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AUF TEST In Borgo Panigale, dem Viertel Bolognas, in dem Ducati beheimatet ist, war man in eine Sackgasse geraten. Umstellt von der gierigen Superbike-Konkurrenz aus Asien wie Europa gleichermaßen, würde nur ein titanischer Befreiungsschlag neue Spielräume schaffen können. Ducati hat ihn gewagt und mit der fesselnden DUCATI 1199 PANIGALE den Weg in die Zukunft freigeräumt Der Motor klingt noch halbwegs vertraut, der Handlingeindruck aber hat mit alten Ducati-Gewohnheiten nichts mehr gemein. Im Bild trägt die Panigale den Zubehörauspuff von Termignoni 14 15 TEST Die gehobeneren Varianten der Panigale, S (hier im Bild) und Tricolore, tragen die Electronic Suspension von Öhlins. Unten im Bild: der Standardauspuff 16 V iele Motorräder hat die Welt schon gesehen. Doch was da im November vergangenen Jahres auf Tuchfühlung im Foyer des altehrwürdigen Teatro dal Verme in Mailand stand, hatte eine emotionale Wucht, die unmittelbar ins Innere des Betrachters drang und dort eine Saite zum Schwingen brachte, die sich durch aufgeregtes Marketinggeschnatter allein schon lange nicht mehr anregen lässt. Unverkennbar Ducati war das: zuallererst rot und mit einer Verkleidungslinie, die man Bologna-typisch nennen mochte. Und doch strahlte diese Panigale mit ihrer scharf geschnittenen Nase, ihren schmalen Schlitzaugen, ihrer dynamisch ins Zentrum gerückten Masse, ihrer scheinbaren Rahmenlosigkeit und ihrer zierlichen Biestigkeit zugleich eine Modernität von fast schmerzhafter Schärfe aus. Schon da hätte klar sein können, was die erste Testfahrt auf dem Yasmarina-Rennkurs von Abu Dhabi schließlich restlos offenbarte: Ducati hat sich neu erfunden und ist sich zugleich treu geblieben. Ein Bruch mit der Tradition von Fabio Taglionis V-Twin-Meisterwerk schien schmerzhaft und doch unausweichlich. Noch schaffte es dessen modernste Erscheinungsform, der 175 PS starke Testastretta-Motor, im Paket mit der Gitterrohr-Fahrwerksarchitektur der härtesten Konkurrenz die Stirn zu bieten. Noch im letzten Jahr fuhr Carlos Checa den Superbike-Weltmeistertitel heim nach Bologna. Doch schon nach der Markteinführung der 1098 im Jahr 2007 war klar: Konstruktiv war dieser Motor am Limit, Aufwand und Kosten weiterer Steigerungen würden ein vernünftiges Maß überschreiten. Die Messlatte für die Zukunft lag hoch. Bei 195 PS und zehn Kilogramm Gewichtsersparnis lag sie, und so war bald klar, dass man um einen kompletten Neuanfang nicht herumkommen würde. So sollte man sich von einem allzu flüchtigen Blick nicht täuschen lassen: Das hier ist keine extrem modernisierte 1198, es ist ein völlig neues Motorrad, dessen Entwicklung das Doppelte des bisherigen Entwicklungskostenrekords im Hause Ducati verschlang. Ein Verzicht auf das Ducati-Erbgut aber war undenkbar. V-Twin, 90 Grad Zylinderwinkel und die Desmodromik waren gesetzt. Leistung braucht Drehzahl, ein kurzer Hub macht sie möglich. Um aber auch satt Frischgas in die Brennräume zu bekommen, braucht es üppige Ventilquerschnitte. Und so ergaben die Berechnungen der Ingenieure ein notwendiges Bohrung/Hub-Verhältnis von 112 x 60,8 Millimetern. Mit dieser extrem überquadratischen Zylinderkonfiguration war der Name Superquadro und zugleich der extremste jemals gebaute Serien-V2 geboren. Damit war man der geforderten Leistung auf der Spur. Abgespeckt aber hatte man bis dahin konstruktiv noch kein Gramm. V-Twin-Motoren sind bauartbedingt nicht die leichtesten, und doch war die 1198 schon bisher das leichteste Krad im konkurrenzstarken Superbike-Feld. Doch um das angestrebte Ziel zu halten, halfen auch Kupplungsdeckel, Zylinderabdeckung und Ölwanne aus Magnesium, wie sie der Superquadro aufbietet, nicht entscheidend weiter. „Die Monocoque-Lösung entstand nicht aus Marketinggesichtspunkten heraus. Um zehn Kilogramm einzusparen, führte an ihr aus konstruktiver Perspektive kein Weg vorbei“, bekräftigt Claudio Domenicali, General Manager der Italiener. Der Marketing-Verdacht liegt nahe, schließlich war auch Valentino Rossi in der MotoGP mit Monocoque unterwegs, wenn auch aus Kohlefaser statt Aluminium. Dass ein sehr mäßiges Rennjahr 2011 und sein Umstieg auf ein herkömmliches Fahrwerk für 2012 diesem Argument so abrupt den Stecker ziehen würden, war zu Beginn der Entwicklung ja keineswegs absehbar. Doch die Devise „Win on Sunday, sell on Monday“ gilt schon lange nicht mehr, wie aktuell Aprilia und BMW mit ihren Superbikes auf sehr gegensätzliche Art beweisen. Da sollte Rossis Umstieg keine allzu negativen Auswirkungen auf den Panigale-Abverkauf haben, der schon vor den jetzigen Pressetests an Fahrt aufnahm. Dem Vernehmen nach sollen schon viele Verträge unterzeichnet sein. Domenicali peilt fürs Jahr weltweit 5000 bis 8000 Stück an. Vornehmlich aus Gewichtsgründen also entstand als Basis der Panigale ein integriertes Design aus AluminiumMonocoque und angeschelltem Superquadro, beide zusammen bilden das Skelett. Der Motor wird als voll belastetes Element in die Fahrwerksarchitektur integriert. Diesen Belastungen hält er mit seiner dank VakuumGussverfahren nur noch vier Millimeter dicken Gehäuse-Wandstärke problemlos stand, verstärkt werden mussten jedoch die Anschlussstellen zu Monocoque und Schwinge, fehlt dem im Motorgehäuse untergebrachten Schwingenlager doch nun die klammernde Wirkung des Gitterrohrrahmens. Mit 4,2 Kilogramm Gewicht liefert allein das Monocoque die Hälfte der eingesparten Masse, der hintere Alu-Hilfsrahmen wiegt 2,1 Kilogramm, der vordere aus Magnesium für Cockpit und Verkleidung nur 600 Gramm. Weitere Hilfe auf dem Weg zu den 188 Kilogramm vollgetankt (ohne ABS), die Ducati für die Panigale S angibt, leisteten auch die Reduzierung der Tankmasse um 1,9 auf 2,7 Kilogramm (bei gleichzeitiger Volumenvergrößerung um 1,5 auf 17 Liter) und neue, exklusiv für die Panigale produzierte und sieben Prozent leichtere Brembo-Monobloc-Zangen. Der Motor ist im Vergleich zur 1198 um sieben Grad nach hinten gekippt, was das Schwingenlager nach vorn rückt und die Verlängerung der Schwinge um volle 39 Millimeter möglich macht. Das reduziert nicht nur die Störwirkung der Lastwechsel durch den Kettenzug, es verändert auch die Balance zugunsten der Front. War die Verteilung bei der 1198 noch fifty-fifty, beträgt das Verhältnis jetzt 52 zu 48 Prozent. Troy Bayliss, dreifacher Superbike-Weltmeister, Ducati-Berater und vor Ort in Abu Dhabi Ideallinien-Pfadfinder, gesteht sogar, dass durch die neue Konzeption das Gewicht anfangs zu stark in Richtung Vorderrad ging und somit Korrekturen notwendig waren. Schwerer wurde die Schwinge durch die Streckung nicht, mit 5,1 Kilogramm ist ihr Gewicht in etwa gleichgeblieben. Ihre Anlenkung kann durch wenige Handgriffe von progressiver Wirkung für den Landstraßenbetrieb mit Sozius auf eine lineare Dämpferkennlinie geändert werden. Dann bleibt die Dämpferkraft über den Federweg annähernd konstant. Eine wahre Offensive reitet Bologna im Bereich der Elektronik. ABS, Ride by Wire (RBW), Ducati Electronic Suspension (DES), Engine Brake Control (EBC), Ducati Quickshift (DQS) und Ducati Traction Control (DTC), die Liste der elektronischen Wächter ist lang. Schon das Standardmodell hat in Deutschland mit Ausnahme des Electronic Suspension-Pakets mit Öhlins-NIX 30-Gabel Ein Bruch mit der TaglioniTradition schien schmerzhaft und doch unausweichlich 17 TEST Je nach „Riding Mode“ wechselt die Anzeige des brillanten TFT-Displays. Hier das Standard-Layout der Modi „Sport“ und „Wet“. Gut sichtbar: die Ansteuerung der elektronisch gesteuerten Telegabel Am Rücklicht sind LEDs Standard, im Frontscheinwerfer erhellen sie nur bei Panigale S und Tricolore den Weg und TTX 36-Federbein alle Annehmlichkeiten zu bieten. Sein Vorderrad wird von einer 50-Millimeter-MarzocchiGabel geführt, die erstmals mit Standrohren aus harteloxiertem Aluminium ausgerüstet ist – was gegenüber der herkömmlichen Stahllösung ein Kilogramm Gewicht einspart. Hinten federt ein Sachs-Federbein. Während die Standardversion Gussräder beherbergt, leisten sich Panigale S und Tricolore Marchesini-Schmiederäder, die mit 2,7 Kilogramm vorn und 3,4 hinten nochmal 400 Gramm zur 1198 einsparen. Weitere Sondermerkmale der S sind der einstellbare Öhlins-Lenkungsdämpfer, das so genannte Aero-Kit (zwei seitliche Zusatzelemente an der Verkleidung für verbesserte Motorkühlung und reduzierten Luftwiderstand), ein Front-Kotflügel aus Karbon und volle LED-Beleuchtung auch am Hauptscheinwerfer. Die Tricolore legt nochmal nach. Nicht nur mit ihrer Lackierung in Rot, Weiß und Grün, sondern auch mit der neuesten Generation des Ducati Data-Analysers, der jetzt GPS-unterstützt ist, und mit dem zusätzlich zum Standardauspuff gelieferten Termignoni-Racing-Topf aus Titan samt entsprechendem Kennfeldmapping. Der Ausstattung entsprechend staffelt Ducati die Preise. Von Standard bis Tricolore aufsteigend finden sich die Ziffern 19 490, 24 490 und 28 690 auf den Preisschildern. Doch jetzt fällt die grüne Flagge, und es geht auf die unglaublich glatte und ebenso irreal wirkende Retortenpiste des Yasmarina-Racetracks. Schon die neue Sitzposition verblüfft, da bist du noch keinen Meter gefahren. Über den kurzen Tank hinweg liegt der Lenker nah. Voll in die Maschine integriert sitzt man da, mit angenehmem Kniewinkel und verblüffend hohen, breit stehenden Lenkerhälften. „Das ist keine Ducati“, entfährt es mir gegenüber dem assistierenden Mechaniker. Doch dann startet der Motor, und der röhrt und schwingt zunächst mal ganz Ducati-like. Die erste enge Ecke lauert noch vor der Streckeneinfahrt, es geht links per Tunnel unter der Piste durch, und hier drängt sich wieder das Gefühl in den Vordergrund, dass das hier keine Ducati sein kann. Spielerisch leicht lenkt sich die Maschine, ist handlich im besten Sinne der VierzylinderKonkurrenz, fühlt sich konzentriert und im Punkt versammelt an. Der breite, 30 Millimeter höhere Lenker vermittelt zusammen mit der intensiveren Kontaktposition ein tolles Kontrollgefühl. Das Gefühl, einem reißenden Biest ausgeliefert zu sein und mehr zu reagieren als zu agieren, bisher integrativer und auch durchaus reizvoller Bestandteil des DucatiSuperbike-Gefühls, ist weg. Und trotz des unmissverständlichen V-Twin-Desmo-Lieds, das der Superquadro aus Richtung des Bugs mit dem dort untergebrachten Unterflur-Schalldämpfer ungewohnt prall und kehlig heraufsingt, fühlt sich der Motor irgendwie fremd an. Weg ist die sich schon bei mittleren Drehzahlen hoch aufwerfende Kraftwoge, die dich beim Heraushangeln aus den Kurven immer ein wenig den Nacken einziehen ließ, zumindest deutlich eingeebnet wirkt sie. Unterm Strich aber liefert der Twin hier immer noch den harten Zug eines drehmomentstarken Vierzylinders, eher mehr. Dafür kurbelt er so mühelos die Drehzahlleiter hoch wie kein Desmo vor ihm. Das Trägheitsmoment gefühlter „Das ist keine Ducati“, rufe ich dem Mechaniker verblüfft entgegen 18 Natürlich sind 195 Pferde für Powerwheelies gut. Bei mittleren Drehzahlen aber hat der Superquadro die prekär fordernde Kraftwelle des Vorgänger-Twins hinter sich gelassen 19 TEST Erster Workout auf dem Yasmarina-Kurs von Abu Dhabi. Die Anlenkung des Federbeins (unten) stand hier auf linear (hintere Position) statt progressiv 20 Geraden hinaus gerät die Front leicht ins Schlingern, Schwungmasse beim Öffnen der Drosselklappen ist weg. wohl unterstützt durch die eher breit stehenden LenkerDie Kraft muss nicht erst anrollen, sie ist sofort zuschnaphälften, an die du dich klammerst. Da dosiert man die pend zur Stelle und setzt das Hinterrad verzögerungsDrosselklappen gezielt kurzzeitig etwas herunter und frei unter Zug. Auch der hurtigen Ersteigung der Drehfasst den Lenker lockerer, um wieder Ruhe in den Lauf zahlleiter geht die frühere Schwungmassenträgheit ab, zu bringen. Etwas mehr Dämpfung am einstellbaren bevor dann ab rund 7500/min schlagartig die Erkenntnis Lenkungsdämpfer der S brachte Linderung, die Pirelli einsetzt, dass es dieser Motor sehr, sehr ernst meint. Und Supercorsa SC2-Reifen, die uns einen Turn lang statt der wie er da so auf seine Nenndrehzahl bei 10 750/min serienmäßig aufgezogenen Pirelli Supercorsas SP zur zu- und dann noch 800/min darüber hinausschießt – viel Verfügung standen, machten dem Phänomen ein Ende. Überdrehreserve für ein brauchbares Leistungsplus in Das 2,5 Kilogramm schwere ABS der Panigale, die der Superbike-Weltmeisterschaft –, wirkt er trotzdem neueste Bosch-Generation 9ME, bietet drei Settings, ist entspannt, agiert ohne drängende Schwingungen oder aber auch gänzlich abschaltbar. In Stufe zwei und drei hart metallisches Pulsieren, ohne perlenden Schweiß auf verteilt es die Bremskraft integral zwischen vorn und hinder Sirn. Der Vortrieb aber passt zu den Papierwerten, ten und wacht zusätzlich darüber, dass das Hinterrad was allein die Haltearbeit, die die Arme an den Lenkernicht zu weit abhebt. In Stufe eins, verwendet im Racehälften leisten, unmissverständlich untermauert. Das Modus, wacht es nur über das Vorderrad, die Abhebeexakte und beinahe lastwechselfreie Ansprechen auf die erkennung ist aus. Das ABS regelt feinfühlig, die begleiGasbefehle macht die Sache so mühelos wie das Vertende Chassis-Stabilität ist schlicht beeindruckend. Allerwalten der Antriebskraft über das komplett neu kondings war es während der kurzen Fahrzeit der Präsenstruierte Getriebe und den reformierten Ducati Quick tation nicht möglich, sich der Effizienz des Systems auch Shift-Schaltautomat. Da landet man nicht mehr wie nur anzunähern und passende Bremspunkte zu finden, früher bisweilen im Zwischenleerlauf, was dem Motor die Bremswege des ABS wirkten bei den paar Versuchen wie dem Fahrer – je nach Situation – gleichermaßen sehr variabel. Negative Auswirkungen aufs Empfinden am Adrenalin ins Blut mengte. Mit lässigen FeinbewegunBremshebel hat das ABS nicht. Fest und konstant steht gen der Stiefelspitze ist die Schaltarbeit erledigt. der Druckpunkt der von Brembo für Bei aller Kontrolliertheit wacht die Panigale überarbeiteten und jetzt über allem stets das Sicherheitsnetz 500 Gramm leichteren Monoblocder Elektronik. Die TraktionskonBremssättel, die ihr legendäres Stopptrolle ist nicht mehr mit der grob Potenzial aufrechterhalten, dabei regelnden alten Version zu vergleiaber eine Spur ihrer früher gefürchchen. Troy Bayliss schwärmte beim teten Giftigkeit verloren. Eine Bank Abendessen in den höchsten Tönen, von Bremse. und tatsächlich greift sie auf Stufe Im Speicher der Ducati sind drei Grundsettings hinter vier der insgesamt acht zur Verfügung stehenden nach legt, die alle Assistenzsysteme in verschiedenen Intenzarten Ausbrechbewegungen des Hinterrads über die sitäten kombinieren. So bieten „Race“ und „Sport“ volle Rücknahme des Zündzeitpunktes weich ein. In die zweite Leistung, „Sport“ und „Wet“ aber eine weichere GasRückfallebene, der im Vergleich zum Zündungseingriff annahme. Das Regensetting lässt nur 120 PS ans Hinterrabiateren Methode einer gekappten Spritzufuhr, geriet rad, in ihm ist das ABS ebenso wie die Traktionskontrolle ich erst gar nicht hinein. Auf Stufe drei dann war der maximal sensibel. EBC und das elektronische Fahrwerk Eingriff, obwohl durch harte Gasbefehle provoziert, DES sortieren sich passend ein, ebenso das brillante praktisch nicht mehr zu spüren. Die dabei empfundene, TFT-Display, das im Race-Modus Drehzahl und Rundenminimale Kraftkappung bewegte sich im diffusen Grenzzeit in den Fokus stellt. Alle drei Modi können aber auch gebiet zwischen Einbildung und Wirklichkeit. völlig frei programmiert werden. Möglich sind so drei Zwiespältiger fiel bisweilen das Eingreifen der Engine individuelle Setups, etwa für verschiedene Fahrer oder Brake Control aus, die auch auf der mittleren Stufe von auch verschiedene Rennkurse. Dass diese dann unter Umdrei per Einspritzung das Rad auf eine Drehzahl bringt, ständen den unpassenden Namen „Wet“ tragen, ist zu die in der Summe mit den Bremskräften am Hinterrad verschmerzen. Für Käufer wie Tester ist die Ducati ein einen Nullvektor anstrebt – und bisweilen per „autofaszinierendes, erst einmal reichlich unübersichtliches matischem“ Gasgeben den Einlenkpunkt etwas weiter Spielfeld der Möglichkeiten. Um all diese Möglichkeiten nach vorn schiebt, als einem das lieb ist. Auf Stufe eins und ihre Grenzen auszuloten, braucht es mehr als eine war das Phänomen so reduziert, dass es nicht mehr negaStunde Fahrzeit auf einem unbekannten Kurs. Der Appetiv auffiel. In der Summe von EBC und Antihoppingtit aber ist geweckt – und er ist groß. kupplung jedenfalls ist die Duc in TECHNISCHE DATEN: FAZIT: Mit der Panigale hat Ducati der Bremszone nicht aus der Ruhe Preis: 24 490 Euro plus Nebenkosten (Standard 19 490, Tricolore 28 600 Euro) bahnbrechend Neues auf die Räder zu bringen. Die gewohnte Stabilität Leistung: 195 PS (143 kW) bei 10 750/min, maximales Drehmoment 132 Nm bei gestellt, ohne sich untreu zu werden. ergibt zusammen mit der neuen 9000/min Sie ist die Benchmark, an der sich die Agilität eine völlig neue GemengeMotor: Viertakt-Zweizylinder-V-Motor, wassergekühlt. Vier Ventile pro Zylinder, dohc. Bohrung x Hub 112 x 60,8 mm, Hubraum 1198 ccm, Verdichtung. ElektroSuperbikes der Zukunft messen laslage im roten Lager. Auch in voller nische Benzineinspritzung, Drosselklappen-쏗 67,5 mm. Elektrostarter. Sechsganggetriebe, Endantrieb über Dichtringkette sen müssen. Gerade rechtzeitig zur Schräglage am Kurvenscheitel ist Fahrwerk: Monocoque aus Leichtmetall, Motor mittragend. Upside downSuche nach einem neuen Bräutigam Ruhe im Fahrwerk, wie aus Bologna Telegabel, 쏗 50 mm, voll einstellbar, Federweg 120 mm. Hinten LeichtmetallEinarmschwinge mit Monofederbein, voll einstellbar, Federweg 130 mm. Bereifung für Bologna – Eigner Investindustrial gewohnt – wenn auch der fast makelvorn 120/70ZR17, hinten 200/55ZR17. Doppelscheibenbremse vorn, 쏗 330 mm, will einem Bericht der Financal lose Yasmarina-Asphalt dem Chassis Scheibenbremse hinten, 쏗 245 mm. Lenkkopfwinkel 65,5 Grad, Nachlauf 100 mm, Radstand 1437 mm, Sitzhöhe 825 mm. Tankinhalt 17 Liter, Trockengewicht 167 kg Times zufolge Kasse machen und keine größere Aufgabe stellte. Eine Garantie und Service: zwei Jahre Garantie. Kundendienst bei 1000 dann alle hofft auf einen Erlös von bis zu einer Ausnahme allerdings kennt die 12 000 km Milliarde Euro – ist die Braut so Stabilität der Panigale: Bei der Fixkosten: Steuer pro Jahr 80,96 Euro. Versicherung Haftpflicht bei 25 Prozent Beitragsrate (SF 7) 108,35 Euro (HDI-Direkt, Regionalklasse 2, mind. 29 Jahre) hübsch wie selten zuvor. 컄 Explosion aus engen Ecken auf lange Mit der Panigale baut Bologna ein faszinierendes Spielfeld der Möglichkeiten 21 TEST DIE MOTORTECHNIK Mit dem alten Desmo-Twin war Ducati an Grenzen gestoßen, die man nur mit höchstem konstruktivem und finanziellem Aufwand würde überwinden können. Also dachte man radikal anders. Ergebnis ist der neue SUPERQUADRO D ie äußere Erscheinungsform des V-Twins mag weitgehend gleich sein, tatsächlich aber ist wenig geblieben, wie es war. In den beiden Zylindern folgen die mit annähernd 112 Millimetern Durchmesser extrem großflächigen Kolben ihrem mit 60,8 Millimetern ungewohnt kurzen Weg. Entsprechend kurz ihr Hemd, mit zwei inneren Verstärkungsrippen wurden sie auf besondere Widerstandskraft hin konstruiert. Nach wie vor werden die Ventile per Desmodromik über Öffner- und Schließerhebel präzise gesteuert, was den Einsatz von 46,8 Millimetern großen Einlass- und 38,2 Millimetern großen Auslassventilen vergleichweise unproblematisch macht – zumal die Einlassventile aus leichtem Titan gefertigt sind, was bisher nur bei den R-Modellen üblich war. Erstmals in der Ducati-Geschichte weichen die Zahnriemen des Nockenwellenantriebs einem gemischten Antrieb aus Zahnrädern und Steuerketten. Diese Lösung ist kompakter und dürfte angesichts der deutlich höheren Drehzahlen wohl auch in Sachen zuverlässiger, prognostizierbarer Haltbarkeit tragfähiger sein. Ganz nebenbei spart sie Zeit und damit Geld bei der Wartung. Die Desmodromik macht es möglich, mit den großen – trotz der Verwendung von Titan am Einlass noch nennenswerten – Ventilmassen, den hohen Drehzahlen und den scharfen Steuerzeiten klarzukommen. Die Zwangssteuerung nämlich arbeitet in Drehzahlregionen in diesem Betriebszustand immer noch akkurat, während herkömmliche Ventilfedern ihrem Job dann nicht mehr so verlässlich nachkommen können. Das kann zu Ventilflattern führen, was Leistungsverlust und Motorschäden nach sich ziehen kann. Große Bohrungen erschweren die komplette, saubere Verbrennung, weshalb man im Laufe der Entwicklung nach und nach Kniffe wie unabhängig voneinander steuerbare Drosselklappen, zwei Einspritzdüsen pro Drosselklappe und ein Sekundärluftsystem zur Abgasreinigung nachrüstete. 22 Im Untergeschoss des Twins finden sich – angetrieben von einer gemeinsamen Welle – zwei Ölpumpen. Eine verrichtet den üblichen Förderdienst fürs Schmiermittel, die andere saugt den durch die im Ölbad panschende Kurbelwelle entstehenden, leistungsmindernden Eine Dekompressionsautomatik spart Anlasserkraft und -größe, die Batterie schrumpft: über 1000 Gramm Ersparnis Zahnriemen ade. Erstmals seit der Ducati Pantah anno 1979 werden die Nockenwellen von einer Steuerkette angetrieben Das Aluminium-Monocoque mit integrierter Airbox bildet zusammen mit dem Motor das Skelett der neuen Ducati, ein zusätzlicher Rahmen wird überflüssig 23 TEST Der Monocoque dient zugleich als Luftfiltergehäuse, sein vorderer Bereich nimmt die Lagerschalen des Lenkkopfes auf Überdruck aus dem Kurbelgehäuse – eine Technik, die im Serienmotorradbau eine Premiere ist, in der MotoGP-Klasse aber ebenso wie in Formel 1-Motoren durchaus üblich. Liefen die Kurbelwellen aller bisher gebauten Ducati-SuperbikeMotoren in Wälzlagern, läuft die der Panigale – wie übrigens schon die der Desmosedici – nun erstmals in Gleitlagern. Die haben zwar Nachteile aufgrund höherer Reibung, doch wegen der damit mög lichen kleineren Lagerabmessungen kann der Durchmesser der Kurbelwelle wachsen, was der Welle bei den hohen Drehzahlen wichtige Stabilität verleiht. Auch beim Motor stand die Gewichtseinsparung im Soll-Heft. Zahnräder aus Kunststoff für den Wasser- und Ölpumpenantrieb tragen ebenso dazu bei wie ein extrem kleiner Elektrostarter, dem man den notwendigen Schwung gar nicht zu traut. Doch eine fliehkraftbetätigte Dekompressionsautomatik macht dem kleinen E-Motor das Durchdrehen des Superquadros zum Starten leicht, auch die Batterie konnte 24 so schrumpfen. Während die Antihopping-Kupplung die Kraftspitzen beim Runterschalten vom Hinterrad fernhält, wirkt die Engine Brake Control dem Motorbremsmoment beim Schließen der Drosselklappen proaktiv entgegen. Die aufs Hinterrad wirkende Bremskraft wird hier nicht – wie bei dem gleichen Zweck dienenden Systemen anderer Hersteller – durch eine per Ventil oder durch leichtes Lupfen der Drosselklappen erreichte Reduzierung des bremsenden Unterdrucks im Ansaugsystem gekappt. Beim EBC wird in die über den Stellmotor geöffneten Drosselklappen auch zusätzlich Benzin eingespritzt, was den Motor auf eine dem aktuellen Hinterradspeed angepasste Drehzahl bringt. In Konsequenz und in Verbindung mit der mittlerweile üblichen Antihopping-Kupplung, die bei der Panigale nicht länger trocken, sondern im Ölbad läuft, bleibt das Hinterrad selbst bei härtesten Verzögerungsmaßnahmen und bremsendem Stepptanz auf dem Schalthebel untadelig stabil in der Spur. 쏔 60,8 Millimeter Bohrung schaffen Platz für große Ventile, satten Gasdurchsatz und damit für viel Leistung