Möglichkeiten eröffnete. Eine der ersten Darstellungen des Sterbens und des toten Körpers findet sich bereits in dem Film The Execution of Mary, Queen of Scots (USA, Alfred Clark, 1895). In diesem Film wurde mit Hilfe des Anhaltens der Kamera der Schauspieler während der Exekution mit einer Puppe vertauscht, und so eine realistische Darstellung der Exekution nachgestellt. Dem Tod wird ausserhalb des Filmgenres, in dem explizit der tote Körper im Mittelpunkt steht, jedoch selten ein sichtbarer Raum gewährt. Auch in Filmen in denen massenhaft gestorben wird, wie Kriminal-, Western- und Actionfilme, erhält er nur eine geringe Aufmerksamkeit. Arno Meteling erklärt dies in [26, S. 519–520] durch die Unbeweglichkeit des Todes, die den filmischen Konventionen widerspricht. Der sterbende Körper ist spannend, doch sobald das Leben erloschen ist und der Leichnam keine Aufmerksamkeit des Zusehers mehr verlangt, wird es schnell langweilig. Die Lösung fand sich, so Meteling, in der Wiederkehr der Toten als Untote. Zugunsten des 7 Näheres dazu siehe http://www.noch-mal-leben.de. 2. Einführende Worte zur Visualisierung des Todes 9 Erzählflusses, der durch die Inszenierung des gewaltsamen Todes häufig unterbrochen scheint, wird der gewaltsame Tod in Hollywoodfilmen oft mit dem Filmschnitt verborgen und ins „Off“ gestellt. Ganz anders beim Horrorfilm. In diesem Genre wird der tote Körper mit größtmöglicher Sichtbarkeit in Szene gesetzt. Dies trifft vor allem auf den modernen Horrorfilm zu, der auch als Körper-Horror bezeichnet wird. Das Horrorfilmgenre kann man in zwei große Bereiche teilen. Zum einen der klassische Horrorfilm, dessen Phase sich von den 30er Jahren bis Ende der 60er Jahre des 20. Jh. erstreckte. In den 1930er und 1940er Jahren handelte er meist von übernatürliche Wesen wie Gespenstern, Vampiren, Werwölfen und künstlichen Menschen, die er aus Romanen und Erzählungen der Schauerliteratur des späten 18. Jahrhunderts entlieh.8 Die Unheimlichkeit des Übernatürlichen, das sich auch in den Schauplätzen widerspiegelt, erzeugt im klassischen Horrorfilm Angst und Schrecken [25, S. 15]. Zum anderen gibt es den Bereich des modernen Horrorfilms, der sich in den 60er Jahren des 20. Jh entwickelt hat und den toten Körper in den Mittelpunkt stellt. Die unheimlichen Schauplätze werden durch ländliche Gegenden und Großstädte und die übernatürlichen Wesen durch menschliche Monster, Zombies und Serienmörder ersetzt. In den Filmen des „Körper-Horror“ entwickelt sich eine „spezielle Wund- und Sterbeästhetik“ [26, S. 520], wobei das Augenmerk auf dem zerstörten Körper liegt. Die Kamera kommt dabei ganz nah an den Körper heran, sie dringt sogar in ihn ein [25, S. 21–32]. In den 1970er und 1980er Jahren entsteht eine große Anzahl von Filmen mit Splatter-Ästhetik, in denen die blutige Gewalt und Zerstörung am Körper möglichst authentisch und unästhetisch dargestellt wird.9 Das Interesse am toten Körper als forensisches Untersuchungsobjekt, welches sich bereits in der bildenden Kunst des 16. Jahrhunderts zeigte und auch in Fotografien Ende des 20. Jahrhunderts zu finden ist, wird um das Jahr 2000 vermehrt fürs Fernsehen entdeckt. Zu dieser Zeit gibt es einen enormen Anstieg von Serien, in denen Leichen im Mittelpunkt der Handlung stehen [38, S. 542]. Dabei gibt es verschiedene Zugänge den toten Körper zu fokussieren, meist wird jedoch der gewaltsam eingetretene Tod thematisiert. Erfolgreichstes Beispiel dafür ist die US-amerikanische Krimiserie CSI Las Vegas, die seit dem Jahr 2000 von Jerry Bruckheimer produziert wird.10 Sie rückt den toten Körper und dessen forensische Begutachtung in den Mittelpunkt der Handlung. Der Leichnam wird dabei erkundet und in Anlehnung an die reale Autopsie auseinander gebaut. Es werden die tiefsten Einblicke 8 Vertreter sind beispielsweise Frankenstein (USA, James Whales, 1930) und Dracula (USA, Tod Browning, 1931). 9 Wichtige Vertreter dieser Art sind beispielsweise Halloween (USA, John Carpenter, 1978) und Night of the Living Dead (USA, George A. Romero, 1979). 10 Weitere Varianten: CSI Miami (seit 2002) und CSI New York (seit 2004). Andere Formate, die sich mit der selben Thematik beschäftigen sind etwa Crossing Jordan (USA, 2001–2007) und Medical Detectives (USA, seit 1996). 2. Einführende Worte zur Visualisierung des Todes 10 gewährt und die kleinsten Stellen des Körper unter die Lupe genommen. Einen anderen Zugang zum toten Körper findet man bei der Serie Six Feet Under11 . In dieser Serie steht der tote Körper nicht als zu untersuchender Gegenstand im Mittelpunkt, es dreht sich vielmehr um den Umgang mit dem toten Körper während der Bestattungsvorbereitungen [38, S. 544]. So unterschiedlich die Thematik der Serien ist, ebenso verschieden sind die Darstellungen der Toten. Während in CSI die Leichen primär als gerichtsmedizinisches Untersuchungsobjekt gesehen werden, handelt es sich bei den Toten in Six Feet Under um Personen mit Identität. Dies zeigt sich zum einen im Umgang mit den Toten, in Six Feet Under etwa verlangen die Verhaltensregeln einen respektvolleren Umgang mit den Leichen, besonders aber kommt der Unterschied in der Art der Darstellung zur Geltung. Bei CSI werden beispielsweise Anzeichen des Todes, wie Leichenflecken, genauestens und aus nächster Nähe gezeigt, während man auf solche Darstellungen in Six Feet Under großteils verzichtet [38, S. 547]. Mit der Entwicklung neuer Techniken haben sich immer bessere Möglichkeiten ergeben, das Sterben und den toten Köper realistisch im Film zu visualisieren. Mit perfekten Masken und der Hilfe von visuellen Effekten werden heute naturgetreue Darstellungen im Film geschaffen, die von der Realität nicht mehr zu unterscheiden sind. Zusammenfassung Der Tod wurde seit jeher in Bildern thematisiert. Er ist, so Thomas Macho in [21, S. 183] eine Grenzerfahrung, dessen begriffliche Leere durch Bilder und Symbole, in Metaphern und Allegorien zu umgehen versucht wird. Dabei lässt sich bis zur Zeit der Aufklärung eine tiefe Verwurzelung der Darstellungen des Todes mit der Religion erkennen, die erst im Zuge der Säkularisierung abnahm. Ein besonderes Interesse an der Todesthematik und eine vermehrte Behandlung in der Kunst zeigte sich immer dann, wenn die Frage nach dem Sinn des Lebens auf Grund von Krisen, Kriegen, Konflikten und persönlicher Not aktuell wurde [27, S. 5]. Die Auseinandersetzung mit dem Tod erfolgt dabei auf die unterschiedlichste Weise. Er wird mit allen seinen unschönen Begleiterscheinungen dargestellt, wie es etwa bei den verwesenden Leichen im 15. Jahrhundert oder den Fotografien von Sue Fox der Fall ist, der Tod wird bei den Post-Mortem-Gemälden und Fotografien überlistet bzw. negiert, er wird in dokumentarischer Form aufgearbeitet, beispielsweise zu sehen in dem Bild Toter Sappenposten (1924) von Otto Dix, und ebenso humorvoll seines Schreckens beraubt, unter anderem in dem Bild Der pinkelnde Tod (1900) von Max Klinger. Durch die Medien gelangt heute eine Flut von Bildern des Sterbens und des Todes in die Privatsphäre, während das individuelle Sterben immer wei11 Die US-amerikanische Serie wurde von 2001-2005 von Alan Ball für den Sender HBO produziert. 2. Einführende Worte zur Visualisierung des Todes 11 ter aus dem privaten Bereich in Krankenhäuser und Altersheime verlegt wird [28, S. 22]. Das Fernsehen steht bei der Verbreitung von Todesbildern an der ersten Stelle. Über Nachrichtenagenturen erfahren wir von Konflikten, Kriegen und Naturkatastrophen mit tausenden Toten, sehen Berichte mit Bildern von Morden, Selbstmorden, tödlichen Unfällen und Krankheiten von der ganzen Welt, um wenig später bei Serien und Filmen eine vergleichbare Auswahl zu finden. Diese permanente Beschallung stumpft ab und führt zu einer Immunisierung gegen Tod- und Gewaltdarstellungen, wie Marianne Mischke in [27, S. 200 ff] ausführt. Der Tod in Film und Fernsehen wird zu einem Großteil von der Gewalt, die Menschen anderen Menschen zufügen, dominiert, wobei die dargestellten Bilder oftmals für eine effektvolle Inszenierung übertrieben sind. 2.3 Kategorisierung der Darstellung toter und sterbender Körper Die Einteilung der folgenden Kategorisierung setzt sich aus Begriffen zusammen, die bei der Recherche für den vorherigen Abschnitt hervorstachen. Dies umfasst die Begriffe der „schöne Tod“ [1, 2], der “offene Körper“ [32] und das „Tote am Toten“ [23]. Hier wird nun die zuvor untersuchte Darstellung des Todes in der bildenden Kunst, der Fotografie und im Film unter diese Motive gegliedert und Gemeinsamkeiten sowie Merkmale erarbeitet. Im vierten Kapitel werden die daraus gewonnenen Erkenntnisse bei der Betrachtung der Visualisierung des toten Körpers im Animationsfilm einfließen. 2.3.1 Der schöne Tod Der schöne Tod ist, wie in Abschnitt 2.2.1 erwähnt, bereits in der Antike zu finden. Der Tod ist hier am Körper des Toten nicht ablesbar. Der Leichnam unterscheidet sich, sofern er nicht deutlich erkennbare Zeichen von Gewalteinwirkung aufweist, nicht von dem Körper des Lebenden. Statt durch verräterische Spuren des Todes, wird durch Motiv und Gestik ersichtlich, dass es sich um einen Toten handelt. Der Körper ist vom Tod eigentlich unberührt. Ähnlich verhält es sich mit den schönen Toten der Post-Mortem-Gemälde und Fotografien. Da diese Bilder zumeist als Erinnerungsstücke für die Angehörigen dienten, wurde darauf geachtet die Toten ohne sichtbare Verletzungen oder andere, den Tod verratende Zeichen, darzustellen. Der Tod wurde maskiert, um die Illusion von Leben zu erwecken und die Toten nur schlafend erscheinen zu lassen. Beide Darstellungsformen des schönen Todes haben also gemein, dass der tote Körper nicht eindeutig als Leichnam präsentiert wird. Es finden sich beim schönen Tod jedoch nicht nur Tote, denen man ihr Schicksal nicht anmerkt. Ein Beispiel von Post-Mortem-Fotografien einer anderen Art erkennt man in den Arbeiten des Projektes Noch mal Leben vor 2. Einführende Worte zur Visualisierung des Todes 12 dem Tod, das in Abschnitt 2.2.2 schon genannt wurde. Die Toten werden hier direkt nach ihrem Tod in der gleichen Position und Beleuchtung noch mal aufgenommen, wie zuvor als noch Lebende. Es ist bei diesen Bildern eindeutig, dass es sich um Tote handelt, sie wirken aber doch entschlafen. Die Toten erscheinen entspannt und strahlen eine merkwürdige Ruhe aus. Auch die Leichen in der Serie Six Feet Under kann man dem schönen Tod zuordnen. Die toten Körper werden hier im Zuge der Bestattungsvorbereitungen präpariert, wie es in den USA sehr verbreitet ist. Die Körper werden gewaschen, verräterische Zeichen so gut es geht eliminiert und der Tod aus dem Gesicht geschminkt. In Six Feet Under werden die Veränderungen, die nach dem Tod am Leichnam auftreten, wie etwa Leichenflecken, kaschiert. Die Toten sind in weiches Licht getaucht oder werden durch eine verhüllende Dunkelheit ästhetisch dargestellt [38, S. 547 f]. Was sind die Merkmale eines schönen Todes bzw. einer schönen Leiche? Zu den wichtigsten Aspekten gehört die Unversehrtheit der Haut. Sie grenzt, als die Schutzhülle des Körpers, das unansehnliche Körperinnere von der Außenwelt ab, wie es Catherine Shelton in [32, S. 320–324] formuliert. Sie ist die identitätsstiftende Umhüllung, deren Zerstörung zur Auflösung der intakten körperlichen Struktur führt und als besonders schrecklich angesehen wird. In der westlichen Kultur wird die makellose Haut, frei von Narben, Flecken und Alterserscheinungen, als das ästhetische Ideal empfunden, welches durch die mit dem Tod einhergehenden Veränderungen zerstört wird. Es geht beim schönen Tod nicht darum den Tod zu negieren bzw. ihn unsichtbar zu gestalten, sondern eine maximale Ästhetisierung bei der Darstellung des toten Körpers zu erreichen. Man kann den schönen Tod natürlich nicht nur auf die Darstellung, sondern auch auf die Art des Sterbens beziehen, wie jemand den Tod findet. Allerdings bringt das schönere Sterben auch meist den schöneren Toten hervor. Doch auch ein gewaltvoller Tod, bei dem die Merkmale des Todes deutlich zu sehen sind, kann unter Umständen als ein schöner Tod empfunden werden. Durch eine entsprechende Inszenierung, des eigentlich unansehnlichen toten Körpers, kann effektvoll das von ihm ausgehende Grauen gemildert oder sogar ausgeblendet werden. Mit der Möglichkeit den Leichnam durch Bildausschnitt, Komposition und Farbigkeit ästhetisch zu präsentieren, kann ihm der Schrecken und die Unheimlichkeit genommen werden [32, S. 301]. 2.3.2 Der offene und zerstörte Körper Der offene und zerstörte Körper fasziniert und erweckt Grauen gleichermaßen. Das Auseinandersetzen mit dem Körperinneren in der Kunst beginnt im 15. und 16. Jahrhundert, im Zuge des aufkommenden Interesses an der Anatomie des menschlichen Körpers, welches auch die Entstehung von anatomischen Theatern mit sich brachte. Durch die Sektion des Körpers wird der Innenraum, der ansonsten verdeckt und deshalb geheimnisvoll ist, nach au- 2. Einführende Worte zur Visualisierung des Todes 13 ßen getragen. Diese Offenlegung des Körperinneren fasziniert und befriedigt die Neugier, erweckt zugleich jedoch ein Unbehagen. Die ersten Darstellungen des offenen Körpers findet man in Gestalt des transi-Motivs der makaberen Ikonographie des Spätmittelalters. Der verwesende Leichnam, die anschauliche Zersetzung des toten Körpers mit offenen Wunden und den von Würmern durchwühlten Eingeweiden, war ein beliebtes Darstellungsobjekt. Das steigende Interesse an dem anatomischen Aufbau des Körpers und der naturgetreue Abbildungsstil, der in der Renaissance aufkam, führten zu einer großen Realitätsnähe bei der Darstellung des Körpers, die durch die Übereinstimmungen mit den Erkenntnissen aus der Sektion optimiert wurden. Mehr dazu siehe [32, S. 329–335]. Der offene und zerstörte Körper erweckt die Fantasie des Betrachters. So zum Beispiel bei den Gemälden der Arbeit Triptych - August 1972 (1972) von Francis Bacon. Die Bilder zeigen einen Körper, dessen Umrisse verlaufen und an dem ganze Körperteile fehlen. Die Lücken und Löcher erwecken den Anschein einer Gewalttat und der Betrachter versucht eine Erzählung in die Bilder zu legen. Der Körper wird für den Blick eines distanzierten Betrachters zur Schau gestellt. Christopf Menkel beschreibt die Bilderreihe in [24, S. 232] als „Kampfplatz der Blicke“. Der mitleidsvolle Blick des Betrachters auf den gewaltsam entstellten Körper, der durchkreuzt wird durch den genießenden sogar lustvollen Anblick der Präsentation. Die größte Bühne für den zerstörten Körper bietet der Film und dabei im Speziellen das Horrorgenre, dass es konsequent auf die Offenlegung des Leibesinneren absieht. Der Körper-Horror erstrebt jedoch nicht die Befriedigung von Neugier und Interesse, vielmehr beabsichtigt er das Erwecken von Angst und Grauen und stillt damit die Schaulust. Nicht die geordnete Struktur des Leibes, wie in der Renaissance angestrebt, sondern die Zerstörung der Ordnung und die Vernichtung des Innenlebens wird bezweckt. Mit dem Durchdringen der Haut wird die „Fleischlichkeit des Organismus“ offenbart, wie es Catherine Shelton nennt, und auf dessen austretende Körperflüssigkeiten gestoßen [32, S. 346–347]. Offene und zerfetzte Körper findet man auch in anderen Genres, so etwa in Kriegs- und Kriminalfilmen, es wird ihnen allerdings bei weitem keine so große Bühne geboten. Ausnahmen sind hier Kriminalserien, die den toten Körper und dessen forensische Geheimnisse ins Zentrum der Ermittlungen stellen, wie es bei CSI der Fall ist. In diesen Serien wird die Haut und das Fleisch mit der Kamera regelrecht penetriert und der tote Körper bis auf die kleinsten Zellen durchleuchtet. Es ist die vorher erwähnte intakte Haut, die beim zerstörten Körper meist im Blickpunkt des Interesses steht und das Grauen verursacht. Dabei sei abermals auf Catherine Shelton verwiesen, welche die intakte Oberfläche der Haut als abgeschlossene Einheit bezeichnet, deren Zerstörung die Suspendierung dieser Empfindung bedeutet [32, S. 325]: 2. Einführende Worte zur Visualisierung des Todes 14 „Das Innere des Körpers wird nach aussen gekehrt, leibliche Einheit und Individualität zerrinnen in Flüssigkeiten.“ Mit der Verletzung der Haut kann es also zur Zerstörung der individuellen Merkmale einer Person kommen und damit zu einer Vernichtung der Identität. Die Faszination und das Grauen, das mit der Zerstörung der Haut einhergeht, findet sich in wenig gewaltvoller Form schon früh, etwa in den Bedeckungen der Körperöffnungen nach dem Tod, die auch zur Entstehung des transi- Motivs beitrugen. Das transi-Motiv, der offene verwesende Leichnam, ist spannend in Bezug auf die nach dem Tod eintretenden Veränderungen und die dann auf den Körper einwirkenden Kräfte, ruft jedoch im selben Augenblick Ekel hervor und erinnert an die eigene Vergänglichkeit. Auf dieses Spannungsverhältnis setzt unter anderem der Körper-Horror. Die Faszination des offenen und zerstörten Körpers geht mit dem Paradox von anziehender Neugier und abstoßendem Grauen einher. 2.3.3 Das Tote am Toten Kristin Marek schreibt in [23, S. 303] über das Bild Der Leichnam Christi im Grabe (1521) von Hans Holbein d. J., dieser stellt „[. . . ] in perfektem Illusionismus das Tote am Toten vor Augen. Er liegt einfach da, flüchtig auf ein Tuch gelegt und in die Nische geschoben, hingestreckt, leblos, die Haut grau-grünlich fahl, der ausgetrocknete Mund geöffnet, die halboffenen Augen verdreht – niemand hat dem Armen die Arme überkreuzt oder gar Mund und Augen geschlossen um den Leichnam in die milde Pose des zwar ewigen, aber doch friedlichen Schlafes zu überführen.“ Was genau ist das Tote am Toten bzw. woran erkennt man den Tod eines Lebewesens, wenn er etwa nicht durch die Zerstörung des Körpers eindeutig hervor geht? Es sind Merkmale wie im Zitat oben beschrieben, die den Toten als tot identifizieren. Bei der Darstellung von Toten können verschiedene Stadien beschrieben werden. Die Entwicklung vom Eintreten des Todes bis zur Zersetzung des Körpers bringt viele Anzeichen hervor. Im 16. Jahrhundert galt, wie auch in diesem Bild beschrieben, das Interesse den ersten Zeichen des Todes, im Speziellen den ersten Veränderungen, die am Körper nach dem Tod auftreten. Die Maler bemühten sich, die ersten feinen Unterschiede, die den Toten vom Lebenden trennen, zu betonen. Das Verfärben der Haut, die Grüntöne, die die Malerei des 15. Jahrhunderts, laut Ariés [1, S. 477] so nicht kannte, das Auftreten von Totenflecken und in weiterer Folge die Zersetzung des Körpers durch das Einsetzen der Fäulnis. Diese Veränderungen werden ebenso in Fotografien und Kriminalserien dargestellt, wovon einige bereits im vorherigen Abschnitt betrachtet wurden. Vor allem in den Arbeiten von Sue Fox (s. Abschnitt 2.2.2) zeigen sich mit 2. Einführende Worte zur Visualisierung des Todes 15 aller Deutlichkeit die Folgen des Todes. Als Beispiel soll ein Bild beschrieben werden, dass den toten Körper einer Frau auf dem Pathologietisch zeigt. Der Tod führte an diesem Körper bereits zu erheblichen Veränderungen. Ihre Haut erscheint grün-beige und ist am gesamten Körper mit Totenflecken übersät. Ihre Augen stehen weit offen, sind aus den Höhlen hervor getreten und gelblich verfärbt. Das schlaffe Fleisch gräbt sich in das Metall der Halterung für den Oberkörper. Der Kopf fällt nach hinten und lässt den Mund offen stehen. Das Gesicht wirkt aufgedunsen und verzerrt, so dass man die eigentliche Gestalt kaum noch erkennen kann. Der reale Tod hinterlässt grausame Spuren am Körper des Menschen, die in solchen Fotografien wesentlich besser zur Geltung kommen als etwa in dem Gemälde von Hohlbein d. J. Wenn der Tod noch nicht lange zurückliegt und deshalb keine Veränderungen am Körper feststellbar sind, so muss man sich bei der Bestimmung des Todes vor allem auf die Körpersprache und auf Lebenszeichen konzentrieren. So kann beispielsweise eine fehlende Körperspannung auf einen toten Körper hinweisen. In dem Bild Die grosse Pest (1984) von Hans Fronius sind zwei Männer zu sehen, die einen Toten auf einer Bahre tragen. Der Tod wird hier zum einen durch den Inhalt des Bildes ersichtlich, zum anderen durch die Körperhaltung des Toten. Er liegt zugedeckt auf der Bahre, nur der Kopf und ein Arm sind zu sehen. Der Kopf fällt dabei schräg nach hinten und der Arm hängt kraftlos seitlich von der Trage. Bei entferntem Blick sind hängende Gliedmaßen oft der Grund für die Vermutung, dass es sich um einen toten Körper handelt. Wobei jedoch auch immer der Kontext betrachtet werden muss, da es sich natürlich ebenso um einen Bewusstlosen handeln könnte. Ein wichtiges Merkmal eines Toten sind dessen Augen. Die offenen und starren Augen deuten ausdrücklich auf die Leere hin, die sich nun anstelle des Lebens ausgebreitet hat. Sie unterscheiden den Toten merklich vom Schlafenden. Die Augen der Toten sind unheimlich. Das Paradox an einer Leiche, wie Thomas Macho in [21, S. 409] feststellt, ist die Gleichzeitigkeit von Präsenz und Absenz. Sie ist physisch anwesend, jedoch nicht ansprechbar. Es ist die Kommunikationsverweigerung der Leiche, welche die Unheimlichkeit hervorruft. So wurde beispielsweise lange geglaubt, dass die Leichen mit den Organen, die zuvor für den Austausch mit der Umwelt dienten, nach dem nächsten Opfer des Todes Ausschau halten. Die Angst vor den Körperöffnungen führte infolge beispielsweise zu dem Verschließen von Mund und Augen mit den unterschiedlichsten Gegenständen, darunter etwa feuchte Lappen, Kastanien und Kupfergeldstücke [21, S. 412 f]. Die Faszination der toten Augen erkennt man auch in den Werken von Arnulf Reiner. Dieser hat in seinen Arbeiten, die zwischen 1977 und 1984 entstanden sind, unter anderem die Körperöffnungen von Gesichtern übermalt. Dabei verwendete er fremde Bilder von Totenmasken sowie eigene Fotografien von Toten als Vorlage und bemalte sie mit vorwiegend schwarzer Farbe. Er ließ an Stelle von Augen und Mund nur schwarze Flecken zurück, ver- 2. Einführende Worte zur Visualisierung des Todes 16 wischte Konturen und fügte den Portraits auch Totenflecken hinzu. Dadurch erreichte er eine Nachempfindung des Verfallsprozesses. Die Überzeichnungen erinnern an ein Verfaulen der Gesichter und ausgefranste Pinselstriche an Verwesungsmerkmale. Arnulf Reiner zeichnet die Verwesung in die Gesichter, nicht naturalistisch, wie es Walter K. Lang formuliert, sondern als künstlerisches Analogem zum Verwesungsprozess [19, S. 111–126]. Es ist eine abstrakte Art das Tote am Toten zu verdeutlichen. Oft ist der Tod einer Figur nicht eindeutig ablesbar. Wenn der tote Körper keine Spuren von Gewalteinwirkung zeigt, nicht durch den Todeskampf entstellt ist und sich auch die Augen nicht verräterisch offenbaren, ist es schwierig den Tod eindeutig zu bestimmen. Sofern keine sichtbaren Anzeichen am Körper zu erkennen sind, kann zum einen die Körperhaltung Auskunft über die Situation geben, zum anderen der Kontext in dem der Körper vorkommt bzw. gezeigt wird. In Filmen liefern besonders die Narration und die Situation in der die Figur vorkommt die sichersten Anzeichen für oder gegen die Annahme, es würde sich um einen toten Körper handeln. Der Tod ist manchmal ganz offensichtlich zu erkennen, zuweilen jedoch auch nur zu vermuten. Das Tote am Toten kann sich dabei sehr unterschiedlich darstellen. Ob es durch die bekannte Kadaverästhetik veranschaulicht, oder durch abstrakte Linien wie bei Arnulf Rainer intensiviert wird. Hier wird im Folgenden spannend, inwiefern solche Merkmale auch im Animationsfilm zu finden sind und auch ob sie dort ihre Gültigkeit behalten bzw. andere Darstellungsmerkmale erkannt werden können. 2.4 Die Funktion der Auseinandersetzung mit dem Tod in der Kunst Der Umstand, dass der Tod schon immer visualisiert wurde, ruft nach der Frage der Bewegründe dafür. Der Tod ist meist mit Schmerz verbunden. Er ist der Verlust der eigenen Identität oder der Verlust eines geliebten Menschen, auf jeden Fall ist er eine Reise ins Ungewisse. Die Auseinandersetzung mit dem Tod erfolgt auf unterschiedliche Arten. Manche nähern sich der Todesthematik auf spirituelle Weise, andere suchen die Konfrontation mit dem toten Körper. Der Tod hinterlässt Lücken in der Gesellschaft und die große Zahl an Post-Mortem-Gemälden und Fotografien der Vergangenheit zeigen wie sehr versucht wurde, diese mit Bildern zu füllen. Diese Post-Mortem-Bilder dienten dazu, noch ein letztes Bild von dem Leichnam zu machen. Sehr häufig wurden früh verstorbene Kinder und Totgeburten fotografiert, es war hier meist die einzige Möglichkeit noch ein Foto von dem Kind zu bekommen. Die Totgeburten würden, so Hans Belting in [5, S. 245], durch die Fotografien ein alternatives Leben bekommen. Es wird bei Fotografien, die die Mutter mit dem scheinbar eingeschlafenen Kind zeigen, das dargestellt, was man gern 2. Einführende Worte zur Visualisierung des Todes 17 behalten hätte. Ein häufiges Motiv für die visuelle Beschäftigung mit dem Tod ist die Auseinandersetzung mit der Angst vor der eigenen Sterblichkeit oder der von geliebten Menschen. Im Mittelalter führte die Furcht vor der unverhofften Todesstunde zur Darstellung des Totentanzes, im 21. Jahrhundert setzt man sich vermehrt direkt mit dem toten Körper auseinander. Die Fotografin Sue Fox, die bereits erwähnt wurde, beschäftigt sich in ihren Arbeiten durch die Betrachtung der Toten mit ihrer größten Angst, der Angst vor Selbstvernichtung, vor Verfall und Sterben. Sie beschreibt die Kunst als Kanal für ihre angstvolle Energie, die ihr eine Ablösung ihres körperlichen Selbst erlaubt und als Übermittlerin des Unaussprechlichen dient [13, S. 105 ff]. Bei den Arbeiten von Beate Lakotta und Walter Schels kann der Betrachter zunächst seine eigenen Phantasien, Ängste, Hoffnungen und Vorstellungen hinein projizieren, um danach das Schicksal, das zwischen den Bildern liegt, zu finden. Beate Lakotta sagt, sie habe durch ihre Arbeit mit den Sterbenden die Angst und Scheu vor dem toten Körper verloren, die Auseinandersetzung mit den Toten habe eine therapeutische Wirkung des Angst-Nehmens [22, S. 188 ff]. Die Angst vor dem Verlust der Identität, die mit dem Tod einhergeht, ist auch Auslöser für das Präparieren der Leiche bei der Bestattung, das man vor allem in den USA findet. Durch das Zurechtmachen und das ästhetische Positionieren des Leichnams wird versucht, den Identitätsverlust hinaus zu schieben. Es wird die Illusion der Kontrolle über den Tod ermöglicht [37, S. 990]. Durch die Darstellung historischer Ereignisse, wie Kriege oder Seuchen, wurde das Sterben und der Tod aufgearbeitet und dokumentiert. Beispiele wären Massengräber von Pestopfern im 17. Jahrhundert oder Kriegsopfer. Schreckliche Erlebnisse wurden in teils erschütternden Abbildungen verarbeitet, so etwa in der Radierung Wir sind nicht die Letzten (1970) von Zoran Music, der seine Erfahrungen im KZ darin zum Ausdruck brachte. Das Bild zeigt einen ausgemergelten Leichnam, der mit geöffneten Augen und Mund das Grauen dieser Erlebnisse erahnen lässt. Die Visualisierung des Todes dient also häufig der Trauerbewältigung, der Auseinandersetzung mit der Angst vor Identitätsverlust oder den Schrecken des Todes. Doch welches Motiv steht hinter der Darstellung von mordenden und menschenfressenden Zombies, die so häufig im Film anzutreffen ist? Steven Shaviro schreibt, er sei, nachdem er Day of the Dead (USA, George A. Romero, 1985) gesehen habe, verführt und gebannt vor Freude und Horror über das widerliche und unaussprechliche Vergnügen an der Zerstörung des menschlichen Körpers [31]. In Splatterfilmen wie diesem wird kein Wert auf eine anspruchsvolle Geschichte gelegt. Die exzessive Darstellung des blutigen, offenen Körpers, das zur Schau stellen des eigentlich verborgenen Körperinneren wird zum Spektakel, welches auf die körperliche Reaktion der Zuschauer abzielt, wie sie Steven Shaviro empfunden hat. Kapitel 3 Der Tod im Animationsfilm 3.1 Einführung Aus dem Begriff Animation, der vom lateinischen Begriff animare stammt, welcher soviel wie „zum Leben erwecken“ bedeutet, geht schon hervor, dass es sich bei Figuren in Animationsfilmen um belebte Wesen handelt. Es wird ihnen von einem Animator Leben eingehaucht und sie folgen den Bestimmungen und der Beschaffenheit der fiktiven Welt, in die sie hinein gesetzt werden oder wie es Britta Hartmann und Hans J. Wulff in [16, S. 4] formulieren: „Wie der Zuschauer in seiner Welt lebt, so leben die Figuren des Films in einer zweiten Realität, die jedoch lediglich in der Simulation einer Geschichte gültig ist. Einer abgeleiteten Wirklichkeit, in der eigene Gesetze herrschen, die aber auch eigenen Gesetzen unterliegt.“ Animationsfilme ermöglichen daher einen unbeschränkten Zugang experimentell mit den physischen und biologischen Naturgesetzen zu hantieren. Die Charaktere dieser Filme sind nicht an die Regeln der realen Welt gebunden, sie folgen ihren eigenen Genrekonventionen. Sie müssen sich nicht an die Schwerkraft halten, ihre Körper werden gestreckt, gequetscht, aufgelöst, durchlöchert, zertrümmert und in neue Formen gepresst, doch selbst bei einer kompletten Zerstörung müssen sie nicht unbedingt um ihr Leben fürchten. In dieser eigenen Welt, in der die Zerstörung des Körpers nicht unbedingt den Tod bedeutet, muss daher häufig die Handlung in die Betrachtung mit einbezogen werden, um den Tod einer Figur erkennen zu können. Der Tod im Animationsfilm ist in vielerlei Hinsicht interessant. Zum einen soll in diesem Kapitel untersucht werden wie der Tod im Animationsfilm thematisiert wird und in welchen Darstellungsformen er in Erscheinung tritt. Ob die Möglichkeiten des freien Umganges mit dem Tod aufgegriffen werden, oder doch eher eine realistische Umsetzung verfolgt wird. Weiters wird das Vorkommen des personifizierten Todes in der Animation betrachtet und un18 3. Der Tod im Animationsfilm 19 tersucht inwiefern sich die Darstellung und die Thematik der Personifikation an der bildenden Kunst orientiert. Zudem ist ein Abschnitt dem Tod und der Metalepse im Animationsfilm gewidmet. Darin wird erörtert, welche Auswirkungen die diegetische Überschreitung, sei es durch die Figur oder den Animator verursacht, in der Animation hat, wann man dabei von dem Tod einer Figur sprechen kann und wie sich die Interaktion des Animators mit dem Tod der Figur gestaltet. 3.2 Die Darstellung des Todes Die Darstellungen des Todes, die in diesem Abschnitt betrachtet werden, sollen einen Einblick geben in welcher Form der Tod im Animationsfilm präsent ist und wie er darin thematisiert wird. Dazu werden zunächst Beispiele aus frühen Animationen betrachtet in denen der Tod zu finden ist. Es wurden zahlreiche Animationen aus dem Zeitraum von Ende des 19. Jahrhunderts bis 1940 gesichtet, wobei sich zeigte, dass der Tod in den animierten Kurzfilmen dieser Zeit äußerst selten vorkommt und dabei zumeist nicht in eine dramatische Handlung integriert ist. Des weiteren wird ein Blick auf die Todesdarstellung im animierten Spielfilm, speziell im Kinderfilm, geworfen. 3.2.1 Frühe Darstellungen des Todes in Kurzfilmen In den Anfängen des Realfilms galt die Faszination der Möglichkeit nun in bewegter Darstellung reale Begebenheiten zu visualisieren und nachzustellen. So auch bei The Execution of Mary, Queen of Scots, einem der ersten Filme, die das Sterben zeigen. Darin wurde ein historisches Ereignis nachgestellt. Wenn hingegen die frühen Animationen betrachtet werden, zeigt sich zum einen, dass der Tod und der tote Körper äußerst selten vorkommen und zum anderen, dass ein freierer und fantasievoller Umgang mit der Todesthematik gewählt wurde. Einer der ersten Tode eines Charakters wird in dem Animationsfilm Fantasmagorie (FR, 1908) von Émile Cohl gezeigt. Darin wird eine Darstellung des Sterbens abgebildet, die nicht an die physischen Gesetzmäßigkeiten der Natur gebunden ist. Ein Clown wird von einem Polizisten in einem Haus eingesperrt, springt daraufhin aus dem Fenster und bricht sich dabei das Genick. Visualisiert wird dies in der abstrakten Darstellung der Strichmännchen-Zeichnung durch die Trennung von Kopf und Körper (s. Abb. 3.1 (a)). Der freiwillige Sprung des Clowns aus dem Fenster kann zugleich als der wahrscheinlich erste Selbstmord in einem Animationsfilm betrachtet werden. Der Tod ist aber nur von kurzer Dauer. Der Animator greift in die Handlung ein und fügt Kopf und Körper wieder zusammen, worauf der Clown von neuem zum Leben erwacht. In diesem Film wird die Möglichkeit aufgezeigt und genutzt, dass sich der animierte Körper nicht an die Gesetzte 3. Der Tod im Animationsfilm 20 halten muss und daher dargestellt werden kann, was normal nicht möglich ist. Ein skurriles Sterben findet sich auch in dem frühen Animationsfilm How a Mosquito Operates (USA, Winsor McCay, 1912), in dem eine Stechmücke so lange Blut saugt, bis sie explodiert und dabei in viele Einzelteile zerfällt. Auf den Tod bzw. das Sterben wird nicht weiter eingegangen, es ist einfach ein Gag in der Geschichte. Ebenso verhält es sich bei der Folge Hell’s Bells (USA, Up Iwerks, 1929) der Silly Symphony-Serie von Walt Disney. Darin wirft der Teufel einen seiner Diener dem dreiköpfigen Höllenhund in einen seiner Rachen, worauf ihn der Hals eines anderen Kopfes verschluckt. Ein besonderes Beispiel eines frühen Todes findet sich auch in der Animation Betty Boop – Snow White (USA, Dave Fleischer, 1933). In diesem Kurzfilm wird die böse Stiefmutter, die am Ende einer fantastischen Verfolgungsjagd durch einen „Tunnel des Todes“ als eine Art chinesischer Drache verwandelt in Erscheinung tritt, durch die Figur Bimbo getötet. Er zieht an ihrer Zunge und stülpt damit ihr Inneres nach außen, wodurch ihr Skelett zum Vorschein kommt (s. Abb. 3.1 (b)). Der Tod und das Sterben, das sich in frühen Beispielen des Animationsfilms gefunden hatte, war stets in humorvoller Weise eingesetzt und wurde nicht näher thematisiert oder gar betrauert. Neben dieser fantasievollen Weise den Tod darzustellen, zeigte sich in frühen Animationen auch eine Visualisierung des Totentanzes. Das wahrscheinlich erste Beispiel dafür ist der Stop-Motion-Film Le squelette joyeux der Brüder Lumière, der bereits 1897 entstand. In dieser kurzen Puppenanimation sieht man ein tanzendes Skelett, das sich im Stil eines Marionettenspiels ungelenk bewegt, dabei Gliedmaßen verliert und wieder angefügt bekommt (s. Abb. 3.1 (c)). Zu diesem Beispiel sei eine später entstandene, berühmte Puppenanimation von Skeletten aus dem Film Jason and the Argonauts (US/GB/IT, Don Chaffey, 1963), erwähnt. Der Tricktechniker Ray Harryhausen erweckte in diesem Film sieben Gerippe mithilfe der Stop-Motion-Technik für eine Szene zum Leben, um sie im Schwertkampf gegen die Argonauten antreten zu lassen. Die koordinierten Bewegungen der Skelette, die sich in der Geschichte durch einen Zauber aus der Erde erheben, sind hier perfekt auf die Schauspieler abgestimmt, sodass die Illusion des Zusammenspieles entsteht. Der früheste Totentanz im Zeichentrickfilm zeigt sich vermutlich in der ersten Folge der Silly-Symphony-Serie von Walt Disney. In The Skeleton Dance (USA, Walt Disney, 1929) verkörpern die tanzenden und musizierenden Skelette auf dem Friedhof das, was ihnen eigentlich aufgrund ihrer Gestalt abgesprochen wird, eine äußerst lebendige Erscheinung. Der Totentanz bekommt in diesem Beispiel eine neue Bedeutung, auf die in Abschnitt 3.4 näher eingegangen werden soll. Ein interessanter Tod ereignet sich auch in der Animation Daffy Duck and Egghead (USA, Tex Avery, 1938). Darin fühlt sich der Jäger durch einen Zuschauer im Publikum gestört der aufsteht, um einen besseren Blick 3. Der Tod im Animationsfilm (a) 21 (b) (c) Abbildung 3.1: Frühe Beispiele für die Darstellung des Todes in den animierten Kurzfilmen Fantasmagorie (a), Betty Boop – Snow White (b) und Le squelette joyeux (c). auf das Geschehen zu bekommen. Von dem Zuschauer erkennt man dabei nur die schwarze Silhouette im Bild, wie dies in einem Kinosaal der Fall wäre. Der Jäger durchbricht die Leinwand und kommuniziert scheinbar mit dem Mann im Publikum. Als sich dieser nach mehrmaliger Aufforderung nicht fügen will, nimmt der Jäger sein Gewehr und erschießt ihn. Die schwarze Silhouette greift sich daraufhin an die Brust und fällt taumelnd zu Boden. Der humorvolle Umgang mit der Todesthematik, der sich in diesen frühen Beispielen zeigte, ist vor allem eine Besonderheit des animierten Kurzfilmes. Aktuellere Beispiele dazu werden in Kapitel 4 untersucht. Während die Darstellung des Todes darin häufiger als Gag eingesetzt wird, als dass sie in eine dramatische Handlung verpackt ist, zeigt sich das Gegenteil in animierten Spielfilmen, auf die im Folgenden näher eingegangen werden soll. 3.2.2 Der Tod im animierten Spielfilm für Kinder Für diese Untersuchung werden in erster Linie Animationen der Walt Disney Studios betrachtet, deren Filme seit der Entstehung des animierten Spielfilms über den gesamten Zeitraum zu den populärsten Kinderfilmen zählen. Die Situationen des Sterbens und des Todes, die hier anhand von Walt Disney Beispielen beschrieben werden, finden sich durchaus auch in anderen Animationsfilmen, die auf ein junges Publikum ausgelegt sind. In Kinderfilmen wird der Tod häufig thematisiert, wobei die Darstellungen des Sterbens dabei sehr jugendfreundlich aufbereitet sind. Sehr oft zu beobachten ist in diesen Filmen, besonders bei Protagonisten, dass diese nur vermeintlich sterben, jedoch auf wundersame Weise wieder zum Leben erwachen. Dies findet sich beispielsweise in Schneewittchen (USA, David D. Hand, 1937), dem ersten Spielfilm von Walt Disney. Darin wird Schneewittchen durch den vergifteten Apfel ihrer bösen Stiefmutter 3. Der Tod im Animationsfilm 22 scheinbar getötet. Sie fällt nach dem Genuss des Apfels leblos zu Boden und in einen komatösen Schlaf, aus dem sie später durch den Kuss des Prinzen wieder erweckt werden kann. Der scheinbare Tod wurde hier schon aus der Märchenvorlage übernommen, er findet sich jedoch auch in vielen weiteren Animationsfilmen in einer ähnlichen Weise. Der Charakter wird dabei stets betrauert und die Freude ist umso größer, wenn sich doch noch alles zum Guten wendet. Wenn man die vermeintlichen Tode beiseite lässt und nur die echten Tode betrachtet, wonach der Charakter in dem Film nicht wieder in lebendiger Gestalt erscheint, lassen sich interessante Details erkennen. Zum einen ist zu bemerken, dass es äußerst selten tote Körper zu sehen gibt. Die sterbenden Figuren neigen dazu dies außerhalb des Bildes zu tun bzw. beim Tod aus dem Bild zu fallen. Dabei geht der Tod durch die Handlung hervor, er wird jedoch nicht direkt gezeigt. So beispielsweise bei dem Tod der bösen Stiefmutter in Schneewittchen. Diese steht auf einem Felsvorsprung, als sie versucht einen großen Stein ins Rollen zu bringen, um die Zerge an ihrer Verfolgung zu hindern. Dabei wird der Fels auf dem sie steht von einem Blitzschlag gebrochen und sie fällt schreiend in die Tiefe. Man sieht also, wie sie in den Tod fällt, der Eintritt des Todes oder ihr toter Körper wird in dessen Folge jedoch nicht gezeigt. Der Fall in die Tiefe und damit in den Tod ist eine der häufigsten Todesarten in Disney Animationen und er trifft stets die Antagonisten. Eine weitere Art deren Tod zu visualisieren ohne dabei den Körper zeigen zu müssen findet sich beispielsweise in Arielle, die Meerjungfrau (USA, John Musker und Ron Clements, 1989). Darin zerfallen die böse Hexe Ursula und ihre beiden Zitteraale quasi in Nichts. Die Aale werden von dem Dreizack des Königs getroffen und explodieren in viele kleine Einzelteile, bei denen man an wenigen Teilen nur noch wage ihre ursprüngliche Existenz vermuten kann, die Körper sind jedoch ausgelöscht. Der Tod von Ursula selbst geschieht durch einen Stich ins Herz, wobei sie effektvoll ins Meer versinkt und sich dabei auflöst. Die Antagonisten sterben in Walt Disney Animationen stets ohne einen toten Körper zu hinterlassen. Bei dem Tod von Protagonisten bzw. guten Charakteren, die in diesen Filmen sterben, lassen sich ebenfalls Gemeinsamkeiten erkennen. Zum einen gibt es den unsichtbaren Tod, der außerhalb des Bildes stattfindet und, ebenso wie bei den Antagonisten, den Tod, der nur durch die Handlung zu erkennen ist. Tote Körper werden bei diesen Sterbesituationen ebenso wenig gezeigt. Als Beispiel dafür kann Bambi (USA, David Hand, 1942) angeführt werden. In diesem Kinderfilm wird die Mutter des Rehkitzes Bambi von einem Jäger erschossen, als sie vor diesem von einer Wiese flüchten. Die Kamera ist dabei stets auf dem laufenden Bambi, während seine Mutter etwas zurückbleibt und der Schuss zu hören ist. Aus der weiteren Handlung geht der Tod der Mutter eindeutig hervor, aber weder der Eintritt des Todes noch der tote Körper werden gezeigt. Eine „indirekte Form des Sterbens“, wie es 3. Der Tod im Animationsfilm 23 Rudolf Arnheim nennt [3, S. 124], kommt im Film und vor allem im Kinderfilm sehr häufig vor. Der Tod geht dabei durch die Handlung hervor, ist jedoch im Schnitt verborgen, und findet damit im Off statt. Diese Art des Sterbens ist für die guten Charaktere in Walt Disney Filmen lange Zeit die einzige. Erst 1994 konnte man in The Lion King (USA, Roger Allers und Rob Minkoff) den ersten wirklich toten Körper in einem Disney Film sehen, bei dem das Sterben zudem in einer sehr realistischen Weise dargestellt wird. Bei dem Mord an König Mufasa, der von seinem Bruder in eine Schlucht geworfen wird, sieht man den Eintritt des Todes nicht, jedoch wird wenig später der trauernde Simba bei dem toten Körper seines Vaters gezeigt. Dessen Körper ist definitiv tot, jedoch vollkommen unversehrt. Näheres dazu später im Text in Abschnitt 4.2. Nach The Lion King findet man den toten Körper eines Charakters gelegentlich in Disney Animationen, er bleibt jedoch die Ausnahme. Wenn man die Darstellungen des Todes in animierten Kinderfilmen abseits von Walt Disney betrachtet, findet man vielfach die gleichen Ansätze, die Abbildung des direkten Todes wurde allerdings schon früher eingesetzt. So wird beispielsweise in dem Film In einem Land vor unserer Zeit (USA, Don Bluth, 1988) die Mutter des kleinen Dinosauriers Littlefoot von einem Tyrannosaurus Rex im Kampf so schwer verletzt, dass sie schließlich an diesen Verwundungen vor den Augen von Littlefoot stirbt. Der Moment ihres Todes wird hier zwar gezeigt, allerdings kann man ihn bei genauerer Betrachtung ebenso zu den nicht sichtbaren Toden rechnen. Während man bei dem zuvor stattfindenden Gespräch von Mutter und Sohn noch sehr nahe am Geschehen ist, wird die Kamera vor dem Tod langsam von der Situation wegbewegt, bis in der Dunkelheit schließlich nur noch die Umrisse des Dinosauriers zu sehen sind. Ein weiteres Beispiel für die Darstellung des toten Körpers im animierten Kinderfilm findet sich in Mrs. Brisby und das Geheimnis von NIMH (USA, Don Bluth, 1982). Darin wird die böse Ratte Jenner im letzten Augenblick, bevor sie die gute Ratte Justin von hinten erstechen kann, durch ein geworfenes Messer tödlich am Rücken getroffen und fällt von einem Felsen hinab. Man sieht den toten Körper der Ratte daraufhin im Schlamm liegen, dessen Darstellung ist dabei ebenso harmlos wie jene von Mufasa in The Lion King und der Körper wird nur sehr kurz gezeigt. Dieser Kinderfilm, dessen Altersfreigabe auf sechs Jahre hinaufgesetzt ist, zeigt aber auch den Augenblick des Todes direkt im Bild. Zusammenfassend ist festzustellen, dass der Tod von Charakteren in Kinderfilmen zwar häufig thematisiert wird, dabei aber meist in Form des scheinbaren oder indirekten Todes anzutreffen ist. Die Tode in diesen animierten Spielfilmen mit jungem Zielpublikum sind durchwegs von Gewalt geprägt. In allen untersuchten Beispielen handelte es sich nicht um natürliche Tode, sondern um solche, die durch Gewalteinwirkung von anderen Charakteren oder durch Unglücke hervorgerufen wurden. Der Eintritt des Todes und der 3. Der Tod im Animationsfilm 24 tote Körper werden äußerst selten im Bild gezeigt, was vermutlich auf die kinderfreundliche Aufbereitung zurückzuführen ist. Auffällig ist auch, dass es sich bei den seltenen Toten, die direkt und nicht nur flüchtig im Bild dargestellt werden, um gute Charaktere handelt. Bei bösen Charakteren besteht somit auch nicht die Möglichkeit, diese im Film zu betrauern. 3.2.3 Der nicht jugendfreie Tod im animierten Spielfilm Bei der Untersuchung von Animationsfilmen, die nicht speziell auf ein junges Publikum ausgelegt sind, kann man eine realistischere Darstellung der Gewalteinwirkung auf den Körper erkennen. Dies verwundert nicht, so wie es im Realfilm etwa in den Bereichen Gewalt und Sexualität Unterschiede zwischen Kinder- und Erwachsenenfilmen gibt, findet man diese ebenso im Animationsfilm. In dieser Betrachtung werden Filme außen vor gelassen, die das MotionCapture-Verfahren verwenden, um die Charaktere zu bewegen. Diese Filme werden oft als Animationsfilme bezeichnet, gehören aber im Grunde eher zu den hybriden Filmen, denn die Bewegungen der Charaktere werden zu einem Großteil von Schauspielern übernommen.1 In diesen Filmen wird meist eine große Realitätsnähe verfolgt, die sich auch in der Darstellung des Todes und der toten Körper abzeichnet. Als Beispiel dafür kann Beowulf (USA, Robert Zemeckis, 2007) angeführt werden. Die Visualisierung der toten Körper in diesem Film unterscheidet sich kaum von vergleichbaren Szenen aus dem Realfilm. Als erstes Beispiel für einen nicht jugendfreien Animationsfilm wird der Zeichentrickfilm Unten am Fluß (GB, 1978) des Regisseurs Martin Rosen betrachtet werden. In dieser Verfilmung des gleichnamigen Romans von Richard Adams wird die gewaltvolle Auseinandersetzung der Kaninchen untereinander und auch mit anderen Tieren in einer sehr realen Weise visualisiert. Die Kaninchen sowie die anderen Tiere in diesem Film sind weniger vermenschlicht, als man es aus animierten Kinderfilmen kennt. Sie sprechen und werden als rational denkende Figuren dargestellt, ihr Verhalten gleicht ansonsten aber dem aus der Natur bekannten. Eine der brutalsten Szenen spielt sich am Eingang zum Kaninchenbau ab. Ein Hund kommt, jagt die Kaninchen und tötet einige von ihnen. Dabei wird deren Sterben in aller Deutlichkeit gezeigt. Der Hund packt die Kaninchen mit seinen Zähne und schüttelt sie, bis sie sich nicht mehr bewegen. Sobald er von ihnen ablässt, fallen sie zu Boden und liegen reglos im Gras. Die Bissspuren sind dabei genau zu erkennen und manche weisen auch offene Wunden auf, aus denen das Blut rinnt. Es ist eine sehr ehrliche Art der Darstellung, die sich in die1 Für die 83. Acadamy Awards wurden die Regeln für die Einreichung zum „Animation Feature Film“ angepasst. Damit fallen nun Filme, die den Großteil ihrer Figuren mit der Motion-Capture-Technik bewegen, heraus und dürfen nicht in dieser Kategorie eingereicht werden. Siehe http://www.oscars.org/press/pressreleases/2010/20100708.html. 3. Der Tod im Animationsfilm 25 sem Animationsfilm zeigt. Frei von fantastischen Elementen offenbart sich die unbeschönigte Realität in ihrer ganzen Brutalität. Obwohl in dieser Arbeit der Fokus auf Animationen aus dem westlichen Raum liegt, soll ein interessantes Beispiel aus Japan angeführt werden. Es handelt sich dabei um das Drama Anime Barefoot Gen (JAP, Mori Masaki, 1983), bei dem es um den Atombombenabwurf auf Hiroshima geht. Der Film erzählt die Geschichte des Jungen Gen, der die Katastrophe mit seiner Mutter überlebt und mit ihr in dem völlig zerstörten Hiroshima zurück bleibt.2 Die Darstellung der Sterbenden und Toten, die im Zuge des Bombenabwurfs ums Leben kommen, wird darin sehr ausdrucksstark visualisiert. Die mit der Atombombe einhergehende Zerstörung wird in Zeitlupe gezeigt. Die Menschen verbrennen, die schwindende Haut legt langsam die Knochen frei und die Augen fallen aus den Höhlen. Am Ende bleiben von den Körpern nur verbrannte Überreste, mit unkenntlichen und vom Schrecken verzerrten Gesichtern übrig. Bei der Zerstörung des Körpers werden die Menschen in Zeitlupe dargestellt und von dem schnell vorbeiziehenden Hintergrund deutlich abgehoben. Die Konzentration des Betrachters liegt allein auf dem Sterbenden, dessen stilisierte Darstellung des langsamen Verfalls die Empathie in Bezug auf das Grauen nicht mindert, aber keinerlei somatischen Effekt beim Zuseher hervorruft. Diese Art der Visualisierung erlaubt eine distanziertere Empfindung des gesamten Dramas, obwohl die Zersetzung des Körpers im Bildmittelpunkt steht. In diesen Beispielen des nicht jugendfreien Animationsfilms zeigt sich der tote Körper direkt und ungeschönt im Bild. Es wird eine authentische Darstellung des Todes verfolgt, oder auch eine an die Realität angelehnte aber effektvoll inszenierte Visualisierung geschaffen und die Thematik des toten Körpers damit ehrlicher aufgegriffen, als in den zuvor behandelten Kinderfilmen. 3.3 3.3.1 Unsterblichkeit in Zeichentrickserien Unverwüstliche Körper Es gibt in Animationsfilmen, besonders aber in animierten Zeichentrickserien, viele Beispiele bei denen die Charaktere trotz massiver Gewalteinwirkung auf den Körper nicht sterben. Die Gesetze die in diesen fiktiven Welten zur Geltung kommen, sehen auch bei einer kompletten Deformierung des Körpers keinen Tod vor. In diesen Serien geht es primär um die Auseinandersetzungen zweier Charaktere – meist handelt es sich dabei um natürliche Feinde – die sich in einem „Katz-Maus-Spiel“ gegenseitig Schaden zufügen. Der echte 2 Die Geschichte beruht auf dem Manga Hadashi no Gen (1973) des Zeichners Keiji Nakazawa. 3. Der Tod im Animationsfilm 26 Tod, der das Spiel beenden würde, ist dabei nicht gewünscht. Diese Serien entstanden in den 1940er Jahren und können als Gegenpol zu den Walt Disney Animationen gesehen werden. Für die Charaktere von Walt Disney wurde mit Beginn der 1930er Jahre der authentische anatomische Körperbau und vor allem die natürlichen Bewegung als wichtige Richtlinien festgelegt. Während zuvor selbst extreme Verformungen keine dauerhaften negativen Auswirkungen auf den Körper der Figur hatten, sind diese Veränderungen nach dem Wechsel hin zu mehr Realitätsnähe und Plausibilität nicht mehr möglich (siehe dazu [18, S. 41 ff]). Besonders ausgeprägt war die Verwendung des unermüdlichen Einsatzes von halsbrecherischen, übertriebenen Gewaltdarstellungen bei amerikanischen Zeichentrickkünstlern dieser Zeit. Die Serien, die vor allem von MGM und Warner Bros. produziert wurden, zeichnen sich durch eine Verdichtung von Gewalt und Aggression aus. In einem hohen Tempo werden brutale Gags aneinander gereiht, die immer wieder die Grenze des Unmöglichen überschreiten und damit die Möglichkeiten des Trickfilmes ausschöpfen. Der wohl berühmteste Animator, der sich dieser Art des animierten Trickfilmes verschrieben hat, ist Frederick „Tex“ Avery, der sowohl für MGM als auch für Warner Bros. tätig war. Die Zeichentrickserie Tom & Jerry3 ist eines der bekanntesten Beispiele für ein andauerndes Spannungsverhältnis zweier Charaktere, das in heftigen Auseinandersetzungen mündet. Die Serie handelt von den Konflikten des Katers Tom mit der Maus Jerry, die zu wilden Kämpfen und skurrilen Verfolgungsjagden führen. Es kommt dabei oft zu einer starken Deformierung der Körper, die jedoch sogleich wieder ihre ursprüngliche Gestalt zurück erhalten. Die Körper der Figuren werden dabei platt gedrückt, in die Luft gesprengt, gezogen und gequetscht, tragen aber keine bleibenden Schäden davon. In diesen Serien wird das Körperinnere nicht thematisiert. Die Durchdringung der Haut kann für kurze Zeit Löcher hinterlassen, die Ränder der Wunden sind aber stets fest und austretende Körperflüssigkeiten werden nicht dargestellt. Ein Beispiel für eine Durchlöcherung des Körpers findet sich auch in dem Propagandafilm Blitz Wolf (USA, Tex Avery, 1942). In diesem animierten Kurzfilm wird der Charakter Adolf Wolf von Kugeln der drei kleinen Schweinchen durchlöchert. Zuerst sieht man die Verletzungen nicht und auch der Wolf selbst bemerkt die Einschusslöcher in seinem Körper erst, als er gegen das Licht tritt und die Lichtstrahlen durch ihn hindurch scheinen. Dabei sind die Löcher im Körper einfach kleine, runde und leuchtende Punkte. Der Wolf stirbt dadurch nicht, er ist nur entsetzt über seinen Zustand, bevor einen Augenblick später einen neue gewaltvolle Auseinandersetzung starten 3 Die Serie wurde von 1940 bis 1959 unter der Regie von William Hanna und Joseph Barbera produziert und von 1960 bis 1969 unter der Regie von Gene Deitch und Chuck Jones. 3. Der Tod im Animationsfilm 27 kann. Gelegentlich kommt es in solchen Animationsfilmen auch vor, dass ein Charakter für kurze Zeit stirbt und sich sein Geist während dessen vom Körper löst. Bei diesem temporären Tod ist die Seele dabei meist ein transparentes Abbild der Figur und agiert an deren Stelle im Film. Dies geschieht beispielsweise in Red Hot Riding Hood (USA, Tex Avery, 1943). In dieser Animation begeht der Wolf gegen Ende des Films Selbstmord, nachdem er sich geschworen hatte, lieber zu sterben als wieder eine Frau anzusehen, dem Verlangen jedoch nicht widerstehen kann. Er erschießt sich, worauf seine Seele als transparentes Ebenbild von dem Körper aufsteigt und an seiner statt weiter macht. Die gewaltvollen Gags finden sich hauptsächlich in jenen Animationen, in denen Tiere als Charaktere vorkommen und ihr Verhalten nicht zu sehr vermenschlicht wurde. Wenn die Figuren hingegen mehr wie Menschen handeln und sozialen Regeln folgen, verlieren sie die Fähigkeit zur Transformation, wie es bei Mickey Mouse zu sehen ist [6, S. 53]. 3.3.2 Der wiederholte Tod Als nächstes soll der temporäre Tod betrachtet werden, der sich durch das wundersame Wiederauferstehen des Charakters auszeichnet. In animierten Serien ist es häufig zu beobachten, dass Charaktere sterben und in derselben oder der nächsten Folge wieder in gewohnter Gestalt auftreten – völlig unberührt von dem zuvor eingetretenen Tod. Dies kann man beispielsweise in der Serie Happy Tree Friends (USA, Kenn Navarro und Rhode Montijo, seit 1999) und ebenso in The Itchy & Scratchy Show beobachten. Letztere ist eine Zeichentrickserie innerhalb der Serie The Simpsons (USA, Matt Groening, seit 1989). In dieser Animation wird die Unverletzlichkeit der zuvor untersuchten „Jagdserie“ Tom & Jerry, ins extreme Gegenteil gekehrt. Die Charaktere bringen sich gegenseitig auf möglichst gewaltsame Weise um, erscheinen jedoch unverletzt in der nächsten oder oftmals sogar in der selben Folge wieder. Das wohl berühmteste Beispiel für diesen temporären Tod ist die Figur des Kenneth „Kenny“ McCormick aus der Serie South Park (USA, Trey Parker und Matt Stone, seit 1997). Der Tod von Kenny ist ein Running Gag in dieser Serie, die für die Thematisierung von heiklen politischen und gesellschaftlichen Problemen auf satirische Weise und mit viel schwarzem Humor bekannt ist. Die Figur des Kenny muss in den ersten fünf Staffeln in beinahe jeder Folge einen teils skurrilen Tod sterben. Sein Tod wird dabei von zwei weiteren Figuren der Serie, Stan und Kyle, meist mit dem Ausruf „Oh mein Gott! Sie haben Kenny getötet! – Ihr Schweine!“ quittiert. Das absurde Sterben von Kenny wird im Laufe der Serie so weit getrieben, dass es ohne jeglichen Handlungszusammenhang oft in der letzten Minute der Folge geschieht. 3. Der Tod im Animationsfilm 28 Das plötzliche Wiederauferstehen mit jeder Folge wird dabei des öfteren mit äußerst kreativen Erklärungen ausgestattet. So wird beispielsweise in der Folge Kennys Karma (4. Staffel, Folge 6) erklärt, das Kennys Mutter nach dessen Tod ein neues Kind gebärt, dass bereits mit den Merkmalen von Kenny, etwa einem orangen Parka, zur Welt kommt und daher wieder den Namen Kenny erhält. In der Folge Mysterion schlägt zurück (14. Staffel, Folge 12) wird als Erkärung für Kennys Wiederauferstehungen erläutert, dass Kenny Superkräfte besitzt, nach seinem Tod stets tags darauf in seinem Bett erwacht und sich keiner der übrigen Charaktere an seinen Tod erinnern kann. Der Tod von Kenny wird zumeist nicht ernst genommen. Es gibt jedoch auch eine Folge, in der das Sterben von Kenny ernsthaft im Mittelpunkt steht und nicht nur als Gag eingesetzt wird. Nach der Episode Kennys Tod (14. Staffel, Folge 13) kommt er länger nicht mehr in der Serie vor und stirbt später auch nicht mehr so häufig.4 Der temporäre Tod bzw. das Wiederauferstehen, wie es in South Park dargestellt wird, konnte so in Realfilm-Serien nicht gefunden werden. Wenn in diesen Serien ein Charakter stirbt und der Tod definitiv feststeht, dann taucht er in den nächsten Episoden nicht mehr auf. Es kommt aber durchaus vor, dass Charaktere scheinbar sterben, die Zuseher jedoch den Tod aus der Situation nur vermuten können und daher im Ungewissen bleiben. Sofern die Figur in der nächsten oder eine der darauf folgenden Episoden wieder erscheint, wird der Umstand des Weiterlebens gewöhnlich auf eine plausible Art erklärt. Bei South Park stirbt Kenny hingegen ganz offensichtlich. Er wird auf meist brutale Art und Weise ums Leben gebracht, sodass der Tod aus der Situation unmissverständlich hervorgeht. Zudem wird er durch die Aussagen von Kyle und Stan bestätigt. Bei Kenny handelt es sich um seinen echten Tod, während in Realfilm-Serien nur der vermeintliche Tod zur Steigerung der Dramatik gefunden wurde. Dies mag mit dem Realitätsanspruch zusammen hängen, der selbst in Serien mit fantastisch fiktiver Handlung verfolgt wird. Für animierte Serien, in denen Wert auf Plausibilität und Realitätsnähe gelegt wird, ist dies ebenso gültig. So wäre es bei Walt Disney Produktionen, bei denen auf diese Attribute geachtet wird, undenkbar einen Charakter sterben zu lassen und ihn in der nächsten Episode wieder unversehrt und ohne Erklärung in die Handlung zu integrieren. Was in vielen Fällen durch die auferlegte Glaubwürdigkeit unmöglich ist, wird in der abstrakten Darstellung von South Park zum witzigen Detail. 4 Quelle: http://www.southparkstudios.com/guide/characters/kenny-mccormick. 3. Der Tod im Animationsfilm 3.4 29 Personifikation des Todes in der Animation In diesem Abschnitt wird auf die Darstellung des personifizierten Todes im Animationsfilm eingegangen. Es werden Vergleiche zu den Vorkommen in der bildenden Kunst des Spätmittelalters gezogen und die Bedeutung sowie der Einsatz der Personifikation des Todes anhand von Beispielen untersucht. In der Fernsehserie The Simpsons tritt in der Folge Treehouse of Horror XIV (USA, Steve Dean Morbid, 2003) der Sensenmann im ersten Segment mit dem Namen Reaper Madness auf. Das Gerippe mit Umhang und Sense kommt zum Haus der Simpsons um Bart zu holen. Gleich zu Beginn wird die Erscheinung des Todes, die in der mittelalterlichen Vergangenheit furchteinflößend war, von Homer in die Lächerlichkeit gezogen. Wenn sich der Sensenmann mit rauer Stimme und feuerroten Augen vorstellt, wimmelt ihn Homer wie einen Haustürverkäufer ab und wirft ihm die Tür vor der Nase zu. Dieser verschafft sich nun gewaltsam Eintritt und wird nach einer komödienhaften Verfolgungsjagd von Homer mit einer Bowlingkugel erschlagen. Homer wirft die Knochen des Sensenmannes in den Müll und probiert dessen Umhang, worauf er die Rolle des Todes einnimmt (s. Abb. 3.2 (a)). Mit Sense und Todesliste ausgestattet, gewöhnt er sich schnell an seine neue Aufgabe und durch eine Berührung mit der Fingerspitze sterben die Auserwählten. Als er einen Mann im Altersheim holt, fragt dieser nach dem eigentlichen Tod und quittiert die Aufklärung durch Homer mit: „Aw, I liked Doug.“ Der Tod bekommt hierbei mit dem Namen auch eine Persönlichkeit zugesprochen. Das Zuerteilen einer eigenen Geschichte und Persönlichkeit zeigt sich in der Serie Family Guy, in welcher der Sensenmann des öfteren vorkommt, besonders gut. In der Folge Death is a Bitch will sich Peter Griffin vor einer Krankenhausrechnung drücken und schreibt deshalb in einem Formular, er sei verstorben. Als Fazit steht wenig später der Tod vor der Tür, um Peter zu holen. Bei einem Fluchtversuch Peters verletzt sich der Tod am Knöchel und muss daher bis zu seiner Genesung bei den Griffins bleiben. Während dieser Zeit erfährt man einiges über die Person des Todes. Er wird als Charakter etabliert, der ebenso ein Leben abseits seines beruflichen Alltages hat. Bezeichnend dafür ist ein Gespräch zwischen dem Tod und Stewie, dem jüngsten Spross der Griffins (s. Abb. 3.2 (b)). Die beiden unterhalten sich über ihre Mütter und wie lästig diese sein können. Der Tod beklagt sich in der Folge über seine Zeit an der Highschool, erwähnt peinliche Erlebnisse der Vergangenheit und beschwert sich über seinen Job, den er nur macht, weil er eben gemacht werden muss. Die vielen Details aus seinem Leben beschreiben die Person des Todes und verleihen ihm ein menschliches Wesen. In dem Animationsfilm The Lady and the Reaper (SPA, Javier Recio, 2008) liefern sich ein Arzt und der personifizierte Tod, abermals in Gestalt des Sensenmannes, einen Kampf um das Leben einer alten Frau. Der 3. Der Tod im Animationsfilm (a) 30 (b) (c) Abbildung 3.2: Beispiele für den personifizierten Tod im Animationsfilm in The Lady and the Reaper (a), The Simpsons (b) und Family Guy (c). Kurzfilm wird in Abschnitt 4.4 genauer betrachtet, hier ist erstmal nur die Personifikation des Todes interessant. Nur eine kurze Angabe zu der Szene, auf die hier eingegangen wird. Der personifizierte Tod kommt, um die Seele einer eben verstorbenen Frau zu holen. Er nimmt sie an der Hand und sie bewegen sich zusammen auf das Licht zu, aus dem er zuvor erschienen ist. Als sie schon fast darin verschwunden sind, kommt eine Hand ins Bild und entreißt ihm die Seele. Es ist die Hand des Arztes, der die Frau soeben mit einem Defibrillator zurück ins Leben geholt hat. Beim ersten Erscheinen des Sensenmannes wird dieser noch als ehrfürchtige Gestalt dargestellt. Der Kapuzenmantel wirkt bedrohlich und verhüllt seinen gesamten Körper. Sein Gesicht ist daher nicht zu erkennen und er wirkt, auch durch seine Größe, übermächtig im Vergleich zu der alten Frau. Nachdem ihm die Seele entrissen wurde, im zweiten Auftritt des Sensenmannes, hat sich seine Erscheinung grundlegend verändert. Er wirkt kleiner, sein Mantel ist lächerlich kurz, lässt nun die Hände und Füsse heraus ragen und gleicht damit mehr einem Bademantel. Sein Gesicht ist jetzt zu sehen und suggeriert durch non-verbale Gestikulation seine Verwirrung über das eben Geschehene (s. Abb. 3.2 (c)). Der personifizierte Tod wird hier ebenfalls lächerlich dargestellt, er hat es nicht kommen gesehen und weiß im ersten Moment nicht, wohin seine Seele entwichen ist. Dem Tod wird auch hier eine Persönlichkeit zugeschrieben und er durchlebt im Laufe des Films die unterschiedlichsten Gemütszustände. In der Serie The Grim Adventures of Bill and Mandy, die in den USA nach einer Idee von Maxwell Atoms zwischen 2001 und 2007 produziert wurde, hat der Tod außer seinem Äusseren eigentlich nichts mehr mit einem personifizierten Tod zu tun. Er geht nicht seiner Aufgabe des Sammelns von Seelen nach, sondern fungiert als Freund der beiden Kinder, Bill und Mandy. Dies ergab sich mit einer verlorenen Wette, deren Einsatz zur bedingungslosen Freundschaft mit den beiden verpflichtete. Der Tod wird von den Kindern 3. Der Tod im Animationsfilm 31 in der Serie unterdrückt und schikaniert, er hasst seine neue Verpflichtung und würde gerne wieder seiner alten Aufgabe nachgehen. Die Erscheinung gleicht in den Hauptmerkmalen ebenfalls den üblichen Darstellungscharakteristika von Skelett, Umhang und Sense. Der Tod hat zwar übernatürliche Kräfte, unterscheidet sich aber sonst in seinem Verhalten nicht besonders von Bill und Mandy. Die Gestalt des personifizierten Todes im Animationsfilm gleicht den Darstellungen aus der bildenden Kunst des Spätmittelalters. Der Tod tritt in allen genannten Beispielen als Gerippe auf, begleitet von den typischen Merkmalen, wie Umhang und Sense. Er wird als Figur mit Persönlichkeit dargestellt, die mit den übrigen Charakteren in direkter Interaktion steht. Eine Bedeutung wie in Andreas Böcklings Gemälde Die Pest (s. Abschnitt 2.2.1), in welcher der personifizierte Tod für die kollektive Macht einer Seuche auftritt, findet sich nicht. Der personifizierte Tod ist hier eine Figur ohne metaphorischen Hintergrund, ein Charakter wie die anderen. Von den übrigen Figuren wird er selten ernst genommen und in der Handlung häufig ins Lächerliche gezogen. Seiner Aufgabe ist er meist überdrüssig, aber er macht sie, weil es notwendig ist und ohne ihn niemand sterben könnte. Dabei ist er nicht böse, sondern führt die Figuren aus dem Leben, wenn es an der Zeit ist. Darin lässt sich eine Verbindung zum individualisierten Totentanz zu Beginn der Neuzeit erkennen, in dem der Tod dem Einzelnen begegnet und ihn aus dem Leben holt. Die Serien sind auf Humor ausgerichtet und so ist auch der Tod dem unterworfen. Den humorvollen Umgang mit dem personifizierten Tod findet man bereits in der bildenden Kunst des 19. Jahrhunderts. Das Gemälde Der pinkelnde Tod (1880) von Max Klinger zeigt beispielsweise ein pinkelndes Gerippe am See. In entspannter Haltung, die Sense angelehnt, halten die Hände wo es eigentlich nichts mehr zu halten gibt. Durch die Verleihung menschlicher Eigenschaften, so Walther K. Lang in [19, S. 63], wird das ursprünglich furchterregende lächerlich gemacht. In den Animationsbeispielen wird das Zuschreiben von menschlichen Eigenschaften exzessiv betrieben, dass dabei die Auseinandersetzung mit der Angst vor der Vergänglichkeit des Lebens mitschwingt, ist zu bezweifeln. Der Totentanz im Animationsfilm In den folgenden Animationen findet man eine Visualisierung des Totentanzes, die sich die Darstellungsmerkmale von den ursprünglichen Abbildungen in der bildenden Kunst entliehen hat. Die Ähnlichkeiten beschränken sich dabei auf den ersten Blick nur auf die Erscheinung des tanzenden Skelettes, jedoch nicht in Bezug auf die Bedeutung als bildhaftes Memento mori. Mit Ausnahme des ursprünglichen mittelalterlichen Totentanzes, der an die ständige Gefahr des Todes erinnern sollte, ist der Totentanz sehr wage definiert. In der Renaissance, so Margarete Bartels in ihrer kunsthistorischen Betrachtung der Totentänze, fallen darunter sämtliche Darstellungen, deren 3. Der Tod im Animationsfilm 32 Bildmotiv durch das zentrale Thema Mensch und Tod bestimmt wird, auch jene, in denen der Tod nicht persönlich in Erscheinung tritt [4, S. 105]. Der Totentanz erfuhr im Lauf der Zeit sowohl in der Darstellung als auch in der Bedeutung Veränderungen (s. Abschnitt 2.2.1), nun soll untersucht werden, wie er im Animationsgenre in Erscheinung tritt. In der ersten Folge der Silly Symphony-Serie von Walt Disney, The Skeleton Dance, bekommt der Totentanz des 17. Jahrhunderts eine völlig neue Aufmachung. Die Toten steigen aus ihren Gräbern und tanzen als Skelette auf dem Friedhof. Ihre Erscheinung als Gerippe und der Umstand des Tanzens stellen die einzigen Übereinstimmungen mit dem ursprünglichen Begriff des Totentanzes dar, wobei dem Tanz hier eine vollkommen divergente Bedeutung zukommt. Während in den Totentänzen der bildenden Kunst Menschen mit Toten oder auch dem personifizierten Tod interagieren, tanzen die Skelette in dieser Animation alleine miteinander, andere Charaktere sind nicht beteiligt. Mensch bzw. Figur und Tod als zentrales Thema lassen sich nicht erkennen. Es wird nur einmal eine Katze in den Tanz einbezogen, wobei die Verwendung von ihrem Schwanz als Musikinstrument nur als Showeinlage gewertet werden kann. Die Skelette tanzen und vollführen mit Zuhilfenahme ihrer Knochen musikalische Einlagen, sie sind dem Publikum meist zugewandt und unterhalten es mit ihrer Performance. Dies kann mit den Vorstellungen im US-amerikanischen Vaudeville verglichen werden. In diesen Unterhaltungstheatern, wurden kabarettistische Darbietungen in Form von musikalischen Aufführungen, Tanz und Akrobatik aufgeführt. Das Vaudeville hatte großen Einfluss auf die Anfänge des Films, vor allem im Stummfilm fanden sich viele Schauspieler, die zuvor bereits als VaudevilleKünstler bekannt waren, darunter Buster Keaton und Carlie Chaplin.5 In dieser Darstellung des Totentanzes findet sich keine tiefere Bedeutung. Die Skelette sind sympathische Gerippe, die eine Aufführung zur Unterhaltung des Betrachters darbieten. In dem Animationsfilm Corpse Bride (USA, Tim Burton, 2005) findet sich ebenfalls eine solche Variation des Totentanzes. Der Tanz findet in der Unterwelt der Toten auf der Bühne einer Bar statt. Die tanzenden Skelette führen eine musikalische Einlage vor, in der sie dem Neuankömmling Victor erklären, wo er sich befindet und wie es dazu kam. Dazu ist anzumerken, dass Victor unter unglücklichen Umständen als Lebender in die Unterwelt gelangte. Der Tanz der Skelette ist hier ebenfalls eine unterhaltsame Show, interessant ist jedoch das vorgetragene Lied. Es handelt, neben der Erklärung für Victor, auch von der Vergänglichkeit des Lebens und von dem unausweichlichen Tod, der jedem früher oder später bevorsteht. Von der Thematik ist hier also durchaus eine Verbindung zu den ursprünglichen Totentänzen zu finden, wenngleich in völlig neuer Aufmachung. 5 Quellen: http://www.duden.de/rechtschreibung/Vaudeville, http://www.pbs.org/wnet/americanmasters/episodes/vaudeville/about-vaudeville/721. 3. Der Tod im Animationsfilm 33 In den beiden genannten Beispielen bieten die losen Gerippe eine unterhaltsame und lustige Vorführung dar. Der ursprüngliche Totentanz als Ermahnung an ein gottgefälliges Leben, hat im Barockzeitalter den Schrecken gegen sinnbildliche Motive getauscht und wird in diesen Animationsfilmen als Schauspiel zum Zweck des Vergnügens ohne tiefere Bedeutung eingesetzt. Bei den untersuchten Beispielen zum Totentanz und zur Personifikation des Todes handelt es sich um kommerziell erfolgreiche Filme und Serien, in denen die Thematik für ein junges Publikum humorvoll aufbereitet wurde. Es kann aus dieser Untersuchung jedoch nicht darauf geschlossen werden, dass diese Motive nur in einer lustigen Art und Weise Verwendung finden. 3.5 Exkurs: Tod und Metalepse in der Animation Der Begriff Metalepse6 wurde von Gerard Genette aus der Rhetorik entliehen und in den siebziger Jahren in die Erzähltheorie eingeführt [36, S. 105]. In Genettes Erzähltheorie beschreibt die „narrative Metalepse“ das überwinden von internem und externem Erzählstrang einer fiktiven Welt.7 Eine allgemeinere, nicht auf die Narration beschränkte Definition, findet sich bei Werner Wolf8 : “[. . . ] a usually intentional paradoxical transgression of, or confusion between, (onto)logically distinct (sub)worlds and/or levels that exist, or are referred to, within representations of possible worlds [. . . ]” Die Metalepse ist hier also eine Überschreitung zwischen oder der Verweis auf die Divergenz der dargestellten Welten oder Existenzebenen. Man begegnet dieser Grenzüberschreitung in vielen Bereichen: Musik, Literatur, Theater sowie Film, und davon besonders häufig im Animationsfilm. Es gibt mehrere Abstufungen in der Kombination von ontologisch getrennten Welten, wobei die bildliche Darstellung der Grenzüberschreitung für den Animationsfilm die wichtigste ist [12, S. 115, 124]. In Verbindung mit der Metalepse und in Bezug auf deren Wirkung auf den Rezipienten spricht man häufig von der Diegese, auf die im Folgenden kurz eingegangen werden soll. Der Begriff Diegese wurde 1950 von Etienne Souriau erstmals im Rahmen einer Vorlesung verwendet, in der er Bezeichnungen für die verschiedenen Ebenen der technischen und narrativen Elemente des Films einführt. Er hat den Begriff vom griechischen Wort Diegesis entliehen, welches soviel wie Bericht, Erzählung oder auch Darstellung bedeutet. Unter der Diegese 6 Das Wort stammt vom griechischen Metalepsis und bedeutet soviel wie „Herübernahme“. 7 Quelle: http://www.geisteswissenschaften.fu-berlin.de/v/littheo/glossar/eintraege/metalepse.html. 8 Werner Wolf zitiert nach Erwin Feyersinger in [12, S. 114]. 3. Der Tod im Animationsfilm 34 versteht Souriau „alles, was sich laut der vom Film präsentierten Fiktion ereignet und was sie implizierte, wenn man sie als wahr ansähe“ (näheres dazu in [35]). Diese Beschreibung bezieht sich nur auf die Fiktion und wird von Anton Fuxjäger folgendermaßen erweitert und präzisiert [14, S. 32 f]: „Als diegetisch wird nicht nur alles bezeichnet, was zur erzählten Welt gehört, sondern auch all jene Anteile des Plots/Diskurses, die den Rezipienten (auf jener Vermittlungsebene, mit der er unmittelbar konfrontiert ist) auf nachahmende Weise über die erzählte Welt informieren, wobei diese Nachahmung mehr oder weniger treu und ein Element des Plots/Diskurses daher auch mehr oder weniger diegetisch sein kann.“ Diese Definition ermöglicht das Einbeziehen von Elementen, die zwar nicht unmittelbar zur fiktiven Welt gehören, jedoch auf diese verweisen oder unterstützend einwirken. Dazu gehören beispielsweise Texteinblendungen, Musik oder Sounddesign [14, S. 15–27]. Nach dieser Ausführung kann nun auf die Metalepse und ihre die Illusion fördernde sowie störende Wirkung in Bezug auf die Diegese eingegangen werden. Nach Erwin Feyersinger lässt sich die Metalepse in mehrere Bereiche teilen, wobei die folgenden drei für die spätere Betrachtung relevant sind [12, S. 117–124]: Der extradiegetische Eingriff in die Diegese Darunter versteht man das Eingreifen des Animators in die fiktive Welt. Dies geschieht in den unterschiedlichsten Ausführungen mit Hand, Pinsel, Stift oder auch Modelliergerät. Ein erstes Beispiel dafür ist die Animation Fantasmagorie (FR, Emile Cohl, 1908). Hier sieht man zu Beginn des Films die Hände des Animators, der den Hauptdarsteller, einen Clown, auf die Leinwand zeichnet. Diese Form der Introduktion findet man häufig bei den frühen Trickfilmen, so auch bei der Out of the Inkwell-Serie (USA, Max Fleischer, 1918-1929), in welcher der Hauptdarsteller Koko, ebenfalls ein Clown, zu Beginn jeder Folge von Max Fleischer gezeichnet wird. In dieser Serie werden die Grenzen zwischen den Welten jedoch nicht nur einseitig überwunden, was hier im nächsten Punkt ausgeführt wird. Das Betreten der rahmenden Diegese durch die Figuren Diese Grenze wird durchbrochen, wenn die fiktiven Figuren ihre Welt verlassen um in die „reale“ Welt des Animators zu wechseln oder auch, wenn durch die Kommunikation mit dem Animator die Schranke zwischen Intra- und Extradiegese durchdrungen wird. Dies geschieht, wie vorher bereits angedeutet, in jeder Folge der Out of the InkwellSerie. Koko verlässt hier laufend seine Leinwand und übertritt damit den Rahmen zwischen seiner fiktiven und der realfilmischen Welt von Max Fleischer. 3. Der Tod im Animationsfilm 35 Das extradiegetische Einwirken der Figuren auf die eigene Welt Hier wirken die Figuren metaleptisch, indem sie sich selbst in die Narration einbringen. Sie sind zugleich Darsteller und Dargestellter. Bei Felix the Cat (USA, Otto Mesmer und Pat Sullivan, 1919) nimmt Felix die Lösung seiner Probleme des öfteren selbst in die Hand, in dem er, seinen Schwanz als Pinsel benutzend, Auswege herbei zeichnet. Bei diesen Metalepsen handelt es sich zumeist um eine Form der Selbstreflexion, die man in animierten Filmen in drei verschiedenen Ausführungen antrifft. Zum einen der Verweis auf die Produktion des Filmes und die Filmindustrie, dies geschieht durch Offenlegung der Produktionsweise, des Rohmaterials oder des Produktionsprozesses. Weiters, in dem ein direkter Kontakt zum Publikum aufgenommen wird, wie etwa durch Kommunikation oder Gestikulation. Sowie, als dritte Möglichkeit, die Illusionsstörung durch das Einwirken des Animators. Das Publikum wird in die Schaffung des Films und das Darstellen der Tricks eingeweiht und die Animation somit entzaubert [20, S. 205]. 3.5.1 Tod durch Überschreitung der diegetischen Grenzen Will man in diesem Bereich die Bedeutung des Todes betrachten, so sollte man den Blick auf das Ende der Fiktion richten. Kann man behaupten, dass der Tod mit der Offenbarung der Fiktion einhergeht? Wenn man dies annimmt, kann man daraus schließen, dass der Austritt aus der Fiktion, wie dies beim Überschreiten der diegetischen Grenze passieren kann, den Tod der Figur bedeutet. Bei dieser Überlegung muss berücksichtigt werden, wie fest der diegetische Rahmen der Fiktion gespannt ist, d.h. wie konsequent die Einhaltung von filmischen Konventionen verfolgt wird und ob es den Charakteren im Zuge der Handlung gestattet ist, aus diesen auszubrechen. Diese Grenzüberschreitung kann, wie vorher beschrieben, auf verschiedene Weise geschehen. Sie geht oft einher mit der Unterbrechung der Kontinuität der Handlung und bewirkt damit eine Störung oder auch Zerstörung der Illusion für den Betrachter, wie man etwa oft bei der Bugs Bunny Animationsserie beobachten kann. Bei der Folge The Heckling Hare (USA, Tex Avery, 1941) fallen Bugs Bunny und ein Hund von einer Klippe und ziehen kurz vor dem Aufschlagen eine imaginäre Bremse, um mit den Worten „Fooled ya, didn’t we!“ die Serie zu beenden. Die Charaktere fallen aus ihrer Rolle und stören mit der Durchbrechung der vierten Wand9 den Handlungs9 Der Begriff der vierten Wand kommt vom Theater und bezeichnet die unsichtbare Wand die zum Publikum zeigt. Sie kann durch die Schauspieler, die sich an das Publikum wenden oder umgekehrt, durch das Publikum, das sich etwa mit Zwischenrufen zu Wort meldet, durchbrochen werden. Im Film ist diese Überschreitung durch die absolute Trennung des zeitlichen und räumlichen Bereichs des Dargestellten von dem des Zuschauers, auf ersteres beschränkt. 3. Der Tod im Animationsfilm 36 fluss. Dieses Aufbrechen der Fiktion findet man häufig bei Animationsfilmen von Warner Bros. oder Metro-Goldwyn-Mayer, es kommt jedoch nicht bei Walt Disney Animationen vor. Bei diesen ist die Kontinuität der Diegese und die Aufrechterhaltung der Illusion oberstes Prinzip. Bei den ersten Mickey Mouse Animationen kann man noch beobachten, dass sich die Maus an das Publikum wendet, doch zu Beginn der 1930er Jahre, als die Disney Figuren mehr Tiefe bekamen und Wert auf Plausibilität gelegt wurde, nahm man ihnen damit auch die Möglichkeit, unversehrt aus der Illusion der Geschichte auszubrechen.10 Für Figuren, die sich in einer in sich geschlossenen, kompakten Illusion bewegen, würde das Verlassen dieser einer Illusionszerstörung und damit dem fiktiven Tod im Auge des Betrachters gleich kommen. Deshalb findet man in Animationen, die von der perfekten Illusion leben, wie es bei den Walt Disney Filmen der Fall ist, auch keine Beispiele die deren Zerstörung beinhalten. Dabei spielt es keine Rolle, wer oder wie die Fiktion preis gegeben wird, d.h. es ist gleich ob sie durch die Figur selbst, durch das Eingreifen des Animators oder durch Verweise auf die Filmebene offenbart wird. 3.5.2 Sterblichkeitsbewusstsein bei animierten Charakteren In diesem Punkt soll weniger auf die Darstellung des Todes eingegangen, sondern der Blick auf die Bedeutung der Erkenntnis der eigenen Fiktionalität gerichtet werden, wenn der animierten Figur wird bewusst, dass das Ende der Fiktion auch das Ende ihrer Existenz bedeutet. Wenn in einem Realfilm ein Schauspieler aus seiner Rolle fällt und damit die Diegese aufbricht, wechselt er dabei scheinbar auf die Ebene seiner realen Existenz als Lebewesen. Bei animierten Charakteren ist dies nicht der Fall, vielmehr führt das Ende der Fiktion zur Existenzlosigkeit. In animierten Kurzfilmen kommt es häufig vor, wie zuvor an dem Beispiel von The Hackling Hare beschrieben, dass die Charaktere die Handlung unterbrechen und sich als Schauspieler zu erkennen geben. In dem Animationsfilm Duck Amuck (USA, Charles M. Jones, 1953) wird dies exzessiv betrieben und der Konflikt zwischen Figur und Animator zur eigentlichen Handlung des Films. Nachdem der Animator in diesem Film die Hintergründe ins Nichts verlaufen lässt, richtet Daffy Duck seinen Blick direkt in die Kamera und lässt mit folgender Aussage erkennen, dass er von seiner eigenen Fiktionalität weiß: “Buster, it may come as an complete surprise to you, to find that this is an animated cartoon and that in animated cartoons they have scenery [. . . ]” Quelle: http://www.bender-verlag.de/lexikon/lexikon.php?begriff=Vierte+Wand. 10 Näheres zur Entwicklung der Walt Disney Charaktere in [18, S. 41 f] 3. Der Tod im Animationsfilm 37 Das hier selbstverständlich erscheinende Bewusstsein von Daffy, ein Teil der Fiktion zu sein, wird auch durch die Abhängigkeit des Charakters vom Animator immer wieder aufgezeigt. Am Ende des Cartoons wird nach der wütenden Aufforderung von Daffy, den Verantwortlichen für diese Animation preiszugeben, aus dem Bild heraus in eine Rahmenhandlung gewechselt, in der Bugs Bunny als Animator offenbart wird. In dem Film wird der Cartoon des öfteren Stück für Stück zerlegt und damit auf dessen Entstehung hingewiesen. Im nächsten Filmbeispiel wird diese Thematik des Erkennens der eigenen Fiktionalität von den Charakteren bewusster verinnerlicht und wiedergegeben. In dem höchst selbst-reflexiven Film The End von Chris Landreth (CA, 1995) entdeckt der Animator, nachdem er mit den Charakteren seiner Animation über deren Status als fiktive Figuren diskutiert hat, dass er selbst ein Darsteller seiner eigenen Animation ist. Die Handlung des Films beginnt mit zwei Charakteren, Mann und Frau, die auf einer Bühne eine Performance bieten. Der Boden des Raumes, in dem sich die beiden befinden, besteht aus einem Schachbrett, wodurch bereits auf die Fiktionalität der Charaktere hingewiesen wird. Sie sind Statisten in einem Spiel bzw. Marionetten des Animators, ihr Status ist ihnen jedoch zu Beginn nicht bewusst. Die erste Wendung geschieht, wenn die Charaktere ans Ende ihrer Darbietung gekommen sind. Die Musik ist verstummt, die Scheinwerfer gehen aus und die Grundbeleuchtung an. Die Figuren haben ihren Text zu Ende gesprochen und wissen nicht was als nächstes kommt. In die angehende Diskussion, über das jetzt und dann, mischt sich der Animator mit seiner Stimme aus dem Off und klärt die Charaktere über ihren fiktiven Status auf. Er sei nicht Gott sondern ein Animator und die beiden damit Charaktere in einem Animationsfilm. Durch diese Offenbarung wird den Figuren ihre „reale“ Existenz abgesprochen, wogegen sich die Frau mit folgenden Worten zur Wehr setzt: “[. . . ] not only do I have memory of my experiences. I have awareness of my memory of those experiences. If anything – I am creating you! You have no choice but to create this animation okay! I have free will.” Doch während sie diese Worte spricht verwandelt sich das Bild, man tritt aus der Szene heraus und befindet sich am Schreibtisch, an dem der Animator gerade das Storyboard Frame der Frau vollendet und dabei telefoniert. Es ist jedoch nicht, wie bei Out of the Inkwell, eine realfilmische Welt, in die gewechselt wird, sondern eine ebenfalls animierte Rahmenhandlung der Diegese. Der freie Wille, auf den die Frau bestanden hat, wird somit im gleichen Moment negiert. Der Animator, der eben noch seiner Schöpfung ihre Fiktionalität beizubringen versuchte, wird nun in einem Telefonat auf seine eigene Fiktionalität aufmerksam gemacht. Der Weg zu der Erkenntnis, dass er selbst Teil seiner eigenen Fiktion ist, wird bei dem Gespräch durch die Übernahme der Idee des Anrufers dargestellt. Der fiktive Animator wieder- 3. Der Tod im Animationsfilm 38 holt die Worte der Stimme aus dem Telefon, die man im Hintergrund noch leise hört, und verinnerlicht sie: “[. . . ] but in my old days I realised that I’m a work of my own fiction. Then I realised that as a work of my own fiction I can create my own ending.” Mit dem letzen Satz verwandelt sich das Bild erneut, der Animator wird ebenfalls zu einem Frame eines Storyboards. In dieser Animation wurde die Fiktion durch eine rahmende Fiktion aufgedeckt, die wiederum ihre eigene Fiktionalität erkennt. In dem Moment des Begreifens, dass er seiner eigenen Fiktion inhärent ist, durchbricht der Animator für einen kurzen Augenblick die vierte Wand und richtet den Blick direkt an den Betrachter. Das gleiche passiert auch als die beiden Charaktere im ersten Teil der Animation ihre Fiktionalität erkennen. Die Frau bewegt sich auf die Kamera zu und richtet im CloseUp am Ende den Blick direkt an den Animator. Wenn die Charaktere auf diese Weise die vierte Wand durchbrechen und über ihren Status als Figur nachdenken, werden sie dadurch näher zum Publikum gebracht [34, S. 159]. Sie wenden sich von der Filmwelt ab und erwecken den Anschein einer LivePerformance, dieser wird in The End jedoch durch das Aufdecken in weiterer Folge widersprochen. Diese beiden Animationen sind Beispiele dafür, wie in Animationen mit der Erkenntnis der Charaktere auf die Fiktionalität der Geschichte verwiesen wird. Die Selbstreflexion innerhalb einer Animation kommt, wie in den genannten Filmen, sehr offensiv vor, kann aber auch subtiler angedeutet werden, wenn beispielsweise Jessica Rabbit in Who Framed Roger Rabbit (USA, Robert Zemeckis und Richard Williams, 1988) nebenbei anmerkt: „I’m not bad, I’m just drawn this way.“ 3.5.3 Interaktion mit dem Tod des belebten Körpers Die Interaktion des Animators mit der animierten Figur ist besonders in den Anfängen des Trickfilms zu finden. Sie hat ihren Ursprung in den Lightning Sketches, bei denen in einer Live-Performance auf eine Leinwand gezeichnet und die Motive verändert wurden.11 Einer der ersten Filme, in denen der Animator mit der gezeichneten Figur interagiert, ist der Animationsfilm Fantasmagorie von Emile Cohl. Hier sieht man, wie zu Beginn des Filmes die Hand von Cohl einen Clown zeichnet und dieser darauf zum Leben erwacht. Er erlebt als Hauptdarsteller dieser zwei minütigen Animation mehrere Abenteuer, bis er sich bei einem Fenstersturz den Hals bricht, was durch die Trennung des Kopfes vom Körper dargestellt wird. In diesem Moment kommen die Hände von Cohl ein weiteres mal ins Bild. Sie bestreichen 11 Näheres zu den Lightning Sketches s. [11, S. 48–57] 3. Der Tod im Animationsfilm 39 die Bruchstelle mit Kleber aus einem gezeichneten Fass, ergreifen dann Kopf und Körper und fügen die beiden wieder zusammen. Der tote Körper des Clowns ist während dieses Vorganges wie auf einem Krankenbett aufgebahrt und erwacht mit Zuckungen, die an jene bei einem starken Stromschlag erinnern, wieder zum Leben. Das Einwirken von Emile Cohl führt hier zu einer Fortsetzung der Geschichte, er greift helfend in die Handlung ein. Der Grund für die Präsenz des Animators ist hier jedoch nicht bei der Verletzlichkeit der Figuren zu suchen. Diese werden in Fantasmagorie gequetscht, aufgeblasen, beliebig verformt, verwandeln sich in andere Gegenstände und erwecken dabei nicht den Anschein davon Schaden zu nehmen. So wird, kurz bevor der Clown durch den Genickbruch stirbt, sein Kopf ebenfalls von seinem Körper getrennt, doch hier fällt er nicht zu Boden, ganz im Gegenteil holt sich der kopflose Körper sein Haupt zurück. Durch das Eingreifen erinnert Cohl an die Entstehung der Animation und damit an deren Fiktion. Meist gestaltet sich der Eingriff des Animators jedoch nicht helfend und belebend, wie dies bei Fantasmagorie der Fall ist, im Gegenteil, der Animator wirkt oft zerstörend auf den animierten Körper ein. Ein sehr gutes Beispiel dafür ist der Animationsfilm Manipulation (USA, Daniel Greaves, 1991). Hier hat der Animator eine sadistische Freude daran, die eben gezeichnete Figur zu zerstören. Sie wird zerquetscht und auseinander gerissen, nur um sogleich protestierend und vollständig wieder zu erscheinen. Durch das Eingreifen des Animators, das Dekonstruieren und Zusammensetzen der Figur, wird immer wieder auf den Entstehungsprozess der Animation Bezug genommen. Der Animator hält die Fäden in der Hand und kann bei seiner Schöpfung Gott spielen, die Trotz all der Grausamkeiten nicht zerstört wird und am Ende sogar ohne Schrammen davon kommt. Die Interaktion mit dem Charakter verweist immer auf die Entstehung der Animation und auf deren Fiktionalität. In Fantasmagorie beschränkt sich die Interaktion nur auf die Richtung von Animator zur Charakter, in Manipulation hingegen gestaltet sich die Kommunikation beidseitig, wobei die Aktionen vom Animator ausgehen und die Figur nur reagiert. Die Allmacht des Animators über den animierten Körper ist die bestimmende Thematik in Filmen, die auf diese Art und Weise die vierte Wand durchbrechen. Kapitel 4 Darstellungsformen des toten Körpers im Animationsfilm 4.1 Einführung In den Augen des Verfassers kann der Animationsfilm durch seine unbeschränkten visuellen Möglichkeiten kreativer mit der Visualisierung des Todes umgehen. So wie sich die Charaktere an die Gesetzmäßigkeiten der fiktiven Welt halten, die für sie geschaffen wurde, kann sich auch der Tod in dieser Umgebung auf verschiedenste Weise darstellen. Dabei können die aus der Realität bekannten Formen des Todes übernommen, aber auch modifiziert oder völlig neu gestaltet werden. Es bietet sich die Gelegenheit, Charaktere in stilisierter oder abstrahierter Form darzustellen und damit auch deren Tod bzw. den toten Körper. Dies kann beispielsweise dazu genutzt werden, grausame oder unschöne Erscheinungen des Todes auf abstrakte Weise ansehnlich werden zu lassen. Der Tod kann in einer Art gezeigt werden, die in der Realität bzw. im Realfilm nicht möglich wäre oder muss anders gezeigt werden, weil sich durch den Stil der Animation Einschränkungen in der Darstellung ergeben. Um dieser Hypothese nachzugehen, werden in diesem Kapitel verschiedene Darstellungen des Todes im Animationsfilm untersucht und gegebenenfalls mit jenen des Realfilms verglichen. Es soll der Blick auf Eigenheiten und Besonderheiten bei der Visualisierung toter Körper im Animationsfilm gerichtet werden, wozu ausgewählte Animationsbeispiele in fünf Abschnitten unter einem jeweils besonderen Blickpunkt betrachtet werden. 40 4. Darstellungsformen des toten Körpers im Animationsfilm 4.2 41 Der schöne Tod Der schöne Tod kann sich auf vielfältigste Weise darstellen. Er ist ein unversehrter Körper, der in einer friedlichen Pose an den Schlaf erinnert, die ästhetische Inszenierung einer eigentlich grausam zerstörten Gestalt oder einfach das Kaschieren der Anzeichen des Todes. Um einen Tod bzw. einen toten Körper als schön zu empfinden, ist vor allem auch eine stimmungsvolle Szene zu beachten. Die Kriterien, die für den schönen Tod in der bildenden Kunst sowie im Realfilm in Abschnitt 2.3.1 aufgezeigt wurden, sollen nun in die folgende Betrachtung von Beispielen aus Animationsfilmen einfließen. Es werden dazu exemplarisch Filme untersucht, die sich sowohl in der Animationstechnik als auch im Kontext des vorkommenden Todes unterscheiden. Bei dem ersten Beispiel handelt es sich um den Zeichentrickfilm The Lion King (USA, Roger Allers und Rob Minkoff, 1994). Dieser Film wurde gewählt, weil es der erste Walt Disney Zeichentrickfilm ist, bei dem ein Charakter wirklich zu Tode kommt und dessen toter Körper danach im Bild gezeigt und auch betrauert wird. Bemerkenswert für diesen Kinderfilm ist, dass hier nicht einfach eine Figur stirbt, sondern ein Protagonist ermordet wird. Zu dem gewaltvollen Tod, der hier untersucht werden soll, kommt es durch einen Hinterhalt von Scar, dem bösen Bruder von König Mufasa. Scar lockt dessen Sohn Simba in eine Schlucht, die kurz darauf von einer rasenden Büffelherde durchrannt wird. Um Simba vor dem Tod zu retten stürzt sich Mufasa hinab in die Büffelherde. Es gelingt ihm, Simba zu einem sicheren Platz zu bringen, dabei wird er jedoch von Büffeln gestreift und in die Tiefe gerissen. Mufasa wird mehrmals von Hufen getreten, schafft es aber, sich an einer Felswand festzukrallen und fleht seinen Bruder an, ihm zu helfen. Dieser rammt ihm seine Krallen in die Pfoten und wirft ihn hinab in die vorbei rasende Herde. Der Eintritt des Todes wird dabei nicht gezeigt. Man sieht König Mufasa hinab fallen, es wird jedoch vor dem Aufschlag auf das entsetzte Gesicht von Simba geschnitten. Erst als sich die Staubwolke nach den letzten Büffeln lichtet, wird der Blick auf den Körper frei gegeben. Simba läuft zu seinem Vater, der mit geschlossenen Augen reglos am Boden liegt. Der Leichnam lässt dabei keine Anzeichen von Gewalteinwirkung erkennen. Trotz der vielen Hufschläge, des Sturzes und dem überrennen, weist er keine sichtbaren Verletzungen auf. Nicht einmal Spuren der Krallen, die sich in seine Pfoten gegraben haben, sind zu bemerken. Der Tod kann im ersten Augenblick nicht erkannt, sondern nur erahnt werden. Erst durch die Interaktion von Simba mit seinem Vater, durch das wiederholte Ansprechen und Anstoßen, steht dessen Tod eindeutig als solcher fest. Die Leblosigkeit zeigt sich dabei etwa durch die schlaffe Pfote von Mufasa, als diese von Simba angehoben wird. Er bekommt keine Reaktion von seinem Vater. Der Tod von Mufasa ist ein gutes Beispiel für ein kinderfreundliches Sterben. Die dramatische Szene endet zwar mit einem Tod, dieser wird 4. Darstellungsformen des toten Körpers im Animationsfilm 42 jedoch in äußerst sensibler Weise gezeigt. Die Szene ist ein einschneidendes Erlebnis für Simba und ein Wendepunkt in der Narration des Films, für dessen Dramatik eine exzessive Darstellung von Gewalteinwirkung nicht von belang ist, womöglich sogar störend wirken könnte. Mitspielen mag auch die Philosophie von Walt Disney, wonach der Körper einer Figur eine kompakte Einheit darstellt, die nicht zerstört werden darf. Siehe dazu [18, S. 48 f]. Der tote Mufasa erfüllt alle Kriterien einer schönen Leiche. Sein Körper lässt keine sichtbaren Spuren von Gewalteinwirkungen erkennen. Die Haut ist intakt und die Augen sowie der Mund geschlossen. Der tote Körper ist sorgsam in einer Stellung positioniert, die in der Serie ebenso bei schlafenden Löwen beobachtet werden kann. Der Tod geht aus der Situation zwar eindeutig hervor, ist jedoch soweit kaschiert, dass sich der tote vom schlafenden Löwen nur durch die Situation erkennen lässt. Der tote Mufasa ist durchaus mit den zuvor beschriebenen Darstellungen des toten Körpers in den post-mortem-Gemälden und Fotografien vergleichbar. Siehe dazu Abb. 4.1 (a). Der nächste Animationsfilm, der für diese Untersuchung herangezogen wird, ist Antz (USA, Erik Darnell und Tim Johnson, 1998). Hier bringt eine Schlacht zwischen Ameisen und Termiten viele Tote auf beiden Seiten hervor. Das Schlachtfeld ist von Kadavern übersät, die eine Landschaft aus abgerissenen Gliedmaßen und gekrümmten Körpern bilden (Abb. 4.1 (c,d)). Dies hört sich brutal an, die Darstellung der gewaltsamen Auseinandersetzung ist jedoch bei genauerer Betrachtung eigentlich harmlos. Viele der Ameisenkörper sind nicht mehr vollständig, aber die einzelnen Körperparts sind kompakt. Es finden sich weder zerfetzte Körperteile noch werden offene Wunden gezeigt und auf dem gesamten Schlachtfeld sind keine Spuren von Blut bzw. Flüssigkeiten zu finden. Es erscheint absolut trocken, wobei etwa von der Abwehrflüssigkeit der Termiten Spuren zurückbleiben hätten können. Durch die harmlose Darstellung der toten Körper in einer gewaltvollen Szenerie wird der Film jugendfreundlicher. Die geschönten Toten auf dem Schlachtfeld sind weniger jugendgefährdend, als eine vergleichbare Darstellung mit Blut und offenen Wunden.1 In Antz gibt es einen Charakter, der langsam und direkt vor der Kamera stirbt. Der Soldat Barbatus, der zuvor in freundschaftlichem Kontakt zu dem Hauptdarsteller, der Ameise „Z“ stand, wird in dem Kampf schwer verwundet. Als der Kampf vorüber ist, kommt Z aus einem Loch, in das er gestoßen wurde, hervor und findet den Kopf von Barbatus am Boden liegend. Der Kopf wurde vom Körper getrennt und Barbatus liegt im Sterben. Er spricht noch zu Z bevor er seinen letzten Atem aushaucht und die Augen schließt. Der Kopf von Barbatus, der als einziger aus der Nähe gezeigt wird, liegt mit der Bruchstelle nach unten, auf deren Darstellung 1 Siehe dazu beispielsweise die Richtlinien zur Gewaltdarstellung in Medien im deutschen Jugendmedienschutzgesetz: http://www.bundespruefstelle.de/bpjm/ Jugendmedienschutz/Indizierungsverfahren/spruchpraxis,did=32992.html 4. Darstellungsformen des toten Körpers im Animationsfilm 43 wird verzichtet. Auch hier finden sich keine Körperflüssigkeiten, sein Kopf ist ein intakter Körperteil ohne Verletzungen. Eine verschönte Darstellung eines eigentlich grausamen Schauspiels. In dem Animationsfilm Mary & Max (AU, Adam Elliot, 2010) stirbt der Charakter Max am Ende des Films einen natürlichen Tod. Nach einer langen Brieffreundschaft wird Max von Mary in seiner Wohnung besucht, diese findet ihn jedoch tot auf der Couch sitzend vor. Wenngleich Max im ersten Augenblick nicht besonders tot aussieht, erkennt man an der Situation wie es um ihn bestellt ist. Max sitzt auf der Couch, er hat den Kopf in den Nacken gelegt und den Blick nach oben zur Decke gerichtet (Abb. 4.1 (b)). Er ist vermutlich an einem Herzversagen gestorben, eine andere Todesursache lässt sich nicht erkennen. Sein Mund ist zu einem glücklichen Lächeln verzogen. Wie sich später herausstellen wird, ist die Freundschaft zu Mary, dargestellt durch die zahlreichen an die Decke geklebten Briefe, der Grund dafür. Max ist mit den Briefen im Auge gestorben und seine Augen stehen noch immer halb offen. Geöffnete Augen sind bei realen Leichen ein unerträglicher Anblick. Durch die Kommunikationsverweigerung der Leichen, deren Präsenz sich nur noch auf die physische beschränkt, entsteht ein Unbehagen, das nur durch das Schließen der Augen entfernt werden kann (s. dazu [21, S. 410 ff] und [19, S. 120]). Bei Max sind die halb geöffneten Augen hingegen ein wichtiger Bestandteil der Narration. Durch sie wird der Blick von Mary und damit auch von den Zusehern in Richtung der Decke und auf die vielen Briefe gelenkt. Zudem wird durch die Augen von Max der friedliche und zufriedene Tod deutlich, den er erlebt hat. Wären die Augen hingegen weit aufgerissen, würde ein anderes Gefühl transportiert werden und die Situation wäre dadurch verschieden zu interpretieren. Diese Szene wäre mit einem realen Darsteller wohl sehr schwierig umzusetzen. Die Augen eines echten Menschen würden der Szene eine unheimliche Atmosphäre verleihen und sie dadurch in eine völlig divergente Richtung führen. Der Zuschauer wäre auf den Tod des Charakters fixiert und damit von der Schönheit der Szenerie abgelenkt. So wird die friedliche Stimmung durch ein weiches Gegenlicht, das dem Raum eine warme Atmosphäre verleiht, sowie durch die melodische Hintergrundmusik unterstützt. Diese Merkmale führen gesamt zu einem sanften Tod, der als schön bezeichnet werden kann. Auch der in Abschnitt 3.2.2 betrachtete indirekte Tod kann als schöner Tod bezeichnet werden. Der Tod wird dabei nicht im Bild gezeigt, oder die sterbenden Charaktere so verdeckt, dass der tote Körper nicht sichtbar ist. Dies ist in Kinderfilmen oft der Fall, etwa auch in dem Animationsfilm The Incredibles (USA, Brad Bird, 2004). In diesem Film sterben viele Figuren im Kampf zwischen Superhelden und den Schurken. In einer Szene kämpft beispielsweise eines der SuperheldenKids mit einem bösen Charakter auf einer Art kleinem UFO. Abgelenkt durch den Kampf merken sie nicht, dass sie auf eine Felswand zufliegen. 4. Darstellungsformen des toten Körpers im Animationsfilm (a) (b) (c) (d) 44 Abbildung 4.1: Der schöne Tod am unversehrten Körper in The Lion King (a) und Mary & Max (b) im Gegensatz zum zerstörten Körper in Antz (c,d). Während das Kind mit einem Faustschlag vom UFO befördert wird, bleibt der Bösewicht darauf, fliegt weiter und erkennt die Gefahr zu spät. Das UFO zerschellt an der Wand in einer riesigen Explosion in seine Einzelteile. In der Rauch- und Feuerwolke kann man zwar die Bruchstücke des UFOs erkennen, von dem Körper des Mannes ist jedoch nichts zu sehen. Der Tod findet im Bild statt, er wird aber durch die Umstände verdeckt. Man sieht den direkten Tod und den zerstörten Körper nicht. In diesem Film sterben alle Charaktere einen solchen nicht sichtbaren Tod. Nachdem man den Tod nie direkt sieht, könnte man annehmen, dass die Charaktere nicht sterben. Es wird schließlich nicht gezeigt, in welcher Verfassung sie sich nach der Explosion befinden. Da der Tod bei The Incredibles aber in vielen Fällen als solcher benannt wird und auch dessen Resultat in Form eines Skelettes gezeigt wird, ist diese Vermutung hinfällig. Der Tod spielt hier eine Rolle, er wird jedoch nicht direkt gezeigt. Der schöne Tod findet sich im Animationsfilm in den unterschiedlichsten Formen. Häufig handelt es sich um Filme, die auf ein junges Publikum ausge- 4. Darstellungsformen des toten Körpers im Animationsfilm 45 richtet sind und daher auf eine sensible Darstellung des Todes geachtet wird. Dabei kann das Sterben durchaus brutal sein, wie sich etwa bei dem Mord an Mufasa zeigt. Der schöne Tod ist im Animationsfilm in einer vergleichbaren Thematik zu finden wie sie schon in der bildenden Kunst zu erkennen war. Der Tod wird verschleiert und kaschiert, die Anzeichen des Todes bzw. des Sterbens ästhetisch arrangiert. In allen Beispielen – abgesehen von The Incredibles, wo die Körper nach dem Tod nicht gezeigt wurden – wurde behutsam mit dem toten Körper umgegangen. 4.3 Die Ästhetik offener und geteilter Körper Im Animationsfilm besteht die Möglichkeit den Körper eines Charakters auf vielseitigste und auch grausamste Weise zu zerstören. Die Verfasserin vermutet, dass die Gewalteinwirkung auf den Körper durch die stilistische Umsetzung abgeschwächt wird und die Situationen, in deren Zusammenhang die Charaktere verletzt werden, großteils von Humor geprägt sind. Im Realfilm und speziell im Horrorfilm wird der offene Körper bewusst eingesetzt um Grauen und Unbehagen hervorzurufen. Das Körperinnere, das Catherine Shelton in [32, S. 342] als das „Topoi des Schreckens“ beschreibt, erzeugt vor allem Ekel. In den folgenden Beispielen werden Animationen betrachtet, in denen der Körper der Figuren durch unterschiedliche Gewalteinwirkung geöffnet oder geteilt wird und dabei untersucht, wie dies umgesetzt wurde und inwiefern ein Vergleich mit dem offenen Körper im Realfilm zu finden ist. Die abstrakte Darstellung am Beispiel Rejected Das erste Beispiel des offenen Körpers findet sich in einem Animationsfilm von Don Hertzfeldt, dessen Filme oft eine sehr plakative Gewaltdarstellung enthalten und in denen die Charaktere nicht selten gefoltert und getötet werden. Die Strichmännchen-Animationen von Hertzfeldt zeichnen sich durch übertriebene Gewalt und einen schwarzen Humor aus. Der Kurzfilm der hier besprochen werden soll, heißt Rejected (USA, Don Hertzfeldt, 2000). Er besteht aus mehreren in sich geschlossenen Episoden, die zum Teil nur absurd, einige jedoch sehr brutal sind. In einer dieser Episoden stehen sich zwei Strichmännchen gegenüber. Ohne ersichtlichen Grund greift das linke Strichmännchen zum Bauch des rechten und reißt ihm ein großes Stück aus dem Bauch heraus. Dabei spritzt Blut und die Gedärme fallen zu Boden. Das linke Strichmännchen schlägt mit dem Bauchteil auf den Kopf des anderen ein, bis es zusammensackt und nun Tod, mit einem großen Loch im Bauch, in seiner Blutlache liegt. Die Ränder der gezackten Öffnung sind rot bemalt. Es hat die Arme und Beine von sich gestreckt, anstelle der Augen unterstreichen nun zwei Kreuze den Tod und der Mund steht weit offen. Das linke Strichmännchen hat sich lachend den Bauchdeckel als Hut über den Kopf gestülpt 4. Darstellungsformen des toten Körpers im Animationsfilm 46 und steht nun blutüberströmt in der Lache (s. Abb. 4.2 (a)). Begleitet wird das skurrile Schauspiel von einer kindlich-fröhlichen Hintergrundmusik. Die Bilder werden durch den Zeichenstil nicht ihrer Brutalität beraubt, die zynisch-humorvollen Inhalte wirken jedoch mehr erheiternd als schockierend – wobei dies natürlich je nach persönlichem Geschmack und Humor variiert. Das Blut wird, in den ansonsten schwarzen Bleistiftzeichnungen auf weißem Hintergrund, naheliegend mit roter Farbe dargestellt, die Gedärme werden durch umrandete Kügelchen mit roter Farbvariation veranschaulicht. Bei einer vergleichbaren Darstellung einer solchen Szene im Realfilm, würde der humorvolle Zugang durch das Grauen erregende Schauspiel überdeckt werden. Die Materialität des Körpers und die Verletzlichkeit des Fleisches würde in den Mittelpunkt rücken und die Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Als Gegenüberstellung soll eine Szene aus dem Film Dawn of the Dead (USA, George A. Romero, 1978) betrachtet werden, in dem einem Menschen ebenfalls der Bauch aufgerissen und dessen Gedärme von Zombies heraus geholt werden. Diese Szene hat aufgrund der hübsch geschminkten Zombies eine lustige Komponente, wodurch das grausliche Schauspiel jedoch nicht vermindert wird. Die Haut des Opfers ist beim Aufreißen elastisch, sie wird stark gedehnt und wirft beim Beiseite schieben Falten, bevor die Innereien zum Vorschein kommen. Das feucht glänzende Körperinnere ist sehr real dargestellt. In dem Stil der Animation mit den gezeichneten Strichmännchen erscheint der Anblick des derart entstellten Körpers lustig und erweckt keine Beunruhigung beim Betrachter. Wo das Offenlegen des Körpers im Realfilm eine Mischung aus Grauen und Unbehagen erzeugt, kann die Szene mit den Strichmännchen entspannt und ohne Abscheu beobachtet werden. Durch die abstrakte Darstellung in Rejected ist der Zuschauer weniger geneigt die Erlebnisse der fiktionalen Figuren auf seine eigene Person zu projizieren. Die Empathie, wenn der Zuschauer die Ereignisse auf der Leinwand als für die Charaktere real imaginiert (s. dazu [9, 103 ff]), wird zudem durch die unrealistische Handlung abgeschwächt. Das linke Strichmännchen reißt mit seien Hände scheinbar ohne besondere Krafteinwirkung das große Stück aus dem Körper des anderen heraus. Dieser Vorgang und das darauf folgende Einschlagen mit dem kompakt wirkenden Bauchteil auf den Kopf des Strichmännchens erscheint in der Realität als unmöglich. Die physischen Gesetzte werden hier nicht beachtet. In Dawn of the Dead ist die Geschichte mit den blutrünstigen Zombies zwar ebenso irreal, die Gewaltanwendung dabei macht aber einen glaubwürdigen Eindruck. Aus diesen Beobachtungen lässt sich erkennen, dass in dem Animationsfilm Rejected der gewaltvollen Darstellung der Zerstörung und Offenlegung des Körpers auf mehrere Weise ihre Brutalität genommen wird. Die abstrakte Erscheinung der Strichmännchen in Verbindung mit dem unglaubwürdigen Ablauf der Handlung und dem humorvollen Blick auf den skurril zerstörten Körper bewirken eine Verminderung oder sogar Verhinderung der Empathie. 4. Darstellungsformen des toten Körpers im Animationsfilm 47 Eine realitätsnahe Öffnung des Körpers in Madame Tutli Putli Das hier behandelte Animationsbeispiel Madam Tutli Putli (CA, Chris Lavis and Maciek Szczerbowski, 2007) unterscheidet sich sowohl in der Technik der Herstellung, als auch in der Narration erheblich von Rejected. In dieser Stop-Motion-Animation mit Puppen kommt in einer Szene ebenfalls die Öffnung des Körpers und der Blick auf das Innere vor. Der Film handelt von einer Frau, die sich mit all ihren weltlichen Besitztümern und den Geistern der Vergangenheit auf eine Zugreise begibt. Die Reise, an deren Ende sie einer Motte ins Licht folgt und sich schließlich in diese verwandelt, fungiert in dieser Geschichte als Metapher für ihren Tod. Im Lauf der Geschichte steigen Organdiebe in den Zug ein und betäuben die Passagiere in dem Zugabteil, in dem auch Madam Tutli Putli sitzt, mit Gas, um ihnen Organe zu entnehmen. Die daraufhin für diesen Themenkreis relevante Szene findet sich in einer Albtraum-Sequenz, in der Madam Tutli Putli in einer Rückblende den Körper des ihr zuvor im Abteil gegenüber sitzenden Mannes erkennt. Im Bildausschnitt zu sehen ist allerdings nur der entblößte Bauch des vermutlich betäubten Mannes. Aus der Subjektive von Madam Tutli Putli beobachtet der Zuseher, wie zwei Hände ins Bild kommen und einen Schnitt in den Bauch machen. Der Bildausschnitt wird dabei durch das Andeuten der zugekniffenen Augen von Madam Tutli Putli sehr verengt und der Vorgang damit weniger gut ersichtlich. Die Hände greifen in den Körper hinein, holen ein Organ heraus und reichen es an einen Komplizen weiter, der es in eine Tasche steckt. Damit ist die Einstellung des geöffneten Körpers auch schon wieder vorüber. Da man das Gesicht nicht sieht und die Einstellung sehr kurz ist, lässt sich nicht sagen ob der Mann tot ist, was für die Betrachtung des offenen Körpers aber nicht wichtig erscheint. Technisch wurde die Stop-Motion-Animation mit Puppen realisiert, deren Haut nicht wie eine reale menschliche Haut wirkt. Sie unterscheidet sich durch Beschaffenheit und Struktur deutlich. In der Szene mit dem offenen Bauch sieht die Haut der aufgeschnittenen Puppe jedoch glatt und beinahe real aus. Der Schnitt und der Blick ins Innere des Körpers sind ebenfalls sehr glaubhaft gestaltet, ebenso wie das Organ, welches entnommen wird. Die Materialität der glänzend feuchten Oberfläche, sowie die blutrote Farbe wirken sehr lebensecht. Die Konsistenz und die Fleischlichkeit des Körperinneren erzeugen ein Gefühl von Grauen, das mit jenem beim Anblick des offenen Körpers in der vorher beschriebenen Szene von Dawn of the Dead vergleichbar ist. Es ist dabei nicht die Durchdringung der Haut mit dem Messer und das Aufspreizen des Bauches, sondern der fleischliche Brocken in den Händen des Diebes, der Unbehagen hervorruft. Der Betrachter wird mittels des ästhetischen Bruchs mit ungewohnt realitätsnahen Bildern konfrontiert, die ihren Effekt dadurch verstärken, dass alles zuvor Gesehene deutlich weniger real gewirkt hat. Vergleicht man die Darstellungen des offenen Körpers in den Szenen von 4. Darstellungsformen des toten Körpers im Animationsfilm 48 Dawn of the Dead und Madam Tutli Putli erkennt man eine Analogie in der fleischlichen Erscheinung des Innenraums. Die Imitation der Haut in diesem Film ist zwar von der Beschaffenheit einer echten Haut sehr ähnlich, durch die Animation des Aufschneidens und Aufspreizens wird jedoch etwas von dem realen Eindruck eingebüßt. Die Haut erscheint nicht elastisch, wie in Dawn of the Dead, sondern wirkt steif und damit weniger glaubhaft. Nichts desto trotz kommt hier mithilfe eines Stilbruchs, der die Animation in realistische Bilder übergeführt hat, ein für die Darstellung des toten Körpers in der Animation sehr ungewohnter Effekt erzielt und der Schockeffekt dadurch verstärkt werden. Das Zelebrieren der Splatterästhetik in The Backwater Gospel In dem Animationsfilm The Backwater Gospel (Bo Mathorne, 2011) werden die Körper der Charakter auf äußerst gewaltvolle Art und Weise zerstört. Die Figuren in diesem Kurzfilm töten sich gegenseitig, einhergehend mit der brutalen Destruktion der Körper. Die Darstellung dieser Auseinandersetzung ist mit viel spritzendem Blut, der Offenlegung des Körperinneren und abgetrennten Gliedmaßen angereichert. Die Handlung von The Backwater Gospel spielt in einer kleinen, tristen Westernstadt, in der sich die gottesfürchtige Gemeinde von einem autokratisch die Stadt führenden Priester gegen einen Straßenmusikanten aufhetzen lässt. Als ein Bestatter in die Stadt kommt, der den Ruf hat nur zu erscheinen, wenn alsbald jemand stirbt, kommt es durch die aufgeheizte Stimmung zur Hetzjagd auf den Musikanten. Der Bestatter kann in dieser Animation als der personifizierte Tod verstanden werden, da er nur kommt, wenn es einen Menschen zu holen gibt und er den baldigen Tod schon im Vorhinein zu wittern scheint. Die Menge steinigt den Musikanten vor den Augen des Bestatters, doch als dieser keine Reaktion zeigt, schlägt die angespannte Stimmung erneut in Panik um und die Menschen beginnen sich gegenseitig abzuschlachten, in der Hoffnung nicht die Person zu sein, auf die es der Bestatter abgesehen hat. Bei den folgenden Szenen wird nach allen Regeln der Kunst die Splatterästhetik zelebriert. Die Gesichter der Menschen verwandeln sich in Fratzen. Die Augen beginnen weiß zu leuchten und der Wahnsinn strahlt aus den Blicken. Die Charaktere schlagen mit Schaufeln und Äxten aufeinander ein und reißen sich gegenseitig in Fetzen. Von den aufgerissenen Körpern ist meist nur die Silhouette zusehen. Das reichliche spritzende Blut ist schwarz dargestellt, in der ansonsten in Blautönen gehaltenen Szenerie. Die grafische Darstellung lässt das Massaker wenig ekelerregend erscheinen (s. Abb. 4.2 (b)). Manche Szenen des Films erinnern an die Zombie-Schocker des Realfilms, wenn etwa eine Figur eine andere von hinten anfällt und die Zähne in deren Hals gräbt. Es werden Gliedmaßen ausgerissen, deren ausgefranste Enden die Zerstörung des Fleisches imitieren. Die Inszenierung der Trennung von Körperteilen in 4. Darstellungsformen des toten Körpers im Animationsfilm 49 Zeitlupe zeigt das langsame Zerreißen von Sehnen und Muskelsträngen. Die technische Umsetzung dieser Motive wird durch die grafische Darstellung natürlich erleichtert. Es ist ein Zelebrieren der Splatterästhetik, wie man es in einer ähnlichen Art und Weise beispielsweise auch in Kill Bill: Vol. 1 (USA, Quentin Tarantino, 2003) findet. In diesem Film gibt es sowohl realfilmische Szenen als auch einen Anime-Part, in denen das Blut wie Fontänen unwirklich lange aus dem Körper spritzt. Dabei wird in beiden Fällen nicht die authentische Darstellung, sondern eine Inszenierung und extreme Übertreibung bis hin zu humorvollen Einlagen, verfolgt. Diese Art der Visualisierung ist es auch, die in The Backwater Gospel dargestellt wird. Es wird, wie in Kill Bill, die Gewalt so choreografiert, dass die Zerstörung irreal erscheint2 und dieser Eindruck noch durch die grafische Darstellung sowie die Farbgebung unterstützt wird. Das hyperbolische überziehen der Gewalt und Wundästhetik ins Cartoonhafte und Hyperreale, das Arno Meteling in [25, S. 88] für den realen Splatterfilm beschreibt, trifft auf diesen Animationsfilm besonders zu. Die Betonung der übertriebenen und unwirklich erscheinenden Zerstückelung des Körpers hat das Ziel auf möglichst unterhaltsame Weise die physische Gewalt mit maximaler Sichtbarkeit darzustellen. Es wird, wie es Catherine Shelton Zombie-Filmen zuschreibt [32, S. 296 f], nachdrücklich und wiederholt die blutige Zerstörung und der Moment des Sterbens in Szene gesetzt, wobei die Ästhetik und Materialität der Wunde in der Darstellung in dieser Animation jedoch keinen somatischen Effekt auf den Betrachter hat. Das gewaltlose Teilen des Körpers in The External World Die zuvor behandelten Beispiele unterscheiden sich in der Darstellung des Körpers, haben aber gemeinsam, dass es sich um gewaltvolle Szenen handelt und das Körperinnere zum Vorschein kommt. Der nächste Animationsfilm hebt sich in dieser Hinsicht von den vorherigen deutlich ab. Das Besondere an dem Beispiel des geteilten Körpers in dem Kurzfilm The External World (DE, David O’Reilly, 2010) ist, dass der Körper eines Charakters durch den Blick eines anderen gewaltlos in zwei Teile getrennt wird. Die absurde Szene spielt sich in einem Altersheim ab. Eine Figur sitzt in einem Stuhl und schläft, als sie von einem köstlichen Geruch aufgeweckt wird. Das Schlafen sowie der vorbei ziehende Duft werden dabei durch eine einfache grafische Darstellungen visualisiert. So zeigt sich das Schlafen durch mehrere aufsteigende „Z“ und der Geruch wird durch eine weiße vorbeischlängelnde Linie visualisiert. Nach dem Erwachen wandert der Blick der Figur durch den Raum in Richtung der Essensausgabe. Dieser Blick ist ebenfalls abstrakt durch eine fortlaufende und sich erweiternde gestrichelte Linie dar2 Siehe dazu http://www.3sat.de/SCRIPTS/print.php?url=/kulturzeit/themen/68217/ index.html. 4. Darstellungsformen des toten Körpers im Animationsfilm (a) (b) 50 (c) Abbildung 4.2: Divergente Darstellungen des offenen Körpers im Animationsfilm in den Beispielen aus Rejected (a), The Backwater Gospel (b) und The External World (c). gestellt. Auf dem Weg zu dem ersehnten Objekt steht dem Blick bzw. der Linie ein Rollstuhlfahrer im Weg. Als die Striche auf diesen treffen wird sein Körper von ihnen am Bauch entzweit und der Oberkörper fällt nach hinten zu Boden, während der Blick seinen Weg fortsetzt (s. Abb. 4.2 (c)). Eine schöne Darstellung der Beseitigung des auf dem Weg zum Ziel stehenden Problems. Die Linie wird dabei mit Tönen im Stil von Mickey-Mousing begleitet. Die Teilung des Körpers erscheint völlig harmlos, einzig durch die musikalische Begleitung, die an das Aufziehen eines Klettverschlusses erinnern, lässt sich etwas Gewalt erahnen. In diesem skurrilen Schauspiel wird ein in der Realität an sich unmöglicher Handlungsablauf dargestellt. Der Charakter wird auf gewaltlose Weise in zwei kompakte Hälften geteilt, die in der grafischen Darstellung keine Anzeichen eines Körperinneren erkennen lassen. Die glatten Schnittstellen der beiden Teile heben sich nur durch die Farbe von der Körperoberfläche ab. Eine Struktur, die auf einen Innenraum des Körpers schließen ließe, ist nicht vorhanden. Wenn im Realfilm eine Trennung eines Körpers in zwei Hälften dargestellt wird, so geht dies – sofern es gezeigt wird – mit der Darstellung von Blut und Fleisch einher. Die Teilung eines Charakters ist dort ein gewaltvoller Akt, der keinesfalls allein durch einen Blick möglich ist. David O’Reilly macht sich hier beispielhaft die Möglichkeiten der Animation zunutze, um die Tötung einer Figur abstrakt zu inszenieren. Die Inszenierung bezieht sich hierbei zu keinem Grad mehr auf eine realistische Todesdarstellung. 4. Darstellungsformen des toten Körpers im Animationsfilm 4.4 51 Der temporäre Tod Der Name dieses Kapitels ist eigentlich paradox und bedarf einer Erklärung. Der temporäre Tod ist in der Realität nicht vorhanden. Ein Lebewesen kann nur lebendig oder tot sein, dabei ist eine Veränderung des Zustandes nur in eine Richtung von lebendig auf tot möglich und diese ist ohne Umkehr. Wenn man von einem Menschen spricht, der tot war jedoch wiederbelebt wurde, so kann dabei nur der klinische Tod gemeint sein, wie Thomas Macho in [21, S. 28] ausführt. Dabei, so Macho, darf die Kategorie des klinischen Todes nur als Definition für den Todesaugenblick gelten und diese hat sich in den letzten Jahrhunderten schon des öfteren verändert. So haben die Ärzte früher den Eintritt des Todes anhand des Atems bestimmt, dann wurde er mit Erfindung des Stethoskops an der Herztätigkeit gemessen und heute wird auch das Überprüfen der Hirnströme als zuverlässiges Zeichen gewertet. Wobei sich auch deren Ergebnisse als trügerisch herausstellen können (s. dazu [21, S. 26 ff]). Es gibt im Grunde mehrere Arten des klinischen Todes, sei es der Hirntod oder der Tod durch Organversagen, wo der Körper nur durch Maschinen temporär am Leben gehalten wird. Was in der Realität ein schwieriges Thema ist, soll für den Animationsfilm unter vergleichsweise einfachen Kriterien betrachtet werden. Als temporärer Tod wird hier jener verstanden, bei dem ein Charakter stirbt und danach wieder erscheint. Wenn die Figur also nach oder auch während ihres Todes aktiv an der Handlung beteiligt ist. In dieser Untersuchung wird die Darstellung der Seele bzw. des Geistes betrachtet, der den Körper eines Charakters bei dessen Tod verlässt. Dazu wird als erstes Beispiel der Animationsfilm Anna & Bella (NL, Borge Ring, 1984) heran gezogen. Dieser Zeichentrickfilm erzählt die gemeinsamen Erlebnisse im Leben zweier, inzwischen alt gewordener, Schwestern durch Rückblenden während der Betrachtung von Fotoalben. Die beiden sitzen am Tisch, trinken Wein und amüsieren sich bis zu dem Zeitpunkt, als eine der Schwestern auf einem Bild ihren Ex-Freund erkennt, der sie für ihre Schwester verlassen hatte. Darauf folgt eine Traumsequenz, in der sie sich an einen von ihr verschuldeten Autounfall erinnert, welcher als Folge der verletzten Gefühle geschah. Bei diesem Autounfall werden die Geschwister aus dem Auto geschleudert. Die sich Erinnernde liegt ein wenig von ihrer Schwester im Gras und kann beobachten, wie deren Seele sich vom Körper zu lösen beginnt. Die Seele wird als durchsichtiges, weißes Ebenbild der sterbenden Schwester dargestellt. Der Oberkörper verläuft dabei zu einem dünnen Faden, der noch zurück zum geöffneten Mund führt, aus dem die Seele entweicht. Die Seele steigt mit tänzelnden Bewegungen sowie einem Summen auf den Lippen empor und nimmt damit der Szene die Dramatik und verleiht ihr eine schöne Leichtigkeit. Als die unverletzte Schwester das Schauspiel begreift, rennt sie hinüber und springt der entweichenden Seele nach. Sie packt sie und zieht sie zurück zur Erde, um sie wieder in den Körper ihrer Schwester zu bringen. 4. Darstellungsformen des toten Körpers im Animationsfilm 52 Dazu kniet sie im nächsten Moment über der Sterbenden und stopft mit beiden Händen die Seele zurück in den Mund (s. Abb. 4.3 (a,b)). Während sie dieser Bewegung nachgeht wird aus der Traumsequenz heraus und zurück an den Tisch gewechselt. Dort geht sie noch immer energisch dieser Tätigkeit nach, bis sie von ihrer Schwester angestoßen und aus dem bösen Tagtraum in die Realität geholt wird. In diesem Animationsfilm kann unter der Visualisierung der entweichenden Seele aus dem Körper das Eintreten des klinischen Todes verstanden werden. Die Unverletzte wehrt sich gegen das Sterben ihrer Schwester und reanimiert diese, dargestellt durch das Einfangen und Zurückholen der Seele. Der bevorstehende Tod wird nicht zugelassen. In Anna & Bella wird auf humorvolle und gleichzeitig ergreifende Weise der Vorgang der Wiederbelebung gezeigt, der im Realfilm beispielsweise durch das Beatmen oder die Verwendung eines Defibrillators stattfindet. In diesem Beispiel wird eine Visualisierung der Reanimation gezeigt, die so im Realfilm nicht möglich wäre. Eine solche Darstellung mit einem realen Körper würde makaber wirken und, sofern Geister in dem Film nicht speziell thematisiert werden, auch als deplatziert empfunden. In dieser Animation hingegen wird der Situation auf lustige Art ihre Traurigkeit genommen. Die Wiederbelebung eines Charakters wird auch im nun folgenden Animationsbeispiel thematisiert. Die 3D-Animation The Lady and the Reaper (SPA, Javier Recio, 2008) handelt von dem exzessiven Kampf, der um das Leben einer alten Frau geführt wird. Dabei wird die Lady permanent zwischen Leben und Tod hin und her gerissen. Die Geschichte erzählt von einer alten Frau, die kürzlich ihren geliebten Ehemann verloren hat und seitdem den Augenblick herbeisehnt, an dem sie ihm folgen darf. Eines Nachts ist es endlich soweit. Die Seele der Frau löst sich von ihrem Körper und der personifizierte Tod erscheint in gleißend hellem Licht um sie abzuholen. Dargestellt wird die Seele auch hier, vergleichbar mit dem vorigen Beispiel, als blaues, transparentes Abbild des toten Körpers. Die Frau begibt sich vertrauensvoll in die Hände des Sensenmannes. Als dieser mit ihr in dem Licht beinahe verschwunden ist, wird ihm von einer ins Bild kommenden Hand die Seele entrissen und weggezogen. Es waren die Hände eines Arztes, der die klinisch Tote soeben mit einem Defibrillator wiederbelebt hat. Nachdem der Tod erkannt hat, wohin seine Seele entschwunden ist, entbrennt ein wilder Kampf um das Leben der alten Frau, die doch so gerne sterben wollte (s. Abb. 4.3 (c,d)). In diesem Animationsfilm wird auf gewisse Weise sogar der Unterschied zwischen klinisch-tot und tot thematisiert. Durch das Loslösen der Seele wird der klinische Tod dargestellt, der Übertritt ins Jenseits und damit der endgültige Tod wird jedoch erst erreicht, wenn der Fluss zur Totenwelt überfahren wurde. Eine Anlehnung an den Fluss Styx der griechischen Mythologie, der die Ober- von der Unterwelt trennt. Die Seele der Frau befindet sich nach dem klinischen Tod also erstmal in einer Zwischenwelt auf dem Weg ins Jen- 4. Darstellungsformen des toten Körpers im Animationsfilm (a) (b) (c) (d) 53 Abbildung 4.3: Die Reanimation eines Charakters dargestellt durch den Kampf um dessen Seele. In Anna & Bella (a,b) und The Lady and the Reaper (c,d). seits. Der Kampf um das Leben der Frau wird durch den Kampf um die Seele dargestellt. Der personifizierte Tod und das Krankenhauspersonal entreißen sich dabei zunächst gegenseitig das blau-transparente Abbild der alten Frau. Als der Kampf härter wird und in einer wilden Jagd zwischen Realität und Fantasie mündet, muss schließlich sogar der Körper der alten Frau herhalten. Die Auseinandersetzung geht so weit, dass sich der Sensenmann und der Arzt – die sich zuvor auf verschiedenen Spähren bewegten – auf einer Ebene in einer fantastischen Traumsequenz um den Körper der Frau rangeln. Der Moment des Todes der Frau bzw. deren Übertritt in die jeweils andere Sphäre wird dabei durch Zeichen visualisiert, die aus der Realität entlehnt wurden. Im Augenblick des Überganges ändert sich beispielsweise die Linie an der Maschine welche die Herztätigkeit überwacht. Der Wechsel zwischen den Sphären wird auch durch das Zeigen der sich verkrampfenden und entspannenden Hand angedeutet. Wenn man die Darstellung der Seelen in diesen Animationen mit den in populären Realfilmen vorkommenden Geistern vergleicht, lassen sich durch- 4. Darstellungsformen des toten Körpers im Animationsfilm 54 aus Gemeinsamkeiten feststellen. Die Geister in den zur Gegenüberstellung heran gezogenen Filmen3 teilen das Merkmal der fortwährenden Identität. Sie weisen dieselbe Gestalt auf, die sie schon vor Eintritt des Todes hatten. Was sich geändert hat, ist ihre Konsistenz bzw. die Kompaktheit des Körpers, sofern es der Geschichte dienlich ist. Die Seele wird also im Realfilm ebenso wie im Animationsfilm als Abbild des Körpers, von dem sie abstammt, dargestellt. Im Animationsfilm ist diese Nachahmung durch die Modifikation zu einer blau-transparenten Variante dabei deutlicher von dem Original zu unterscheiden. Eine Darstellung der Seele in der Erscheinung als „normaler Körper“, wie dies im Realfilm häufig der Fall ist, konnte im Animationsfilm nicht gefunden werden. Eine solche Visualisierung wird zum einen aufgrund der leichteren Umsetzung gewählt, kann aber auch mit dem Ziel den Zuseher zu täuschen eingesetzt werden, wie etwa in The Sixth Sense. Die unkomplizierte Möglichkeit die Seele als transparente Erscheinung darzustellen wird im Animationsfilm genutzt, im Falle einer gewünschten Täuschung des Betrachters würde aber wohl ebenso auf die ursprüngliche Gestalt zurück gegriffen werden. 4.5 Das transi -Motiv In diesem Abschnitt soll das Vorkommen des verwesten Körpers in der Animation betrachtet werden. Das transi-Motiv wurde das erste Mal in der bildenden Kunst des Spätmittelalters als Abbildungsmotiv entdeckt und ist heute im Realfilm vor allem in Krimiserien ein beliebtes Darstellungsobjekt. In Serien wie CSI Las Vegas werden regelmäßig verweste Leichen gefunden, an denen sich die komplizierten forensischen Untersuchungen noch schwieriger gestalten. Sie können neben dem Statistendasein jedoch auch einen aktiveren Part im Film einnehmen. Während in Plastiken und Bildern nur ein Zustand des verwesten Körpers festgehalten werden kann, besteht im Film durch den Zusatz von Bewegung und Zeit die Möglichkeit den Ablauf der Verwesung zu zeigen. So beispielsweise in dem Film Indiana Jones: Der letzte Kreuzzug (USA, Steven Spielberg, 1989). Darin gibt es eine Szene, in der eine Figur einen Schluck aus dem falschen „Kelch des Lebens“ nimmt. Daraufhin altert der Herr mittleren Alter unglaublich schnell, wird in wenigen Augenblicken zu einem Greis, bis schließlich das Fleisch von den Knochen schwindet und er zu Staub zerfällt. Nun wird nun eine Animation untersucht, in der ebenfalls im zeitlichen Ablauf der Verfall des Körpers stattfindet. Bei dem Beispiel handelt es sich um den Kurzfilm The Meaning of Life (USA, 2005) von Don Hertzfeldt. Darin schwebt zu Beginn des Films ein scheinbar totes Strichmännchen ver3 Als Beispiele wurden Filme mit Geistern aus verschiedenen Sparten gewählt: Ghost – Nachricht von Sam (USA, Jerry Zucker, 1990), The Sixth Sense (USA, M. Night Shyamalan, 1999), 13 Geister (USA, Steve Beck, 2001). 4. Darstellungsformen des toten Körpers im Animationsfilm 55 tikal durchs Bild. Der Tod ist zunächst nur durch die Körperhaltung zu vermuten, wird jedoch schnell klar ersichtlich, wenn das Strichmännchen zu verwesen beginnt und während des langsamen Fallens eine Veränderung an dem Körper bemerkbar ist. Er zerfällt von einer fülligen Figur – soweit ein Strichmännchen als füllig bezeichnet werden kann – zu einem Skelett, bis er sich schließlich zu einem Hauch von Nichts kringelt, das an vertrocknete Äste erinnert. Das Verwesen wird, den stilistischen Gegebenheiten und Möglichkeiten entsprechend, durch einen immer schmäler erscheinenden Torso dargestellt, dessen zuvor glatte Oberfläche – in Form eines geraden Striches – nun uneben bzw. wellenförmig wird. Die farblichen Veränderungen im Verfallsprozess, wie man sie etwa bei dem Gemälde von Hans Hohlbein d. J. sieht, werden hier durch eine immer höhere Strichdichte dargestellt, wodurch der Körper schattierter und damit dunkler erscheint. Während dieses Prozesses treten langsam die Augenhöhlen des Schädels hervor und die Haut spannt sich scheinbar um die Knochen. Es ist dies die einzige Andeutung auf das Vorhandensein eines Skeletts. Der Körper ist schließlich nicht viel breiter als die Striche der Gliedmaßen, die langsam beginnen sich wie ein vertrocknetes Blatt einzurollen (s. Abb. 4.4). Es ist dies eine humoristische Darstellung des Verwesungsvorganges, die man so wohl nicht in der Wirklichkeit finden würde. In The Meaning of Life wurden die Verfallsprozesse aus der Natur als Vorlage genommen und in einer kreativen Weise so umgesetzt, dass sie trotz der abstrakten Wiedergabe einwandfrei als solche interpretiert werden können. Dieses Beispiel eines verwesenden Strichmännchens zeigt einen deutlichen Unterschied zwischen den Möglichkeiten in der Umsetzung des Verfallsprozesses eines Charakters zwischen Animations- und Realfilm. Selbst wenn eine vergleichbare Form im Realfilm möglich ist – und mit den heutigen visuellen Effekten ist dies der Fall – wird man eine solche Darstellung dort nicht finden, da die Visualisierung eines verwesenden Leichnams im Realfilm auf die größtmögliche Realitätsnähe ausgelegt ist. Dies sieht man in den vielen Darstellungen von verwesten Körpern in Krimiserien ebenso, wie in dem Beispiel aus Indiana Jones. In The Meaning of Life wurde der Vorgang des Verwesens eines Menschen in der Realität mit den Merkmalen einer verwelkenden Pflanze kombiniert. Der unschöne Anblick von verfallendem Fleisch verschwindet mit der abstrakten Darstellung. Ein interessantes Beispiel eines verwesenden Körpers findet sich in dem dreißig Sekunden langen Stop-Motion-Film Flora (USA, Jan Svankmajer, 1989). In diesem Film hat Jan Svankmajer den Verwesungsprozess des Menschen in einer beschleunigten Darstellung mit Lebensmittel visualisiert. Der Film zeigt eine auf dem Bett liegende Frau, die hauptsächlich aus Obst, Gemüse und Fleisch besteht und deren Hände und Füße an das Bettgestellt gefesselt sind. Die Frau ist dabei noch lebendig und beobachtet mit entsetzten Augen die Veränderungen an ihrem Körper. Sie sieht sich ihrer eigenen Verwesung hilflos ausgesetzt und schafft es nicht sich zu befreien. 4. Darstellungsformen des toten Körpers im Animationsfilm 56 Abbildung 4.4: Die Darstellung der Verwesung eines Strichmännchens in der Animation The Meaning of Life von Don Hertzfeldt. Der Verwesungsprozess wird durch das Verrotten und Zersetzen der Lebensmittel nachgestellt. Dabei verfaulen Tomaten und kehren ihr Inneres nach außen, Salat verwelkt und Maden wühlen sich durch die als Kraut und Karfiol dargestellten Eingeweide. Der Verfall des Gemüsekörpers wird von übertriebenen Geräuschen des Zersetzungsvorganges begleitet und im Hintergrund hört man eine Sirene, welche die Gefahr der Situation und den nahenden Tod erahnen lässt. Das, im Film als rettend dargestellte, Wasserglas auf dem Nachtkästchen ist durch die Fesseln unerreichbar. Es gibt keine wirkliche Auflösung am Ende des Film, doch durch den Schwenk von dem rapide verfaulenden Körper auf das unerreichbare Glas erscheint der Tod naheliegend. Die Materialität der veganen Zersetzung kann mit der menschlichen Vergänglichkeit assoziiert werden und imitiert eindrucksvoll das Grauen des verwesenden Körpers. Es ist eine Visualisierung des Todeskampfes einer Figur, der sadistisch anmutet, da der Frau das sehnlich Erwünschte und Benötigte verwehrt wird. Der nächste Animationsfilm, der in Hinblick auf die Verwesung der Charaktere betrachtet werden soll, ist Corpse Bride. In diesem Stop-MotionFilm gibt es aufgrund der Thematik des Films viele Varianten von vollständig oder zum Teil verwesten Körpern. Der Film handelt von dem jungen Mann Victor, der dank einer verhängnisvollen Begebenheit eine verstorbene Braut heiratet und daraufhin von ihr mit in die Unterwelt der Toten genommen wird. In der Geschichte wird anhand der Charaktere nicht eindeutig ersichtlich, ob der Grad der Verwesung mit der Dauer des Todes in Zusammenhang steht. Die Körper in Corpse Bride haben eine sehr unterschiedliche Erscheinung. Es gibt Figuren, die ihr Aussehen von den Lebzeiten behalten haben und sich von den Lebendigen vor allem in der Farbe der Haut unterscheiden. Diese ist bei den Toten blau, bei den Lebenden hingegen grau-beige, auch begründet durch die generell sehr ungesättigte Farbgebung in der Welt der Lebenden. Die Augen der Toten – sofern sie noch welche besitzen – sitzen 4. Darstellungsformen des toten Körpers im Animationsfilm 57 zumeist lose in den Augenhöhlen. Bei jenen Figuren, die scheinbar einen Verwesungsgrad weiter sind, fehlt teilweise die Haut und die Knochen kommen zum Vorschein. Die Verfall zeigt sich hier allerdings nicht kontinuierlich am ganzen Körper, sondern partiell an einigen Stellen. Gut zu beobachten ist dies an der Leichenbraut Emily. Ihr Körper ist zur Hälfte mit Haut bedeckt, in der anderen Hälfte ist das Skelett zu sehen. So sind ein Arm, ein Bein und ein Teil des zu sehenden Brustkorbes bereits völlig freigelegt. Der Fuss des knochigen Beines ist noch mit Haut überzogen, die sich oberhalb des Knöchels zusammen geschoben hat und lose um das Gelenk liegt. An den noch mit Fleisch überzogenen Stellen ist die Haut nicht eingefallen, sondern zeigt mit Ausnahme der Farbe keine Veränderungen. Ihr Gesicht ist nahezu unversehrt, nur an einer Wange ist ein Teil der Haut weggefault und die Zähne kommen zum Vorschein. Wo die Zersetzung der Haut in der Realität auch die Identität nimmt4 , bleibt sie bei Corpse Bride in den Gesichtern erhalten. Doch in diesem Film ist selbst der komplette Verlust der Haut nicht identitätsraubend. Bei den Charakteren, welche schon bis auf das Skelett verwest sind, wurden die Merkmale in den Knochen eingearbeitet. Besonders gut sieht man dies an dem ältesten Skelett in dem Film (s. Abb. 4.5). Das Knochengestell hat die Erscheinung eines alten Mannes. Der Kopf wirkt gedrungen und eingefallen, die Augenhöhlen wurden anstelle der abwesenden Haut hinunter gezogen und seine Knochen erscheinen im Vergleich mit anderen deutlich spröder und brüchiger. Die Wirkung wird natürlich enorm verstärkt durch die Animation des Greises. Beinahe jedes der in dem Film auftretenden Skelette hat besondere Merkmale, die es als Charakter einzigartig machen. Während die verwesende Leiche in Indiana Jones mit ihrer Haut auch ihre Identität verliert, werden den Skeletten in Corpse Bride durch einige Veränderungen am Knochengerüst individuelle Merkmale zugesprochen. Die partielle Verwesung des toten Körpers ist eine besondere Erscheinung, die im Realfilm nicht gefunden werden konnte. Ein Beispiel aus der bildenden Kunst ist die Grabplastik L’homme à moulons, die in Abschnitt 2.2.1 schon erwähnt wurde. Bei ihr handelt es sich ebenfalls um eine zum Teil bis auf die Knochen verweste Leiche. An dem Körper des Mannes sind einige Stellen, darunter Teile des Armes sowie der Rippen und der Wirbelsäule, freigelegt. Die Zersetzung des Fleisches geht mit dem Befall von Würmern einher, die sich über den gesamten Körper verteilen. Das Gesicht ist im Gegensatz zu den Beispielen aus Corpse Bride gleichermaßen von der Fäulnis betroffen. Die Wangen sind eingefallen, die Haut spannt sich um die Knochen und lässt diese deutlich hervortreten. Der tote Körper ist in diesem Beispiel kein angenehmer Anblick. Während die Grabplastik an die eigene Vergänglichkeit bzw. die ungustiösen Begleiterscheinungen erinnert, 4 Eindrucksvoll in den Arbeiten von Sue Fox zu sehen. 4. Darstellungsformen des toten Körpers im Animationsfilm 58 Abbildung 4.5: Die unterschiedlichen Verwesungsgrade bei den Charakteren in Corpse Bride. sind die verwesten lebenden Toten in Corpse Bride eine humorvolle Variante, die durch eine charmante Aufmachung auffallen und alle unschönen Begleiterscheinungen des Verfalls nicht thematisieren. Wenn man die Haut der Toten in Corpse Bride genauer betrachtet, zeigt sich, dass diese vom Verfall des Körpers eigentlich nicht betroffen ist. Sie hat zwar eine veränderte Farbe, weist ansonsten jedoch keine Unterschiede auf und erweckt damit nicht den Anschein als würde ihr die Verwesung etwas anhaben. Sie ist nicht eingefallen und es finden sich keine dunkleren bzw. andersfarbige Flecken darauf. Sie erscheint auch nach dem Tod füllig und straff. Der Tod wird als etwas sehr angenehmes porträtiert, dass sich als eine willkommene Veränderung zur Tristesse der Lebenden in der Oberwelt darstellt. Die für die lebendigen Figuren verbindlichen Gesetzmäßigkeiten von der Kompaktheit des Körpers gelten nicht mehr. Gliedmaßen können verloren und wieder angefügt werden, die Augen verlassen regelmäßig ihren Platz und eine Gewalteinwirkung auf den Körper fügt keinen Schaden mehr zu. In dem Cut-Out-Animationsfilm Krabat (CZ, Karel Zeman, 1977) gibt es ebenfalls eine Szene, in der ein Charakter verwest. Hier geht es bei der Darstellung der Verwesung im zeitlichen Ablauf um die Visualisierung des Sterbens des Charakters. Der böse Zauberer in Krabat verliert eine Wette, dessen Einsatz sein Leben war und muss daraufhin sterben. Der Vorgang des Verfalles dauert nur wenige Sekunden, wobei von der normalen Statur des Zauberers auf sein Skelett geblendet wird. Es kommen die Knochen an den Händen und der Schädel zum Vorschein, während das Fleisch verschwindet. Der Schädel bricht in der Mitte auseinander und die Figur sackt in sich zusammen. Die Darstellung des Verfalls beschränkt sich dabei auf den Verlauf vom Charakter zu dessen Skelett. Veränderungen wie etwa in Struktur und Farbe der Haut sind nicht zu erkennen. Die Verwandlung geht dafür zu schnell von statten und für die Narration wird es auch nicht benötigt. Der verwesende Körper wird hier nicht thematisiert, er dient vielmehr der 4. Darstellungsformen des toten Körpers im Animationsfilm 59 Veranschaulichung des Todes des bösen Zauberers. Die Darstellung der Verwesung des Körpers im Animationsfilm, verglichen mit Beispielen aus bildender Kunst und Realfilm, lässt einige Differenzen erkennen. In der Animation wird freier mit der Umsetzung des Verfallsprozesses umgegangen. Die aus der Natur bekannten Erscheinungen werden aufgegriffen und je nach Stil des Animationsfilms angepasst oder verändert. Dabei können auch sehr skurrile Erscheinungen entstehen, wie etwa die Darstellung des gekringelten Strichmännchens in Rejected. In den Animationsbeispielen zeigte sich, dass die Verwesung dort nicht einem Realitätsanspruch unterworfen ist. Sie kann jene Verwesungsmerkmale aufgreifen, die für die Narration bzw. für die Gestalt der Charaktere nützlich sind und auf andere einfach verzichten. 4.6 Das Tote am Toten In diesem Abschnitt soll die Visualisierung des Toten am Toten im Animationsfilm betrachtet werden. Es wird anhand von Beispielen untersucht, welche Parallelen zur Darstellung in der bildenden Kunst und im Realfilm bestehen und welche Differenzen sich ergeben. Weiters soll der Blick darauf gerichtet werden, welche Besonderheiten in der Visualisierung des Toten am Toten im Animationsfilm vorkommen. Dazu sollen die in Abschnitt 2.3.3 erarbeiteten Merkmale des Todes in diese Untersuchung einfließen. Zunächst soll der Blick auf den toten Körper gerichtet werden, der durch seine äußere Erscheinung nicht klar als Leiche zu erkennen ist. Dabei werden zwei zuvor schon unter einem anderen Blickpunkt behandelte Beispiele verwendet. Zum einen der Leichnam von Mufasa in The Lion King und zum anderen, als abstrakteres Beispiel, der tote Körper des Strichmännchens in The Meaning of Life. Das Sterben von König Mufasa ist, wie vorher schon beschrieben, äußerst gewaltvoll, sein Körper weist jedoch trotz allem keine deutlich sichtbaren Verletzungen auf. Der Tod wird nur aus der Situation erkenntlich. Eines der Merkmale des toten Körpers im Realfilm ist die absolute Reglosigkeit. Zu dem Tod gehört auch das Aussetzen der Atmung. Die sich hebende und senkende Brust ist ein sicheres Zeichen für Leben, während der Stillstand nur den Tod bedeuten kann. Wenn man diese Beobachtung auf den Animationsfilm umzulegen versucht, wird ein erster Unterschied in der Darstellung des Toten am Toten ersichtlich. Die animierten Charaktere in The Lion King sind – nach den Prinzipien von Walt Disney – möglichst realistisch gestaltet und auch bewegt. Auf die Atmung der Figuren wurde dabei allerdings kein besonderer Wert gelegt. Eine erkennbare Bewegung des Oberkörpers beim Luftholen wird nur dargestellt, wenn es sich etwa um eine besondere Anstrengung handelt. Daher kann von dem Ausbleiben der Atmung bei der Darstellung des regungslos liegenden Mufasas nicht auf dessen Tod geschlossen werden. Als 4. Darstellungsformen des toten Körpers im Animationsfilm 60 einziges Anzeichen auf den Tod bleiben damit die fehlende Ansprechbarkeit und die Körpersprache des Löwen. Mufasa wird von Simba des öfteren angestoßen und angesprochen, zeigt drauf jedoch keine Reaktion. Zudem wird seine Pfote durch Simba hochgehoben und fällt sogleich wieder leblos zu Boden. Diese aus der Natur entlehnten Merkmale findet man auch im Realfilm, es handelt sich dabei aber um sehr ungewisse Zeichen, die nur für Vermutungen ausreichen können. In Mufasas Fall könnte die Reglosigkeit beispielsweise auch eine Bewusstlosigkeit darstellen. Daher ist das zuverlässigste Indiz die Situation, in welcher der tote Körper vorkommt und die Handlung des Films. Die absolute Reglosigkeit des toten Körpers im Realfilm ist auch für die Betrachtung des Beispiels The Meaning of Life interessant. Die Strichmännchen von Don Hertzfeldt sind in den Animationen nicht in ständiger Bewegung, sondern halten oft auch für längere Zeit still. Zudem erkennt man in der abstrakten Darstellung der Figuren, wie in The Lion King, keine normalen Atmungsbewegungen. Wenn man weder von der Bewegung des Körper noch von einer vorhandenen Atmung auf die Lebendigkeit eines Charakters schließen kann, fällt der nächste Blick auf das Gesicht der Figur. Im Realfilm lässt sich das Leben etwa auch an den zwinkernden Augen erkennen. Wenn man jedoch den Strichmännchen in dem Beispiel aus Rejected ins Gesicht blickt, kann man als Augen nur zwei schwarze Punkte feststellen, die sich zu Lebzeiten nicht verändern. Der Tod ist also vom Verhalten und der Darstellung des Strichmännchens sehr schwer zu erkennen. In Rejected wird der Tod daher zum einen durch den weiteren Ablauf der Handlung ersichtlich, zum anderen erkennt man ihn durch das Austauschen der Kugelaugen mit Kreuzen. Der Körper fällt nachdem ihm der Bauch aufgerissen und er mit seinem Bauchdeckel geschlagen wurde, wie ein Sack zu Boden. Vor dem Fallen wird der Eintritt des Todes durch die zu Kreuzen vertauschten Augen visualisiert. Diese Umsetzung ist hier die einzige Weise die toten eindeutig von den lebenden Augen zu unterscheiden. Neben Rejected konnte diese Darstellung auch in dem Stop-MotionFilm Mary & Max entdeckt werden. Dort stirbt regelmäßig der Goldfisch, den sich Max hält und wird durch einen neuen ersetzt. Der Tod der Fische wird dabei jeweils auf die gleiche Weise ersichtlich. Der Fisch treibt reglos in seinem Wasserglas und ist zur Seite oder mit dem Bauch nach oben gedreht, wie man es aus der Natur kennt. Zu dieser Darstellung des toten Fisches, die eigentlich schon eindeutig ist, wird der Tod über die Augen gezeigt (s. Abb. 4.6 (a)). Anstelle der vorher vorhanden Punkte für die Pupillen des Fisches sind nun Kreuze getreten. Das Leben wurde durch die grafische Darstellung einfach aber unmissverständlich ausgestrichen. Diese Illustration des Todes erscheint in Mary & Max keineswegs seltsam oder fehl am Platz, wohingegen sie im Realfilm nicht vorstellbar ist. Die Szenen in denen der Tod des jeweiligen Fisches vorkommt, sind nicht traurig. Sie erscheinen zwar sentimental, was vor allem durch den Erzähler hervorgerufen wird, der Fisch wird 4. Darstellungsformen des toten Körpers im Animationsfilm (a) 61 (b) Abbildung 4.6: Eindeutig tot: die Charaktere in Mary & Max (a) und The Backwater Gospel (b). jedoch schnell ersetzt und die Entsorgung des alten Fisches über die Toilette regt zum Schmunzeln an. Kreuze als Augen können nicht beliebig eingesetzt werden, es muss zu der Stimmung und der Situation passen. So wäre diese Art der Darstellung etwa bei dem toten Körper von Max am Ende des Films ungeeignet, da sie die Atmosphäre des Moments zerstören würde. Die beiden Szenen in Rejected und Mary & Max sind grundverschieden, haben jedoch gemein, dass es sich in beiden Fällen um einen humorvollen Tod handelt. In diesen Beispielen wird der Tod mittels der Kreuze anstelle von Augen oder Pupillen verdeutlicht, er wäre durch die Handlung aber auch ohne dies zu erkennen. Eine weitere Darstellung von Kreuzen in den Augen findet sich in dem Kurzfilm The Backwater Gospel. Darin wird nicht allein der Tod sondern auch das Sterben mit Hilfe von Kreuz-Augen dargestellt. Dem Charakter wird, in der in Abb. 4.6 (b) dargestellten Szene, der Kopf in zwei Teile gerissen. Während des damit verbundenen Sterbens werden die zuvor dämonisch weiß-leuchtenden Augen nacheinander durch Kreuze ersetzt. Diesen Animationsfilm kann man mit seinen äußerst brutalen Szenen, in denen sich der gewaltvolle Tod durch eine grotesk übertriebene Zerstörung der Charaktere darstellt, den Filmen mit Fun-Splatterästhetik zuordnen. Selbes gilt für das Beispiel aus Rejected. Das Tote am Toten kann sich im Animationsfilm also zum einen durch die selben Merkmale wie im Realfilm bzw. in der Realität zeigen, zum anderen jedoch auch sehr verschiedene Auswirkungen aufweisen. Unbewegte hängende Gliedmaßen, ein nach hinten fallender Kopf sind etwa erste Anzeichen für den toten Körper. Es muss jedoch in jedem Fall die Umwelt betrachtet werden. Wenn der Charakter in einer Welt lebt, deren Gesetzmäßigkeiten nicht mit jenen der Realität vergleichbar sind, so kann auch das Tote am Toten unter Umständen nicht vergleichbar sein. Dabei sei noch einmal auf die Problematik des Ablesens des Todes am Gesicht verwiesen. Wenn der Charakter Max beispielsweise mit halb geöffneten Augen Richtung Decke blickt und seine Augenlieder sich nicht bewegen, dann ist das hier ein Zeichen für seinen Tod. Wenn es diese Grundbewegungen in einem Film nicht gibt – wie es bei 4. Darstellungsformen des toten Körpers im Animationsfilm 62 vielen abstrakten Darstellungen der Fall ist – dann fällt diese Möglichkeit, den Tod zu erkennen, weg. Dies kann man in weiterer Folge auch auf andere Charakteristika umlegen. Wenn es beispielsweise einem Charakter inhärent ist, seinen Kopf zu kreisen und aus der Handlung hervorgeht, dass dies zu den normalen Körperfunktionen gehört, dann würde das Stoppen der Kreisbewegung ebenso auf den Tod deuten. Um das Tote am Toten zu erkennen, muss man also die Welt und die Gesetzmäßigkeiten, die in ihr herrschen mit einbeziehen. Nachdem bisher das Augenmerk auf die Körperfunktionen und die Merkmale des Todes, die sich im Gesicht abzeichnen, gelegt wurden, soll nun ein Blick auf die farblichen Veränderungen geworfen werde, die mit dem Tod einher gehen können. Dazu zählt vor allem die Änderung der Hautfarbe. Die nach dem Tod verstrichene Zeit lässt sich in der Realität gut an der äußeren Erscheinung der Haut ablesen und wird auch in Krimiserien gerne thematisiert. So bestimmen beispielsweise die Forensiker im Obduktionssaal von CSI anhand von farblichen Nuancen und Flecken am Leichnam den Zeitpunkt des Todes. Ein Animationsfilm, der im Bezug drauf interessant erscheint, ist Corpse Bride. Darin gibt es zahlreiche Merkmale um die toten von den lebenden Charakteren zu unterscheiden, wozu auch die Darstellung der Haut zählt. Die lebenden Figuren in diesem Film sind, sowie die gesamte Welt der Lebenden, mit einer sehr geringen Farbsättigung dargestellt. Die Figuren erscheinen schon leichenblass wenn sie noch am Leben sind. Im Gegensatz zu der tristen Erscheinung auf der Erde, spielen sich die Geschichten unter der Erde in den kräftigsten Farben ab. Die Toten sind ganz offensichtlich als solche zu erkennen. Sie erscheinen mit einer verwesten Gestalt, an den Körpern fehlen Teile oder das gesamte Fleisch, so dass nur mehr die Knochen übrig geblieben sind. Bei jenen Gestalten die sich noch durch eine halbwegs intakte Haut auszeichnen, ist diese blau gefärbt. Die Augen, sofern vorhanden, sind gelblich getönt und sitzen oft lose in den Augenhöhlen. Sehr deutlich zeigt sich der Kontrast zwischen einem lebenden und einem toten Körper in der Szene, in der Lord Barkis unwissentlich von einem tödlichen Gift trinkt und stirbt. Er trinkt aus dem Kelch mit der roten Flüssigkeit, geht einige Schritte und fängt an sich zu verkrampfen. Während des Sterbens ist sein Körper dem Publikum abgewandt, man sieht nur seine gekrümmte Gestalt. Nach wenigen Augenblicken hören die Krampfanfälle auf und als sich Lord Barkis darauf erschrocken umdreht, sieht man eine deutliche Veränderung in seinem Gesicht (s. Abb. 4.7). Der zuvor mit einer noblen Blässe ausgestattete Barkis hat von einem Moment auf den anderen seine Hautfarbe gewechselt. Sein Gesicht ist nun blau verfärbt, seine Augen erscheinen in gelber Farbe. Da die Toten in diesem Film nicht leblos sind, sondern sich sehr lebendig verhalten, fällt auch Lord Barkis nach seinem Tod nicht regungslos in sich zusammen. Der Kontrast zwischen dem lebendigen und dem toten 4. Darstellungsformen des toten Körpers im Animationsfilm (a) 63 (b) Abbildung 4.7: Die Farbveränderung als eindeutiges Zeichen des Todes in Corpse Bride. Der lebendige (a) und der durch das tödliche Gift verstorbene Lord Barkis (b). Lord Barkis wird daher allein durch die Umfärbung des Körpers dargestellt. Die Veränderungen an der Haut, die in der Realität erst im Lauf der Zeit am toten Körper erkennbar sind, werden hier sowohl für bereits länger verstorbene Charaktere als auch für den soeben eingetretenen Tod als geschickter Kontrast eingesetzt. Die toten Körper unterscheiden sich in Corpse Bride allein durch ihr Äußeres. Andere Anzeichen des Toten am Toten, wie sie in Abschnitt 2.3.3 behandelt wurden, lassen sich nicht ausfindig machen. Sie haben weder eine fehlende Körperspannung noch starre Augen, sondern sind eigentlich sogar beweglicher und lebendiger als die lebenden Charaktere. Eine vergleichbare Darstellung des Farbwechsels findet man im Realfilm beispielsweise bei Zombiefilmen. So wird die Verwandlung vom lebenden in den untoten Körper in Dawn of the Dead auch durch die Veränderung der normalen Hautfarbe in eine blau-graue Tönung dargestellt. Hier wird allerdings nicht der Eintritt des Todes sondern die Verwandlung in einen Untoten durch den Farbwechsel abgeschlossen. Zudem ist ein gravierender Unterschied, dass die toten Charaktere in Corpse Bride wirklich tot sind, die untoten Zombies jedoch eher eine Zwischenstufe darstellen. Sie können letztendlich mit der Zerstörung des Gehirns in den richtigen Tod übertreten. Bei der Untersuchung dieser Animationsfilme zeigte sich, dass sich durchaus die selben Merkmale des Todes finden lassen, wie sie in der bildenden Kunst und im Realfilm dargestellt werden, deren Charakteristika ursprünglich aus der Realität entnommen wurden. Im Animationsfilm behalten diese Anzeichen jedoch nicht zwangsläufig ihre Gültigkeit. Es muss die fiktive Welt in welche die Charaktere gesetzt werden, sowie deren Gesetzmäßigkeiten und Besonderheiten berücksichtigt werden. Die aus der Natur entlehnten Zeichen des toten Körpers werden in den Animationen teils in gleicher Weise verwendet, teils auch für eine effektvolle Darstellung modifiziert, wie sich an 4. Darstellungsformen des toten Körpers im Animationsfilm 64 dem Beispiel der Farbänderung in Corpse Bride zeigte. Zudem gibt es im Animationsfilm, wie sich im Falle der Kreuzaugen erkennen ließ, auch Möglichkeiten den Tod eines Charakters auf eine besondere Weise ersichtlich zu machen. Kapitel 5 Schlussbemerkungen Grundsätzlich kann erhoben werden, dass die Visualisierung des toten Körpers im Animationsfilm auf vielfältige Art und Weise stattfindet. Es werden großteils die Darstellungen aus der realen Welt übernommen und für die Umsetzung in der animierten Welt adaptiert und modifiziert. Bei der Untersuchung der Todesthematik im Animationsfilm wurde deutlich, dass große Unterschiede zwischen dem animierten Spielfilm und Kurzfilm liegen. Während der Tod im Spielfilm meist in eine dramatische Handlung verpackt ist, wird im animierten Kurzfilm wesentlich freier mit diesem Sujet umgegangen. Bei dem Tod und dem toten Körper im Spielfilm gibt es wiederum sehr divergente Darstellungen, je nachdem für welche Zielgruppe der Film vorgesehen ist. In animierten Kinderfilmen lässt sich vor allem die Inszenierung des indirekten Todes als wesentliche, wiederkehrende Darstellung erkennen. Die These, dass der tote Körper sehr selten gezeigt und thematisiert wird ließ sich durch die betriebenen Analysen bestätigen. Sofern der tote Körper im animierten Kinderfilm gezeigt wird, geschieht dies auf äußerst sensible Art und Weise. Meistens umfasst dies, den in Abschnitt 4.2 näher erläuterten schönen Tod als Ausdrucksweise, wie etwa in dem Beispiel aus The Lion King. Die nicht jugendfreien Spielfilme hingegen zeigen den Tod und den toten Körper direkter und verfolgen dabei oft eine sehr realistische Umsetzung, beispielsweise zu sehen in dem Film Unten am Fluss. Die Auseinandersetzung mit der Körperhülle und dem Körperinneren fand sich nur in Filmen mit Altersbeschränkung und wurde in Kinderfilmen nicht behandelt. Die, sich in der Animation anbietenden, außergewöhnlichen Möglichkeiten einer Todesinszenierung wurden in den erörterten Spielfilmen meist nicht ausgeschöpft, sondern eine realitätsnahe Darstellung verfolgt. In animierten Kurzfilmen wird die Darstellung des Todes und des toten Körpers sehr viel freier und fantasievoller gehandhabt. Während er in den frühen Animationen noch relativ selten vorkam, wird er heute in zahlreichen Kurzgeschichten thematisiert. Die Visualisierung des Todes zeigt sich in den untersuchten Beispielen häufig auf humorvolle Weise in skurrilen oder absur- 65 5. Schlussbemerkungen 66 den Geschichten, doch es wird auch eine kritische Auseinandersetzung mit der Todesthematik aufgegriffen, wie sie etwa in The External World zu finden ist. Bei der Darstellung des toten Körpers kommt es auf die Gesetzmäßigkeiten der fiktiven Welt und den Stil der Animation an, welche Visualisierungen des Todes verwendet werden und wie sehr sie sich an den aus der Natur bekannten Formen orientieren. Besonders bei abstrakten Animationen werden andere, neue Wege gefunden um den Tod einer Figur ersichtlich zu machen. Die Anzeichen des Todes aus der Realität behalten oft ihre Gültigkeit, werden aber auch auf sehr verschiedene Weise eingesetzt, zu sehen unter anderem an dem Beispiel der Verwesung in Rejected. Es werden im Animationsfilm, gemäß meiner anfangs erstellten Hypothese, Visualisierungen des Todes verwendet, die im Realfilm nicht vorstellbar sind oder eine gänzlich andere Wirkung erzielen würden. Die Beispiele des offenen und geteilten Körpers haben deutlich gemacht, dass die Inszenierung des offenen Körpers im Animationsfilm nicht dieselben Ziele verfolgt, wie dies im Realfilm der Fall ist. Der offene Körper wird zumeist auf unterhaltsame Weise eingesetzt. Die Splatterästhetik ruft dabei aufgrund der abstrakten Darstellung nicht die Gefühle hervor, die etwa beim Spielfilm evoziert werden. Wo der tote Körper im Realfilm Schrecken und Grauen hervorruft, kann eine ähnliche Darstellung im Animationsfilm so eingesetzt werden, dass der Fokus nicht allein auf dem toten Körper liegt. Die Annahme, dass in der Animation die Möglichkeit besteht, den Tod und den toten Körper vielfältiger darzustellen hat sich bestätigt, es wurde jedoch auch deutlich, dass sich bei der Visualisierung fast ausschließlich an der Realität orientiert wird. Anhang A Inhalt der CD-ROM File System: Joliet Mode: Single-Session (CD-ROM) A.1 PDF-Diplomarbeit Pfad: / Diplomarbeit.pdf . . . . A.2 Diplomarbeit Online-Ressourcen Pfad: /onlinequellen/ About_Vaudeville_PBS.pdf http://www.pbs.org/wnet/americanmasters/ episodes/vaudeville/about-vaudeville/721/ Bundespruefstelle_Gewaltdarstellungen.pdf http://www.bundespruefstelle.de/bpjm/ Jugendmedienschutz/Indizierungsverfahren/ spruchpraxis,did=32992.html JohnGerrard_Artinfo.pdf http://www.artinfo.com/news/story/26093/ john-gerrard/ JohnGerrard_SlowDeath2003.pdf http://www.aec.at/bilderclient_ detail_de.php?id=24294&iAreaID=63 KennyMcCormick_SouthPark.pdf http://www.southparkstudios.com/ guide/characters/kenny-mccormick Metalepse_FU_Berlin.pdf http://www.geisteswissenschaften.fu-berlin. de/v/littheo/glossar/eintraege/metalepse.html 67 A. Inhalt der CD-ROM 68 Rules_Approved_for_83rd_Acadamy_Awards.pdf http://www.oscars. org/press/pressreleases/2010/20100708.html Vierte_Wand_bender.pdf http://www.bender-verlag.de/lexikon/lexikon. php?begriff=Vierte+Wand Ikonografie_Folterbilder.pdf http://www.3sat.de/SCRIPTS/print.php? url=/kulturzeit/themen/68217/index.html Literaturverzeichnis [1] Ariès, P.: Geschichte des Todes. Carl Hansen Verlag, München Wien, 1980. [2] Ariès, P.: Bilder zur Geschichte des Todes. Carl Hansen Verlag, München Wien, 1984. [3] Arnheim, R.: Der Tod im Film. In: Arnheim, R. (Hrsg.): Die Seele in der Silberschicht, S. 122–124. Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main, 2004. [4] Bartels, M.: Totentänze – kunsthistorische Betrachtung. In: Jansen, H. H. (Hrsg.): Der Tod in Dichtung, Philosophie und Kunst, S. 105–120. Steinkopff Verlag, Darmstadt, 1989. [5] Belting, H. und T. Macho: Die neue Sichtbarkeit des Todes. In: Macho, T. und K. Marek (Hrsg.): Die neue Sichtbarkeit des Todes, S. 235– 261. 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Steinkopff Verlag, Darmstadt, 1989. Messbox zur Druckkontrolle — Druckgröße kontrollieren! — Breite = 100 mm Höhe = 50 mm — Diese Seite nach dem Druck entfernen! — 72