Ob durch Hamburgs City oder die Alster entlang: Die Zukunft fährt

Transcrição

Ob durch Hamburgs City oder die Alster entlang: Die Zukunft fährt
SONNABEND / SONNTAG, 20. / 21. AUGUST 2011
33
2011
Unterwegs: 12 Ausflüge an die Elbe › Stadtgespräch: Tim Mälzer › Titel-Thema: „Tour de Nord“ – 10 traumhafte Radrouten für Familien
Lokal-Termin: Das „Rialto“ › Gestern & Heute: Als Papua-Neuguinea 1884 zum „Vorort Hamburgs“ wurde › Markenmacher: Golf Lounge
Rad der
Weisen
Ob durch Hamburgs City oder die
Alster entlang: Die Zukunft fährt
Rad. Erklärt AXEL TIEDEMANN,
für den ein Bonanza-Bike einst
alles ins Rollen gebracht hat ...
M
an könnte jetzt mit dem Knie beginnen. Dem Knie, das mich vor ziemlich genau einem Jahr während eines
Fußball-Turniers auf einem Familienfest recht übellaunig an mein Alter
erinnerte: Bänder überdehnt, Kniescheibe gequetscht, Stützkorsett – das
kommt davon, wenn man glaubt, 15
Jahre jünger zu sein, als man ist.
„Am besten, Sie versuchen es erst mal mit geführten Bewegungen,
leichtem Radfahren vielleicht“, sagte der Arzt – und wusste nicht, was
er damit in Gang setzte. Oder besser: ins Rollen brachte.
Man muss dazu wissen, dass meine letzte Auseinandersetzung mit
dem Thema Rad in die Zeit von Bonanza-Bike, Bananensattel und DreiGang-Hebelschaltung fällt. Letztere wurde wegen des enormen Knüppels auch schon mal Porno-Schaltung genannt. Wer jemals selbst mit
solchen Geräten unterwegs war, weiß, wie lange her das ist.
Ich besorgte mir also ein neues Fahrrad, Lichtjahre vom BonanzaModell der Kinderzeit entfernt, und entdeckte etwas Wunderbares.
Über Landstraßen, durch die Stadt, umweht von frischer Luft, kommt
man ungeahnt flott voran. Bald schon nutzte ich es für den Weg zur
Arbeit. Vorbei die Staus, die Parkplatzsuche, vorbei die muffeligen
S-Bahnschächte, das Zusammenhocken mit Menschen, mit denen man
eigentlich nicht einmal den Planeten teilen möchte. Stattdessen: Freiheit der Straße, Entdeckung der Schnelligkeit. Immer mehr grub ich
mich in das Thema, lernte, dass es schon längst nicht mehr um Pedalen
oder Schaltungen geht – sondern um eine Vielzahl von „Kurbelgarnituren“, „Schaltwerken“ und „Steuersätzen“. Ich weiß inzwischen um
Vor- und Nachteile bestimmter Reifen, Gummimischungen, Spikes.
Habe längst nicht nur ein Rad, sondern einen Renner, Tourer und die
eine „kleine Stadtschlampe“, wie ein befreundeter Pedalist seinen
dezent rostigen, aber unklaubaren Untersatz liebevoll nennt.
Und ich bin mit dieser Wiederentdeckung des Rades nicht allein. Um
mich herum hat seit den Bonanza-Zeiten längst eine Radolution stattgefunden. Immer mehr faszinierende Technik und ultraleichte Werkstoffe wie Karbon machen das Radeln immer leichter. Es gibt Trekking-,
Stadt-, Liege-, Touren-, Berg-und-Tal-Räder, welche, die eigentlich nur
zum Hinschauen sind, Retro-Räder und, immer besser, auch Elektroräder, die natürlich E-Bikes heißen. Noch vor einiger Zeit sahen die
aus, als gäbe es sie nur auf Krankenschein. Inzwischen stehen beim RadDealer um die Ecke Cross-Varianten, die mich in Versuchung bringen
könnten. Eingebauter Rückenwind kann nicht so schlecht sein.
Auch in den Städten hat sich etwas getan. 2002 stellte die Bundesregierung bereits einen nationalen Radverkehrsplan auf, um den Bau
von Radwegen zu fördern. In Hamburg gibt es ebenfalls seit wenigen
Jahren ein städtisches Radkonzept. Bis 2015 soll sich hier der Anteil
des Radverkehrs an allen zurückgelegten Wegen auf 18 Prozent ver-
Heißes Pflaster: Hamburg ist nicht
nur an diesem Cyclassics-Wochenende
eine Hauptstadt der Velophilen
FOTO: PLAINPICTURE/THOMAS CALLSEN
doppeln. Schon jetzt feiert das Mietradsystem der Stadt Erfolge und
beim Profi- und Amateur-Rennen Cyclassics am Sonntag beherrschen
22000 Hobby-Radler die Straßen der Stadt.
Doch wie konnte das alles kommen seit den Bonanza-Tagen, als
wir Kinder der 70er-Jahre noch versuchten, die Räder möglichst wie
kleine Harleys aussehen zu lassen, jedoch die Torpedo-Schaltung vergaßen, sobald wir Mofa und dann Kleinkraftrad fahren durften?
Um das zu verstehen, muss man nur einen Blick auf die Geschichte
des Rades werfen. Als eigentlicher Erfinder gilt gemeinhin der Karlsruher Freiherr Karl Drais, er konstruierte 1817 ein einspuriges Zweirad.
Eher ein Laufrad, das mittlerweile für die ganz kleinen Radler wiederentdeckt worden ist. Wie heute Dreijährige auch, erkannte Drais, dass,
sobald dieses Fahrzeug erst einmal rollt, es durch die sogenannten
Kreiselkräfte stabilisiert wird und das Zweirad-Prinzip sehr wenig
Rollwiderstand erzeugt. Aus dem Laufrad des Freiherrn machten Zeitgenossen schnell das Wort „Draisine“. Mitte des 19. Jahrhunderts wurde
dann von verschiedenen Konstrukteuren der Pedalantrieb entwickelt,
zunächst noch über starre Technik an der Vorderachse der Räder. Auch
die Hochräder dieser Zeit wurden so angetrieben, doch die hohe Sitzposition erwies sich bei Unfällen oft als fatal – mancher Pedalist zog
sich üble Knochenbrüche zu, wenn sein Gerät umkippte. Um 1880 setzte
sich schließlich der heute noch gebräuchliche Kettenantrieb des Hinterrades durch. Eine geniale Erfindung, weil sich so ein Wirkungsgrad der
Beinkraft von deutlich über 90 Prozent erzielen lässt. Luftreifen, neue
Kugellager-Konstruktionen – das Radeln wurde immer perfekter.
Und das Fahrrad wurde immer mehr zum Verkehrsmittel, das sich
viele leisten konnten. Wie heute in den Schwellenländern war das Rad
noch bis Mitte des 20. Jahrhunderts Standard-Fahrzeug der Massen,
wichtig auch, weil sich Arbeitsplatz und Wohnort in den Industrieländern immer weiter auseinander entwickelten. Mit steigendem
Wohlstand aber ging die Bedeutung des Rades zurück. Lieber fuhr man
Moped, später dann Auto. Zwar blieben Radrennen populär, doch die
Zeiten des Alltagsfahrzeugs waren gezählt. Nur wir Kinder mussten
weiter radeln, um Freunde besuchen zu können. Und das taten wir –
eben am liebsten mit Pseudo-Mopeds wie dem Bonanza-Rad.
In den 1970er-Jahren passierte dann aber etwas Neues. Die ÖkoBewegung entdeckte das Rad – Liegeradfahrer im selbst gestrickten
Pulli zeigten demonstrativ ihr überlegenes Umweltbewusstsein. Doch
die frühe Umweltbewegung gab sich noch technikfeindlich. Erst in den
vergangenen Jahren kam es zur Hochzeit zwischen Technologie und
Ökologie. Green Technology lautet das Stichwort nicht nur bei den
Entwicklern neuer Motoren, sondern auch dort, wo Muskelkraft eingesetzt wird. Das Fahrrad ist nicht mehr nur Fortbewegungsmittel der
Habenichtse und spaßbefreiten Ökologen, es ist Ausdruck eines neuen
Verständnisses. Autos – sie sind Relikt des Kohlezeitalters. Laut, dreckig,
altbacken. Die Zukunft fährt Rad – und leiht sich vielleicht einmal einen
Mietwagen. Es gibt den urbanen Guerilla-Radler genauso wie den BüroRadler, für den längst Packtaschen und Helme im Office-Look angeboten
werden. Die Radlerwelt ist vielfältig geworden, zu jedem Lebensstil
findet sich ein passendes Rad. Und wer dem Auto nachtrauert – der kann
ja Bonanza-Rad fahren. Mit Porno-Schaltung.
S. 4/5 – Zehn Fahrradtouren von
20 bis 100 km im Norden, dazu die
schönsten Ruhe- und Rastplätze
II
› WOCHENENDE
Sonnabend / Sonntag, 20. / 21. August 2011
Ab ans Wasser
KARTE: GRAFIKANSTALT
Ildikó
von Kürthy
FOTO: PICTURE-ALLIANCE
Sattel-Fest: Bei den Vattenfall
Cyclassics wird die Mönckebergstraße zur Start- und Zielmeile
23
und frage mich, warum mich
noch niemand geweckt hat.
An einem besonders perfekten
Sonntag stehe ich zügig auf.
8.30 Uhr Ich gehe joggen
oder schwimmen. Es soll aber
auch schon vorgekommen
sein, dass ich mich sofort über
die Brötchen hergemacht
habe, die mein Mann ( ja, ich
habe einen, der morgens
Brötchen holt, ätsch!) bei
„Mutterland“ gekauft hat.
10 Uhr Kinderfreie Sonntagvormittage verbringe ich mit
Arbeit. Das heißt: Arbeit vor
mir herzuschieben und stattdessen Wäsche aufzuhängen,
Topfpflanzen gut zuzusprechen oder mal im Internet
nach dem Rechten zu sehen.
13 Uhr Es gibt für mich
nichts Schöneres als an einem
verregneten Sonntag DVDSerien zu gucken. Aktuell
warte ich darauf, dass endlich
die Fortsetzung von „Brothers
and Sisters“ und „Modern
Family“ erscheint.
15 Uhr Da aber auf das
Hamburger Wetter nicht immer Verlass ist, bewege ich
mich bei Sonne manchmal
Richtung Elbe, um – wie alle
anderen – vor der Strandperle
den Selbstgezeugten beim
Sandspiel zuzuschauen. Oder
ich setze mich in den Innocentia-Park, diesen kleinen
Idyllen-Hotspot, wo es so
unglaublich hübsch ist, dass
ich regelrecht froh bin über
meine lauten Söhne.
20.15 Uhr Das Schönste am
Sonntag sind die Abende, wenn
die Kinder schlafen und die
„Tatort“-Melodie erklingt –
zum Klingeln des Küchenweckers, der verkündet, dass die
Spaghetti fertig sind. Sodann
frage ich mich, ob meine Sonntage nicht mehr Abenteuer
bräuchten. Ich nicke in mich
hinein, nehme Nachschlag
und mir vor, was Atemberaubendes zu unternehmen –
bloß, falls mich mal wieder
einer fragt, was ich an einem
perfekten Sonntag mache.
WEIHNACHTSGALA
Olivia Molina
singt Weihnachtslieder
aus Lateinamerika
27. Dezember 2011
20 Uhr
Hauptkirche St. Nikolai
Karten € 28,95
Karten gibt es in allen
Hamburger Abendblatt-Ticketshops
(zzgl. Bearbeitungsgebühr)
Hamburger AbendblattTicket-Hotline
040/30 30 98 98
(zzgl. Versandkosten)
Mo.–Fr. 8–19 Uhr, Sa. 8–13 Uhr
4
75
8
12
Ahrensburg
Pinneberg
10
Stade
Hamburg
2
11
4
6
73
Buxtehude
5 km
24
3
5
Mein perfekter
Sonntag
6.30 Uhr Ich schrecke hoch
Bad Oldesloe
1
Elmshorn
Die 43-jährige Bestsellerautorin,
Journalistin und Mutter von zwei
Söhnen ist am liebsten zu Hause
2.30 Uhr Der perfekte
Sonntag hat schon vor sechs
Stunden begonnen – mit
besten Freunden und gutem
Essen. Entweder bei uns zu
Hause (mein Mann kocht –
ich bin eine Niete am Herd)
oder am liebsten im „Cox“
oder in der „Brücke“. Jetzt
schlafe ich gemütlich ein –
mit dem Wissen, dass die
Kinder bei den Patenonkeln
übernachten und ich ausschlafen kann.
Kaltenkirchen
7
Glückstadt
7
Geesthacht
3
9
Winsen
1
12 AUSFLÜGE
Industriegeschichte im Fluss
TEXT: KIRSTEN RICK
Technik, die Wasser beherrscht, am Wasser liegt, Wasser nutzt: Während der
„Tage der Industriekultur“ öffnen Siele, Schiffe, Werften und andere Denkmäler
ihre Türen, Tore und Luken und lassen vergangene Zeiten wiederauferstehen
STADTLEBEN
Quadratur des Rades
Die Wirtschaftsgeschichte unserer Region ist eng mit dem Wasser verbunden. Die
Industrialisierung nahm auf der Elbe und ihren Nebenflüssen ihren Lauf – weil hier
preiswerte Transportmöglichkeiten quasi vor der Tür lagen. Dieses Wochenende laden
80 historische Anlagen und Museen ein zur Zeitreise, zeigen vergessene Technik
und Arbeitswelten. Die Industriedenkmale lassen sich gut auf Radtouren entdecken,
das ganze Programm finden Sie unter www.tagederindustriekultur-hamburg.de
Die 18 besten Profiteams der Welt, 22 000 ambitionierte Amateure, 800 000 Fans
an den Strecken, spektakuläre Bike-Shows und eine der größten Messen Deutschlands:
Bei den Vattenfall Cyclassics geht’s an diesem Wochenende in Hamburg rund
E
TEXT: AXEL TIEDEMANN
s ist ein Tag des Rasens und Schwitzens, Spurtens und Strampelns. Ein Tag für jubelnde
Sieger, erschöpfte Verlierer und Jedermänner, die sich einfach nur freuen, dabei gewesen zu
sein. Aber gleichzeitig sind die Vattenfall Cyclassics
auch ein Tag der Ruhe. In der Stadt sind zahlreiche
Straßen gesperrt, immer wieder surren ganze Bataillone von Profi- und Amateur-Radsportlern vorbei.
Zwar wird an der Strecke laut angefeuert – doch der
nervenzerrende Autolärm ist weit weg.
Mehr als 22000 Hobby-Sportler starten über die
drei Jedermann-Distanzen von 55, 100 und 155 Kilometern, die bis nach Schenefeld und quer durch den
Hafen über die Köhlbrandbrücke führen. Die Radler
der 55-km-Strecke starten bereits um 7.45 Uhr an der
Kennedybrücke und werden ab 9.06 Uhr an der Mönckebergstraße erwartet. Um 11.10 Uhr steigen an der
Steinstraße die 160 Profis in die Pedale, bis sie ab ca.
16.29 Uhr ebenfalls in der Mönckebergstraße einfahren. Hier findet auch die Siegerehrung statt.
Schon 1996, bei der Premiere des „Hamburger
Radrennens für Profis und Amateure“, waren bezahlte Rad-Heroen am Start. Jan Ullrich etwa, der 1997
die legendäre Tour de France und auch die junge Veranstaltung Cyclassics gewann – für die Cyclassics ein
ungeheurer Popularitätssprung. Heute werden rund
800000 Zuschauer gezählt. Für die gibt es neben
Start und Ziel eine Reihe Hotspots zum Zuschauen.
Etwa an der sogenannten Westschleife, die über
Schenefeld und Wedel durch Blankenese führt. Die
Amateure, im Schnitt mit Tempo 25 unterwegs, müssen sich hier am Kösterberg auf zwei Anstiegen quälen. Erstmals in diesem Jahr gibt es dabei wie bei den
Profis auch eine spezielle Bergwertung.
Die Profis, sonst im Schnitt mit ca. 41 bis 44 km/h
unterwegs, quälen sich am Waseberg in Blankenese
deutlich langsamer hoch – und das gleich zweimal.
Gegen 15.25 Uhr und 15.41 Uhr ist dort die Bergwertung zu sehen. Highlights sind auch die Sprintwertungen wie bei der ersten Zieldurchfahrt gegen 14.52
Uhr in der Mönckebergstraße.
Wer nun beim Anschauen der rasenden Radler
selbst Lust auf den Sport bekommen hat – für den
bietet sich am Rathausmarkt eine ganze Palette von
Test- und Kaufmöglichkeiten: Dort findet neben dem
Festprogramm auch Deutschlands größte Endverbrauchermesse statt. Mehr als 80 Aussteller zeigen
dort alles rund ums Thema Fahrrad, Sport und Fitness. Und wen es reizt, sogar selbst mitzufahren,
kann sich am Sonnabend bis 16 Uhr am Gänsemarkt
noch registrieren lassen, falls die Rennen nicht ausverkauft sind. Mehr Rad geht nicht in einer Stadt ...
TIPPS & TERMINE
1 HITZLER WERFT LAUENBURG Eine der letzten von einst vielen Werften an der
Oberelbe, 1885 gegründet und noch immer in Betrieb.
» „Schiffe, Zündhölzer und mehr – Stadtführung zur Industrie- und Schifffahrtsgeschichte in Lauenburg“, 21.8., 11 – 13 Uhr, Treffpunkt: Hitzler Werft, Eingang
Museum, Bahnhofstr. 4 – 12, 21481 Lauenburg . Anmeldung: Tel. 04153 / 512 51.
2 DÜKER AN DER LOMBARDSBRÜCKE Der Düker – eine Abwasserleitung unter
der Alster – wurde in die 1868 eingeweihte Lombardsbrücke integriert und verband das Geeststammsiel östlich der Alster mit dem Sielsystem im Westen.
» Besichtigung mit Erläuterungen und Informationstafeln, 20.8., 10–17 Uhr,
Lombardsbrücke, östliches Widerlager, Eingang Ballindamm / Glockengießerwall.
3 CAP SAN DIEGO Das „Lukenkino“ zeigt historische und aktuelle Filme über die
Reisen mit dem „Weißen Schwan“, wie das größte fahrtüchtige Museumsschiff
der Welt wegen der eleganten Silhouette auch genannt wird. Es gibt maritime
Snacks und Besichtigungen von Maschine bis Brücke, von Bug bis Heck.
» Überseebrücke, Lukenkino: Luke 4, Sa/So 12–16 Uhr, www.capsandiego.de
Service
» Vattenfall Cyclassics,
bis So, 21.8. Ausgewählte Rennen:
Sa, Jungfernstieg, 15.50 – 16.25
Uhr: Rennen & Siegerehrung der
Specialclassics der Behinderten;
So, Mönckebergstr., Jedermannrennen (155 km): ab 7.50–8.45 Uhr,
Finale ca. 11.34 Uhr; Eliterennen
(216,5 km), Start: 11.10 Uhr, Zieleinlauf/Siegerehrung: ca. 16.30 Uhr.
Alle Rennen, Zeiten und Strecken:
www.vattenfall-cyclassics.de
DER GRÜNE PUNKT Die Familien-Fahrradtour des ADFC rund um Norderstedt führt zu einem Café
mit Bauernhof und vielen kleinen Kälbern. Die 30 Kilometer schaffen auch Kinder ab 8 Jahre locker.
Treffpunkt: 21.8., 11.30 Uhr, Rathaus Norderstedt. Info bei Michael Artmann, Tel. 04106/703370.
5 HAFENMUSEUM HAMBURG Wie der Stückgutumschlag mit Schiff und Eisenbahn, Schuppen und Kränen mitten im Hafen früher funktionierte, lässt sich beim
Frachter „Bleichen“, dem Dampfkran „Saatsee“
sowie den Schuppen 50 und 51 hautnah erleben.
» Kinderprogramm mit Papierschiffbau und Wasserbaustelle, 20. / 21.8., 14 – 17 Uhr, Kleiner Grasbrook,
Australiastraße, www.hafenmuseum-hamburg.de
6 STÜCKGUTFRACHTER „BLEICHEN“ Bitte an
Bord: Bevor die Containerriesen kamen, prägten
Stückgutfrachter wie die „Bleichen“ das Bild des Hafens.
» Hafenmuseum Hamburg, Bremerkai, Schuppen 50/51; Nagelritz singt Ringelnatz:
20.8., 20 Uhr, 12 Euro; Kino an Deck: „Return of the Tüdelband – Die Gebrüder Wolf
Story“, 20.8., 22.30 Uhr, 5 Euro; „Geliebt – bespielt – vergessen“, ein Stück für
Groß und Klein, 21.8., 15 Uhr, 4 bzw. 12 Euro.
7 MULCH-KRAN HARBURG Ein Zeuge des alten Industriehafens: Der 22 Meter
hohe Portal-Drehkran soll als Kulturkran Theater-, Film- und Musikfans anlocken.
» Lotsekai, Ausstellung „Hiev op! Requiem auf die Krane“ von Michael Batz: 20.8.,
14 – 21 Uhr; Gedichte und Lieder am Kran: 20.8., 18.30 – 21 Uhr; Kinderprogramm,
bei dem die Lütten Kranführer spielen dürfen, 20.8., 14 – 18 Uhr, 21.8., 11 – 17 Uhr.
KULTUR ERLEBEN
Brüder im
Geiste
8 INDUSTRIEMUSEUM ELMSHORN An und mit der Krückau entwickelte sich die
Industrialisierung Elmshorns, das vor 100 Jahren größter Getreideumschlagplatz
des Deutschen Reichs war – wie, zeigt das Museum in dem ehemaligen Speicher.
» Hafentour zu Fuß, 20./21.8., 14 Uhr, Catharinenstraße 1, 25335 Elmshorn,
www.industriemuseum-elmshorn.de
Hauptsache, die Stimmung stimmt: Im
Stadtpark fürchten die Söhne Hamburgs
weder Regen noch musikalische Regeln
R
4 MUSEUMSHAFEN OEVELGÖNNE Ein lebendiges Museum: Beim „Open Shop“
kann man die ehemaligen Fischerei- und Frachtfahrzeuge, Dampfschlepper und
Eisbrecher, die immer noch betriebsfähig und oft unterwegs sind, besichtigen.
» Anleger Neumühlen, 20.8., 12–18 Uhr, ca. alle 30 Minuten Demonstrationsfahrten, www.museumshafen-oevelgoenne.de
Entertainer hoch drei: Stefan
Gwildis, Joja Wendt und Rolf
Claussen (v. l.) spielen nicht für
das Publikum, sondern mit ihm
FOTO: PICTURE-ALLIANCE/JAZZARCHIV
TEXT: SVEN STILLICH
olf Claussen, Stefan Gwildis und Joja Wendt
sind seit den 70er-Jahren zwar nicht jünger,
aber auf jeden Fall bekannter geworden.
Claussen kennt man von der Bühne, als Improvisations-Schauspieler bei der Gruppe „hidden shakespeare“, als Musiker, der mit Christian von Richthofen in „Autoauto!“ schrottreifen Altwagen Musik entlockt. Oder aus seinem Laden an der Grindelallee, wo
er Fachbedarf für Akrobaten, Clowns und Straßenkünstler unter die Leute bringt. Gwildis ist mit seinem Projekt, den Soul einzudeutschen, gerade hier
oben im Norden erfolgreich. Und Wendt? Der Entertainer und Pianist reist auch die ganze Zeit durch die
Gegend: „Im Zeichen der Lyra“.
Jeder der drei hat also gut zu tun, stand auch schon
im Rahmen anderer Projekte mit einem der beiden
anderen auf der Bühne. Die Variante des Kleeblatts
hingegen ist noch neu. Erst im Januar traten sie das
erste Mal gemeinsam auf. Das Konzert in der nahezu
ausverkauften Laeiszhalle war nicht zuletzt deshalb
ein Erfolg, weil sich die Söhne Hamburgs so beharrlich weigern, erwachsen zu werden.
Schabernack und Frotzeleien gehören zwingend
zum Programm und zur Freundschaft der drei – doch
ist es mehr als eine einstudierte Show. Claussen,
Gwildis und Wendt können von der Herumkasperei
genauso wenig lassen wie von der Musik. Das machte
auch aus dem Neujahrskonzert in der Laeiszhalle eine sehr entspannte Angelegenheit: Auf der Bühne
standen unter anderem ein Teekistenbass und ein
grob zusammengezimmerter Schellenbaum, ganz so
wie bei ihren Anfängen vor 30 Jahren auf den Straßen
und Plätzen der Stadt. Nostalgie ohne Wehmut, drei
unterschiedliche Karrieren und Charaktere, die sich
trotzdem aufs Beste verstehen, gaben sich – wie
könnte es mit diesem Namen auch anders sein – lokalpatriotisch. Der „Jung mit dem Tüdelband“ dürfte
also auch im Stadtpark wieder fest gebucht sein, genau wie eine Lobeshymne auf Barmbek.
Die wird von der weiblichen Verstärkung vorgetragen, dem Damenlikörchor. Ob die kompaniestarke
Sangestruppe an einer der Lieblingswirkungsstätten
von HSV-Stadionsprecher Lotto King Karl die braunweiße Vereinsflagge hissen und ihr Fan-Liedgut auf
den FC St. Pauli zum Besten gibt?
Man wird sehen. Ein sklavisches Programm ist
nichts für die Söhne Hamburgs. Es gibt Fixpunkte,
für das Dazwischen sind Künstler und Publikum gemeinsam verantwortlich. Genauso wenig vorhersehbar ist auch das Wetter. Sollte es sich am Sonnabend
wieder von seiner nassen Seite zeigen, dürfte das auf
der Bühne jedoch keineswegs zu Verstimmungen
führen. Schließlich bewies Gwildis schon beim Stadtparkkonzert 2010 – mit Claussen als Überraschungsgast – dass er sich von zwei durchgeregneten Anzügen weder Stimmung noch Stimme verderben lässt.
9 SPRENGSTOFFFABRIKEN GEESTHACHT Große Teile Geesthachts haben
einst zu zwei riesigen Explosivstofffabriken gehört, von denen viele Relikte erhalten
sind. Eine war im Besitz von Alfred Nobel, dem Stifter des Nobelpreises.
» Führung zur Entstehung der „Ersten Dynamitfabrik der Welt“, 21.8., 11–13 Uhr,
Treffpunkt: Restaurant Krümmler Hof, Elbuferstr. 72, 21502 Geesthacht.
10 UNTERFEUER TWIELENFLETH Der alte Leuchtturm, der von 1893 bis 1984
in Betrieb war, kann erklommen werden. Und ein ehemaliger Lotse erläutert die
Verkehrsregeln auf der Elbe.
» 20./21.8., 11 und 15 Uhr, Am Deich, Twielenfleth, 21723 Hollern.
11 HANSEHAFEN STADE Das 1774 erbaute Baumhaus, Sitz des Hafenmeisters, hat
seinen Namen von einem Baumstamm, der einst quer im Fluss lag und nur dann
geöffnet wurde, wenn alle Abgaben entrichtet waren.
» Baumschließer-Fest am Baumhaus, 20./21.8., 10–18 Uhr, Wasser West/
Fischmarkt / Wasser Ost, 21682 Stade.
12 KLINKERWERK RUSCH Mehr als 100 Ziegeleien gab es einst südlich der
Niederelbe, das Klinkerwerk Rusch von 1881 ist das letzte, das Steine noch in
einem Ringofen brennt, der von Hand mit Kohle befeuert wird.
» Besichtigungen in der laufenden Produktion, 20./21.8., 10–16 Uhr, Ritscher
Außendeich 2, 21706 Drochtersen-Ritsch.
Service
» Söhne Hamburgs, Sa, 20.8., 19
Uhr, Stadtpark (S Alte Wöhr), Saarlandstraße / Ecke Jahnring, Karten
für rund 35 Euro ab 18 Uhr an der
Abendkasse, www.open-r.de
Denkmäler in Aktion: der
Museumshafen Oevelgönne
FOTOS: ISTOCKPHOTO, PR
III
Sonnabend / Sonntag, 20. / 21. August 2011
› STADTGESPRÄCH
Jens Meyer-Odewald trifft Tim Mälzer
Sensibler
Bulle
Der „kochende Wirt“ lässt nicht nur in Hamburg die
Herdplatten heiß glühen. Ein Gespräch über Naivität,
„Nein“-Sagen und sein gestörtes Verhältnis zu Geld
D
FOTO: THOMAS LEIDIG
er Mann hat Charme,
Schnauze und Visionen.
Binnen weniger Jahre
hat der Elmshorner Tim
Mälzer geschafft, wovon
hoch dekorierte Kochgurus nur träumen: Das normal essende Volk
hängt ihm an den Lippen. Da ist „einer von
uns“, der kocht. Der unkonventionelle Typ
mit dem lässig gegelten Haar backt sich
ein Ei auf Konventionen, redet, wie ihm
der Schnabel gewachsen ist, und tischt auf,
wonach ihm der Sinn steht. Diese herzerfrischende, schnodderige Art kommt
an: Mälzers Fernsehauftritte garantieren
Quote. Und seine vier Kochbücher wurden insgesamt mehr als zwei Millionen
Mal verkauft. Derweil sich namhafte Sterneköche mit Grausen abwenden, geht der
gerade einmal 40 Jahre alte „Kreativ-Koch“
seinen Weg – aus dem Bauch heraus. Am
Herd kann er praktisch alles, auch Ausgefallenes und Filigranes, doch hat er den
Mumm, lauthals Pluspunkte von Spaghetti
„Bolo“, Currywurst, Burgern und Senfeiern zu preisen. Ob „Engel“, „Au Quai“
oder „Weißes Haus“ – Mälzers Einsatz in
der Küche bescherte stets gefüllte Reservierungsbücher. In seinem aktuellen Restaurant „Bullerei“ auf der Schanze vis-àvis des Schlachthofes, ist das nicht anders.
Ausgestattet mit einem großen Glas Spezi
mit Eis und ein paar Zigaretten berichtet
das Verkaufsgenie von seinen Plänen.
Im „Hausmann’s“ im Frankfurter Flughafen will er der Snackküche neues Leben
einhauchen. Parallel soll die nicht auf
Gewinn fixierte Internetplattform www.
goodfoodgood.com zum Erfolg geführt
werden. In Schleswig-Holstein hält Mälzer
Rinder und Schweine, und auf dem Dach
der „Bullerei“ sind neuerdings Bienenstöcke untergebracht. Dazu passt ein Traum:
„Irgendwann möchte ich in Norddeutschland einen Hof erwerben.“ Möglichst mit
Bauern, die sich eines Tages aufs Altenteil
zurückziehen und ihm nach und nach
Landwirtschaft beibringen. Der Mann
hat Visionen. Und das nicht zu knapp.
MAGAZIN: Herr Mälzer, Hand aufs Herz, haben Sie schon
mal Ravioli kalt aus der Dose gemampft?
TIM MÄLZER: Nicht ganz kalt, aber lauwarm. Das ist eine
Spezialität: Dose kurz in heißes Wasser, Sauce warm,
Rest kalt. Manchmal esse ich auch Nudeln kalt vom
Herd. Schmeckt gut. Wenn man Hunger hat.
MAGAZIN: Wie sieht’s sonst mit kulinarischen Sünden
aus? Tiefkühlpizza, Tütensuppen, Hotdogs?
MÄLZER: Pizza mag ich nicht. Tütensuppen ebenso.
Aber so ein schöner Hotdog bei Ikea in der Kantine
ist nicht zu verachten. Oder ein guter Burger.
MAGAZIN: Im HSV-Stadion servieren Sie neuerdings auch
Currywurst – in der Platin-Lounge. Ist das mehr als
nur ein PR-Gag?
MÄLZER: Das ist eine Ehre für mich. Ich verstehe es als
persönliche Auszeichnung, Teil des Vereins zu sein.
MAGAZIN: Hauptsache, die Kasse klingelt?
MÄLZER: Von wegen! Der Gewinn fließt komplett den
Fans zu. Gemeinsam mit den Supporters überlege ich
noch, ob wir damit Auswärtsreisen unterstützen oder
Kindern Freikarten besorgen.
MAGAZIN: In Ihrem Restaurant „Bullerei“ sollen Sie mit
Ihrem HSV-Faible auf verlorenem Posten stehen ...
MÄLZER: Das ist höflich formuliert. Ich bin der Einzige.
Hier auf der Schanze sind natürlich alle St. Paulianer.
Aber ich steh zu meiner Leidenschaft, seit ich als
Sechsjähriger in der E-Jugend des SC Egenbüttel mit
Manfred Kaltz Hand in Hand aufgelaufen bin. Leider
war mein Spiel selbst weniger gut. Der Trainer stellte
mich nur auf, weil er scharf auf meine Mutter war.
MAGAZIN: Vielleicht, weil sie so gut kochen konnte.
MÄLZER: Das konnte und kann sie in der Tat. Es gab
früher zu Hause leckere deutsche Kost: Königsberger Klopse, Hühnerfrikassee, Schnitzel. Ich habe in
der Küche immer gerne Hausaufgaben gemacht, war
aber kein Pottkieker. Und beim Kochen geholfen
habe ich auch nicht.
MAGAZIN: War es ein Fehler, Ihrer Mutter vor ein paar
Jahren das Regiment der „Oberhafenkantine“ übergeben zu haben?
MÄLZER: Von der Sache her überhaupt nicht. Ich habe
das ihr zuliebe gemacht. Allerdings habe ich den
öffentlichen Widerhall unterschätzt. Ehrlich gesagt,
würde ich das nicht noch einmal machen.
MAGAZIN: Zum Grundsätzlichen: Sind Sie eher Gourmet
oder Gourmand?
MÄLZER: Eher Letzteres. Ich bin Purist und esse wahnsinnig gerne gut, habe aber einen recht simplen Geschmack: Currywurst, Senfeier und so. Mein Motto
ist etwas vulgär, aber treffend: die Fresse voll Fressen.
Man muss ein Gericht nicht vollmundig erklären
und viel um den heißen Brei labern, es muss einfach
schmecken. Basta.
MAGAZIN: Wo Sie sind, ist immer viel Tamtam. Warum
ist das so?
MÄLZER: Ich bin von Grund auf naiv. Also positiv, überhaupt nicht negativ eingestellt. Zudem traue ich mich,
Fehler zu machen. Das mögen die Leute offensichtlich. Ich kenne keine Gefahr oder nehme sie nicht
wahr. Ich falle dreimal auf die Schnauze, aber gewinne fünfmal. Kurz gesagt: Meine Welt ist total simpel.
MAGAZIN: Auf jeden Fall hat man den Eindruck, dass Sie
mehr Unterhalter als Koch sind.
MÄLZER: Vollkommen richtig. Ich bin mehr Wirt als
Koch, also ein kochender Wirt. Dieses Tamtam, wie
Sie es nennen, macht mir großen Spaß. Dabei bin ich
eigentlich introvertiert.
MAGAZIN: Sehr witzig.
MÄLZER: Doch, im Ernst. Im Kern bin ich sehr sensibel,
habe mir im Laufe der Zeit aber äußerlich ein dickes
Fell zugelegt. Ich zeige nur wenig von meiner sensiblen Seite.
MAGAZIN: Gut, dann mögen Sie sensibel sein, aber zurückhaltend sind Sie nicht. Waren Sie als Kind der
Klassenclown?
MÄLZER: Nein, aber ich war Klassen- und Schulsprecher
und immer dabei, wenn Blödsinn gemacht wurde.
MAGAZIN: Ihre Schwester verfügt auch über dieses Unterhalter-Gen …
MÄLZER: Tatsächlich arbeitet sie als Kinder-Clown:
mehr für soziale Projekte als für Kindergeburtstage.
MAGAZIN: Wie erklären Sie sich den Hype um Ihre Person? Für manche sind Sie eine Art Guru.
MÄLZER: Ich hinterfrage das nicht, aber ich wundere
mich. Denn ich spiele keine Rolle und kein Theater.
Ich bin ich. Wahrscheinlich liegt die Erklärung in
der Macht des Fernsehens: Ich bin praktisch bei den
Leuten im Wohnzimmer …
MAGAZIN: … und auch überall sonst. Warum tanzen Sie
auf so vielen Hochzeiten?
MÄLZER: Für mich ist das Leben ein großer Abenteuerspielplatz mit unendlich vielen Chancen. Der Nachteil dabei: Man kann mich sehr schnell begeistern.
Und ich kann schwer Nein sagen.
MAGAZIN: Diesem hochtourigen Leben mussten Sie vor
fünf Jahren Tribut zollen, als Ihnen plötzlich alles zu
viel war und nichts mehr ging.
MÄLZER: Korrekt, aber daraus habe ich Konsequenzen
gezogen. Ich schaffe mir jetzt mehr Freiraum und
mache nur noch, was ich machen kann – und will.
Immer auf dem Sprung:
Tim Mälzer im Hinterhof seiner
„Bullerei“ im Schanzenviertel
Ich kenne keine Gefahr oder nehme sie nicht wahr.
Ich falle dreimal auf die Schnauze, aber gewinne
fünfmal. Kurz gesagt: Meine Welt ist total simpel
Zum Beispiel war ich im Juli und August sechs Wochen im Urlaub. Mit Freundin und Auto quer durch
Europa: Holland, Belgien, Frankreich, Italien und
sehr viel Deutschland.
MAGAZIN: Und nun geht’s wieder in die Vollen. Verspüren
Sie Sehnsucht nach Anerkennung?
MÄLZER: Ja. Jeder öffentliche Mensch, der das abstreitet, lügt sich in die eigene Tasche. Ich habe mir eine
gute Nische ausgesucht: Die Gastronomie ist der Ort,
an dem es die schnellsten Reaktionen gibt. In ein
paar Minuten ist das Essen auf dem Tisch – und es
gibt Applaus. Oder die Sache geht nach hinten los …
MAGAZIN: Sie selbst kokettieren mit Begriffen wie „Küchenbulle“, „ Hallodri-Koch“ oder „Proll“. Was soll das?
MÄLZER: Damit helfe ich meinen Kritikern, mich in
eine Schublade zu packen.
MAGAZIN: Pfiffige Antwort. Allerdings wirken Sie intelligent und schlau, keineswegs bullig oder proletenhaft.
MÄLZER: Ich habe zwei Seiten. Für mich gibt es nicht
Schwarz oder Weiß, links oder rechts, sondern beides. Wie gesagt, bin ich extrem sensibel und kann
auch sehr gutmütig sein. Aber fragen Sie mal meine
Jungs in der Küche. Ich kann auch laut, krakeelig,
bestimmend, Raum ergreifend und überheblich sein.
Letzteres allerdings nur mir selbst gegenüber.
MAGAZIN: Haben Sie Furcht vor einem geschäftlichen
Einbruch? Nicht immer müssen Kochsendungen so heiß
gehandelt werden wie derzeit.
MÄLZER: Davor habe ich keine Angst, dann fällt mir
etwas anderes ein. Immerhin ist es mir gelungen,
Leben in die Küche zu bringen. Ich sehe mich nicht
als Kochkünstler, sondern als einer von nebenan, der
für die Leute zu Hause kocht. Das ist meine Motivation. Eine Philosophie habe ich nicht.
MAGAZIN: Dafür steht ein großer Apparat hinter Ihnen.
MÄLZER: Das kann man wohl sagen. In meinem Umfeld
gibt es 150 Mitarbeiter, die bei mir in irgendeiner
Form in Lohn und Brot stehen. Das belastet mich
nicht, weil ich ein gestörtes Verhältnis zu Geld und
Eigentum habe. Besitz bedeutet mir nicht viel, auch
habe ich keine überwältigenden Bedürfnisse.
MAGAZIN: Zurück hinter den Herd: Gehört die Frau in die
Küche? Oder der Mann? Oder beide?
MÄLZER: Ich bin zu aufgeklärt, um eine Mann-FrauDiskussion zu führen. Soll jeder machen, wie er will.
MAGAZIN: Wie handhaben Sie es denn privat?
MÄLZER: Ich hasse Bügeln, sonst mache ich alles. Am
liebsten allerdings koche ich, um anderen Diensten
aus dem Wege zu gehen.
MAGAZIN: Kochen Sie für Ihre Freundin Nina?
MÄLZER: Wenn ich zu Hause bin, jeden Tag. Und immer
gerne. Ich kann aber auch Pascha, fauler Hund sein.
MAGAZIN: Wann waren Sie zuletzt bei Aldi oder Penny?
MÄLZER: Das ist Jahre her. Ich bin kein Freund von Discountern. Wer nicht unbedingt rechnen muss, sollte
das sein lassen. Currywurst hin, Senfeier her …
MAGAZIN: Deshalb kommen bei Mälzers in Harvestehude
auch nur Bioprodukte in Pfanne und Topf ?
MÄLZER: Keineswegs, aber so ein Bio-Label kann nicht
schaden. Besonders bei allem, was mit Tieren zu tun
hat: Da wird zwar auch eine Menge Schindluder getrieben, aber für die Orientierung ist das okay.
MAGAZIN: Und was halten Sie von Internet-Plattformen,
auf denen über tatsächliche Inhaltsstoffe von Industrieprodukten informiert wird?
MÄLZER: Viel. Die Verbraucher haben mehr Einfluss
und können in Dialog mit der Industrie treten. Unterm Strich profitieren davon beide Seiten.
MAGAZIN: Zum Schluss darf die Frage nach Ihrem Leibgericht nicht fehlen.
MÄLZER: Absolute Nummer eins sind Spaghetti Bolognese. Wenn’s schnell gehen soll, auch mit Hack.
MAGAZIN: Und Ihr Lieblingsgetränk: Bier? Schampus?
MÄLZER: Ich mag alles Eiskalte. Besonders gern Spezi
mit einem Berg Eiswürfel.
Kurz-Biografie
» Tim Mälzer, geboren am 22. Januar 1971 in Elmshorn, absolvierte
nach dem Abitur eine Kochlehre im
Hotel InterConti. Danach arbeitete er
im Londoner Hotel Ritz sowie im
Szene-Lokal Neal Street. Dort lernte
Mälzer seinen Kollegen und Freund
Jamie Oliver kennen. Zurück in Hamburg tobte er sich im „Café Fees“, im
„Tafelhaus“, im „Engel“, „Au Quai“
sowie im „Weißen Haus“ aus. Ab
2003 folgten TV-Sendungen, Kochshows und Kochbücher. Seit 2009
betreibt er nicht nur die „Bullerei“ in
der Schanze, sondern ist auch Chefkoch der ARD und begeistert mit der
Ernährungsdoku-Reihe „Deutschland isst … mit Tim Mälzer“ ein neues
Publikum nicht nur zum Genießen,
sondern auch zum gewissenhaften
Umgang mit den Lebensmitteln.
IV
› THEMA DER WOCHE
Sonnabend / Sonntag, 20. / 21. August 2011
Tour de Nord
Aus dem Sattel heraus lassen sich
Alster, Barockparks und Häfen
auf eine ganz neue Weise erleben:
10 RADTOUREN für Familien und
Naturliebhaber, Zeitreisende und
Wasserratten – selbst für Freunde
des Barfuß-Laufens ist eine dabei
Süße Belohnung: Am Ende des Radfernwegs
„Alte Salzstraße“ wartet Lübeck – und Marzipan
Per Bike von Beach zu Beach:
die Seenrundfahrt durch
den Naturpark Lauenburg
Perfekter Start: Die Gemüsetour
durch die größten Anbaugebiete des
Nordens beginnt in Glückstadt
REDAKTION: KIRSTEN RICK
Kiel
KARTE: GRAFIKANSTALT; FOTOS: NADJA BIEBOW, HANS-JOACHIM HARBECK, GETTY IMAGES (3),
SVEN MERSIOWSKI, PICTURE-ALLIANCE (2), UNTERELBE TOURISMUS E.V./PHOTOCOMPANY, PR
Heide
Oben angekommen: Die Obstroute im
Alten Land bietet beschauliche Rastorte,
Fachwerkhäuser und Apfelplantagen
be
El
6
Lübeck
5
1
4
8
7
2
Hamburg
Bremerhaven
3
1 Obstroute durchs
Alte Land
Länge: 78 km – teilbar in zwei Schleifen
von 37 km und 41 km Länge
Start: z. B. Grünendeich: Lüheanleger,
Bahnhöfe Stade oder Horneburg
„Beiß nicht gleich in jeden Apfel …“ –
denn wer das tut, kommt nicht
voran. Im Alten Land, dem größten
geschlossenen Obstanbaugebiet
Deutschlands, locken pralle Früchte
und viele Köstlichkeiten am Wegesrand. Die ausgeschilderte Obstroute
führt in zwei Schleifen vorbei an
Prunkpforten und Fachwerkhäusern
an der Elbe und den sich idyllisch
schlängelnden Flüsschen Schwinge,
Lühe und Este. Man kommt in dem
von niederländischen Kolonialisten
eingedeichten Gebiet gut voran, denn
es ist platt wie Holland. Nur Gegenwind kann Sie dann noch aufhalten –
und die Verlockungen der zahlreichen
Hofcafés. Die Anreise ist bequem: Mit
der S-Bahn oder mit dem Schiff ab
Schulau über die Elbe. An Wochenenden und Feiertagen kann man die
Strecke mit dem Elbe-Radwanderbus
abkürzen (www.elbe-radwanderbus.de).
Tipps:
» Haus der Maritimen
Landschaft Unterelbe
In dem Zentrum rund ums „maritime
Geschehen“, das seinen Sitz in der
einstigen Seefahrtschule hat, informieren Ortskundige über die Angebote
der Region. Kapitän Bruns führt Gäste
über die hauseigene Kapitänsbrücke.
Kirchenstieg 30, 21720 Grünendeich,
Do/Fr 12–16, Sa 11–17, So 11–16 Uhr,
www.maritime-elbe.de
» Schloss Agathenburg
In einem verwunschenen Park steht
das feudale Schloss aus dem 17. Jahrhundert, darin gibt es u.a. eine Dauerausstellung zur wechselvollen Historie
des Hauses – und im Schlosscafé
selbst gebackenen Kuchen.
Hauptstraße, 21684 Agathenburg,
Di–Fr 14–18, Sa/So 11–18 Uhr ( bis
31.10.), www.schlossagathenburg.de
» Tag des offenen Hofes: 10. / 11.9.
Viele Obstbaubetriebe laden ein zu
Unterhaltungsprogramm, Ausstellungen, Konzerten und
Kulinarischem rund
um den Apfel. Infos
siehe Website unten.
» Informationen: www.
tourismus-altesland.de/
tourenvorschlaege
2 Seeadler-Tour
Länge: 37 km
Start: Willkomm-Höft in Wedel
Zur Einstimmung kann man am Willkomm-Höft in Wedel ein wenig den
großen Schiffen hinterherschauen
und Fernweh aufkommen lassen.
Dann geht es entlang des Elbdeichs
ins Naturschutzgebiet Haseldorfer
Binnenelbe mit seinen weiten Sandstränden und großen Wasserflächen.
Der Seeadler weist nicht nur auf den
Schildern den Weg, mit etwas Glück
kann man ihn auch in echt sehen. Fast
50 Paare des seltenen Greifvogels
brüten inzwischen in Schleswig-Holstein. Die Radtour führt weiter an
Obstplantagen vorbei, an der Pinnau
und ab Heist an der Geestkante entlang bis zum Landschaftsschutzgebiet
Holmer Sandberge mit den großen
Binnendünen. Durch offenes Waldgebiet geht es zurück nach Wedel.
Tipps:
» Carl Zeiss Vogelstation
Schautafeln informieren über die
Vogelwelt, die man vom Beobachtungsraum überblicken kann, ohne
die Bekassinen, Austernfischer und
Kiebitze zu stören. NABU-Mitarbeiter
helfen bei der Bestimmung, es können
auch Ferngläser geliehen werden.
Kleientnahmestelle Fährmannssand,
Mi/Do u. Sa/So 10–16 Uhr,
www.nabu-hamburg.de
» Elbmarschenhaus
Ein zentraler Anlaufpunkt für Naturtouristen. Hier gibt es nicht nur informative Ausstellungen, sondern auch
viel Interessantes über die Region. Im
Außengelände mit Spielmöglichkeiten
kann man auch gut picknicken.
Hauptstr. 26, 25489 Haseldorf, tägl.
10–16 Uhr, www.elbmarschenhaus.de
» Obstparadies Café & Hofladen Winterros
Das Café bietet köstliche selbst
gebackene Kuchen und Torten, der
Hofladen 15 verschiedene Apfelsorten,
Beeren und Marmeladen aus eigener
Herstellung, und die Kinder toben auf
dem Abenteuerspielplatz oder vergnügen sich bei den Ziegen im kleinen
Streichelzoo. Am 11. September wird
das Apfelfest gefeiert.
Winterros, 22880 Wedel, Tel. 04103/
888 05, Café Mi–Sa 14–18, So 10–18
Uhr, www.obst-paradies-kleinwort.de
» Informationen: www.holstein-tourismus.
de/fahrradtouren.html
9
Auch ein Radler: der Schaufelraddampfer
„Kaiser Wilhelm“ auf der Techniktour
3 Techniktour
10
8 Seenradtour
Bremen
durchs Herzogtum
Länge: 30 km (rund um Geesthacht),
40 km (rund um Lauenburg)
Start: Lauenburg, Parkplatz Lösch- & Ladeplatz; Geesthacht, Parkplatz an der Schleuse
4 Alsterlauf
5 Gemüsetörn
6 Oste-Wingst-Route
Länge: 19 km
Start: S-Bahn Poppenbüttel
Länge: 27 km
Start: Glückstadt
Länge: 45 km
Start: Zoo in der Wingst
(großer, kostenfreier Parkplatz)
Die Alster ist mehr als die beiden Seen
in der Stadt: Der kleine Fluss schlängelt sich durch das enge „Tal“, unter
uralten Bäumen, durch Reste von
Auwäldern und feuchten Erlenbruchwäldern. Man fährt an den Vorgärten
prachtvoller Villen vorbei, die hinter
all dem Grün kaum auszumachen sind.
Langsam verdichtet sich die Stadt,
man radelt durch Kleingartenkolonien,
durch Eppendorf und Winterhude,
bis sich an der Krugkoppelbrücke der
Blick auf die Außenalster öffnet. Der
Alsterwanderweg ist mit einem gelben
Dreieck ausgeschildert (z.B. an Bäumen), es gibt ein paar unbefestigte
Wege und an sonnigen Wochenenden
kann es sehr voll werden.
Durch eines der größten Gemüseanbaugebiete in Schleswig-Holstein führt
diese Tour: 35 Betriebe bewirtschaften
hier eine Fläche von 450 Hektar. Die
holländischen Siedler, die die Wildnis
eindeichten, fanden leichten Marschboden, frischen Wind und viel Wasser
– perfekte Bedingungen für die Landwirtschaft. Zur Erntezeit haben die
Hofläden entlang der flachen, asphaltierten Strecke ein üppiges Angebot.
Der Weg führt zum Störsperrwerk,
durchs malerische Borsfleth und nach
Krempe, mit nur 2400 Einwohnern die
kleinste Stadt in Holstein. Zurück geht
es durch die Marsch, vorbei an schönen Bauernhäusern in der Blomeschen
Wildnis ins Matjes-Mekka Glückstadt.
Die Wingst ist ein Paradies für Radfahrer: Die Landschaft ist abwechslungsreich, vom romantischen Fluss
über Moore und den Balksee bis hin
zu einem 1100 Hektar großen Waldgebiet. Am Wegesrand laden stille
Zeugen der Frühgeschichte wie das
Steingrab, malerische Orte wie Oberndorf und originelle Einkehrmöglichkeiten zur Pause ein. Das Melkhus in
Süderbusch lohnt einen Abstecher
wegen der von Landfrauen zubereiteten Leckereien aus Milchprodukten.
Ausgeschildert ist die eher flache Route, die zumeist über schwach befahrene und gut geteerte Nebenstraßen
führt, als Cuxland-Fahrradtour R04.
Tipps:
Tipps:
Tipps:
» Museum im Torhaus Wellingsbüttel
» Galerie-Café Knudsen
» Zoo in der Wingst
Wie sah es früher an der Oberalster
aus? Das Heimatmuseum zeigt Fotodokumentationen über „Das alte Dorf
Sasel“ und „Alt-Hummelsbüttel“,
dazu gibt es historische Gerätschaften
und Kleidung zu sehen.
Wellingsbüttler Weg 75a, Sa/So 11–13
und 15–17 Uhr, Eintritt frei
Die Torten von Landfrau Erika Knudsen sind legendär. Während der Woche
malt die ehemalige Gemüsebäuerin,
das Café dient heute auch als Galerie.
Am Neuendeich 162, 25348 Blomesche
Wildnis, Tel. 04124/890449,
Sa/So 14–19 Uhr
Ein moderner Zoo mit großem Wolfsund Bärenwald und einem Freigehege
für die Japanmakaken. Höhepunkt für
die Lütten ist der Kinderbauernhof,
auf dem sich Tiere streicheln lassen.
Am Olymp 1, 21789 Wingst,
tägl. 10–19 Uhr, www.wingstzoo.de
» Op de Deel
» Spielpark Wingst
Perspektivwechsel: Wer zwischendurch mal aufs Wasser möchte, mietet
sich bei Töns ein Ruderboot oder ein
Kanu. Dann haben die Beine Pause
und die Arme arbeiten.
Ratsmühlendamm 2,
www.bootsvermietung-toens.de
Gehobene Gastronomie mit frischen
Produkten aus der Region – in einer
reetgedeckten alten Bauernkate mit
Garten direkt hinterm Elbdeich.
Am Neuendeich 127, 25348 Blomesche
Wildnis, Mi–So 17.30–21.30 u. Fr–So
11.30–14.30 Uhr, Tel. 04124/8700,
www.opdedeel.de
Als Pferdestärken noch starke Pferde
waren: In diesem Museum wird gezeigt, wie wichtig die Tiere für den
Transport waren. Auf dem Resthof
leben auch Kaltblüter und Ziegen.
Alte Salzstr. 29, 21483 Lütau,
So 10–17 Uhr (Mai–September),
www.zugpferdemuseum.de
» Café Leinpfad
» Krempe
Auf über 50000 Quadratmetern gibt
es fast 60 Spiel- und Sportmöglichkeiten. Die Top-Attraktionen sind der
Baumseilpfad und der Niedrigseilgarten, der Klassiker ist die Sommerrodelbahn.
Schwimmbadallee 10a, 21789 Wingst,
tägl. 10–18 Uhr ( bis 31.10.),
www.wingst.de
Das Café liegt direkt am Alsterlauf,
auf dem alten Anleger „Winterhuder
Fährhaus“. Hier werden neben
Käse- und Apfelkuchen auch Pasta
und Labskaus serviert.
Leinpfad/Hudtwalckerstraße,
ab 10 Uhr, www.cafe-leinpfad.de
Die kleine Stadt war einstmals eine
bedeutende holsteinische Festung, die
König Christian III. 1553 in Auftrag gab
und selbst vermessen
hat. Sehenswert:
das RenaissanceRathaus (1570).
» Kamelienzucht Peter Fischer
» Informationen: www.lauenburg.de
» Informationen: www.hamburg-tourism.de
» Informationen: www.
» Informationen: www.cuxland.de
Die Techniktour ist etwas für Entdecker, die auch einige Steigungen
und unbefestigte Streckenabschnitte
nicht scheuen: Es gibt viele spannende Ziele zu erforschen, historische
und moderne technische Bauwerke,
vom einzigen Pumpspeicherwerk
Norddeutschlands über die Reste der
ehemaligen Dynamitfabrik bis zum
Raddampfer „Kaiser Wilhelm“. Was
hat es mit dem Bau der Schleuse auf
sich? Warum erfand Alfred Nobel das
Dynamit in Geesthacht? Es gibt zwei
Rundkurse, einen um Geesthacht,
einen um Lauenburg, die miteinander
kombiniert werden können, beide
ausgeschildert mit dem ZahnradSymbol. Zu den Tagen der Industriekultur am Wasser (20./21.8., siehe S. II
Unterwegs) laufen spezielle Aktionen.
Tipps:
» Geesthacht Museum!
Die interaktive Ausstellung verrät Verblüffendes und Spannendes über die Stadt, die der größte
Energie- und Forschungsstandort
Norddeutschlands ist.
Bergedorfer Str. 28, 21502 Geesthacht,
Mo–Fr 10–18, Sa/So 11–17 Uhr
(bis September), www.geesthacht.de
» Pumpspeicherkraftwerk
Einmalig im Norden: Mit Hilfe von
Sonnen- und Windenergie drücken
drei gewaltige Pumpen das Elbwasser
hinauf ins riesige Speicherbecken. Bei
Bedarf rauschen die Wassermassen
80 Meter tief über Turbinen in die
Elbe zurück und erzeugen Strom.
Elbuferstr. 49, 21502 Geesthacht
» Zugpferde-Museum
und www.geesthacht.de
Als das Fahrrad laufen lernte
» Bootsvermietung Töns
glueckstadt-tourismus.de
Die Kameliengärtnerei von Peter
Fischer gilt als eine der größten und
besten Europas. 900 Sorten der
aparten Pflanze wachsen hier, davon
über 20 aus eigener Züchtung.
Höden 16, 21789 Wingst, www.kamelie.de
7 Geschichten von
Schloss und Hof
Länge: 34 km
Start: Ahrensburg
Per Fahrrad in die Vergangenheit:
Diese Rundtour zwischen Ahrensburg
und Bargteheide führt vorbei an
prächtigen Gütern und Anwesen mit
Geschichte. Sie beginnt in Ahrensburg, auf der von Linden gesäumten
Großen Straße, zentrale Achse des
einstigen barocken Stadtensembles.
Durch das Dorf Bünningstedt gelangt
man in den Duvenstedter Brook und
über einen kurzen Abstecher entlang
der Jersbeker Straße zum Gut Jersbek
mit seinem prunkvollen Barockgarten.
Am Rande des Radweges liegt auch
Schloss Tremsbüttel mit seinen Türmen, heute ein Hotel. Die Tour ist als
„12“ ausgeschildert, eine Karte gibt es
sowohl im Tourenplaner „Radwandern
in Stormarn“ wie auch als pdf-Datei
zum Herunterladen und Ausdrucken
auf www.kreis-stormarn.de
Tipps:
» Hofladen Ahnfeldt
Alles fürs Picknick bekommt man
in diesem Hofladen: Brot, Obst, Käse,
Katenschinken und viele Säfte.
Bramkampredder 3, 22949 Ammersbek (Bünningstedt-Dorf ), Di u. Do
8–12.30 u. 14–18 Uhr, Mi 8–12.30, Fr
8–18, Sa 8–14 Uhr, www.hofahnfeldt.de
» Museum Schloss Ahrensburg
Das leuchtend weiße RenaissanceSchloss präsentiert sich mit seiner
umfangreichen Mobiliar-, Porzellanund Gemäldeeinrichtung.
Lübecker Str. 1, 22926 Ahrensburg, Tel.
04102/42510, tägl. außer Mo und Fr
11–17 Uhr, www.schloss-ahrensburg.de
» Barockpark Gut Jersbek
Beeindruckende Alleen führen zum
prunkvollen Barockpark, den Bendix
von Ahlefeldt anlegte. Als er 1740 vollendet war, kamen adlige Gäste von
weit her, um die Pracht zu bestaunen.
Allee, 22941 Jersbek
» Informationen: www.kreis-stormarn.de
Länge: 48 km
Start: Ratzeburg
Viel Ausblick aufs Wasser bietet die
Rundtour im Naturpark Lauenburgische Seen. Im Domsee liegt die malerische Ratzeburger Domhalbinsel.
Vom Aussichtsturm am Mechower
See kann man Wasservögel beobachten, mit Glück sogar einen Seeadler
erspähen. Durch die sanft hügelige
Landschaft geht es zum Ufer des
Schaalsees, dann entlang des Pfuhl-,
Piper- und Salemer Sees zurück nach
Ratzeburg, das von gleich vier Seen
umgeben ist. Die Region wurde einst
durch die deutsch-deutsche Grenze
geteilt, woran das Museum Grenzhus
in Schlagsdorf erinnert. Im früheren
Grenzgebiet sind die Wege teilweise
naturbelassen, es gibt auch einige
Anstiege, bei denen man feste in die
Pedale treten muss – davon kann man
sich danach in Ratzeburg bei Kultur
und Kaffee erholen.
Tipps:
» Grenzhus Museum
In der Ausstellung wird die Geschichte der innerdeutschen Teilung gezeigt,
in der Außenanlage macht eine nachgebaute Grenzanlage der 80er-Jahre
diese wieder erlebbar.
Neubauernweg 1, 19217 Schlagsdorf,
Mo–Fr 10–16.30, Sa/So 10–18 Uhr,
www.grenzhus.de
9 Heidetour – mit
allen Sinnen
Länge: 19,4 km
Start: Parkplatz am Barfußpark in Egestorf
Ab in die Heide! Es wird die wohl
beste Heideblüte mit dem üppigsten
Purpurteppich seit Jahren erwartet.
Die Tour startet und endet mit einer
Hauptattraktion, die jedoch köcheltief
in den Schlamm führt: dem Barfußpark in Egestorf. Für einen Besuch
sollte man sich mindestens zwei
Stunden gönnen – also besser erst
nach der Radtour. Von Egestorf geht
es hinein in die Dichterlandschaft,
nach Undeloh. Wenn man Glück hat,
begegnet man einem Schäfer mit seiner Schnuckenherde oder man sieht
die Dülmener Wildpferde, die entlang
des Radenbaches für die Landschaftspflege sorgen. Der Rundkurs führt
über Döhle zurück nach Egestorf.
Tipps:
» Barfußpark Egestorf
Wellness für die Füße: Man läuft über
Steine, Mulch, Rinde, Gras, Wasser,
Erde, Kiesel, Lehm, Moor – ein wahrhaft sinnliches Erlebnis. Keine Angst
vor kalten Füßen, die werden beim
Barfußlaufen schnell warm.
Ahornweg 9, 21272 Egestorf,
tägl. 9–18 Uhr ( bis 15.10.),
www.barfusspark-egestorf.de
» Heide-Erlebnis-Zentrum Undeloh
Im Café gibt es hausgemachte Torten
und Kuchen, im Hofladen u.a. Galloway-Fleisch aus eigener Aufzucht. Am
18.9. wird Kartoffelfest gefeiert.
Seestr. 58, 23911 Salem, tägl. 7–18 Uhr,
www.kaiserhof-salem.de
Der Schlüssel zur Heide: In der
Ausstellung wird erklärt, wie Eis und
Wind, Mensch und Tier die Landschaft formten. Alte Heidebauern,
Schäfer und Imker erzählen von
ihrer Arbeit, die aus dichtem Wald
die Heide geschaffen hat.
Wilseder Str. 23, 21274 Undeloh,
tägl. 10–18 Uhr ( bis 31.9.),
www.heide-erlebniszentrum.de
» Ernst Barlach Museum
» Teestube Undeloh
In dem Haus, in dem Barlach sechs
Jahre seiner Kindheit verlebte, werden Bronzeplastiken, Keramiken,
Holzschnitte und andere Werke des
Künstlers ausgestellt.
Barlachplatz 3,
23909 Ratzeburg,
Di–So 11–17 Uhr,
www.ernst-barlach.de
Der charmante Klassiker, frisch
renoviert und mit neuem Koch: Die
Teestube hat eine lange Umbauphase
hinter sich. Hier gibt es Heidetorten
aus eigener Herstellung, kleine süße
und herzhafte Leckereien sowie
natürlich viele Sorten Tee.
Zur Dorfeiche 15, 21274 Undeloh,
Mo–Fr 10–21 Uhr, Sa/So 9-21 Uhr,
www.teestube-undeloh.de
» Kaisers Hofladen und Café
» Informationen: www.
hlms.de/de/seenradtour
» Informationen:
www.radtour-lueneburgerheide.de
LAUFRAD VON KARL DRAIS
1817 erfand der badische Forstmeister
Karl Friedrich Freiherr von Drais die erste
lenkbare „Schnelllaufmaschine“ aus Holz,
die Draisine. Die für damalige Zeiten
bahnbrechende Innovation gilt als Vorläufer des Fahrrads. Herr Drais aber hatte
nichts davon, er starb völlig mittellos.
10 Radfernweg
„Alte Salzstraße“
Länge: ca. 100 km
Start: Lüneburg
Dem Salz verdankten die beiden
Hansestädte ihren Reichtum: Um
1500 wurden pro Jahr etwa 19000
Tonnen des „weißen Goldes“ von
Lüneburg, wo es gewonnen wurde,
bis nach Lübeck transportiert. Einen
Monat dauerte die Reise, mit dem Rad
schafft man die rund 100 Kilometer
lange und komplett ausgeschilderte
Strecke, die größtenteils am ElbeLübeck-Kanal entlang führt, bequem
in zwei bis bis vier Tagen. Vom norddeutschen Flachland geht es hinein
in die sanfte Hügellandschaft der 40
Lauenburgischen Seen, abseits von
belebten Straßen. Keine Sorge: Steile
Anstiege gibt es auf der gesamten
Strecke nicht. Städtchen wie Lauenburg, Ratzeburg und Mölln bieten
viele Sehenswürdigkeiten. Besonders
reizvoll für Naturliebhaber: die Nebenroute ab Witzeeze, die jedoch einige
kleinere Steigungen beinhaltet.
Tipps:
PEDALANTRIEB
Der Franzose Pierre Michaux stellte 1867
sein Fahrradmodell „Michauline“ in Paris
vor – Spötter nannten das Rad auch
„Knochenschüttler“. Neu war nicht
nur die Konstruktion aus Stahl, sondern
vor allem der Pedalantrieb, der direkt
am Vorderrad angebracht war.
HOCHRAD
Ab 1870 kam das Hochrad in Mode.
Das 1871 vorgestellte Modell „Ariel“
besaß bereits Vollgummibereifung
und Drahtspeichen, das Vorderrad hatte
einen Durchmesser von 125 cm. Das
Fahren erforderte Geschicklichkeit,
tödliche Stürze waren keine Seltenheit.
NIEDERRAD
Mehr Sicherheit versprach das Niederrad,
das erst durch den Kettenantrieb zum
Hinterrad möglich war. 1895 entwickelte
man den Diamantrahmen – das Fahrrad
hatte seine endgültige Form gefunden.
Nach der Nähmaschine wurde es zum
zweiten technischen Serienprodukt.
» Schiffshebewerk Scharnebeck
Eine Attraktion für Technik-Fans: der
Fahrstuhl für Schiffe. Das zur Bauzeit
(1974) weltgrößte DoppelsenkrechtSchiffshebewerk bietet auch großen
Pötten die Möglichkeit, eine Höhe von
38 Metern zu überwinden.
www.schiffshebewerk-scharnebeck.de
» Kloster Lüne
Das 1172 gegründete Benediktinerinnen-Kloster liegt zwischen alten
Bäumen und Streuobstwiesen, in der
Brunnenhalle ergießt der sogenannte
Handstein, das Wahrzeichen des
Klosters, seit über 600 Jahren sein
Wasser in eine bronzene Schale. Es
gibt ein Textilmuseum und ein Café.
Am Domänenhof, 21337 Lüneburg,
www.kloster-luene.de
» Café Niederegger
Zur Belohnung gibt es am Ende der
Tour nichts Salziges, sondern Marzipantorten im Café Niederegger.
Breite Str. 89, 23552 Lübeck,
Tel. 0451/5301126, Mo–Fr 9–19, Sa
9–18, So 10–18 Uhr, www.niederegger.de
» Informationen: www.hlms.de
Unterwegs in Norddeutschland
„Auf 2 Rädern zu 1000 Möglichkeiten“ lautet das Motto, unter dem die Metropolregion
Hamburg im Internet 23 Radtourentipps für Familien zusammengestellt hat. Alle
Strecken bieten viel Abwechslung mit schönen Stopps und haben wenig Steigung.
Praktisch: Karten und GPS-Daten sind ebenso dabei wie die Adressen von Sehenswürdigkeiten, Aktionen für Kinder und Einkehrmöglichkeiten. Die Fahrradrouten und mehr
Informationen unter: www.metropolregion.hamburg.de/familienradtouren
Das iPhone radelt mit
Das Hamburger Abendblatt bietet allen, die Hamburg und sein Umland
auf dem Fahrradsattel entdecken möchten, jetzt auch digital zehn
weitere interessante Routen. Die neue iPhone-App „Radtouren“
führt Radler entlang der empfohlenen Strecken aus der Kartenbox
„Meine schönsten Radtouren“, zum Beispiel nach Blankenese, ins Alte Land oder in die Lüneburger Heide.
In der interaktiven Kartenapplikation ist jede Route mit Informationen und Tipps zum Streckenverlauf versehen. Alle
Start- und Endpunkte der Karten sind mit dem Stadt- und
Regionalnetz des HVV verbunden. Darüber hinaus bietet
die App einen Überblick über zurückgelegte Kilometer,
Geschwindigkeit, Zeit und Kalorienverbrauch.
Die i Phone-App „Radtouren“ des Hamburger
Abendblatts kostet einmalig 2,99 Euro und ist im
iTunes-App Store erhältlich. Mehr Informationen:
www.abendblatt.de/mobile-apps/
V
IV
› THEMA DER WOCHE
Sonnabend / Sonntag, 20. / 21. August 2011
Tour de Nord
Aus dem Sattel heraus lassen sich
Alster, Barockparks und Häfen
auf eine ganz neue Weise erleben:
10 RADTOUREN für Familien und
Naturliebhaber, Zeitreisende und
Wasserratten – selbst für Freunde
des Barfuß-Laufens ist eine dabei
Süße Belohnung: Am Ende des Radfernwegs
„Alte Salzstraße“ wartet Lübeck – und Marzipan
Per Bike von Beach zu Beach:
die Seenrundfahrt durch
den Naturpark Lauenburg
Perfekter Start: Die Gemüsetour
durch die größten Anbaugebiete des
Nordens beginnt in Glückstadt
REDAKTION: KIRSTEN RICK
Kiel
KARTE: GRAFIKANSTALT; FOTOS: NADJA BIEBOW, HANS-JOACHIM HARBECK, GETTY IMAGES (3),
SVEN MERSIOWSKI, PICTURE-ALLIANCE (2), UNTERELBE TOURISMUS E.V./PHOTOCOMPANY, PR
Heide
Oben angekommen: Die Obstroute im
Alten Land bietet beschauliche Rastorte,
Fachwerkhäuser und Apfelplantagen
be
El
6
Lübeck
5
1
4
8
7
2
Hamburg
Bremerhaven
3
1 Obstroute durchs
Alte Land
Länge: 78 km – teilbar in zwei Schleifen
von 37 km und 41 km Länge
Start: z. B. Grünendeich: Lüheanleger,
Bahnhöfe Stade oder Horneburg
„Beiß nicht gleich in jeden Apfel …“ –
denn wer das tut, kommt nicht
voran. Im Alten Land, dem größten
geschlossenen Obstanbaugebiet
Deutschlands, locken pralle Früchte
und viele Köstlichkeiten am Wegesrand. Die ausgeschilderte Obstroute
führt in zwei Schleifen vorbei an
Prunkpforten und Fachwerkhäusern
an der Elbe und den sich idyllisch
schlängelnden Flüsschen Schwinge,
Lühe und Este. Man kommt in dem
von niederländischen Kolonialisten
eingedeichten Gebiet gut voran, denn
es ist platt wie Holland. Nur Gegenwind kann Sie dann noch aufhalten –
und die Verlockungen der zahlreichen
Hofcafés. Die Anreise ist bequem: Mit
der S-Bahn oder mit dem Schiff ab
Schulau über die Elbe. An Wochenenden und Feiertagen kann man die
Strecke mit dem Elbe-Radwanderbus
abkürzen (www.elbe-radwanderbus.de).
Tipps:
» Haus der Maritimen
Landschaft Unterelbe
In dem Zentrum rund ums „maritime
Geschehen“, das seinen Sitz in der
einstigen Seefahrtschule hat, informieren Ortskundige über die Angebote
der Region. Kapitän Bruns führt Gäste
über die hauseigene Kapitänsbrücke.
Kirchenstieg 30, 21720 Grünendeich,
Do/Fr 12–16, Sa 11–17, So 11–16 Uhr,
www.maritime-elbe.de
» Schloss Agathenburg
In einem verwunschenen Park steht
das feudale Schloss aus dem 17. Jahrhundert, darin gibt es u.a. eine Dauerausstellung zur wechselvollen Historie
des Hauses – und im Schlosscafé
selbst gebackenen Kuchen.
Hauptstraße, 21684 Agathenburg,
Di–Fr 14–18, Sa/So 11–18 Uhr ( bis
31.10.), www.schlossagathenburg.de
» Tag des offenen Hofes: 10. / 11.9.
Viele Obstbaubetriebe laden ein zu
Unterhaltungsprogramm, Ausstellungen, Konzerten und
Kulinarischem rund
um den Apfel. Infos
siehe Website unten.
» Informationen: www.
tourismus-altesland.de/
tourenvorschlaege
2 Seeadler-Tour
Länge: 37 km
Start: Willkomm-Höft in Wedel
Zur Einstimmung kann man am Willkomm-Höft in Wedel ein wenig den
großen Schiffen hinterherschauen
und Fernweh aufkommen lassen.
Dann geht es entlang des Elbdeichs
ins Naturschutzgebiet Haseldorfer
Binnenelbe mit seinen weiten Sandstränden und großen Wasserflächen.
Der Seeadler weist nicht nur auf den
Schildern den Weg, mit etwas Glück
kann man ihn auch in echt sehen. Fast
50 Paare des seltenen Greifvogels
brüten inzwischen in Schleswig-Holstein. Die Radtour führt weiter an
Obstplantagen vorbei, an der Pinnau
und ab Heist an der Geestkante entlang bis zum Landschaftsschutzgebiet
Holmer Sandberge mit den großen
Binnendünen. Durch offenes Waldgebiet geht es zurück nach Wedel.
Tipps:
» Carl Zeiss Vogelstation
Schautafeln informieren über die
Vogelwelt, die man vom Beobachtungsraum überblicken kann, ohne
die Bekassinen, Austernfischer und
Kiebitze zu stören. NABU-Mitarbeiter
helfen bei der Bestimmung, es können
auch Ferngläser geliehen werden.
Kleientnahmestelle Fährmannssand,
Mi/Do u. Sa/So 10–16 Uhr,
www.nabu-hamburg.de
» Elbmarschenhaus
Ein zentraler Anlaufpunkt für Naturtouristen. Hier gibt es nicht nur informative Ausstellungen, sondern auch
viel Interessantes über die Region. Im
Außengelände mit Spielmöglichkeiten
kann man auch gut picknicken.
Hauptstr. 26, 25489 Haseldorf, tägl.
10–16 Uhr, www.elbmarschenhaus.de
» Obstparadies Café & Hofladen Winterros
Das Café bietet köstliche selbst
gebackene Kuchen und Torten, der
Hofladen 15 verschiedene Apfelsorten,
Beeren und Marmeladen aus eigener
Herstellung, und die Kinder toben auf
dem Abenteuerspielplatz oder vergnügen sich bei den Ziegen im kleinen
Streichelzoo. Am 11. September wird
das Apfelfest gefeiert.
Winterros, 22880 Wedel, Tel. 04103/
888 05, Café Mi–Sa 14–18, So 10–18
Uhr, www.obst-paradies-kleinwort.de
» Informationen: www.holstein-tourismus.
de/fahrradtouren.html
9
Auch ein Radler: der Schaufelraddampfer
„Kaiser Wilhelm“ auf der Techniktour
3 Techniktour
10
8 Seenradtour
Bremen
durchs Herzogtum
Länge: 30 km (rund um Geesthacht),
40 km (rund um Lauenburg)
Start: Lauenburg, Parkplatz Lösch- & Ladeplatz; Geesthacht, Parkplatz an der Schleuse
4 Alsterlauf
5 Gemüsetörn
6 Oste-Wingst-Route
Länge: 19 km
Start: S-Bahn Poppenbüttel
Länge: 27 km
Start: Glückstadt
Länge: 45 km
Start: Zoo in der Wingst
(großer, kostenfreier Parkplatz)
Die Alster ist mehr als die beiden Seen
in der Stadt: Der kleine Fluss schlängelt sich durch das enge „Tal“, unter
uralten Bäumen, durch Reste von
Auwäldern und feuchten Erlenbruchwäldern. Man fährt an den Vorgärten
prachtvoller Villen vorbei, die hinter
all dem Grün kaum auszumachen sind.
Langsam verdichtet sich die Stadt,
man radelt durch Kleingartenkolonien,
durch Eppendorf und Winterhude,
bis sich an der Krugkoppelbrücke der
Blick auf die Außenalster öffnet. Der
Alsterwanderweg ist mit einem gelben
Dreieck ausgeschildert (z.B. an Bäumen), es gibt ein paar unbefestigte
Wege und an sonnigen Wochenenden
kann es sehr voll werden.
Durch eines der größten Gemüseanbaugebiete in Schleswig-Holstein führt
diese Tour: 35 Betriebe bewirtschaften
hier eine Fläche von 450 Hektar. Die
holländischen Siedler, die die Wildnis
eindeichten, fanden leichten Marschboden, frischen Wind und viel Wasser
– perfekte Bedingungen für die Landwirtschaft. Zur Erntezeit haben die
Hofläden entlang der flachen, asphaltierten Strecke ein üppiges Angebot.
Der Weg führt zum Störsperrwerk,
durchs malerische Borsfleth und nach
Krempe, mit nur 2400 Einwohnern die
kleinste Stadt in Holstein. Zurück geht
es durch die Marsch, vorbei an schönen Bauernhäusern in der Blomeschen
Wildnis ins Matjes-Mekka Glückstadt.
Die Wingst ist ein Paradies für Radfahrer: Die Landschaft ist abwechslungsreich, vom romantischen Fluss
über Moore und den Balksee bis hin
zu einem 1100 Hektar großen Waldgebiet. Am Wegesrand laden stille
Zeugen der Frühgeschichte wie das
Steingrab, malerische Orte wie Oberndorf und originelle Einkehrmöglichkeiten zur Pause ein. Das Melkhus in
Süderbusch lohnt einen Abstecher
wegen der von Landfrauen zubereiteten Leckereien aus Milchprodukten.
Ausgeschildert ist die eher flache Route, die zumeist über schwach befahrene und gut geteerte Nebenstraßen
führt, als Cuxland-Fahrradtour R04.
Tipps:
Tipps:
Tipps:
» Museum im Torhaus Wellingsbüttel
» Galerie-Café Knudsen
» Zoo in der Wingst
Wie sah es früher an der Oberalster
aus? Das Heimatmuseum zeigt Fotodokumentationen über „Das alte Dorf
Sasel“ und „Alt-Hummelsbüttel“,
dazu gibt es historische Gerätschaften
und Kleidung zu sehen.
Wellingsbüttler Weg 75a, Sa/So 11–13
und 15–17 Uhr, Eintritt frei
Die Torten von Landfrau Erika Knudsen sind legendär. Während der Woche
malt die ehemalige Gemüsebäuerin,
das Café dient heute auch als Galerie.
Am Neuendeich 162, 25348 Blomesche
Wildnis, Tel. 04124/890449,
Sa/So 14–19 Uhr
Ein moderner Zoo mit großem Wolfsund Bärenwald und einem Freigehege
für die Japanmakaken. Höhepunkt für
die Lütten ist der Kinderbauernhof,
auf dem sich Tiere streicheln lassen.
Am Olymp 1, 21789 Wingst,
tägl. 10–19 Uhr, www.wingstzoo.de
» Op de Deel
» Spielpark Wingst
Perspektivwechsel: Wer zwischendurch mal aufs Wasser möchte, mietet
sich bei Töns ein Ruderboot oder ein
Kanu. Dann haben die Beine Pause
und die Arme arbeiten.
Ratsmühlendamm 2,
www.bootsvermietung-toens.de
Gehobene Gastronomie mit frischen
Produkten aus der Region – in einer
reetgedeckten alten Bauernkate mit
Garten direkt hinterm Elbdeich.
Am Neuendeich 127, 25348 Blomesche
Wildnis, Mi–So 17.30–21.30 u. Fr–So
11.30–14.30 Uhr, Tel. 04124/8700,
www.opdedeel.de
Als Pferdestärken noch starke Pferde
waren: In diesem Museum wird gezeigt, wie wichtig die Tiere für den
Transport waren. Auf dem Resthof
leben auch Kaltblüter und Ziegen.
Alte Salzstr. 29, 21483 Lütau,
So 10–17 Uhr (Mai–September),
www.zugpferdemuseum.de
» Café Leinpfad
» Krempe
Auf über 50000 Quadratmetern gibt
es fast 60 Spiel- und Sportmöglichkeiten. Die Top-Attraktionen sind der
Baumseilpfad und der Niedrigseilgarten, der Klassiker ist die Sommerrodelbahn.
Schwimmbadallee 10a, 21789 Wingst,
tägl. 10–18 Uhr ( bis 31.10.),
www.wingst.de
Das Café liegt direkt am Alsterlauf,
auf dem alten Anleger „Winterhuder
Fährhaus“. Hier werden neben
Käse- und Apfelkuchen auch Pasta
und Labskaus serviert.
Leinpfad/Hudtwalckerstraße,
ab 10 Uhr, www.cafe-leinpfad.de
Die kleine Stadt war einstmals eine
bedeutende holsteinische Festung, die
König Christian III. 1553 in Auftrag gab
und selbst vermessen
hat. Sehenswert:
das RenaissanceRathaus (1570).
» Kamelienzucht Peter Fischer
» Informationen: www.lauenburg.de
» Informationen: www.hamburg-tourism.de
» Informationen: www.
» Informationen: www.cuxland.de
Die Techniktour ist etwas für Entdecker, die auch einige Steigungen
und unbefestigte Streckenabschnitte
nicht scheuen: Es gibt viele spannende Ziele zu erforschen, historische
und moderne technische Bauwerke,
vom einzigen Pumpspeicherwerk
Norddeutschlands über die Reste der
ehemaligen Dynamitfabrik bis zum
Raddampfer „Kaiser Wilhelm“. Was
hat es mit dem Bau der Schleuse auf
sich? Warum erfand Alfred Nobel das
Dynamit in Geesthacht? Es gibt zwei
Rundkurse, einen um Geesthacht,
einen um Lauenburg, die miteinander
kombiniert werden können, beide
ausgeschildert mit dem ZahnradSymbol. Zu den Tagen der Industriekultur am Wasser (20./21.8., siehe S. II
Unterwegs) laufen spezielle Aktionen.
Tipps:
» Geesthacht Museum!
Die interaktive Ausstellung verrät Verblüffendes und Spannendes über die Stadt, die der größte
Energie- und Forschungsstandort
Norddeutschlands ist.
Bergedorfer Str. 28, 21502 Geesthacht,
Mo–Fr 10–18, Sa/So 11–17 Uhr
(bis September), www.geesthacht.de
» Pumpspeicherkraftwerk
Einmalig im Norden: Mit Hilfe von
Sonnen- und Windenergie drücken
drei gewaltige Pumpen das Elbwasser
hinauf ins riesige Speicherbecken. Bei
Bedarf rauschen die Wassermassen
80 Meter tief über Turbinen in die
Elbe zurück und erzeugen Strom.
Elbuferstr. 49, 21502 Geesthacht
» Zugpferde-Museum
und www.geesthacht.de
Als das Fahrrad laufen lernte
» Bootsvermietung Töns
glueckstadt-tourismus.de
Die Kameliengärtnerei von Peter
Fischer gilt als eine der größten und
besten Europas. 900 Sorten der
aparten Pflanze wachsen hier, davon
über 20 aus eigener Züchtung.
Höden 16, 21789 Wingst, www.kamelie.de
7 Geschichten von
Schloss und Hof
Länge: 34 km
Start: Ahrensburg
Per Fahrrad in die Vergangenheit:
Diese Rundtour zwischen Ahrensburg
und Bargteheide führt vorbei an
prächtigen Gütern und Anwesen mit
Geschichte. Sie beginnt in Ahrensburg, auf der von Linden gesäumten
Großen Straße, zentrale Achse des
einstigen barocken Stadtensembles.
Durch das Dorf Bünningstedt gelangt
man in den Duvenstedter Brook und
über einen kurzen Abstecher entlang
der Jersbeker Straße zum Gut Jersbek
mit seinem prunkvollen Barockgarten.
Am Rande des Radweges liegt auch
Schloss Tremsbüttel mit seinen Türmen, heute ein Hotel. Die Tour ist als
„12“ ausgeschildert, eine Karte gibt es
sowohl im Tourenplaner „Radwandern
in Stormarn“ wie auch als pdf-Datei
zum Herunterladen und Ausdrucken
auf www.kreis-stormarn.de
Tipps:
» Hofladen Ahnfeldt
Alles fürs Picknick bekommt man
in diesem Hofladen: Brot, Obst, Käse,
Katenschinken und viele Säfte.
Bramkampredder 3, 22949 Ammersbek (Bünningstedt-Dorf ), Di u. Do
8–12.30 u. 14–18 Uhr, Mi 8–12.30, Fr
8–18, Sa 8–14 Uhr, www.hofahnfeldt.de
» Museum Schloss Ahrensburg
Das leuchtend weiße RenaissanceSchloss präsentiert sich mit seiner
umfangreichen Mobiliar-, Porzellanund Gemäldeeinrichtung.
Lübecker Str. 1, 22926 Ahrensburg, Tel.
04102/42510, tägl. außer Mo und Fr
11–17 Uhr, www.schloss-ahrensburg.de
» Barockpark Gut Jersbek
Beeindruckende Alleen führen zum
prunkvollen Barockpark, den Bendix
von Ahlefeldt anlegte. Als er 1740 vollendet war, kamen adlige Gäste von
weit her, um die Pracht zu bestaunen.
Allee, 22941 Jersbek
» Informationen: www.kreis-stormarn.de
Länge: 48 km
Start: Ratzeburg
Viel Ausblick aufs Wasser bietet die
Rundtour im Naturpark Lauenburgische Seen. Im Domsee liegt die malerische Ratzeburger Domhalbinsel.
Vom Aussichtsturm am Mechower
See kann man Wasservögel beobachten, mit Glück sogar einen Seeadler
erspähen. Durch die sanft hügelige
Landschaft geht es zum Ufer des
Schaalsees, dann entlang des Pfuhl-,
Piper- und Salemer Sees zurück nach
Ratzeburg, das von gleich vier Seen
umgeben ist. Die Region wurde einst
durch die deutsch-deutsche Grenze
geteilt, woran das Museum Grenzhus
in Schlagsdorf erinnert. Im früheren
Grenzgebiet sind die Wege teilweise
naturbelassen, es gibt auch einige
Anstiege, bei denen man feste in die
Pedale treten muss – davon kann man
sich danach in Ratzeburg bei Kultur
und Kaffee erholen.
Tipps:
» Grenzhus Museum
In der Ausstellung wird die Geschichte der innerdeutschen Teilung gezeigt,
in der Außenanlage macht eine nachgebaute Grenzanlage der 80er-Jahre
diese wieder erlebbar.
Neubauernweg 1, 19217 Schlagsdorf,
Mo–Fr 10–16.30, Sa/So 10–18 Uhr,
www.grenzhus.de
9 Heidetour – mit
allen Sinnen
Länge: 19,4 km
Start: Parkplatz am Barfußpark in Egestorf
Ab in die Heide! Es wird die wohl
beste Heideblüte mit dem üppigsten
Purpurteppich seit Jahren erwartet.
Die Tour startet und endet mit einer
Hauptattraktion, die jedoch köcheltief
in den Schlamm führt: dem Barfußpark in Egestorf. Für einen Besuch
sollte man sich mindestens zwei
Stunden gönnen – also besser erst
nach der Radtour. Von Egestorf geht
es hinein in die Dichterlandschaft,
nach Undeloh. Wenn man Glück hat,
begegnet man einem Schäfer mit seiner Schnuckenherde oder man sieht
die Dülmener Wildpferde, die entlang
des Radenbaches für die Landschaftspflege sorgen. Der Rundkurs führt
über Döhle zurück nach Egestorf.
Tipps:
» Barfußpark Egestorf
Wellness für die Füße: Man läuft über
Steine, Mulch, Rinde, Gras, Wasser,
Erde, Kiesel, Lehm, Moor – ein wahrhaft sinnliches Erlebnis. Keine Angst
vor kalten Füßen, die werden beim
Barfußlaufen schnell warm.
Ahornweg 9, 21272 Egestorf,
tägl. 9–18 Uhr ( bis 15.10.),
www.barfusspark-egestorf.de
» Heide-Erlebnis-Zentrum Undeloh
Im Café gibt es hausgemachte Torten
und Kuchen, im Hofladen u.a. Galloway-Fleisch aus eigener Aufzucht. Am
18.9. wird Kartoffelfest gefeiert.
Seestr. 58, 23911 Salem, tägl. 7–18 Uhr,
www.kaiserhof-salem.de
Der Schlüssel zur Heide: In der
Ausstellung wird erklärt, wie Eis und
Wind, Mensch und Tier die Landschaft formten. Alte Heidebauern,
Schäfer und Imker erzählen von
ihrer Arbeit, die aus dichtem Wald
die Heide geschaffen hat.
Wilseder Str. 23, 21274 Undeloh,
tägl. 10–18 Uhr ( bis 31.9.),
www.heide-erlebniszentrum.de
» Ernst Barlach Museum
» Teestube Undeloh
In dem Haus, in dem Barlach sechs
Jahre seiner Kindheit verlebte, werden Bronzeplastiken, Keramiken,
Holzschnitte und andere Werke des
Künstlers ausgestellt.
Barlachplatz 3,
23909 Ratzeburg,
Di–So 11–17 Uhr,
www.ernst-barlach.de
Der charmante Klassiker, frisch
renoviert und mit neuem Koch: Die
Teestube hat eine lange Umbauphase
hinter sich. Hier gibt es Heidetorten
aus eigener Herstellung, kleine süße
und herzhafte Leckereien sowie
natürlich viele Sorten Tee.
Zur Dorfeiche 15, 21274 Undeloh,
Mo–Fr 10–21 Uhr, Sa/So 9-21 Uhr,
www.teestube-undeloh.de
» Kaisers Hofladen und Café
» Informationen: www.
hlms.de/de/seenradtour
» Informationen:
www.radtour-lueneburgerheide.de
LAUFRAD VON KARL DRAIS
1817 erfand der badische Forstmeister
Karl Friedrich Freiherr von Drais die erste
lenkbare „Schnelllaufmaschine“ aus Holz,
die Draisine. Die für damalige Zeiten
bahnbrechende Innovation gilt als Vorläufer des Fahrrads. Herr Drais aber hatte
nichts davon, er starb völlig mittellos.
10 Radfernweg
„Alte Salzstraße“
Länge: ca. 100 km
Start: Lüneburg
Dem Salz verdankten die beiden
Hansestädte ihren Reichtum: Um
1500 wurden pro Jahr etwa 19000
Tonnen des „weißen Goldes“ von
Lüneburg, wo es gewonnen wurde,
bis nach Lübeck transportiert. Einen
Monat dauerte die Reise, mit dem Rad
schafft man die rund 100 Kilometer
lange und komplett ausgeschilderte
Strecke, die größtenteils am ElbeLübeck-Kanal entlang führt, bequem
in zwei bis bis vier Tagen. Vom norddeutschen Flachland geht es hinein
in die sanfte Hügellandschaft der 40
Lauenburgischen Seen, abseits von
belebten Straßen. Keine Sorge: Steile
Anstiege gibt es auf der gesamten
Strecke nicht. Städtchen wie Lauenburg, Ratzeburg und Mölln bieten
viele Sehenswürdigkeiten. Besonders
reizvoll für Naturliebhaber: die Nebenroute ab Witzeeze, die jedoch einige
kleinere Steigungen beinhaltet.
Tipps:
PEDALANTRIEB
Der Franzose Pierre Michaux stellte 1867
sein Fahrradmodell „Michauline“ in Paris
vor – Spötter nannten das Rad auch
„Knochenschüttler“. Neu war nicht
nur die Konstruktion aus Stahl, sondern
vor allem der Pedalantrieb, der direkt
am Vorderrad angebracht war.
HOCHRAD
Ab 1870 kam das Hochrad in Mode.
Das 1871 vorgestellte Modell „Ariel“
besaß bereits Vollgummibereifung
und Drahtspeichen, das Vorderrad hatte
einen Durchmesser von 125 cm. Das
Fahren erforderte Geschicklichkeit,
tödliche Stürze waren keine Seltenheit.
NIEDERRAD
Mehr Sicherheit versprach das Niederrad,
das erst durch den Kettenantrieb zum
Hinterrad möglich war. 1895 entwickelte
man den Diamantrahmen – das Fahrrad
hatte seine endgültige Form gefunden.
Nach der Nähmaschine wurde es zum
zweiten technischen Serienprodukt.
» Schiffshebewerk Scharnebeck
Eine Attraktion für Technik-Fans: der
Fahrstuhl für Schiffe. Das zur Bauzeit
(1974) weltgrößte DoppelsenkrechtSchiffshebewerk bietet auch großen
Pötten die Möglichkeit, eine Höhe von
38 Metern zu überwinden.
www.schiffshebewerk-scharnebeck.de
» Kloster Lüne
Das 1172 gegründete Benediktinerinnen-Kloster liegt zwischen alten
Bäumen und Streuobstwiesen, in der
Brunnenhalle ergießt der sogenannte
Handstein, das Wahrzeichen des
Klosters, seit über 600 Jahren sein
Wasser in eine bronzene Schale. Es
gibt ein Textilmuseum und ein Café.
Am Domänenhof, 21337 Lüneburg,
www.kloster-luene.de
» Café Niederegger
Zur Belohnung gibt es am Ende der
Tour nichts Salziges, sondern Marzipantorten im Café Niederegger.
Breite Str. 89, 23552 Lübeck,
Tel. 0451/5301126, Mo–Fr 9–19, Sa
9–18, So 10–18 Uhr, www.niederegger.de
» Informationen: www.hlms.de
Unterwegs in Norddeutschland
„Auf 2 Rädern zu 1000 Möglichkeiten“ lautet das Motto, unter dem die Metropolregion
Hamburg im Internet 23 Radtourentipps für Familien zusammengestellt hat. Alle
Strecken bieten viel Abwechslung mit schönen Stopps und haben wenig Steigung.
Praktisch: Karten und GPS-Daten sind ebenso dabei wie die Adressen von Sehenswürdigkeiten, Aktionen für Kinder und Einkehrmöglichkeiten. Die Fahrradrouten und mehr
Informationen unter: www.metropolregion.hamburg.de/familienradtouren
Das iPhone radelt mit
Das Hamburger Abendblatt bietet allen, die Hamburg und sein Umland
auf dem Fahrradsattel entdecken möchten, jetzt auch digital zehn
weitere interessante Routen. Die neue iPhone-App „Radtouren“
führt Radler entlang der empfohlenen Strecken aus der Kartenbox
„Meine schönsten Radtouren“, zum Beispiel nach Blankenese, ins Alte Land oder in die Lüneburger Heide.
In der interaktiven Kartenapplikation ist jede Route mit Informationen und Tipps zum Streckenverlauf versehen. Alle
Start- und Endpunkte der Karten sind mit dem Stadt- und
Regionalnetz des HVV verbunden. Darüber hinaus bietet
die App einen Überblick über zurückgelegte Kilometer,
Geschwindigkeit, Zeit und Kalorienverbrauch.
Die i Phone-App „Radtouren“ des Hamburger
Abendblatts kostet einmalig 2,99 Euro und ist im
iTunes-App Store erhältlich. Mehr Informationen:
www.abendblatt.de/mobile-apps/
V
VI
› BROT & SPIELE
Sonnabend / Sonntag, 20. / 21. August 2011
Samurai-Sudoku
1
6
4
5
7
LOKAL-TERMIN
Die Brücke zur Stadt
5 2
6
9 4
3
1
8
8
4
Hier isst man
gerne: KüchenKultur an einem
Ort, wo Kunst
und Architektur
erlebbar sind
6
8 2
7
3
8
4
3
1
2 4
1 7
5 8 4
9
5
8
6
3
3
8
2
9
2
1 5
3 5
8
2
9
8
5
3
5 9 6
1
9
2
2 5 6
4 7
Lösungsweg:
Beim Samurai-Sudoku sind vier
Eck-Sudokus so um ein ZentralSudoku angeordnet, dass jedes
der vier Eck-Sudokus sich je
Kurz-Biografie
Tim Seidel, 38, verdient,
nach Kunststudiums-Intermezzo und Ausflügen in die
Werbe- und Grafikbranche,
seit 2004 sein Geld als
Gastronom. Das Rialto, sein
erster Versuch, geriet nach
anfänglicher Durststrecke
zum Hotspot der Hamburger Kunst- und Kulturszene.
Im Februar übernahm Seidel
die Oberhafenkantine,
vergangenen Donnerstag
öffnete mit dem Thalia
Kaffeehaus sein drittes Lokal. Seine Devise: Qualität,
kein Schnickschnack.
» Rialto, Michaelisbrücke 3, Tel. 36 43 42, Küche tgl. 12–23,
3
4
2
5
3
8 3 7
4
3 7
2
6 7
6
8
7
6 2
5
9 4
6 8
4
2
4
3
7
6
4
3
1
2
4
7 3
9
3
7
7 9
6
6
5
4
1
1 bis 9 aufzufüllen. Dabei darf
jede Zahl in jeder Zeile und jeder
Spalte sowie in jedem 3 × 3 Feld nur einmal vorkommen.
Lösung: siehe unten …
FOTO: GRAFIKANSTALT
Irgendwo in Hamburg. Nur wo?
Nachts um drei am 20. Mai 1921 wurde Wolfgang
Borchert in diesem Eckhaus geboren. Bis 1937 lebte
er hier, Vater und Sohn gingen ab 1928 in die gleiche Schule in der Erikastraße, der Vater als Lehrer.
Der Sohn war kein besonders guter Schüler, es
deutete nichts darauf hin, dass man dem Jugendstilhaus einmal seinen Namen geben würde. Die
Erzählung „Das Holz für morgen“ spielt im Treppenhaus des Wohngebäudes. Heute erinnert eine
Sandsteintafel an den Dichter, der nur 26 Jahre
alt wurde – sie hängt draußen vor der Tür …
Für scharfe Denker
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
11
16
12
13
14
15
39
40
41
17
18
19
20
21
22
23
24
25
26
32
33
27
34
42
28
29
35
36
37
31
38
43
44
45
46
48
30
49
47
50
51
52
Mittagstisch Mo – Fr 12 – 15 Uhr, www.rialto-hamburg.de
Irgendwo in
Hamburg:
Tarpenbekstr. 82
7
5
9
4
1
6
3
8
2
8
4
6
2
5
3
1
7
9
7
9
5
4
2
6
3
1
8
1
3
2
8
5
7
9
4
6
3
2
1
8
7
9
5
4
6
8
6
4
3
1
9
5
2
7
4
3
2
7
8
1
6
9
5
4
5
1
6
9
2
8
7
3
6
1
7
9
2
5
8
3
4
3
8
7
5
4
1
2
6
9
9
8
5
3
6
4
2
1
7
6
2
9
7
8
3
4
5
1
9
4
3
1
7
5
6
8
2
1
3
9
5
7
4
6
3
8
9
2
1
5
7
6
2
3
8
1
9
4
7
8
5
2
6
3
1
9
7
4
5
8
2
1
8
9
6
4
7
3
5
4
2
6
1
9
8
5
4
2
7
6
3
5
4
7
8
9
1
3
2
6
8
6
3
5
4
2
9
1
7
2
1
9
3
6
7
4
8
5
7
5
8
9
6
4
3
2
1
6
5
8
7
4
9
8
6
1
2
5
3
3
9
1
8
2
5
4
7
6
9
1
3
8
5
2
3
9
4
6
1
7
4
6
2
1
7
3
9
5
8
2
7
4
6
3
1
7
2
5
9
4
8
2
9
3
1
5
8
4
7
6
1
2
5
4
3
9
6
8
7
5
1
8
4
7
6
3
9
2
9
8
4
6
5
7
1
3
2
4
6
7
2
3
9
1
8
5
6
7
3
2
8
1
5
4
9
3
8
5
9
1
2
7
6
4
5
4
6
7
9
2
8
1
3
E
B
E
R
N
I
L
I
A
1
2
4
6
8
7
5
3
9
8
1
7
3
4
6
2
9
5
R
E
N
K
E
G
A
S
T
9
7
6
5
4
3
8
2
1
2
3
9
5
1
8
7
6
4
Tel. 79 02 76 14, tgl. 11 – 23 Uhr
» LE SU, Lange Reihe 97,
P
A
D
E
R
B
O
R
N
Tel. 390 90 16, Mo – Fr 12 – 15, Mo – Sa ab
18 Uhr, www.das-weisse-haus.de
P
R
I
M
E
N
K
E
L
» DAS WEISSE HAUS, Neumühlen 50,
An alles gedacht hat Kahraman Ösüm:
an sonnenverwöhnte Weine aus Südfrankreich oder der Türkei. An kardamomgewürzten Mokka. An feinen Mittagstisch (5 – 7 Euro) von Kalbsspieß bis zur
vegetarischen Vorspeisenvariation in
XL. An Halvar und türkischen Milchreis.
Und an Wolldecken. In die gehüllt, können seine Gäste draußen vor dem Lokal
vom Frühstück bis zum Feierabendbier
das Leben der Langen Reihe genießen.
E
T
A
N
G
O
S
S
I
Christian Senkel suchte schon länger
einen Nachfolger für sein heimelig-elegantes Restaurant an der Elbe. Jetzt hat
Patrick Voeltz offiziell die Herrschaft über
das kleine Haus übernommen, nachdem
er zuvor schon das Küchen-Regiment
führte. Viele kennen den Hamburger, der
sich eineinhalb Jahre Auszeit gegönnt
hat, noch aus dem „Golden Cut“ – und
auch sein Sushi und Rinderfilet Rossini.
L
I
V
E
N
I
S
A
N
Le Su
H
E
I
D
E
T
A
X
E
Das Weiße Haus
C
H
L
O
R
A
L
E
X
RESTAURANT
S
N
O
B
H
I
R
T
E
RESTAURANT
Senkrecht:
1 Ein walzenförmiges Meerestier suchen wir.
2 Büffel; ist in einer Sudanoase anzutreffen.
3 Schottischer Stoff, aber keine Droge. 4 Nikola
war Amerikaner und Physiker. 5 „Den Sack
schlägt man, den ... meint man.“ (Petronius).
6 Dieser lyrische Nikolaus lebte in der Biedermeierzeit. 7 Bei ihm ist das Brett vor dem Kopf
aus Teakholz. 8 Bringt farbige Wäsche zum
Erbleichen. 9 Er glaubt an fremde Götter, sie
besteht aus Sand und Erika. 10 Sendung zur
Sofortverwendung. 11 Eine Lagune nennt man
so in Frankreich, doch nicht anderswo. 12 Der
Fechter führt ihn aus. 13 Stadt an der Egge-Ecke.
14 Stadt in Unterfranken, die an Schweine
erinnert? 15 Schwimmt in Voralpenseen; kein
Urlauber. 25 Henrik Johan dramatisierte in Norwegen. 26 Steht eine Tunica davor, sieht man
darin einen Bestandteil der Blutgefäße. 28 Bisweilen zählt ein Schaf zu seinen Vorläufern. 29
So feiert man den Ostermonat jüdisch. 31 Auf
dieses Kindeskind Großeltern stolz sind. 32 Hier
steht ein Palindrom, sie wissen schon. 33 Dieser
Kurze steht für den Bund Deutscher Steuerbeamten ein. 34 Für Süddeutsche ist dies das
Beißende an einem Fraß. 35 Ohne Zweifel in der
Eifel. 36 Dieser Herr steht an einem Berliner Platz
ganz vorn. 37 Von Kurdirektoren gebührend erkoren. 38 Der einzige Ostdeutsche inmitten von
Grossisten. 40 Alias Rhea Silvia. 41 „Bist du nur
ein trüber ... auf der dunklen Erde.“ (Goethe).
Auflösungen:
L
E
N
A
U
V
E
N
N
1 Salat: Avocados grob würfeln, Tomaten klein schneiden. Alles mit Saft der Zitronen, Olivenöl, Essig und
fein geschnittener Zwiebel mischen. Mit Salz abschmecken. Im Kühlschank 2 Std. abkühlen lassen.
2 Teriyaki: Zitronengras, Knoblauch, Zucker und Ingwer mit Öl karamelisieren, Orangensaft dazugeben,
auf die Hälfte reduzieren. Mit Geflügelfond und
Sojasauce aufkochen; passieren; abkühlen lassen.
3 Salsa: Mangos u. Gurken klein würfeln, Chili, Honig,
Weißweinessig, Koriander-Stiele dazugeben, mischen.
4 Thunfisch: Sesam mit 1 Bund fein geschnittenem
Koriander vermischen, in Pfanne anrösten. Thunfischfilet im Stück mit der Mischung umhüllen, in
Scheiben schneiden. Mit Teriyaki-Sauce marinieren, kurz anbraten. Mit Salat und Salsa garnieren.
E
S
E
L
M
E
D
I
A
200 ml Geflügelfond
200 ml Sojasauce
2 reife Mangos
2 geschälte Gurken
2 kleine Chilischoten
4 EL Honig
2 EL Weißweinessig
400 g Sesam
2 Bund Koriander
800 g Thunfischfilet
T
E
S
L
A
R
A
S
S
Für 4 Personen:
2 reife Avocados
2 Tomaten (Sorte Safari)
2 große Zitronen
4 EL Olivenöl, 2 EL Essig
1 rote Zwiebel
4 Stangen Zitronengras
4 Knoblauchzehen
100 g Zucker
100 g Ingwer
500 ml Orangensaft
T
W
E
E
D
B
D
S
T
Thunfisch Teriyaki auf AvocadoSalat mit Mango-Gurken-Salsa
Waagerecht:
1 Reitpferde sind das auch. 16 Die dadurch
glänzen, werden gerne ausgenommen. 17 Kein
Wunder, dass der stiehlt – bei den Eltern!
18 Herauskriegen, ohne jemanden an die frische
Luft zu setzen. 19 Diesen Stadtteil finden sie
in Danzig. 20 Verstellter Neid ist Kalenderzeit.
21 Spanisches Spezialgericht. 22 Bei Häusern
ist er oben, bei Gefäßen unten. 23 Veraltete
Marke im Kummerkasten. 24 Ein anderes Wort
für Schwiegersohn – sicher kennen Sie es schon?
27 Sie passen an Sand, Sonnen und Taschen.
30 Mit Vergnügen! 32 Von Lateinern bevorzugte
Abkürzung. 39 Ist der Große Chef, so schmückt
der Engländer den Boss damit. 42 In Potsdam
nehmen wir kurz diese Mengenangabe wahr.
43 Entnahme von Blut; tut dem Kreislauf gut.
44 Russische Halbinsel hört sich süffig an.
45 Linker Nebenfluss des Po, und ein Kanton
ist’s sowieso. 46 Deep in the Heart of ... der
Heimat des amerikanischen Öles. 47 Ihre göttliche Frucht wurde zum Zankapfel. 48 Reduzierter Anteil. 49 Kurze Sanierung. 50 Erschien es
einst vor gieren, wurde die Bibel erklärt. 51 Dieser
Strom kommt nicht aus der Steckdose, sondern
aus Afrika. 52 Das ist natürlich kurz.
A
N
O
A
I
B
S
E
N
REZEPT VON ERIC GROSSMANN
Essen und ausgehen
4
einen Block mit dem ZentralSudoku teilt! Dabei gelten für
jedes der 5 Sudoku-Diagramme
die klassischen Spielregeln: Alle
Diagramme sind mit den Zahlen
S
A
L
P
E
A
T
T
A
M
anchmal, wenn es der Zufall will, ändert
ein neues Restaurant nicht nur den Ort,
den es bespielt, sondern gleich das ganze
Umfeld. Dass die Ecke um Fleetinsel, Admiralitätsstraße und Michaelisbrücke, die noch vor Jahren eher
ein Nischendasein unter Hamburgs Abendadressen
fristete, heute zu den bestfrequentierten in der Innenstadt zählt, ist sicher einigen Künstlern und Galeristen, Stadtplanern und Ladenbetreibern vor Ort zu
verdanken. Und nicht zuletzt dem „Rialto“.
Als Tim Seidel das Lokal vor sieben Jahren eröffnete, hatte es eine Reihe mehr oder minder erfolgloser Gastroversuche hinter sich. Dabei zählt der Ort
per se zu den idyllischsten in der City. Im Souterrain
eines alten Kontorhauses gelegen, mit großen Bleiglasfenstern, einem Dielenboden aus Schiffsbohlen
und Blick auf den Herrengraben-Kanal. Fenster und
Böden hat Seidel erhalten, auch wenn die Tische auf
unebenem Grund mal wackeln, und um dezent-modernes Mobiliar ergänzt. Es dominieren Weiß-, Grünund Schlammtöne, an den Wänden hängt vierteljährlich wechselnde Kunst. Das Ganze wandelt atmosphärisch auf dem schmalen Grat zwischen gediegen
und simpel, warm und unterkühlt, edel und urtümlich – mit selten anzutreffender Stilsicherheit.
Entsprechend angesagt ist das Haus. Mittags wie
abends kriegt man ohne Reservierung kaum einen
Tisch, im Bar-Vorraum ist samstagabends kaum ein
Durchkommen. Keine Frage, das Rialto bildet heute
eine Art kulinarische Brücke zur abends ja eher leblo-
sen Innenstadt. Es gibt günstige, ständig wechselnde
Mittagstische sowie eine alle zwei Wochen wechselnde, sehr übersichtliche Abendkarte, die französische,
italienische, asiatische Elemente behende mischt.
Wir beginnen mit einer Tomaten-Tarte-Tatin
(8,90 Euro), süßlich-kräftig mit einem leichten Ziegenkäse. Besonders empfehlenswert: das hauchdünn
geschnittene Seeteufel-Pescaccio mit lauwarmem
Pfifferlingssalat (9,50 Euro), ein intensives Erlebnis.
Wer’s leichter mag: Das Artischockencreme-Süppchen (7,90 Euro) geht eigentlich immer.
Für den Hauptgang bietet sich neben Klassikern
wie Wiener Schnitzel oder Steak-Frites-Salade ( jeweils 16,50 Euro) diesmal besonders der Thunfisch
(22,50 Euro) an, in der Sesam-Koriander-Kruste und
mit herzhaftem Teriyaki kurz angebraten sowie mit
Avocadosalat und Mango-Gurken-Salsa serviert. Sushi-Feeling, leichte Sommerlichkeit und herzhafte
Orientalik feiern hier feine Hochzeit. Zum Nachtisch
dann zum Beispiel eine Creme Brulée (6,50 Euro),
plus ein Pflaumenschnaps „Luzet Vieille Prune“ nach
Empfehlung des Hauses. Alles rund hier und jetzt.
Die Weinkarte bietet Bekannt-Bewährtes aus Italien und Frankreich, aber auch fruchtige Rieslings
oder Veltliner wie etwa den Federspiel. Die Bedienung ist freundlich und offen, aber nicht anbiedernd.
Oder wie es Seidel formuliert: „Keine Arschkriecher,
bitte.“ Nach einem Abend im Rialto dürfte jedem klar
sein, warum dieser Ort das Viertel verändert hat.
1
2
Das „Rialto“ hat die Fleetinsel neu aufleben lassen – nach einem Besuch dort weiß man, warum
TEXT: JOCHEN FÖRSTER • FOTOS: THOMAS LEIDIG
7
5
5
8
3
9
1 9
IMPRESSUM
Chefredaktion: Lars Haider (V.i.S.d.P.)
Redaktion: Anika Riegert (verantwortlich)
Art Direction: Julia Wagner
Mitarbeiter dieser Ausgabe: Albrecht Barke, Jule
Bleyer, Simone Buchholz, Jochen Förster, Matthias
Gretzschel, Oliver vom Hofe, Thorsten Hoins, Thomas
Leidig, Karin Lübbe, Julia Marten, Peter Maus, Jens
Meyer-Odewald, Norman Raap, Kirsten Rick, Sven
Stillich, Axel Tiedemann, Josephine Warfelmann
Konzeption & Realisation:
mar10 media GmbH
Geschäftsführer: Nikolas Marten
Anzeigen (verantwortlich): Dirk Seidel,
Tel. 040/34 72 25 56
Verlag & Druck: Axel Springer AG,
Axel-Springer-Platz 1, 20350 Hamburg
Ausgezeichnet mit fünf „European
Newspaper Awards 2010“
VII
Sonnabend / Sonntag, 20. / 21. August 2011
› GESTERN & HEUTE
Moin, moin! Mitarbeiter der Hamburger Handelsfirma Hernsheim & Co. auf Matupit, ca. 1890.
Mit Hut in der Hand: Geschäftsführer Max Thiel
FOTO: ARCHIV MUSEUM FÜR VÖLKERKUNDE HAMBURG
Geisterglaube: Ein Mann des TolaiVolkes tanzt mit Tumbuan-Maske,
dahinter der Vulkan Tavurvur (o.)
Werbefläche: Coca-Cola bewarb
den Ort, wo einst am 3.11.1884 die
deutsche Reichsflagge wehte (l.)
Geschichtsstunde: Francis Keta (l.)
führt Hamburger Besucher zu
Stätten hanseatischen Wirkens (u.)
FOTOS: ANTJE KELM, MATTHIAS GRETZSCHEL (2)
127 JAHRE KOLONIALGESCHICHTE
Papua
Hansestadt
E
s ist der 3. November 1884: Schon
von fern beobachten Angehörige
des Tolai-Stammes auf der Insel
Matupit die großen Schiffe, die die
Blanche-Bay entlangdampfen. Es
ist nicht das erste Mal, dass Menschen mit weißer Hautfarbe hier
auftauchen, aber diesmal scheint
sich etwas Besonderes anzubahnen. Langsam laufen
die Korvette Elisabeth und das Kanonenboot Hyäne
in den Naturhafen zwischen Matupit und dem Vulkan
Tavurvur ein, der dunkle Rauchschwaden in den
sonst makellos blauen Südseehimmel bläst. Boote
werden zu Wasser gelassen und zum Strand hinübergerudert. Deutsche Soldaten in weißer Marineuniform hantieren mit allerlei Gerät und rammen dann
eine Stange in den von schwarzer Vulkanasche bedeckten Boden. Dann stellen sie sich in mehreren
Reihen auf, Kapitän Hugo Langemak nimmt die Parade ab und gibt schließlich das Signal, auf das alle
gewartet haben. Zwei Matrosen marschieren zu dem
Mast, befestigen eine Fahne und ziehen sie auf. Zum
ersten Mal weht die schwarzweißrote Fahne des
deutschen Kaiserreichs in der Südsee.
Die nur wenige Quadratkilometer große Insel
Matupit liegt im Bismarckarchipel im Nordosten der
Insel Neubritannien, die heute zur Republik PapuaNeuguinea gehört. Während der deutschen Kolonialzeit hieß Neubritannien Neupommern, die benachbarte Insel Neuirland Neumecklenburg und die
dazwischen gelegene Inselgruppe Duke of York trug
den Namen Neulauenburg. Das alles ist lange her: Zu
Beginn des Ersten Weltkriegs rückten australische
Truppen vor, noch im September 1914 kapitulierten
die Deutschen und holten ihre Flagge wieder ein.
Der 10. Juli 2011: Mit zwei Pickups fahren 16 Angehörige einer Studienreisegruppe des Hamburger
Museums für Völkerkunde durch eine Mondlandschaft, die inzwischen eine Landbrücke von Rabaul
zur heutigen Halbinsel Matupit bildet. Sie suchen
hier nach Spuren der deutschen und hamburgischen
Geschichte. Antje Kelm, Leiterin der Gruppe und früher Südsee-Kuratorin des Museums für Völkerkunde,
meint schmunzelnd: „Vor 100 Jahren war Matupit
fast so eine Art Vorort von Hamburg, allerdings mit
13000 Kilometern Entfernung etwas abgelegen.“
A
m Abend zuvor hat die Ethnologin, die seit
zehn Jahren in Neubritannien forscht, historische Fotografien gezeigt und von Hamburger Kaufleuten erzählt, die die kleine Insel zu ihrer
Niederlassung gemacht hatten. Der erste war Johan
Cesar Godeffroy, der schon 1877 seine Segelschiffe
hierher schickte und ihnen von seinem Kontor am
Alten Wandrahm schriftlich Handelsaufträge erteilte. Nachdem das Deutsche Kaiserreich sein Schutzgebiet proklamiert hatte, siedelte sich auch Hernsheim & Co. auf Matupit an. Man errichtete Häuser
und Lagerschuppen, Faktoreien und Kontore. Hernsheim handelte mit Plantagenprodukten, vor allem
mit Kopra, dem Fruchtfleisch der Kokosnuss, aus
dem Kokosöl gewonnen wird. Geschäftsführer war
der Hamburger Kaufmann Max Thiel, der auf Matupit ein luxuriöses Haus besaß, in dem er Empfänge
gab und rauschende Feste feierte.
Nur mühsam kommen die Allradfahrzeuge auf
dem von Vulkanasche bedeckten Terrain voran. Die
Orientierung fällt schwer, schließlich steigt ein junger Einheimischer auf die Ladefläche zu den Reisenden und weist dem Fahrer den Weg. Endlich tauchen
erste Hütten auf, eine Kirche der Adventisten, ein katholisches und ein methodistisches Gotteshaus, eine
Schule – alles primitive Gebäude mit Blätter- oder
Wellblechdach. Dazwischen überall schwarze Vulkanasche, die erst nach und nach wieder durch Vegetation bedeckt wird. Menschen winken, Kinder rennen
den Autos hinterher. Mehrere Tausend Tolai leben
hier auf engem Raum, dabei kann man hier eigentlich
nicht leben: Der Tavurvur, der heute wieder mächtig
raucht, liegt nur ein paar Hundert Meter entfernt.
Am 19. September 1994 brach er in einer gewaltigen Eruption aus. In letzter Minute flohen die Men-
F
rancis Keta zeigt den Hamburgern natürlich
auch die Stelle, wo einst das Haus von Max
Thiel gestanden hat. Thiel war Geschäftsmann,
Abenteurer und Playboy, aber auch Sammler ethnologischer Artefakte. In der Eingangshalle des Völkerkundemuseums an der Rothenbaumchaussee kann
schen, dann schleuderte der Vulkan gewaltige Menman seinen Namen heute noch lesen, eingemeißelt
gen Lava und Asche auf die Insel und die benachbarte
in die Galerie der Stifter und Spender. Sein Haus auf
Stadt. Rabaul, das während der deutschen KolonialMatupit war einer der exklusivsten Plätze der gesamzeit Simpsonhafen hieß und über weite Alleen und
ten deutschen Kolonie. Zu seinen Empfängen kamen
prächtige Gärten verfügte, wurde zum großen Teil
die wichtigsten deutschen Kolonialbeamten und
zerstört. Und Matupit versank in Asche. Trotzdem
Kaufleute, keiner ließ sie sich entgehen. Albert Hahl,
kehrten die Menschen zurück, bauten ihre Hütten
der in Deutschland verheiratete Gouverneur, der in
auf und konnten nach einigen Jahren sogar wieder
wilder Ehe mit einer Einheimischen lebte, ebensoweBananen, Ananas und Süßkartoffeln ernten. Dann
nig wie die skandalumwitterte Emma Forsayth-Coe,
kam es am 7. Oktober 2006 zur zweiten Katastrophe:
besser bekannt als Queen Emma. Die bildschöne
Bis zu 18 Kilometer hoch spuckte der Tavurvur seine
Tochter einer Samoanerin und eines Amerikaners
Lava- und Aschewolke in den Himmel, wieder musswar in dritter Ehe mit dem Deutschen Paul Kolbe verten alle fliehen. Und obwohl der Wind günstig stand
heiratet. Die größte Plantagenbesitzerin der Südsee
und die Schwaden aufs Meer trieb, versank Matupit
brachte das Kunststück fertig, ihren gesamten Besitz
erneut unter einer schwarzen Schicht. Die Regierung
noch kurz vor dem Ersten Weltkrieg für den damals
in Port Moresby, der Hauptstadt von Papua-Neuguiunglaublichen Betrag von einer
nea, wollte die Menschen umsieMillion US-Dollar an die Hamburdeln, aber fast alle sind inzwischen
gische Südsee-Aktiengesellschaft
wieder zurückgekehrt.
zu verkaufen. Nur wenig später
Als die beiden Jeeps vor der
musste die Firma den Neuerwerb
katholischen Kirche halten, empschon wieder als Verlust abschreifängt sie dort Francis Keta, ein
ben. Aber auch Queen Emma hat
wichtiger Mann in der Geselldas Geschäft nicht viel Glück geschaft des Tolai-Stammes und
bracht, sie starb 1913 in Monte
ein alter Freund und Berater von
Carlo, angeblich an einer ÜberAntje Kelm. Seit Jahren bereits
dosis Champagner.
weiht er sie in die geheimnisvolle
Dann führt Francis Keta uns
Kultur der Tolai ein, die die Ham„Auf Matupit wird heute zu dem Ort, wo 1884 das Hamburger Forscher schon vor mehr
noch ,danke schön‘ und burger Abenteuer begann: einer
als 100 Jahren fasziniert hat.
Er führt die Hamburger Reise,auf Wiedersehen‘ gesagt“ kleinen Anhöhe mit einem vermoderten Holzstumpf. „Hier hagruppe in sein „Wohnzimmer“, ein
Antje Kelm, 73, Senior Curator am
ben Ihre Vorfahren 1884 die deutmit Wellblech bedecktes WindMuseum für Völkerkunde Hamburg
sche Flagge gehisst“, sagt Keta
haus, wo er vom Leben mit dem
ohne den Hauch eines Zweifels.
Vulkan erzählt. Er spricht nicht
Sollte dieser verwitterte Holznur Pidgin, sondern auch sehr gut
pfahl tatsächlich der Rest des alten deutschen FahEnglisch, und er kennt die Traditionen und Mythen
nenmastes sein? Gleich daneben ragen zwei verder Tolai, die politischen Probleme und die Geschichrostete Eisenstangen empor, an denen vor einigen
te seines Landes. Seine Frau ist Bibliothekarin in
Jahren noch eine von Coca-Cola gesponserte MetallRabaul gewesen, bis die Bibliothek 2006 in der
tafel angebracht war. Über der werbewirksamen
Vulkanasche versank. Trotzdem strahlt Francis Keta
Abbildung einer Colaflasche konnte man den SchriftZuversicht aus und erzählt, dass man jetzt – fünf
zug „First German Flagpole“ lesen.
Jahre nach dem letzten Vulkanausbruch – schon
Bei dem letzten verheerenden Vulkanausbruch
langsam wieder Früchte anbauen und ernten kann.
von 2006 ging auch dieses Schild zu Bruch, doch die
Sonst bleibt den Menschen hier nur die traditionelle
Mitglieder der Studienreisegruppe beratschlagen
Erwerbsquelle der Matupi: Seit Jahrhunderten fahschon, ob es sich nicht erneuern ließe. Mit einem Text
ren die Männer mit ihren Auslegerbooten hinüber
in Pidgin, Englisch und Deutsch, in dem nicht nur
zum Vulkan, um dort Eier zu suchen und auszuüber die kaiserliche Flaggenhissung im Jahr 1884
graben, die Großfußhühner in der heißen Asche abberichtet würde, sondern auch über die Firma
legen, um sie von ihr ausbrüten zu lassen.
Hernsheim, den Lebemann Max Thiel und die schöne
Francis Keta lädt die Gruppe zu einem Rundgang
Queen Emma – und darüber, dass Matupit damals
ein und führt sie hinunter zum Naturhafen, wo sich
fast so etwas war wie ein Hamburger Vorort, allerfrüher das Gelände von Hernsheim & Co. befand –
dings ein etwas abgelegener.
doch der Strand liegt so unberührt da, als habe es
SERVICE
» Papua-Neuguinea in Hamburg
Im neu gestalteten Maskensaal
des Museums für Völkerkunde sind
zahlreiche Objekte der verschiedenen
Ethnien aus Papua-Neuguinea zu
sehen. Sie stammen größtenteils von
der Hamburger Südsee-Expedition,
die ab 1908 das damalige DeutschNeuguinea bereiste und erforschte.
Museum für Völkerkunde Hamburg,
Rothenbaumchaussee 64,
Tel. 428 87 90, Di – So 10 – 18, Do
bis 21 Uhr, Mo geschlossen, Eintritt:
7, ermäßigt 3 Euro, bis 17 Jahre frei,
www.voelkerkundemuseum.com
» Hamburger in Papua-Neuguinea
Für den Roman „Der letzte Tanz im
Paradies“ hat „Stern“-Reporter
Jürgen Petschull an den originalen
Schauplätzen auf Papua-Neuguinea
recherchiert. Darin lässt er auch
reale Personen auftreten wie Queen
Emma, und besonders reizvoll ist
seine Schilderung der Atmosphäre
der Kolonie Deutsch-Neuguinea, die
vor allem von Hamburger Handelshäusern dominiert wurde.
Der letzte Tanz im Paradies, Jürgen
Petschull, Osburg, 548 Seiten,
22,90 Euro, www.osburg-verlag.de
» Deutsch-Neuguinea im Internet
Eine umfassende Chronologie der
deutschen Kolonialzeit mit historischen Karten, Fotos und Postkarten
sowie Buchtipps zum Thema bietet:
www.deutsche-schutzgebiete.de
FOTO: PRIVAT
Im Jahr 1884 wird auf Matupit die Flagge des Deutschen
Reiches gehisst – und die Südsee-Insel zum „Vorort von
Hamburg“. MATTHIAS GRETZSCHEL sucht nach Spuren
hier niemals einen hanseatischen Handelsbetrieb
mit allem, was dazu gehört, gegeben. Versteckt hinter
Palmen steht ein Männerhaus, dort treffen sich auch
heute noch die Mitglieder des Tumbuan-Bundes.
Dort liegen die Masken der Tumbuane, der berühmten Tolai-Geister, die über ihrem Blätterkleid spitz
zulaufende Köpfe mit rätselhaft wirkenden Gesichtern haben. Zu besonderen Anlässen tanzen die
Tumbuane, dann kommen sie mit Auslegerbooten
übers Meer, wiegen sich zu archaischer Musik und
nehmen anschließend das Land rituell in Besitz.
(LQOLHIHUXQJHQ IU
XQVHUH NRPPHQGH
$XNWLRQ DE
VRIRUW HUEHWHQ
7HO RGHU LQIR#DXNWLRQVKDXV
FLW\QRUGGH
VIII
› STIL & LEBEN
Sonnabend / Sonntag, 20. / 21. August 2011
MARKENMACHER
FOTOS: ISTOCKPHOTO, PRIVAT
Willkommen
im Club
Los Angeles
Die „Golf Lounge“ in Rothenburgsort ist kein
elitärer Verein, sondern ein Mix aus Sport- und
Beach-Club, wo man mit Schwung jung bleibt
THORSTEN HOINS, 46, lebt als
Unternehmer und Berater mit
Ehefrau Anabella Martinez und
drei Kindern in South Pasadena
A
Ich hatte als Teenager in Hamburg ein Poster vom kalifornischen Strand im Zimmer. Als
dann ein Familienfreund nach
einem Austauschjahr mit einem
Texanerakzent und Cowboyhut
zurückkam, fasste ich den Entschluss, mich auch als Austauschschüler zu bewerben. Nach einem
Jahr in Montana und Kalifornien
wollte ich in den USA studieren,
und so ist es passiert ...
TEXT: JULE BLEYER • FOTOS: JÖRN KIPPING
uf dem kurzen Fußweg von der Bushaltestelle entwickelt sich die Gruppe seriöser Anzugträger zu
einer Horde kleiner Jungs – spätestens als einer
kurz stehen bleibt, um einen Abschlag zu mimen. Mit seinem Regenschirm. Mal eben nach dem Büro vorbeikommen, ein Feierabendbier trinken und dabei ein paar Bälle
weghauen – dieses Prinzip scheint gute Laune zu machen.
Und lässt erahnen, warum die Hamburger Golf Lounge
mittlerweile ein Erfolgsmodell mit 30000 registrierten
Kunden und 1000 festen Mitgliedern ist. „Du musst Golf in
die Stadt bringen“, sagt Geschäftsführer Peter Merck. „Das
war meine Grundidee.“
Mit dieser Vision standen Merck und sein Kollege Marc
Spangenberger vor sechs Jahren auf einem brach liegenden
Gelände am Billwerder Neuen Deich in Rothenburgsort.
Heute ist hier die größte Driving Range Deutschlands, ein
dreistöckiger, nach vorne hin offener – sagen wir es ruhig –
Kasten, aus dem heraus pro Tag rund 120 Kunden kleine
weiße Bälle auf eine mit Netzen eingezäunte Wiese schlagen. In Japan und in den USA hatte Merck dieses Prinzip
entdeckt – in den Großstädten, wo kaum Platz ist für weitläufige Golfplätze. Bei der Golf Lounge in Hamburg geht
es vor allem um den Menschen, sie soll ein Treffpunkt sein
für Golfer – und solche, die es werden wollen, die sich ohne
großes Brimborium und das Gebaren eines klassischen
Clubs für den Sport beigeistern lassen möchten. Die noch
eben einen Latte Macchiato auf der Terrasse trinken, bevor
sie sich auf die Matte stellen. Und so hat es fast ein bisschen
Bowlingbahn-Charakter, mit einer Gruppe bei Bier und
kleinen Snacks am Abschlag zu sitzen.
Firmenveranstaltungen, Weihnachtsfeiern, Junggesellenabschiede – dafür ist sich der Abschlagsplatz am Deich
nicht zu schade. Und weil das Konzept so anders ist als
das der klassischen Clubs, spricht Merck auch nicht von
Konkurrenz. Im Gegenteil, die Golf Lounge unterhält
mit vielen Plätzen eine Kooperation. „Wir sehen uns als
Brücke zum Golf“, erklärt Merck. Wer den Sport erleben
Schlagfertig: Auf drei Etagen kann man
beim „Pay per Ball“ (50 bzw. 100 Bälle
für 8 Euro) den Schwung, auf dem „Pitch
& Putt Platz“ das Einlochen üben – und
zwischendurch beim Drink entspannen
Schlagkräftig: Golf-LoungeGeschäftsführer Peter Merck,
44, will den grünen Sport
allen zugänglich machen
und genießen möchte, gehe auch weiterhin über den Platz.
Die Golf Lounge soll anlocken, neugierig machen und im
besten Fall alle Spieler zusammenbringen.
Eigentlich ist Peter Merck Pferdesportler. 20 Jahre ist er
geritten, bis ihn die Golfleidenschaft gepackt hat. Er wurde
Projektmanager im Deutschen Golfverband und fand heraus, dass in dem Sport noch viel Potenzial steckt. Einen Teil
hat der 44-Jährige schon herausgeholt, die Golf Lounge
wächst und wächst, hat mittlerweile 25 Mitarbeiter und
acht Trainer. Aber Merck will mehr. „Eigentlich ist es ja ein
klassisches Franchise-Konzept“, sagt er mit leuchtenden
Augen. „Doch bevor ich das auf den Markt gebe, will ich aus
meiner Perle einen Diamanten machen.“
Soll heißen: Der Geschäftsführer will erst noch eine Reihe von Ideen umsetzen. Eine hat er vor kurzem realisiert:
Ein Neun-Loch Pitch & Putt Platz, also eine Art Minigolfplatz, auf dem der Golfer zwischen Hindernissen das sogenannte kurze Spiel üben kann. Und weil das Ganze zwischen
Sand und Palmen liegt, ein bisschen also wie ein Beach-Club
aussieht, hat Merck die Anlage „Pirates Golf“ getauft. Klar,
dass Merck daraus eine Attraktion für die ganze Familie
machen will. Demnächst soll ein Flügel im Sand stehen und
abends Klaviermusik erklingen. Auch „Movie Nights“ kann
der Mann aus Groß Flottbek sich vorstellen, dazu will er
eine Leinwand vor die Driving Range spannen – natürlich
gäbe es während der Vorführung Abschlagverbot.
Um Menschen zu Golffans zu machen, ist Merck jedes
Mittel recht. „In Hamburg gibt es rund 30000 Golfer“, sagt
Merck. „Wir haben hier aber ein Potenzial für 100000.“ Bis
letztes Jahr lief das Geschäft noch zäh, erst seit 2010 schreibt
Merck operativ schwarze Zahlen. Doch klein denken war
einmal. Schließlich ist es fast jeden Tag zwischen 17 und 22
Uhr „rappelvoll“ auf dem Gelände, im unteren Teil kann
man jetzt auch reservieren. Und sich in Schwung bringen,
nach dem Prinzip „Pay per Ball“: 50 Bälle kosten acht Euro,
vormittags gibt es zum gleichen Preis sogar 100 Bälle. Und
das Beste daran: Egal, wohin man sie auch schlägt, man
muss sie nicht selbst wieder einsammeln.
Kontakt
» Golf Lounge GmbH, Billwerder
Neuer Deich 40, 20539 Hamburg,
Tel. 81 97 87 90, Mo-Fr 9 – 22,
Sa / So u. feiertags bis 20 Uhr,
www.golflounge.de
MEIN STYLE-TRIO
SIMONES
STADTGEFLÜSTER
Alte Schule
Pedal-Punks
Schauspieler Jacob Weigert, 30, aus „Anna
und die Liebe“ ist ein echter Jeans-Typ, fährt
auf dem Hollandrad und sammelt Kinoposter
Auf welches Kleidungsstück können Sie nicht
verzichten?
Die 501 ist legendär.
Ob etwas sandig und
abgerockt oder noch
fabrikneu mit einem
Jackett – Bluejeans
geht immer und lebt
mit. Das gibt mir ein
romantisches OutlawGefühl: Man weiß nie,
wo man landet, aber
die Jeans ist dabei.
Klassisch: Filmplakat „Once
Upon A Time In The West“,
z. B. KulturBuch, Grindelallee
83, um 11 Euro
Kultig: Hollandrad Excelsior
„Nostalgie Luxus“, z. B.
Christian Fiebig, Weidenallee
20, um 380 Euro
Die Wochenvorschau
MONTAG
KINDER: Beim „Boysday“ des
Knabenchors St. Nikolai können
Jungen ab 4 Jahren vorsingen und
man kann bei Chor-Proben zuhören.
Anmeldung Tel. 640 08 22.
Hauptkirche St. Nikolai, 16.30 Uhr.
COMEDY: „Alles nur Show!“ mit
Jörg Knör ist ein parodistischer
Ausflug in die groteske Welt von
Bushido, Berlusconi und Bohlen.
Fliegende Bauten, 20 Uhr.
DIENSTAG
KONZERT: 30 Seconds To Mars
rocken mit ihrem dritten Album
„This Is War“ die Trabrennbahn
Bahrenfeld, 18 Uhr.
LITERATUR: Wiglaf Droste ist
Stargast, Gerhard Henschel und
Richard Christian Kahler sind
die Gastgeber beim „Toten Salon
Vol. 104“, einem bunten Abend im
Literaturhaus, 20 Uhr.
ILLUSTRATION: JOSEPHINE WARFELMANN
Welche Rolle spielen Film und Fernsehen für Sie privat?
Ich schätze Meisterwerke des Kinos wie „Once Upon A Time
In The West“, verkannte Regisseure und exzentrische Schauspieler. Und man könnte meinen, die Herren von KulturBuch kennen sie alle.
Wer Filme mag und
seltene Postkarten
und Poster sucht, ist
hier goldrichtig.
Als mehrmaliger Firmengründer
ist das „Gesetz der unternehmerischen Niederlage“ mein liebstes
Merkmal der kalifornischen Kultur. Wenn man in Deutschland
eine Firma gründet und erfolglos
bleibt, wird es viel schwieriger.
In den USA ist das kein Stigma –
und in Kalifornien wird der
wiederholte Neuanfang jedes
Mal umso mehr gefeiert. Ich
glaube fest, dass dies der Grund
für Hollywoods und Silicon
Valleys weltweiten Erfolg ist.
Wir fühlen uns in South Pasadena
sehr wohl. Ich bin dabei, meine
Beraterkanzlei zu vergrößern und
die ersten Lebensjahre meines
neugeborenen Kindes zu genießen.
Trotzdem fliege ich im Durchschnitt alle zwei Jahre nach Hause. Die USA mögen meine Wahlheimat sein, aber Hamburg wird
immer meine wahre Heimat
bleiben. In diesem Jahr fliegen
wir mit Kind und Kegel nach
Deutschland. Meine Eltern haben
uns für zwei Wochen in die
Lüneburger Heide eingeladen.
L
Legendär: Levis 501 im klassischen Schnitt, z. B. Levi’s
Store Hamburg, Jungfernstieg 26 – 28, um 90 Euro
FOTOS: THOMAS LEIDIG, PR
Ist Fortbewegung für Sie auch eine Frage des Stils?
Das Hollandrad ist ein extrem entspanntes und kultiges
Fahrvergnügen. Schon mit 12 Jahren stand ich mit meinem
gesamten Ersparten und meinem kaputten Mountainbike
vor Herrn Fiebig in seinem blauen Kittel, er solle eine neue
Gangschaltung einbauen, quengelte ich. Er stellte mir eine
Flasche Öl hin und sagte trocken: „1,80 büdde“. Danach
erklärte er mir genau, wie ich die Schaltung retten könne,
und ich war Stammkunde.
ange bevor man sie sieht, hört man
dieses Schwirren. ZsssZsssZsss.
Als würde das Ohr prüfend auf
den Eisenbahnschienen liegen, während ein Stahlross heranschnauft. Und
dann, potzblitz, surrt und rattert es
kurz und heftig – da, die glitzernden
Speichen! – und schon sind sie vorbeigerauscht. Eine wilde Bande in schwarzen High-Tech-Sweatshirts.
Im Frühjahr rotten sich in Hamburg
alle zusammen, die richtig geil radfahren können. Und ich meine jetzt nicht
irgendwelche Sportvereine. Ich meine
die scharfen Jungs. Die Fahrradkuriere.
Die Punks. Die über Treppen fahren.
Einmal im Jahr veranstalten sie ihr
Rennen über Kopfsteinpflaster und
durch den Regen. St. Paulopoly ist das
härteste Rennen Hamburgs.
Wenn St. Paulopoly ist, stehe ich an
der Straße und bin ehrfürchtig. Bewundere diese Jungs und Mädchen in ihrem düsteren Rattenlook, wie sie die
Augen in den Wind halten und um den
Sieg fahren, um den Preis. Einen über
dem offenen Feuer geschmiedeten
Rahmen wahrscheinlich. Das hat so
was herrlich Unzivilisiertes. Brutal,
lebendig, sexy. Sollten Sie irgendwann
im nächsten Frühjahr irgendwo in der
Stadt dieses Schwirren hören, bleiben
Sie stehen und genießen Sie. Es geht
auch ganz schnell.
Früher war ich selbst oft wild und
gefährlich unterwegs. Mit einem alten
Heute lebe ich schon fast 25 Jahre
in Los Angeles, aber unser Haus
könnte so auch in Niendorf stehen.
Was anders ist, ist die multikulturelle Umgebung, die Erfahrung, der Freundeskreis.
Meine Frau ist, genau
wie ich, gerade volljährig
auf eigene Faust eingewandert. Sie stammt
aus Guatemala. Die
meisten meiner Nachbarn
sind asiatische Immigranten, und auf Christophers Mittelschule hat man Status, wenn man
aus möglichst vielen verschiedenen Kulturen stammt. Vor ein paar
Monaten ist mein bester Freund
von der Universität (UCLA) verstorben. Er sagte immer: „Kinder
mit einem gemischtrassigen
Hintergrund sind die Hoffnung
unserer Welt.“ Ich kann dem nur
beipflichten und es vielleicht
noch auf Religion erweitern.
Peugeot-Renner. Einer hellblauen Bestie. Verdammt, bin ich um die Kurven
gerauscht. Manchmal sogar gegen Laternenmasten, das dann aber vorzugsweise nachts, nach einem ausgiebigen
Barbesuch. Ich schwöre, es gab Zeiten,
da zitterten die Hindernisse auf den
Straßen nur so vor mir. Mein Rennrad
teilt inzwischen das Schicksal vieler
liebster Fahrräder in Hamburg: Es
wurde gezockt. Und ich bin jetzt auf
einem sehr praktischen und sehr langweiligen roten Damenrad mit lila Kindersitz unterwegs. Entspricht meinem
Leben ja auch viel mehr. Aber hin und
wieder lege ich den Milchkaffee und
das Croissant beiseite, streife mir einen
schwarzen Kapuzenpulli über und mache mich auf die Jagd nach ein paar
Straßenlaternen.
MADE IN HAMBURG
Alster und Quellental,
Urzeit und Neuzeit: Die
Karten-Box „Meine
schönste Fahrradtour“
vom Hamburger Abendblatt lotst Radler auf
zehn Routen sattelfest
durch den Norden.
Kolumne
» Hier schreiben im wöchentlichen
Wechsel Maike Schiller – zur
Zeit in Babypause und vertreten von
der Hamburger Autorin Simone
Buchholz – und Joachim Mischke.
Meine schönste
Fahrradtour,
12,95 Euro,
www.abend
blatt.de/shop
22. – 28. AUGUST
MITTWOCH
KREUZFAHRT: Das Hamburger
Trio Hafennacht e. V. spielt Chansons mit Tief- und Seegang, Lieder
vom Wasser und Meer. Frau Hedi, St.
Pauli Landungsbrücken 10, 19 Uhr.
TANZ: Absolventen der HipHop
Academy führen die TanztheaterProduktion „Schöner Wohnen“
auf – mit schnellen Reimen, Beatbox, Graffiti und Breakdance.
Fliegende Bauten, 20 Uhr.
DONNERSTAG
KUNST: In „Der andere Blick:
Wasser“ schildert Nikolaus Gelpke,
Chefredakteur von „Mare“, seine
Sicht auf die Ausstellung „William
Turner. Maler der Elemente.“
Bucerius Kunst Forum, 19 Uhr.
THEATER: Der Klassiker „Die
Physiker“ von Friedrich Dürrenmatt
feiert Premiere im Ernst Deutsch
Theater, 19.30 Uhr.
FREITAG
KABARET: Mit der „EröffnungsGala“ und drei Stunden Satire satt
stimmt Alma Hoppes Lustspielhaus
auf den Beginn der neuen Spielzeit
ein. 20 Uhr.
KONZERT: „Wir sind Helden“,
die widerspenstigen Popstars aus
Berlin, haben sich den Hamburger
Songschreiber Pohlmann als
Gast für ihr Konzert im Stadtpark
eingeladen. 19.15 Uhr.
SONNABEND
WASSERSPORT: Die flyeralarm
Ruder-Bundesliga startet auf der
Binnenalster ihren 4. Renntag um
10 Uhr. Auf der Außenalster segelt
man in vier Fahrten um den EddyBeyn-Gedächtnispreis, ab 14 Uhr.
ZUHÖREN: „… und die Dämonen
lachten“ ist der Titel der zweiten
Märchennacht im Museum für
Völkerkunde, 20 – 0 Uhr.
SONNTAG
KONZERT: „Heimreise“ ist das
Motto der Unheilig-Tour. Danach
geht „der Graf“ ins Studio, um ein
neues Album aufzunehmen. Trabrennbahn Bahrenfeld, 17.30 Uhr.
THEATER: „En Sommernachtsdroom“ ist die erste Premiere im
neuen (Bieber-)Haus des Ohnesorg
Theaters. Bei dieser Version des
Klassikers ist selbst Shakespeare
platt! 20 Uhr.