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Feuerwehr Weblog:
Interview mit Timo Czech und Christian Pannier, Lion Apparel Deutschland GmbH
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Feuerwehr Weblog, März 2006
Feuerwehr-weblog.de, ref.no.:11
Interview mit Timo Czech und Christian Pannier, Lion Apparel Deutschland GmbH
Herr Czech, Herr Pannier, möchten Sie Lion Apparel in ein Paar Sätzen beschreiben?
Lion Apparel fertigt seit mehr als 100 Jahren Sicherheitsbekleidung, und ist im Bereich der
Feuerwehr-Schutzbekleidung weltweit Marktführer. Wir sind mit insgesamt ca. 1.000 Mitarbeitern
über den Globus verteilt tätig. Das Stammhaus befindet in Dayton im Bundesstaat Ohio / USA, hier in
Zwenkau sind wir für den deutschen Markt zuständig, außerdem befindet sich hier auch Lion Apparels
Logistikzentrale für Europa. Wir fertigen sowohl hier als auch in Polen hochwertige Bekleidung für
den Militärbereich, die Polizei und Justiz sowie natürlich für die Feuerwehren.
Wir sind seit 1998 am deutschen Markt. 1999 beteiligten wir uns mehrheitlich an der Sächsischen
Schutzkleidung inZwenkau, und verlagerten im Zuge dessen unsere Zentrale hierhin.
Lion Apparel steht für Qualität und Innovation, und ist in diesem Markt somit eher am oberen Ende
der Skala angesiedelt. Der Erfolg gibt uns Recht, in einem stagnierenden Markt entwickeln wir uns
positiv.
Können Sie den deutschen Markt für Schutzbekleidung im Feuerwehrwesen
beschreiben?
Der deutsche Markt ist weltweit der größte, das ist auch der Grund warum wir hier die europäische
Logistikzentrale aufgebaut haben. Dabei ist das Massengeschäft eher schwierig. Man muss deutlich
zwischen der typischen Freiwilligen Feuerwehr und einer Berufsfeuerwehr unterscheiden.
Bei einer Berufsfeuerwehr verhandeln Sie normalerweise mit einem einzigen, entscheidungsbefugten
Mitarbeiter, der gleich hunderte Bekleidungseinheiten einkauft. Bei einer Freiwilligen Feuerwehr
müssen Sie unter Umständen einem ganzen Komitee ganze zwanzig Jacken verkaufen. Dies mag ein
extremes Beispiel sein, verdeutlicht jedoch die Problematik. Der Vertriebsaufwand ist ungleich höher,
insbesondere wenn Ihr potenzieller Kunde nur persönlich und spät abends erreichbar ist.
Dies ist auch der Grund, warum wir bislang eher bei Berufs- und Werksfeuerwehren vertreten sind.
Wir wollen zukünftig aber auch verstärkt Kunden im Bereich der Freiwilligen Feuerwehren gewinnen.
Gibt es im deutschen Markt Besonderheiten?
Oh ja! Man denke nur an die Normen für die Schutzkleidung. Die Basis, wenn man so will, bildet die
EU-Norm EN469, eine Anforderungsnorm. In Deutschland gibt es dazu noch die HuPF [Herstellungsund Prüfungsbeschreibung für eine universelle Feuerwehrschutzkleidung, Red.], eine Anforderungsund Ausführungsnorm. Inzwischen haben elf Bundesländer eine Regelung eingeführt, nach der die
Bekleidung zwingend der HuPF zu entsprechen hat.
Einfach ausgedrückt: Die EN469 gibt einen Rahmen mit Mindestanforderungen vor, während die
HuPF extrem genaue Vorgaben macht. Ein Beispiel: Nach EN469 müssen Jacken entsprechend den
Anforderungen des Anwenders mit retroreflektierendem Material versehen sein, wieviel
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Reflexmaterial man wie anordnet bleibt dem Anwender bzw. Hersteller vorbehalten. Im Gegensatz
hierzu schreibt die HuPF z.B. vor, dass die Reflexstreifen am Rücken vertikal angeordnet sein müssen,
die unteren horizontalen Reflexstreifen genau 2 cm oberhalb des Saums zu liegen haben und dass ein
Abstand von 1,5 – 2,0cm zwischen den horizontalen Streifen bestehen muss. Wenn Sie – aus welchen
Gründen auch immer – Ihre Reflexstreifen 3 cm oberhalb des Saumes wollen und mit 5 cm Abstand
zueinander, dann ist es nicht mehr HuPF. Solche Einschränkungen haben Sie bei der EN 469 nicht.
„Gut sichtbar“ hat übrigens im Innenangriff eine andere Bedeutung als in der technischen Hilfe. Klar,
wenn ich eine Strasse absperre, muss ich gut sichtbar sein. Bei Überjacken für den Innenangriff
könnte man einiges an Reflexion wegsparen, was wiederum die Beschaffungskosten senken würde. So
verursachen alleine die Reflexstreifen bei einer HuPF1-Einsatzjacke ca. 11% der Kosten, mehr als z.B.
die Konfektion.
Die HuPF wurde schon im Jahre 1999 eingeführt, inzwischen ist die Entwicklung jedoch weiter
fortgeschritten. Sie können aber als Hersteller diesen Fortschritt wegen der detaillierten Vorgaben der
HuPF nicht oder nur sehr begrenzt einführen. Je detaillierter und restriktiver eine Normvorgabe,
desto innovationshemmender ist sie. Weil nun aber Innovationen nicht möglich sind, stellen alle ein
identisches Produkt her.Letztendlich bedeutet dies, dass Beschaffungsentscheidungen nach HuPF fast
ausschließlich nach dem Preis getroffen werden. Sehen Sie, das ist wie mit Schrauben: Wenn Sie eine
Sechskantschraube M14 brauchen, dann ist die bei jedem Hersteller völlig identisch. Was kaufen Sie
also? Die billigste. Was machen die Hersteller nun um Kosten zu senken? Sie verarbeiten billigere
Ware.
Trotz dieser Eingrenzungen sehen wir uns auf der Qualitäts- und Innovationsskala ganz weit oben
angesiedelt. Das sieht man auch an den eingesetzten Materialien: wir nutzen hochwertige Ware von
anerkannten Herstellern, auch wenn wir dadurch nicht die Wünsche eines jeden Kunden entsprechen
können. Feuchtigkeit sollte auch tatsächlich nach außen dringen, übrigens auch durch unsere
perforierten Reflexstreifen, Hitze sollte auch wirklich abgeblockt werden. Das kann man durchaus mit
günstigen Materialien erreichen, aber qualitativ hochwertige Materialien liefern im Regelfall bessere
Ergebnisse.
Die Einstellung bei den Feuerwehren ändert sich auch langsam, aber spürbar: Wurde bis jetzt eher in
Technik, also Fahrzeuge und Geräte investiert, merken die Feuerwehren verstärkt, dass
Schutzausrüstung ein genauso, wenn nicht gar ein wichtigeres Thema ist. Dies kommt uns entgegen.
Wie genau wollen Sie in diesem schwierigen Markt bestehen? Was macht Ihren Erfolg
aus?
Nun, da kommen einige Faktoren zusammen. Einerseits sind wir ja global tätig und wir beliefern auch
unterschiedliche Märkte, also neben den Feuerwehren auch das Polizeiwesen, Rettungsdienste und
das Militär.
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In allen Bereichen haben wir Großaufträge gewonnen, so zählen z.B. international zu unseren Kunden
die London Fire Brigade oder ein Teil US-Armee, wo wir bis zu 350.000 Soldaten einkleiden. In
Deutschland haben wir in jedem Sektor Kunden, die zu den größten Ihres Bereiches zählen: Die
Feuerwehr Hamburg, die Bayerische Polizei und Justiz sowie die Bundeswehr konnten wir als Kunden
für unsere Dienstleistung TotalCare gewinnen, aber auch Feuerwehren wie Berlin und Köln haben
Feuerwehrschutzbekleidung von Lion Apparel im Einsatz.
Zusätzlich weiten wir unsere Wertschöpfungskette über das Kerngeschäft aus. Da wäre z.B. die
Eigenentwicklung von Materialien. Wenn Sie bedenken, dass das Material ca. 90% der
Herstellungskosten einer Jacke nach HuPF ausmacht, ist hier einiges zu holen.
Zudem entsprechen wir dem Wunsch der Kunden, nicht zum Kern gehörende Tätigkeiten auslagern zu
wollen. Warum soll, salopp gesagt, eine Feuerwehr eine Kleiderkammer betreiben? Sie soll eigentlich
Feuer löschen und sonst das tun, wofür sie eigentlich da ist.
So bieten wir ein Produkt an, welches wir TotalCare nennen: wir übernehmen komplett das
Bekleidungswesen. Das kann soweit gehen, dass der Kunde die Kleidung nicht mal mehr kauft, er zahlt
einen Leasingbetrag, der alles beinhaltet: Kleidung, Logistik, Austausch usw. Die London Fire Brigade
– immerhin die größte Feuerwehr Europas - macht das beispielsweise schon seit einigen Jahren.
Angehörige der jeweiligen Organisation können direkt bei uns bestellen, wir liefern dann nach Hause
oder an die entsprechende Dienststelle.
Mit dem Kunden werden so genannte Service Levels ausgemacht, d.h. der Kunde erhält ein auf seine
individuellen Bedürfnisse maßgeschneidertes Paket welches nur das enthält, was er auch wirklich
braucht. Ein Angehöriger der Feuerwehr London erhält beispielsweise drei Einsatzuniformen. Treten
dort neue Mitarbeiter bei, wird die Kleidung innerhalb kürzester Zeit ausgeliefert. Die Feuerwehr muss
keine teure Lagerhaltung betreiben.
Ein anderes Beispiel: wir halten einige hundert komplette Garnituren nach HuPF im Lager vor, ein
„Notfall-Pool“. Werden beispielsweise in Hamburg oder Wuppertal bei einem Großeinsatz viele
Schutzanzüge beschädigt, können wir in kürzester Zeit einen vollwertigen Puffer bieten bis Ersatz
nachproduziert wurde. Die Einsatzfähigkeit bleibt voll erhalten.
Vielleicht noch ein Wort zum Stichwort „Trageversuch“.
So schön Werbung mit Fotos sein mag, probieren geht immer über studieren. Und so wollen wir
Feuerwehrangehörigen die Möglichkeit bieten, unsere Produkte selbst zu testen. Genauer genommen
sind das der Targa-Helm, sowie die V-Force Einsatzuniform.
Dazu bieten wir auf unserer Homepage ein Faxformular an, die Produkte können dann vier Wochen
getestet werden. Im Gegenzug müssen die Tester lediglich einen Testbericht ausfüllen.
Herr Czech, Herr Pannier, vielen Dank für dieses Interview.
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