Mehr Kulturwege statt Klettersteige
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Mehr Kulturwege statt Klettersteige
Walliser Bote Montag, 2. Mai 2011 WALLIS 3 Tourismus | Gerade das Wallis setzt oft unbesehen auf Abenteuer-Tourismus und vernachlässigt kulturelle Kleinode Mehr Kulturwege statt Klettersteige für unsere Gäste WALLIS | Das Wallis braucht mehr Kultur- und Suonenwege statt Klettersteige, Genuss statt Adrenalin-Angebote. Doch selbst wahre touristische Kleinode werden kaum vermarktet. LUZIUS THELER Ist das Wallis eigentlich nur ein Ort für Waghalsige und Abenteuergeile? Wer den Auftritt vieler und sogar hochkarätiger Kurorte anschaut, bekommt den Eindruck, dass bei uns nur Ferien machen kann, wer sich mit Lust und Vergnügen in die Leitseile von Klettersteigen einklinkt oder mit dem Bike halsbrecherische Routen abstrampelt. Grosser Aufwand – wenig Wirkung Zum Beispiel: In den vergangenen Jahren sind Klettersteige im Dutzend entstanden. Sie stellten nichts anderes als eine Nachahmung dessen dar, was in Österreich und in Norditalien als Tourenersatz mangels Hochgebirge schon eine längere Tradition hatte und darum nur für einen kleinen Teil der touristischen Klientel genutzt wurde, vergleichbar mit unseren Hochtourengängern. Und weil im Wallis alles nachgeäfft wird, was eine Region oder ein Ort neu anpreist, sind diese Abenteuerdurchstiege eine Zeit lang wie Pilze nach dem Sommerregen aus fast allen Wänden geschossen. Man hat mit grossem Aufwand eine äusserst bescheidene Wirkung erzielt: Es sind dies Angebote, die sich so zirka an 0,001 Promille der Sommergäste richten. Dazu gibt es eine einheimische «Szene», die diese ausgeschlosserten KraxlerRouten einmal macht, um dann sagen zu können, dass man auch diesen oder jenen Steig «gemacht» habe. Die Unterhaltskosten sind vergleichsweise hoch, die Risiken für die Betreiber wegen der Werkeigentümerhaftung erheblich. Kulturweg Ausserberg– Raron als Beispiel Dabei haben gerade die Gegenstücke zu diesem Adrenalinund Adventure-Tourismus bei Einheimischen wie bei Gästen einen riesigen Erfolg: ganz einfache Wanderungen entlang der alten Saumpfade, der Suonen und neuestens auch in der winterlichen Landschaft. Doch sie werden kaum vermarktet. Ein gutes Beispiel dafür ist der Kulturweg zwischen Ausserberg und Raron. Wer diesen breiten, nicht übermässig steilen und wunderbar erhaltenen Weg an einem Wochenende benutzt, kommt aus dem Staunen nicht mehr heraus: Zu Dutzenden sind sie unterwegs – einheimische Kurzwanderer, Familien, ältere Menschen – und zunehmend auch Gäste. Sie erfahren von diesen Kleinoden «vor der Haustür» fast ein wenig durch Zufall. Ein Schattenberger Winterwanderweg? Ob die Bisse de Clavau bei Sitten, ob die unter oder obere Brigeri, das Niwärch oder die Gorperi – Kulturwege und Suonenwanderungen haben sich fast ein wenig ohne Zutun der touristischen Vermarkter und Verkaufsstrategen zu einem Renner entwickelt. Wer an einem Winter- oder Vorfrühlingstag eine der Bisses in der Umgebung von Sitten begeht, trifft dort mittlerweile fast auf ebenso viele Gäste aus Crans-Montana, wie auf einheimische Naherholende. Oder das Winterwandern: Auch dieser Trend eines wenig aufwendigen, aber weiten Bevölkerungsteilen zugänglichen und angepassten Freizeitvergnügens ist vielerorts erst spät erkannt worden, weil man nur den Skisport in seinen alpinen und langläuferischen Varianten im Visier hatte. Wenn man zum Beispiel zwischen Eischoll und Bürchen nur einen Bruchteil der Mittel, die für den Bau und den Betrieb von Bahnen und Liften aufgewen- Einmalig. Der Kulturweg zwischen Raron und Ausserberg… det wurden, in einen Winterwanderweg gesteckt hätte, wäre dies mittlerweile eine Attraktion erster Güte. Sie wäre überdies kaum dem harten Verdrängungswettbewerb und dem hohen Investitionsbedarf ausgesetzt, die diesen Wintersportgebieten nun so sehr zu schaffen machen. Wer den Winterwanderweg im Goms oder auf der Riederfurka einmal begangen hat, der «vergisst» seine Skier immer öfter. Dies gehört zum Eindrücklichsten, was das Wallis zu bieten hat. nen des Wallis in überraschender Vielfalt bestehen, richtet sich an eine interessante Kundschaft: Sie hat erstens nicht nur Velospeichen und Kletterfinken im Sinn und führt zweitens sogar einen Geldsack mit. Foto WB Und vor allem: Während die Wintersportler klassischen morgen oder übermorgen schon in Sotschi oder in Sibirien oder weiss der Geier wo dem Schneegleiten frönen werden, sind die sanfteren Spielarten des Tourismus gerade älteren Menschen zugänglich, deren Anteil an der Gesellschaft wächst. Das ist erstens ein interessantes und zweitens ein wachsendes Gästesegment. Rilke statt Rekordzeiten im Sinn Der von Idealisten und auch von den öffentlichen Händen mit sorgfalt erhaltene Kulturweg von Raron nach Ausserberg stellt eine einmalige Attraktion dar und darf getrost als Beispiel dienen: Zuerst ist es die karge südhanglandschaft, die den Wanderer in ihren Bann zieht, dann das liebliche Weindorf st. German und schliesslich der Heidnischbiel mit der Burgkirche und dem alten Dorfteil Rarons mit der Felsenkirche um die Ecke. Die netto-Wanderzeit von Raron nach Ausserberg beträgt gemächlichen schritts vielleicht anderthalb stunden, umgekehrt eine stunde. Die Ausgangspunkte sind gut mit dem öffentlichen Verkehr erschlossen. Allerdings tut man gut daran, mehr Zeit einzuplanen: Für einen oder zwei kulinarische Zwischenhalte, für eine Degustation in einer der kleinen, Das ist ein wachsendes Gästesegment Die Kombination von sicheren und bequem zu begehenden Wegen, die sich in kurze Etappen aufteilen lassen, kulturellen, architektonischen und sakralen Anziehungspunkten, wie sie doch in vielen Regio- aber feinen Kellereien, für einen Moment der nachdenklichkeit in der düsteren Burgkirche, für den Augenblick der Empfindsamkeit für den einen oder anderen Vers eines Lyrikers von Weltrang, für das Verweilen auf einen guten Gedanken in der Felsenkirche. Während auf der gegenüberliegenden schattenseite die letzten Fettflecken der Kunstschneepisten daran erinnern, wie sehr man im Wallis in den letzten Jahrzehnten auf die touristisch falschen Pferde gesetzt hat, füllen sich gegen die Mittagsstunden die Gartenterrassen der Restaurants entlang des Kulturweges. Und vor den beiden Kellereien von st. German, die in unmittelbarer und freundnachbarlicher nähe ihre Produkte anbieten, degustiert eine grössere Gruppe aus dem Unterwallis – oberwalliser Weine… Waldbrand Visp | Super Puma für Wärmebildaufnahmen im Einsatz Löscharbeiten dauern noch an VISP | Heute Morgen zwischen 4.30 und 6.30 Uhr kam der Super Puma der Armee noch einmal zum Einsatz. Der Super Puma wurde benötigt, um mit dem sogenannten Flir-System Wärmebildaufnahmen vom Brandgebiet zu machen. Diese werden im Verlauf des Tages mit den bisher erstellten Wärmebildern des Eagle verglichen. Übermüdete Spezialisten abgezogen Norbert Eder vom Gemeindeführungsstab Visp merkt an, dass der Super Puma so früh fliegen musste, weil es zu dieser Uhrzeit noch kühl war, was unabdingbar für die Qualität der Wärmebilder ist. «Optisch ist vom Brand nichts mehr zu sehen. Doch der Schein trügt. Eder spricht von Hunderten unterirdischen Glutnestern: «Manche Leute denken, der Brand wäre längst gelöscht und fragen sich, was wir hier noch wollen. Dem ist definitiv nicht so.» Die Gefahr sei noch nicht gebannt. Noch kann der Führungsstab nicht sagen, wie lange die Löscharbeiten andauern werden. Das hängt stark von den Witterungsverhältnissen ab. Nach wie vor herrscht grosse Trockenheit. Gestern waren insgesamt 200 Personen im Einsatz: 60 von der Feuerwehr, 110 von der Armee, 20 Zivilschützer und 10 Spezialisten. Wenn es keine grossen Veränderungen gibt, wird dieser Bestand in den nächsten Tagen aufrechterhalten. Bei den Spezialisten handelt es sich um Bergführer und Forstwarte unter der Leitung von Meinrad Bittel, Koordinator Bergführer und Forstbetrieb, in Zusammenarbeit mit dem Flugbetrieb Wallis. «Aus Sicherheitsgründen wurden die übermüdeten Spezialisten gestern gegen Mittag abgezogen. Heute sind sie wieder im Einsatz», so Eder. Wechsel auf Zweischichtbetrieb Ab heute arbeiten die Einsatzkräfte nur noch im Zweischichtbetrieb; zuvor warens drei Schichten. Die Löscharbeiten werden bis auf Weiteres nur noch tagsüber ausgeführt. Nachts steht die Überwachung im Vordergrund. Im Verlauf des Tages sollte die Auswertung der Wärmebildaufnahmen abgeschlossen sein. Sobald die Ergebnisse vorliegen, werden die weiteren Massnahmen getroffen und die mk Bevölkerung informiert. Gefahr noch nicht gebannt. Hunderte von Glutnestern halten die Einsatzkräfte in Atem. Foto KEystonE