Wertorientiertes_Man..
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Goebel, Sievi, Schumacher Wertorientiertes Management und Performancesteuerung Wertorientiertes Management und Performancesteuerung von Ralf Goebel, Christian Sievi, Matthias Schumacher Deutscher Sparkassen Verlag Stuttgart Die Deutsche Bibliothek – CIP-Einheitsaufnahme Goebel, Ralf Wertorientiertes Management und Performancesteuerung / von Ralf Goebel ; Christian Sievi ; Matthias Schumacher. – Stuttgart : Dt. Sparkassen-Verl., 1999 (PraxisWissen) ISBN 3-09-301233-3 © 1999 Deutscher Sparkassen Verlag GmbH, Stuttgart Alle Rechte vorbehalten Lektorat: Dr. Sybille Gößl Satz: Fotosatz Rühle,Tiefenbronn Druck und Binden: Gebr. Knöller KG, Stuttgart Papier: hergestellt aus chlorfrei gebleichtem Zellstoff Printed in Germany I-10/1999 s 301 053 000 ISBN 3-09-301233-3 5 Vorwort In einer gemeinsamen sog. »Machbarkeitsstudie« zum Barwertkonzept und Cashflow-orientierten Bilanzstrukturmanagement mit Regionalverbänden, Rechenzentren, Sparkassen und einer Landesbank hat der Deutsche Sparkassen- und Giroverband (DSGV) die grundsätzliche Eignung von wertorientierten Steuerungsmethoden für Institute der Sparkassenorganisation (SKO) untersucht. Das Projekt wurde von Herrn Dr. Sievi, freiberuflicher Wirtschaftsmathematiker, beraten. Das Projekt gliederte sich in zwei Projektabschnitte, die in diesem Band dokumentiert werden: – Teil 1 »Wertorientierte Steuerung des Zinsänderungsrisikos« analysiert die Umsetzbarkeit eines Cash-Flow- und wertorientierten Bilanzstrukturmanagements in Sparkassen und definiert die hierfür notwendigen fachlichen Standards. – Teil 2 »Kalkulation und Marktsteuerung im Barwertkonzept« klärt, inwieweit das sog. Barwertkonzept im Rahmen der Kundenkalkulation und Profitcenterrechnung Anwendung finden sollte. Das Projektergebnis des ersten Teils unterstreicht eindrucksvoll die Vorteilhaftigkeit der untersuchten Methoden (wertorientierte Steuerung, »Performancekonzept«) gegenüber den traditionell angewandten Verfahren (periodische Zinsüberschußsteuerung). Das Projektergebnis wurde inzwischen ohne wesentliche Adjustierungen zu einem »Fachkonzept für die wertorientierte Zinsänderungsrisikosteuerung« abgerundet und ebenso wie das Projektergebnis des zweiten Teils (Barwertsteuerung in der Kundenkalkulation) vom Betriebswirtschaftlichen Ausschuß des DSGV abgenommen. Um die zentralen Ankerpunkte »Wertorientiertheit« und »Performancebetrachtung« herauszustellen, haben wir uns entschlossen, den Titel »Wertorientiertes Management und Performancesteuerung« als gemeinsame Klammer dieser Dokumentation zu wählen. Vier entscheidende Punkte der Machbarkeitsstudie sollen an dieser Stelle nochmals besonders herausgestellt werden: – Die bei der Konditionenvergabe bestimmten Margen sind nicht von der zukünftigen Zinsentwicklung abhängig. – Die Profitcenter »Kundengeschäft« haben mit dem Performance- und Risikomanagement in Zinsgeschäften oder anderen Vermögenstiteln nichts zu tun. 6 Vorwort – Nur eine effektive Trennung der Managementbereiche »Kundengeschäft« und »Treasury/Disposition« führt zu richtigen Steuerungsimpulsen und korrekten betriebswirtschaftlichen Bewertungen. – Die Dispositions- und Treasurykonzeption des ersten Teils der Machbarkeitsstudie ermöglicht in der praktischen Umsetzung die geforderte Trennung der Managementbereiche in bisher nicht gekannter Einfachheit und Transparenz. Auf dem Weg zur Gesamtbanksteuerung hat der DSGV mit der »Machbarkeitsstudie« den Zinsänderungsrisikobereich fachinhaltlich abgeschlossen. Seit dem Herbst 1998 werden in einem Pilotprojekt mit Pilotsparkassen, Regionalverbänden, einer Beratungsgesellschaft und unter Leitung des DSGV die Standards für ein modernes Adressenrisikomanagement und -controlling erarbeitet. Darüber hinaus liefert der vorliegende Abschlußbericht der »Machbarkeitsstudie«, Teil 2, bereits die entscheidenden Impulse für ein Geschäftsfeldmanagement und -controlling als dritten Baustein zur Gesamtbanksteuerung und im Vorgriff auf zukünftige Herausforderungen. Insofern kommt neben der Behandlung der Einzelfragen einer modernen Profitcenterrechnung dem Abschlußbericht eine grundlegende zukunftsorientierte Bedeutung zu. Wertorientierte Steuerung des Zinsänderungsrisikos Abschlußbericht und Fachkonzeption zum Projektteil 1 der Machbarkeitsstudie: Barwertkonzept und Cash-flow-orientiertes Bilanzstrukturmanagement 9 Inhaltsübersicht Seite Wertorientierte Steuerung des Zinsänderungsrisikos . . . . . . . . . . . . 15 1 Warum überhaupt Cash-flow und Barwerte? . . . . . . . . . . . In diesem Kapitel wird begründet, warum viele bankbetriebswirtschaftliche Überlegungen auf Cash-flow basieren und warum Barwerte zur Beurteilung von Cash-flow besonders geeignet sind. 33 2 Wie werden Cash-flow ermittelt – sogar für das variable Geschäft? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . In diesem Kapitel wird gezeigt, wie Cash-flow für alle Zinsgeschäfte der Bank – insbesondere auch für variable Geschäfte – ermittelt werden können. Ausgehend vom Cash-flow der Einzelgeschäfte kann dann der Summenzahlungsstrom für die Gesamtbank ermittelt werden. Ein Beispiel für eine fiktive Sparkasse schließt das Kapitel ab. 60 3 Wie kann mit Cash-flow gesteuert werden? . . . . . . . . . . . . 103 In diesem Kapitel werden die verschiedenen Methoden, mit Hilfe von Cash-flow die Bank ergebniswirksam zu steuern, erläutert. Im Zentrum aller Methoden steht hierbei die Berechnung des Vermögens, das im Zinsgeschäft der Bank gebunden ist. Hiervon ausgehend sind barwertige Analysen und Analysen auf einen Planungshorizont möglich. Durch Maßnahmen zur Veränderung des Cash-flow oder sonstige dispositive Maßnahmen können das berechnete barwertige Risiko bzw. sowohl Ergebnis wie Ergebnisschwankung am Planungshorizont verändert und damit Ergebnis und Risiko der Bank bewußt gesteuert werden (Performancekonzept). Abschließend wird gezeigt, wie mit Hilfe von Cash-flow bzw. der in ihnen enthaltenen Zinsen der Zinsüberschuß der Bank prognostiziert werden kann. 4 Warum muß primär nach dem Performancekonzept gesteuert werden? – Vergleich mit traditionellen Methoden im Zinsgeschäft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . In diesem Kapitel wird die Steuerung nach dem Performancekonzept mit der herkömmlichen Steuerung über GuV-Ergebnisse 162 10 Inhaltsübersicht und Bilanzkennzahlen verglichen. Dabei wird gezeigt, daß das Performancekonzept eindeutige Vorteile besitzt, während bei traditioneller Steuerung die Gefahr von Fehlinformationen und damit Fehlentscheidungen besteht. 5 6 Warum muß die Gesamtbank als Portfolio betrachtet werden? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Der Fokus der bisherigen Betrachtungen lag auf dem Zinsgeschäft der Bank. Dabei wurde die summarische Reaktion des Zinsgeschäfts auf Zinsänderungen mit Hilfe des Summenzahlungsstroms untersucht. In diesem Kapitel werden verschiedene Erweiterungen der bisherigen Vorgehensweise vorgestellt, die letztlich dazu dienen, das Gesamtinstitut als Portfolio zu managen. 210 Und die praktische Umsetzung? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . In diesem Kapitel werden einige Hinweise zur praktischen Umsetzung des Performancekonzepts diskutiert. 249 Offener Anhang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 272 11 Inhalt Seite Wertorientierte Steuerung des Zinsänderungsrisikos . . . . . . . . . . . . I Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II Anforderungen und wesentliche Projekterkenntnisse . . . . . . . . . 15 15 18 1 1.1 . . . . . 33 . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33 33 37 37 39 40 43 44 44 . . . . . . . . . . . . . . . 51 53 56 1.1.1 1.1.2 1.1.2.1 1.1.2.2 1.1.2.3 1.1.2.4 1.1.3 1.2 1.3 1.4 1.5 2 2.1 2.2 2.2.1 2.2.2 2.2.3 2.2.4 2.3 2.3.1 2.3.2 2.3.3 2.3.4 2.3.5 2.3.6 Warum überhaupt Cash-flow und Barwerte? . . . . . . Cash-flow als etablierte Rechnungsgröße bei diversen Problemstellungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nominale Kenngrößen und effektiver Zahlungsstrom . . . Beispiele zur Anwendung von Cash-flow in der Bankpraxis Effektivzinsberechnungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kursberechnungen/(Bar-)Wertbestimmung . . . . . . . . . Margenberechnung und Margenbarwert . . . . . . . . . . Investitionsrechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Erste Schlußfolgerungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Reaktion des Barwerts von Cash-flow auf Zinsänderungen Realisierbarkeit des Barwerts als Kassenzufluß bzw. der Barwertveränderung als Ergebnis . . . . . . . . . . . . Endwertbetrachtung, Planungshorizont und Zinsprognose Unterschiede zur herkömmlichen Vorgehensweise . . . . . Wie werden Cash-flow ermittelt – sogar für das variable Geschäft? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Cash-flow des Festzinsgeschäfts und Summenzahlungsstrom. Cash-flow von deterministischen Finanzinnovationen . . . . Floater . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zinsswap . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Forward Rate Agreement (FRA) . . . . . . . . . . . . . . . . Reverse Floater . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Lösung für das variable Geschäft . . . . . . . . . . . . . Abgrenzung »variabler Geschäfte« . . . . . . . . . . . . . . . Irrwege zur Disposition variabler Geschäfte . . . . . . . . . . Lösungsvorschlag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Festlegung des Mischungsverhältnisses gleitender Zinsen . . Gleitende Durchschnitte als Cash-flow . . . . . . . . . . . . Vorgehensweise bei Bestandsänderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60 60 62 62 63 64 64 65 65 68 70 72 80 82 12 2.3.7 2.4 2.4.1 2.4.2 2.4.3 2.5 2.6 2.6.1 2.6.2 2.6.3 3 3.1 3.1.1 3.1.2 3.1.3 3.1.4 3.2 3.2.1 3.2.2 3.2.2.1 3.2.2.2 3.3 3.3.1 3.3.2 3.3.3 3.4 3.4.1 3.4.2 3.4.3 3.4.4 Inhalt Integrierte Betrachtung von Bewertungszins und Bestandsänderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Berücksichtigung von Kreditausfällen und Sondertilgungen . . Grundsätzliche Überlegungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . Cash-flow bei Sondertilgung ohne Anspruch auf Vorfälligkeitsentschädigung und statistischem Verhalten des Kunden . . . . Cash-flow bei Kreditausfällen auf statistischer Basis . . . . . . Welche Bilanzpositionen werden nicht in Cash-flow umgesetzt? Der Summen-Cash-flow – Beispielsparkasse . . . . . . . . . . Cash-flow der Festzinspositionen . . . . . . . . . . . . . . . . Cash-flow der variablen Positionen . . . . . . . . . . . . . . . Summen-Cash-flow und Zinsüberschuß aus Ist-Geschäft . . . . . . . . . . . . 86 88 88 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90 91 94 97 97 99 102 Wie kann mit Cash-flow gesteuert werden? . . . . . . . . . . Vermögen im Zinsgeschäft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Grundsätzliche Überlegungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Vermögen der Beispielsparkasse . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zusammenhang mit bilanziellen Größen, Überführung zur Bilanz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Konsequenzen aus Vermögen und Vermögensstruktur . . . . . . Barwertige Analysekonzepte und Maßnahmenplanung . . . . . Szenarioanalysen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Varianz-/Kovarianzmodelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Beispiel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Allgemeiner Rechenweg, Ergebnisse für die Beispielsparkasse . . Analyse und Maßnahmen auf einen Planungshorizont (»Performancekonzept«) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dynamisierung der Barwertbetrachtung: Analyse auf Planungshorizont . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Rechenlogik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Risikoanalyse und Maßnahmenplanung für die »Beispielsparkasse« . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zinsüberschußplanung im Zusammenhang mit Cash-flow . . . Identität der Ergebnisse in der Totalperiode . . . . . . . . . . . . Planung des Zinsüberschusses in der Einzelperiode . . . . . . . . Planung des außerordentlichen Ergebnisses in der Einzelperiode Einbeziehung von Maßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103 104 104 109 . . . . . . . . . . . . . . 113 117 119 119 127 127 134 . . 137 . . . . 138 140 . . . . . . 143 150 151 153 160 161 . . . . . . Inhalt 4 4.1 4.1.1 4.1.2 4.1.3 4.1.4 4.1.5 4.1.6 4.1.7 4.2 4.2.1 4.2.2 4.2.3 4.2.4 4.3 4.4 4.4.1 4.4.2 4.4.3 4.4.4 5 5.1 5.2 5.3 5.4 5.4.1 13 Warum muß primär nach dem Performancekonzept gesteuert werden? – Vergleich mit traditionellen Methoden im Zinsgeschäft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zinsrisikosteuerung: Performance versus GuV-Planung . . . . . . Inhaltliche Analyse der Zielgrößen . . . . . . . . . . . . . . . . . . Identität der Rechnungslegung über die Gesamtlebensdauer und prinzipielle Relationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gestaltbarkeit der Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Informationen über Vermögen, Risiko und Dispositionserfolg . . . Planungshorizont bei Risikobetrachtungen . . . . . . . . . . . . . Sichtweise der Immobilien, Beteiligungen, Aktien und Optionen . Sonstige Unterschiede und Merkmale . . . . . . . . . . . . . . . . Beispiele für Fehlsteuerungen bei Anwendung der traditionellen Methoden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verkennung des Charakters der variablen Geschäfte, insbesondere von Spareinlagen und Sichteinlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . Isolierte Steuerung des Depot A und dadurch Überschätzung des Zinsänderungsrisikos . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Impulse zum Eingehen von ungeeigneten dispositiven Positionen bei Ausrichtung auf den Zinsüberschuß . . . . . . . . . . . . . . . Fehlbeurteilung von bilanziellem Geschäft, das mit Optionen verbunden ist . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zinsergebnisplanung und Grundsatzerfüllung als strikte Nebenbedingung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gleitende Durchschnitte versus Elastizitäten . . . . . . . . . . . . Einsatzgebiet und Aufgaben des Elastizitätskonzepts . . . . . . . . Produktzinsprognose für variable Geschäfte – Elastizitäten oder gleitende Durchschnitte? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Eignung zur Disposition bzw. zur Gewinnung von Cash-flow sowie zur Margenkalkulation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Generelle Probleme bei der Planung des Zinsüberschusses im Elastizitätskonzept . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Warum muß die Gesamtbank als Portfolio betrachtet werden? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Unterschiedliche Märkte, Barwert versus Marktpreis (»Auflösung des Summen-Cash-flow«) . . . . . . . . . . Zinsoptionen im Zusammenspiel mit dem Zinsgeschäft . Sonstige Vermögensbestandteile – die Bank als Portfolio . Benchmarks . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anforderungen an Benchmarks . . . . . . . . . . . . . . . . . 162 162 163 . . . . . . 164 169 170 173 181 182 . 183 . 183 . 184 . 185 . 186 . . . 188 190 190 . 191 . 206 . 209 . . . . . . 210 . . . . . 211 213 215 218 219 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14 5.4.2 5.4.3 5.5 5.6 6 6.1 6.2 6.3 Inhalt Ordnung und Auswahl von Benchmarks durch Risiko/Return-Analysen . . . . . . . . . . . . . . . . Benchmark im Beispiel . . . . . . . . . . . . . . . . . Risikokapitalzuteilung gegen Performanceversprechen (VaR, RORAC, RAROC) . . . . . . . . . . . . . . . . Risikolimitierung und MaH . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 222 . . . . . . . . . . . . . . . . 234 247 Und die praktische Umsetzung? . . . . . . . . . . . . . . Dezentrale Steuerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die neuen Herausforderungen für Disposition und Rechnungswesen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Konsequenzen für Reporting und Betriebsvergleich/ Standardreports . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Technische Anforderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gesamtzusammenhänge und Informationsfluß . . . . . . . Entwurf eines Übergangskonzepts . . . . . . . . . . . . . . Variable Positionen in bestehenden GuV-Planungssystemen . . . . . . . . . . 249 249 . . . . . 252 . . . . . . . . . . . . . . . 255 261 262 267 271 Offener Anhang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I Empirische Ermittlung gleitender Durchschnitte für ausgewählte Produkte der Pilotsparkassen – anonymisiert . . . . . . . . . . . . II Vergleich der Modellqualität gleitender Durchschnitte mit der des Elastizitätskonzepts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III Cash-flow-Typisierung der derzeitigen SKO-Bilanzpositionen . . . IV Bericht der Rechenzentren und notwendige Bereinigungsarbeiten . V Exemplarische Fallgestaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 272 . 272 . . . . 273 286 292 293 6.4 6.4.1 6.4.2 6.4.3 . . . . . . . . . . 15 Wertorientierte Steuerung des Zinsänderungsrisikos Erster Teil des Projekts »Machbarkeitsstudie zum Cash-flow-orientierten Bilanzstrukturmanagement und Barwertkonzept«1 I Überblick Die Instrumente, mit denen die Sparkassen heute ihr Zinsänderungsrisiko bzw. ihre Bilanzstruktur steuern, sind in den letzten Jahrzehnten kontinuierlich weiterentwickelt worden. Stand anfangs nur die Volumensbegrenzung offener Positionen in den Ablaufbilanzen im Vordergrund, wurden sukzessive auch die variablen Positionen einbezogen (Elastizitätskonzept). Dynamische Modelle, bei denen automatisierte oder frei wählbare Prognosen über mehrere Jahre das Neugeschäft und seine Struktur vorgeben, bilden den vorläufig letzten Abschluß. Die Steuerungskomplexität hat sich durch die Verfeinerungen erheblich erhöht, und zugleich sind die Grenzen einer Weiterentwicklung der traditionellen Methoden erreicht. Die notwendigen Prognosen einer Geschäfts- und Marktentwicklung über viele Jahre hinweg fallen den Vorständen und ihren Mitarbeitern in der heutigen »volatilen« Zeit immer schwerer, und ihre Aussagekraft ist eingeschränkt. Da die heutige Steuerung der Bilanzstruktur darüber hinaus in hohem Maße durch Kundengeschäfte erfolgt, ist der Konflikt zwischen Instituts- und Kundenwunsch vorprogrammiert; einer primären Kundenorientierung, die für ein professionelles modernes Management und die langfristige Existenzsicherung notwendig sein wird, sind enge Grenzen gesetzt. Zudem sind die bisherigen Instrumente ausschließlich am GuV-Ertrag orientiert. Die Komponente »Risiko« spielt eine untergeordnete Rolle. Wenn das Banking der Zukunft von der Risikosteuerung geprägt ist,2 dann muß ein modernes Modell zum Bilanzstrukturmanagement das Thema Risiko3 in den Vordergrund stellen. Dabei ist die Frage, wie sich der tatsächliche Wert eines Finanzgegenstandes – also der Wert einer Aktie, der Wert eines Zinstitels bzw. generell der Wert beliebiger »Vermögensbestandteile« des Instituts – bei der Änderung von Marktkonstellationen ändern kann. GuV-Auswirkungen haben in dieser Systematik zunächst keinen Platz: Der Wert eines Titels ist grundsätzlich nicht abhängig von seiner dem 1 Teil 2 der Machbarkeitsstudie untersucht den Barwertansatz in der Kundenkalkulation auf seine Eignung für Sparkassen. Dieser ist im zweiten Teil dieses Bandes dokumentiert. 2 Dr. Franke, West LB: »Banking der Zukunft ist Risk-Management« (Vortrag in Münster 1997). 3 In der Literatur wird Risiko als potentielle negative Wertänderung in der Zukunft bezeichnet (absolut oder gegenüber einem Benchmark). 16 Wertorientierte Steuerung des Zinsänderungsrisikos Vorsichtsprinzip unterliegenden GuV-technischen Verbuchung. Wenn die Zinsen sinken, ist ein Wertpapier oder ein Kredit im Bestand natürlich mehr wert als bisher, auch wenn sich dies nicht in der aktuellen GuV widerspiegelt. Steigen die Zinsen, wird der Wert geringer, auch wenn keine Abschreibung erfolgt (z. B. Wertpapier im Anlagebestand, Kreditgeschäft). Der wertorientierte Ansatz entspricht in der Theorie und in seiner ökonomischen Wirkung dem risikoorientierten Denken im Bankgeschäft. Die entsprechenden Konzepte sind seit Jahren der Standard im Investmentbanking und im Portfolio- bzw. Fondsmanagement. Es stellt sich daher die Frage, inwieweit die modernen Steuerungsmethoden auch für Sparkassen anwendbar und praktikabel sind. Der Betriebswirtschaftliche Ausschuß des DSGV hatte beschlossen, dies im Rahmen einer »Machbarkeitsstudie« zu untersuchen. Im ersten Teil des Projekts »Machbarkeitsstudie zum Cash-flow-orientierten Bilanzstrukturmanagement und Barwertkonzept« sollte hierbei vornehmlich der Zinsbereich, also der wesentliche Marktpreis-Risikobereich in Sparkassen, betrachtet werden. Das neue Konzept muß drei Kernanforderungen gerecht werden: Die Steuerungsqualität muß signifikant verbessert werden können. Das Konzept muß praktikabel sein (mit Übergangslösungen müssen rasche Umsetzungserfolge erzielbar sein). Es muß zukunftssicher sein, d. h., es müssen grundsätzlich auch andere Risikobereiche mit einem vergleichbaren Ansatz integrativ behandelt werden können (Stichwort: Gesamtbanksteuerung). Darüber hinaus müssen die mit den traditionellen Methoden kaum beherrschbaren qualitativen aufsichtlichen Anforderungen (Mindestanforderungen an das Betreiben von Handelsgeschäften und Baseler Konsultationspapier zur Steuerung der Zinsänderungsrisiken) abgedeckt werden können.1 Theoretische Überlegungen und Plausibilisierungen reichen für einen Nachweis nicht aus. An der Machbarkeitsstudie waren daher neben Regionalverbänden, Rechenzentren und einer Landesbank auch Pilotsparkassen – vgl. Abb. MS 1 – beteiligt, die die Ergebnisse auf der operativen wie auf Vorstandsebene bewertet haben. Letztlich müssen die Entscheidungsträger (einschließlich Vorstand) in einer Sparkasse bestätigen, daß sie mehr Transparenz über ihr Geschäft haben, ihre Risiken und Ertragschancen genauer kennen und damit deutlich besser als bisher entscheiden können. 1 Siehe hierzu auch: DSGV-Leitfaden zur Umsetzung der MaH vom 15.1.1996. Überblick 17 Abbildung MS 1: Projektbeteiligte Sparkassen- und Giroverband Hessen-Thüringen, RHSO Taunussparkasse, Bayerischer Sparkassen- und Giroverband/IZB, Stadtsparkasse Nürnberg, Niedersächsischer Sparkassen- und Giroverband, dvg, NordLB, Rheinischer Sparkassen- und Giroverband, Deutscher Sparkassen- und Giroverband e.V., Bonn, Dr. Sievi (externer Berater) Das Projekt startete am 18.4.1996 und wurde bezüglich der Fragen einer Cash-floworientierten Bilanzstruktursteuerung (Projektteil 1) am 30.10.1996 mit einer Lenkungsausschußsitzung vorläufig abgeschlossen. Dabei konnte festgestellt werden, daß die oben definierten Kernanforderungen durch die wertorientierte Steuerungssystematik voll erfüllt sind. Das mit den neuen Konzepten verbundene investive und risikoorientierte Denken wird erhebliche geschäftspolitische Auswirkungen haben: Das periodische GuV-Ergebnis bleibt nicht mehr die entscheidende Steuerungsgröße. »Was soll erreicht werden, und welche Maßnahmen sind hierfür zu treffen?« – Diese Fragen machen die Bedeutung von »Zielgrößen« offenbar: Die Zielgrößen setzen Steuerungsimpulse, und nur das richtige Zielgrößenmodell kann zu richtigen Entscheidungen handlungsleitend beitragen. Folgende Hinweise mögen die Bedeutung der Projektergebnisse noch unterstreichen: Das Portfoliomanagement bestimmt die geschäftspolitischen Entscheidungen; gesamtheitliche Diversifizierungsmaßnahmen führen zu einer Verbesserung der Erträge bei gleichzeitig reduziertem Risiko. Die »Allokation« von Eigenkapital1 bzw. Risikokapital erfolgt in Geschäftsfeldern nach investiven Maßstäben (prototypische Kennzahlen hierfür sind »RAROC« und »RORAC«2, bei denen Ertrag und Risiko ins Verhältnis gesetzt werden). Bisherige Bewertungsmaßstäbe werden an Bedeutung verlieren (z. B. die durchschnittliche Bilanzsumme als Bezugsgröße). Neue, objektivere Maßstäbe treten an die Stelle (Performance, Risiko). 1 Im betriebswirtschaftlichen Sinn. 2 RORAC: Return On Risk Adjusted Capital; RAROC: Risk Adjusted Return On Capital. 18 Wertorientierte Steuerung des Zinsänderungsrisikos Der vorgelegte Abschlußbericht liefert neben der umfassenden konzeptionellen, praktischen und quantitativen Darstellung auch die Diskussion von Alternativkonzepten, die systematische Gegenüberstellung von GuV- und Performancekonzept, ein Grobkonzept für ein Controllingmodell, ein Grobfachkonzept zur DV-Umsetzung (Ad-hoc-Konzept und langfristiges Konzept) sowie Vorschläge für ein Ertrags- und Risikoreporting auf der Basis des neuen Konzepts. II Anforderungen und wesentliche Projekterkenntnisse Das Pflichtenheft: Handlungsbedarf Die Überprüfung der »Machbarkeit« einer Cash-flow- und (bar)wertorientierten Steuerung im Zinsbereich unter Risiko- und Performancegesichtspunkten ist das Kernziel der Machbarkeitsstudie; das »Pflichtenheft« beinhaltet darüber hinaus, wie in Abb. MS 2 dargestellt, Teilziele. Dabei geht es um Lösungen für Steuerungsbereiche, für die es heute in der Sparkassenorganisation noch keine letztlich zufriedenstellenden Antworten gibt. Abbildung MS 2 Erweiterte Professionalität: Messung/Steuerung des Dispositionserfolgs und -risikos Durchgängige Konzeption: Vorkalkulation (nach Marktzinsmethode), Nachkalkulation, Disposition Integrative Betrachtung von bilanzwirksamen Geschäften (einschließlich variablen Positionen!) und derivativen Instrumenten Integrative Steuerung von Kundengeschäften, Depot-A-Geschäften und Handel »Addierbarkeit« von Risiken Systematische Portfoliosteuerung Nicht nur die Zins-»Portfolios« der Sparkasse sind Erfolgsquelle – der Gesamterfolg muß gesteuert und gemessen werden. a) Professionalität wird notwendig: Messung/Steuerung des Dispositionserfolgs und -risikos Das Bankgeschäft ist nur dann konkurrenzfähig und professionell, wenn es, wie in Abb. MS 3 dargestellt, den Kunden in den Mittelpunkt stellt. Im organisatorischen Bereich ist dies heute selbstverständlich: Service, anspruchsvolle Beratung und schnelle Anforderungen und wesentliche Projekterkenntnisse 19 Entscheidungsprozesse werden als wesentliche Erfolgsfaktoren angesehen. Methoden des Target Costing sorgen für Kompatibilität von »Produktions«-Kosten und Leistungsbereitschaft des Kunden. Notwendig ist aber auch, daß der Kunde die Finanzgeschäftsstruktur und Fristigkeiten erhält, die er will und braucht! Der Kundenberater soll objektiv beraten. Dabei sieht er sich mit einer Schwierigkeit konfrontiert: Bei der Fristigkeitsstruktur besteht ein natürlicher Gegensatz zwischen Kunden- und Institutsinteressen. Hätten die Kunden nämlich die gleiche Zinseinschätzung wie das Institut bzw. würde die Sparkasse ihre Kunden entsprechend der eigenen Zinseinschätzung beraten, würde die Struktur der Kundengeschäfte den Sparkassenzielen automatisch zuwiderlaufen. Abbildung MS 3 Professionalität wird notwendig Messung und Steuerung des Dispositionserfolgs und -risikos 2 Grundsätze Management, Controlling 1. Der Kunde steht im Mittelpunkt: Er erhält die Finanzgeschäfte und Fristigkeiten, die er will und braucht! • Profitcentersteuerung • Kunden-»Kalkulation« • … (Methode: Marktzinsmethode) 2. Es ist die Aufgabe des Disponenten – und nicht des Kundenberaters – die dispositionsbedingten Ertrags- und Risikoziele des Instituts zu steuern – unabhängig und gesamtheitlich! Steuerung und Messung des Dispositionserfolgs und -risikos (Methode: ?) Traditionellerweise versuchen viele Sparkassen, den Interessengegensatz auszugleichen, indem sie ihre Kunden durch absatzfördernde Maßnahmen (z. B. Margenzugeständnisse) für bestimmte Produkte und Fristigkeitsstrukturen »erwärmen«. Diese Vorgehensweise hat jedoch gravierende Nachteile: Der Gesamtertrag sinkt im allgemeinen entsprechend deutlich. Eine Steigerung der Kundenzufriedenheit durch die niedrigeren Margen ist dennoch fraglich, da die Kunden ursprünglich andere Strukturen bevorzugt hätten. Möglicherweise werden die Kunden eines Tages die falsche Fristenentscheidung sogar der Sparkasse trotz des »Sonderangebots« anlasten. Im Sinne eines Mitnahmeeffekts nutzen clevere Marktteilnehmer ggf. Arbitragemöglichkeiten gegen die Sparkasse. 20 Wertorientierte Steuerung des Zinsänderungsrisikos Die erhoffte Wirkung kann im kleinteiligen Kundengeschäft nur über einen längeren Zeitraum eintreten. Die Gefahr ist groß, daß die Marktverhältnisse zwischenzeitlich die absatzfördernden Maßnahmen nicht mehr im erzielten Umfang rechtfertigen. Was folgt hieraus? Das Kundenangebot soll attraktiv sein. Die Mitarbeiter stellen dem Kunden ihr Know-how zur Verfügung, sie beraten im Interesse des Kunden – und hierfür können sie angemessene Margen verlangen. Es ist Aufgabe der (Zentral-)Disposition1 und nicht des Kundenberaters, die dispositionsbedingten Ertrags- und Risikoziele des Instituts unabhängig und gesamtheitlich zu steuern. Hierfür steht ihr die ganze Palette der Interbankengeschäfte einschließlich der effizienten Derivate zur Verfügung. Die Disposition steuert ein umfassendes Portfolio, nämlich sämtliche zinsabhängigen Positionen des Instituts, und entscheidet über bedeutende Ertrags-, aber auch Risikopotentiale. Zur Unterstützung der Kundenberater, für Zielvereinbarungen und die Beurteilung ihrer Vertriebsleistung stehen heute ausgefeilte Verkaufscontrolling-Systeme zur Verfügung. Die Leistung der Disposition (bzw. des Zentraldisponenten) kann jedoch trotz ihrer (seiner) gewichtigen Rolle mit den bestehenden Instrumenten nicht ausreichend transparent gemacht werden. Derzeit ist wohl keine Sparkasse in der Lage, in angemessener Weise das Dispositionsergebnis zu messen. Aufgabe der Machbarkeitsstudie ist es, konzeptionelle und zugleich praktikable Antworten zu geben. b) Durchgängige Steuerungskonzeption fehlt Viele Steuerungskomponenten des Bankgeschäfts beruhen heute schon auf Cash-flow und Barwerten: Seit jeher ist die barwertige Steuerung der Handelsgeschäfte üblich: Die Kurse (Marktpreise) von Zinspapieren sind nichts anderes als die Barwerte ihrer Cashflow. Bei Derivaten, die keine bilanzielle Darstellung mehr haben, kann man sich ohnehin nur am Marktpreis/Barwert orientieren. Preisangabenverordnung und Marktzinsmethode fußen auf Cash-flow und nicht auf den klassischen »nominalen Größen« wie Buchwerten und Tilgungsbeträgen. 1 Das Verständnis der Funktion (Zentral-)Disposition geht hier weit über die kurzfristige Gelddisposition hinaus. Vielmehr ist der Begriff im Sinn eines umfassenden Zinsrisikomanagements zu verstehen (vergleichbar dem traditionellen Begriff »Aktiv-Passiv-Management«). Die (Zentral-)Disposition braucht nicht selbst die Handelsgeschäfte auszuführen. Disposition in diesem Sinne kann auch ein Vorstandsmitglied oder der Gesamtvorstand wahrnehmen. Anforderungen und wesentliche Projekterkenntnisse 21 »Margen« nach der Marktzinsmethode sind keine GuV-Beträge, sondern Überschüsse im Zahlungsstrom. Provisionserträge lassen sich als Barwert, nämlich als eine Soforteinnahme interpretieren. Damit sind auch die Ergebnisbeiträge der Marktbereiche in den modernen Steuerungskonzepten bereits »effektive«, also Cash-flow-orientierte Größen. Abbildung MS 4 Durchgängige Steuerungskonzeption fehlt Renditeberechnungen (auch nach Preisangabenverordnung) basieren auf Cash-flow. Provisionsgeschäfte bedeuten barwertige Erfolge. Marktzinsmethode basiert Bewertung der Handelsauf Cash-flow. geschäfte erfolgt mit Barwerten, die Ergebnisbeiträge der auf Cash-flow basieren. Marktbereiche sind effektive Größen, die auf Cash-flow basieren. Institutssteuerung heute: Institutssteuerung in Zukunft: an Bilanzgrößen ausgerichtet; am Cash-flow ausgerichtet; einzelperiodisch, nicht am Cash-flow ausgerichtet vermögensorientiert? Der »Bruch« entsteht, wie Abb. MS 4 verdeutlicht, beim Übergang zur Gesamtinstitutssteuerung. Diese ist derzeit an Bilanzgrößen ausgerichtet; traditionelle Steuerungsaufgabe ist ausschließlich das Management der (periodischen) GuV-Ergebnisse. Würde ein Vorstand heute fordern, aus Handelsergebnissen, Ergebnisbeiträgen der Marktbereiche, Transformationsergebnis und den Provisionsgeschäften ein Gesamtergebnis seines Hauses zu ermitteln, würde er seinen Controller vor eine mit den bestehenden Instrumenten unlösbare Aufgabe stellen. Die Machbarkeitsstudie soll konzeptionell die Verzahnung zwischen den modernen Einzelgeschäftssteuerungsmethoden und der Gesamthaussteuerung sicherstellen. c) Alle Produkt- und Geschäftsbereiche müssen integrativ betrachtet werden Meist analysieren die Sparkassen – wie in Abb. MS 5 visualisiert – ihr Depot A, ihr Handelsbuch und das Kundengeschäft jeweils separat. Nichtbilanzielle Positionen werden dabei ebenfalls gesondert betrachtet. Zinsänderungen wirken jedoch auf alle zinsabhängigen Geschäfte des Instituts simultan; isolierte Analysen sind daher für einen Gesamtstatus wenig zielführend. Die Machbarkeitsstudie muß einen Weg aufzeigen, der eine integrative Betrachtung ermöglicht. 22 Wertorientierte Steuerung des Zinsänderungsrisikos Abbildung MS 5 Alle Produkt- und Geschäftsbereiche müssen integrativ betrachtet werden Kundengeschäft Depot A Trading bilanzwirksam (z.T. variabel) bilanzwirksam bilanzwirksam derivativ derivativ derivativ Alle Geschäfte gemeinsam bestimmen das Marktrisiko (z. B. Zinsänderungsrisiko) des Instituts. d) Risiken müssen »addierbar«1 sein Abschreibungsrisiken und das Risiko einer Verringerung der stillen Reserven sind typische Stichtagsrisiken. Im übrigen wirken sich Zinsänderungen GuV-mäßig auf die Zinsspannen der aktuellen und zukünftigen Perioden aus. Eine Aggregation von Stichtagswerten und periodischen Werten ist jedoch nicht möglich. Abb. MS 6 verdeutlicht, daß in der traditionellen GuV-Sicht das Gesamt-Zinsänderungsrisiko eines Instituts nicht ermittelbar ist; es kann weder limitiert noch entsprechend gesteuert werden. Die Konzepte der Machbarkeitsstudie müssen Risikopotentiale »gleichnamig«2 machen, also beispielsweise auf einen einheitlichen Referenzzeitpunkt beziehen; nur dadurch wird ein Gesamtrisikostatus möglich. Das korrekt nach einheitlichen Maßstäben ermittelte Risiko ist für eine risikoorientierte Steuerung unerläßlich: Zur Abdeckung von Bankrisiken wird Risikokapital bereitgestellt, für das eine angemessene Rendite zu erwirtschaften ist (»Bereitstellung von Risikokapital gegen Ertragsversprechen«). e) Ausblick: Portfoliosteuerung Zinsinduzierte Geschäfte spielen bei Sparkassen noch die dominante Rolle: In diesem Bereich liegt der traditionelle Produktschwerpunkt; entsprechend sind die Steuerungskonzepte und -instrumente ausgerichtet. Je mehr der Wettbewerb unter Banken und Sparkassen zunimmt, um so mehr wird man dazu übergehen müssen, geschäft- 1 Die Anführungszeichen bei »addierbar« sollen darauf hinweisen, daß es sich nicht um eine konventionelle mathematische Addition handeln muß, sondern daß die Risiken im statistischen Sinn aggregiert werden. 2 »Gleichnamigkeit« ist auch das wichtigste Prinzip der Investitionsrechnung; hierzu sei auf die einschlägige Literatur verwiesen. Anforderungen und wesentliche Projekterkenntnisse 23 liche Aktivitäten aller Art zu betrachten und systematisch mit portfolioorientierten Methoden zu managen. Die Qualität des Portfolios und seiner Steuerung innerhalb einer Risikoklasse und risikobereichübergreifend wird in Zukunft zum entscheidenden Erfolgsfaktor zur Ertragsverbesserung und/oder Risikoreduzierung. Abbildung MS 6 Risiken müssen »addierbar« sein traditionell Periode 1 Stichtag Abschreibungsrisiko Stichtag + Risiko: Verringerung der stillen Reserven = geht nicht! < Limit (geht erst recht nicht !) Risiko: Verringerung der Zinsspanne … + Periode 1 + sonstige periodische GuV-Risiken … Periode n Periode n Risiko: Verringerung der Zinsspanne sonstige periodische GuV-Risiken Gesamtrisiko nicht ermittel- und steuerbar Wie in Abb. MS 7 dargestellt, müssen neben den klassischen Marktpreisrisiko-Bereichen Zinsen, Aktien und Fremdwährung auch Immobilien und Beteiligungen (einschließlich ihrer Risiken) alternativ bei Anlageentscheidungen ins Kalkül gezogen und mit vergleichbaren Methoden bewertet werden. Für eine bewußte Steuerung der Adressenportfolien sind zukünftig Konzepte zu entwickeln, deren Risikomeßmethoden mit den Methoden der Marktpreisrisikosteuerung harmonieren. Im umkämpften Finanzmarkt (man denke nur an die aktuellen Diskussionen über Direktbanken, Vermögensanlagezentren, Immobilienzentren, Outsourcing von Funktionen etc.) wird die Geschäftsfeldsteuerung, die heute im systematischen Sinn praktisch nicht vorhanden ist, eine zunehmend gewichtige, wenn nicht die entscheidende Rolle spielen. In diesem »Konzert« von sparkassenbetrieblichen Regelkreisen bleibt ein Fokus auf die Zinsänderungsrisiken zu eng. Ein neues Konzept, das in der Machbarkeitsstudie primär für den Zinsbereich entwickelt werden soll, muß im Grundsatz auf alle Risikobereiche des Instituts übertragbar sein. Das gesuchte gemeinsame Dach bedeutet, alle unternehmerischen Entscheidungen – seien sie in Fristigkeiten, Gebäude, Kunden, Geschäftsfelder etc. – als Investition anzusehen. Die Investitionen müssen »sich rechnen«: Ihre Risiken müssen 24 Wertorientierte Steuerung des Zinsänderungsrisikos beherrschbar bleiben, und das notwendige Risikokapital muß eine angemessene Rendite1 erwirtschaften. Für die »Machbarkeitsstudie« bedeutet dies, die Regeln der Investitionsrechnung auch auf die Steuerung der Zinsänderungsrisiken zu übertragen. Nur dann ist die entsprechende Zukunftssicherheit gegeben. Abbildung MS 7 Portfoliosteuerung gewinnt an Bedeutung Geschäftsfelder Zins-Geschäfte FX-Geschäfte Aktien Beteiligungen … Investitionen Immobilien Die Qualität des Portfoliomanagements • innerhalb einer Risikoklasse und • risikobereichübergreifend Index-Geschäfte Adressen wird in Zukunft zum entscheidenden Erfolgsfaktor zur • Ertragsverbesserung und/oder • Risikoreduzierung Impulse durch aufsichtliche Anforderungen Die bisherigen Ausführungen haben verdeutlicht, warum aus internen Steuerungsgründen eine Neuorientierung des Bilanzstrukturmanagements notwendig wird. Die traditionellen Instrumente genügen aber auch den modernen aufsichtlichen Anforderungen und Konzeptionen – insbesondere dem in Abb. MS 8 dargestellten Trend zur verstärkt umfassenden, qualitativen Aufsicht – nicht mehr. So schreiben beispielsweise die MaH2 vor, daß das Risikocontrolling- und -managementsystem insbesondere die mit Handelsgeschäften verbundenen Marktpreisrisiken zu erfassen und zu quantifizieren hat. Und weiter: »Dieses System soll in ein möglichst alle Geschäftsbereiche der Bank umfassendes Konzept zur Risikoüberwachung und -steuerung eingegliedert sein und dabei die Erfassung und Analyse von vergleichbaren Risiken aus Nichthandelsgeschäften ermöglichen.« Darüber hinaus müssen die Marktpreisrisiken durch ein Globallimit begrenzt werden. Das Anspruchsniveau aufsichtlicher Vorgaben ist also bereits zu einem gut Teil und wird zunehmend marktpreisorientiert; GuV-Bewertungsregeln und -spielräume ver1 »Angemessen« darf nicht mit »maximal« gleichgesetzt werden! Im Rahmen ihres öffentlichen Auftrags übernehmen die Institute der Sparkassenorganisation »Verantwortung in Gesellschaft und Region« und haben daher nicht die Gewinnmaximierung zum Ziel. Um so mehr sind allerdings die Institute einer wirtschaftlichen Bereitstellung ihrer Finanzdienstleistungen verpflichtet. In diesem Sinn ist »angemessen« zu verstehen. 2 »Mindestanforderungen an das Betreiben von Handelsgeschäften der Kreditinstitute«; Verlautbarung des BAKred vom 23.10.1995. Anforderungen und wesentliche Projekterkenntnisse 25 lieren ihre Relevanz als primäre Steuerungsgröße. Überträgt man die Systematik auf das alle Geschäftsbereiche umfassende Konzept, so versagen allein aus aufsichtlichen Gründen die periodischen GuV-Steuerungsphilosophien. Abbildung MS 8 Der Weg aufsichtlicher Vorgaben – grobes Schema Geschäftsleiterfunktion, Ordnungsmäßigkeit • Mindestanforderungen (Handelsgeschäfte) • Zinsänderungsrisiko (Gesamtinstitut) • interne Modelle zur EK-Unterlegung der Marktpreisrisiken (Trading-Buch) • Mindestanforderungen für (fast) alle Geschäftsbereiche • interne Modelle zur EK-Unterlegung der Risiken (Marktpreis-, Adressen-, Liquiditäts-, Beteiligungs-, Investitions-, Betriebsrisiken etc. für (fast) alle Institutsaktivitäten) • Publizitätsrahmen Grundsatz I, IA, II, III, Großkredit, … Mischung: • konkrete Vorgaben • Parametrisierungen für interne Modelle des Trading-Buchs generelle Vorgaben für Parameter»Einstellungen« bisher aktuell/in Kürze* zukünftig? qualitativer Anspruch/ Regelungsbereich quantitative Vorgaben/ Rechenvorschriften * unter der Prämisse, daß interne Modelle verwendet werden Im September 1997 legte der Baseler Ausschuß ein Papier zur Steuerung des Zinsänderungsrisikos vor. Er präferiert die sog. Substanzwertperspektive, die gleichbedeutend mit dem Barwertansatz ist. Es heißt: »Da die Substanzwertperspektive die potentiellen Auswirkungen von Zinsänderungsrisiken auf den Gegenwartswert sämtlicher zukünftiger Zahlungsströme betrachtet, vermittelt sie ein umfassenderes Bild der potentiellen langfristigen Effekte von Zinsänderungsrisiken als die Ertragswertperspektive1.« Man könnte sagen, daß die neuen Baseler Regelungen den Projektauftrag ex post nochmals grundsätzlich formulieren: Die »Machbarkeitsstudie« soll zeigen, wie die nunmehr auch von der Aufsicht formulierten Anforderungen konkret in Sparkassen umgesetzt werden können. Dabei kommt der Studie zugute, daß die Aufsichtsbehörden im Rahmen eines qualitativen Anspruchsniveaus den Instituten ausreichend Freiheitsgrade für praktikable, den Sparkassen angemessene und zugleich sachgerechte Lösungen lassen. Zur Eigenkapitalunterlegung der Marktpreisrisiken im Handelsbuch sind nach der 6. KWG-Novelle auch sog. »interne Modelle« zugelassen. Die Aufsicht hat Parameter 1 Gleichbedeutend mit periodischer GuV-Sicht. 26 Wertorientierte Steuerung des Zinsänderungsrisikos (z. B. Haltedauer, Konfidenzniveau) auf der Basis statistischer Modellbildungen vorgegeben, die die Institute bei ihren Berechnungen mit den internen Instrumenten einhalten müssen. Die Machbarkeitsstudie hatte nicht das Ziel, ein solches internes Modell für die Sparkassen zu definieren. Das erarbeitete Konzept muß jedoch so offen sein, daß die Einführung interner Modelle nur eine Weiterentwicklung und partielle Vertiefung darstellt. Hierzu gehört auch, daß statistische Modellbildungen im Rahmen der Studie mit ihren Vor- und Nachteilen grundsätzlich zu beleuchten waren. Projektergebnisse Die (bar)wertorientierte Steuerung mit ihrer Cash-flow-Analyse erfüllt alle Anforderungen des Pflichtenhefts. Wie einleitend bereits angesprochen, hat das Projekt gezeigt, daß sie praktikabel und zukunftsorientiert ist; die Entscheidungsgrundlagen werden in bisher nicht gekannter Weise verbessert. Im folgenden sollen einzelne wesentliche Aspekte speziell beleuchtet werden: 1. Cash-flow, Barwertermittlung und Marktwert Ein Finanzgeschäft besteht aus Ein- und Auszahlungen; durch die zeitliche Abfolge und die Höhe dieser Ein- und Auszahlungen wird jedes Geschäft korrekt beschrieben. Deshalb bildet der Cash-flow die richtige, objektive Basis für das Management und das Controlling des Zinsergebnisses und des Zinsänderungsrisikos. Buchhalterische Größen wie Buchwerte, Tilgungen und Disagien (bzw. deren buchhalterische Auflösungsmethoden) sind zur Steuerung nicht geeignet. Der Barwert von Festzinsgeschäften1, also von Geschäften mit fest vereinbartem Cash-flow, wird durch Diskontierung aller zukünftigen Ein- und Auszahlungen auf den Stichtagswert ermittelt;2 dabei werden nur die Leistungen bis zum Ende der Zinsfestschreibung berücksichtigt. Dieses Verfahren ist grundsätzlich aus der Investitionsrechnung bekannt. Werden die Zinssätze zur Diskontierung geschäftsspezifisch3 gewählt, entspricht der Barwert dem Marktwert. Barwertmethode und die sog. Marktwertmethode sind damit deckungsgleich. Im Projekt hat sich gezeigt, daß es für die meisten Sparkassen ausreicht, die Geschäfte mit einer einheitlichen – also nicht geschäftsspezifischen – typischen Zinsstrukturkurve zu bewerten. Die Differenzen, die sich zu den echten Marktwerten ergeben, sind im allgemeinen für Sparkassen nicht mehr steuerungsrelevant. Bei der Verwendung differenzierter Kurven ergibt sich im übrigen das Problem, daß Aussagen über die Abhängigkeiten der unterschiedlichen Zinsstrukturkurven bei 1 Einschließlich solcher mit sehr kurzfristigen Zinsfestschreibungen. 2 Genauer geschieht dies durch die exakte kalkulatorische Nachbildung der zukünftigen Ein- und Auszahlungen des Finanzgeschäfts durch marktgängige Interbankengeschäfte. 3 Also z. B. Swapkurve, Bundkurve, Pfandbriefkurve etc. Anforderungen und wesentliche Projekterkenntnisse 27 Zinsänderungen getroffen werden müssen.1 Mag die Differenzierung für Tradingbereiche noch sinnvoll sein, führt sie bei einer Gesamtbetrachtung bei den allermeisten Instituten zur Pseudogenauigkeit. Das vorliegende Konzept ist jedoch von diesen Fragen unabhängig. 2. Variable Geschäfte im Barwertkonzept Die klassischen »variablen Geschäfte« der Sparkassen, also Spareinlagen, Kontokorrentkredite, variable Hypothekendarlehen, haben keinen fest vorgegebenen Cashflow, aus dem sich ein Barwert ermitteln ließe. So heißt es auch im Baseler Konsultationspapier zum Zinsänderungsrisiko: »Eine der schwierigsten Aufgaben bei der Messung des Zinsänderungsrisikos ist die Behandlung der Positionen, deren verhaltensabhängige Fälligkeit von der vertraglich vereinbarten Fälligkeit abweicht …« In der Machbarkeitsstudie hat sich allerdings eine Methode zur Bildung passender synthetischer Cash-flow als sehr gut geeignet herausgestellt; das Zinsänderungsverhalten variabler Positionen wird dabei durch eine Mischung aus gleitenden Durchschnitten von Laufzeitzinsen nachgebildet.2 Dabei hat sich gezeigt: Durch die Modellannahmen können auch variable Positionen als Cash-flow abgebildet werden; ihr Barwert wird ermittelbar. Das Zinsänderungsrisiko kann daher für variable Positionen und Festzinsgeschäfte integrativ bestimmt, limitiert und gesteuert werden. Gleitende Durchschnitte lassen sich disponieren; insofern ist das Modell als Vorgabe für den Disponenten geeignet. Die Modellbildung fügt sich ein in das System der Marktzinsmethode, und sie ist geeignet zur Konditionensteuerung. Volumensänderungen und Strategieänderungen können berücksichtigt werden. Das heute weit verbreitete sog. »Elastizitätskonzept« zur Risikoerfassung variabler Positionen wurde im Projekt alternativ betrachtet. Dabei stellte sich heraus, daß sich das Elastizitätskonzept – nicht in das Konzept der barwertigen Bewertung einfügt, – nicht geeignet ist zur Messung und Limitierung des Zinsänderungsrisikos, – nicht geeignet ist als Dispositionsvorgabe und – nur unzureichend geeignet ist für die Konditionenpolitik. Darüber hinaus zeigen Beispielrechnungen, daß das Elastizitätskonzept auch bezüglich der Qualität der Zinsprognose unterlegen ist. Im Ergebnis ist das Modell der gleitenden Durchschnitte zielführend und grundsätzlich vorzuziehen. 1 Also beispielsweise: Wenn die Pfandbriefsätze um 1% steigen, wie stark steigen dann die Swapsätze und die Bund-Sätze? 2 Vgl. Sievi, C.: Kalkulation und Disposition, Bretten 1995. 28 Wertorientierte Steuerung des Zinsänderungsrisikos 3. »Vermögen« aus Zinsgeschäften und Risiko Der Barwert aller Zinsgeschäfte bzw. der Barwert der Cash-flow repräsentiert das im Zinsgeschäft gebundene »Vermögen« des Instituts. Das Zinsänderungsrisiko ist die mögliche Verringerung dieses Vermögenswertes bei Zinsschwankungen. Vermögensschwankungen können auf Basis von Zinsszenarien ermittelt werden, aber auch nach statistischen »Value-at-risk«-Modellen (z. B. JP Morgan). Es hat sich in der Machbarkeitsstudie eindrucksvoll bestätigt, daß die vermögensorientierte Sicht die richtige Entscheidungsgrundlage zur Zinsänderungsrisikosteuerung darstellt. Das Projekt hat auch den praktischen Nachweis erbracht, daß eine Risikosteuerung, die sich im wesentlichen auf das Depot A bzw. die MaH-relevanten Positionen bezieht, zu Fehlsteuerungen führen muß. Nur die gesamtheitliche Sicht ermöglicht eine adäquate Nachbildung des Zinsänderungsrisikos und adäquate Steuerungskonzeption.1 Bei den Pilotsparkassen war das Zinsänderungsrisiko der MaH-Positionen dreimal so hoch wie das tatsächliche Risiko. Die fehlende Information über das Gesamtinstitutsrisiko verleitet dazu, das Vermögen insgesamt zu kurz anzulegen, was in Zeiten normaler Zinsstrukturen eine geringere Zinsspanne nach sich zieht. Die Institute hätten erheblich mehr Risikokapital einsetzen und damit verstärkt Ertragschancen nutzen können. Die Untersuchungen legen den Schluß nahe, daß bei Anwendung der modernen Konzepte »in the long run« deutliche Ertragssteigerungen bei beherrschbarem Risiko möglich sind. Die Frage der Höhe des Risikos im Verhältnis zum Vermögenswert und die Frage von sinnvollen Haltedauern und Konfidenzintervallen wurden im Projekt ausführlich beleuchtet. Ebenso wurden die Vor- und Nachteile von statistischen Modellen gegenüber Szenarioanalysen herausgearbeitet. 4. Performancesteuerung (Risikosteuerung/Planungshorizont/RORAC) Steuerung ist ein dynamischer Prozeß. Das Konzept geht daher über eine stichtagsbezogene Analyse hinaus. Das Managementziel besteht darin, das »Vermögen« aus Zinsgeschäften des Instituts an einem Planungshorizont zu optimieren, d. h. die Performance am Planungshorizont zu verbessern und dabei das Risiko im gegebenen Rahmen zu halten. Während die traditionellen GuV-orientierten Steuerungsinstrumente zwingend verlangen, über Jahre die Plandaten zum Zinsniveau und zum Neugeschäft (Produkte, Margen und Fristigkeiten) vorzugeben, kommt die Barwert- bzw. Planungshori- 1 Siehe hierzu auch: DSGV-Leitfaden zur Umsetzung der MaH vom 15.1.1996. Anforderungen und wesentliche Projekterkenntnisse 29 zontbetrachtung den Entscheidungsträgern entgegen: Ein einziger Planungshorizont reicht aus! Auswahlkriterien für den Planungshorizont1 markieren folgende Fragen: Bei welchem Planungshorizont fühlt sich der Entscheidungsträger (und Volkswirt) bei seiner Prognose relativ wohl? Bei welchem Planungshorizont spielen Geld/Brief-Differenzen eine tendenziell untergeordnete Rolle? Bei welchem Planungshorizont sind sinnvolle Handlungsentscheidungen (strategisch, operativ; Vorstand, Treasurer, Händler) möglich? Planungshorizontanalysen und -maßnahmen bedeuten auch ohne langfristige Planungsreihen kein kurzfristiges operatives Denken (mit diesem Vorurteil sollte aufgeräumt werden!). Es ist nämlich folgendes zu bedenken: Wer sein Vermögen auf kurze Sicht optimiert, hat es auch auf lange Sicht optimiert. Die Zinsänderungsrisikosteuerung des Disponenten kommt ohne die Simulation von Kundenneugeschäften (Neugeschäftsplanung) aus: Dispositive Maßnahmen kann der Disponent auch mit Interbankengeschäften ergreifen. Eine Geschäftsfeldplanung (d. h. die Planung der Neugeschäfte) ist über die Margenplanung (einschließlich absoluter und relativer Margenrisiken) in das Modell integrierbar – so wie jede andere Investitionsentscheidung auch. Das Geschäftsfeldmanagement2 – und hiermit zusammenhängend die Neugeschäftsplanung – ist ein eigenständiger Steuerungsbereich. Gibt es Margenabhängigkeiten zum Zinsniveau, so sind diese über Korrelationen zu berücksichtigen – wie beim Fremdwährungs-, Aktien-, Index- und sonstigen Bereichen. Würden Geschäftsfeldfragen und Neugeschäftsplanung unsystematisch mit dispositiven Fragen vermengt – wie es häufig geschieht –, wäre eine verursachungs- und verantwortungsgerechte moderne betriebswirtschaftliche Steuerung zum Scheitern verurteilt. Die Möglichkeit, mit kurzfristigen Planungshorizonten arbeiten zu können, ist für die Ertragssituation des Instituts möglicherweise der entscheidende Vorteil der neuen Steuerungsphilosophie: Prognosen über Neugeschäfte, ihre Zinsen und ihre Festzinsperioden, die sich – je länger die Fristen sind – immer mehr im Unwägbaren verlieren, sind für die Zinsänderungsrisikosteuerung verzichtbar. Die Vorstände und ihre Mitarbeiter können sich bei ihren Entscheidungen erheblich sicherer als früher fühlen. Die Ergebnisse der Machbarkeitsstudie zeigen, wie der Einsatz von Risikokapital bei Entscheidungen systematisch zum Maßstab gemacht werden kann. Die Machbar1 Bei den Projektbeteiligten herrscht Übereinstimmung, daß in den meisten Sparkassen ein Planungshorizont von ca. 3 bis 12 Monaten sinnvoll ist (bei Positionen im Handelsbuch ggf. kürzerfristig). 2 Neben der Adressenrisikosteuerung wird das Geschäftsfeldmanagement und -controlling zur wichtigen betriebswirtschaftlichen Herausforderung der Zukunft. 30 Wertorientierte Steuerung des Zinsänderungsrisikos keitsstudie bedeutet den Einstieg in die RORAC-/RAROC-Orientierung. Das Schlagwort »modernes Bankgeschäft ist Risikosteuerung« wird durch das Projektergebnis mit Leben gefüllt.1 5. Neues Rollenverständnis: Disposition und Rechnungswesen Wertorientierte Steuerung oder GuV-Steuerung – der »Glaubenskrieg« wurde im Projekt beigelegt, indem die jeweiligen Rollen im Bankmanagement geklärt bzw. neu definiert wurden. Die Steuerungspriorität liegt bei der Barwert- bzw. Planungshorizontsicht; Steuerungsgrößen sind dabei Performance und Performancerisiko, die betriebswirtschaftlich die richtigen Impulse setzen und die korrekten Ergebnisse liefern. Hierfür muß eine (Zentral-)Disposition bzw. ein »Bilanzstrukturmanagement« aufgebaut werden. Eine GuV-Vorausschau und -Planung (ggf. auch eine Limitierung von GuV-Risiken) ist parallel notwendig.2 Da »in the long run« die Identität von Barwertüberschuß und GuV-Ergebnissen sichergestellt ist, kann sie sich allerdings auf überschaubare Planperioden beschränken (z. B. die beiden folgenden Bilanzstichtage). Unrealistische langfristige GuV-Hochrechnungen mit Plandaten über 5 bis 10 Jahre werden nicht mehr benötigt. Eine Überführung von betriebswirtschaftlichen Daten in konkrete GuV-Daten erweist sich als überflüssig und letztlich kontraproduktiv. Wenn die betriebswirtschaftlichen Maßnahmen im Rahmen der wertorientierten Steuerung festgelegt sind, stimmen sich Disposition und Rechnungswesen über die konkreten Geschäfte wegen ihrer möglicherweise unterschiedlichen GuV-Auswirkungen ab. Das Rechnungswesen ist dabei ein eigenständiger, gestalterisch eingreifender Steuerungsbereich, der zum Ziel hat, die Möglichkeiten der GuV zur sinnvollen Verstetigung der Erträge bewußt zu nutzen und zugleich einen Widerspruch zwischen betriebswirtschaftlichen Ergebnissen und GuV-Ergebnissen zu vermeiden. Diese Funktionen bedeuten für die meisten Institute ein neues Rollenverständnis des Rechnungswesens. 1 Die diesbezüglichen Ergebnisse der Machbarkeitsstudie sind hierfür als erster Schritt und Basis für eine Diskussion in der Sparkassenorganisation anzusehen. 2 In der Machbarkeitsstudie wurde auch die Erfüllung der Grundsätze II/III behandelt. Dabei zeigt sich, daß ihre typischen Probleme beim dargestellten aktiven Bilanzstrukturmanagement an Bedeutung verlieren; abgesehen davon entfallen diese Grundsätze in der Zukunft ohnehin. Anforderungen und wesentliche Projekterkenntnisse 31 6. Benchmarking Mit kurzfristigen Vermögensanlagen läßt sich ohne Zinsänderungsrisiko immer ein Performancezuwachs erzielen. Es stellt sich aber die Frage, wann die Finanzdisposition »gut oder schlecht« gewesen ist. Dabei ist nicht nur maßgeblich, wie hoch die Performance war, sondern auch welche Risiken hierfür eingegangen werden mußten.1 Als Maßstab (»Benchmark«) für die Beurteilung können beispielsweise die Performance-/Risikoprofile und RAROC-Kennzahlen2 eines Indexes (z. B. der REX) oder der Mischung von Indexen z. B. (REX und DAX), eines vom Vorstand vorgegebenen Musterportfolios, eines Fonds, anderer SKO-Institute, von nationalen oder sogar internationalen Anlagegesellschaften, deren Daten erhältlich sind, gewählt werden. Marktpreisrisiko (bzw. Zinsänderungsrisiko) ist dann nicht nur das Risiko, daß sich das Vermögen bei einer Änderung der Marktpreise absolut verringert, sondern daß es sich gegenüber dem Benchmark ungünstiger entwickelt. Die neue Steuerungsphilosophie wird auch die Vergleichssystematik der Institute der Sparkassenorganisation untereinander, den Betriebsvergleich, »revolutionieren«. Mit der Performance-/Risikomessung bzw. mit RAROC-Kennzahlen steht ein objektiver Maßstab zur Verfügung, der das Institut gesamtheitlich bewertet und der nicht willkürlich beeinflußt werden kann.3 Der Weg für einen neuen Betriebsvergleich ist durch die Machbarkeitsstudie vorgezeichnet, der Vergleich wurde allerdings im Rahmen des Projekts nicht differenziert ausgearbeitet. 7. Investitionsrechnung und Bankgeschäft werden betriebswirtschaftlich zusammengeführt Unternehmerisch handeln heißt: Kapital bewußt investieren. In produzierenden Betrieben ist dies immer schon selbstverständlich, in Banken hält diese Vorstellung nun langsam Einzug. Bewußt investieren bedeutet für Banken z. B.: in Fristentransformation, in Geschäftsfelder, in Kundengruppen, in Service, 1 Grob gesprochen ist bei gleicher Performance der Disponent mit dem geringeren Risiko besser. 2 Siehe auch Fußnote 1 S. 32. 3 Beispielsweise durch den Aufbau oder den Abbau von Interbankengeschäften, die die Bilanzsumme, nicht aber das absolute Geschäftsergebnis verändern. 32 Wertorientierte Steuerung des Zinsänderungsrisikos in Mitarbeiter, in Technik, in Zinsgeschäfte, Aktien, Fremdwährungen, Beteiligungen, Immobilien und sonstige Vermögensgegenstände. Die klassische »Investitionsrechnung« liefert das Kalkül zur Beurteilung von Investitionen; das in der Machbarkeitsstudie als geeignet identifizierte Steuerungskonzept ist damit deckungsgleich. Das investive Denken wird daher im Institut verankert, und es ist auf sämtliche geschäftlichen Aktivitäten eines Hauses übertragbar. Damit ist der Grundstein für eine integrative Institutssteuerung gelegt. 8. Performanceschwankungen Die neuen Bewertungsmaßstäbe sind objektiv und haben nicht mehr die »glättenden« Eigenschaften des GuV-Ergebnisausweises – mit anderen Worten: Die Performance wird erheblich stärker schwanken als das GuV-Ergebnis. Dies ist aber »normal« und auch einsichtig, da man beim Eingehen von Risiken nicht immer »richtigliegen« kann. Sofern die für eine interne Steuerung ermittelten Performancedaten an Aufsichtsorgane (Gewährträger) weitergegeben werden sollen, müssen diese zuvor damit vertraut gemacht werden, daß eine negative oder ungünstige Performance »ab und zu« eintreten kann. Sicherlich ist das ein Kommunikationsproblem; die verbesserten Steuerungsmethoden sollten jedoch den Aufsichtsorganen positiv vermittelbar sein, zumal sie international und im Fondsbereich auch üblich sind. Auf Dauer kann natürlich eine ungünstige oder gar negative Performance nicht hingenommen werden – sie würde aber auch in der GuV nicht mehr »geglättet« werden können. Die Ausführungen zeigen auch, daß es völlig verfehlt wäre, die Vorstandsleistung ausschließlich oder primär nach der periodischen Performance des Instituts zu messen. Eine Vorstandsleistung ist ein »Portfolio«-Mix aus vielen Leistungen, und es kann wohl kaum erwartet werden, daß die Vorstände und ihre Institute immer in allen Bereichen die richtigen Annahmen treffen und richtig entscheiden. Wesentliche Komponenten einer Vorstandsleistung sind ohnehin qualitativer Natur, wie Kreativität und »Perspektive« für das Institut. Resümee Das Bankmanagement bleibt auch beim Barwertkonzept, was es schon immer war: »Entscheidung unter Unsicherheit«. Es wird aber viel transparenter und realitätsnäher, worüber entschieden werden muß! Notwendig wird eine neue Ausrichtung, und »Erfolg« wird neu definiert: nämlich Performance und Risiko im Zeitablauf (und zwar absolut oder gegenüber einer Benchmark). Das investive Denken wird in einem bisher nicht gekannten Maße unterstützt; es wird zukünftig alle Geschäftsbereiche eines Instituts prägen. Warum überhaupt Cash-flow und Barwerte? 33 Wenn die neuen Konzepte ihre Umsetzung erfahren haben, wird sich selbstverständlich auch der Betriebsvergleich an den neuen Steuerungsnormen Performance, Risiko und RAROC/RORAC ausrichten müssen. In der Steuerungspraxis hat sich bei den Pilotinstituten gezeigt, daß Entscheidungen mit dem neuen Konzept anders (richtiger!) gefällt würden als bisher. Es ist mehr Risikodeckungskapital vorhanden, und demzufolge können andere Strukturen (z.B. längere Fristen) gewählt werden. In den Instituten wird erstmals in einer Kennzahl transparent, bei welchen konkreten Zinsentwicklungen für das Gesamtinstitut höhere Verluste zu erwarten sind. Im Normalfall sind deutlich höhere Erträge als bisher zu erwarten bei gleichzeitig optimierter Risikobeherrschung. Die Bedeutung der Derivate für die Institutssteuerung hat das Projekt nachdrücklich unterstrichen. Ohne Derivate sind die primäre Kundenorientierung und der ausgleichende Charakter der Disposition nicht im erforderlichen Maße möglich. Viele bisher ungelöste oder nur mit großem Aufwand lösbare Fragen können im neuen Konzept in schlichter Form geklärt werden. Mit dem Wechsel zum Barwertkonzept muß allerdings ein Know-how-Aufbau verbunden werden! Eine »verstandene« GuV-Steuerung wäre sicher besser als eine »nichtverstandene« Barwertsteuerung. Möglicherweise ist das »Umdenken« dabei kein einfacher Prozeß. Wenn es jedoch vollzogen ist, vereinfacht sich die Institutssteuerung aber in einem erheblichen Maße. Die Diskussionen mit den Fachbereichen, aber auch den Vorständen in den Pilotsparkassen haben gezeigt, daß die Zeit für eine Neuorientierung reif ist. 1 Warum überhaupt Cash-flow und Barwerte? In diesem Kapitel wird begründet, warum viele bankbetriebswirtschaftliche Überlegungen auf Cash-flow basieren und warum Barwerte zur Beurteilung von Cash-flow besonders geeignet sind. 1.1 Cash-flow als etablierte Rechnungsgröße bei diversen Problemstellungen 1.1.1 Nominale Kenngrößen und effektiver Zahlungsstrom In der (Sparkassen-)Praxis werden Geldgeschäfte (Kredite und Geldanlagen) durch »nominale« Kenngrößen (z. B. Nominalzins, Nennwert) beschrieben. Diese bestimmen die finanziellen Auswirkungen eines Geschäftes, insbesondere die Zahlungshöhen und Zahlungstermine sowie die Art der Zinsberechnung und die anfallenden Nebenkosten (Disagio, Gebühren etc.). Aus der nominalen Beschreibung kann der 34 Wertorientierte Steuerung des Zinsänderungsrisikos effektive Zahlungsstrom abgeleitet werden1. Dieser Zahlungsstrom (Cash-flow)2 gibt an, wieviel DM dem Kunden zu welchen jeweiligen Zeitpunkten tatsächlich (effektiv) zufließen und welche Beträge der Kunde wann zum Ausgleich hierfür an die Bank zahlen muß. Zu jeder nominalen Beschreibung eines Geschäftes kann eindeutig ein effektiver Zahlungsstrom gefunden werden.3 Gleichzeitig lassen sich zu einem gegebenen Zahlungsstrom beliebig viele nominale Darstellungen finden, die völlig unterschiedliche Merkmale aufweisen. Die beiden nachstehenden Darlehen in Abb. 1.1 und Abb. 1.2 bilden ein Beispiel hierfür.4 Zwingende Schlußfolgerung: Geschäfte mit identischem Cash-flow (d. h., es fließen zu gleichen Zeitpunkten gleiche Ein- und Auszahlungen) müssen im Controlling bzw. der internen Ergebnisrechnung gleich abgebildet werden. Insbesondere ist eine gleiche Abbildung hinsichtlich des Effektivzinses aus Bankensicht, der erzielten Marge, des Zinsänderungsrisikos und des Ausfallrisikos bei identischem Kunden und identischer Sicherheit unerläßlich. Andernfalls besteht die Gefahr von Fehlsteuerungen, da trotz gleichen Geldflusses das eine oder andere Geschäft bevorzugt wird. Die Analyse auf Basis der Cash-flow garantiert diese nötige Gleichbehandlung automatisch. Deshalb bilden Zahlungsströme die Basis aller bankbetriebswirtschaftlichen Überlegungen, die sich auf das Zinsgeschäft beziehen. 1 Teilweise müssen hierzu zusätzliche Prämissen – wie z. B. die Auszahlungstermine – gesetzt werden. 2 Die Begriffe »Zahlungsstrom« und »Cash-flow« werden im Fortgang als gleichbedeutend behandelt. 3 Zu Einzelheiten der Bestimmung von Zahlungsströmen – insbesondere auch für Finanzinnovationen und das variable Geschäft – wird auf Kapitel 2 verwiesen. 4 Sämtliche Berechnungen im Abschlußbericht sind mit den Standardprodukten MARZIPAN bzw. DIS der Gillardon financial Software, Bretten, ausgeführt. Warum überhaupt Cash-flow und Barwerte? Abbildung 1.1 Annuitätendarlehen 1 35 36 Wertorientierte Steuerung des Zinsänderungsrisikos Abbildung 1.2 Annuitätendarlehen 2 Warum überhaupt Cash-flow und Barwerte? 37 Die beiden Darlehen sind trotz unterschiedlichen Nominalzinses, unterschiedlichen Disagios und unterschiedlicher Kontoführung im Cash-flow – also den wirklich an den Kunden fließenden und vom Kunden gezahlten Beträgen – identisch. Diese Identität gilt auch hinsichtlich der Zeitpunkte, an denen die Zahlungen fällig sind. Die geringfügige Restschulddifferenz ist ausschließlich auf Rundungseffekte zurückzuführen. 1.1.2 Beispiele zur Anwendung von Cash-flow in der Bankpraxis Die folgenden Anwendungen der Bankpraxis basieren seit eh und je auf Zahlungsströmen. Sie dienen als Beispiele dafür, daß das Denken in Cash-flow in wichtigen bankwirtschaftlichen Bereichen von grundlegender Bedeutung ist. 1.1.2.1 Effektivzinsberechnungen Wie gezeigt wurde, kann ein und derselbe Zahlungsstrom auf völlig verschiedene Weise als Nominalkondition dargestellt werden. Damit besitzt der Nominalzins für den Vergleich von Geldgeschäften keine Aussagekraft. Dies gilt sowohl für die bankinterne Beurteilung als auch für Vergleiche aus Kundensicht. Ursache für die Unbrauchbarkeit des Nominalzinses ist, daß »Nebenkosten« wie Disagio, Gebühren oder Kontoführungsmethode (z. B. verzögerte Tilgungsanrechnung) sich im Zahlungsstrom ebenso auswirken wie der Nominalzins selbst. Je höher diese Nebenkosten gewählt werden, um so niedriger kann – bei gleichem Zahlungsstrom – der Nominalzins angesetzt werden. Der Effektivzinsbegriff (Renditebegriff)1 basiert aus diesem Grund unmittelbar auf dem Zahlungsstrom des zu beurteilenden Darlehens bzw. der zu beurteilenden Geldanlage. Der Zahlungsstrom enthält alle Konditionenbestandteile2 in der Form, in der sie die Rendite beeinflussen, nämlich dem zeitlich gegliederten Geldfluß. Ausgehend vom Zahlungsstrom ist der Effektivzins als derjenige Zins definiert, bei dem ohne weitere Nebenkosten das »Vergleichskonto« mit dem gegebenen Zahlungsstrom den Endsaldo Null aufweist, also »aufgeht«. Hierbei wird für das Ver- 1 Effektivzins und Rendite werden im Fortgang als synonyme Begriffe verwendet. Dabei wird die Bezeichnung »Effektivzins« vorwiegend bei Aktivgeschäften, die Bezeichnung »Rendite« vorwiegend bei Passivgeschäften angewandt. Für Spezialisten sei an dieser Stelle die Verbindung zur klassischen Investitionsrechnung deutlich gemacht: Der Effektivzins des Finanzgeschäfts entspricht dem internen Zinsfuß der Investition. 2 Während es aus interner Bankensicht sinnvoll ist, alle Konditionenbestandteile zu berücksichtigen, erlaubt der Gesetzgeber bei der Effektivzinsberechnung nach Preisangabenverordnung, bestimmte Konditionenmerkmale nicht zu erfassen (z. B. Schätzgebühren, Kontoführungsgebühren in üblichem Ausmaß, Bereitstellungszinsen). Dies geschieht dadurch, daß der Zahlungsstrom fiktiv ohne diese Preiskomponenten berechnet wird. 38 Wertorientierte Steuerung des Zinsänderungsrisikos gleichskonto eine genormte Kontoführung gewählt. Da für die Kontoführung unterschiedliche »Normen« möglich sind, existieren in der Praxis unterschiedliche Effektivzinsbegriffe. Die folgenden Vergleichskonten zeigen für das Beispiel aus Abschnitt 1.1.1 (unterschiedliche Nominalkonditionen bei gleichem Zahlungsstrom) das Vergleichskonto mit exponentieller Verzinsung, wie nachfolgend in Abb. 1.3 dargestellt (Effektivzins nach AIBD bzw. ISMA, voraussichtlich zukünftige EU-Norm), und nach derzeitiger deutscher Preisangabenverordnung. Da das Vergleichskonto (s. Abb. 1.4) auf dem Zahlungsstrom basiert, ist das Vergleichskonto und damit der Effektivzins für beide angegebenen Darlehen trotz verschiedener Nominalkonditionen in der jeweiligen Kontoführungsdefinition identisch. Als Effektivzinsbegriff ist für interne Zwecke die exponentielle Definition eindeutig vorzuziehen, da sie als einzige Definition in sich widerspruchsfrei ist.1 Abbildung 1.3 Vergleichskonto AIBD 1 Zur Begründung hierfür siehe Projektteil 2. Warum überhaupt Cash-flow und Barwerte? 39 Abbildung 1.4 Vergleichskonto gemäß Preisangabenverordnung 1.1.2.2 Kursberechnungen/(Bar-)Wertbestimmung Inhalt der Kursberechnung ist es, bei gegebenem Nominalzins und sonstigen Ausstattungsmerkmalen den Auszahlungskurs bzw. das Disagio so zu berechnen, daß ein vorgegebener Effektivzins bzw. eine vorgegebene Rendite erreicht wird. Die Kursberechnung betrifft hierbei beliebige Geldgeschäfte der Aktiv- und Passivseite. Beispiele sind die Berechnung des Auszahlungsbetrages (Nominalwert – Disagio) bei Darlehen oder des Kurses bei festverzinslichen Wertpapieren. Da der vorgegebene Effektivzins ausschließlich auf Zahlungsströmen basiert (siehe 1.1.2.1), kann auch die Kursberechnung nur über Zahlungsströme erfolgen. Im Vergleichskonto wird lediglich eine andere Zielgröße berechnet: Während bei der Effektivzinsberechnung der Effektivzins bei vorgegebenem Zahlungsstrom die gesuchte Größe ist, wird nun die zeitlich erste Zahlung des Cash-flow (der Auszahlungs- bzw. Anlagebetrag) bei vorgegebenem Effektivzins berechnet.1 Dieser Kurs wird auch als 1 Für Spezialisten: Dieser Kurs bei vorgegebenem Effektivzins entspricht dem Barwert bei vorgegebenem internen Zinsfuß in der klassischen Investitionsrechnung. 40 Wertorientierte Steuerung des Zinsänderungsrisikos Barwert des Finanzgeschäfts bezeichnet. Wird der Barwert unmittelbar am Markt beobachtet, spricht man auch vom Marktwert.1 In diesem Sinne ist die sogenannte Marktwertsteuerung identisch mit der Barwertsteuerung. 1.1.2.3 Margenberechnung und Margenbarwert Für die Berechnung von Margen (in Prozent oder DM) ist der Begriff der »strukturkongruenten Refinanzierung« bzw. des »Gegengeschäfts«2 von grundlegender Bedeutung. Die strukturkongruente Refinanzierung (s. Abb. 1.5–Abb. 1.7) zu einem beliebigen Geschäft ist eine Mischung aus Interbankengeschäften (aktiv- oder passivseitig), deren addierte Zahlungsströme (Summenzahlungsstrom) das Spiegelbild des Zahlungsstroms des Ausgangsgeschäftes ist. Konkret ist folgende Eigenschaft zu erfüllen: Zu allen zukünftigen Zeitpunkten stimmen die Zahlungen des Geschäfts und des Summenzahlungsstroms der strukturkongruenten Refinanzierung bis auf das entgegengesetzte Vorzeichen überein.3 Nur die sofort – am Kalkulationsdatum – anfallende Zahlung darf abweichen. Anders formuliert: Die Zahlungen aus dem Geschäft und seiner strukturkongruenten Refinanzierung (dem Gegengeschäft) gleichen sich zu jedem zukünftigen Zeitpunkt aus. Nur am Kalkulationsdatum bleibt eine positive oder negative Differenz bestehen, die als »Margenbarwert« sofort entnommen werden kann bzw. bei Verlustgeschäften zugeführt werden muß. Der »Einstandssatz« oder »Bewertungszins«4 zu einem Geschäft ist der Effektivzins der strukturkongruenten Refinanzierung. Die prozentuale Marge ist die Differenz zwischen dem Effektivzins des Geschäfts und dem Einstandssatz. Alle Definitionen fußen wiederum ausschließlich auf Zahlungsströmen. Ohne Kenntnis des tatsächlichen Zahlungsstroms ist keine adäquate Margenberechnung durchführbar. Die folgenden Abbildungen 1.5 bis 1.7 zeigen die Margenberechnung und die strukturkongruente Refinanzierung des Beispiels aus 1.1.1. Alle Werte stimmen für die beiden Darlehen überein, da die beiden Darlehen den identischen Zahlungsstrom aufweisen. 1 Vgl. hierzu auch Abschnitt 5.1. 2 Für Passivgeschäfte handelt es sich um eine »strukturkongruente Anlage«. Allgemein wird sowohl für Aktiv- als auch Passivgeschäfte von strukturkongruenter Refinanzierung bzw. vom Gegengeschäft gesprochen. 3 Die Definition entspricht der sog. »Sofortentnahme« der Marge. Daneben gibt es eine Definition mit »laufender Entnahme«. Einzelheiten werden im Projektschritt 2 erläutert. 4 Beide Begriffe werden synonym verwandt. Warum überhaupt Cash-flow und Barwerte? Abbildung 1.5 Zinsen am Interbankenmarkt für die strukturkongruente Refinanzierung 41 42 Wertorientierte Steuerung des Zinsänderungsrisikos Abbildung 1.6 Berechnung Margenbarwert, Einstandssatz und Marge in Prozent Die obigen Ergebnisse gelten auch für das Darlehen mit Disagio aus 1.1.1. Warum überhaupt Cash-flow und Barwerte? 43 Abbildung 1.7 Strukturkongruente Refinanzierung Die strukturkongruente Refinanzierung gilt gleichermaßen für die Disagiovariante aus 1.1.1. 1.1.2.4 Investitionsrechnung Die Investitionsrechnung ist ein allgemeines Verfahren zur Beurteilung von Investitionen – gleichgültig ob es sich um private Investitionen, um Investitionen im Industriebetrieb oder um bankbetriebliche Investitionen, dazu zählen auch jedwede Finanzgeschäfte, handelt. Bei der Investitionsrechnung werden als Basis aller weiteren Überlegungen die mit einer Investition verbundenen Mehrausgaben den erwarteten Einnahmensteigerungen bzw. Ausgabenminderungen in ihrem zeitlichen Verlauf gegenübergestellt. Es wird also der Zahlungsstrom der Investition ermittelt. Der Zahlungsstrom wird nach bestimmten Kriterien (Effektivzins, Barwert) ausgewertet, um die Vorteilhaftigkeit der Investition zu berechnen oder mehrere konkurrierende Investitionen in eine Reihenfolge hinsichtlich ihrer Rentabilität zu bringen. 44 Wertorientierte Steuerung des Zinsänderungsrisikos 1.1.3 Erste Schlußfolgerungen Cash-flow sind die Basis für weitere Auswertungen bei vielen bankbetrieblichen Anwendungen. Der Cash-flow umfaßt hierbei die gesamte betriebswirtschaftliche Lebensdauer1 eines Geldgeschäfts, d. h., es werden alle Effekte – gerade auch die langfristigen Auswirkungen – in die Bewertung einbezogen. Im Gegensatz hierzu arbeitet die herkömmliche Rechnungslegung zur Erstellung der Gewinn- und Verlustrechnung und der Bilanz mit Ergebnissen, die aus nominalen Kenngrößen ohne Rückgriff auf den Zahlungsstrom gewonnen werden. Diese Ergebnisse beziehen sich zudem lediglich auf Teilperioden (z. B. Monate oder Jahre). In der Regel werden hierbei Auswirkungen von Produkten »abgeschnitten«, deren (Rest-) Lebensdauer die betrachteten Teilperioden übersteigt. Da wichtige bankbetriebliche Bereiche – insbesondere die Produktkalkulation im bilanziellen und außerbilanziellen Bereich (Effektivzinsen, Kurse, Margen) – auf der Basis von Cash-flow gesteuert werden, sollte sich dieses Prinzip auf aggregierter Ebene – dem Bilanzstrukturmanagement – wiederfinden. Andernfalls besteht die Gefahr der Fehlsteuerung sowohl auf lokaler als auch auf Gesamtbankebene, da die Zielgrößen nicht einander entsprechen. Wie in Kapitel 4 – insbesondere Abschnitt 4.2 – gezeigt wird, muß in der Praxis mit derartigen Fehlsteuerungen in erheblichem Ausmaß gerechnet werden. Die folgenden Abschnitte des Kapitels 1 zeigen die besonderen Vorteile der Cash-floworientierten Steuerung. 1.2 Reaktion des Barwertes von Cash-flow auf Zinsänderungen Die folgende Darstellung wird anhand eines durchgehenden Beispiels aufgebaut. Zunächst wird eine Position untersucht, die aus der Anlage des Vermögens der Bank stammen soll. Vereinfachend kann davon ausgegangen werden, daß es sich um eine Bank handelt, die soeben gegründet wurde und das eingezahlte Eigenkapital in Höhe von 100 000 DM in der nachstehenden Anlage verwendet. Tilgungsfreies Wertpapier, Nominalbetrag 100 000 DM, Kurs 100, 2 Jahre Zinsfestschreibung, jährliche Zinszahlung, Zins 8 % p. a. 1 Für Festzinsgeschäfte wird diese Lebensdauer im folgendem mit der Zinsbindungsdauer gleichgesetzt werden. Vergleiche hierzu aber auch die Ausführungen zu variablen Produkten und zur Produktkalkulation (Projektteil 2). Warum überhaupt Cash-flow und Barwerte? 45 Der Cash-flow des Papiers in Tab. 1.1 ist dargestellt: Tabelle 1.1 Cash-flow Jahr 0 – 100 000 1 – 2 + 108 000 8 000 Der Interbankenzins sei am Kauftag 8 % für alle Fristen,1 so daß das Papier margenfrei ist. Das periodisierte Zinsergebnis des Papiers ist für beide Jahre jeweils 8000 DM, in Summe 16 000 DM. Es wird nun der Zeitpunkt »ein Jahr nach Kauf« betrachtet. Zu diesem Zeitpunkt sei das Zinsniveau 7% für einjährige Laufzeiten. Im periodisierten Zinsergebnis wird diese Tatsache nicht registriert! In Barwertbetrachtung wird der Barwert bzw. der Kurs des Wertpapiers berechnet. Er beträgt nach Bezahlung der Zinsen für das erste Jahr: 108 000 1,07 = 100 934,58 Die Bank hat einen Kursgewinn in Höhe von 934,58 DM erzielt, der im herkömmlichen Rechnungswesen nicht ausgewiesen wird. Die barwertige Ergebniszuordnung in Tab. 1.2 lautet hingegen: Tabelle 1.2 Jahr Ergebnis 1 + 8 000 + (100 934,58 – 100 000) = 8 934,58 2 + 8 000 + (100 000 – 100 934,58) = 7 065,42 Summe 16 000,00 1 Da das Verfahren der strukturkongruenten Bewertung von Cash-flow, mit dem unterschiedliche Interbankensätze je Laufzeit systematisch berücksichtigt werden können, erst am Ende der Studie gezeigt werden soll, wird hier zunächst von einer flachen Zinsstruktur ausgegangen. Unter dieser Voraussetzung kann die übliche Finanzmathematik des Auf- und Abzinsens angewandt werden. 46 Wertorientierte Steuerung des Zinsänderungsrisikos Worin liegen die Vorteile dieser in Abb. 1.8 dargestellten Betrachtungsweise? Abbildung 1.8 Vorteile der Cash-flow-Betrachtungsweise 1. Vorteil: Opportunitätsdenken 2. Vorteil: Preise für Tauschoperationen 3. Vorteil: klare Entscheidungsregeln, reale Rendite, Performance 4. Vorteil: Beurteilung beliebiger, auch offener Positionen 1. Vorteil: Opportunitätsdenken Die Bank erzielt im zweiten Jahr mit 8 000 DM Zinsen um 1000 DM mehr Zinsen, als sie bei einer Neuanlage des ursprünglichen Kapitals nach einem Jahr erhalten könnte. Hätte die Bank ursprünglich nur für ein Jahr angelegt, so müßte sie sich nun mit 7% Zins zufriedengeben. Der erzielte Erfolg aus der zweijährigen Anlage anstelle der einjährigen Anlage beträgt barwertig am Ende des ersten Jahres: 1 000 1,07 = 934,58 DM Genau diese Summe müßte nach einem Jahr zusätzlich zur Verfügung stehen, damit im zweiten Jahr bei nun 7% Verzinsung ebenfalls 8 000 DM an Zinsen erwirtschaftet werden können. Da der Erfolg in Höhe von 934,54 DM durch die Entscheidung im ersten Jahr verursacht wurde, ist er dem ersten Jahr in einer Ergebnisrechnung zuzuordnen. Die barwertige Ergebnisrechnung macht gleichzeitig klar, daß im zweiten Jahr nicht mehr 8 %, sondern nur noch 7% Verzinsung auf das nun zur Verfügung stehende Kapital erzielt werden können. Wird nämlich der Erfolg des ersten Jahres zum Kapital hinzugefügt, so entspricht der Erfolg des zweiten Jahres genau 7% Verzinsung auf das Kapital am Ende des ersten Jahres: 7 065,42 100 934,58 = 1,07 Die herkömmliche Zinsüberschußrechnung kennt hingegen keine Opportunitäten. Um identische Aussagen wie bei der Barwertberechnung zu gewinnen, müßten Warum überhaupt Cash-flow und Barwerte? 47 Simulationsrechnungen durchgeführt werden, die aufzeigen, welcher Zinsüberschuß bei einer anderen Anlagepolitik möglich gewesen wäre. Diese Berechnungen sind zwar theoretisch möglich, sie werden aber in der Praxis aufgrund des unverhältnismäßig hohen Aufwandes in aller Regel nicht durchgeführt. In der barwertigen Darstellung ist diese Sichtweise der Standard. 2. Vorteil: Preise für Tauschoperationen Angenommen, die Bank rechnet in obigem Beispiel am Ende des Jahres 1 damit, daß der derzeitige Interbankenzins in Höhe von 7% nach einem weiteren Jahr (am Ende des zweiten Jahres ab Anlagebeginn) auf 6 % absinkt. Die derzeitige Restlaufzeit des Papiers von einem Jahr ist nun ungünstig, da in einem weiteren Jahr das fällige Kapital nur noch zu 6 % angelegt werden kann. Die Bank möchte in ein Wertpapier mit längerer Laufzeit tauschen, das den derzeitigen Zins von 7% für die längere Frist absichert. Der Kurs von 100 934,58 DM gibt genau an, zu welchem Preis der Tausch möglich ist. Die Kursbildung entspricht also exakt der Information, zu welchen Preisen Tauschoperationen beliebiger Art durchgeführt werden können. Die Kenntnis des Tauschpreises ist aber für eine Beurteilung des Tausches unumgänglich. Das oben gezeigte Opportunitätsdenken entspricht somit dem Denken in Tauschpreisen. Die herkömmliche Ergebnisrechnung zeigt die Tauschpreise nur dann, wenn der Tausch de facto durchgeführt wird bzw. für ein Wertpapier Abschreibungsbedarf besteht. Zur Beurteilung von Entscheidungen werden aber generell objektive Maßstäbe benötigt. Diese objektiven Maßstäbe sind ohne die jeweiligen Tauschpreise nicht ableitbar. Entsprechen die Tauschpreise darüber hinaus nicht den Marktpreisen/Barwerten, so sind Manipulationen möglich. Die barwertige Betrachtung informiert permanent über die marktgerechten Tauschpreise und regt damit zur aktiven Beobachtung der eigenen Vermögensanlage an, während die traditionelle Ergebnisrechnung die Initiative des Entscheidungsträgers erfordert. 3. Vorteil: klare Entscheidungsregeln, reale Rendite, Performance Die Ergebnisrechnung in einer Bank darf sich nicht darauf beschränken, nur Vergangenheitswerte festzustellen. Diese können ohnehin nicht mehr korrigiert werden, man kann nur aus ihnen für zukünftige Entscheidungen lernen. Entscheidend für Erfolg oder Mißerfolg ist es, richtige zukunftsorientierte Entscheidungen zu treffen. Im Beispiel muß sich die Bank im Startjahr Null überlegen, für welche Frist sie die Summe in Höhe von 100 000 DM anlegen möchte. Modellhaft sollen nur die Fristen 1 Jahr und 2 Jahre zur Verfügung stehen. 48 Wertorientierte Steuerung des Zinsänderungsrisikos Abweichend von der bisherigen Prämisse einer flachen Zinsstruktur wird für ein Beispiel unterstellt, daß für ein Jahr Laufzeit die Rendite 8,95 % beträgt, für zwei Jahre 8 %. Die Zinsprognose lautet auf 7% Zins am Ende des Jahres 1 für ein weiteres Jahr Anlagefrist. Die Bank kann also bei Eintreffen der Zinsprognose (a) 100 000 DM für zwei Jahre zu 8 % anlegen oder (b) 100 000 DM zunächst zu 8,95 % für ein Jahr und anschließend zu 7% für ein weiteres Jahr. Welche Alternative besser ist, kann mit folgenden Berechnungen überprüft werden: Alternative (a): Der Verkaufspreis für das Papier beträgt nach einem Jahr 100 934,58 DM (siehe Berechnungen oben). Inklusive der geflossenen Zinsen stehen 108 934,58 DM zur Wiederanlage für ein weiteres Jahr zur Verfügung. Die Wiederanlage kann zu 7% erfolgen. Am Ende des zweiten Jahres beträgt das Vermögen somit 108 934,58 DM 1,07 = 116 560,00 DM. Der gleiche Endwert wird erzielt, wenn das Papier beibehalten wird und nur der geflossene Zins zu 7% wieder angelegt wird: 8 000 1,07 + 108 000 = 116 560,00 DM. Alternative (b): Nach einem Jahr fließen aus der Anlage 108 950,00 DM zurück. Diese können zu 7% für ein weiteres Jahr angelegt werden. Am Ende des zweiten Jahres beträgt das Vermögen somit 116 576,50 DM. Die Alternative (b) ist also günstiger. Das Beispiel hat zugleich gezeigt, daß traditionelle Durchschnittskalkulationen zu Fehlschlüssen führen; danach wäre die Alternative (b) ungünstiger gewesen, da ihr Durchschnittszins von 8,95 % und 7% mit 7,975 % unter dem Zins von (a) mit 8 % liegt. Maßgeblich für die Vorziehenswürdigkeit der Alternative (b) ist, daß bei dieser Alternative der Tauschpreis nach einem Jahr mit 108 950,00 DM höher ist als der Tauschpreis der Alternative (a) mit 108 934,58 DM. Danach steht bei beiden Alternativen der gleiche Wiederanlagezins zur Verfügung. Entscheidend ist also das zum Tauschzeitpunkt erzielte Vermögen. Warum überhaupt Cash-flow und Barwerte? 49 Schlußfolgerung: Die Zielgröße »Periodenerfolg = Zufluß in der Periode + Vermögensveränderung« bzw. allgemeiner »Ergebnis = Kassenfluß + Vermögensveränderung« muß für einen bestimmten Planungshorizont simulativ geplant werden. Die Ermittlung der Vermögensveränderung bedeutet hierbei die Ermittlung des Barwertes des ausstehenden Cash-flow am Betrachtungszeitpunkt. Der Periodenerfolg für die erste Periode (Jahr 1) ist bei Alternative (a) 8 934,58 DM. Bei Alternative (b) beträgt der Periodenerfolg 8 950,00 DM. Als Prozentzahl ausgedrückt sind dies – bezogen auf das Startkapital in Höhe von 100 000,00 DM – bei Alternative (a) 8,93458 % und bei Alternative (b) 8,950 %. Die Fachbezeichnung für den wie oben definierten Periodenerfolg lautet »reale Rendite« bzw. »Performance«. Mit entsprechenden Rechenmodellen kann die reale Rendite ermittelt werden. Hierbei wird der Zins am Planungshorizont (hier 7%) simulativ variiert, damit die Auswirkung einer Fehlprognose der Zinsen bzw. das eingegangene Zinsänderungsrisiko sichtbar wird. In der herkömmlichen Rechnungslegung wird die Vermögensveränderung nicht oder nur unzureichend erfaßt.1 Deshalb kann die herkömmliche Rechnungslegung keine adäquaten Steuerungsimpulse liefern. 4. Vorteil: Beurteilung beliebiger, auch offener Positionen Die Barwertmethodik ermöglicht die Beurteilung beliebiger Positionen mit beliebigem Eigenmittelanteil und beliebigen Fristen. Hierzu werden gemäß der oben gezeigten Vorgehensweise der Barwert der Aktivseite und der Barwert der Passivseite getrennt gebildet. Die Differenz dieser Barwerte ist die zu beurteilende Zielgröße. Das Ergebnis der getrennten Berechnung der Barwerte der Aktiv- und Passivseite und anschließender Differenzbildung der Barwerte ist – bis auf Geld/Brief-Differenzen – identisch mit der Barwertbildung des Summenzahlungsstroms. Der Summenzahlungsstrom wird aus der vorzeichengerechten Addition der Zahlungsströme der Aktiv- und Passivseite gewonnen. 1 Vergleiche hierzu vertiefend die Ausführungen in Kapitel 4. 50 Wertorientierte Steuerung des Zinsänderungsrisikos Die simulative Betrachtung der Veränderung des Barwertes erlaubt eine adäquate Analyse der Gesamtergebnisschwankung und somit auch des Zinsänderungsrisikos. In Kapitel 3 wird gezeigt, wie auf Basis des Summenzahlungsstroms (Cash-flow) einer Bank das Zinsänderungsrisiko ermittelt und gesteuert werden kann. Das folgende einfache Beispiel dient zur vorläufigen Verdeutlichung der Vorgehensweise bei beliebigen Positionen: Eine soeben mit einem Kapital von 100 000 DM gegründete Bank geht im Zeitpunkt 0 folgende Positionen ein: Anlage von 200 000 DM für zwei Jahre zu 8 % am Interbankenmarkt, Refinanzierung von 100 000 DM für ein Jahr zu 8,95 %. Die aktuellen Interbankenzinsen betragen für zwei Jahre 8 %, für ein Jahr 8,95 %. Die getätigten Geschäfte sind also margenfrei. Die Bank prognostiziert nach einem Jahr für ein Jahr Restlaufzeit einen Interbankenzins von 7%. Wie oben gezeigt, beträgt der Tauschpreis für die zweijährige Anlage nach einem Jahr bei Eintreffen der Zinsprognose 2 108 934,58 = 217869,16 DM. Für die Refinanzierung sind nach einem Jahr 108 950,00 DM zurückzuzahlen. Der Barwert der Bank beträgt dementsprechend nach einem Jahr 217869,16 – 108 950,00 = 108 919,16 DM. Dies entspricht einer Performance (realen Rendite) von 8,91916 %. Der Wert der Bank nach einem Jahr kann auch durch Bewertung des Summenzahlungsstroms, der nach einem Jahr noch aussteht, gewonnen werden (s. Tab. 1.3): Tabelle 1.3 Aktiv-Cash Jahr Passiv-Cash Summen-Cash bereits geflossen 0 1 + 16 000,00 – 108 950,00 – 92 950,00 + 216 000,00 0,00 + 216 000,00 Die Bewertung des Summen-Cash-flow ergibt als Barwert: – 92 950,00 + 216 000,00 1,07 = 108 919,16 DM Dieser Barwert stimmt mit dem Ergebnis der obigen Berechnung überein. Bei der gegebenen Zinsprognose wäre es also vernünftiger, das Eigenkapital ohne Fristentransformation und Leverageeffekt für ein Jahr zu 8,95 % anzulegen. Warum überhaupt Cash-flow und Barwerte? 51 Durch analoge Berechnungen mit anderen Zinsprognosen kann ermittelt werden, bei welchen Zinsszenarien am Planungshorizont die eingegangene Fristentransformation lohnend ist und wie hoch das eingegangene Risiko ist. 1.3 Realisierbarkeit des Barwertes als Kassenzufluß bzw. der Barwertveränderung als Ergebnis Häufig wird die These vertreten, der Barwert bzw. die Barwertveränderung sei »nur« eine rechnerische Größe. Dies ist unzutreffend: Der Barwert entspricht dem Vermögenswert der Bank in zinstragenden Geschäften, der jederzeit als Kassenzufluß realisiert werden kann. Der Barwertzuwachs kann ebenso von Periode zu Periode als Gewinn realisiert werden. Hierzu stehen folgende Möglichkeiten zur Verfügung: Der Verkauf der handelbaren Positionen am Markt. Die strukturkongruente Refinanzierung bzw. Anlage der Positionen mit Gegengeschäften. Die Realisierung des Barwerts bedeutet allerdings, daß der Barwert als »Geld« in der Kasse liegt. Sofern das Vermögen nicht zinslos gehalten werden soll, muß eine Neuanlage des Kassenbestandes erfolgen. Erfolgt die Neuanlage exakt in den Geschäften, die vor Realisierung des Barwertes vorhanden waren, hat sich – bis auf Geld/Brief-Differenzen – nichts verändert. Daraus folgt: Die Nichtrealisierung des Barwertes bzw. der Verzicht auf Veränderung der Fristigkeitsstruktur entspricht der Anlage des Vermögens in den bereits getätigten Geschäften. »Nichts tun« ist also die bewußte Entscheidung für die Anlage des Vermögens der Bank in den Zahlungsströmen der bereits getätigten Geschäfte. In Fortsetzung des Beispiels aus 1.2 wird die Realisierbarkeit des Barwertes gezeigt. Vereinfachend wird von Geld/Brief-Differenzen abstrahiert. Barwert im Jahr 0 Die Bank hat im Jahr 0 ein Gründungskapital in Höhe von 100 000 DM. Es werden die beiden Geschäfte »Anlage 200 000 DM für 2 Jahre zu 8 %«, »Refinanzierung 100 000 DM für 1 Jahr zu 8,95 %« getätigt. 52 Wertorientierte Steuerung des Zinsänderungsrisikos Verkauf der Positionen am Markt Es ist unmittelbar einsichtig, daß durch den Verkauf der beiden Geschäfte bei noch unveränderten Zinsen und ohne Geld/Brief-Differenz die ursprünglichen 100 000 DM wieder realisiert werden. Refinanzierung der Positionen am Markt Zur Refinanzierung der beiden Geschäfte werden die beiden Gegengeschäfte »Refinanzierung 200 000 DM für 2 Jahre zu 8 %«, »Anlage 100 000 DM für 1 Jahr zu 8,95 %« getätigt. Hierdurch sind die ursprünglichen 100 000 DM wieder in der Kasse verfügbar. In den zukünftigen Zeitpunkten gleichen sich die Cash-flow der Aktiv- und Passivseiten (inklusive der Gegengeschäfte) jeweils aus. Das ursprüngliche Gründungskapital kann natürlich auch dadurch wieder realisiert werden, daß eine der beiden Positionen verkauft, die andere refinanziert wird. Barwert im Jahr 1 In Jahr 1 ist die Refinanzierung zu 8,95 % fällig. Dadurch liegt ein Kassenabfluß in Höhe von 108 950 DM vor. Diese Position ist somit bereits als Barwert gegeben. Verkauf der Positionen am Markt Die Anlage zu 8 % besitzt noch ein Jahr Restlaufzeit. Da das derzeitige Zinsniveau für ein Jahr Restlaufzeit annahmegemäß 7 % beträgt, ist der Kurs des Papiers inklusive geflossener Zinsen 217869,16 DM (Berechnung siehe oben). Der Kassensaldo beträgt also 217869,16 – 108 950,00 = 108 919,16 DM. Der Barwert ist realisiert. Refinanzierung der Positionen am Markt Als Gegengeschäft für die vorhandene Anlage zu 8 % mit einem Jahr Restlaufzeit wird eine einjährige Refinanzierung zu 7% abgeschlossen. Hierzu wird ein Refinanzierungsvolumen in Höhe von 201869,16 DM gewählt. Die Rückzahlung aus der Refinanzierung beträgt 201869,16 DM 1,07 = 216 000,00 DM. Dieser Betrag deckt sich mit dem Rückfluß aus der verbleibenden 8 %-Anlage, so daß der Zahlungsstrom in den zukünftigen Zeitpunkten ausgeglichen ist. Der Kassenstand beträgt nach der Refinanzierung: 16 000,00 (soeben geflossene Zinsen) + 201869,16 (Refinanzierung) – 108 950,00 (Rückzahlung Passiva) = 108 919,16 DM. Der Barwert ist realisiert. Warum überhaupt Cash-flow und Barwerte? 1.4 53 Endwertbetrachtung, Planungshorizont und Zinsprognose Die Zielgröße »Ergebnis = Kassenfluß + Vermögensveränderung« erfordert für ihre Berechnung einen Planungshorizont, an dem das Vermögen als Barwert am Planungshorizont (Endwert1) ermittelt wird. Dieses Vermögen am Planungshorizont kann dann mit dem aktuellen Vermögen (Barwert am Planungszeitpunkt) verglichen werden. Mit Hilfe von Simulationsrechnungen unter verschiedenen Zinsprognosen und unter verschiedenen, den Summenzahlungsstrom verändernden Maßnahmen wird die Zielgröße »Ergebnis« bzw. Performance (Ergebnis/aktueller Vermögenswert) je Simulationslauf bestimmt. Hieraus kann unter Risiko-/Ertragsüberlegungen abgeleitet werden, ob Maßnahmen durchgeführt werden sollen oder ob die derzeitige Struktur des Zahlungsstromes unverändert beibehalten wird. »Planungshorizont« bedeutet also keineswegs, daß die Zahlungsströme nur bis zum Planungshorizont ermittelt werden. Die Zahlungsströme werden in jedem Fall bis zum Ende der wirtschaftlichen Lebensdauer der bestehenden Produkte bzw. bis zum Ablauf der für das Zinsänderungsrisiko maßgeblichen Zeit (Zinsbindung) bestimmt. Die ausstehenden Zahlungsströme werden am Planungshorizont, der in aller Regel zeitlich vor dem Ende der letzten Zahlungsflüsse liegt, barwertig bewertet. Es ergibt sich der »Endwert« am Planungshorizont. Kriterien für die Wahl eines geeigneten Planungshorizonts: Bis zum Planungshorizont muß eine angemessene (relativ »genaue«) Zinsprognose möglich sein. Benötigt werden eine Zinsprognose im Verlauf bis zum Planungshorizont sowie die prognostizierte Zinsstruktur am Planungshorizont. Die Zinsprognose im Verlauf bis zum Planungshorizont ist notwendig, um Kenntnis über die mögliche Wiederanlage von Cash-flow zu besitzen, die bis zum Planungshorizont fließen. Die Zinsprognose für den Zeitpunkt »Planungshorizont« ist nötig, um den Barwert der Zahlungen, die nach dem Planungshorizont fließen, berechnen zu können. Eine Prognose von Zinsen für Zeitpunkte, die nach dem Planungshorizont liegen, ist nicht notwendig. Die Bewertung der Cash-flow am Planungshorizont 1 Für Spezialisten: Dieser Wert entspricht in der klassischen Investitionsrechnung dem Kapitalendwert oder dem Kapitalwert einer Investition zum Zeitpunkt des Planungshorizonts. 54 Wertorientierte Steuerung des Zinsänderungsrisikos garantiert, daß in einen beliebigen anderen Zahlungsstrom getauscht werden kann (Barwert als Tauschpreis). Dies ist einer der entscheidenden Vorteile des modernen Steuerungskonzepts. Spätestens zum Zeitpunkt des Planungshorizonts muß aktives Umschichten wirtschaftlich sinnvoll und gewollt sein. Die Bank muß bereit sein, mit jeder Neubewertung die Positionen der Bank aktiv zu verändern oder, anders ausgedrückt, den Summenzahlungsstrom bzw. die Cash-flow der Bank neu auszurichten. Eine Bewertung ist nur sinnvoll, wenn Entscheidungen aus der Bewertung gezogen werden. Entscheidungen bringen aber in der Regel Veränderungen in der Cash-flow-Struktur der Bank mit sich. Wird die Cash-flow-Struktur nicht verändert, bedeutet dies, daß sich das Institut genau für die gleiche Cash-flow-Struktur wieder entscheiden würde (unter Berücksichtigung von Umschichtungskosten aus Geld/Brief-Differenzen). Abbildung 1.9 Nachteile traditioneller Bilanzstruktursteuerung über Kundengeschäfte Margen-Absatz-Wirkung optimale Marge Marge Einzelgeschäft absatzfördernde Margenzugeständnisse: – i. A. Ertragsreduktion – Steigerung der Kundenzufriedenheit fraglich – erhoffte Wirkung meist mit Verzögerung (zu spät?) Gesamtertrag Absatz Die Neuausrichtung des Cash-flow der Bank kann nur teilweise durch das Kundengeschäft erfolgen, da Kundengeschäft nicht sofort in ausreichend hohem Umfang zur Verfügung steht. Zudem besteht die Gefahr, dem Kunden Zinsbindungen und Geschäfte aufzudrängen, die zwar die Bank, aber nicht der Kunde will. Dies wäre mit Margeneinbußen und/oder unzureichender Kundenorientierung verbunden (vgl. Abb. 1.9). Ein aktives Depot-A-Management, die Zusammenarbeit mit der Landesbank (Refinanzierungen, Anlagen) und der Einsatz von Finanzinnovationen können alle gewünschten Maßnahmen ohne Zeitverzug in ausreichender Höhe sicherstellen. Die aktive »Beratung« der Kunden in von der Bank angestrebte Fristigkeiten ist nicht Warum überhaupt Cash-flow und Barwerte? 55 mehr nötig. Die Kunden können endlich entsprechend der Zinseinschätzung der Bank beraten werden. Konkrete »Fristigkeitsanforderungen« des Bilanzstrukturmanagements an die Kundenberater gehören somit der Vergangenheit an.1 Der Planungshorizont muß lang genug sein, daß Geld/Brief-Differenzen gegenüber potentiellen Marktschwankungen eine untergeordnete Rolle spielen. Die bei Umschichtung anfallenden Geld/Brief-Differenzen sind nicht vermeidbar. Eine Umschichtung ist somit nur sinnvoll, wenn die anfallende Geld/Brief-Differenz durch Zinsänderungen am Markt im Zeitablauf übertroffen wird. Je höher also die Geld/Brief-Differenzen ausfallen, um so länger muß der Planungshorizont gewählt werden. Konsequenzen für den Planungshorizont in Sparkassen Im allgemeinen dürften Zinsprognosen mit einer Frist von mehr als einem Jahr zu ungenau und kaum aussagefähig sein. Somit sind Planungshorizonte, die deutlich länger als ein Jahr sind, ungeeignet.2 Andererseits ist eine permanente Umschichtung des Summen-Cash-flow einer Sparkasse weder organisatorisch machbar noch wegen der anfallenden Geld/BriefDifferenzen lohnend. Der kürzeste Zeitraum für eine grundlegende Umstrukturierung des Cash-flow einer Sparkasse dürfte drei Monate somit nicht unterschreiten. In Handelsabteilungen der Sparkasse wird in der Regel mit kürzeren Zinsprognosen bis herab zu einem Tag gearbeitet. Es sollen auch kurzfristige Zinsschwankungen genutzt werden. Soweit die im Handel anfallenden Geld/Brief-Differenzen kleiner sind als bei der Gesamtbank (unterschiedliche Produktnutzung), sind im Handel solch kurze Planungshorizonte sinnvoll. Eine Zinsprognose für Fristen, die deutlich länger als ein Jahr sind, ist für die Entscheidungsfindung in Sparkassen nicht notwendig. Im Gegensatz hierzu erfordert eine Steuerung der Bank auf der Basis von Zinsüberschüssen eine langfristige mehrjährige Zinsprognose, da der Zinsüberschuß nur dann eine geeignete Planungsgröße ist, wenn er letztlich für die gesamte Zinsbindungsdauer der in der Bank vorhandenen Geschäfte betrachtet wird. In der Praxis werden Sparkassen bei der strategischen Globalplanung einen Planungshorizont von drei Monaten bis zu einem Jahr wählen. Handelsabteilungen arbeiten mit Zinsprognosen von einem Tag bis zu etwa drei Monaten. 1 Vgl. auch die Ausführungen zu »Margen aus Neugeschäft« in Abschnitt 3.4.2 und »Neugeschäftsplanung notwendig?« in Abschnitt 4.1.5. 2 Wenn etwa ab Oktober des laufenden Jahres die Ergebnisplanung für das folgende Kalenderjahr beginnt, erweist sich auch eine Zinsprognose bis zum 31.12. des Folgejahres als sinnvoll. 56 1.5 Wertorientierte Steuerung des Zinsänderungsrisikos Unterschiede zur herkömmlichen Vorgehensweise Die Zielgröße bei barwertorientierter Betrachtung lautet: Ergebnis = Kassenfluß + Vermögensveränderung Wird hierbei der Kassenzufluß/Kassenabfluß in neuen Geschäften investiert, die in die Bewertung am Planungshorizont einfließen, reduziert sich die barwertige Zielgröße auf: Ergebnis = Vermögensveränderung In der traditionellen Ergebnisrechnung wird der Kassenzufluß durch die abgegrenzten Zinsen zuzüglich des abgegrenzten Disagios (und sonstiger, eventuell abgegrenzter Gebühren) repräsentiert. Die Vermögensveränderung wird nur in besonderen Fällen als »außerordentliches Ergebnis« erfaßt. Die folgende Einzeldiskussion zeigt, daß es hierbei zu erheblichen Abweichungen im ausgewiesenen Ergebnis kommen kann. Kassenzufluß versus abgegrenzte Zinsen und abgegrenztes Disagio Der Kassenzufluß kann sich von den abgegrenzten Zinsen (inkl. abgegrenzten Disagien) vollständig unterscheiden, da die Existenz von Zinsen nichts über die zahlungswirksame Fälligkeit der Zinsen aussagt. Beispiele hierfür sind der Zerobond bzw. abgezinste Sparbrief (die Zinsen werden erst am Ende der Laufzeit zur Zahlung fällig) oder vorfällig zu zahlende Zinsen (die Zinsen werden bereits am Beginn einer Periode für die Periode oder mehrere nachfolgende Perioden fällig). Aber auch in den Fällen, in denen die Zinsen je Periode zur Zahlung fällig sind, kann es durch die Disagioabgrenzung (Disagio als Zinsbestandteil) zu Abweichungen kommen. Sonderproblem Disagioabgrenzung Zur tieferen Durchdringung dieses Problems wird auf das Beispiel aus Abschnitt 1.1.1 zurückgegriffen. Dort wurden zwei Darlehen vorgestellt, die trotz unterschiedlicher Nominalkonditionen den gleichen Zahlungsstrom aufweisen. Hieraus wurde gefordert, daß die Darstellung in der Ergebnisrechnung ebenfalls identisch sein muß. Insbesondere muß also der in der Ergebnisrechnung ausgewiesene Zinsertrag (abgegrenzter Zins + abgegrenztes Disagio) in jeder Periode gleich sein. Hierzu lassen sich folgende Ergebnisse zeigen: In Totalsumme stimmen die Ergebnisse überein. Das Ausmaß der Übereinstimmung je Einzelperiode hängt von der Art der Disagioabgrenzung ab. Bei der derzeit üblichen Methode der »nominalzinsproportionalen« Disagioabgrenzung kommt es zu leichten Verschiebungen im Ergebnisausweis. Warum überhaupt Cash-flow und Barwerte? 57 Nur die »effektivzinskonstante« Disagioabgrenzung liefert identische Ergebnisse, da die Abgrenzung hier nach den im Vergleichskonto ausgewiesenen Effektivzinsen erfolgt. Die Effektivzinsen werden ihrerseits aus dem Zahlungsstrom gewonnen. Die effektivzinskonstante Disagioabgrenzung entspricht somit der reinen Betrachtung von Cash-flow. Die Tabelle 1.4 zeigt die Ergebnisse für die obigen Beispieldarlehen: Nominalzinsproportionale Disagioabgrenzung Bei der nominalzinsproportionalen Disagioabgrenzung wird das Disagio im gleichen Verhältnis wie die Zinsen abgegrenzt. Zum Beispiel berechnet sich die Disagioabgrenzung für Darlehen 2 per 30.3.96 gemäß: 632,19 = 11 111,11 1399,17 24 591,38 Tabelle 1.4 Darlehen 1 Von Datum bis Datum 30.12.1995 30.03.1996 30.06.1996 30.09.1996 30.12.1996 30.03.1997 30.06.1997 30.09.1997 30.12.1997 30.03.1998 30.06.1998 30.09.1998 30.12.1998 30.03.1999 30.06.1999 30.09.1999 30.12.1999 30.03.2000 30.06.2000 30.09.2000 30.12.2000 30.12.2000 Summe Zins abgegrenzt 0,00 2 000,00 1 980,00 1 959,60 1 938,79 1 917,57 1 895,92 1 873,84 1 851,31 1 828,34 1 804,91 1 781,01 1 756,63 1 731,76 1 706,39 1 680,52 1 654,13 1 627,21 1 599,76 1 571,75 1 543,19 0,00 35 702,63 Disagio abgegrenzt Darlehen 2 Gesamtertrag 0,00 0,00 0,00 2 000,00 0,00 1 980,00 0,00 1 959,60 0,00 1 938,79 0,00 1 917,57 0,00 1 895,92 0,00 1 873,84 0,00 1 851,31 0,00 1 828,34 0,00 1 804,91 0,00 1 781,01 0,00 1 756,63 0,00 1 731,76 0,00 1 706,39 0,00 1 680,52 0,00 1 654,13 0,00 1 627,21 0,00 1 599,76 0,00 1 571,75 0,00 1 543,19 0,00 0,00 0,00 35 702,63 Zins Disagio abgegrenzt abgegrenzt 0,00 1 399,17 1 399,17 1 399,16 1 399,17 1 318,53 1 318,53 1 318,54 1 318,53 1 233,84 1 233,84 1 233,83 1 233,84 1 144,87 1 144,88 1 144,87 1 144,88 1 051,43 1 051,43 1 051,44 1 051,43 0,00 24 591,38 Gesamtertrag Ertragsdifferenz 0,00 0,00 632,19 2 031,36 632,19 2 031,36 632,18 2 031,34 632,19 2 031,36 595,75 1 914,28 595,75 1 914,28 595,76 1 914,30 595,75 1 914,28 557,49 1 791,33 557,49 1 791,33 557,48 1 791,31 557,49 1 791,33 517,29 1 662,16 517,29 1 662,17 517,29 1 662,16 517,29 1 662,17 475,07 1 526,50 475,07 1 526,50 475,07 1 526,51 475,07 1 526,50 0,00 0,00 11 111,11 35 702,49 0,00 –31,36 –51,36 –71,74 –92,57 3,29 –18,36 –40,46 –62,97 37,01 13,58 –10,30 –34,70 69,60 44,22 18,36 –8,04 100,71 73,26 45,24 16,69 0,00 0,14 58 Wertorientierte Steuerung des Zinsänderungsrisikos Effektivzinskonstante Disagioabgrenzung Zur effektivzinskonstanten Disagioabgrenzung muß zunächst das Vergleichskonto gebildet werden. Das Vergleichskonto ist für beide Darlehen identisch, da sie den gleichen Zahlungsstrom und somit auch den gleichen Effektivzins besitzen (s. Abb. 1.10). Abbildung 1.10 Effektivzins AIBD: 8,2432% Die Disagioabgrenzung wird nun so gebildet, daß die Zinsen laut Vergleichskonto sich als Summe der Disagioabgrenzung und der Nominalzinsen ergeben. Zum Beispiel berechnet sich die Disagioabgrenzung für Darlehen 2 per 30.3.96 gemäß: 600,83 = 2 000,00 – 1399,17 Für Darlehen 1 stimmen die Zinsen laut Vergleichskonto und laut nominaler Berechnung überein, so daß keine Disagioabgrenzung nötig ist (s. Tab. 1.5). Warum überhaupt Cash-flow und Barwerte? 59 Tabelle 1.5 Darlehen 1 Von Datum bis Datum Zins abgegrenzt 30.12.1995 30.03.1996 30.06.1996 30.09.1996 30.12.1996 30.03.1997 30.06.1997 30.09.1997 30.12.1997 30.03.1998 30.06.1998 30.09.1998 30.12.1998 30.03.1999 30.06.1999 30.09.1999 30.12.1999 30.03.2000 30.06.2000 30.09.2000 30.12.2000 30.12.2000 Summe 0,00 2 000,00 1 980,00 1 959,60 1 938,79 1 917,57 1 895,92 1 873,84 1 851,31 1 828,34 1 804,91 1 781,01 1 756,63 1 731,76 1 706,39 1 680,52 1 654,13 1 627,21 1 599,76 1 571,75 1 543,19 0,00 35 702,63 Disagio Darlehen 2 Gesamtertrag Zins abgegrenzt 0,00 0,00 0,00 2 000,00 0,00 1 980,00 0,00 1 959,60 0,00 1 938,79 0,00 1 917,57 0,00 1 895,92 0,00 1 873,84 0,00 1 851,31 0,00 1 828,34 0,00 1 804,91 0,00 1 781,01 0,00 1 756,63 0,00 1 731,76 0,00 1 706,39 0,00 1 680,52 0,00 1 654,13 0,00 1 627,21 0,00 1 599,76 0,00 1 571,75 0,00 1 543,19 0,00 0,00 0,00 35 702,63 0,00 1 399,17 1 399,17 1 399,16 1 399,17 1 318,53 1 318,53 1 318,54 1 318,53 1 233,84 1 233,84 1 233,83 1 233,84 1 144,87 1 144,88 1 144,87 1 144,88 1 051,43 1 051,43 1 051,44 1 051,43 0,00 24 591,38 Disagio Gesamtertrag Ertragsdifferenz 0,00 0,00 600,83 2 000,00 580,83 1 980,00 560,44 1 959,60 539,62 1 938,79 599,04 1 917,57 577,39 1 895,92 555,30 1 873,84 532,78 1 851,31 594,50 1 828,34 571,07 1 804,91 547,18 1 781,01 522,79 1 756,63 586,89 1 731,76 561,51 1 706,39 535,65 1 680,52 509,25 1 654,13 575,78 1 627,21 548,33 1 599,76 520,31 1 571,75 491,76 1 543,19 0,00 0,00 11 111,25 35 702,63 0,00 0,00 0,00 0,00 0,00 0,00 0,00 0,00 0,00 0,00 0,00 0,00 0,00 0,00 0,00 0,00 0,00 0,00 0,00 0,00 0,00 0,00 0,00 Vermögensveränderung versus »außerordentliches Ergebnis« Die Vermögensveränderung wird in der handelsrechtlichen Ergebnisrechnung ergebniswirksam registriert, wenn die Position im Umlaufvermögen gehalten wird und gegenüber dem bisher erreichten Mindestwert eine weitere Wertminderung vorliegt, Zuschreibungen bei Zerobonds bzw. abgezinsten Verbindlichkeiten vorzunehmen sind oder wenn die Position aufgelöst wird. Insbesondere werden alle Geschäfte im Anlagevermögen, die nicht wie Umlaufvermögen bewertet werden, nur zu Anschaffungswerten bewertet. Hier ist auch das strenge Niederstwertprinzip des Umlaufvermögens nicht mehr maßgebend. 60 Wertorientierte Steuerung des Zinsänderungsrisikos Folglich wird auch der Auf- oder Abbau von stillen Reserven nicht erfaßt. In diesem Zusammenhang sei an die großen Wahlfreiheiten, Geschäfte im Anlage- oder Umlaufvermögen zu führen, nur erinnert. Damit wird nur ein geringer Anteil der Positionen einer barwertigen Bewertung unterzogen. Relationen zwischen den Ergebnisrechnungen Der betriebswirtschaftliche Wert (Vermögenswert, Barwert) der Zinsgeschäfte einer Bank kann somit kleiner oder größer sein als ihr bilanzieller Wert. In der Praxis führt das in der Bewertung inhärente »Vorsichtsprinzip« oder »Niederstwertprinzip« in der Regel zur Bildung von z.T. erheblichen stillen Reserven, so daß im Normalfall das Vermögen der Bank aus Zinsgeschäften bei marktorientierter Bewertung sämtlicher Positionen deutlich über dem bilanziell ausgewiesenen Wert liegt. Da die stillen Reserven jederzeit ganz oder teilweise realisierbar sind, bilden sie einen Puffer zur Verstetigung des traditionellen Ergebnisses. Dies ist für die Außendarstellung auch gewünscht. Das Ergebnis nach Performancerechnung wird um den bilanziell ausgewiesenen Wert schwanken und spiegelt den wirklichen betriebswirtschaftlichen Erfolg der vergangenen Periode wider. Die Banken achten in der Regel darauf, daß die Reserven im Lauf der Zeit angemessen zunehmen. Deshalb liegt auf lange Sicht der Mittelwert der bilanziellen Ergebnisse unter dem Mittelwert laut Performancerechnung. Eine genaue Analyse der Relationen zwischen den Ergebnissen und der in bestimmten Situationen zu erwartenden Ergebnisabweichungen wird in Kapitel 4, insbesondere Abschnitt 4.1 vorgenommen. 2 Wie werden Cash-flow ermittelt – sogar für das variable Geschäft? In diesem Kapitel wird gezeigt, wie Cash-flow für alle Zinsgeschäfte der Bank – insbesondere auch für variable Geschäfte – ermittelt werden können. Ausgehend vom Cash-flow der Einzelgeschäfte kann dann der Summenzahlungsstrom für die Gesamtbank ermittelt werden. Ein Beispiel für eine fiktive Sparkasse schließt das Kapitel ab. 2.1 Cash-flow des Festzinsgeschäfts und Summenzahlungsstrom Cash-flow je Einzelgeschäft Für jedes Festzinsgeschäft ist der zugehörige Cash-flow bis zum Ende der Zinsbindung aus seinen nominalen Daten ableitbar.1 Eine eventuelle spätere Prolongation zu dann marktgerechten Konditionen beeinflußt das aktuelle Zinsänderungsrisiko der Sparkasse nicht und muß daher unberücksichtigt bleiben. 1 Vergleiche die in Abschnitt 1.1.1 beispielhaft gezeigte Vorgehensweise. Wie werden Cash-flow ermittelt? 61 Die jeweiligen Zahlungsströme der Festzinsgeschäfte der Aktiv- und Passivseite können einzeln gespeichert und schließlich aufsummiert werden. Das Ergebnis ist der Summenzahlungsstrom aller Festzinsgeschäfte, wobei die Aktiv- und Passivseiten bereits vorzeichengerecht summiert sind. Es verbleiben also nur die Überhänge.1 Treten bei Festzinsgeschäften außerplanmäßige Ereignisse (Sondertilgung, Ratenplanänderung, Aufstockung etc.) auf, so muß der Cash-flow der Geschäfte entsprechend abgeändert werden. Diese Einzelerfassung ist die exakteste Methode, den Summen-Cash-flow zu erzeugen. Ermittlung mit Hilfe der Zinsbindungsbilanz Sparkassen erstellen zur Erfüllung aufsichtlicher Anforderungen regelmäßig eine Zinsbindungsbilanz über die Festzinspositionen. Teilweise werden auch Zinsbindungsbilanzen für interne Zwecke erstellt. Diese Zinsbindungsbilanzen sind im Projekt zur hilfsweisen Ermittlung des Cash-flow der Festzinsgeschäfte genutzt worden. Die Zinsbindungsbilanz enthält üblicherweise in zeitlicher Gliederung den Stand des Restkapitals und die hierbei anfallenden prozentualen Zinsen. Die Differenz der Kapitalstände ist die jeweils anfallende Tilgung. Ferner kann aus Kapitalstand und prozentualem Zins der Zins in DM näherungsweise berechnet werden. Die Summe aus Tilgung und Zins ist der gesuchte angenäherte Cash-flow. Die Brauchbarkeit der Zinsbindungsbilanz für die Gewinnung des Summen-Cashflow hängt davon ab, wie weitgehend die Zinsbindungsbilanz auf exakten Daten beruht. Für die Pilotsparkassen bzw. die am Projekt beteiligten Rechenzentren konnten keine exakten, aber hinreichend genaue Werte ermittelt werden. Einzelheiten können dem offenen Anhang (Anhang IV) entnommen werden. Für die hilfsweise Ermittlung des Zahlungsstroms aus der Zinsbindungsbilanz ist also deren Qualität entscheidend. Probleme, die hieraus möglicherweise resultieren, haben nichts mit dem vorgestellten Konzept zu tun. Wenn die Zinsbindungsbilanz nicht nutzbar ist, kennen die Institute ihre offenen Positionen auch bei klassischer Analysetechnik nicht! Generell muß also die Zinsbindungsbilanz ausreichend aussagefähig sein. Erfahrungsgemäß verfügen Sparkassen nach einigen wenigen »Bereinigungen« über eine ausreichende Informationsbasis. 1 Sofern Cash-flow unterschiedlichen Zinsmärkten zugerechnet werden (z. B. DM/$ bzw. Swap/Bund), so sind auch differenzierte Summen-Cash-flow sinnvoll (vgl. Abschnitt 5.1). 62 Wertorientierte Steuerung des Zinsänderungsrisikos Tabelle 2.1 Aktiva Datum Restkapital Zins % Tilgung Zins DM Tilgung + Zins = Cash 30.12.94 10 000 10,00 30.03.95 9 800 9,50 10 000–9 800 = 200 10 000 * 0,10 / 4 = 250 200 + 250 = 450 30.06.95 9 500 9,50 9 800–9 500 = 300 9 800 * 0,095 / 4 = 232,75 300 + 232,75 = 532,75 30.09.95 9 000 9,00 9 500–9 000 = 500 9 500 * 0,095 / 4 = 225,63 500 + 225,63 = 725, 63 usw. Die Tabelle 2.1 zeigt für die Aktiv-Zinsbindungen beispielhaft die Vorgehensweise. Die ersten drei Spalten beinhalten die Informationen der Zinsbindungsbilanz, die weiteren Spalten zeigen den Rechenvorgang. Für die Passivseite wird analog vorgegangen. Die vorzeichengerechte Summe der Cash-flow der Aktiv- und Passivseite ist der Summenzahlungsstrom der Festzinspositionen. 2.2 Cash-flow von deterministischen Finanzinnovationen Deterministische Finanzinnovationen werden auf ihre Primärgeschäfte zurückgeführt. Entsprechend wird der Zahlungsstrom gebildet. Da die Produktvielfalt sehr groß ist, muß jeweils einzelfallbezogen vorgegangen werden. Solange keine Optionsrechte mit den Finanzinnovationen verbunden sind, sollte jeweils versucht werden, die Primärgeschäfte zu identifizieren und die entsprechenden Cash-flow zu ermitteln. Beispielhaft werden der Floater, Zinsswap, FRA und Reverse Floater diskutiert. 2.2.1 Floater Der Floater wird als Festzinsgeschäft auf die Zeitdauer bis zur nächsten Zinsanpassung aufgefaßt. Mit der Zinsanpassung fließt das Kapital voll zurück.1 Nach der Zinsanpassung wird nur die vereinbarte Marge bis zum Ende der Laufzeit an den Zinsanpassungsterminen als Cash-flow eingestellt. Dies verdeutlicht Tabelle 2.2. 1 Häufig kalkulieren DV-Anwendungen Floater, indem Cash-flow für alle Zahlungsperioden mit den jeweiligen Forwards errechnet werden. Diese Cash-flow werden dann wieder abgezinst. Diese Vorgehensweise generiert per Definition einen identischen Barwert. Sofern allerdings eine Zinsänderung simuliert wird, ist bei dieser Methode Vorsicht angebracht: Es ist sicherzustellen, daß zunächst neue Cash-flow kalkulatorisch ermittelt werden, bevor diese dann wieder barwertig bewertet werden können. Wie werden Cash-flow ermittelt? 63 Beispiel Aktivgeschäft, Nominalbetrag 100 000 DM, Betrachtungszeitpunkt 30.3.961, Laufzeitende 30.12.1997 Aktueller Nominalzins 6 %, Zinszahlung und Zinsanpassung halbjährlich am 30.6. und 30.12. Marge gegenüber FIBOR 0,5 %, Zinsrechnung 30/360 (vereinfachende Annahme) Tabelle 2.2 Datum Cash-flow 30. 03. 96 – (Kurswert + Stückzins) Aktueller Kurswert inklusive Stückzins am 30.3. 96 Erläuterung 30. 06. 96 + 103 000,00 Rückfluß Kapital + Zins für die letzte Periode 30. 12. 96 + 250,00 Marge 30. 06. 97 + 250,00 Marge 30. 12. 97 + 250,00 Marge 2.2.2 Zinsswap Der »normale« Zinsswap ist eine Kombination eines Festzinsgeschäfts und eines Floaters, wobei ein Geschäft das andere refinanziert. Der Cash-flow des Zinsswaps ist entsprechend der Summen-Cash-flow aus einem Floater und einem Festzinsgeschäft (vgl. Tabelle 2.3). Beispiel Nominalbetrag 100 000 DM, Betrachtungszeitpunkt 30.3.96 2, Laufzeitende am 30.12.1997 Bank zahlt »langen« Festzins 12 % (jährlich am 30.12.), erhält »kurzen« Zins (FIBOR) halbjährlich. Aktueller FIBOR 6%, Zinszahlung und Zinsanpassung halbjährlich am 30.6. und 30.12. Zinsrechnung 30/360 (vereinfachende Annahme) 1 Der Betrachtungszeitpunkt liegt bei diesem und den folgenden Beispielen jeweils vor Abschluß des Geschäftes. Nach Geschäftsabschluß und Abwicklung beträgt der Cash-flow am Betrachtungszeitpunkt 0 DM. 2 Der Betrachtungszeitpunkt liegt unmittelbar vor dem Geschäftsabschluß. 64 Wertorientierte Steuerung des Zinsänderungsrisikos Tabelle 2.3 Datum Cash-flow Erläuterung 30. 03. 96 Kurswert Aktueller Kurswert (inkl. Stückzinsen) des Swap (Plus oder Minus) 30. 06. 96 + 103 000,00 Rückfluß Kapital + Zins für die zurückliegende Periode Floater 30.12. 96 – 12 000,00 Zinszahlung Festzins 30. 06. 97 0,00 30. 12. 97 – 112 000,00 2.2.3 Zinszahlung Festzins + Tilgung Festzins Forward Rate Agreement (FRA) Der FRA ist eine Termingeldanlage auf Termin. Der Cash-flow ist in Tabelle 2.4 dargestellt. Beispiel Nominalbetrag 100 000 DM, Betrachtungszeitpunkt 30.3.96 FRA Verkauf zum Zinssatz von 6 % Laufzeit des FRA vom 30.6.96 bis 30.12.96 Zinsrechnung 30/360 (vereinfachende Annahme) Tabelle 2.4 Datum Cash-flow Erläuterung 30. 03. 96 0 30. 06. 96 – 100 000,00 Termingeldanlage Nominalkapital 30. 12. 96 + 103 000,00 Rückzahlung des Termingeldes inklusive Zins 2.2.4 Reverse Floater Der Reverse Floater ist eine Geldanlage zum Festzins, die in doppelter Höhe des Anlagebetrages durchgeführt wird und in einfacher Höhe des Anlagebetrages mit einem Floater refinanziert wird.1 Der zugehörige Cash-flow ist in Tabelle 2.5 dargestellt. 1 Beschrieben wird der Reverse Floater mit doppeltem Hebel, am Markt werden auch Floater mit dreifachem Hebel angeboten. Wie werden Cash-flow ermittelt? 65 Beispiel Nominalbetrag zur Anlage 100 000 DM, Betrachtungszeitpunkt 30.3.96, Laufzeitende am 30.12.1997 Bank erhält Festzins 18 % (jährlich am 30.12.) abzüglich variablen Zins (FIBOR) halbjährlich. Aktueller FIBOR 6 %, Zinszahlung und Zinsanpassung halbjährlich am 30.6. und 30.12. Zinsrechnung 30/360 (vereinfachende Annahme) Tabelle 2.5 Datum Cash-flow Erläuterung 30. 03. 96 – Kurswert Aktueller Kurswert inklusive Stückzinsen des Reverse Floaters am 30. 3. 96 vor Geschäftsabschluß 30. 06. 96 – 103 000,00 Rückfluß Kapital + Zins für die zurückliegende Periode Floater 30. 12. 96 + 18 000,00 Zinszahlung Festzins 30. 06. 97 0,00 30. 12. 97 + 218 000,00 Zinszahlung Festzins + Tilgung Festzins Hinweis Bei genauer Betrachtung ist im Reverse Floater noch ein CAP auf den FIBOR zu 18 % enthalten, da bei einem FIBOR von über 18 % der Anleger nicht an den Emittenten zahlt. 2.3 Die Lösung für das variable Geschäft1 2.3.1 Abgrenzung »variabler« Geschäfte Da der Begriff »variabler« Zins bzw. »variables« Geschäft im Gegensatz zum »festen« Zins in der Praxis, Literatur und Rechtsprechung unterschiedlich belegt ist, folgt zunächst die im Projekt verwendete praktikable Abgrenzung; in Abb. 2.1 sind Beispiele für variable Produkte aufgeführt, in Abbildung 2.2 relevante Abgrenzungsaspekte. Variable Produkte sind durch folgende Eigenschaften charakterisiert: Die Bank kann den Zins ohne Beachtung fester Fristen oder ohne vertraglich fixierte Bemessungsvorschrift von sich aus an eine geänderte Zinssituation anpassen. 1 Die folgenden Ausführungen lehnen sich an Sievi, C.: Kalkulation und Disposition, Bretten 1995, S. 215 ff. an. 66 Wertorientierte Steuerung des Zinsänderungsrisikos Die Zinsanpassung durch die Bank erfolgt in der Praxis im Vergleich zur Änderung der Interbankensätze nicht sofort und im gleichen Ausmaß, sondern stufenweise. Bisweilen wird auch von einer verzögerten Anpassung gesprochen. Diese Charakterisierung trifft aber nicht den Kern der variablen Produkte. »Verzögert« würde bedeuten, daß variable Produkte Marktzinsbewegungen in vollem Ausmaß mitmachen, allerdings mit zeitlicher Verzögerung (z. B. zwei Monate später). Die Beobachtungen zeigen jedoch, daß variable Produkte Zinsänderungen nicht in gleicher Höhe, sondern nur stufenweise nachvollziehen. Eine zeitliche Verzögerung ist nur eine mögliche zusätzliche Komponente der Zinsanpassungspolitik. Hierbei ist es relativ schwierig, die Komponenten »nicht in gleichem Ausmaß« und »zeitlich verzögert« zu trennen. Der Kunde hat weitgehende Rechte auf Sondertilgung (Darlehen) bzw. Kapitalabhebung/Kapitalerhöhung (Sparformen). Hierbei werden – sofern bestimmte Fristen eingehalten werden – keine Vorfälligkeitsentschädigungen oder Vorschußzinsen fällig. Die Erfahrung lehrt, daß der Kunde von den Rechten auf Kapitaländerung aufgrund von Zinsänderungen kaum Gebrauch macht. Der Kunde verhält sich »träge«, solange er sich vom Zinsanpassungsverhalten der Bank nicht übervorteilt fühlt. Die Änderungen im Kapitalverlauf sind eher von der persönlichen Situation (verfügbare Liquidität für Sondertilgungen oder erhöhte Sparraten) als von der Zinsentwicklung abhängig. Abbildung 2.1 Beispiele für variable Produkte im beschriebenen Sinn sind: Klassisches Sparbuch mit oder ohne Kündigungsfrist Sparbücher mit dauerhafter Bonifizierung, aber variablem Grundzins Sparverträge, die mit variablem Zins und/oder Bonifizierung abgewickelt werden Kontokorrent im Haben, wobei der Zins faktisch nicht oder nur sehr gering angepaßt wird Variable Darlehen, aber nicht Darlehen mit Kopplung an einen Referenzzins und vereinbarter Marge (also nicht Floater und Roll-over-Kredite) Kontokorrent im Soll, ohne Bindung des Sollzinses an einen Index Die Beobachtung der »Trägheit« des Kunden gilt insbesondere, wenn nicht der Einzelfall, sondern die Summe aller Geschäfte einer bestimmten Kategorie betrachtet wird. Durch diese Summenbildung wird die persönliche Liquiditätssituation des Kunden eliminiert. Schwankungen im Gesamtbestand eines variablen Produkts treten nur dann auf, wenn eine Mehrzahl von Kunden mit der Zinsanpassung des Instituts nicht mehr zufrieden ist und in andere Produkte umschichtet. Wie werden Cash-flow ermittelt? Abbildung 2.2 Abgrenzungsaspekte Preisangabenverordnung In der Preisangabenverordnung wird jedes Geschäft als »variabel« bezeichnet, dessen Zins nicht bis zum Ende der Gesamtlaufzeit festgeschrieben ist (»anfänglicher effektiver Jahreszins«). Nur bei Krediten mit Festzins bis zur vollständigen Tilgung (z. B. Konsumentenkredite) darf die Bezeichnung »Effektivzins« (ohne weiteren Zusatz) verwendet werden. Die Übernahme der PAngV-Abgrenzung ist für das Projekt unbrauchbar. Abgrenzung nach Verfügbarkeitsdauer des Kapitals und Liquidität Nicht die Überlassungsdauer des Kapitals ist wesentlich, sondern die Zinsanpassung. Würde die Überlassungsdauer entscheidendes Kriterium sein, müßten z. B. Baufinanzierungen unabhängig von der Zinsbindungsdauer auf eine geschätzte Gesamtlaufzeit als Cash-flow abgebildet werden. Das Zinsänderungsrisiko wird somit manipulierbar! Wesentlich ist auch, daß es bei Produkten mit variabler Zinsanpassung nicht auf die individuelle, sondern auf die kollektive Überlassung des Kapitals ankommt. So ist es z. B. bei Spareinlagen oder Sichteinlagen gleichgültig, wie lange der einzelne Kunde seine Einlagen in der Bank beläßt: Solange stets neue Kunden an die Stelle von Kunden treten, die ihr Kapital abziehen, kann die Bank von einem konstanten, für lange Zeit verfügbaren Bestand ausgehen. Formale Abgrenzung nach Bilanzposition und Abwicklung Teilweise werden Produkte, die eigentlich Festzinsgeschäfte sind, rein formal aus buchungstechnischen Gründen als »Spareinlage« abgewickelt. So ist z. B. ein für eine bestimmte Zeit bonifiziertes Sparbuch während der Bonifizierungsdauer wie ein Termingeld dieser Fristigkeit zu behandeln, wenn während der Bonifizierungsdauer sowohl der Basiszins als auch der Bonus festgehalten werden und nach Ablauf der Bonifizierung der normale Sparzins gezahlt wird oder die Bonifizierung an die aktuelle Zinssituation entsprechender Fristigkeit angepaßt wird bzw. angepaßt werden muß, da der Kunde sonst das Kapital abzieht. Kombinationen mit Optionen Viele Bankprodukte sind mit zusätzlichen Optionen ausgestattet, ohne daß deshalb das Produkt »variabel« wird. Die jeweiligen Optionsrechte müssen bei der Kalkulation und Disposition rechnerisch abgetrennt, also isoliert kalkuliert und disponiert werden.1 »Unprodukte« Produkte, die im System der Marktzinsmethode nicht disponierbar und kalkulierbar sind, weil der Zins nicht nach Marktzinsen, sondern nach anderen Leitgrößen festgelegt wird (z. B. Bindung an den Diskontsatz, Bindung an die Inflationsrate oder ähnliches), sollen nicht als variabel, sondern als eigene Produktklasse definiert werden. 1 Zu Einzelheiten vergleiche Abschnitt 5.2. 67 68 Wertorientierte Steuerung des Zinsänderungsrisikos Im Zentrum der Frage nach dem »richtigen« Cash-flow und Bewertungszins für Produkte mit variablem Zins steht die Disponierbarkeit dieser Produkte. Nur wenn es gelingt, für variable Produkte eine zinsänderungsrisikofreie Dispositionsvorschrift zu gewinnen, kann entsprechend dieser Vorschrift ein Bewertungszins festgelegt werden. Die Suche nach dem Cash-flow und dem Bewertungszins ist also mit der Suche nach einer geeigneten Anlage bzw. Refinanzierung der variablen Produkte am Interbankenmarkt identisch. Ein zusätzliches mit obigen Anforderungen verbundenes Ziel ist es, dem Marktbereich eine möglichst konstante Marge zuzuweisen, da die Verkaufsleistung unabhängig von der aktuellen Zinslage gemessen werden soll. 2.3.2 Irrwege zur Disposition variabler Geschäfte Bei der Disposition und Bewertung variabler Produkte sollen zunächst zwei häufig begangene Irrwege vorgestellt werden. Nicht zuletzt die dort festgestellten Unstimmigkeiten haben dazu geführt, die vorliegende »Machbarkeitsstudie« ins Leben zu rufen! Disposition und Bewertung mit »kurzen Zinsen«, z.B. mit Drei-Monatsgeld: Dieser Ansatz unterstellt aufgrund der juristischen Kapitalbindung, daß die variablen Produkte innerhalb kürzester Zeit von seiten des Kunden vollständig gekündigt werden könnten. Dann müßten die entsprechenden Volumina mit aktuellen (Fest-) zinsen neu eingekauft bzw. angelegt werden. Entsprechend werden die variablen Produkte nur für kurze Zeit disponiert, als Bewertungszins dient der entsprechende »kurze« Zinssatz (z. B. Tagesgeldsatz, Monatssatz bis Jahressatz). Abbildung 2.3 Fehlsteuerung bei kurzen Zinsen als Bewertungszins am Beispiel der Spareinlagen In Zeiten niedriger Zinsen (normale Zinsstruktur) wäre der Bewertungszins sehr niedrig, die Marge aus Spareinlagen entsprechend gering. Die Berater würden höhere Margen erreichen, wenn sie eine Umschichtung in Sparkassenbriefe empfehlen. In Zeiten hoher Zinsen mit inverser Zinsstruktur würde die Marge für Spareinlagen aber sehr hohe Werte annehmen. Die vorher in die Umschichtung gedrängten Kunden fehlen jetzt – und neue Sparer (oder gar Umschichter) werden gerade in der Hochzinsphase schwer zu finden sein. Die Konfrontation des Sparbereichs mit Bewertungszinsen, die sich dauernd stark ändern, und die daraus folgenden Umschichtungen wären aber für eine kontinuierliche Pflege des Sparerbestands, bei der ruhige und stetige Maßnahmen angesagt sind, Gift. Wie werden Cash-flow ermittelt? 69 In der Konsequenz werden dann bei der klassischen Zinsbindungsbilanz die variablen Produkte einfach weggelassen, da sie als kurzfristig fällig und daher ohne längerfristige Zinsbindung angesehen werden. Der Ansatz verkennt aber grundlegende Eigenschaften der variablen Produkte: Zum einen haben die Kunden zwar formal weitgehende Kapitalanpassungsrechte, tatsächlich werden diese aber nicht ausgeübt, vor allem nicht bei Betrachtung einer Gesamtheit von Kunden. Die Erkenntnisse der Bodensatztheorie werden ignoriert. Zum anderen erfolgt die Zinsanpassung nicht parallel zum Marktzinssatz (gleichgültig ob der Tagesgeldsatz oder Sechs-Monatssatz gewählt wird), sondern stufenweise bzw. nicht in gleichem Ausmaß. Dies ist aber gleichbedeutend mit einer Bindung der variablen Produkte an Zinssätze der Vergangenheit in einem im folgenden näher untersuchten Ausmaß! Genau hier liegt der Unterschied zum Floater oder Roll-over-Kredit, die am Fixingtag in vollem Umfang an die aktuellen Marktzinsen angepaßt werden. Dies ist beispielhaft für Spareinlagen in Abbildung 2.3 beschrieben. Ein »kurzer« Bewertungszins hätte somit eine völlige Fehlsteuerung der Bank zur Folge! Bewertung mit jeweiligen Zinsen längerer Fristen: Vielfach wird vorgeschlagen, die variablen Geschäfte mit Bewertungszinsen zu belegen, die dem jeweiligen, aktuellen Zins einer längeren Frist (ein Jahr bis 10 Jahre) am Betrachtungszeitpunkt entsprechen.1 Es werden z.T. Mischungen aus jeweiligen Zinsen angesetzt, wobei auch Zinsen für Fristen von unter einem Jahr mit bestimmten Anteilen zum Tragen kommen können. Dieser Ansatz hat den Vorteil, daß durch die Verwendung längerfristiger Zinsen der Bewertungszins weniger stark schwankt als bei der Anwendung kurzer Zinsen. Insofern wird der Eigenschaft der variablen Produkte hinsichtlich ihrer langsameren Zinsreagibilität Rechnung getragen. Dem stehen im wesentlichen jedoch drei Nachteile gegenüber: 1. Es ist zweifelhaft, ob durch dieses Vorgehen bereits eine ausreichende Margenkonstanz erreicht werden kann. Wie die historische Analyse zeigt, schwanken z. B. die Zinsen für Spareinlagen in wesentlich geringerem Ausmaß als der Zehn-Jahreszins, der der »trägste« Interbankenzins ist. Noch deutlicher ist die Abweichung beim 1 Z. B. Schierenbeck, H.; Rolfes, B.: Entscheidungsorientierte Margenkalkulation, Frankfurt 1988, S. 170 ff. 70 Wertorientierte Steuerung des Zinsänderungsrisikos Zins für Kontokorrent Haben, der sich ebenfalls wesentlich langsamer als der Zehn-Jahreszins bewegt. 2. Der entscheidende Nachteil ist jedoch, daß ein jeweiliger längerfristiger Bewertungszins nicht disponierbar ist, wenn die Zinsanpassungen des Produkts häufiger erfolgen, als die Frist für den Bewertungszins ist. Wird z. B. der jeweilige ZehnJahreszins als Bewertungszins verwendet, so müßte der Disponent hierzu permanent eine Zehn-Jahresfrist kaufen, diese Frist nach kurzer Zeit verkaufen und danach – zum neuen Zins – wieder eine Zehn-Jahresfrist kaufen. Es entsteht – durch die Kursbewegungen zwischen Kauf und Verkauf – ein erhebliches Zinsänderungsrisiko. Die hierdurch bedingten Zins- und Kursdifferenzen – also die Gesamterträge – schwanken sogar noch stärker als kurzfristige Zinsen.1 Somit ist ein vermuteter Vorteil (die langsamere Anpassung) ins Gegenteil umgeschlagen. 3. Ein weiterer Nachteil dieses Vorschlags besteht darin, daß Volumenschwankungen nicht berücksichtigt werden. Eine längerfristige Anlage bzw. Refinanzierung ist nämlich nur dann möglich, wenn während der gewählten Dauer keine Volumenschwankung auftritt. Andernfalls ist ein Verkauf der Gegenposition notwendig, der in der Regel nicht zum Kurs 100 % möglich ist. Dann kommt es zu Ergebniswirkungen, die in das derzeitige Berechnungsschema nicht einfließen. 2.3.3 Lösungsvorschlag2 Zu beseitigen sind letztlich zwei Mängel der vorangehenden Vorschläge: Die realisierte Schwankung des Bewertungszinses ist im Vergleich zum variablen Produkt zu groß, und/oder der Bewertungszins ist nicht disponierbar. Folglich muß zunächst nach einer Bewertung gesucht werden, die »schwächere« Zinsschwankungen hat und gleichzeitig disponierbar ist. Erste, später aufhebbare Prämisse: Das zu untersuchende Produkt weist ein konstantes Gesamtvolumen auf. Diese Prämisse ist im ersten Schritt sinnvoll: Ein Steuerungsmodell muß auf jeden Fall bei konstantem Volumen »funktionieren«. Die einzelnen Geschäfte dürfen hierbei durchaus schwankende Inanspruchnahmen aufweisen, solange sich der Gesamtbestand nicht wesentlich verändert.3 1 Bode, M.; Jancar, S.; Sievi, F.: Richtiges Timing oder Risiko-Return-Analyse, in: Die Bank 2/89, S. 93 ff. 2 Erstmals veröffentlicht durch: Flesch, H. R.; Piaskowski, F.; Seegers, J.: Marktzinsmethode bzw. Wertsteuerung – neue Thesen und Erkenntnisse aus der Realisierung, in: Die Bank 9/87, S. 380 ff., ausführlicher dargestellt durch: Benke, H.; Gebauer, B.; Piaskowski, F.: Die Marktzinsmethode wird erwachsen: Das Barwertkonzept, in: Die Bank 8/91, S. 459 ff. 3 Dies bedeutet insbesondere, daß die »durchschnittliche Verweildauer« einer einzelnen Spareinlage bzw. die Dauer der durchschnittlichen Inanspruchnahme eines variablen Kredites an keiner Stelle der Untersuchung benötigt wird. Wie werden Cash-flow ermittelt? 71 Mit dieser Prämisse kann das Gesamtvolumen am Interbankenmarkt wie folgt verwendet werden (Dispositionsvorschrift zur Erzielung der kalkulierten Marge!): Der Gesamtbestand wird in einem ersten Schritt so strukturiert, daß im Zeitablauf monatlich der gleiche Anteil des Bestandes fällig wird.1 In wie viele Anteile der Bestand zerlegt wird, ist hierbei freigestellt. Es wird von N Anteilen ausgegangen, die sich in N Monaten gleichmäßig abbauen. Mit Fälligkeit jeden Anteils des Gesamtvolumens wird dieser Bruchteil wieder für N Monate (also für so viele Monate, wie Anteile vorhanden sind) angelegt. Dadurch bleibt die einmal bestimmte Struktur dauerhaft revolvierend erhalten. Als Bewertungszins ergibt sich nach Durchlaufen einer Startphase der gleitende Durchschnitt der revolvierenden Verwendung mit Zinsbindung für N Monate am Interbankenmarkt. Wird unterstellt, daß die genannte Startphase sich bereits historisch vollzogen hat, kann unmittelbar der gleitende Durchschnitt – auch unter Verwendung historischer Zinsen – als Bewertungszins angewandt werden. Beispiele: Der Gesamtbestand wird in 120 Teile zerlegt (N = 120), von denen jeden Monat ein Teil fällig ist und zur Erhaltung der Struktur für 120 Monate angelegt wird. Der Bewertungszins ist der gleitende Zehn-Jahresdurchschnitt. Analog kann ein 60stel des Bestandes revolvierend für fünf Jahre (60 Monate, N = 60) angelegt werden. Als Bewertungszins erhält man den gleitenden Fünf-Jahresdurchschnitt der Fünf-Jahreszinsen. Die Abbildung 2.4 zeigt die Vorgehensweise bei einem gleitenden Sechs-Monatsdurchschnitt: Der Gesamtbestand wird in 6 Schichten aufgeteilt, die in den nächsten 6 Monaten fällig sind. Wird eine Schicht fällig, so wird sie erneut für 6 Monate angelegt. Wird unterstellt, daß auch die Startanlage historisch bereits vorgenommen wurde und hier nur als Restlaufzeit gezeigt wird, so ist der Zins je Monat gleich dem Durchschnittszins für den Sechs-Monatszins der letzten sechs Monate. Allgemein kann mit beliebigen Zinsbindungen gearbeitet werden. Wesentlich ist nur, daß die Zinsbindung der Aufteilung in Zinsanpassungsperioden entspricht, so daß bei revolvierender Anlage die Struktur erhalten bleibt. Kommt es allerdings zu einem Auf- oder Abbau des Volumens des Geschäfts (Aufhebung der Volumenskonstanz-Prämisse), so darf die Aufbau- oder Abbauphase nicht vernachlässigt werden. Wird z. B. angenommen, der Gesamtbestand sei momentan von Null auf das volle Volumen angestiegen, so ist der Bewertungszins im ersten 1 Theoretisch wäre eine tägliche Fälligstellung korrekt; dies führt aber zu Pseudogenauigkeiten. In der Praxis kann bei variablen Produkten angenommen werden, daß sich der Zins maximal monatlich ändert. 72 Wertorientierte Steuerung des Zinsänderungsrisikos Monat der Durchschnittssatz der aktuellen Zinssätze mit Frist von einem Monat bis zu sechs Monaten. Einen Monat weiter entfällt bei der Durchschnittsbildung der EinMonatszins, der aktuelle Sechs-Monatszins kommt hinzu. Nach sechs Monaten ab Start gilt schließlich der reine Durchschnitt der Sechs-Monatszinsen der letzten sechs Monate. Auf die Effekte, die sich für die Disposition und Festlegung des Bewertungszinses bei Bestandsveränderungen ergeben, wird noch speziell (Abschnitt 2.3.6) eingegangen. Zunächst wird vereinfachend ein konstanter Bestand unterstellt, dessen Disposition bereits historisch durchgeführt wurde und für den folglich der gleitende Durchschnitt ohne Berücksichtigung der Anlaufphase gilt. Abbildung 2.4 0 1 2 Startanlage 3 4 5 6 7 8 9 Monate Folgeanlage Das Verfahren erlaubt es, als Bewertungszins auch Mischungen gleitender Durchschnitte, die aus unterschiedlichen Fristen gebildet werden, zu verwenden. Wird als Bewertungszins z. B. eine Mischung von 60% gleitendem Zehn-Jahreszins und 40% gleitendem Drei-Monatssatz festgelegt, so wird der Gesamtbestand wie folgt aufgeschnitten: 60% des Bestandes werden in 120 gleiche Teile zerlegt, die mit Fristen von einem Monat bis zu 120 Monaten fällig werden. Die restlichen 40% werden in drei gleiche Teile zerlegt, die mit Fristen von einem Monat, zwei Monaten und drei Monaten ablaufen. 2.3.4 Festlegung des Mischungsverhältnisses gleitender Zinsen Das vorgeschlagene Verfahren erlaubt zunächst beliebige Mischungsverhältnisse, da alle diese Mischungen disponierbar sind. Die Auswahl einer für ein variables Produkt geeigneten Mischung erfolgt nach folgendem Maßstab: Die Mischung soll so festgelegt werden, daß die Marge in Prozent (Differenz zwischen Produktzins und Bewertungszins laut Mischungsverhältnis) möglichst konstant ist. Wie werden Cash-flow ermittelt? 73 Die Margenkonstanz wird über das statistische Maß »Standardabweichung« gemessen. Hilfsweise kann die Spannweite, in der sich die Marge bewegt (höchste beobachtete Marge abzüglich niedrigste beobachtete Marge), verwendet werden. Die Forderung nach Margenkonstanz entspricht dem Grundgedanken der Marktzinsmethode, den Produkterfolg vom Dispositionserfolg zu trennen. Dies geschieht dadurch, daß dem Marktbereich eine Marge zugemessen wird, die möglichst unabhängig von Zinsschwankungen am Markt ist. Die absolute Höhe der erzielten Marge spielt für die Auswahl des Mischungsverhältnisses hierbei keine Rolle.1 Sollte aus geschäftspolitischen Gründen für ein variables Produkt kein hinsichtlich der Margenkonstanz optimiertes Mischungsverhältnis zugrunde gelegt werden, so eröffnet sich den Anwendern die Möglichkeit, die Modellrisiken zu quantifizieren. Margenschwankungen sind bei der Limitierung grundsätzlich, bei nicht erfolgter Optimierung entsprechend erhöht, zu berücksichtigen. Notwendig ist in jedem Fall die Verwendung gleitender Durchschnitte in Form von revolvierenden Tranchen, um die Disponierbarkeit zu gewährleisten. Zur Festlegung des Mischungsverhältnisses nach dem Gesichtspunkt der Margenkonstanz gibt es grundsätzlich zwei Wege, die sich gegenseitig ergänzen. Historische Analyse Bei der historischen Analyse wird das Mischungsverhältnis aus Vergangenheitsdaten ermittelt. Hierzu wird je Produkt zunächst ein repräsentativer Zeitraum ausgewählt. Dieser Zeitraum darf einerseits nicht zu kurz sein, da in ihm mindestens eine Phase steigender und eine Phase fallender Zinsen enthalten sein sollte. Andererseits ist ein zu langer Zeitraum unbrauchbar, da nicht erwartet werden kann, daß die Zinsanpassungspolitik auch über sehr lange Zeiträume hinweg konstant ist. In der Praxis ist ein Untersuchungszeitraum von mindestens fünf Jahren, höchstens 15 Jahren sinnvoll. Nur bei Produkten, deren Lebensdauer kürzer als fünf Jahre ist oder für die aus technischen Gründen keine längeren Zeitreihen ermittelt werden können, ist ausnahmsweise ein kürzerer Betrachtungszeitraum zulässig. Am Beispiel der Spareinlagen wird die Vorgehensweise beispielhaft gezeigt (vgl. auch Tabelle 2.6). 1 Bei bestimmten Produkten kann ein Trend in der Marge festgestellt werden (stetige Verbesserung oder stetige Verschlechterung der Marge), der unabhängig von der aktuellen Zinsentwicklung (steigende Zinsen oder fallende Zinsen) ist. In diesem Fall tritt an die Stelle der Margenkonstanz die Forderung, daß die Marge einem zeitlich linearen Trend folgt. Die Marge in % liegt also – als Funktion der Zeit – auf einer definierten Linie. 74 Wertorientierte Steuerung des Zinsänderungsrisikos Beispiel Spareinlagen Der Untersuchung liegt das Datenmaterial der Deutschen Bundesbank für die Entwicklung des Spareckzinses zugrunde. Als Interbankenzinsen dienen der DreiMonatsfibor sowie hilfsweise die Renditen von Bundeswertpapieren mit den Restlaufzeiten 1 Jahr, 5 Jahre sowie 10 Jahre. Der Betrachtungszeitraum erstreckt sich von 1/1985 bis 11/1996, umfaßt also zwölf volle Jahre. Die folgende Tabelle zeigt für verschiedene Mischungen aus gleitenden Durchschnitten als Bewertungszins die Konsequenzen für die erzielte Marge und deren Schwankung: Tabelle 2.6 Bewertungszins = Mischung gleitender Durchschnitte (Mischungsanteile in Prozent) gleitend 3 Monate gleitend 1 Jahr gleitend 5 Jahre Ergebnis für die Marge % gleitend 10 Jahre Minimum Maximum Spannweite Standard- Mittelwert abweichung 100 0 0 0 1,27 7,17 5,91 1,85 3,78 0 100 0 0 1,07 6,46 5,39 1,64 3,58 0 0 100 0 3,42 5,85 2,44 0,69 4,81 0 0 0 100 4,57 5,66 1,09 0,31 5,07 10 0 0 90 4,65 5,44 0,79 0,18 4,96 0 10 0 90 4,68 5,35 0,67 0,17 4,92 0 10 10 80 4,63 5,21 0,58 0,15 4,90 5 10 10 75 4,52 5,12 0,60 0,13 4,83 Hätte eine Bank ihre Spareinlagen in den letzten 12 Jahren nur im Drei-Monatsgeld revolvierend angelegt, so hätte dies zu einer Schwankung der Marge von 1,27% bis 7,17% geführt. Die Bank hätte also erhebliche Ergebnisschwankungen hinnehmen müssen. Die mittlere Marge in Höhe von 3,78 % kann nur dann bilanziell als kontinuierliches Ergebnis ausgewiesen werden, wenn die Bank in Zeiten hoher Zinsen große Reserven bildet, die sie in Zeiten niedriger Zinsen wieder auflöst. Bei einer Anlage der Spareinlagen im gleitenden Zehn-Jahresdurchschnitt hätte sich die Marge zwischen 4,57% und 5,66% bewegt. Die mittlere Marge von 5,07% wäre deutlich höher ausgefallen. Die Bank hätte also gleichzeitig Risiko abgebaut und den Ertrag erhöht. Die einfachen, »reinen« gleitenden Durchschnitte zeigen, daß die beste Lösung einen hohen Anteil an gleitenden Zehn-Jahreszinsen enthalten muß. Zu dieser vorläu- Wie werden Cash-flow ermittelt? 75 fig besten Lösung werden nun kürzere gleitende Durchschnitte systematisch beigemischt. Auch hier wird so vorgegangen, daß zunächst nur jeweils zwei gleitende Durchschnitte verwendet werden und hierfür jeweils das günstigste Mischungsverhältnis ermittelt wird. Im Fall der Beimischung von Drei-Monatsgeld und Jahresgeld erweisen sich jeweils 10 % Anteil dieser Fristen als optimal. Hierdurch wird die Schwankung in der Marge nochmals deutlich reduziert, wobei allerdings die Risikoreduzierung geringfügig zu Lasten des durchschnittlichen Ertrags geht. Nach mehreren weiteren systematischen Probierversuchen wird – sofern nur »runde« Mischungsanteile gewählt werden – folgende optimale Lösung gefunden: 5 % Drei-Monatsgeld, jeweils 10 % Jahresgeld und Fünf-Jahresgeld sowie 75 % Zehn-Jahresgeld. Die absolute Schwankung für die Marge beträgt historisch nur noch 0,60 %, wobei in ca. 66 % der Fälle die Marge im Bereich von 0,13 % (Standardabweichung) um den Mittelwert von 4,83 % schwankt. Das Zinsänderungsrisiko ist minimiert, der mittlere Ertrag mit 4,83 % nur geringfügig niedriger als bei einer Lösung ausschließlich auf Basis des gleitenden Zehn-Jahresdurchschnitts. Eine Sparkasse, die die Spareinlagen dispositiv entsprechend dem Lösungsvorschlag verwendet, könnte bei einem Spareinlagenvolumen von 100 Mio. jährlich 7,5 Mio. an zehnjährigen Zinsbindungen vergeben, ohne sich anderweitig zu refinanzieren. Sie hätte dadurch im Betrachtungszeitraum gegenüber einer Bank, die die Spareinlagen nur mit Fristen bis zu einem Jahr verwendet, ein um rund 1,1% besseres Zinsergebnis, bei 100 Mio. Sparvolumen also 1,1 Mio. DM. Zudem wäre dieses Zinsergebnis mit hoher Konstanz erzielt worden. Zu beachten ist, daß die gefundenen Ergebnisse nicht nur für die »klassischen« Spareinlagen mit »gesetzlicher Kündigungsfrist« gelten. Sie treffen ebenso auf alle bonifizierten Spareinlagen zu, bei denen der Bonus nicht vom aktuellen Zinsniveau abhängig ist. Beispiele hierfür sind das »Bonussparen« (fester Bonus am Ende der Laufzeit) oder der »flexible Sparplan« (wachsender Bonus in Abhängigkeit von der erreichten Laufzeit). Ein weiteres Beispiel sind Sparformen, bei denen die Bonushöhe vom Guthabenstand abhängig, vom aktuellen Zinsniveau hingegen unabhängig ist. Wesentlich ist, daß sich der Basiszins gleichlaufend mit dem Spareckzins bewegt. Für diese Produkte liegt als Produktverzinsung eine Parallele zum reinen Spareckzins vor. Die Marge verringert sich dadurch zwar um den Bonus (und den eventuell höheren Basiszins), ist aber immer noch konstant, so daß für diese Produkte das Mischungsverhältnis in der Regel nicht verändert werden muß. Der Vorteil hieraus ist, daß ein größeres Volumen an Spareinlagen gemeinsam disponiert werden kann und dadurch die (vorläufige) Prämisse der Volumenskonstanz noch besser erfüllt ist. (Umschichtungen zwischen den Sparprodukten verringern zwar eventuell die Marge, verändern aber nicht das Dispositionsverhalten.)1 1 Siehe hierzu auch Abschnitt 2.3.7. 76 Wertorientierte Steuerung des Zinsänderungsrisikos Die Abbildung 2.5. zeigt den Spareckzins, den oben definierten Bewertungszins und die resultierende Marge. Wegen des hohen Anteils an gleitendem 10-Jahresdurchschnitt und gleitendem 5-Jahresdurchschnitt bewegt sich der Bewertungszins sehr träge. Er vollzieht die Bewegung im Sparzins praktisch parallel mit. Dadurch kommt es zu der gewünschten Margenkonstanz. Bemerkenswert ist, daß die Marge auch in der derzeitigen Niedrigzinsphase (Stand 11/96) nicht unter 4,5 % sinkt. Für die erwähnten bonifizierten Produkte ist die Kurve der Produktverzinsung parallel zur Kurve der Spareckzinsen, die Marge für diese Produkte ist entsprechend niedriger, aber ebenfalls nahezu konstant. Abbildung 2.5: Spareinlagen: Produktzins, Bewertungszins und Marge 8,0 Bewertungszins 7,0 6,0 Marge 5,0 4,0 3,0 Produktzins 2,0 1,0 0,0 85 86 87 88 89 90 91 92 93 94 95 96 97 Insgesamt kann also in historischer Betrachtung eine überzeugende Lösung gefunden werden. Ergebnisse der historischen Analyse für die Pilotsparkassen Im Rahmen der Machbarkeitsstudie wurden für die Pilotsparkassen Zeitreihen für die variablen Produkte aufgestellt, die die Zinsentwicklung für diese Produkte zeigen. Simulativ wurde für jedes variable Produkt das Mischungsverhältnis gleitender Durchschnitte ermittelt, das eine minimale Standardabweichung in der Marge aufweist. Die Standardabweichung ist ein Risikomaß dafür, wie die Marge gegenüber der Kalkulation schwanken kann. Diese Ergebnisschwankung kann bei Wie werden Cash-flow ermittelt? 77 der Risikoanalyse des Instituts und der Risikokapitalallokation berücksichtigt werden. Gleichzeitig wurde jeweils die Volumensentwicklung im betrachteten Zeitraum untersucht. Die Volumensschwankungen waren gering genug, um die Prämisse der Volumenskonstanz aufrechtzuerhalten. Wesentliche Erkenntnisse: 1. Die gefundenen Mischungsverhältnisse weisen durchgehend eine geringe Standardabweichung auf. 2. Die ermittelten Ergebnisse für die Mischungsverhältnisse unterscheiden sich teilweise für die beiden Pilotsparkassen. Sie unterscheiden sich auch von den Werten, die auf der Grundlage der Statistiken der Deutschen Bundesbank erstellt wurden (siehe oben). 3. Das Konzept bewährt sich also auch in der Praxis. Die ermittelten Mischungsverhältnisse können jedoch nicht ungeprüft auf andere Institute übertragen werden. Es ist zu erwarten, daß die Zinsanpassungspolitik je nach geschäftspolitischer Ausrichtung, Konkurrenzsituation oder vorwiegender Kundenschicht in der Vergangenheit unterschiedlich war und auch zukünftig unterschiedlich bleiben wird. Zu Einzelheiten wird auf den offenen Anhang I verwiesen. Bewertungszins als Neufestlegung von Produkt- und Konditionenpolitik Aufgrund von Vergangenheitsdaten ermittelte Ergebnisse sollten nicht kritiklos in die Zukunft übertragen werden. Vielmehr ist es unbedingt notwendig, sich gedanklich mit der zukünftigen Preispolitik zu beschäftigen und aus diesen Überlegungen heraus den Bewertungszins festzulegen. Nur wenn in der Zukunft wie in der Vergangenheit verfahren wird, verfahren werden kann und verfahren werden soll, kann ein individuell historisch vorliegender Bewertungszins unverändert in die Zukunft übernommen werden. In vielen Fällen bietet es sich aber an, die Festlegung des Bewertungszinses mit einer aktiven Produktpolitik und einer internen verpflichtenden Übereinkunft über die Zinsanpassungspolitik zu verbinden. Zu diesen Überlegungen wird ein Beispiel gebildet. Anschließend wird der allgemeine Prozeß der Festlegung des Bewertungszinses für variable Geschäfte dargestellt. Beispiel KK-Haben Historisch liegt der Guthabenzins für Kontokorrent im Haben bei »normalen« Konten zwischen 0 % und 0,5 %. Als Bewertungszins bietet sich also eine Mischung aus »langen« gleitenden Zinsen – vornehmlich dem gleitenden 10-Jahreszins – an, da 78 Wertorientierte Steuerung des Zinsänderungsrisikos dieser Zins am wenigsten schwankt und somit für die Marge das konstanteste Ergebnis liefert. Aufgrund des Vordringens von Geldmarktfonds, Kartenkonten und Direktbanken sind zwei Entwicklungen denkbar: Guthabenstände am Girokonto werden – jedenfalls ab bestimmten Guthabenständen – höher verzinst als bisher. Die neue Zinshöhe ist aber weitgehend unabhängig von der aktuellen Zinskondition für kurzlaufende Gelder. So könnte sich z. B. für KK-Haben ein Zins von 3 % bis 4 % einpendeln. Guthabenstände am Girokonto werden mit hohen Zinsschwankungen verzinst, wobei sich die Verzinsung an den Leitzinsen für kurzfristige Geldanlagen (Tagesgeld, Monatsgeld etc.) orientiert, die Anpassungen aber etwas träger erfolgen als die Zinsen für echte Termingelder. Im ersten Fall muß an der Bewertung mit langfristig gleitenden Sätzen nichts verändert werden. Es hat sich zwar die absolute Höhe der Guthabenzinsen verändert, nicht aber deren Trägheit. Die Marge verringert sich, der Bewertungszins bleibt hingegen unverändert. Wenn aber aufgrund des Vordringens von Geldmarktfonds die Sparkassen zu einer »geldmarktnahen« Verzinsung der Guthabensalden aus Konkurrenzgründen gezwungen werden, kann der gleitende 10-Jahresdurchschnitt als Bewertungszins nicht mehr verwendet werden. Es ist dann eine kürzere Disposition der Guthabenstände notwendig, im Extremfall kann nur noch mit Tagesgeld gearbeitet werden. Sollte dieser Extremfall eintreten, bedeutet aber auch die tägliche Anpassung der Zinsen für Haben Salden am Girokonto für die Bank kein Zinsänderungsrisiko mehr. Wenn eine Sparkasse also befürchtet, daß hinsichtlich der Zinspolitik für Guthabenstände am Girokonto in der Zukunft ein Wandel in der Anpassung der Zinsen einsetzt, dem sie sich nicht entziehen kann, so muß bereits heute das entsprechende Volumen anders – nämlich »kürzer« – bewertet werden. Hierbei kann gegebenenfalls nach Kundengruppen, Verwendungsarten des Girokontos oder Mindestvolumen für die Verzinsung unterschieden werden. Die entsprechenden Bestände erhalten hierbei je nach beabsichtigter Zinsanpassungspolitik unterschiedliche Bewertungszinsen. Die Festlegung des Bewertungszinses bietet also gleichzeitig die Chance, sich mit absehbaren oder befürchteten Entwicklungen auseinanderzusetzen und Strategien für die zukünftige Vorgehensweise zu überdenken. Allgemeiner Abstimmungsprozeß Die Festlegung des Bewertungszinses ist also nicht nur dem Disponenten oder Controller überlassen, sondern es muß zu einer Übereinkunft zwischen Vorstand, Disponenten und dem Marktbereich kommen. Der Marktbereich muß hierbei abschätzen, mit welcher Preispolitik (Zinsanpassung und Marge) er dem Disponenten ein Wie werden Cash-flow ermittelt? 79 hinreichend konstantes Volumen des betrachteten Produkts zur Verfügung stellen kann. Entsprechend verwendet der Disponent die entsprechenden Mittel und stellt dem Marktbereich den jeweiligen Bewertungszins zur Verfügung, der wiederum bei konstanter Marge für den Marktbereich die vereinbarte Preispolitik ermöglicht. Bei dieser gegenseitigen Abstimmung kann auch von Beginn an ein Aufbau oder Abbau des Volumens in festgelegter Weise erfolgen, nur muß diese Volumensvereinbarung vom Marktbereich bei der festgelegten Preispolitik bzw. beim festgelegten Bewertungszins auch eingehalten werden. Daß derartige Abstimmungsgespräche zwischen Markt und Disponenten wegen der hohen strategischen Bedeutung für die Sparkasse auf Vorstandsebene unter Beteiligung des Controllers geführt werden müssen, versteht sich von selbst. Letztlich entscheidet der Vorstand über die zukünftig beabsichtigte Zinsanpassungspolitik bzw. Preispolitik, die gleichzeitig eine Aussage über die geplanten Volumina beinhaltet. Alle Beteiligten sind dann an diese Übereinkunft gebunden. Zur Klarstellung sei an dieser Stelle nochmals darauf verwiesen, daß der Disponent auch von der vereinbarten Dispositionsmethode abweichen kann. Wie in Abschnitt 2.3.5 (gleitende Durchschnitte als Cash-flow) gezeigt wird, lassen sich die Cash-flow aus Festzinsgeschäften und variablen Geschäften zu einem Summen-Cash-flow addieren. Nur dieser summarische Cash-flow dient als Grundlage der Disposition. Hier können Zinsänderungsrisiken eingegangen werden, die letztlich einzelnen Positionen nicht mehr zuordenbar sind, aber auch nicht mehr zugeordnet werden müssen. Der Bewertungszins ist von der konkreten Disposition stets unabhängig, er entspricht der getroffenen Vereinbarung. Ist der Abstimmungsprozeß (vgl. schematische Darstellung in Abb. 2.6) erfolgreich abgeschlossen, hat die Festlegung eines Mischungsverhältnisses für die gleitenden Zinsen als Bewertungszins bis auf weiteres normierenden Charakter: Ist einmal ein Bewertungszins definiert, so ist damit eine Aussage über das Zinsanpassungsverhalten der Bank getroffen. Die benötigte Parallelität zwischen Marktzins und Kundenzins stellt sich automatisch ein. Zukünftige »historische« Untersuchungen werden dann das Ergebnis zeigen, das vorab abgesprochen war. Wenn es trotzdem zu Schwankungen der Marge kommt, so sind diese dem Marktbereich zuzuordnen, der die vereinbarte Absprache nicht einhalten konnte oder wollte. Abweichungen von der Volumensvorgabe sind wie in 2.3.6 zu behandeln. Letztlich wird der gesamte Bereich der variablen Produkte mit einer durchdachten und dokumentierten Geschäftspolitik ausgestattet. Ad-hoc-Entscheidungen ohne langfristige Planung werden nicht mehr getroffen. 80 Wertorientierte Steuerung des Zinsänderungsrisikos Abbildung 2.6 Abstimmungsprozeß bei variablen Produkten Vorstand, Produktbereich, Marketing und Controlling entscheiden über: Preispolitik Volumenspolitik Zinsanpassungspolitik: Zielmarge: Festlegung des Bewertungszinses als Mischungsverhältnis gleitender Durchschnitte Festlegung der Zielmarge je nach Kündigungsrechten und Mindestvolumen Volumen bzw. Volumensveränderung: Die Volumensentwicklung steht in direktem Zusammenhang mit der Preispolitik (Zinsanpassung und Marge) Die festgelegte Preis- und Volumenspolitik entscheidet über den Deckungsbeitrag der Produkte je Einzelvertrag und in Gesamtbetrachtung. Der Disponent wird bei den Beratungen hinzugezogen. Er prüft, ob die Bewertungszinsen sachlich richtig festgelegt sind und dispositiv ohne Zinsänderungsrisiken nachvollzogen werden können. Er zeigt die Konsequenzen für den Kundenzins bei alternativen Zinsszenarien auf. Der Disponent entscheidet über die konkrete Disposition der variablen Produkte unter Beachtung des Zinsänderungsrisikos. 2.3.5 Gleitende Durchschnitte als Cash-flow Der Vorschlag, variable Produkte mit Mischungen aus Gleitzinsen zu bewerten, kommt einer Abbildung der variablen Geschäfte in Festzinspositionen gleich. Die variablen Geschäfte können damit gemeinsam mit Festzinspositionen disponiert werden. Hierzu müssen die variablen Geschäfte in Zahlungsströme umgesetzt werden, damit eine Gesamtsummenbildung der Cash-flow über Festzinsen und variable Zinsen möglich ist. Dies ist einer der großen konzeptionellen und praktischen Vorteile der vorgeschlagenen Vorgehensweise. Die Methode zur Umsetzung eines gleitenden Bewertungszinses in einen Cash-flow kann einfach an einem Beispiel demonstriert werden. Beispiel Spareinlagen: Für Spareinlagen soll als Bewertungszins der Mischzins aus 5 % gleitendem DreiMonatssatz, jeweils 10 % gleitendem Ein-Jahressatz und Fünf-Jahressatz und 75 % gleitendem Zehn-Jahressatz festgelegt worden sein. Bei einem Volumen von 100 000 Einheiten entfallen also 5 000 auf den gleitenden Drei-Monatssatz 10 000 auf den gleitenden Ein-Jahressatz 10 000 auf den gleitenden Fünf-Jahressatz 75 000 auf den gleitenden Zehn-Jahressatz Wie werden Cash-flow ermittelt? 81 Die entsprechenden Volumina müssen nun entsprechend der gleitenden Disposition erneut in Schichten aufgeteilt werden: 5 000 in 3 Teile à 1666,67 mit Laufzeiten von 1 bis 3 Monaten 10 000 in 12 Teile à 833,33 mit Laufzeiten von 1 bis 12 Monaten 10 000 in 60 Teile à 166,67 mit Laufzeiten von 1 bis 60 Monaten 75 000 in 120 Teile à 625,00 mit Laufzeiten von 1 bis 120 Monaten Hinzu kommt der Zins, der im Beispiel mit 3 % angenommen wird. Hierbei wird stets der aktuelle Zins des variablen Geschäfts angesetzt. Die Spalte »Restkapital« in der untenstehenden Tabelle dient hierbei als Hilfsgröße zur Berechnung des Zinses. Durch Addition der jeweiligen Fälligkeiten und Hinzurechnung des Zinses wird der in Tabelle 2.7 dargestellte Cash-flow gewonnen: Tabelle 2.7 Cash-flow für Spareinlagen bei einem Volumen von 100 000 Einheiten Folgemonat Tilgungscashs Gleit. 3 M Gleit 1 J Gleit 5 J RestGleit 10 J kapital 0 Zins 3% Cash Gesamt 100 000,00 1 1 666,67 833,33 166,67 625,00 96 708,33 3 291,67 2 1 666,67 833,33 166,67 625,00 93 416,67 3 291,67 3 1 666,67 833,33 166,67 625,00 90 125,00 3 291,67 4 833,33 166,67 625,00 88 500,00 1 625,00 10 833,33 166,67 625,00 78 750,00 1 625,00 11 833,33 166,67 625,00 77 125,00 1 625,00 12 833,33 166,67 625,00 75 500,00 2 606,88 4 231,88 13 166,67 625,00 74 708,33 791,67 59 166,67 625,00 38 291,67 791,67 60 166,67 usw. usw. 625,00 37 500,00 1 279,38 61 625,00 36 875,00 2 071,04 625,00 62 625,00 36 250,00 625,00 118 625,00 1 250,00 625,00 119 625,00 625,00 120 625,00 0,00 usw. Summe 5 000,00 10 000,00 10 000,00 75 000,00 625,00 121,88 746,88 82 Wertorientierte Steuerung des Zinsänderungsrisikos Bei der Zinszahlung wird im Beispiel unterstellt, daß der Monat 12 mit dem Jahresende – dem Termin der Zinszahlungen bei Spareinlagen – zusammenfällt. Einen Monat später werden die im Monat 1 fälligen Tilgungen mit der jeweiligen Frist (3 Monate, 1 Jahr, 5 Jahre, 10 Jahre) wieder angelegt. Dadurch bleibt die Gesamtstruktur erhalten. Die Position für die Zinszahlung bleibt unverändert am Jahresende – jetzt dem Monat 11 – fixiert. Der aktuelle Produktzinssatz wird aktualisiert. Vereinfachend könnte auch monatlich der Zins in Höhe von 1/12 des Jahreszinses, bezogen auf das Restkapital, als Cash-flow eingetragen werden. 2.3.6 Vorgehensweise bei Bestandsänderungen Abbildung 2.7 Mögliche Ursachen für Bestandsänderungen Es lassen sich wegen der Kündigungsrechte der Kunden bei vielen variablen Produkten zufällige Schwankungen um einen Mittelwert im Volumen nicht vermeiden. Das Problem tritt besonders stark bei Kontokorrentkonten im Soll und Haben, aber auch – in geringerem Ausmaß – bei Spareinlagen und variablen Darlehen auf. Ein Volumenaufbau oder -abbau kann aber auch bewußt geplant werden. Auf diesen wichtigen Fall wurde bereits mehrfach verwiesen – er dürfte in der Praxis sehr häufig vorkommen. Die Volumensänderung ist also zwischen Marktbereich und Disposition abgesprochen. Schließlich kann der Marktbereich das Verhalten der Kunden falsch eingeschätzt haben. Die eingeschlagene Zinsanpassungspolitik führt dann dazu, daß wegen hoher Attraktivität der Zinsen ein Zustrom in das Produkt einsetzt oder aber – wegen zu geringer Zinsattraktivität – der Bestand schmilzt. Die bisherigen Überlegungen gehen davon aus, daß das Gesamtvolumen des betrachteten Produkts annähernd konstant ist. Die Festlegung des fiktiven Ablaufs und damit des Zinsanpassungsverhaltens bedeutet für den Marktbereich also auch dessen Zusage, mit diesem Zinsanpassungsverhalten das aktuelle Volumen zu erhalten. In der Praxis sind jedoch Volumensveränderungen die geplante oder ungeplante Regel. Mögliche Ursachen sind in Abbildung 2.7 beschrieben. Bei einem Volumenszuwachs kann die bereits erwähnte Startphase bis zum Erreichen des reinen gleitenden Durchschnitts nicht vernachlässigt werden. Ebenso müssen Überlegungen getroffen werden, wie ein Volumenabbau bewältigt werden kann. Die Abbildung 2.8 verdeutlicht, über alle Sparkassen aggregiert, die Volumensentwicklung der Spareinlagen in der Vergangenheit: Wie werden Cash-flow ermittelt? 83 Abbildung 2.8 Spareinlagenbestände am Jahresende seit 1981 in Mrd. DM (ab 1990 inkl. Ostdeutschland) 700 600 Summe 500 höher verzinst 400 300 200 normal verzinst 100 0 1981 1985 1990 1995 Rechentechnisch wird folgende Möglichkeit empfohlen, Volumensveränderungen zu berücksichtigen:1 Ausgleichszahlungen bei Volumensveränderungen Der Bewertungszins entspricht stets der definierten Mischung gleitender Durchschnitte. Bei einem Volumenszuwachs hat der Marktbereich eine Ausgleichszahlung – je nach Zinssituation positiv oder negativ – zu leisten, die die Effekte aus der Volumensveränderung kompensiert. Bei einer Volumensveränderung muß das hinzukommende oder wegfallende Volumen in Schichten entsprechend der Struktur des Ablaufs nach Bewertungszins angelegt bzw. refinanziert werden. Die Anlage ist aber nur zu Ist-Zinsen möglich, während im Bestand die historischen Zinsen gelten. Die Ausgleichszahlung ist also so zu bemessen, daß dadurch die Zinsdifferenz zwischen historischen Zinsen und IstZinsen barwertig ausgeglichen wird. Die Berechnung erfolgt nach den Grundsätzen der Berechnung von Vorfälligkeitszahlungen und entspricht letztlich der strukturkongruent ermittelten Ausgleichszahlung (nach gleicher Methode wie bei der Bestimmung des Margenbarwertes in Abschnitt 1.1.2.3). 1 Eine weitere Möglichkeit, bei der der Bewertungszins bei Volumensveränderungen ohne Ausgleichszahlung geändert wird, wird in Sievi, C.: Kalkulation und Disposition, Bretten 1995, S. 267 ff., diskutiert. 84 Wertorientierte Steuerung des Zinsänderungsrisikos Die Vorgehensweise wird an einem einfachen Beispiel in Abbildung 2.9 demonstriert: Beispiel: Als Bewertungszins sei der gleitende Vier-Jahreszins mit jährlichen Perioden (also Aufteilung des Gesamtbestandes in vier Abschnitte) festgelegt. In der folgenden Übersicht sind beispielhaft historische 4-Jahreszinssätze einer möglichen aktuellen IstZinssituation für die Laufzeiten 1– 4 Jahre gegenübergestellt: Abbildung 2.9 Historisch 4 Jahre: 6,00% Aktuell 1 Jahr: 8,00% Historisch 4 Jahre: 6,25% Aktuell 2 Jahre: 7,50% Historisch 4 Jahre: 6,75% Aktuell 3 Jahre: 7,25% Historisch 4 Jahre: 7,00% Aktuell 4 Jahre: 7,00% Historisch betrachtet war vor drei Jahren also eine Niedrigzinsphase. Der Zins für Vier-Jahresgeld ist kontinuierlich angestiegen, der aktuelle Vier-Jahressatz beträgt 7%. Der Bewertungszins in der aktuellen Periode ist der Durchschnitt der historischen Zinsen, also 6,5 %. Gleichzeitig haben sich die kürzeren Zinsen nach oben bewegt, es wird im Ist eine inverse Zinsstruktur unterstellt. Erfolgt nun ein Volumenaufbau oder Volumenabbau, so muß das betrachtete Volumen mit Ist-Zinsen disponiert werden. Die Veranlagung bzw. Refinanzierung soll aber den historischen Bewertungszins erbringen. Folglich ist eine barwertige Ausgleichszahlung nötig. Im Fortgang der beispielhaften Berechnung wird von einem Volumenaufbau von 10 Mio. DM ausgegangen. Es soll sich um ein variables Passivgeschäft handeln, so daß die Anlage dieser 10 Mio. gemäß der vorgegebenen Ablaufstruktur notwendig ist. Bei der Veranlagung müssen die historischen Zinsen erzielt werden, damit der Bewertungszins unverändert bleibt: Der Ausdruck in Abb. 2.9 zeigt die Berechnung für die Schicht mit 3 Jahren. Vorab sind die Ist-Zinsen als Bewertungszins im Programm eingegeben. Es wird vereinfachend ohne Geld/Brief-Differenz gearbeitet. Wie werden Cash-flow ermittelt? 85 Abbildung 2.10 Tilgungsfreie Darlehen *Strukt.kongr.* Da in der Drei-Jahresschicht laut historischem Zins ein Zins von 6,75 % erzielt werden muß, der aktuelle Zins aber bei 7,25 % liegt, kommt es bei unverändertem Bewertungszins zu einem Nutzen für die Disposition. Dieser Nutzen (32 535 DM) wird als Ausgleichszahlung an den Marktbereich weitergegeben. Die analoge Berechnung für alle Schichten bringt das Ergebnis in Tab. 2.8: Für den Volumenaufbau von 10 Mio. DM würde also die Disposition wegen der weit über dem Bewertungszins (6,5 %) liegenden Ist-Zinsen eine einmalige Ausgleichszahlung von 134 818 DM an den Marktbereich erbringen. Die Wirkung der Ausgleichszahlung für den Marktbereich ist zielkonform: Vereinbart ist das Halten des Volumens. Bei einem Passivprodukt hinkt in Zeiten gestiegener Zinsen der Bewertungszins hinter dem aktuellen Zins her. Die Kunden erhalten – gemessen an aktuellen Marktzinsen – einen zu niedrigen Zins. Die Zinsanpassung erfolgt aber durch die gleitende Durchschnittsbildung noch in einem Ausmaß, das die Kunden nicht verärgert und nicht zu erheblichen Umschichtungen in andere Produkte veranlaßt. Die Trägheit der Kunden entspricht gewissermaßen der Trägheit der Zinsanpassung, so daß die Volumenskonstanz gewährleistet ist. Gelingt es in dieser Situation dem Marktbereich, das Volumen zu steigern, liegt für die Bank ein Gesamtnutzen vor, der höher ist als die Marge, die dem Marktbereich als Differenz von Produktzins und Bewertungszins zugemessen wird. Folglich ist eine zusätzliche Ausgleichszahlung an den Marktbereich angebracht. 86 Wertorientierte Steuerung des Zinsänderungsrisikos Tabelle 2.8 Historischer Zins (4 Jahre) Ist-Zins für die Schicht Ausgleichszahlung DM 1 6,00 8,00 46 296,30 2 6,25 7,50 55 986,22 3 6,75 7,25 32 535,65 4 7,00 7,00 0,00 Schicht Restlaufzeit Jahre Summe 134 818,17 Der Marktbereich kann die Ausgleichszahlung im Rahmen der absatzpolitischen Überlegungen beliebig einsetzen, unter anderem für Werbemaßnahmen oder für eine Anhebung des Zinses bei den Kunden. Analoge Überlegungen in anderen Zinssituationen oder für Aktivprodukte zeigen, daß die Ausgleichszahlung stets zielkonform wirkt. Allgemein ist für die Berechnung der Ausgleichszahlung die Kenntnis des historischen Zinses notwendig. Allerdings können im System der Ausgleichszahlungen die historischen Volumina entfallen, da die Höhe der Ausgleichszahlung ausschließlich vom Änderungsvolumen – nicht vom historischen Volumen – abhängig ist. 2.3.7 Integrierte Betrachtung von Bewertungszins und Bestandsänderung Die bisherigen Überlegungen waren darauf abgestellt, unter der Prämisse eines konstanten Bestandes eine risikominimale Mischung gleitender Durchschnitte zu finden. Angesichts von in der Realität schwankenden Beständen ist zur Abbildung des Markterfolges die Berechnung von Ausgleichszahlungen notwendig. Es könnte sein, daß die Volumensänderungen bei bestimmten Produkten so hoch sind, daß durch die Ausgleichszahlung Ergebnisschwankungen im Markt auftreten, die der Zielsetzung eines konstanten Marktergebnisses widersprechen. Bei geplanten bzw. vom Marktbereich nicht beeinflußbaren Volumensveränderungen muß folglich für die Ermittlung einer geeigneten Mischung gleitender Durchschnitte folgende Zielfunktion in ihrer Schwankung minimiert werden: Zielfunktion zur Ermittlung einer geeigneten Mischung gleitender Durchschnitte: Festlegung der Mischung aus gleitenden Durchschnitten derart, daß die Summe aus laufenden Margen und den durch Volumensveränderungen bedingten Ausgleichszahlungen – also das Gesamtergebnis des Marktbereichs – möglichst konstant ist. Wie werden Cash-flow ermittelt? 87 Für die Optimierung der Mischungsverhältnisse aus gleitenden Durchschnitten gelten folgende Grundsätze: 1. Der gleitende Durchschnitt wird zunächst so bestimmt, daß ohne Berücksichtigung von Volumenschwankungen eine möglichst hohe Margenkonstanz erzielt wird. 2. Werden hohe Volumenschwankungen festgestellt, ist durch die Ausgleichszahlungen die Ergebniskonstanz für den Marktbereich nicht mehr gegeben. 3. Die Ausgleichszahlungen fallen um so höher aus, je »länger« der Bewertungszins gewählt wird, da längere Restlaufzeiten im Cash-flow höhere Kursschwankungen bedeuten. Umgekehrt verringert ein »kürzerer« Bewertungszins die Ausgleichszahlungen. Beim Tagesgeld als Bewertungszins entfallen die Ausgleichszahlungen vollständig. Es ist also nur sinnvoll, den Bewertungszins bei starken Volumenschwankungen – ausgehend vom Optimum ohne Volumenschwankungen – zu verkürzen. In der Regel kann dadurch ein neues Optimum gefunden werden. 4. Weisen für ein Produkt zwei Mischungen von gleitenden Durchschnitten ohne Berücksichtigung von Volumenschwankungen in etwa gleiche Margenkonstanz auf, so sollte – auch bei geringerer durchschnittlicher Marge – der »kürzeren« Mischung der Vorrang gegeben werden. Dadurch können Volumenschwankungen besser bewältigt werden. 5. Werden für zwei oder mehrere variable Produkte, die sich gegenseitig substituieren können, in etwa ähnliche Mischungsverhältnisse gleitender Durchschnitte gefunden, so ist es sinnvoll, für diese Produkte ein einheitliches Mischungsverhältnis festzulegen. Dadurch ist die Volumenskonstanz besser gewährleistet.1 Berechnungen, die Volumensveränderungen berücksichtigen, waren für die Pilotsparkassen nicht notwendig. Insbesondere im Sparbereich konnten mehrere Produkte mit ähnlicher Zinsanpassungspolitik zu einer Produktgruppe mit einheitlichem Bewertungszins zusammengefaßt werden. In einigen Fällen wurde bei in etwa gleicher 1 In Sparkassen existieren häufig Spareinlagen mit unterschiedlicher Namensgebung, die sich durch Kündigungsfristen, nominale Ausstattung und absolute Höhe des Zinses (inkl. Bonus) unterscheiden. Das Zinsanpassungsverhalten ist jedoch weitgehend gleich. Beispiele hierfür bilden Sparbücher mit unterschiedlicher Kündigungsfrist, Sparbücher mit dauerhafter Bonifizierung, deren Bonifizierungshöhe nicht vom Marktzinsniveau, sondern von der bisherigen Anlagedauer oder dem Anlagevolumen abhängt, der sog. »flexible Sparplan«, abhängt, der sog. »flexible Sparplan«. Die Anlageformen konkurrieren weitgehend um ähnliche Anlagemotive, so daß es zu Volumensverschiebungen zwischen ihnen kommen kann, ohne das Gesamtvolumen wesentlich zu verändern. Teilweise löst auch ein optisch »moderneres« Produkt ein »Altprodukt« ab, ohne substanziell an der Zinsanpassungspolitik etwas zu verändern. In diesen Fällen ist es wegen der dann höheren Volumenskonstanz günstiger, für die jeweilige Produktgruppe einen einheitlichen Bewertungszins festzulegen. 88 Wertorientierte Steuerung des Zinsänderungsrisikos Margenkonstanz der »kürzeren« Mischung der Vorrang gegeben. Angesichts dieser Vorgehensweise konnten die beobachteten Volumenschwankungen vernachlässigt werden. 2.4 Berücksichtigung von Kreditausfällen und Sondertilgungen In diesem Abschnitt wird gezeigt, wie erwartete Abweichungen vom vertragsgemäßen Zahlungsstrom bei der Ermittlung des Summen-Cash-flow der Bank berücksichtigt werden können. Derartige Abweichungen können insbesondere durch zulässige Sondertilgungen und Kreditausfälle entstehen. 2.4.1 Grundsätzliche Überlegungen Bei der Berücksichtigung erwarteter Abweichungen vom vertraglich vereinbarten Zahlungsstrom muß zunächst unterschieden werden, ob es sich um ein Festzinsgeschäft oder ein Geschäft mit variabler Verzinsung im Sinn von Abschnitt 2.3 handelt. Bei variablen Geschäften gehören Abweichungen von einem ursprünglichen Zahlungsplan zur Charakteristik des Geschäfts. Sie führen zu Volumensänderungen, die bereits in Abschnitt 2.3.6 behandelt wurden. Insofern ist hier keine weitere Erläuterung notwendig. Bei Festzinsgeschäften sind Änderungen im vereinbarten Zahlungsstrom grundsätzlich nicht mit den Eigenschaften von Festzinsgeschäften vereinbar. Dennoch lassen sich Modifizierungen des ursprünglichen Geschäftes und damit auch des Zahlungsstroms nicht immer vermeiden. Je nach Ursache der Änderungen ist eine unterschiedliche Vorgehensweise angebracht: (1) Sondertilgungen mit Anspruch auf Vorfälligkeitsentschädigung Sofern Sondertilgungen im Vertrag nicht ausdrücklich zugelassen sind, hat die Bank bei im Grundbuch gesicherten Festzinsgeschäften das Recht auf Vorfälligkeitsentschädigung1. Die Rechtsprechung geht dahin, daß die Bank so gestellt werden muß, als wäre der Vertrag unverändert fortgeführt worden (»vorzeitige Erfüllung« durch Sondertilgung). Somit dürfen und müssen derartige Sondertilgungen bei der Aufstellung des Summenzahlungsstroms nicht berücksichtigt werden. Einzelheiten zur Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung werden im Projektteil 2 erläutert. 1 Eine Ausnahme bilden Darlehen mit Zinsbindungen von mehr als 10 Jahren. Hier hat der Kunde ab dem zehnten Jahr nach vollständiger Auszahlung mit dreimonatiger Kündigungsfrist das Recht auf Sondertilgung. Dieser Fall ist wie unter dem nachfolgenden Punkt (2) zu behandeln. Wie werden Cash-flow ermittelt? 89 (2) Sondertilgung ohne Anspruch auf Vorfälligkeitsentschädigung; Ausübung nach Zinssituation Die Bank hat in zwei Fällen trotz Festzins keinen Anspruch auf Vorfälligkeitsentschädigung bei Sondertilgungen: Der erste Fall liegt vor, wenn die Bank trotz Sicherung des Kredits im Grundbuch Sondertilgungen auf die Gesamtsumme oder Teilsummen vertraglich geregelt zuläßt. Der zweite Fall liegt vor, wenn Kredite an natürliche Personen ohne beruflich bedingten Anlaß und ohne Sicherung im Grundbuch gegeben werden, z. B. Konsumentenkredite. Hier kann der Kunde nach einer Kündigungssperrfrist von sechs Monaten mit einer Frist von drei Monaten kündigen. In beiden Fällen handelt es sich um Optionsrechte des Kunden. Bei der Bewertung der Optionsrechte muß danach unterschieden werden, ob der Kunde primär sein Kündigungsrecht von der allgemeinen Zinssituation abhängig macht oder ob für den Kunden in erster Linie seine eigene Liquiditätssituation ausschlaggebend ist. Der Fall zinssituationsbezogener Sondertilgungen wird zuerst behandelt. Der Fall, daß der Kunde Sondertilgungen hauptsächlich entsprechend seiner individuellen Liquidität vornimmt, wird in Abschnitt (3) besprochen. Bei rationalem Verhalten und entsprechendem Zugang zum Markt wird der Kunde Sondertilgungen ausschließlich von der jeweils vorliegenden Zinssituation abhängig machen: Er wird das Kündigungsrecht dann ausüben, wenn der Zins für eine neue Kreditaufnahme niedriger ist als der Vertragszins. Ebenso wird er vorhandene Liquidität für Sondertilgungen verwenden, wenn der aktuelle Anlagezins unter dem Vertragszins liegt.1 In diesem Fall kann ein Sondertilgungsrecht wie eine Zinsoption bewertet werden. Entsprechend müssen die vorliegenden Kündigungsrechte rechnerisch vom Vertrag abgetrennt und gesondert bewertet werden. Der Summen-Cash-flow wird also so aufgestellt, als hätte der Kunde keine Sondertilgungsrechte. Die Sondertilgungsrechte müssen z.B. im Optionsbuch der Bank erfaßt und nach eigenen Methoden entsprechend der Art der gewährten Option bewertet werden. Einzelheiten sind in Abschnitt 5.2 skizziert. (3) Sondertilgung ohne Anspruch auf Vorfälligkeitsentschädigung, statistisches Verhalten des Kunden In vielen Fällen wird der Kunde rechtlich vorhandene oder zugebilligte Sondertilgungsrechte nur dann wahrnehmen, wenn er außerplanmäßig mehr Liquidität zur Verfügung hat, als ursprünglich bei Kreditvergabe kalkuliert. Eine Sondertilgung aus neu aufgenommenen Krediten ist wegen der wirtschaftlichen Situation des Kunden unwahrscheinlich, die entsprechenden Beträge sind zu klein, oder der Kunde erkennt diese Möglichkeit nicht. Er will vielmehr gespartes Geld oder außerplanmäßige Geld- 1 In beiden Fällen muß noch die steuerliche Situation berücksichtigt werden. 90 Wertorientierte Steuerung des Zinsänderungsrisikos zuflüsse zur Sondertilgung verwenden. Dies geschieht weitgehend unabhängig von der allgemeinen Zinssituation. Besonders bei Konsumentenkrediten leisten Kreditnehmer entsprechend der vorhandenen Liquidität Sondertilgungen bzw. lösen den Vertrag bei unerwartetem Geldzufluß vollständig auf. Die allgemeine Zinssituation spielt hierbei keine oder nur eine untergeordnete Rolle. In diesen Fällen versagt die klassische Optionspreistheorie, da dort der Auslöser für eine Ausübung der Option in der Zinssituation gesehen wird. Vielmehr ist ein statistischer Ansatz notwendig. Entsprechend der Höhe der statistisch erwarteten Sondertilgungen wird ein erwarteter Zahlungsstrom aufgestellt, der an die Stelle des Zahlungsstroms ohne Einbeziehung von Sondertilgungen tritt. Einzelheiten werden in Abschnitt 2.4.2 erläutert. (4) Kreditausfälle Bei Unternehmenskrediten können Änderungen im Zahlungsplan durch Kreditausfälle ebenfalls als Optionsrecht interpretiert werden: Der Unternehmer hat das Recht, der Bank sein Unternehmen zu übertragen. Er wird dies dann tun, wenn der Wert der Unternehmung unter der Restschuld des Kredits liegt. Sinkt z. B. der Firmenwert unter die Verschuldung der Firma, wird der Firmeninhaber der Bank seine Firma überlassen und sich dadurch von den Schulden befreien. Nach dieser Auffassung, bei der Kreditausfälle als Optionsrecht des Kunden betrachtet werden, wird das Optionsrecht entsprechend der Optionspreistheorie bewertet. Das Optionsrecht wird vom Zahlungsstrom abgetrennt und gesondert bewertet. Der Zahlungsstrom wird ohne erwartete Ausfälle aufgestellt und fließt unverändert in den Summenzahlungsstrom ein. Insofern deckt sich die Vorgehensweise mit der Vorgehensweise beim Sondertilgungsrecht mit Ausübung nach Zinssituation. Die Interpretation und rechnerische Verarbeitung von Kreditausfällen als Optionsrecht des Kunden ist jedoch nur eine mögliche Vorgehensweise zur Erfassung des Ausfallrisikos. Eine andere Möglichkeit ist die Anwendung statistischer Methoden. Hierbei wird ein gemäß Wahrscheinlichkeit erwarteter Zahlungsstrom »nach Ausfallrisiko« ermittelt. Die entsprechende Vorgehensweise ist in Abschnitt 2.4.3 dargestellt. 2.4.2 Cash-flow bei Sondertilgung ohne Anspruch auf Vorfälligkeitsentschädigung und statistischem Verhalten des Kunden Sind Sondertilgungen nur von der Liquiditätslage des Kunden abhängig, kann versucht werden, hierüber statistische Aussagen zu gewinnen. Hierbei ist es angebracht, nach Kreditarten zu unterscheiden. Am Beispiel von Konsumentenkrediten soll die Vorgehensweise erläutert werden. Die Sparkasse soll statistisch ermittelt haben, daß bei 100 Mio. Gesamtbestand der Konsumentenkredite jährlich 10 Mio. Sondertilgungen geleistet werden. Da weitere Untersuchungen zu aufwendig sind, wird angenommen, daß sich diese Sondertilgun- Wie werden Cash-flow ermittelt? 91 gen je Einzelvertrag gleichmäßig auf alle Jahre bzw. Monate der Laufzeit des Kredits verteilen. Somit ist nicht der Anteil der Sondertilgungen an der Kreditsumme, sondern an der Ratenhöhe maßgeblich. Bei einem Effektivzins von 10 % und einer vertragsgemäßen Kreditlaufzeit von 4 Jahren1 fallen für 100 Mio. Gesamtbestand monatlich 2 513711 DM an vertragsgemäßer Ratenhöhe an. Dies wäre – bei ausschließlich vierjähriger Laufzeit der Kredite – der Zahlungsstrom ohne Sondertilgungen. Da aber monatlich 10 Mio./12 = 833 333 DM an Sondertilgungen geleistet werden, beträgt die tatsächliche Ratenhöhe 3 347 044 DM pro Monat. Die Ratenhöhe ist also um 33,15 % höher als geplant. Mit dieser neuen Ratenhöhe verkürzt sich die Laufzeit des Konsumentenkredits von 48 Monaten auf 34,24 Monate. Dies ist der Cash-flow der Konsumentenkredite nach Sondertilgungen. Dieser Cash-flow wird in den Summenzahlungsstrom eingestellt. Treffen die erwarteten Sondertilgungen ein, bleibt dies für das Treasury ohne Auswirkungen, da alle Maßnahmen (zinsänderungsrisikofreie Absicherung des Cash-flow bzw. bewußtes Eingehen von Risiken) von Beginn an auf den Zahlungsstrom mit Sondertilgungen abgestellt wurden. Bei Abweichungen in der tatsächlichen Höhe der Sondertilgungen von den geplanten Sondertilgungen müßten eigentlich Ausgleichszahlungen (Vorfälligkeitsentschädigung bzw. Vorfälligkeitsnutzen) zwischen Marktbereich und Treasury fließen. Die entsprechende Datenhaltung und Berechnung ist jedoch in der Praxis in der Regel nicht gegeben. Auch dürfte das Ausmaß der entsprechenden Zahlungen nicht wesentlich sein. Deshalb wird in der derzeitigen Praxis hierauf verzichtet. 2.4.3 Cash-flow bei Kreditausfällen auf statistischer Basis Die Vorgehensweise zur Berücksichtigung von Kreditausfällen auf statistischer Basis soll an zwei Beispielen erläutert werden. Beispiel 1 Eine Bank vergibt ein tilgungsfreies gewerbliches Darlehen in Höhe von 100 000 DM mit 3 Jahren Zinsbindung. Der Nominalzins sei 10 % bei jährlicher Zinszahlung. Aus der Vergangenheit sollen im Wege statistischer Untersuchungen folgende Informationen über die Ausfallwahrscheinlichkeit bekannt sein: Im ersten Jahr fallen mit 1% Wahrscheinlichkeit Darlehen aus, wobei 70 % des Darlehens zurückgezahlt werden. Von den im ersten Jahr nicht ausgefallenen Krediten fallen im zweiten Jahr 2 % aus, wobei 60 % des Darlehens zurückgezahlt werden. 1 Die nachfolgende Berechnung mit nur einer Laufzeit von 4 Jahren ist nur beispielhaft zu verstehen. In der Praxis ist es notwendig, nach verschiedenen vertragsgemäßen Laufzeiten zu differenzieren. 92 Wertorientierte Steuerung des Zinsänderungsrisikos Von den im ersten und zweiten Jahr nicht ausgefallenen Krediten fallen im dritten Jahr 2,5 % aus, wobei 50 % des Darlehens zurückgezahlt werden. Die Zinsen werden bei Ausfall jeweils nicht bezahlt; alle Ausfälle werden vereinfachend am Jahresende angenommen. Die folgende Tabelle 2.9 zeigt die Vorgehensweise zur Berechnung des Cash-flow nach Ausfällen: Tabelle 2.9 Wahrscheinlichkeit Situation/ Ereignis Nebenrechnung Ergebnis Ausfall im Jahr 1 0,01 0,010000 70 000,00 0,00 0,00 Ausfall im Jahr 2 0,99 0,02 0,019800 10 000,00 60 000,00 0,00 Ausfall im Jahr 3 0,99 0,98 0,025 0,024255 10 000,00 10 000,00 50 000,00 0,99 0,98 0,975 0,945945 10 000,00 10 000,00 110 000,00 Kein Ausfall Summe Erwarteter Cash Cash Jahr 1 Cash Jahr 2 Cash Jahr 3 1,000000 Mit Wahrscheinlichkeit gewichteter Cash Ausfall im Jahr 1 700,00 0,00 0,00 Ausfall im Jahr 2 198,00 1 188,00 0,00 Ausfall im Jahr 3 242,55 242,55 1 212,75 Kein Ausfall 9 459,45 9 459,45 104 053,95 Erwarteter Cash = Summe 10 600,00 10 890,00 105 266,70 Bei der Berechnung ist insbesondere die Art der Ermittlung der Wahrscheinlichkeit für das Eintreten eines Ereignisses zu beachten. Die Berechnung wird für das Ereignis »Ausfall im Jahr 3« erläutert: Von den im ersten Jahr nicht ausgefallenen Krediten (Wahrscheinlichkeit 0,99) und auch im zweiten Jahr nicht ausgefallenen Krediten (Wahrscheinlichkeit 0,98) beträgt die Wahrscheinlichkeit für den Ausfall 0,025. Alle diese Wahrscheinlichkeiten müssen multipliziert werden, um die Wahrscheinlichkeit zu bestimmen, mit der das Ereignis »Ausfall im dritten Jahr« im Bezug zu allen möglichen Ereignissen auftritt. Mit dem Ergebnis (Wahrscheinlichkeit 0,024255) wird der entsprechende Cash-flow multipliziert. Im Ergebnis zeigt sich, daß der Cash-flow nach Ausfall nicht nur in der Summe kleiner, sondern auch erheblich nach vorne verlagert ist. Wie werden Cash-flow ermittelt? 93 Das Beispiel 1 erfordert exakte Aufstellungen nicht nur über die Wahrscheinlichkeit eines Ausfalls, sondern auch über die Höhe der dann noch zu erwartenden Zahlung. Häufig liegen derartige Informationen nicht vor. Im folgenden Beispiel 2 soll aus statistischen Unterlagen nur ablesbar sein, daß pro Jahr 1% der Kreditsumme durch Ausfälle verlorengeht. Die Zinsen sollen hierbei im Gegensatz zu Beispiel 1 noch bezahlt werden. Beispiel 2 Tilgungsfreies Darlehen wie in Beispiel 1. Kreditausfall pro Jahr 1% der Restschuld. Die Zinsen werden im Jahr des Ausfalls noch bezahlt. Im ersten Jahr fallen mit 1% Wahrscheinlichkeit Darlehen aus, wobei 70 % des Darlehens zurückgezahlt werden. Analog zur Berechnung in Beispiel 1 zeigt Tabelle 2.10 das Ergebnis. Tabelle 2.10 Wahrscheinlichkeit Situation/ Ereignis Nebenrechnung Ergebnis Ausfall im Jahr 1 0,01 0,010000 10 000,00 0,00 0,00 Ausfall im Jahr 2 0,99 0,01 0,009900 10 000,00 10 000,00 0,00 0,009801 10 000,00 10 000,00 10 000,00 0,970299 10 000,00 10 000,00 110 000,00 Ausfall im Jahr 3 0,99 0,99 0,01 Kein Ausfall 0,99 0,99 0,99 Summe Erwarteter Cash Cash Jahr 1 Cash Jahr 2 Cash Jahr 3 1,000000 Mit Wahrscheinlichkeit gewichteter Cash Ausfall im Jahr 1 100,00 0,00 Ausfall im Jahr 2 99,00 99,00 0,00 Ausfall im Jahr 3 98,01 98,01 98,01 9 702,99 9 702,99 106 732,89 10 000,00 9 900,00 106 830,90 Kein Ausfall Erwarteter Cash = Summe 0,00 Es ist also im Beispiel keinesfalls so, daß Cash-flow durch die Kreditausfälle gleichmäßig um 1000 DM pro Jahr reduziert wird. Wiederum ist eine Verlagerung des Cashflow nach »vorne« zu beobachten. Eine gleichmäßige Kürzung des Cash-flow um die erwartete Ausfallwahrscheinlichkeit kann lediglich als Näherung für dispositive Zwecke angesehen werden. 94 Wertorientierte Steuerung des Zinsänderungsrisikos Abschließende Bemerkungen Insgesamt ist nicht damit zu rechnen, daß durch Sondertilgungen und Kreditausfälle der Summenzahlungsstrom der Bank derart verändert wird, daß sich für die Beurteilung des Zinsänderungsrisikos und der gegebenenfalls zu treffenden Maßnahmen wesentliche Unterschiede ergeben. Deshalb werden derzeit in der Praxis Sondertilgungen und Kreditausfälle bei der Ermittlung des Summenzahlungsstroms überwiegend nicht berücksichtigt. 2.5 Welche Bilanzpositionen werden nicht in Cash-flow umgesetzt? Wie in Kapitel 1 erläutert, liegt der besondere Vorteil der Abbildung von Produkten durch Cash-flow in der Möglichkeit, Barwerte von Cash-flow zu berechnen und Aussagen über die Reaktion dieser Barwerte auf Zinsänderungen zu gewinnen. Wo aber Barwerte von Produkten direkt gegeben sind oder die Veränderung dieser Barwerte wesentlich von anderen Einflußgrößen als dem Zinsniveau abhängt, ist die Bildung von Cash-flow nicht sinnvoll. Immobilien, Aktien Die Risiken in diesen Bereichen hängen zwar in gewissem Ausmaß von der allgemeinen Zinsentwicklung ab, doch ist diese Einflußgröße von untergeordneter Bedeutung. Die Gewinnschwankungen bzw. Vermögensschwankungen von Aktienanlagen oder Anlagen in Immobilien können nur unzureichend aus der Zinsentwicklung erklärt werden. Also ist eine Umsetzung in einen Zahlungsstrom – die primär zur Analyse der Einflußgröße »Zins« auf das Ergebnis dient – nicht sinnvoll. Vielmehr werden die Positionen einzeln mit jeweiligen Marktpreisen und Marktvolatilitäten bewertet. Beteiligungen Sofern aus Beteiligungen vertraglich ein fester Zahlungsstrom fließt, sind diese wie Festzinsen (gegebenenfalls mit Optionsrechten) zu behandeln. Handelt es sich hingegen um Beteiligungen, bei denen die Ausschüttung vom Gewinn abhängt, so werden die Beteiligungen als eigene Vermögensposition geführt. Die Umsetzung in einen Cash-flow unterbleibt in diesem Fall. Andere Bilanzpositionen Auch alle anderen Bilanzpositionen wie z. B. Rückstellungen für Ausfälle und Pensionsrückstellungen werden nicht in Cash-flow umgesetzt. Entweder sind diese Positionen nur Gegenpositionen für die andere Bilanzseite und werden entsprechend dort real berücksichtigt (z. B. sind die Pensionsrückstellungen als Teil des Vermögens angelegt), oder die Position drückt unmittelbar ein erwartetes Risiko aus, das bei der Vermögensermittlung zu berücksichtigen ist. Wie werden Cash-flow ermittelt? 95 Eigenkapital Das bilanzielle Eigenkapital ist eine Kunstgröße, die nicht das wirkliche Vermögen der Bank widerspiegelt. Aus diesem Grund ist es nicht zielführend, etwa über die Gewinnansprüche der Eigentümer einen Cash-flow zu konstruieren. Unprodukte Unprodukte sind Produkte, die im System der Marktzinsmethode nicht kalkulierbar sind (z. B. Zinsbindung an Diskontsatz). Über die Erfassung von »Unprodukten« können keine generellen Aussagen gemacht werden. Im Einzelfall muß eine Lösung gefunden werden, die das Risiko möglichst gut abbildet. Gegebenenfalls ist eine separate Erfassung und Beurteilung angebracht, vor allem wenn die Unprodukte stark mit Optionen verwoben sind. Optionen Der Wert von Optionen hängt je nach Art der Option von unterschiedlichsten Einflußgrößen ab. Diese Einflußgrößen müssen systematisiert und in ihrer Auswirkung auf den Optionspreis analysiert werden. Einen Spezialfall bilden Optionen im Zinsbereich. Hier ist der Optionspreis zwar in jedem Fall zinsabhängig, doch ist der Zins nicht die einzige Einflußgröße auf den Wert der Option. Dieser wird wesentlich auch durch die Volatilität der Zinsen und die Restlaufzeit bis zum Verfallsdatum beeinflußt. Die hilfsweise Abbildung von Zinsoptionen als Cash-flow – die so aufgebaut werden, daß die Reaktion auf die Zinsänderung abgebildet wird – kann also nur als grobe Näherung gelten. Optionen müssen in ihrer Preisentwicklung simuliert werden. Die dort erzielten Ergebnisse werden selbstverständlich zwingend mit den Simulationsergebnissen für die Barwerte der Cash-flow (und anderen Simulationsergebnissen) zusammengeführt, wobei die jeweils gemeinsam betrachteten Szenarien konsistent konstruiert sein müssen. Lösungen für Optionen im Rahmen eines statistischen Value-at-Risk-Modells würden den Rahmen dieser »Machbarkeitsstudie« sprengen. Produkte, die mit Optionen gekoppelt sind Viele gängige Produkte des täglichen Bankgeschehens sind mit Optionen gekoppelt. Beispiele hierfür sind: Sondertilgungsrechte bei Festzinsprodukten während der Zinsbindungsdauer ohne Vorfälligkeitsentschädigung. Kündigungsrechte bei Festzinsprodukten auf der Passivseite (z. B. »Bundesschatzbriefe«). 96 Wertorientierte Steuerung des Zinsänderungsrisikos Festhalten der Kreditkondition für eine bestimmte Frist mit Abnahmerecht des Kunden (»Annahmeoption«). Kreditrahmen mit Festzins und freiem Abruf und Rückzahlungsrecht. Schließlich kann auch das Ausfallrisiko als ein Optionsrecht des Kunden interpretiert werden: Der Kunde dient das besicherte Objekt (bzw. die Firma) an, wenn der Wert des Objekts bzw. der Firma unter der Schuldensumme liegt. Bei allen Produkten, die mit Optionsrechten ausgestattet sind, müssen die entsprechenden Rechte vom Produkt abgetrennt und separat bewertet werden. Bei Produkten des Zinsgeschäfts wird also der Cash-flow so dargestellt, als wäre das Optionsrecht nicht vorhanden. Die so abgetrennten Optionsrechte werden wie reine Optionen (siehe oben) behandelt. Einbeziehung von ausgabewirksamen Kosten und Investitionen? Zielsetzung bei der Bildung des Summenzahlungsstroms ist es, die Einflüsse von Zinsänderungen auf den Wert des Zahlungsstromes zu analysieren und hieraus sinnvolle Maßnahmen zur Veränderung des Zahlungsstromes zu entwickeln. Zukünftige Einnahmen und Ausgaben, die nicht durch das Zinsgeschäft bedingt sind, wirken aber auf diesen Zahlungsstrom ebenso ein wie Einnahmen und Ausgaben aus dem Zinsgeschäft. Folglich sollten nach Möglichkeit wesentliche Ausgaben für Investitionen (z. B. Neubau von Filialen, betriebliche Investitionen mit wesentlicher Ausgabensumme) sowie heute bereits bekannte Ausschüttungen bzw. Kapitalzuführungen ebenfalls in den Summenzahlungsstrom einbezogen werden. Bei den Pilotsparkassen wurden die laufenden Kosten wegen des Arbeitsaufwandes nicht in den Cash-flow einbezogen. Wesentliche Investitionen wurden – sofern geplant – berücksichtigt. Fraglich ist grundsätzlich, ob sich die Berücksichtigung der laufenden ausgabewirksamen Kosten (z. B. Gehaltszahlungen, Mieten, Ausgaben für Material etc.) lohnt. Hierbei muß bedacht werden, daß die laufenden Kosten der Zukunft nicht nur aus dem heutigen Ist-Geschäft bestritten werden können, sondern vom Folgegeschäft mitgetragen werden müssen. Folglich müssen die genannten Kosten in der Zukunft nicht in vollem heutigen Ausmaß, sondern nur anteilig berücksichtigt werden. Einfach zu realisieren ist ein gleichmäßiger Abbau der Kosten in einer bestimmten Zeitspanne, betriebswirtschaftlich sinnvoller ist ein Abbau der Kosten entsprechend dem Abbau des Kapitals der Aktiv- und Passivseite. Für die Einbeziehung der laufenden Kosten spricht die höhere Genauigkeit bei der Bestimmung des Zinsänderungsrisikos. Gleichzeitig werden wichtige Daten für die Gelddisposition gewonnen. Gegen die Einbeziehung sprechen der erhöhte Arbeitsaufwand und die Unsicherheit darüber, wie der vorhandene Kostenblock rechnerisch abgebaut werden soll. Wie werden Cash-flow ermittelt? 97 Diese Fragestellungen können sukzessive im Rahmen der Einführung des hier vorgestellten Konzepts Berücksichtigung finden. Die Integration der einzelnen Vermögensbereiche wird im Abschnitt 5.3: »Sonstige Vermögensbestandteile – die Bank als Portfolio« diskutiert. 2.6 Der Summen-Cash-flow – Beispielsparkasse Das nachfolgende Beispiel soll für eine fiktive Sparkasse die vorausgehenden Überlegungen zur Ermittlung des Cash-flow verdeutlichen. Der so erzeugte Cash-flow wird in späteren Kapiteln durchgehend verwendet. Zur besseren Übersicht werden teilweise Vereinfachungen vorgenommen; insbesondere werden nicht alle Bilanzpositionen detailliert aufgeführt. Die Beispielsparkasse soll am Stichtag 30.12.96 folgende Bilanzstruktur (Tabelle 2.11) aufweisen: Tabelle 2.11 Bilanz per 30. 12. 96 Aktiva Passiva Position Mio. Position Mio. Darlehen an Kunden mit Festzins 1 750 Einlagen von Kunden mit Festzins 2 000 (inkl. Termingeld), Refinanzierungen mit Festzins bei Banken Depot A 1 000 Darlehen an Kunden mit variablem Zins 150 Spareinlagen 750 KK-Soll 400 KK-Haben 350 Zwischensumme Zinsgeschäft 3 300 3 100 Aktien 10 Rückstellungen 200 Beteiligungen 80 Eigenkapital (gesetzliche und freie Rücklagen) 200 Sonstiges (z. B. Inventar) 10 Immobilien 100 Bilanzsumme 3 500 2.6.1 3 500 Cash-flow der Festzinspositionen Wie in 2.1 erläutert, kann der Cash-flow des Festzinsgeschäfts mit Hilfe der Zinsbindungsbilanz ermittelt werden. Die Tabelle 2.12 zeigt die entsprechende Auswertung. 98 Wertorientierte Steuerung des Zinsänderungsrisikos Tabelle 2.12 Zinsbindungsbilanz und Cash-flow der Festzinsgeschäfte Kundengeschäft Festzins Aktiv Depot A Passiv Festzins Gesamtsumme Festzins (Kunden und Interbanken) (Überhänge Aktiv – Passiv) Mon. Stand Zins Tilg. Zins Stand Zins Tilg. Zins Stand Zins Tilg. Zins Stand Tilg. Zins Cash Mio. Mio. Mio. Mio. Mio. Mio. Mio. Mio. Mio. Mio. Mio. Mio. % % 1 000 6,75 % 2 000 6,10 Mio. 0 1 750 6,90 0 0 0 0 0 0 750 0 0 0 6 1 550 6,90 200 57 900 6,75 100 32 1 500 6,30 500 54 950 – 200 35 – 165 12 1 400 6,89 150 51 800 6,75 100 29 1 250 6,30 250 43 950 0 36 36 18 1 250 6,88 150 46 700 6,74 100 25 1 100 6,25 150 37 850 100 34 134 24 1 100 6,87 150 40 600 6,73 100 22 950 6,25 150 32 750 100 30 130 30 950 6,86 150 35 500 6,72 100 18 800 6,25 150 27 650 100 26 126 36 800 6,85 150 30 400 6,71 100 15 650 6,25 150 23 550 100 22 122 42 650 6,84 150 25 300 6,70 100 12 500 6,25 150 18 450 100 19 119 48 500 6,85 150 20 250 6,68 50 9 350 6,25 150 13 400 50 16 66 54 350 6,86 150 15 200 6,66 50 8 250 6,25 100 9 300 100 13 113 60 200 6,87 150 9 200 6,66 0 7 220 6,25 30 7 180 120 9 129 66 150 6,88 50 6 150 6,64 50 6 180 6,30 40 6 120 60 6 66 72 100 6,89 50 4 100 6,62 50 4 150 6,30 30 5 50 70 3 73 78 50 6,90 50 3 80 6,60 20 3 100 6,30 50 4 30 20 2 22 84 50 6,91 0 2 50 6,58 30 2 75 6,30 25 3 25 5 1 6 90 50 6,92 0 2 50 6,56 0 2 75 6,30 0 2 25 0 1 1 96 30 6,93 20 1 20 6,54 30 1 50 6,30 25 2 0 25 1 26 102 30 6,94 0 1 20 6,52 0 1 50 6,30 0 2 0 0 0 0 108 30 6,95 0 1 20 6,50 0 1 50 6,30 0 2 0 0 0 0 114 10 6,96 20 1 0 6,48 20 0 0 6,30 50 1 10 – 10 0 – 10 120 0 6,97 10 0 0 6,46 0 0 0 6,30 0 0 0 10 0 10 Erläuterungen Die weißen Felder können der Zinsbindungsbilanz entnommen werden. Die schattierten Felder sind Berechnungsergebnisse. Der besseren Übersichtlichkeit halber wird mit einem Raster von sechs Monaten gearbeitet. In der Praxis sollte – zumindest in den ersten Jahren – nach Möglichkeit ein engeres Raster verwendet werden. Die Möglichkeiten hierzu hängen von der Qualität der Zinsbindungsbilanz ab. Ergebnisse zur Qualität der vorliegenden Zinsbindungsbilanzen können dem Anhang entnommen werden. Wie werden Cash-flow ermittelt? 99 Im Gegensatz zur Berechnung in Abschnitt 2.1 wird hier der Zins in DM aus dem Mittelwert der Kapitalstände und aus dem gemittelten Zins berechnet. Beispielsweise errechnet sich der Zins für Depot A zum Zeitpunkt 66 Monate aus einem Kapital von 175 Mio. (Mittelwert von 200 und 150) sowie einem Zins von 6,65 % (Mittelwert von 6,66 und 6,64). 2.6.2 Cash-flow der variablen Positionen Für die variablen Geschäfte wird unterstellt, daß mit Hilfe der in 2.3 beschriebenen Methoden die in Tabelle 2.13 dargestellten Mischungsverhältnisse festgestellt wurden: Tabelle 2.13 Produkt Mischungsverhältnis gleitender Zinsen Aktueller Produktzins % Variable Darlehen an Kunden 60% gleitend 1 Jahr 40% gleitend 10 Jahre 6,00 Kontokorrent Soll 10 % 1 Monat 10% gleitend 3 Monate 80% gleitend 1 Jahr 8,25 Spareinlagen 15% gleitend 3 Monate 15% gleitend 1 Jahr 35% gleitend 5 Jahre 35% gleitend 10 Jahre 2,75 Kontokorrent Haben 20% gleitend 5 Jahre 80% gleitend 10 Jahre 0,50 Die Mischungsverhältnisse weichen damit teilweise erheblich von den festgestellten Mischungsverhältnissen auf Basis der Daten der Bundesbank ab. Dies wird besonders an den Spareinlagen sichtbar. Während in Abschnitt 2.3.4 für Spareinlagen nur ein Anteil von 5% des »gleitenden 3-Monatszinses« und von 75 % des »gleitenden 10Jahreszinses« ermittelt wurde, ist hier ein erheblich »kürzeres« Mischungsverhältnis gewählt. Dies wurde bei den Pilotsparkassen in ähnlicher Form beobachtet. Die Ursache hierfür ist sowohl eine höhere historisch festgestellte Zinsschwankung als auch die Befürchtung mangelnder Volumenskonstanz. An dieser Stelle sei nochmals angeführt, daß die Pilotsparkassen untereinander unterschiedliche Mischungsverhältnisse aufwiesen. Dies verdeutlicht, daß in der Praxis die »richtigen« Mischungsverhältnisse von jeder Sparkasse individuell ermittelt werden müssen. Eine Übernahme von Analyseergebnissen, unabhängig davon, ob diese von anderen Häusern oder auf aggregierter Ebene ermittelt wurden, kann zu Fehlsteuerungen führen. 100 Wertorientierte Steuerung des Zinsänderungsrisikos Aus den Mischungsverhältnissen, dem Startvolumen und dem Startzins läßt sich folgender Cash-flow, wie in den Tabellen 2.14 und 2.15 dargestellt, für die variablen Geschäfte ermitteln: Tabelle 2.14 Variable Aktiva Mon. Nr. 0 6 12 18 24 30 36 42 48 54 60 66 72 78 84 90 96 102 108 114 120 Variable Darlehen an Kunden Stand Zins Tilg. Zins Mio. % Mio. Mio. 150 6,00 0 0 102 6,00 48 4 54 6,00 48 2 51 6,00 3 2 3 48 6,00 1 3 45 6,00 1 3 42 6,00 1 3 39 6,00 1 3 36 6,00 1 3 33 6,00 1 3 30 6,00 1 3 27 6,00 1 3 24 6,00 1 3 21 6,00 1 3 18 6,00 1 3 15 6,00 0 12 6,00 3 0 9 6,00 3 0 6 6,00 0 3 3 6,00 0 3 6,00 0 0 3 Kontokorrent Soll Stand Zins Tilg. Mio. % Mio. 400 8,25 0 160 8,25 240 0 8,25 160 0 8,25 0 0 0 8,25 0 0 8,25 0 0 8,25 0 0 8,25 0 0 8,25 0 0 8,25 0 0 8,25 0 0 8,25 0 0 8,25 0 0 8,25 0 0 8,25 0 0 8,25 0 8,25 0 0 8,25 0 0 8,25 0 0 8,25 0 0 8,25 0 Zins Mio. 0 12 3 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 Summe variable Aktiva Stand Tilg. Zins Cash Mio. Mio. Mio. Mio. 550 0 0 0 262 288 15 303 54 208 6 214 51 3 2 5 3 48 4 1 45 3 4 1 42 3 4 1 39 4 3 1 36 4 3 1 33 4 3 1 30 4 3 1 27 4 3 1 24 4 3 1 21 4 3 1 18 4 3 1 15 3 3 0 12 3 3 0 9 3 3 0 6 3 3 0 3 3 3 0 0 3 3 0 Wie werden Cash-flow ermittelt? 101 Tabelle 2.15 Variable Passiva Mon. Nr. 0 6 12 18 24 30 36 42 48 54 60 66 72 78 84 90 96 102 108 114 120 Spareinlagen Stand Zins Mio. % 750 2,75 2,75 542 2,75 446 2,75 407 2,75 368 2,75 328 2,75 289 2,75 249 2,75 210 2,75 171 2,75 131 2,75 118 2,75 105 2,75 92 2,75 79 2,75 66 2,75 53 2,75 39 2,75 26 2,75 13 2,75 0 Tilg. Mio. 0 208 96 39 39 39 39 39 39 39 39 13 13 13 13 13 13 13 13 13 13 Zins Mio. 0 9 7 6 5 5 4 4 3 3 2 2 2 1 1 1 1 1 0 0 0 Kontokorrent Haben Stand Zins Tilg. Mio. % Mio. 350 0,50 0 0,50 329 21 0,50 21 308 0,50 21 287 0,50 21 266 0,50 21 245 0,50 21 224 0,50 21 203 0,50 21 182 0,50 21 161 0,50 21 140 0,50 14 126 0,50 14 112 0,50 14 98 0,50 14 84 0,50 14 70 0,50 14 56 0,50 14 42 0,50 14 28 0,50 14 14 0,50 14 0 Zins Mio. 0 1 1 1 1 1 1 1 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 Summe variable Passiva Stand Tilg. Zins Cash Mio. Mio. Mio. Mio. 1100 0 0 0 239 871 229 10 124 754 117 8 67 694 60 7 66 60 6 634 66 60 5 573 65 60 5 513 65 60 4 452 64 60 4 392 63 60 3 332 63 60 2 271 29 27 2 244 29 27 2 217 29 27 2 190 29 27 1 163 28 27 1 136 28 27 1 109 28 27 1 81 28 27 1 54 27 27 0 27 27 27 0 0 Erläuterungen Die weißen Felder sind Eingabefelder. Die schattierten Felder sind Berechnungsergebnisse, die sich aus dem angenommenen Mischungsverhältnis für die gleitenden Durchschnitte ergeben. Die Rechenlogik hierzu wurde in Abschnitt 2.3.5 dargestellt. Der besseren Übersichtlichkeit halber wird mit einem Raster von sechs Monaten gearbeitet. In der Praxis sollte bzw. kann problemlos mit einem monatlichen Raster gerechnet werden. Im Gegensatz zur Berechnung in Abschnitt 2.3.5 wird hier der Zins in DM aus dem Mittelwert der Kapitalstände (und aus dem gemittelten Zins) berechnet. Ferner wird vereinfachend eine halbjährliche Fälligkeit der Zinsen unterstellt. 102 2.6.3 Wertorientierte Steuerung des Zinsänderungsrisikos Summen-Cash-flow und Zinsüberschuß aus Ist-Geschäft Die Gesamtsumme über alle Positionen der Bank ergibt sich aus Tabelle 2.16. Tabelle 2.16 Mon. Nr. 0 6 12 18 24 30 36 42 48 54 60 66 72 78 84 90 96 102 108 114 120 Überhang Festzins Variable Aktiva Tilg. Mio. 0 –200 0 100 100 100 100 100 50 100 120 60 70 20 5 0 25 0 0 –10 0 Tilg. Mio. 0 288 208 3 3 3 3 3 3 3 3 3 3 3 3 3 3 3 3 3 3 Zins Mio. 0 35 36 34 30 26 22 19 16 13 9 6 3 2 1 1 1 0 0 0 0 Cash Mio. 0 –165 36 134 130 126 122 119 66 113 129 66 73 22 6 1 26 0 0 –10 10 Zins Mio. 0 15 6 2 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 0 0 0 0 0 0 Variable Passiva Cash Mio. 0 303 214 5 4 4 4 4 4 4 4 4 4 4 4 3 3 3 3 3 3 Tilg. Zins Mio. Mio. 0 0 229 10 8 117 7 60 6 60 5 60 5 60 4 60 4 60 3 60 2 60 2 27 2 27 2 27 1 27 1 27 1 27 1 27 1 27 0 27 0 27 Überhang Total (Aktiv – Passiv) Cash Tilg. Zins Cash Mio. Mio. Mio. Mio. 0 0 0 0 239 –141 40 –101 124 91 34 126 67 43 29 72 66 43 26 68 66 43 22 65 65 43 19 62 65 43 16 58 64 – 7 13 6 63 43 11 53 63 7 63 70 29 4 36 40 29 2 46 48 29 1 – 4 – 3 29 0 –19 –19 28 0 –24 –24 28 0 1 1 28 0 –24 –24 28 0 –24 –24 27 0 –34 –34 27 0 –14 –14 Die Gesamtübersicht in Abb. 2.11 zeigt deutlich, daß die ausschließliche Erfassung des Festzinsgeschäfts für die Ermittlung des Gesamtzahlungsstroms und damit des Zinsänderungsrisikos nicht ausreicht. Nur durch Einbeziehung des Zahlungsstromes der variablen Positionen wird z. B. deutlich, daß die Sparkasse im Bereich ab 6,5 Jahren Passiv-Überhänge ausweist. Diese sind im wesentlichen durch die variablen Passiva bedingt. Man beachte, daß es zum vorliegenden Ergebnis kommt, sogar wenn im Beispiel die Spareinlagen gegenüber den allgemein auf Basis von Bundesbankdaten ermittelten Mischungsverhältnissen deutlich »kürzer« bewertet werden. Das Vorliegen von Passiv-Überhängen in den »längeren« Fristen war für alle untersuchten Sparkassen grundsätzlich typisch, wobei Ausmaß und Beginn des PassivÜberhanges unterschiedlich ausfielen. Als Ursachen hierfür können folgende Gründe genannt werden: Wie kann mit Cash-flow gesteuert werden? 103 Abbildung 2.11 150 100 50 0 –50 –100 –150 –200 Juni Dez Juni Dez Juni Dez Juni Dez Juni Dez Juni Dez Juni Dez Juni Dez Juni Dez Juni Dez 97 97 98 98 99 99 00 00 01 01 02 02 03 03 04 04 05 05 06 06 Gesamt-Cash-flow variable Positionen Festzinspositionen Sparkassen sind im Kundengeschäft mit Zinsbindungen ab fünf Jahren traditionell eher zurückhaltend. Im Passivbereich sind langlaufende Sparbriefe unüblich. Darlehen mit Zinsbindungen von mehr als 5 Jahren werden teilweise an Landesbanken vermittelt. Bei eigener Vergabe von Darlehen mit langen Zinsbindungen werden diese häufig am Interbankenmarkt entsprechend refinanziert. Die Cash-flow der Festzinsgeschäfte mit Kunden sind entsprechend im Bereich von über 5 Jahren weitgehend ausgeglichen. Das Depot A weist in der derzeitigen Niedrigzinsphase in Erwartung steigender Zinsen ebenfalls wenige »lange« Restlaufzeiten auf. Die variablen Aktiva weisen häufig »kürzere« Mischungsverhältnisse als die variablen Passiva auf. Insbesondere die Spareinlagen und die Sichteinlagen können wegen der trägen Zinsanpassung bei entsprechender Volumenskonstanz als längerfristige Mischungen gleitender Durchschnitte abgebildet werden. Dadurch kommt es insgesamt zu dem beobachteten Passiv-Überhang in den längeren Fristen. 3 Wie kann mit Cash-flow gesteuert werden? In diesem Kapitel werden die verschiedenen Methoden, mit Hilfe von Cash-flow die Bank ergebniswirksam zu steuern, erläutert. Im Zentrum aller Methoden steht hierbei die Berechnung des Vermögens, das im Zinsgeschäft der Bank gebunden ist. Hiervon ausgehend sind barwertige Analysen und Analysen auf einen Planungshorizont mög- 104 Wertorientierte Steuerung des Zinsänderungsrisikos lich. Bei barwertigen Analysen wird untersucht, wie sich eine schockartige Zinsänderung am Interbankenmarkt auf das Vermögen auswirkt (»Over-night«-Veränderung). Bei Analysen auf Planungshorizont wird die durch Zeitablauf und Zinsänderungen induzierte Vermögensänderung innerhalb eines Zeitraums ermittelt. Während die barwertige Analyse Auskunft über das eingegangene aktuelle Risiko (»Over-night«Risiko) gibt, liefert die Analyse auf Planungshorizont das eingegangene Risiko und den damit erzielten bzw. erzielbaren Erfolg bis zu einem definierten Stichtag. Durch Maßnahmen zur Veränderung des Cash-flow oder sonstige dispositive Maßnahmen kann das berechnete barwertige Risiko verändert werden. Ebenso können durch entsprechende Maßnahmen sowohl Ergebnis wie Ergebnisschwankung am Planungshorizont verändert und damit Ergebnis und Risiko der Bank bewußt gesteuert werden. Abschließend wird gezeigt, wie mit Hilfe von Cash-flow bzw. der in ihnen enthaltenen Zinsen der Zinsüberschuß der Bank prognostiziert werden kann. 3.1 Vermögen im Zinsgeschäft 3.1.1 Grundsätzliche Überlegungen Der Summen-Cash-flow zeigt, zu welchen Zeitpunkten welche Zahlungen per Saldo aus der Bank fließen oder an die Bank zurückfließen. Diese Zahlungen können bzw. müssen von der Bank mit neuen Zinsen wieder angelegt bzw. refinanziert werden. Strukturkongruente Refinanzierung von neuen Geschäften Bereits in Kapitel 1 (Abschnitt 1.1.2.3) wurde der Begriff der »strukturkongruenten Refinanzierung« für ein neu abgeschlossenes Einzelgeschäft eingeführt.1 Hierbei werden zu einem Geschäft Gegengeschäfte so abgeschlossen, daß sich alle zukünftigen Zahlungen aus dem Geschäft und den Gegengeschäften gegenseitig aufheben. Nur am Ist-Zeitpunkt – dem Kalkulationsdatum – bleibt eine positive oder negative Differenz bestehen, die als Margenbarwert den Totalgewinn oder Totalverlust (ohne Kosten) aus dem Geschäft anzeigt. Die entsprechende Berechnung eignet sich hervorragend zur Bewertung bzw. Kalkulation von neu abzuschließenden Geschäften.2 Werden die entsprechenden Gegengeschäfte der »strukturkongruenten Refinanzierung« real durchgeführt, liegt der Margenbarwert als Kassenzufluß (bzw. Kassenabfluß) tatsächlich vor. Das Zinsände- 1 Der Begriff »strukturkongruente Refinanzierung« wird nicht nur für Aktivgeschäfte, sondern auch für Passivgeschäfte angewandt. Dort müßte eigentlich korrekt von »strukturkongruenter Anlage« gesprochen werden. 2 Einzelheiten werden im Projektteil 2 diskutiert. Wie kann mit Cash-flow gesteuert werden? 105 rungsrisiko ist ausgeschlossen, wenn man von der Notwendigkeit, den Margenbarwert wieder anzulegen, absieht. Wird das Geschäft von der Sparkasse nicht refinanziert (Verwendung von Eigenkapital) oder nicht strukturkongruent refinanziert, so bleibt für die Gesamtbank ein Zinsänderungsrisiko bzw. eine Zinsänderungschance. Der hieraus entstehende negative oder positive Zusatzerfolg wird als »Fristentransformationsbeitrag« oder »Strukturbeitrag« bezeichnet. Zu beachten ist, daß hierin auch ein eventueller Erfolg aus der Anlage des Eigenkapitals1 enthalten ist. Der »Fristentransformationsbeitrag« sollte nicht dem Geschäft selbst bzw. dem Marktbereich, der das Geschäft abgeschlossen hat, zugerechnet werden. Diese Erfolgskomponente wird durch die Stelle, die das Zinsänderungsrisiko der Bank steuert bzw. das Vermögen der Bank anlegt, verantwortet. Je nach Organisationsstruktur und -bezeichnung sind hierfür die »Zentraldisposition«, das »Treasury«, der Vorstand selbst oder mehrere Institutionen verantwortlich.2 Im folgenden soll hierfür vom »Treasury« gesprochen werden. Entsprechend muß der Erfolg diesen Stellen zugeordnet werden. Es wird ausdrücklich darauf hingewiesen, daß Einzelgeschäfte in aller Regel nicht sofort strukturkongruent refinanziert werden. Einerseits ist dies von der Größenordnung der Geschäfte her häufig unmöglich, andererseits will die Bank Zinsänderungschancen bewußt wahrnehmen. Dennoch ist die Bewertung der Geschäfte mit Hilfe des Margenbarwerts als Maßstab für den Erfolg der Marktbereiche äußerst sinnvoll, da dadurch der Erfolg des Marktbereichs unter Ausschluß des Zinsänderungsrisikos »fair« festgestellt werden kann.3 Die notwendige und geforderte Auftrennung der Erfolgskomponenten »Marktbereich« und »Treasury« gelingt auf diese Weise. Strukturkongruente Bewertung von bestehenden Geschäften Der obige Ansatz zur Bewertung neuer Geschäfte kann auf bestehende Geschäfte ausgeweitet werden. Hierbei liegt ein Teil des Zahlungsstromes des Geschäfts bereits in der Vergangenheit – z. B. die Auszahlung an den Kunden und die bereits geflossenen Rückzahlungsraten. Für die noch ausstehenden Zahlungen werden Gegengeschäfte in der Art abgeschlossen, daß sich die Zahlungsströme des Geschäfts und der Gegengeschäfte gegenseitig aufheben. Auch in diesem Fall entsteht am Ist-Zeitpunkt ein Kassenüberschuß oder ein Kassendefizit. Der entsprechende Wert ist nun aber nicht mehr der Margenbarwert, da ja ein Teil der Zahlungen des Geschäfts bereits geflossen 1 Im Fortgang wird gezeigt, daß eigentlich nicht vom Eigenkapital, sondern vom »Vermögen im Zinsgeschäft« gesprochen werden sollte. 2 Auf weitere Einzelheiten wird in Kapitel 6 eingegangen. Dort werden auch entsprechende Organisationsvorschläge unterbreitet. 3 Vgl. auch Projektteil 2 der Machbarkeitsstudie. 106 Wertorientierte Steuerung des Zinsänderungsrisikos ist und nicht mehr in die Berechnung eingeht. Vielmehr wurde der Wert des ausstehenden Zahlungsstromes als »Barwert« berechnet (siehe Abschnitt 1.1.2.2; Kalkulationsmethode analog Abschnitt 1.1.2.3). Bei Aktivgeschäften ist der Barwert positiv, bei Passivgeschäften negativ. Der strukturkongruent ermittelte Barwert des ausstehenden Zahlungsstroms eines Geschäfts kann wie folgt interpretiert werden: Führt die Bank die entsprechenden Gegengeschäfte tatsächlich durch, realisiert sie den Barwert des ausstehenden Zahlungsstromes. Dieser Barwert kann in gleicher oder anderer Weise wieder angelegt werden (positiver Barwert bei Aktivgeschäften) bzw. muß in gleicher oder anderer Weise refinanziert werden (negativer Barwert von Passivgeschäften). Der Barwert eines Geschäfts entspricht also dem Tauschpreis, zu dem der Cash-flow des Geschäfts in einen beliebigen anderen Cash-flow mit gleichem Barwert transferiert werden kann. Hierbei bleibt (bis auf Geld/BriefDifferenzen) der Wert des Geschäfts erhalten, das Zinsänderungsrisiko verändert sich jedoch. Bei dieser Betrachtung muß strikt zwischen dem Cash-flow des Geschäfts und dem Geschäft selbst unterschieden werden: Der zum Geschäft gehörende Cashflow kann jederzeit durch strukturkongruente Refinanzierung als Barwert realisiert werden. Das Geschäft selbst beinhaltet möglicherweise weitere Kosten- und Erlösbestandteile, die in dem – nach den Prinzipien des Kapitels 2 aufgestellten – Cashflow des Geschäfts nicht enthalten sind. Beispiele hierfür sind: – Verwaltungskosten, – Kostenkomponenten zur Deckung der Ausfallrisiken, – Grundsatzkosten, – Wert des Kundengeschäfts (Chancen auf Folgegeschäfte), – Komponenten, die das Risiko potentieller Schwankungen der veranschlagten Kosten und Erlöse abdecken. Wird nicht nur der Cash-flow des Geschäfts, sondern das Geschäft selbst am Markt verkauft, wirken sich diese Zusatzkomponenten auf den am Markt erzielbaren Preis aus.1 Werden für ein bestehendes Geschäft keine Gegengeschäfte abgeschlossen, so entspricht dies der Anlage des Barwerts in dem Cash-flow des vorhandenen Geschäfts. Wurden zu dem Cash-flow eines Geschäfts bereits bei Neuabschluß die strukturkongruenten Gegengeschäfte abgeschlossen und damit der Margenbarwert realisiert, so könnten nun zu dem Geschäft selbst, zu den Gegengeschäften oder sowohl zum Geschäft als auch den Gegengeschäften erneut Gegengeschäfte abgeschlossen 1 Vgl. hierzu auch die entsprechenden Ausführungen in Abschnitt 1.2 und 1.3. Wie kann mit Cash-flow gesteuert werden? 107 werden. Im ersten Fall bleiben im Endeffekt nur die Restzahlungsströme der ursprünglichen Gegengeschäfte übrig. Im zweiten Fall verbleibt der Restzahlungsstrom des Ursprungsgeschäfts. Der dritte Fall ist betriebswirtschaftlich sinnlos, da ohne Veränderung der Zahlungsströme nur Geld/Brief-Differenzen erzeugt werden. Bei »handelbaren« Geschäften (Wertpapieren, Finanzinnovationen) entspricht der Barwert dem Preis, der am Interbankenmarkt für den Cash-flow des Geschäfts erzielbar ist (»Marktwert«). Sind mit dem Geschäft zusätzlich zum betrachteten Cash-flow weitere Kosten oder Erlöskomponenten verbunden, die nicht im betrachteten Cash-flow enthalten sind, so fließen diese Komponenten zusätzlich in den Marktpreis ein. Es muß natürlich vorausgesetzt werden, daß – bis auf Geld/ Brief-Differenzen – »fair« ohne Marge gehandelt wird. Im Fall der vorzeitigen Rückzahlung von Darlehen bedeutet eine Zahlung in Höhe des Barwertes durch den Kunden, daß die Bank nach Ablösung genau so gestellt ist wie vor Ablösung (ohne Berücksichtigung des entfallenden Risikos und eventuell entfallender Kosten). Da der Barwert in der Regel mit der aktuellen Restschuld des Darlehens nicht übereinstimmt, muß der Kunde bei einer Ablösung nicht nur die Restschuld zurückführen. Liegt der Barwert über der Restschuld, muß die Differenz als »Vorfälligkeitsentschädigung« an die Bank gezahlt werden. Liegt der Barwert unter der Restschuld, ist die Bank juristisch nicht zu einer Erstattung verpflichtet. Sie könnte aber den entsprechenden Differenzbetrag an den Kunden auszahlen, ohne durch die Ablösung einen wirtschaftlichen Schaden zu erleiden. Beim Forderungsverkauf von Darlehen bestehen folgende Möglichkeiten: Die Bank behält das Darlehen im eigenen Bestand (Verwaltungskosten werden selbst getragen) und trägt das Ausfallrisiko selbst. Verkauft wird nur der Cash-flow des Darlehens, der für den Käufer damit sicher ist. Dann kann als Kaufpreis der Barwert realisiert werden. Übernimmt die kaufende Bank die Verwaltung des Darlehens und das Ausfallrisiko, so reduziert sich der Kaufpreis um die erwarteten bzw. potentiellen Kosten und Ausfälle. Alle Interpretationen zeigen, daß der Barwert der ausstehenden Cash-flow eines Geschäfts das »Zinsvermögen« (im folgendem kurz »Vermögen«) ist, das in diesem Geschäft gebunden ist. Es kann sich hierbei um positives Vermögen (Restzahlungsstrom von Aktivgeschäften) oder negatives Vermögen (reale Schulden, Restzahlungsstrom von Passivgeschäften) handeln.1 1 Um Mißverständnisse zu vermeiden, sollte noch einmal klargestellt werden, daß sich in diesen Ausführungen der Begriff des »Vermögens« nur auf den Wert der Cash-flow selbst bezieht, nicht jedoch auf die Zusatzeffekte, die möglicherweise mit dem Geschäft verbunden sind (Verwaltung, Ausfallrisiken, … s. o.). 108 Wertorientierte Steuerung des Zinsänderungsrisikos Dieses Vermögen ist im Cash-flow der Ist-Geschäfte angelegt. Das Vermögen kann aber jederzeit anders angelegt werden, indem der Zahlungsstrom strukturkongruent refinanziert und der entstehende Barwert in beliebigen anderen Geschäften bzw. Fristen erneut angelegt wird. Damit Geld/Brief-Differenzen und eine unnötige Aufblähung der Bilanzsumme vermieden werden, können hierbei Geschäfte, die zunächst zur strukturkongruenten Refinanzierung und danach zur Wiederanlage des Vermögens benötigt werden, von Beginn an unterbleiben. Das (Zins-)Vermögen ist also gleichzeitig der Tauschpreis, zu dem der Cash-flow in beliebige andere Cash-flow des gleichen Wertes getauscht werden kann. Strukturkongruente Bewertung des Summenzahlungsstroms Für eine Institutsanalyse liegt es nahe, sich nicht auf die strukturkongruente Bewertung einzelner Geschäfte zu beschränken, sondern die Bewertung aller bestehenden Geschäfte durchzuführen. Bei neu abgeschlossenen Geschäften erhält man auf diese Weise den Margenbarwert, bei laufenden Geschäften den Barwert der ausstehenden Zahlungsströme (positiv oder negativ). Zu beachten ist, daß nicht nur die Kundengeschäfte, sondern auch alle Interbankengeschäfte – insbesondere also auch die wirklich durchgeführten Gegengeschäfte zu anderen Geschäften – bewertet werden. Entsprechend der obigen Interpretation gibt die Summe über alle derart berechneten Barwerte (bzw. Margenbarwerte) an, welches Vermögen derzeit im Cash-flow der Zinsgeschäfte gebunden ist. Die Bewertung jedes einzelnen Geschäftes ist arbeitsaufwendig, unübersichtlich und wenig sinnvoll. Letztlich kommt es auf das summarische Endergebnis für das Vermögen an. Hierzu kann auf den Summenzahlungsstrom für die Gesamtbank zurückgegriffen werden. In diesem sind alle Zahlungsströme der Einzelgeschäfte enthalten. Der strukturkongruente Barwert des Summenzahlungsstroms entspricht bis auf Geld/Brief-Differenzen der Summe der Barwerte der Cash-flow der Einzelgeschäfte. Geld/Brief-Differenzen entstehen, da sich einzelne Geschäfte im Summenzahlungsstrom gegenseitig aufheben und dadurch – im Gegensatz zur Einzelbewertung – entsprechende Gegengeschäfte unterbleiben können.1 Somit liegen folgende Endergebnisse vor: Die Summe der Barwerte der Cash-flow aller Einzelgeschäfte ist – bis auf Geld/Brief-Differenzen – dem Barwert des Summenzahlungsstroms gleich. Der Barwert des Summenzahlungsstroms entspricht dem (Zins-)Vermögen, das in den Cash-flow der Zinsgeschäfte der Bank gebunden ist. 1 Auch zur Vermeidung überflüssiger Geld/Brief-Differenzen ist der Summenzahlungsstrom die korrekte dispositive Meßlatte. Wie kann mit Cash-flow gesteuert werden? 109 Das im Zinsgeschäft gebundene Vermögen ist in den Cash-flow der bestehenden Zinsgeschäfte angelegt. Das Vermögen im Zinsgeschäft kann jederzeit in anderen Cash-flow angelegt werden, indem die strukturkongruente Refinanzierung ganz oder teilweise durchgeführt wird und der so in der Kasse entstehende Wert strukturell neu angelegt wird. 3.1.2 Vermögen der Beispielsparkasse Die obigen Überlegungen werden anhand der »Beispielsparkasse« aus Abschnitt 2.5 demonstriert. Hierzu wird zunächst die Zinsstruktur am Kalkulationsdatum festgelegt, in Tab. 3.1 im Detail dokumentiert und in Abb. 3.1 visuell dargestellt. Zinsstruktur Datum: Kalkulationsdatum: Valutadatum: Uhrzeit der Zinsstruktur: Währung: Finanzplatz: Teilmarkt: Bemerkung: Interpolationsart: Abschlag Geldmarkt: Abschlag Kapitalmarkt: 30.12.1996 30.12.1996 03.01.1997 13,02 DEM Frankfurt IB dsgv usancenkonform linear 0,100 % 0,050 % 110 Wertorientierte Steuerung des Zinsänderungsrisikos Tabelle 3.1 Zinssätze zur Zinsstruktur Laufzeit Fällig am Laufzeit Nominal Rendite in Jahren Brief Brief Zinsusance Kupontyp Stückzinstyp Kup. p. a. BriefKurs Tagesgeld 02.01.1997 – 0,00 3,0000 3,0450 Kal/360 long ohne 1 100,0000 Tom/Next 03.01.1997 0,00 3,0000 3,0453 Kal/360 long ohne 1 100,0000 Spot/Next 06.01.1997 0,01 3,0000 3,0450 Kal/360 long ohne 1 100,0000 1 Monat 03.02.1997 0,08 3,0000 3,0414 Kal/360 long ohne 1 100,0000 2 Monate 03.03.1997 0,17 3,0500 3,0891 Kal/360 long ohne 1 100,0000 3 Monate 03.04.1997 0,25 3,1000 3,1362 Kal/360 long ohne 1 100,0000 6 Monate 03.07.1997 0,50 3,2000 3,2255 Kal/360 long ohne 1 100,0000 9 Monate 06.10.1997 0,76 3,2500 3,2623 Kal/360 long ohne 1 100,0000 05.01.1998 1,01 3,2997 3,3000 30/360 norm ohne 1 100,0000 2 Jahre 04.01.1999 2,00 3,6999 3,7000 30/360 norm ohne 1 100,0000 3 Jahre 03.01.2000 3,00 4,1000 4,1000 30/360 norm ohne 1 100,0000 4 Jahre 03.01.2001 4,00 4,5000 4,5000 30/360 norm ohne 1 100,0000 5 Jahre 03.01.2002 5,00 4,9000 4,9000 30/360 norm ohne 1 100,0000 6 Jahre 03.01.2003 6,00 5,2000 5,2000 30/360 norm ohne 1 100,0000 7 Jahre 05.01.2004 7,01 5,5499 5,5500 30/360 norm ohne 1 100,0000 8 Jahre 03.01.2005 8,00 5,8500 5,8500 30/360 norm ohne 1 100,0000 1 Jahr 9 Jahre 03.01.2006 9,00 5,9500 5,9500 30/360 norm ohne 1 100,0000 10 Jahre 03.01.2007 10,00 6,0000 6,0000 30/360 norm ohne 1 100,0000 15 Jahre 03.01.2012 15,00 6,2500 6,2500 30/360 norm ohne 1 100,0000 Hinweise Die Zinsstruktur wird durch die Zinssätze für die »Standardlaufzeiten« am Interbankenmarkt bestimmt. In der obigen Tabelle sind die wichtigsten Standardlaufzeiten mit ihren jeweiligen Fälligkeiten angegeben. Hierbei ist zu beachten, daß Fälligkeitstermine nur an Bankarbeitstagen liegen können. Laufzeitbeginn für die Standardlaufzeiten »Tagesgeld« ist das Kalkulationsdatum (hier 30.12. 96). »Tomorrow/Next« beginnt am Fälligkeitstermin des Tagesgeldes. Alle anderen Standardlaufzeiten beginnen am Fälligkeitstermin von »Tomorrow/Next«, also zwei Bankarbeitstage nach dem Kalkulationsdatum (hier 3.1. 97). Im Beispiel wird mit einer pauschalen Geld/Brief-Differenz für den Geldmarkt (0,100 %) und den Kapitalmarkt (0,050 %) gearbeitet. Die Tabellenwerte der Tabelle 3.1 sind Briefsätze. Die Geldsätze sind entsprechend niedriger. Wie kann mit Cash-flow gesteuert werden? 111 Die Zinssätze für weitere Laufzeiten werden linear interpoliert. Einzelheiten werden im Projektteil 2 (Kalkulation) erläutert. Rendite in % Abbildung 3.1: Aktuelles Zinsniveau 6,5 6,0 5,5 5,0 4,5 4,0 3,5 3,0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 15 Restlaufzeit Strukturkongruente Refinanzierung und Barwert des Summen-Cash-flow Die Übersicht in Tabelle 3.2 zeigt die strukturkongruente Refinanzierung mit der obigen Zinsstruktur für den Summen-Cash-flow der »Beispielsparkasse«. Der SummenCash-flow (Spalte = Bewegung) wurde hierbei der Tabelle aus Abschnitt 2.5.3 entnommen. 112 Wertorientierte Steuerung des Zinsänderungsrisikos Tabelle 3.2 von bis 30. 12. 1996 02. 01. 1997 03. 01. 1997 03. 01. 1997 03. 01. 1997 03. 01. 1997 03. 01. 1997 03. 01. 1997 03. 01. 1997 03. 01. 1997 03. 01. 1997 03. 01. 1997 03. 01. 1997 03. 01. 1997 03. 01. 1997 03. 01. 1997 03. 01. 1997 03. 01. 1997 03. 01. 1997 03. 01. 1997 03. 01. 1997 03. 01. 1997 02. 01. 1997 03. 01. 1997 0,01 03. 07. 1997 0,50 03. 01. 1998 1,00 03. 07. 1998 1,50 03. 01. 1999 2,00 03. 07. 1999 2,50 03. 01. 2000 3,00 03. 07. 2000 3,50 03. 01. 2001 4,00 03. 07. 2001 4,50 03. 01. 2002 5,00 03. 07. 2002 5,50 03. 01. 2003 6,00 03. 07. 2003 6,50 03. 01. 2004 7,00 03. 07. 2004 7,50 03. 01. 2005 8,00 03. 07. 2005 8,50 03. 01. 2006 9,00 03. 07. 2006 9,50 03. 01. 2007 10,00 Lfz. Rendite 3,045 3,045 3,124 3,300 3,498 3,699 3,899 4,100 4,300 4,500 4,700 4,900 5,050 5,200 5,374 5,498 5,649 5,850 5,850 5,900 5,925 5,950 Kurs plus Stückzins 100,000 100,000 100,000 99,997 100,014 100,000 100,018 100,000 100,022 100,000 100,026 100,000 100,030 100,000 100,034 99,999 100,037 100,000 100,040 100,000 100,041 100,000 Zins 3,000 3,000 3,100 3,297 3,498 3,699 3,899 4,100 4,300 4,500 4,700 4,900 5,050 5,200 5,374 5,498 5,649 5,850 5,850 5,900 5,925 5,950 Nennwert Kassenzufluß 400,75 400,75 400,79 400,79 – 103,09 – 103,09 114,55 114,55 64,61 64,62 60,33 60,33 59,87 59,88 56,56 56,56 55,21 55,22 2,88 2,88 52,58 52,60 67,01 67,01 42,05 42,07 48,29 48,29 1,18 1,18 – 16,20 – 16,20 – 19,76 – 19,77 2,91 – 2,91 – 20,88 – 20,89 – 21,92 – 21,92 – 32,10 – 32,11 – 13,21 – 13,21 Bewegung – 101,00 126,00 72,00 68,00 65,00 62,00 58,00 6,00 53,00 70,00 40,00 48,00 – 3,00 – 19,00 – 24,00 1,00 – 24,00 – 24,00 – 34,00 – 14,00 Erläuterungen Laufzeit – von, bis, Lfz. Die Spalten geben das Datum des Laufzeitbeginns und des Laufzeitendes des jeweiligen Refinanzierungsmittels an. Zusätzlich wird die Laufzeit in Jahren genannt. Rendite Rendite des Wertpapiers nach exponentieller Methode (AIBD/ISMA). Einzelheiten zur Renditedefinition werden in Projektteil 2 (Kalkulation) erläutert. Bei Laufzeiten, die nicht den Standardlaufzeiten entsprechen (siehe oben), handelt es sich um interpolierte Werte. Einzelheiten hierzu und verschiedene Interpolationsmethoden werden in Projektteil 2 erläutert. Je nachdem, ob es sich um eine Anlage (negatives Vorzeichen in Spalte »Nennwert«) oder eine Refinanzierung (positives Vorzeichen in Spalte »Nennwert«) handelt, ist der Geldsatz bzw. der Briefsatz angegeben. Wie kann mit Cash-flow gesteuert werden? 113 Kurs plus Stückzins Entscheidend für die strukturkongruente Refinanzierung ist der Cash-flow der verwendeten Interbankenpapiere. Es ist also nicht der Kurs, sondern der Kaufpreis inkl. Stückzinsen entscheidend. Zins Nominalzins des verwendeten Interbankenpapiers. Einzelheiten werden in Projektteil 2 erläutert. Nennwert Nominalwert des Refinanzierungs- bzw. Anlagevolumens in der jeweiligen Frist. Das Volumen ist so berechnet, daß der Summen-Cash-flow der Refinanzierung bzw. Anlage mit dem Cash-flow laut Spalte »Bewegung« übereinstimmt. Die Bank müßte zur Realisierung des Barwerts mit Fristen von einem Jahr bis zu sechs Jahren Refinanzierungsmittel in der angegebenen Höhe aufnehmen. Gleichzeitig müßte sie auf ein halbes Jahr und im Bereich von 6,5 Jahren bis 10 Jahren Anlagen tätigen. Damit stünde der Barwert mit Valuta 2 Tage zur Verfügung. Die beiden Refinanzierungen mit jeweils 1 Tag Frist (Tagesgeld und Tomorrow/Next) holen diesen Barwert in die Kasse per 30.12.96. Einzelheiten werden in Projektteil 2 erläutert. Kassenzufluß Kassenzufluß bzw. Kassenabfluß, der durch das jeweilige Papier der »strukturkongruenten Refinanzierung« bewirkt wird. Sofern die Größe »Kurs + Stückzins« gleich 100 % ist, stimmen Nennwert und Kassenzufluß überein. In allen anderen Fällen ist der Kassenzufluß gleich dem Nennwert multipliziert mit »Kurs + Stückzins«. Bewegung Zu bewertender Cash-flow. Im Beispiel liegt der Summen-Cash-flow der »Beispielsparkasse« als Cash-flow vor. Die Berechnung ergibt, daß durch die strukturkongruente Refinanzierung per 30.12. 96 ein Kassenzufluß von 400,75 Mio. entsteht. Dies ist entsprechend der obigen allgemeinen Überlegungen das Vermögen, das die Beispielsparkasse in den Cash-flow des Zinsgeschäfts gebunden hat. 3.1.3 Zusammenhang mit bilanziellen Größen, Überführung zur Bilanz Bilanziell hat die Beispielsparkasse im Zinsgeschäft Aktiva in Höhe von 3 300 Mio., Passiva von 3100 Mio. (siehe Bilanz in Abschnitt 2.5). Es sind somit 200 Mio. Eigenkapital im Zinsgeschäft gebunden. Der wirkliche Wert aller Cash-flow im Zinsgeschäft beträgt nach obiger Berechnung 400,75 Mio. Im Zinsgeschäft sind also »stille Reser- 114 Wertorientierte Steuerung des Zinsänderungsrisikos ven« in Höhe von 200,75 Mio. enthalten. Hierbei sind – wie oben erläutert – zusätzliche Kosten oder Erlöse (Verwaltung, Ausfallrisiken etc.), die mit den Geschäften verbunden sind, nicht berücksichtigt. Die Berechnung des Vermögens kann auch für einzelne Teilpositionen der Bank erfolgen. Hierzu wird der Summen-Cash-flow für die jeweilige Teilposition gebildet und mit der oben dargestellten Methode bewertet. Für die Tabelle 3.3 wurden die Barwerte der einzelnen Geschäfte auf Basis der zugehörigen Cash-flow separat strukturkongruent berechnet. Ein Vergleich mit den bilanziellen Werten zeigt, wo die Cash-flow-Reserven im einzelnen liegen. Tabelle 3.3 Geschäft bilanzieller Wert Vermögenswert (Barwert der Cash-flows) Reserve Darlehen an Kunden mit Festzins 1 750 1 842,61 92,61 Depot A 1 000 1 047,20 47,20 150 150,56 0,56 Aktiva (Zinsgeschäft) Darlehen an Kunden mit variablem Zins KK-Soll Zwischensumme Aktiva 400 405,67 5,67 3 300 3 446,04 146,04 2 000 2 057,13 – 57,13 750 704,16 45,84 Passiva (Zinsgeschäft) Einlagen von Kunden, Refinanzierungen mit Festzins Spareinlagen 350 284,52 65,48 Zwischensumme Passiva KK-Haben 3 100 3 045,81 54,19 Summe Aktiva – Passiva 200 400,23 200,23 400,75 200,75 0,52 0,52 Vermögen bei Summenbewertung Bewertungsdifferenz (wegen vermiedener Geld/Brief-Differenz) Erläuterungen zum Zinsgeschäft Da bei der Einzelbewertung Anlagen und Refinanzierungen getätigt werden, die sich bei summarischer Bewertung teilweise gegenseitig aufheben (z. B. bei Wertpapieren und Sparbriefen), ist die Summe der Einzelwerte kleiner als der Wert bei Wie kann mit Cash-flow gesteuert werden? 115 Summenbewertung. Die Differenz (0,52 Mio.) entspricht den vermiedenen Geld/ Brief-Differenzen. Bei sämtlichen Aktivpositionen liegen im Beispiel stille Reserven vor. Die Reserven entstehen aus der Differenz der Produktzinsen im Vergleich zu den Interbankenzinsen. Die Differenz ist um so höher, je höher die Marge bei Abschluß der Geschäfte war und je stärker die Zinsen im Vergleich zum Abschlußtermin gesunken sind. Im Beispiel sind die Zinsen seit Abschluß der Geschäfte gesunken. Dies führt zu erhöhten Reserven – insbesondere im Kundengeschäft mit Festzins und im Depot A. Die Reserven im Depot A sind in der Regel nicht über alle Geschäfte gleichmäßig verteilt. Es kann durchaus sein, daß bei einzelnen Geschäften der aktuelle Kurswert unter dem Buchwert liegt, bei anderen Geschäften darüber. Berechnet wurde nur der summarische Wert. Eine Berechnung bzw. Marktbewertung, die die jeweilige Situation bei den Einzelwerten anzeigt, sollte für eine detaillierte Beurteilung des Depot A zusätzlich durchgeführt werden. Bei den Passiva mit Festzins (Kundeneinlagen und Refinanzierungen) liegt der Vermögenswert über dem bilanziellen Wert. Dies bedeutet, daß die Beispielsparkasse in dieser Position entsprechend der Bewertung der Cash-flow mehr Schulden hat, als sie bilanziell ausweist. Es liegen »Stille Verluste« vor. Die Ursache für diese Situation liegt in den seit Abschluß der Geschäfte gefallenen Zinsen. Der aktuelle Bewertungszins liegt unter dem Zins, den die Kunden durchschnittlich erhalten. Es ist zu beachten, daß sich Zinsänderungen bei geschlossenen Positionen auf die Vermögensveränderung der Aktivseite im selben Ausmaß auswirken wie auf der Passivseite. Eine hohe Reserve im Aktivgeschäft wegen gesunkener Zinsen bedingt also gleichzeitig geringe oder negative Reserve im Passivgeschäft. Die Spareinlagen und die Sichteinlagen sind Einlagen mit niedriger Verzinsung und »langen« Abläufen gemäß gleitenden Durchschnitten. Der Kundenzins liegt unter dem Bewertungszins. Entsprechend besitzen diese Geschäfte trotz gesunkener Zinsen Kurswerte von weit unter 100 %. Es liegen also – bedingt durch die hohen Margenbarwerte – hohe stille Reserven in diesen Geschäften. Die ausgewiesenen Reserven hängen generell vom aktuellen Marktzins ab. Sie geben also keinen Aufschluß über die Rentabilität der Geschäftsbereiche und können nicht für eine Analyse der strategischen Bedeutung dieser Geschäftsbereiche verwendet werden. Die Reserven sind nur dann mit den Margenbarwerten identisch, wenn alle Geschäfte am Bewertungstag neu abgeschlossen werden. Realisierbarkeit der Reserven Es ist, wie gezeigt wurde, immer möglich, den Barwert der Cash-flow und damit auch die stillen Reserven summarisch durch strukturkongruente Refinanzierung zu realisieren. Hiervon abzugrenzen ist die Frage, ob und auf welche Weise die stillen Reser- 116 Wertorientierte Steuerung des Zinsänderungsrisikos ven isoliert pro Einzelgeschäft durch direkten Verkauf des Geschäfts selbst am Markt realisierbar sind. Am einfachsten ist dies bei den Wertpapieren, bei denen durch Verkauf und erneute Anlage die Kursreserven sofort sichtbar gemacht werden können. Bei den Darlehen bildet der Forderungsverkauf an andere Banken einen Weg, die Reserven zu heben. Entsprechende Geschäfte finden bereits auf breiterer Ebene statt. Übernimmt die kaufende Partei auch Kosten und Risiken, muß allerdings mit einem entsprechend niedrigeren Kaufpreis gerechnet werden. Dies wird hier nicht weiter berücksichtigt, da es keine Relevanz im Rahmen der Diskussion des Zinsänderungsrisikos hat. Sparbriefe könnten wie Darlehen verkauft werden, doch sind solche Geschäfte noch unüblich. Schwierig ist die Mobilisierung der in den variablen Geschäften gebundenen Reserven, da hierfür derzeit keine Märkte existieren. Theoretisch bietet es sich an, daß der Vertragsgegenstand beim Kauf nur die Cash-flow gemäß der gleitenden Durchschnitte sind, die nach den in Kapitel 2 dargestellten Regeln gebildet werden. Sonstige Vermögenspositionen Zum Vermögen der Bank, das im Cash-flow der Zinsgeschäfte gebunden ist, kommen die sonstigen Vermögenspositionen und weitere Korrekturen. Auch hier muß zwischen den bilanziellen Buchwerten und den realen Istwerten unterschieden werden. In der Beispielsparkasse sollen folgende Verhältnisse vorliegen: Aktien Der Buchwert der Aktien beträgt 10 Mio. Die Bank betreibt eine ruhige Anlagepolitik, bei der Kursgewinne bewußt nicht durch Umschichtung »realisiert« werden. Auf diese Weise sollen erhebliche stille Reserven in Höhe von 11 Mio. entstanden sein. Die Bewertung mit Kurswerten ergibt entsprechend 21 Mio. Allgemein ist die Bewertung von Aktien sehr einfach, da – sofern die Aktien börsennotiert sind – direkte Marktpreise vorhanden sind. Eine Bewertung größerer Bestände (Paketpreise) kann mit Hilfe von Schätzungen erfolgen. Beteiligungen Der Buchwert der Beteiligungen beträgt 80 Mio. Ein aktuelles Wertgutachten gibt für die Beteiligung einen Istwert von 85 Mio. an. Für Beteiligungen wird es notwendig sein, den Wert in regelmäßigen Abständen (etwa jährlich) zu schätzen. Sonstiges (z. B. Inventar) Buchwert und Istwert der Betriebs- und Geschäftsausstattung weichen im Normalfall nur geringfügig voneinander ab. Im Beispiel wird ein Wert von 9 Mio. angesetzt. Die bilanzielle Abschreibung liegt also unter dem realen Wertverzehr. Wie kann mit Cash-flow gesteuert werden? 117 Immobilien Nach Buchwerten liegt ein Vermögen von 100 Mio. vor, der Marktwert sei laut Schätzung 150 Mio. Auch hier ist ein Wertgutachten nötig, das etwa alle zwei bis drei Jahre aktualisiert wird. Überleitung zum bilanziellen Eigenkapital Die Buchwerte können mit der Bilanz abgestimmt werden. Die Überleitung zum bilanziellen Eigenkapital wird durch Tabelle 3.4 gezeigt. Tabelle 3.4 Vermögensposition Wert Mio. DM Buchwert Istwert Reserve 200,00 400,75 200,75 Aktien 10,00 21,00 11,00 Beteiligungen 80,00 85,00 5,00 Sonstiges (Inventar) 10,00 9,00 – 1,00 100,00 150,00 50,00 – 200,00 665,75 465,75 Zinsabhängiges Geschäft (siehe oben) Immobilien Rückstellungen Saldo = Eigenkapital/Rücklagen bzw. Gesamtvermögen 3.1.4 – 200,00 200,00 Konsequenzen aus Vermögen und Vermögensstruktur Aus dem Vermögen und der Vermögensstruktur lassen sich einige sehr wichtige Konsequenzen und Schlußfolgerungen ziehen. Fairer Verkaufspreis Die Eigentümer der Bank haben in der Bank ein Vermögen von 665,75 Mio. gebunden. Die erste Frage ist somit, ob – bei fairer Verhandlung (also ohne Gewinn oder Verlust eines Partners) – auch ein entsprechender Kaufpreis am Markt erzielbar ist. Hierbei muß bedacht werden, daß 665,75 Mio. ausschließlich der Betrag ist, der dem Wert der Aktiv- und Passivpositionen entspricht. Im Zinsgeschäft sind hierbei nur die Cash-flow der Geschäfte bewertet, nicht die entsprechenden Geschäfte selbst. Es müssen also folgende Korrekturen durchgeführt werden: Sofern mit einzelnen Geschäften zusätzlich zum erfaßten Cash-flow weitere Kosten oder Erlöse verbunden sind, müssen diese als Barwert geschätzt werden. 118 Wertorientierte Steuerung des Zinsänderungsrisikos Insbesondere müssen die Ausfallrisiken berücksichtigt werden. Die geschätzten Werte können hierbei erheblich von den bilanziellen Wertberichtigungen abweichen. Ebenso müssen die Kosten, die mit der Abwicklung der bestehenden Geschäfte verbunden sind, als geschätzter Barwert abgezogen werden. Ferner müssen die eingegangenen Verpflichtungen an Mitarbeiter in Form von Pensionszusagen abgezogen werden. Ist der versicherungstechnische Wert der Zusagen den aktuell gebildeten Pensionsrückstellungen gleich, kann der entsprechende Wert der Bilanz entnommen werden. Andernfalls ist ein Gutachten über den Barwert der eingegangenen Verpflichtungen notwendig. Im Fall der Fusion oder sogar Auflösung müßten zusätzlich anfallende Abfindungen an Mitarbeiter und andere entsprechende Kosten berücksichtigt werden. Zu dem verbleibenden Vermögenswert muß der Wert des Kundenstamms der Bank addiert werden (»Adressenwert«, »guter Name«, Marktdurchdringung). Ebenso muß das Know-how der Mitarbeiter als immaterieller Wert geschätzt werden. Ein weiterer Abzugsposten ist die Preiskomponente des Risikos, daß die o. a. potentiellen Werte schwanken. Filialbewertung Die Ermittlung des fairen Verkaufspreises stellt auch einen Weg zur Bewertung von Filialen dar, die von einer Bank an eine andere Bank verkauft werden sollen. Ebenso kann beim Tausch von Filialen die Ausgleichszahlung festgelegt werden. In der Berechnung sind dann nur diejenigen Geschäfte und Vermögenswerte aufzunehmen, die der Filiale zuzurechnen sind und im Fall des Verkaufs bzw. Tausches auch bei der Filiale verbleiben. Mindestanspruch an das Ergebnis Angenommen, die Inhaber der Bank könnten unter Berücksichtigung des Wertes der Kundenbeziehung und der durch den Käufer übernommenen Pflichten (Pensionszusagen, Ausfallrisiken) mit einem Preis von 650 Mio. rechnen. Dann muß die Bank – soll sie ein lohnendes Investment bilden – vor Steuern mindestens das erbringen, was bei konventioneller Anlage des Vermögens erzielbar wäre. Wird bei Direktanlage eines Vermögens in Wertpapieren und Aktien von durchschnittlich 8 % Verzinsung ausgegangen, so müßte die Bank folglich im Schnitt jährlich mindestens 52 Mio. Ertrag erwirtschaften, bei jährlicher vollständiger Gewinnentnahme. Vermögensstruktur Im Fall der Beispielsparkasse sind ca. 60 % des Vermögens (401 Mio. von 666 Mio.) im Zinsgeschäft konzentriert. Rund 22 % des Vermögens hat die Beispielsparkasse in Immobilien angelegt. Zirka 16 % des Vermögens sind in Beteiligungen und Aktien inve- Wie kann mit Cash-flow gesteuert werden? 119 stiert. Diese Ausrichtung der Vermögensstruktur sollte kritisch überprüft werden. Weitere Ausführungen hierzu erfolgen in Abschnitt 5.3. 3.2 Barwertige Analysekonzepte und Maßnahmenplanung Die in Abschnitt 3.1 dargestellte Berechnung des im Zinsgeschäft gebundenen Vermögens1 bildet die Basis für den nächsten Analyseschritt. Der Berechnung des Vermögens liegt die Zinsstruktur am Analysedatum zugrunde. Die Höhe des Vermögens ist somit von der Höhe der Geld- und Kapitalmarktzinsen abhängig. Ändert sich die Zinsstruktur, ändert sich das Vermögen. Gesucht ist das Ausmaß und die Richtung der Veränderung, wenn eine bestimmte Zinsveränderung unterstellt wird. Hierzu wird der Summen-Cash-flow der Bank zunächst mit Ist-Zinsen, danach mit einer veränderten Zinsstruktur bewertet. Dadurch wird die Auswirkung einer sofortigen bzw. schockartigen Zinsänderung auf das Vermögen der Bank simuliert. Es wird von barwertiger Vermögensveränderung bzw. barwertigen Zinsänderungsrisiko gesprochen. In sehr guter Näherung ist damit das Risiko der Vermögensveränderung »über Nacht« erfaßt. Je länger aber der Planungshorizont ist, um so ungenauer wird die Berechnung. Bereits bei einem Planungshorizont von einem Monat sollte deshalb auf die im Folgeabschnitt 3.3 vorgestellten Methoden zurückgegriffen werden (Analyse auf Planungshorizont). 3.2.1 Szenarioanalysen Es ist generell – insbesondere aber bei der Geschäftsstruktur der Sparkassen – nicht ausreichend, das barwertige Zinsänderungsrisiko nur für eine einzige angenommene Veränderung der Zinsstruktur zu berechnen (etwa Anstieg aller Zinsen um 0,75 %). Vielmehr müssen mehrere Szenarien für Zinsänderungen simuliert werden, die die »Randbereiche« möglicher Zinsänderungen abgreifen. Hier ist eine standardisierte Vorgehensweise anzustreben, wobei man sich üblicherweise an Vergangenheitswerten orientiert. Zu diesen »Risiko-Szenarien« sollte mindestens ein Szenario kommen, das die aktuelle Meinung der Bank für die nächste Zukunft abbildet. Darüber hinaus sind nach den »MaH« sogenannte »Worst-case-Szenarien« zu untersuchen, die »den schlimmsten Fall« abdecken sollen. Während Risikoszenarien in der Vergangenheit eingetreten bzw. in ähnlicher Form eingetreten sind, wird bei Worst-case-Szenarien bewußt nochmals der Horizont für grundsätzlich mögliche (besonders ungünstige) Szenarien geweitet. Da die methodische und rechentech- 1 Im folgenden, da nur der Zinsbereich tangiert ist und Verwechslungen ausgeschlossen sind, kurz als »Vermögen« bezeichnet. 120 Wertorientierte Steuerung des Zinsänderungsrisikos nische Vorgehensweise zur Risikoberechnung mit der der Risikoszenarien identisch ist, wird im Fortgang der Untersuchung von Worst-case-Szenarien abstrahiert. Für den Zeitraum von Jan. 1985 bis Dez. 1996 wurde zur Bildung von »Risikoszenarien« eine entsprechende Analyse vorgenommen1 und in Tabelle 3.5 dokumentiert. Als Basisdaten dienen die Renditen von Bundesanleihen gemäß Statistik der Bundesbank, die getrennt nach den Fristen 1 Jahr, 5 Jahre und 10 Jahre vorliegen. Die dort beobachteten maximalen Zinsänderungen können problemfrei auf andere Märkte übertragen werden. Die Zinsänderungen wurden für den Zeitraum »1 Monat« beobachtet. Dies dient als Näherungswert für kürzere Zeiträume (ein Tag, zehn Tage), wobei zur »sicheren Seite« abgeschätzt wird. Die Szenarien sind so gebildet, daß in den jeweiligen Fristen 1 Jahr, 5 Jahre und 10 Jahre eine definierte Zinsbewegung vorliegen muß: Zum Beispiel muß beim Szenario – – – eine Zinssenkung in allen drei Fristen vorliegen, beim Szenario + + – müssen der einjährige und fünfjährige Zins steigen, der zehnjährige fallen. Entsprechend sind bei den Szenarien mit Verdrillung (wechselndes Vorzeichen der Zinsänderung) die Ausschläge geringer als bei den Szenarien mit Zinsanstieg bzw. Zinssenkung in allen Fristen. Tabelle 3.5 Maximale Zinsänderungen je Laufzeit innerhalb eines Monats von 1985/1 bis 1996/12 je Szenariotyp Szenario Laufzeit 1 Jahr 5 Jahre 10 Jahre ––– – 1,21 – 0,63 – 0,43 +++ + 1,03 + 0,83 + 0,85 ––+ – – – ++– + 0,33 + 0,05 – 0,04 –++ – 0,13 + 0,11 + 0,18 +–– + 0,10 – 0,16 – 0,24 –0+ – 0,28 0,00 0,05 +0– + 0,28 0,00 – 0,12 Erwartung + 0,10 + 0,10 + 0,10 Parallel 0,75 % + 0,75 + 0,75 + 0,75 1 Vgl. Sievi, C.: Seminarunterlagen »Gesamtbanksteuerung: Disposition und Risikosteuerung im Barwertkonzept – die Bank als Portfolio«, Bretten 1997. Wie kann mit Cash-flow gesteuert werden? 121 Das Szenario – – + konnte mit Frist ein Monat innerhalb des Untersuchungszeitraums nicht beobachtet werden. Das unter »Erwartung« angegebene Szenario spiegelt die Zinserwartung der Bank in nächster Zukunft wider. Das empirisch nicht beobachtete Szenario »Parallel 0,75« wird zu Vergleichszwecken eingeführt. Für die Fristen unter einem Jahr wird als maximale Zinsänderung die Veränderung des Jahreszinses angenommen. Die Zinsänderung für Zwischenfristen (z. B. zwei Jahre) wird aus den obigen Werten interpoliert. Barwertiges Zinsänderungsrisiko der Modellbank Für die Modellbank werden in Tabelle 3.6 als Ergebnisse berechnet: Tabelle 3.6 Zinsänderungsrisiko der Gesamtbank (»over night«) Szenario Barwert (Vermögenswert) vor Zinsänderung – – – +++ ++ – – ++ +– – – 0 + +0 – Erwartung Parallel 0,75 % 400,75 400,75 400,75 400,75 400,75 400,75 400,75 400,75 400,75 Barwertveränderung durch Zinsänderung Mio. DM + 9,74 – 8,21 – 2,31 + 0,58 – 0,30 + 1,57 – 2,13 – 0,89 – 6,66 Prozentuale Vermögensveränderung % + 2,43 – 2,05 – 0,58 + 0,14 – 0,08 + 0,39 – 0,53 – 0,22 – 1,66 122 Wertorientierte Steuerung des Zinsänderungsrisikos Die ausschließliche Betrachtung des Depot A der Modellbank ergibt die Ergebnisse aus Tabelle 3.7: Tabelle 3.7 Zinsänderungsrisiko nur Depot A Szenario Barwert (Vermögenswert) vor Zinsänderung Barwertveränderung durch Zinsänderung Mio. DM Prozentuale Vermögensveränderung % – – – +++ ++ – – ++ +– – – 0 + +0 – Erwartung Parallel 0,75 % 1 047,20 1 047,20 1 047,20 1 047,20 1 047,20 1 047,20 1 047,20 1 047,20 1 047,20 + 23,22 – 25,28 – 3,69 – 1,18 + 2,49 + 2,29 – 2,29 – 2,87 – 21,17 + 2,22 – 2,41 – 0,35 – 0,11 + 0,24 + 0,22 – 0,22 – 0,27 – 2,02 Auswertung des Zinsänderungsrisikos Das höchste Risiko der Bank liegt mit 2,05 % Vermögensverlust beim Szenario + + + vor. Entsprechend gewinnt die Bank beim Szenario – – –. Bemerkenswert ist, daß auch die Szenarien + + – und + 0 – 0,58 % bzw. 0,53 % Verlust anzeigen, obwohl hier das Ausmaß der Zinssteigerung gegenüber dem Szenario + + + relativ klein ist. Ebenso sollte beachtet werden, daß die Szenarien – + + und – 0 + für die Bank einen Vermögenszuwachs bedeuten. Diese Effekte können auf die spezielle Struktur des Cash-flow der Beispielsparkasse zurückgeführt werden: Die Tabelle 3.8 gibt darüber Auskunft, wie Zinsänderungen in verschiedenen Fristen auf den Vermögenswert wirken. Tabelle 3.8 Frist Cash-flow der Beispielsparkasse Auswirkungen auf Vermögen Steigender Zins Fallender Zins 0,5 Jahre 1 Jahr bis 6 Jahre 6,5 Jahre bis 10 Jahre negativ positiv negativ Vermögen steigt Vermögen sinkt Vermögen steigt Vermögen sinkt Vermögen steigt Vermögen sinkt Bei einer Zinssteigerung in allen Fristen wirken also gegenläufige Effekte. Das höchste Risiko entsteht bei durchgehend steigendem Zins nur deshalb, weil die Beispielsparkasse im Bereich 1 Jahr bis 6 Jahre die höchsten Cash-flow aufweist und insbesondere mittlere Laufzeiten bei Zinsänderungen bereits eine ausreichende Hebelwirkung besitzen. Darüber hinaus ist das Ausmaß der Zinssteigerungen bei einem generellen Zinsanstieg deutlich höher als bei einer Verdrillung. Durch entsprechende Überlegungen können alle obigen Effekte gut erklärt werden. Wie kann mit Cash-flow gesteuert werden? 123 Das stärkste Zinsänderungsrisiko für die Beispielsparkasse würde entstehen, wenn der Zins in der Frist »0,5 Jahre« fällt, in den Fristen 1 Jahr bis 6 Jahre deutlich steigt und in den Fristen ab 6,5 Jahre fällt. Derartige Zinsänderungen konnten zwar von der Richtung her empirisch beobachtet werden, doch war das Ausmaß der Zinsänderung historisch so gering, daß kein nennenswertes Risiko entsteht. Die Überlegungen zeigen, daß barwertige Vermögensveränderungen das Zinsänderungsrisiko der Bank adäquat abbilden und erklären. Damit liegt auch eine Möglichkeit zur Erfüllung der »Mindestanforderungen an das Betreiben von Handelsgeschäften« vor, auf die in Abschnitt 5.6 noch vertiefend eingegangen wird. Wird nur das Depot A betrachtet, liegt ebenfalls beim Szenario + + + das höchste Risiko vor. In absoluten Zahlen ist die Barwertveränderung etwa dreimal so hoch wie für die Gesamtbank. Auch relativ ist das Risiko mit 2,41% deutlich höher als das Risiko für die Gesamtbank (2,05 %). Ursächlich hierfür ist, daß das Depot A in hohem Ausmaß das Gegengeschäft zu Passivpositionen der Bank mit Kunden bildet. Die isolierte Beobachtung des Depot A zeigt auch bei einzelnen Szenarien eine andere Richtung der Ergebnisveränderung an als eine Betrachtung der Gesamtbank. Beispielsweise gewinnt die Gesamtbank beim Szenario – + + 0,14 % ihres Wertes, während das Depot A um 0,11% im Wert sinkt. Der umgekehrte Fall liegt beim Szenario + – – vor. Mit Hilfe barwertiger Analysen kann das Zinsänderungsrisiko bei sofortigen Zinsänderungen berechnet und erklärt werden. Barwertige Analysen können die Basis für die Erfüllung der »Mindestanforderungen« bilden. Die isolierte Betrachtung des Depot A reicht für die Steuerung des Zinsänderungsrisikos nicht aus. In der Regel wird das Risiko deutlich überschätzt. Fehlinformationen und damit Fehlsteuerungen hinsichtlich der Richtung und des Ausmaßes von Vermögensveränderungen bei Zinsänderungen können nicht ausgeschlossen werden. Maßnahmenplanung Die barwertige Berechnung des Zinsänderungsrisikos eignet sich auch zur Maßnahmenplanung. Im folgenden wird dies am Fall der Beispielsparkasse demonstriert. Die barwertige Berechnung hat für die Gesamtbank ein maximales Risiko von 2,05 % ergeben (Szenario + + +). Es wird nun angenommen, daß dieses Risiko dem Vorstand bzw. den Eigentümern zu hoch ist. Für die vorliegenden Szenarien soll nur ein Risiko von maximal 1,75 % (gleich 7 Mio.) akzeptabel sein. Der Wert des Zinsgeschäfts der Beispielsparkasse darf also »über Nacht« höchstens von 400,75 Mio. auf 393,75 Mio. fallen. Dies soll durch entsprechende Maßnahmen erreicht werden. Gleichzeitig soll erreicht werden, daß bei Eintritt des erwarteten Szenarios »Erwartung« der Vermögensverlust für die Bank vermieden wird. 124 Wertorientierte Steuerung des Zinsänderungsrisikos Geprüft wird, ob ein Verkauf von 50 Mio. Wertpapiere mit der Frist von 4 Jahren diese Anforderungen erfüllt. Der zufließende Betrag soll im Tagesgeld angelegt werden und unterliegt damit im Prinzip keinem Zinsänderungsrisiko (Maßnahme 1). Zur Berechnung wird zunächst der neue Summen-Cash-flow nach durchgeführter Maßnahme berechnet. Entsprechend der am Kalkulationsdatum vorliegenden Zinsstruktur weisen Fristen von 4 Jahren einen Briefsatz von 4,50 % auf. Da Wertpapiere zum Briefsatz verkauft werden, entfällt somit jährlich ein Cash-flow von 50 0,045 = 2,25 Mio. (Zinsen des Wertpapiers). Am Fälligkeitstag (3.1.2001) entfallen zusätzlich 50 Mio. Der entsprechende Betrag fließt in der Kasse mit zwei Tagen Valuta zu. Die Abbildung 3.2 zeigt den Cash-flow der Gesamtbank nach dem erfolgten Verkauf. Abb. 3.2 Datum Cash-flow Erläuterung 03. 01. 1997 50,00 03. 07. 1997 – 101,00 03. 01. 1998 123,75 03. 07. 1998 72,00 03. 01. 1999 65,75 03. 07. 1999 65,00 03. 01. 2000 59,58 03. 07. 2000 58,00 03. 01. 2001 – 46,25 03. 07. 2001 53,00 in allen anderen Fristen 03. 01. 2002 70,00 unveränderte Cash-flow 03. 07. 2002 40,00 03. 01. 2003 48,00 03. 07. 2003 – 3,00 03. 01. 2004 – 19,00 03. 07. 2004 – 24,00 03. 01. 2005 1,00 03. 07. 2005 – 24,00 03. 01. 2006 – 24,00 03. 07. 2006 – 34,00 03. 01. 2007 – 14,00 Kassenzufluß aus Verkauf = 126,00 – 2,25 = 68,00 – 2,25 = 62,00 – 2,25 = 6,00 – 52,25 Wie kann mit Cash-flow gesteuert werden? 125 Für den neuen Zahlungsstrom werden wieder die Risikoanalysen durchgeführt. Die Tabelle 3.9 zeigt die neuen Ergebnisse: Tabelle 3.9 Zinsänderungsrisiko der Gesamtbank nach Maßnahme 1 (»over night«) Szenario Barwert (Vermögenswert) vor Maßnahme und Zinsänderung Barwert (Vermögenswert) nach Maßnahme vor Zinsänderung Barwertveränderung durch Zinsänderung1 Mio. DM Prozentuale Vermögensveränderung % ––– 400,75 400,67 + 8,23 + 2,05 +++ 400,75 400,67 – 6,73 – 1,68 ++– 400,75 400,67 – 2,17 – 0,55 –++ 400,75 400,67 + 0,59 + 0,14 +–– 400,75 400,67 – 0,56 – 0,14 –0+ 400,75 400,67 + 1,37 + 0,34 +0– 400,75 400,67 – 2,07 – 0,52 Erwartung 400,75 400,67 – 0,79 – 0,20 Parallel 0,75 % 400,75 400,67 – 5,41 – 1,35 Das gewünschte Risikolimit (1,75 % bzw. 7 Mio. DM) ist eingehalten, da der höchste Verlust nun 1,68 % beträgt. Die Maßnahme reduziert gleichzeitig den Vermögensverlust beim Szenario »Erwartung« von 0,27% auf 0,20 %. Die Maßnahme erfüllt diesbezüglich den beabsichtigten Zweck nur in der »richtigen« Richtung, kann aber den Verlust nicht vermeiden. Hinweise zur Maßnahmenplanung Mit dem reduzierten Risiko haben sich auch die Chancen bei Zinssenkungen verringert (siehe Szenario – – –). Beim Szenario + – – hat sich das Risiko erhöht, doch ist das Risiko bei diesem Szenario weit unter dem vorgegebenen Limit, so daß es nicht »schlagend« wird. Geeignete Software sollte die Höhe einer Maßnahme bei vorgegebenem Risikolimit berechnen und mehrere Maßnahmen gleichzeitig beurteilen können. Maßnahmen reduzieren stets den Barwert der Bank, auch wenn am Markt keine Zinsbewegung stattfindet (Szenario: »alle Zinsen bleiben unverändert«). Im Beispiel verringert sich der Barwert von 400,75 Mio. DM auf 400,67 Mio. DM. Dieser Effekt ist auf die Geld/Brief-Differenz zurückzuführen. Der Differenzbetrag kann als »Kosten« der Maßnahme interpretiert werden. 1 Barwertveränderung gegenüber der Ausgangssituation (vor Maßnahme und Zinsänderung). 126 Wertorientierte Steuerung des Zinsänderungsrisikos Beim erwarteten Szenario »Erwartung« erleidet die Bank auch nach Maßnahme noch einen Vermögensverlust. Die Struktur der Cash-flow steht also nicht im Einklang mit der eigenen Zinserwartung. Eine weitere Berechnung zeigt, daß folgende Maßnahme 2 für die Bank beim Szenario »Erwartung« einen Vermögenszuwachs erbringt: Maßnahme 2 Nom.-Betrag Anlage ab – 100,00 03.01.1997 – 100,00 03.01.1997 – 50,00 03.01.1997 – 50,00 03.01.1997 Anlage bis 03.01.2000 03.07.2000 03.01.2001 03.01.2003 Laufzeit 3,00 3,50 4,00 6,00 Nom.-Zins 4,100 4,300 4,500 5,200 Rendite 4,100 4,300 4,500 5,200 Kurs 100,0000 100,0222 100,0000 100,0000 Maßnahme 2 bedeutet den Verkauf von jeweils 100 Mio. DM Wertpapieren aus den Fristen 3 Jahre und 3,5 Jahre sowie den Verkauf von jeweils 50 Mio. DM Wertpapieren aus der 4-Jahresfrist und 6-Jahresfrist. Die zufließenden Beträge werden im Tagesgeld angelegt. Beim Szenario »Erwartung« steigt der Vermögenswert der Bank dadurch um 0,04 %. Das maximale Risiko liegt beim Szenario + 0 – mit 1,49 Mio. DM bzw. 0,37% Verlust vor. Das Risiko wurde also stark reduziert. Die Berechnung zeigt, daß relativ hohe Beträge im Cash-flow verschoben werden müssen, damit sich Risiko und erwarteter Erfolg grundlegend verändern. In den obigen Beispielen wurden als Maßnahmen Operationen im Depot A betrachtet. Aus Sicht des Cash-flow und damit des Risikos der Gesamtbank hätte an die Stelle des Wertpapierverkaufs auch die Refinanzierung treten können, ohne die obigen Ergebnisse zu verändern.1 Ebenso hätte der Wertpapierverkauf mit nahezu gleicher Wirkung durch einen Swap ersetzt werden können, bei dem die Bank Festzinszahler ist. Der Unterschied liegt nur darin, daß der Swap gleichzeitig eine Anlage auf die Frist der variablen Zinsanpassung (z. B. sechs Monate) bedeutet. Die jeweiligen Risiken bleiben nahezu unverändert. Weitere Ausführungen zum Einsatz von Finanzinnovationen können dem Abschnitt 2.2 entnommen werden. Grundsätzlich gilt hierbei, daß Maßnahmen mit gleichem Cash-flow hinsichtlich Risiko und Erfolg die gleiche Auswirkung haben – seien sie bilanzieller Natur oder außerbilanzieller Natur. Natürlich ist aber die herkömmliche bilanzielle Wirkung bzw. die Wirkung auf die GuV unterschiedlich. Hierin liegt für die Bank ein erhebliches Gestaltungspotential bei der konkreten Durchführung von Maßnahmen. Die Auswirkungen von Maßnahmen auf die GuV sowie auf das bilanzielle Abschreibungsrisiko werden in Abschnitt 3.4.4 erläutert. 1 Voraussetzung hierbei ist, daß die Refinanzierung zur gleichen Rendite erfolgt wie der Wertpapierverkauf. Wie kann mit Cash-flow gesteuert werden? 3.2.2 127 Varianz-/Kovarianzmodelle1 Die barwertige Analyse des Zinsänderungsrisikos mit Hilfe von Szenarien, die die »Grenzen« der möglichen Zinsveränderungen erfassen, setzt naturgemäß die Definition der entsprechenden »Grenz- bzw. Risikoszenarien« voraus. Der Anwender kann hierbei im Prinzip die Grenzen nach seiner Maximalerwartung frei setzen. Im Regelfall ist jedoch eine statistische Fundierung aus Vergangenheitswerten, wie sie in Abschnitt 3.2.1 vorgenommen wurde, vorzuziehen. Die statistischen Daten wurden in Abschnitt 3.2.1 nur nach den Maximalwerten analysiert. Die weitere Information, die in den Zinsveränderungen enthalten ist, blieb hierbei unberücksichtigt. Es könnte aber sein, daß der Maximalwert ein »Ausreißer« ist, der sehr weit weg von den anderen extremen Zinsänderungen ist. In diesem Fall muß statistisch nicht unbedingt mit dem Ausreißer gerechnet werden, sondern es kann ein geringerer Veränderungswert angesetzt werden. Umgekehrt könnte es sein, daß sich in der Nähe des Maximalwerts eine Vielzahl weiterer Datenpunkte befindet, so daß entsprechend mit dem Auftreten höherer Abweichungen gerechnet werden muß, obwohl diese hohe Abweichung bisher noch nicht vorgekommen ist. Das folgende Verfahren der Varianz-/Kovarianzanalyse wertet das gesamte historisch vorliegende Datenmaterial statistisch aus. Dadurch werden die oben genannten Probleme vermieden. Gleichzeitig lassen sich konkrete Wahrscheinlichkeiten angeben, mit denen ein gewisses Grenzszenario bzw. ein gewisses Risiko eintritt. Das folgende einfache Beispiel dient zur Erläuterung der Vorgehensweise. Anschließend werden die Werte für die Beispielsparkasse berechnet. 3.2.2.1 Beispiel Vermögen 100 000 DM. Zusätzliche Aufnahme von 100 000 DM mit Frist von einem Jahr (Zins 4 %). Das Vermögen und die aufgenommenen 100 000 DM – insgesamt 200 000 DM – werden auf zwei Jahre angelegt (Zins 5 %). Der resultierende Zahlungsstrom ist in Tabelle 3.10 dargestellt. Tabelle 3.10 Datum 30. 12. 96 30. 12. 97 30. 12. 98 Cash-flow 0 – 104 000 + 10 000 = – 94 000 + 210 000 1 Die folgenden Ausführungen entsprechen der Vorgehensweise des Risikomodells nach JP Morgan. Vgl. JP Morgan, RiskMetrics – Technical Document (Till M. Guldimann), New York 1995. 128 Wertorientierte Steuerung des Zinsänderungsrisikos Berechnet werden soll das Zinsänderungsrisiko des obigen Cash-flow. Für die Zinsstruktur sind lediglich die Fristen »1 Jahr« und »2 Jahre« in Tabelle 3.11 maßgeblich: Tabelle 3.11 Interbankenzinsen mit jährlicher Zinszahlung (»Straight«-Renditen) Laufzeit 1 Jahr 2 Jahre Fällig am 30. 12. 97 30. 12. 98 Nominalzins 4,0000 5,0000 Rendite 4,0000 5,0000 Zinsusance 30/360 30/360 Kurs 100,0000 100,0000 Es wird ohne Geld/Brief-Differenz gearbeitet. Die Analyse von JP Morgan für Zinsveränderungen basiert nicht auf den Renditen für Papiere mit laufender Zinszahlung, sondern auf den hieraus abgeleiteten Zerobondrenditen. Die entsprechenden Werte können Tabelle 3.12 entnommen werden:1 Tabelle 3.12 Zerobondrenditen Laufzeit 1 Jahr 2 Jahre Fällig am 30. 12. 97 30. 12. 98 Rendite 4,00000 5,02525 Zinsusance 30/360 30/360 Kurs 96,153846 90,659341 Den statistischen Werten der Vergangenheit werden die absoluten Veränderungen der Zerobondrenditen entnommen. Diese werden jedoch nicht unmittelbar ausgewertet, sondern in relative Prozentzahlen der Zinsveränderung umgerechnet. Eine absolute Veränderung des Zinses um 0,1% bedeutet bei einem Ausgangszins von 5 % eine relative Veränderung von 2 %; bei einem Ausgangszins von 10 % eine relative Veränderung von 1%. Hinter dieser Vorgehensweise steht die durch Erfahrung gestützte Annahme, daß die absoluten Zinsschwankungen bei höherem Zinsniveau stärker ausfallen und etwa proportional zur absoluten Höhe des aktuellen Zinses sind. Für die relativen Zinsveränderungen sollen aus der Vergangenheit die statistischen Werte in Tab. 3.13 vorliegen: Tabelle 3.13 Risikotabelle (Volatilitäten und Korrelationen)2 Volatilität3 der relativen Zinsveränderungen in % pro Tag Korrelation der relativen Zinsveränderungen 1 Jahr 2 Jahre 1 Jahr 1,450 1,000 0,940 2 Jahre 1,865 0,940 1,000 1 Die Ableitung der Zerobondrenditen aus den Renditen von Papieren mit laufender Zinszahlung wird in Projektteil 2 erläutert. 2 Die obigen Werte wurden von JP Morgan mit Datum 27.9.96 für die letzten 250 Handelstage als relative Tagesveränderung ermittelt. Sie können täglich neu aktualisiert über Internet abgerufen werden. 3 Multipliziert mit dem Faktor 1,6449, siehe nachfolgende Hinweise. Wie kann mit Cash-flow gesteuert werden? 129 Inhaltliche Bedeutung der Volatilität und der Korrelation1 Die Volatilität ist ein Maß für die Schwankungsbreite des Zinses; sie entspricht also im Kern der üblichen statistischen Standardabweichung. In der obigen Tabelle (Originaldaten von JP Morgan) ist aber nicht die Standardabweichung selbst, sondern die Standardabweichung multipliziert mit dem Faktor 1,6449 angegeben. Dies entspricht einem Konfidenzintervall von 90 % (zweiseitig) bzw. 95 % (einseitig). Der Jahreszins verändert sich also mit einer Wahrscheinlichkeit von 90 % innerhalb eines Tages um nicht mehr als 1,450 %. Bei einem aktuellen Jahreszins von 4,00 % ist somit mit einer Wahrscheinlichkeit von 90 % damit zu rechnen, daß der Jahreszins am nächsten Tag nicht um mehr als 4,00 1,450 / 100 = 0,058 % vom aktuellen Zins abweicht. Die Korrelation ist ein Maß für die Kopplung der Zinssätze – hier der Zinsen für die einjährige und zweijährige Frist. Sie liegt im Bereich von + 1 bis – 1. Eine Korrelation von + 1 bedeutet eine exakt gleichläufige Veränderung der Zinsen, d. h. eine Zinserhöhung im Ein-Jahreszins ist stets auch mit einer Zinserhöhung des Zwei-Jahreszinses verbunden. Ebenso liegen Zinssenkungen stets gleichzeitig vor. Eine Korrelation von – 1 bedeutet, daß Zinserhöhungen im Ein-Jahreszins stets Zinssenkungen im ZweiJahreszins bedeuten und umgekehrt. In beiden Fällen ist ein linearer Zusammenhang der Zinsen gegeben. Eine Korrelation von 0 signalisiert, daß die Bewegungen des EinJahreszinses nicht mit den Bewegungen des Zwei-Jahreszinses im Zusammenhang stehen. Aus der Bewegung des Ein-Jahreszinses kann in diesem Fall auch statistisch nicht auf die Bewegung des Zwei-Jahreszinses geschlossen werden. Die Werte für die Korrelation sind ebenfalls für einen Veränderungszeitraum von einem Tag für die letzten 250 Tage ermittelt. Im Beispiel beträgt die Korrelation zwischen dem einjährigen und dem zweijährigen Zins 0,94. Die Zinssätze laufen demnach weitgehend identisch, es liegt jedoch kein strikt linearer Zusammenhang vor. Weitere Hinweise bei der Anwendung des Systems von JP Morgan Bei der Ermittlung der Volatilität und der Korrelation für die letzten 250 Handelstage wendet JP Morgan eine exponentielle Gewichtung der Werte an, so daß die jüngsten Ereignisse stärker, die weiter zurückliegenden Ereignisse schwächer in die Berechnung eingehen. Die Volatilitäten und gegenseitigen Korrelationen werden für die Fristen 1 Tg, 1 M, 3 M, 6 M, 1 J–5 J, 7 J, 9 J, 10 J, 15 J, 20 J, 30 J ermittelt. Zur Auswahl steht eine Haltedauer von einem Tag oder 10 Tagen. Alle Analysen beziehen sich auf Zerobondrenditen. Die Werte können derzeit kostenlos über Internet täglich aktualisiert abgerufen werden. 1 Zur exakten Definition der Volatilität und Korrelation sowie zu weiteren Eigenschaften dieser Kenngrößen wird auf die statistische Standardliteratur verwiesen. 130 Wertorientierte Steuerung des Zinsänderungsrisikos Umrechnung der Zinsvolatilitäten in Kursvolatilitäten Für die Risikoermittlung sind nicht die Veränderungen der Zinsen, sondern die Veränderungen der Kurse maßgeblich. Die relative Zinsveränderung muß zu diesem Zweck in eine relative Kursveränderung umgerechnet werden. Die Umrechnung der Zinsvolatilitäten in Kursvolatilitäten wird zunächst nur für Zerobonds benötigt. Hierzu wird die erste Ableitung des Barwerts eines Zerobonds – fällig zum Zeitpunkt t – nach dem Zins gebildet. Es bezeichnet: BW = Barwert des Zerobonds p = Zinssatz % des Zerobonds t = Fälligkeitszeitpunkt des Zerobonds Dann gilt für ein Endkapital von 1 des Zerobonds: ( BW = 1 1 + ) p 100 ( –t dBW p t =– 1+ (1) 100 dp 100 Der Ausdruck t ( 1+ p 100 ) – t –1 ) =– ( t 1+ ( –t p 100 100 1+ ) p 100 ) =– t BW ( 100 1+ p 100 ) ist für einen Zerobond identisch mit der sog. »Modified Dura- tion«, im folgenden als ModDur abgekürzt. Für kleine Änderungen dp des Zinses p gilt somit: (2) dBW = BW 100 ModDur dp Für die relative, prozentuale Änderung des Barwertes gilt entsprechend: (3) dBW BW 100 = – ModDur dp Das negative Vorzeichen in der Formel signalisiert, daß die Zinsänderung und die Kursänderung gegenläufige Richtungen besitzen. Man beachte, daß die Formel nur für kleine Zinsänderungen hinreichend genau ist, für höhere Zinsänderungen kann sie nur als Näherungswert gelten. In diesem Fall sollte der Kurs nach Zinsänderung direkt aus dem neuen, geänderten Zins berechnet werden. Wie kann mit Cash-flow gesteuert werden? 131 Eine relative Zinsänderung um den Betrag Vola entspricht einer absoluten Zinsänderung von: (4) absolute Zinsänderung = absolute Zinshöhe Vola 100 Wird (4) in (3) eingesetzt, erhält man für die resultierende relative Kursveränderung: (5) dBW BW 100 = – ModDur absolute Zinshöhe Vola 100 Zu beachten ist, daß in allen Formeln für die Zinsen die Zerobondrenditen Verwendung finden müssen, nicht die Zinssätze von Wertpapieren mit jährlicher Zinsausschüttung. Im Beispiel liegen die Ergebnisse in Tabelle 3.14 vor: Tabelle 3.14 Datum Cash-flow ZerobondRendite Modifizierte Duration Zinsvolatilität Kursvolatilität 30. 12. 97 – 94 000,00 4,00000 0,961538 1,450 0,055769 30. 12. 98 210 000,00 5,02525 1,904304 1,865 0,178473 Berechnung der Einzelrisiken Jeder Cash-flow kann als Zerobond interpretiert werden, dessen Kurs gerade der Barwert des Cash-flow ist. Tabelle 3.15 berechnet für das Beispiel: Tabelle 3.15 Cash-flow Kurs/100 = Barwert – 94 000,00 0,96153846 = – 90 384,61 210 000,00 0,90659341 = 190 384,61 = 100 000,00 Summe Barwerte = Vermögen Die absolute Kursänderung, die durch die Kursvolatilität bewirkt wird, dokumentiert Tab. 3.16. Tabelle 3.16 Barwert – 90 348,61 190384,61 Kursvola/100 0,055769/100 0,178473/100 = = = Kursänderung – 50,41 339,79 132 Wertorientierte Steuerung des Zinsänderungsrisikos Interpretation Die Wahrscheinlichkeit, daß die Zinsen bzw. die Kurse innerhalb der Spanne ± Vola liegen, beträgt 90 %.1 Die Wahrscheinlichkeit, daß die Kursschwankung des zweijährigen Zerobonds mehr als 339,79 DM beträgt, ist 10 %. Entsprechend ist die Wahrscheinlichkeit für einen Verlust 5 %, da nur eine negative Kursschwankung Verluste bedeutet. 10 % ist das zweiseitige Konfidenzniveau, 5 % das einseitige. Die ausgewiesenen Werte spiegeln sowohl die Verluste (Risiken) als auch die möglichen Gewinne wider. Das negative Vorzeichen im einjährigen Bereich ist so zu verstehen, daß die Verluste bei einer Zinssenkung eintreten, während die Verluste im zweijährigen Bereich bei einer Zinserhöhung eintreten. Falls die Berechnung mit einem anderen Konfidenzniveau erfolgen soll, muß das berechnete Risiko mit einem Faktor multipliziert werden. Die Faktoren ergeben sich aus den Eigenschaften der Normalverteilungsfunktion. In der Tabelle 3.17 sind einige Werte zusammengestellt. Tabelle 3.17 Zweiseitiges Einseitiges Konfidenzniveau Konfidenzniveau Faktor, wenn die Volatilität als Standardabweichung angegeben ist 50,00 % 60,00 % 68,00 % 80,00 % 90,00 % 75,00 % 80,00 % 84,00 % 90,00 % 95,00 % 0,67448961 0,84162113 0,99445806 1,28155109 1,64485259 95,00 % 99,00 % 97,50 % 99,50 % 1,95996252 2,57583223 Bemerkung Auf dieser Basis wird die Volatilität von JP Morgan angegeben. Faktor, wenn die Volatilität wie von JP Morgan angegeben wird 0,41006082 0,51166963 0,60458795 0,77912823 1,00000000 1,19157335 1,56599579 Gesamtrisiko und Korrelationen Falls die einjährigen und zweijährigen Zinsen jeweils exakt um die jeweilige Volatilität steigen, entsteht in der einjährigen Position ein Gewinn in Höhe von 50,41 DM und in der zweijährigen Position ein Verlust von 339,79 DM, insgesamt somit ein Verlust von 289,38 DM. Fällt der einjährige Zins um eine Volatilität und steigt gleichzeitig der zweijährige Zins, so entsteht in beiden Positionen ein Verlust, insgesamt also 50,41 DM + 339,79 DM = 390,20 DM. Weder der eine Grenzfall (Korrelation + 1) noch der andere Grenzfall (Korrelation –1) entspricht der Realität. Der Zusammenhang zwischen den Zinssätzen wird durch 1 Die Zinsvolatilität war bereits zu diesem Signifikanzniveau angegeben, siehe oben. Wie kann mit Cash-flow gesteuert werden? 133 die Korrelation von 0,940 beschrieben. Die gleiche Korrelation gilt in guter Näherung auch für die Kurse. Mit Kenntnis der Korrelation k läßt sich für das gesamte Kursrisiko folgende Formel angeben: Gesamtrisiko = R12 + R22 + 2 * k * R1 * R2 = 292,91 mit: R1 = – 50,41 R2 = 339,79 k= 0,940 (Kursrisiko 1 Jahr) (Kursrisiko 2 Jahre) (Korrelation der Zinsen und gleichzeitig der Kurse) Mit einer Wahrscheinlichkeit von 95 % ist somit der Gesamtverlust bei einer Haltedauer von einem Tag nicht größer als 292,91 DM. Andere Haltedauern Das berechnete Risiko bezieht sich im Beispiel auf die Dauer von einem Tag, da die Basisdaten für die Volatilität und die Korrelation mit diesem Betrachtungszeitraum ermittelt wurden. In der Praxis werden aber Risikokenngrößen für einen längeren Zeitraum benötigt. Der Zeitraum erhält hierbei die Bedeutung der »Haltedauer«. Innerhalb der Haltedauer soll es der Bank auch bei ungewöhnlichen Situationen möglich sein, sich von einer Position zu trennen und Risiken durch geeignete Maßnahmen glattzustellen. In der Regel wird hierzu von einer Haltedauer von 10 Handelstagen ausgegangen.1 Es stehen zwei Möglichkeiten zur Verfügung, eine längere Haltedauer zu berücksichtigen: (a) Die Volatilitäten und Korrelationen werden von Beginn an für die gewünschte Haltedauer ermittelt. Der Rechenweg zur Risikobestimmung bleibt hierbei unverändert, es werden lediglich die entsprechend veränderten Ausgangsdaten verwendet. JP Morgan stellt Volatilitäten und Korrelationen neben der Haltedauer von einem Tag auch für 10 Tage Haltedauer zur Verfügung. Werte für andere Haltedauern müssen individuell ermittelt werden. (b) Es wird unterstellt, daß die Zinsveränderungen von Tag zu Tag voneinander unabhängig sind. Das Risiko für eine längere Haltedauer kann unter dieser Prämisse gemäß folgender Formel berechnet werden: RisikoHaltedauer = Risiko1Tag * Haltedauer (Tage) 1 Z. B. wird in der sechsten KWG-Novelle bei der Berechnung des zur Risikoabdeckung benötigten Eigenkapitals eine Haltedauer von 10 Tagen unterstellt. 134 Wertorientierte Steuerung des Zinsänderungsrisikos Bei einer Haltedauer von 9 Tagen beträgt im Beispiel das Risiko nach dieser Formel 3 292,91 = 878,73 DM. Je länger die Haltedauer ist, um so ungenauer wird Formel (b), da von einer Unabhängigkeit der Zinsveränderungen über längere Zeiträume nicht ausgegangen werden kann. Die Methode (a) liefert in jedem Fall bessere Ergebnisse. Value at Risk Die berechneten Risikowerte werden als »Value at Risk« (teilweise auch »Capital at Risk« oder »Money at Risk«) bezeichnet (Abkürzung VaR). Ein Value at Risk bezieht sich stets auf eine bestimmte Haltedauer und ein bestimmtes Konfidenzintervall. Ein Value at Risk von X DM bei einer Haltedauer von t Tagen und einem (einseitigen) Konfidenzintervall von p % bedeutet, daß am Ende der Haltedauer (und damit auch innerhalb der Haltedauer) der Vermögensverlust mit einer Wahrscheinlichkeit von p % nicht größer als X DM ist. Mit einer Wahrscheinlichkeit von 100 – p % ist der Verlust größer als X DM, eine obere Grenze für den Verlust kann nicht angegeben werden. Die Interpretation des Value at Risk wird in Abschnitt 5.5 fortgesetzt. 3.2.2.2 Allgemeiner Rechenweg, Ergebnisse für die Beispielsparkasse Im allgemeinen fließt der Zahlungsstrom einer Bank nicht nur an zwei Zeitpunkten, sondern an beliebigen Terminen. Die Volatilitäten und Korrelationen können aber nicht für beliebig viele Zeitpunkte berechnet werden, sondern nur für eine endliche Anzahl von Zeitpunkten. Im System von JP Morgan wurden hierfür die Zeitpunkte 1 Tag, 1 Monat, 3 Monate, 6 Monate, 1 Jahr bis 5 Jahre, 7 Jahre, 9 Jahre, 10 Jahre, 15 Jahre, 20 Jahre und 30 Jahre ausgewählt. Die Tabelle 3.18 zeigt die Korrelationsmatrix mit Haltedauer von einem Tag bei einem Konfidenzniveau von 90 % bzw. einseitig 95 %, wie sie von JP Morgan per 27.11.96 bereitgestellt wurde. Wie kann mit Cash-flow gesteuert werden? 135 Tabelle 3.18 Risikotabelle (JP Morgan) Typ 1 Tg Vola 0,589 0,654 0,598 0,784 1M 3M 6M 1J 1,45 2J 3J 4J 5J 7J 9J 1,865 1,797 1,621 1,379 1,043 0,958 10 J 0,95 15 J 20 J 0,832 0,786 30 J 0,743 Korr. 1 Tg 1M 3M 6M 1J 2J 3J 4J 5J 7J 9J 10 J 15 J 1,00 – 0,112 – 0,172 – 0,232 – 0,245 – 0,340 – 0,322 –0,330 – 0,312 –0,280 – 0,279 – 0,283 – 0,273 – 0,286 – 0,244 1,00 0,713 0,570 0,315 0,238 0,209 0,201 0,195 0,180 0,159 0,145 0,121 0,114 0,088 1,00 0,786 0,428 0,328 0,299 0,296 0,285 0,278 0,245 0,224 0,186 0,164 0,156 1,00 0,697 0,670 0,657 0,630 0,605 0,583 0,543 0,528 0,498 0,940 0,914 0,869 0,853 0,815 0,803 0,788 0,749 0,738 0,689 0,985 0,954 0,941 0,890 0,873 0,857 0,819 0,814 0,758 0,829 0,737 1,00 1,00 1,00 0,986 0,977 0,937 0,918 0,897 0,862 0,858 0,811 1,00 0,937 0,916 0,885 0,883 0,839 0,997 0,957 1,00 0,964 0,944 0,922 0,892 0,891 0,851 1,00 0,992 0,974 0,958 0,952 0,933 1,00 0,994 0,985 0,978 0,962 1,00 0,994 0,985 0,968 1,00 0,996 0,984 20 J 30 J 1,00 0,983 1,00 Mapping Die begrenzte Zahl von Laufzeiten, für die Volatilitäten und Korrelationen bereitstehen, bedingt gleichzeitig, daß auch der zu untersuchende Cash-flow nur an den genannten Zeitpunkten Zahlungen aufweisen darf. Diese Voraussetzung liegt im Normalfall nicht vor. Aus dem genannten Grund müssen die Zahlungen des Original-Cash-flow in geeigneter Weise auf das vorgegebene Zeitraster abgebildet werden. Dies geschieht dadurch, daß eine Zahlung, die zwischen zwei Rasterzeitpunkten liegt, anteilig dem einen, anteilig dem anderen Rasterzeitpunkt zugeordnet wird. Hierbei erfolgt die Verteilung so, daß der Barwert und das Risiko des Cash-flow erhalten bleiben. Der entsprechende Vorgang wird als »Mapping« bezeichnet. Zu Einzelheiten wird auf die Literatur verwiesen.1 1 Vgl. JP Morgan, RiskMetrics – Technical Document (Till M. Guldimann), New York 1995. 136 Wertorientierte Steuerung des Zinsänderungsrisikos Berechnung des Gesamtrisikos Für den gemappten Zahlungsstrom wird wie im Beispiel aus Abschnitt 3.3.2.1 zunächst das Kursrisiko Ri für jede einzelne Fälligkeit an den Rasterzeitpunkten (i = 1 bis n) berechnet. Das Gesamtrisiko wird dann mit folgender Formel gewonnen: n Gesamtrisiko = n Σ Σ k ij R i R j i=1 j=1 mit: k ij = Korrelation der Zinsänderungen zwischen den Zeitpunkten i und j Ri = Kursrisiko für den Barwert des Cash-flow am Zeitpunkt i Einbeziehung von Maßnahmen Die Auswirkung von Maßnahmen kann dadurch analysiert werden, daß der Zahlungsstrom der Maßnahmen zum Ursprungszahlungsstrom addiert wird und für den gemeinsamen Zahlungsstrom der Value at Risk wie oben beschrieben berechnet wird. Ergebnisse für die Beispielsparkasse Mit der geschilderten Vorgehensweise erhält man für die Beispielsparkasse folgende Ergebnisse für den Value at Risk (Mio.): Tabelle 3.19 Maßnahme Haltedauer 10 Tage, Haltedauer 21 Tage Konfidenzniveau (1 Monat), Konfi90 % (einseitig 95 %) denzniveau 99,9 % (einseitig 99,95 %) Vergleichswert: Maximales Risiko bei Szenarioanalyse nach 3.2.1 »ohne« 2,22 6,45 8,21 Verkauf 40 Mio. DM 4 Jahre 1,82 5,28 6,73 Die Tabelle 3.19 zeigt, daß die Risikowerte nach Varianz-/Kovarianzanalyse und barwertiger Szenarioanalyse zwar nicht von den Zahlen her übereinstimmen, aber die gleiche Relation untereinander aufweisen. Die beiden mit Hilfe der Varianz-/Kovarianzanalyse berechneten Werte stehen bei beiden Maßnahmen (»ohne« und »Maßnahme«) exakt im Verhältnis 1 zu 2,90. Die mit Hilfe der Szenarioanalyse berechneten Werte verhalten sich zu den in etwa vergleichbaren Werten mit Haltedauer von einem Monat und hohem Konfidenzniveau wie 1 zu 1,27. Bei entsprechender Adjustierung des Risikos können in diesem Beispielfall in etwa identische Werte erwartet werden. Wie kann mit Cash-flow gesteuert werden? 137 Würdigung des Varianz-/Kovarianzmodells im Vergleich zur barwertigen Szenarioanalyse Der Vorteil des Varianz-/Kovarianzmodells besteht darin, daß die Risikoaussagen mit Wahrscheinlichkeiten hinterlegt werden können, die die gesamte Information der vorliegenden Stichprobe ausschöpfen. Hingegen sind bei Szenarioanalysen mit »Risikobzw. Grenzszenarien« Wahrscheinlichkeitsaussagen nur sehr ungenau möglich, da »Ausreißer« statistisch nicht korrekt behandelt werden können. Der Genauigkeitsgrad des Varianz-/Kovarianzmodells sollte jedoch nicht überschätzt werden. Stets ist zu beachten, daß alle Werte aus Stichproben gewonnen werden, die die »wahren« Prozesse nicht unbedingt widerspiegeln. Beim Rechenweg wird mit zusätzlichen Annahmen (z. B. Normalverteilung) und Näherungen (Umrechnung Zinsvolatilität in Kursvolatilität) gearbeitet. Sowohl bei der Szenarioanalyse als auch bei der Varianz-/Kovarianzanalyse sollte nicht die absolute Höhe des Risikos im Vordergrund stehen, sondern die Risikorelation bei bestimmten zu prüfenden Maßnahmen. Nachteilig beim Varianz-/Kovarianzmodell ist, daß die Ergebnisse nur schwer dahingehend interpretiert werden können, bei welchem Szenario der berechnete Verlust eintritt oder überschritten wird. Der Anwender besitzt keine Information darüber, welche Zinsveränderungen sich für ihn gut oder schlecht auswirken. Entsprechend ist die Maßnahmenplanung schwieriger als bei der Szenarioanalyse. Schließlich liefert die Varianz-/ Kovarianzanalyse keine Ergebnisse für die Zinserwartung, mit der der Anwender rechnet. Es handelt sich um ein reines Risikomodell, dem die Erlöskomponente fehlt. Die im nächsten Abschnitt ausführlich erläuterten Vorteile einer Analyse auf einen Planungshorizont können ebenfalls nicht im Varianz-/Kovarianzmodell nachgebildet werden. Dies führt dazu, daß insgesamt der Varianz-/Kovarianzansatz für weniger zielführend für Sparkassen beurteilt wird als die Szenarioanalyse bzw. grundsätzlich durch Szenarioanalysen ergänzt werden sollte. 3.3 Analyse und Maßnahmen auf einen Planungshorizont (»Performancekonzept«) Die bisherigen Überlegungen in Abschnitt 3.2 betrachten das Vermögen der Bank und dessen Veränderung ausschließlich am Ist-Zeitpunkt. Im folgenden wird gezeigt, daß diese Sichtweise bestimmte reale Phänomene nicht erklären kann und daß ein Übergang der Betrachtungsweise zur Ermittlung des Vermögens im Zeitablauf nötig ist.1 1 Die entsprechenden Gedanken wurden erstmals von Benke, Gebauer und Piaskowski unter dem Namen »Barwertkonzept« vorgestellt (Benke, H., Gebauer, B., Piaskowski, F.: Die Marktzinsmethode wird erwachsen: Das Barwertkonzept (I) und (II), in: Die Bank, 8/1991, S. 457 ff. und 9/1991, S. 514 ff.). Zur besseren Unterscheidung dieser Gedanken von der reinen zeitpunktbezogenen Betrachtung gemäß Abschnitt 3.2 wird hier die Bezeichnung »Performancekonzept« gewählt. 138 Wertorientierte Steuerung des Zinsänderungsrisikos Entsprechende Berechnungsmethoden werden vorgestellt und am Beispiel der Modellbank praktisch durchgeführt. 3.3.1 Dynamisierung der Barwertbetrachtung: Analyse auf Planungshorizont Die barwertigen Berechnungen unterstellen, daß Zinsänderungen unmittelbar am IstZeitpunkt eintreten. In der Realität vollziehen sich im Gegensatz hierzu Zinsänderungen stets im Zeitablauf. Das Ausmaß der möglichen bzw. realistischen Veränderung hängt davon ab, wie lange die Zeitspanne ist, die zur Veränderung zur Verfügung steht. Ebenso ist der Investor primär nicht daran interessiert, wie sein Vermögen momentan schwankt. Er möchte vielmehr wissen, mit welchem Vermögen er nach einer bestimmten Zeit (dem Planungshorizont) rechnen kann und welche Schwankung im Vermögenswert hierbei zu erwarten ist. Die beiden Betrachtungen unterscheiden sich nicht nur in der Rechentechnik. Das folgende einfache Beispiel zeigt, daß sie auch inhaltlich betriebswirtschaftlich zu unterschiedlichen Aussagen kommen. Beispiel: Eine Bank mit einem Vermögen von 100 Mio. DM hat 200 Mio. zum Marktzinssatz von 6 % für zwei Jahre angelegt. Hierbei sind 100 Mio. DM im Tagesgeld zu aktuell 4 % refinanziert. In der Tabelle 3.20 sind die aktuelle Zinsstruktur, die Zinsprognose und der Zahlungsstrom angegeben. Tabelle 3.20 Frist Marktzins Ist in % Zinsprognose in % Cash-flow in Mio. DM 1 Tag 4,00 5,00 – 100,00 1 1 Jahr 5,00 6,00 + 12,00 2 Jahre 6,00 7,00 + 212,00 Bei steigenden Zinsen erleidet die Bank einen barwertigen Vermögensverlust. Zum Beispiel beträgt der Barwert bei einer schockartigen Bewegung des Marktzinses um 1% nach oben in allen Fristen (entsprechend Zinsprognose) 96,3675 Mio.2 Der barwertige Verlust beträgt somit 3,63 %. 1 Der Zins für einen Tag wurde aus Vereinfachungsgründen weggelassen. Ebenso wird das entsprechende minimale barwertige Risiko vernachlässigt. 2 Die Berechnung des strukturkongruenten Barwerts wird in Projektteil 2 erläutert. Wie kann mit Cash-flow gesteuert werden? 139 Eine dynamische Betrachtung des Barwerts am Planungshorizont ein Jahr ab Beginn ergibt ein anderes Bild: Wird angenommen, daß die Geldaufnahme der 100 Mio. DM weiterhin revolvierend im Tagesgeld erfolgt, so kann hierbei mit 4,5 % (Mittelwert aus aktuell 4 % und Prognose 5 %) als Durchschnittszins gerechnet werden. Am Jahresende entsteht eine Sollposition von 104,50 Mio. DM Das Tagesgeld ist also nicht risikoneutral (wie bei der barwertigen Analyse), sondern besitzt eine Risikokomponente. Am Jahresende fließen 12 Mio. DM als sicherer Wert zu. Diese Position war bei barwertiger Berechnung dem Zinsänderungsrisiko des gestiegenen Jahreszinses unterworfen. Der Cash-flow in Höhe von 212 Mio. DM (fällig zwei Jahre ab Ist-Zeitpunkt, fällig ein Jahr ab Planungshorizont) muß mit der Rendite für die Restlaufzeit von einem Jahr abgezinst werden. Laut Prognose liegt hierfür ein Zins von 6 % vor. Der Barwert beträgt entsprechend 200 Mio. DM. Bei reiner Barwertanalyse wäre mit 7% abgezinst worden. Insgesamt beträgt der Barwert am Planungshorizont »ein Jahr ab Beginn« 200 + 12 – 104,50 = 107,50 Mio. DM. Die Bank hat bis zum Planungshorizont eine Performance von 7,50 % erzielt. Dieses Ergebnis steht im Gegensatz zur Aussage der reinen Barwertbetrachtung. Während dort bei steigenden Zinsen mit einer Vermögensverringerung gerechnet wird, liegt im Beispiel auf Planungshorizont trotz gestiegener Zinsen eine Vermögensvermehrung vor. Nur dann, wenn der Zins deutlich stärker als in der Prognose angegeben steigt, kommt es zu Vermögensverlusten. Allgemein treten bei einer Betrachtung auf Planungshorizont folgende Phänomene auf, die die reine Barwertbetrachtung (Planungshorizont ist hier der aktuelle Stichtag) nicht erfassen kann. (1) Cash-flow, die zeitlich vor dem Planungshorizont liegen, müssen auf den Planungshorizont aufgezinst werden. Die Zinsen hierzu müssen der Zinsprognose gemäß zeitlichem Verlauf entnommen werden. Ein positiver Cash-flow vor dem Planungshorizont bedeutet bei steigenden Zinsen eine Vermögensvermehrung.1 Analoges gilt für negative Cash-flow, die zeitlich vor dem Planungshorizont anfallen. (2) Cash-flow, die am Planungshorizont anfallen, sind risikoneutral. (3) Cash-flow, die zeitlich nach dem Planungshorizont anfallen, müssen entsprechend der Zinsprognose strukturkongruent abgezinst werden. Maßgeblich für die 1 Bei reiner Barwertbetrachtung gibt es diesen Fall nicht; hier existieren nur positive Cash-flow zum oder nach dem Planungshorizont (= Stichtag der Barwertbetrachtung). Positive Cash-flow bedeuten bei steigenden Zinsen dann immer eine Vermögensminderung, negative Cash-flow entsprechend eine Vermögenszunahme (siehe [2] und [3]). 140 Wertorientierte Steuerung des Zinsänderungsrisikos Abzinsung sind nicht die Ursprungslaufzeiten eines Cash-flow ab Ist-Zeitpunkt, sondern die Restlaufzeiten der Cash-flow ab Planungshorizont. Bei einer normalen Zinsstruktur und gleichzeitiger Seitwärtsbewegung der Zinsen kommt es dadurch zu einer indirekten »Zinssenkung«. Analoge Effekte treten auch bei anderen Zinsstrukturen bzw. Veränderungen der Zinsstruktur auf. Der entsprechende Effekt wird in der Literatur als »Ritt auf der Zinsstrukturkurve« beschrieben. Liegen die tatsächlichen Zinsen am Planungshorizont über den vom aktuellen Stichtag aus bestimmten Forward-Renditen am Planungshorizont, so resultiert aus positiven Cash-flow eine Vermögensverminderung; aus negativen Cash-flow ein Vermögenszunahme.1 (4) Die Phänomene (1) und (3) bewirken implizit, daß die Verzinsung des barwertigen Vermögens der Bank bis zum Planungshorizont bei der Berechnung berücksichtigt wird. Die Ergebnisunterschiede zwischen der rein barwertigen Analyse und der Analyse auf Planungshorizont fallen um so stärker aus, je weiter der Planungshorizont in der Zukunft liegt. Schlußfolgerung Die Analyse des Vermögens auf Planungshorizont (Performancekonzept) besitzt gegenüber der reinen Barwertbetrachtung den Vorteil, daß die Planungshorizontbetrachtung den Planungs/Entscheidungs- und Performance/RisikoMeßprozeß dynamisiert. Dabei gilt: Die Zinsen, die aus dem Vermögen bis zum Planungshorizont anfallen, werden realitätsgerecht erfaßt. Cash-flow, die zeitlich vor dem Planungshorizont bzw. auf dem Planungshorizont liegen, werden in ihrer Risiko- und Erfolgswirkung korrekt abgebildet. Der »Ritt auf der Zinsstrukturkurve« wird korrekt erfaßt. 3.3.2 Rechenlogik Im Fortgang wird die Rechentechnik zur Ermittlung des Vermögens am Planungshorizont geschildert. a) Alle Cash-flow, die zeitlich vor dem Planungshorizont liegen, werden bis zum Planungshorizont aufgezinst. 1 Bei reiner Barwertbetrachtung fallen die »Forward-Zinsen« mit den aktuellen Zinsen zusammen (siehe vorangegangene Fußnote). Ein Ritt auf der Renditekurve entfällt somit bei der Barwertbetrachtung. Wie kann mit Cash-flow gesteuert werden? 141 Die Aufzinsung erfolgt mit Zinssätzen, die im Verlauf bis zum Planungshorizont prognostiziert werden. Rechentechnisch kann die Aufzinsung rollierend im Tagesgeld oder in einem Schritt durch direkte Anlage bis zum Planungshorizont erfolgen. Die jeweiligen Zinsen werden der Zinsprognose entnommen. b) Ein Cash-flow, der unmittelbar zum Planungshorizont fällig ist, bleibt im Wert unverändert. c) Alle Cash-flow, die zeitlich nach dem Planungshorizont liegen, werden auf den Planungshorizont strukturkongruent abgezinst (analog der beschriebenen Barwertsystematik). Die Abzinsung bzw. Bewertung erfolgt mit den Zinssätzen, die für den Zeitpunkt »Planungshorizont« prognostiziert werden. Zinsprognosen, die zeitlich nach dem Planungshorizont liegen, gehen entsprechend nicht in die Berechnung ein. Derartige Zinsprognosen sind somit auch nicht notwendig. Das Vermögen der Bank am Planungshorizont setzt sich aus dem aufgezinsten Wert der Cash-flow vor dem Planungshorizont (a), dem Saldo des Cash-flow am Planungshorizont (b) und der strukturkongruenten Bewertung der Cash-flow nach dem Planungshorizont (also Barwert am Planungshorizont) (c) zusammen. Die Differenz aus Vermögen am Planungshorizont und Startvermögen gibt den Erfolg bzw. die »Performance« in DM an. Aus dem Startvermögen und dem Vermögen am Planungshorizont kann der Vermögenszuwachs in Prozent berechnet werden. Dieses Ergebnis wird üblicherweise als Performance (in %) bezeichnet. Bei einem Planungshorizont von einem Jahr stimmt dieser Vermögenszuwachs mit der sog. »realen Rendite«1 überein. Andernfalls kann der Vermögenszuwachs exponentiell in einen Vermögenszuwachs pro Jahr und somit die reale Rendite umgerechnet werden. Die reale Rendite kann auch als »Performance p. a.« (in %) bezeichnet werden und ist mit dem üblichen Begriff der Verzinsung als Maßstab für den Kapitalzuwachs pro Jahr identisch. Das Vermögen am Planungshorizont (bzw. die Performance oder die reale Rendite) wird für unterschiedliche Zinsprognosen bzw. Zinsszenarien berechnet. Die Schwankung des Vermögens am Planungshorizont (bzw. die Schwankung der Performance oder realen Rendite) unter den verschiedenen Zinsszenarien dient als Grundlage der Messung des Zinsänderungsrisikos. Das Risiko kann hierbei als maximaler Verlust, als Schwankung der Vermögenswerte selbst oder als relative Schwankung im Vergleich mit einer Benchmark definiert werden. Sofern Maßnahmen geplant sind oder in ihrer Auswirkung getestet werden sollen, wird der Cash-flow dieser Maßnahmen zu dem Basis-Cash-flow addiert. Anschlie1 Zum Begriff der realen Rendite vgl. z. B. Sievi, C.: Kalkulation und Disposition, Bretten 1995, S. 43 ff. 142 Wertorientierte Steuerung des Zinsänderungsrisikos ßend wird mit dem neuen Cash-flow die oben beschriebene Berechnung des Vermögens am Planungshorizont durchgeführt. Als Maßnahmen sind folgende Typen sinnvoll bzw. zulässig: »Sofortmaßnahmen« werden am Interbankenmarkt zu Geld- oder Briefsätzen des Kalkulationsdatums abgeschlossen. Die Vorgehensweise hierzu wurde bereits im barwertigen Ansatz gezeigt. Zu den Sofortmaßnahmen gehören auch Maßnahmen auf Termin mit bereits heute fixierten Zinssätzen, wie z. B. Wertpapiertransaktionen auf Termin, Terminswaps, FRAs oder Futures. »Zukünftige Maßnahmen« sind geplante Maßnahmen in der Zukunft, für die der Zins noch nicht feststeht. Entsprechend hängt auch der Cash-flow dieser Maßnahmen von der Zinsprognose ab. Der Einsatz von zukünftigen Maßnahmen im Planungsmodell ist nur sinnvoll, wenn der Laufzeitbeginn der Maßnahme zeitlich vor dem Planungshorizont liegt. Das Laufzeitende der Maßnahme kann beliebig, also vor oder nach dem Planungshorizont gesetzt werden. Mit derartigen Maßnahmen werden Cash-flow, die zeitlich vor dem Planungshorizont liegen, für eine beliebige Zeitspanne angelegt oder refinanziert. Wenig Sinn haben zukünftige Maßnahmen, deren Laufzeitbeginn zeitlich nach dem Planungshorizont liegt. Diese Maßnahmen können an späteren Planungszeitpunkten auf ihre Wirksamkeit getestet werden, ohne die Chance für ihre Realisierung zu vergeben. Zudem sind hierfür Zinsprognosen, die zeitlich nach dem Planungshorizont liegen, notwendig, ohne einen zusätzlichen Erkenntniswert zu liefern. »Planungshorizont« bedeutet ja gerade, daß die Bank bereit ist, am Planungshorizont bzw. bis zum Planungshorizont die Bank entsprechend der Zinsprognose vollständig neu auszurichten (vgl. Definition in Abschnitt 1.4). Durch Test verschiedener Maßnahmen mit verschiedenen Zinsprognosen erhält man eine Entscheidungsmatrix, in der das Vermögen der Bank am Planungshorizont bzw. die erzielten realen Renditen in Abhängigkeit von Zinsprognosen und Maßnahmen dargestellt werden. Diese Matrix dient der Auswahl der zu treffenden Maßnahmen. Die geschilderte Vorgehensweise kann auf den Summen-Cash-flow der Bank, auf eine Benchmark, die Abweichung von der Benchmark oder beliebige Cash-flow dezentraler Einheiten (z. B. Depot A) angewandt werden. Entsprechend ergeben sich verschiedene Sichtweisen auf das eingegangene Risiko. Die Bedeutung dieser Vorgehensweise wurde bereits bei der barwertigen Betrachtung dargestellt. Die Vorgehensweise wird in den folgenden Abschnitten anhand des bisherigen Beispiels näher erläutert. Wie kann mit Cash-flow gesteuert werden? 3.3.3 143 Risikoanalyse und Maßnahmenplanung für die »Beispielsparkasse« Festlegung der Zinsszenarien und der Zinsprognose Die Ist-Zinsen am Kalkulationsdatum wurden bereits in Abschnitt 3.1.2 (Vermögen der Beispielsparkasse) angegeben. Für eine sinnvolle Bestimmung von Zinsszenarien wird der in Abschnitt 3.2.1 (Szenarioanalysen) aufgezeigte Weg fortgesetzt. Für den Zeitraum von Jan. 1985 bis Dez. 1996 wurde zur Bildung von »Risiko-Szenarien« für die barwertige Analyse festgestellt, wie groß innerhalb eines Monats die maximale Zinsänderung für die Laufzeiten 1 Jahr, 5 Jahre und 10 Jahre war. Die dortige Betrachtung war als obere Grenze für eine momentane Zinsänderung verwendet worden. Die Werte werden nun exakt auf den Planungshorizont »ein Monat« angewandt. Zusätzlich wird für den Planungshorizont »drei Monate« eine analoge Analyse durchgeführt. Aus dem vorliegenden Datenmaterial wird ergänzend gefiltert, wie groß die maximale Veränderung der Zinsen (für 1 Jahr Laufzeit, 5 Jahre Laufzeit und 10 Jahre Laufzeit) innerhalb von drei Monaten war. Die Bildung der Risikoszenarien + + +, – – –, + + – etc. erfolgt nach gleichem Muster wie in Abschnitt 3.2.1 angegeben. Beispielsweise müssen beim Szenario + + – der einjährige und der fünfjährige Zins steigen, der zehnjährige aber fallen. Zusätzlich zu den Risikoszenarien wird eine Zinsprognose aufgestellt. Sie spiegelt die wirkliche Erwartung der Bank wider und wird um einen zusätzlichen Stützpunkt erweitert, um eine detaillierte Abbildung der eigenen Zinseinschätzung zu ermöglichen. Die Bank rechnet mit leicht steigenden Zinsen, wobei der Anstieg im kurzen Bereich geringfügig höher angenommen wird als im langen Bereich. Auf eine Zinsprognose für weiter in der Zukunft liegende Planungshorizonte wird verzichtet. Die Gründe hierfür wurden bereits in Abschnitt 1.4 angeführt, sie werden in Abschnitt 4.1.5 vertiefend diskutiert. Interpolation der Zinsszenarien bzw. Zinsprognosen Die Zinsszenarien werden für die Fristen 1 Tag, 1 Jahr, 5 Jahre und 10 Jahre in ihrer Höhe – ausgehend von der Ist-Zinsstruktur – durch die vorgegebene Abweichung fixiert. Zwischen diesen Eckwerten wird linear interpoliert. Dies bedeutet, daß eine kontinuierliche »Krümmung« der Zinsstrukturkurve nicht aufgenommen wird. Dies wäre auch – insbesondere beim Szenario »+ + +« – wenig hilfreich, da hier bereits eine Tendenz zur flachen Zinsstruktur mit entsprechend kleinerer Krümmung der Zinsstrukturkurve vorliegt. 144 Wertorientierte Steuerung des Zinsänderungsrisikos Die Abbildung 3.3 zeigt beispielhaft die Interpolation für das Szenario + + +:1 Rendite in % Abbildung 3.3: Zinsszenario + + + 8 7 6 5 4 Aktuelle Zinsstruktur 30. 1. 1997 30. 3. 1997 3 2 0 5 10 15 Laufzeit in Jahren Bei der Zinsprognose werden die vorgegebenen Zinserhöhungen zu den Ist-Zinsen für die Fristen 1 Tag, 1 Jahr, 2 Jahre, 3 Jahre, 5 Jahre, 7 Jahre und 10 Jahre addiert. Anschließend wird über die neu gewonnenen Punkte linear interpoliert. Dies bedeutet, daß bei der Zinsprognose für die Fristen 8 Jahre und 9 Jahre die starke Krümmung der Ist-Zinsstruktur verlorengeht. Die Tabelle 3.21 zeigt, daß bei dieser Art der Interpolation die Zinsprognose für 8 Jahre und 9 Jahre sogar eine geringfügige Zinssen1 Hierbei wird auf die Berücksichtigung von Geld/Brief-Differenzen verzichtet. Ausnahme: Bei der Zinsprognose »Seitwärts«, die vom Programm DIS automatisch erzeugt wird, erfolgt auch am Planungshorizont die Abzinsung mit der Geld/Brief-Differenz der Ist-Struktur. »Seitwärts« bedeutet als Zinsprognose, daß die Zinsen am Planungshorizont unverändert vorliegen. Wie kann mit Cash-flow gesteuert werden? 145 kung bedeutet, da die ungewöhnlich starke Krümmung der Ist-Zinsstruktur bei der Zinsprognose auf ein »normales« Maß zurückgenommen wird. Tabelle 3.21 Frist Jahre Ist-Zins (Mittelwert Geld – Brief) Zinsprognose 30.1.1997 Zinsprognose 30. 3.1997 7 Jahre 5,52 5,62 5,67 8 Jahre 5,82 5,76 5,80 9 Jahre 5,92 5,90 5,94 10 Jahre 5,98 6,03 6,08 Die Zinsprognose in grafischer Darstellung enthält Abb. 3.41, zusätzlich zur Zinsprognose führt Tabelle 3.22 die Risikoszenarien auf. Tabelle 3.22 Veränderungszeitraum 1 Monat Veränderungszeitraum 3 Monate Laufzeit Laufzeit Szenario 1 Jahr 5 Jahre 10 Jahre 1 Jahr 5 Jahre 10 Jahre ––– – 1,21 – 0,63 – 0,43 – 2,22 – 1,27 – 0,94 +++ + 1,03 + 0,83 + 0,85 + 2,02 + 1,18 + 1,22 – –+ – – – – – – ++– + 0,33 + 0,05 – 0,04 + 0,17 + 0,15 – 0,12 –++ – 0,13 + 0,11 + 0,18 – 0,09 + 0,60 + 0,70 +–– + 0,10 – 0,16 – 0,24 + 0,20 – 0,10 – 0,18 –0+ – 0,28 0,00 0,05 – 0,39 0,00 + 0,38 +0– + 0,28 0,00 – 0,12 + 0,43 0,00 – 0,28 Zinsprognose + 0,10 + 0,10 + 0,05 + 0,20 + 0,15 0,10 Das Szenario – – + konnte innerhalb des Untersuchungszeitraums nicht beobachtet werden. Die Abweichung für das Tagesgeld wird mit der Abweichung für ein Jahr gleichgesetzt. 1 Die hier dargestellte Möglichkeit ist nur eine von mehreren sinnvollen Interpolationsvarianten. Beispielsweise könnte über vorgegebene Spreads interpoliert werden, so daß die Krümmung der Ist-Zinsstruktur voll aufrechterhalten wird. Welche der Interpolationen dem realen Prozeß der Zinsveränderung besser entspricht, muß fallweise entschieden werden. 146 Wertorientierte Steuerung des Zinsänderungsrisikos Rendite in % Abbildung 3.4: Zinsprognose und maximale Zinsänderungen innerhalb eines Monats und innerhalb 3 Monaten 7 6 5 4 Aktuelle Zinsstruktur 30. 1. 1997 30. 3. 1997 3 2 0 5 10 15 Laufzeit in Jahren Maßnahmen Bei den folgenden Berechnungen sollen Maßnahmen getestet werden. Als Maßnahmen werden diskutiert: »Ohne« Die Sparkasse behält die aktuelle Struktur des Cash-flow bei. »DsgvM1« Wie Maßnahme 1 aus Abschnitt 3.2.1: Nom.-Betrag Anlage ab Anlage bis Laufzeit Nom.-Zins Rendite Kurs – 50,00 03.01.1997 03.01.2001 4,00 4,500 4,500 100,0000 Der zufließende Betrag wird im Tagesgeld angelegt. Wie kann mit Cash-flow gesteuert werden? 147 »DsgvM2« Wie Maßnahme 2 aus Abschnitt 3.2.1 Nom.-Betrag Anlage ab Anlage bis Laufzeit Nom.-Zins Rendite Kurs – 100,00 03.01.1997 03.01.2000 3,00 4,100 4,100 100,0000 – 100,00 03.01.1997 03.07.2000 3,50 4,300 4,300 100,0222 – 50,00 03.01.1997 03.01.2001 4,00 4,500 4,500 100,0000 – 50,00 03.01.1997 03.01.2003 6,00 5,200 5,200 100,0000 Der zufließende Betrag (200 Mio.) wird im Tagesgeld angelegt. »DsgvM3« Anlage von 50 Mio. auf die Frist von 8 Jahren. Die entsprechenden Mittel werden im Tagesgeld refinanziert. Dadurch soll der Passivüberhang im Gesamt-Cash-flow der Beispielsparkasse in den Fristen ab 6,5 Jahren (insgesamt rund 140 Mio.) abgemildert werden. Die obigen Maßnahmen können auch mit anderen Instrumenten realisiert werden. Zum Beispiel entspricht ein Wertpapierverkauf – bei gleicher Rendite – einer Refinanzierung. Ebenso entspricht ein Wertpapierverkauf einem Swap, bei dem die Bank Festzinszahler ist, sofern die »kurze«, variable Seite vernachlässigt wird. Besonders vorteilhaft ist der Swap, wenn im gleichen Volumen gleichzeitig unterschiedliche Fristen verkauft und gekauft werden. Hier zahlt die Bank in Swap 1 den festen Zins bis Frist 1 und erhält in Swap 2 den festen Zins bis Frist 2. Die variable Seite der Swaps hebt sich gegenseitig auf.1 Berechnungsergebnisse Die Rechenlogik wurde bereits in Abschnitt 3.3.2 erläutert. Die Rechenergebnisse sind in der Tabelle 3.23 zusammengefaßt. 1 Vergleiche auch die analogen Ausführungen in Abschnitt 3.2.1 (Hinweise zur Maßnahmenplanung) sowie Abschnitt 2.2. 148 Wertorientierte Steuerung des Zinsänderungsrisikos Tabelle 3.23 Zeitliche Entwicklung des Vermögens mit Planungshorizont 30.1. 97 und 28. 3. 97 Vermögen am 30. 12. 96 = 400,75 Vermögenswert Mio. Zuwachs Mio. Zuwachs % (Performance) Maßnahme Prognose 30. 1. 97 28. 3. 97 30. 1. 97 OHNE Seitwärts 402,43 405,64 1,68 4,89 0,42 1,22 DsgvM1 Seitwärts 402,23 405,22 1,48 4,47 0,37 1,12 DsgvM2 Seitwärts 401,57 403,57 0,82 2,82 0,20 0,70 DsgvM3 Seitwärts 402,46 406,03 1,71 5,28 0,43 1,32 OHNE Dsgv +++ 394,09 391,70 – 6,66 – 9,05 – 1,66 – 2,26 – 1,71 28. 3. 97 30. 1. 97 28. 3. 97 DsgvM1 Dsgv +++ 395,51 393,89 – 5,24 – 6,86 – 1,31 DsgvM2 Dsgv +++ 402,12 404,38 1,37 3,63 0,34 0,91 DsgvM3 Dsgv +++ 392,42 389,16 – 8,33 – 11,59 – 2,08 – 2,89 OHNE Dsgv ––– 411,58 422,11 10,83 21,36 2,70 5,33 DsgvM1 Dsgv ––– 409,97 418,82 9,22 18,07 2,30 4,51 DsgvM2 Dsgv ––– 402,08 403,10 1,33 2,35 0,33 0,59 DsgvM3 Dsgv ––– 414,31 427,20 13,56 26,45 3,38 6,60 OHNE Dsgv ++– 399,73 402,40 – 1,02 1,65 – 0,25 0,41 DsgvM1 Dsgv ++– 399,81 402,33 – 0,94 1,58 – 0,23 0,39 DsgvM2 Dsgv ++– 400,09 401,84 – 0,66 1,09 – 0,16 0,27 DsgvM3 Dsgv ++– 400,72 403,66 – 0,03 2,91 – 0,01 0,73 OHNE Dsgv +–– 401,67 403,95 0,92 3,20 0,23 0,80 DsgvM1 Dsgv +–– 401,36 403,59 0,61 2,84 0,15 0,71 DsgvM2 Dsgv + –– 399,80 401,84 – 0,95 1,09 – 0,24 0,27 DsgvM3 Dsgv +–– 403,33 405,70 2,58 4,95 0,64 1,24 OHNE Dsgv –++ 402,66 404,35 1,91 3,60 0,48 0,90 DsgvM1 Dsgv –++ 402,59 404,62 1,84 3,87 0,46 0,97 DsgvM2 Dsgv –++ 402,04 405,65 1,29 4,90 0,32 1,22 DsgvM3 Dsgv –++ 403,17 403,66 2,42 2,91 0,60 0,73 OHNE Dsgv –0+ 403,71 409,03 2,96 8,28 0,74 2,07 DsgvM1 Dsgv –0+ 403,42 408,42 2,67 7,67 0,67 1,91 DsgvM2 Dsgv –0+ 401,80 405,53 1,05 4,78 0,26 1,19 DsgvM3 Dsgv –0+ 404,61 409,71 3,86 8,96 0,96 2,24 OHNE Dsgv +0– 399,99 401,47 – 0,76 0,72 – 0,19 0,18 DsgvM1 Dsgv +0– 399,98 401,37 – 0,77 0,62 – 0,19 0,15 DsgvM2 Dsgv +0– 399,83 400,82 – 0,92 0,07 – 0,23 0,02 DsgvM3 Dsgv +0– 401,20 403,21 0,45 2,46 0,11 0,61 OHNE Prognose 401,32 404,03 0,57 3,28 0,14 0,81 DsgvM1 Prognose 401,36 403,95 0,61 3,20 0,15 0,60 DsgvM2 Prognose 401,60 403,71 0,85 2,96 0,21 0,74 DsgvM3 Prognose 401,59 404,41 0,84 3,66 0,21 0,91 Wie kann mit Cash-flow gesteuert werden? 149 Auswertung der Rechenergebnisse Der erste Eindruck eines »Zahlenfriedhofes« sollte nicht darüber hinwegtäuschen, daß diese Zusammenstellung alle notwendigen Informationen enthält, die in einem weiteren Schritt über 2 Filter zur konkreten übersichtlichen Entscheidungsmatrix werden. Der erste Filter blendet ausschließlich die Werte für die erwartete Zinsprognose ein, und dies zweckmäßigerweise für den priorisierten Planungshorizont. Im Beispiel soll der 3monatige Planungshorizont vorrangig untersucht werden.1 Geprüft wird also, welche Maßnahme am günstigsten ist, wenn die Zinsprognose der Bank »Prognose« eintritt. Tabelle 3.24 Maßnahme (Cash-flow) OHNE DsgvM1 DsgvM2 DsgvM3 Performance 2 3,28 3,2 2,96 3,66 (Mio. DM) Die Tabelle 3.24 zeigt, daß die Maßnahme DsgvM3 hier den höchsten Vermögenszuwachs aufweist. Aus dieser Sicht sollte die Maßnahme DsgvM3 durchgeführt werden. Die Maßnahmen DsgvM1 und DsgvM2 erweisen sich gegenüber der Maßnahme »OHNE« (Beibehalten des gegenwärtigen Zustandes) auf Sicht 28.3.97 als schlechter.3 Dieses Ergebnis zeigt, daß Maßnahmen, die an einem Planungshorizont vorteilhaft erscheinen, bei einer Berechnung auf einen alternativen Planungshorizont ungeeignet sein können. Dies gilt insbesondere, wenn ein Planungshorizont der aktuelle Stichtag ist und somit die Ergebnisse des reinen Barwertkonzeptes mit denen der Analyse auf Planungshorizont verglichen werden. Die Abweichung in der Ergebniswirkung ist dabei um so größer, je weiter der zukünftige Planungshorizont vom aktuellen Stichtag entfernt liegt. Die theoretischen Ergebnisse aus Abschnitt 3.3.1 werden somit im Beispiel bestätigt. Die durchzuführende Maßnahme kann aber nicht allein an der Zinsprognose »Prognose« ausgerichtet werden. Es ist auch zu prüfen, welche Ergebnisse bei Eintreten der definierten Risikoszenarien erzielt werden. Der zweite Filter blendet die jeweils schlechteste Performance einer Maßnahme als Risiko ein. Diese Ergebnisse müssen mit dem vorgegebenen Risikolimit verglichen werden. Dadurch wird geprüft, ob der Verlust der Bank bei »standardisiert gemessenem Irrtum« hinsichtlich der Zinsprognose innerhalb der selbst gesetzten Grenzen liegt. Die obige Tabelle 3.24 wird entsprechend zu Tabelle 3.25 erweitert: 1 Zur Thematik »Länge des Planungshorizontes« vgl. auch die Abschnitte 1.4, 3.3.1 und 4.1.5. 2 Synonym verwandt werden die Begriffe Ertrag und Vermögenszuwachs. 3 Auf Sicht 30.1.97 war DsgvM2 noch geringfügig günstiger. 150 Wertorientierte Steuerung des Zinsänderungsrisikos Tabelle 3.25 Maßnahme (Cash-flow) OHNE DsgvM1 DsgvM2 Performance (Mio. DM) 3,28 3,2 2,96 (Mio. DM) 1 9,05 6,86 »–« 0,07 Risiko DsgvM3 3,66 11,59 Bei der rein barwertigen Analyse hatte die Sparkasse ein Limit von 7 Mio. bzw. 1,75 % als maximalen Vermögensverlust gesetzt. Wenn dieses Limit weiterhin gilt, wird deutlich, daß die Sparkasse nun handeln muß: Die Maßnahme »OHNE« überschreitet das Limit (9,05 Mio. DM). Aber auch bei Durchführung der Maßnahme DsgvM3 wird dieses Limit nicht eingehalten. Beim (sehr unwahrscheinlichen) Szenario dsgv + + + beträgt der Verlust 11,59 Mio. (1 Monat: 8,33 Mio.). Die Maßnahme DsgvM3 darf also nur dann durchgeführt werden, wenn die Bank von Beginn an ein höheres Limit für tragbar hält. Das Beispiel zeigt, daß ein zu enges Limit eventuell sinnvolle Maßnahmen verhindern kann. Es zeigt aber gleichzeitig, daß die alleinige Ausrichtung einer Maßnahme auf die Zinsprognose im »Irrtumsfall« zu erheblichen Verlusten führen kann. Soll das Limit von 7 Mio. maximalem Verlust für den Planungshorizont »drei Monate« eingehalten werden, muß die Maßnahme DsgvM1 oder DsgvM2 durchgeführt werden. Im Hinblick auf die Zinsprognose »Prognose« weist DsgvM1 die günstigere Performance auf. Die Maßnahme DsgvM2 besitzt ein »negatives« Risiko, d. h., trotz ungünstigster Zinsprognose wird durch den 3monatigen Zeitablauf (Zinsüberschuß und Rutsch auf der Zinsstrukturkurve) noch eine – wenn auch minimale – positive Performance erzielt. Im Hinblick auf die Zinsprognose weist sie aber auch – trotz der Erwartung steigender Zinsen – die schlechteste Performance auf. Man beachte, daß die Maßnahme DsgvM2 bei der statischen Risikobetrachtung der Barwertanalyse im Gegensatz hierzu bei steigenden Zinsen am besten beurteilt wurde. DsgvM2 ist nur einem Institut zu empfehlen, das sehr risikoscheu bzw. sich hinsichtlich seiner Zinsprognose sehr unsicher ist (etwa unterschiedliche Meinung der Vorstandsmitglieder). Die Diskussion dieses Beispiels wird in den Abschnitten 5.4.3 und 5.5 durch eine systematische Performance/Risiko-Sicht abgerundet. 3.4 Zinsüberschußplanung im Zusammenhang mit Cash-flow Die Notwendigkeit, neben der Performance die Bilanz und GuV zu planen, wurde bereits mehrfach betont. Im Zentrum der nachfolgenden Überlegungen steht der Zinsüberschuß als zentrales Element der GuV-Planung. Es wird gezeigt, welche prinzipiellen Zusammenhänge zwischen der Performance und dem Zinsüberschuß bestehen 1 Auf Basis standardisierter Szenarien. Wie kann mit Cash-flow gesteuert werden? 151 und wie der Zinsüberschuß prognostisch geplant werden kann. Ebenso wird die Planung des außerordentlichen Ergebnisses (Abschreibungen aus Wertpapieren, »Realisierung« von Verlusten oder Gewinnen) dargestellt. 3.4.1 Identität der Ergebnisse in der Totalperiode Im Performancekonzept wird das Vermögen der Bank zum Zeitpunkt 1 mit dem Vermögen der Bank zum Zeitpunkt 2 verglichen. Zwischenzeitliche Zahlungen wurden hierbei im bisherigen Rechenschema durch Folgegeschäfte (Anlagen oder Refinanzierungen) in die Vermögensberechnung aufgenommen (siehe Abschnitt 3.3.2). Erfolgsgröße ist der Zuwachs im Vermögen. Die Performance kann jedoch auch ohne angenommene Folgegeschäfte für die Anlage oder Refinanzierung zwischenzeitlicher Zahlungen berechnet werden. Hierzu wird für jeden Zeitpunkt, an dem eine zwischenzeitliche Zahlung stattfindet, das Vermögen »vor Zahlung« und das Vermögen »nach Zahlung« berechnet. Diese beiden Vermögenswerte unterscheiden sich genau um die Zahlung. Die Performance in DM wird dann für aufeinanderfolgende Zeitpunkte t1 und t2, an denen zwischenzeitliche Zahlungen stattfinden, nach der Formel Performance (DM) zwischen t1 und t21 = Vermögen vor Zahlung zum Zeitpunkt t2 – Vermögen nach Zahlung zum Zeitpunkt t1 berechnet. Die gesamte Performance zwischen den Zeitpunkten 1 und 2 ist die Summe aller derartig berechneten Teilperformancen.2 Der Zinsüberschuß der Bank berechnet sich als Summe aller Zinserträge abzüglich aller Zinsaufwendungen. Wird ein Geschäft der Bank isoliert über die gesamte Lebensdauer betrachtet, so ist der totale Zinsüberschuß aus dem Geschäft gleich der Summe aller Einzahlungen an die Bank abzüglich aller Auszahlungen von der Bank. Dieser Zinsüberschuß wird auf einzelne Teilperioden verteilt. Wird die Performance eines Geschäfts nach der obigen Methode über die gesamte Lebensdauer des Geschäfts berechnet, gelten folgende Aussagen: Das Startvermögen zu Beginn des Geschäfts ist der Anfangszahlung des Geschäfts gleich. 1 Wie erwähnt, darf es zwischen t1 und t2 keine Zahlungen geben. 2 Das beschriebene Verfahren ist identisch mit der Berechnung der Performance von Fonds. Die Fondsgesellschaften führen dieses Verfahren täglich zur Erfolgsmessung durch. 152 Wertorientierte Steuerung des Zinsänderungsrisikos Das Endvermögen am Ende des Geschäfts ist der Schlußzahlung des Geschäfts gleich. Die Vermögenswerte »vor Zahlung« und »nach Zahlung« unterscheiden sich genau um die Zahlung. Die um die Zahlungen bereinigten Vermögensschwankungen zwischen Beginn und Ende des Geschäfts saldieren sich gegenseitig weg. Aus den obigen Aussagen folgt, daß die gesamte DM-Performance eines Produktes über dessen Lebensdauer gleich der Summe aller Einzahlungen abzüglich der Summe aller Auszahlungen ist. Über die gesamte Lebensdauer eines Produkts stimmt somit der Zinsüberschuß mit der gesamten Performance (in DM) überein. Ebenso stimmt der Zinsüberschuß für die Gesamtbank über deren Lebensdauer mit der gesamten Performance überein. In den Einzelperioden kann es aber zu erheblichen Abweichungen kommen.1 Da sich die Einzelgeschäfte der Bank zeitlich überlappen, kommt es auch nie zu einem vollständigen Ausgleich. Die Abweichungen glätten sich aber im Lauf der Zeit, auf längere Sicht herrscht näherungsweise Ergebnisidentität. Zinsüberschuß und Performance sind verschiedene Sichtweisen des gleichen Betrachtungsgegenstandes »Erfolg der Bank«. Unter dem Gesichtspunkt der Steuerung ist die Sichtweise Performance eindeutig vorzuziehen. Zur Identität zwischen Performancekonzept und GuV lassen sich weitere Aussagen gewinnen, vor allem hinsichtlich der Identität bei der Berechnung des Margenbarwerts bzw. der laufenden Marge.2 Diese Ergebnisse werden in Projektteil 2 diskutiert. Wegen der Identität der Ergebnisse über die Gesamtperiode bzw. auf »lange Sicht« sowie der hohen Aussagekraft uind Steuerungsrelevanz der Performance ist es möglich, sich bei der Planung des Zinsüberschusses auf das aktuelle Jahr – maximal ein Folgejahr – zu beschränken. Argumentationskette3: Zinsüberschuß und Performance stimmen auf lange Sicht überein. Eine Planung der Performance auf »kurzen« Planungshorizont berücksichtigt auch die langfristige Ergebniswirkung voll. 1 Vgl. auch Ausführungen unter Abschnitt 4.1.4, dort werden die entsprechenden Fragen systematisch behandelt. 2 Vgl. Probson, S.: Identität von Barwert und Finanzbuchhaltung, in: Die Bank 3/94. Ebenso Pfingsten, A./ Thom, S.: Der Konditionsbeitrag-Barwert in der Gewinn- und Verlustrechnung, in: Die Bank 4/95, S. 242 ff.; vgl. auch: Goebel R., Buth, D.: Nur effizientes Management schafft Sicherheit, in: BBL.: 6/93. 3 Die Argumente hierfür werden ausführlich in Kapitel 4 diskutiert. Wie kann mit Cash-flow gesteuert werden? 153 Die Planung der Performance hat gegenüber der Planung des Zinsüberschusses erhebliche Vorteile. Der Zinsüberschuß kann durch Maßnahmen und Wahrnehmung von Bewertungsrechten gestaltet und geglättet werden. Folglich ist es voll ausreichend, den Zinsüberschuß (die GuV) für das aktuelle Jahr und ggf. ein Folgejahr zu planen. Zusätzlich muß das bilanzielle außerordentliche Ergebnis nur für das aktuelle Jahr und ggf. ein Folgejahr geplant werden. 3.4.2 Planung des Zinsüberschusses in der Einzelperiode Die Zinsüberschußplanung setzt sich aus drei Komponenten zusammen: der Ermittlung des Zinsüberschusses aus Ist-Geschäft, dem Zinsüberschuß aus »dispositivem Zwangsgeschäft« (Bilanzabgleich) sowie der Planung der Margen (DM) im Neugeschäft. Zinsüberschuß aus Ist-Geschäft Beim Zinsüberschuß aus Ist-Geschäft werden ausschließlich die derzeit vorhandenen Geschäfte betrachtet. Berechnet wird, welcher Zinsüberschuß bei regulärem Ablauf dieser Geschäfte für die Bank entsteht. Daß hierbei – wegen Überhängen der Aktivoder Passivseite – die Bilanz nicht »aufgeht« und Folgegeschäfte zwingend notwendig sind, wird in weiteren Schritten berücksichtigt. Bei den Festzinsgeschäften wird die Berechnung bis zum Ende der Zinsbindungsdauer durchgeführt. Bei den variablen Geschäften wird vom Kapitalablauf nach dem Mischungsverhältnis gleitender Durchschnitte ausgegangen. Dies impliziert, daß die Marge, die aus variablen Geschäften gezogen werden kann, konstant ist. Genau dies ist aber durch geeignete Wahl des Mischungsverhältnisses gleitender Zinsen möglich, wie in Abschnitt 2.3 gezeigt wurde. Im Fall der Beispielsparkasse kann der Zinsüberschuß aus Ist-Geschäft unmittelbar der Aufstellung aus Abschnitt 2.5.3 entnommen werden, die auch zur Ermittlung des Summen-Cash-flow diente. Die Planung der Performance auf Basis des Cash-flow und die Planung des Zinsüberschusses aus Ist-Geschäft beruhen also auf identischen Daten und identischen Prämissen.1 Wie erläutert, interessieren für die Planung des Zinsüberschusses nur die ersten beiden Jahre, die in Tabelle 3.26 dargestellt sind. 1 Es wird empfohlen, in der Praxis mit monatlichem Zeitraster zu arbeiten. Das hier verwendete halbjährliche Raster dient nur der höheren Übersichtlichkeit. 154 Wertorientierte Steuerung des Zinsänderungsrisikos Tabelle 3.26 Überhang Festzins Mon. Nr. Variable Aktiva Variable Passiva Überhang Total (Aktiv – Passiv) Tilg. Zins Cash Tilg. Zins Cash Tilg. Zins Cash Tilg. Zins Cash Mio. DM Mio. DM Mio. DM Mio. DM Mio. DM Mio. DM Mio. DM Mio. DM Mio. DM Mio. DM Mio. DM Mio. DM 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 6 – 200 35 – 165 288 15 303 229 10 239 – 141 40 – 101 12 0 36 36 208 6 214 117 8 124 91 34 126 18 100 34 134 3 2 5 60 7 67 43 29 72 24 100 30 130 3 1 4 60 6 66 43 26 68 Der Zinsüberschuß aus Ist-Geschäft ist unabhängig von der Zinsentwicklung. Dies gilt auch für das variable Geschäft, da das Mischungsverhältnis der gleitenden Durchschnitte so gebildet ist, daß möglichst hohe Margenkonstanz erreicht wird (siehe oben). Der Zinsüberschuß aus Ist-Geschäft ist entsprechend die konstante Komponente bei der Planung des Zinsüberschusses. Zinsüberschuß aus dispositivem Zwangsgeschäft Wie die obige Aufstellung zeigt, liegt zum Zeitpunkt 6 Monate ein Zahlungsstrom von – 101 Mio. vor. Dieser Zahlungsstrom muß durch weitere Geschäfte geschlossen werden. Die Bank muß somit 101 Mio. am Interbankenmarkt oder von Kunden aufnehmen. Analog müssen die Zahlungen, die mit Frist 1 Jahr, 1,5 Jahre und 2 Jahre anfallen (+ 126 Mio., + 72 Mio. und + 68 Mio.) angelegt werden. Bei der Berechnung wird zunächst davon ausgegangen, daß die Refinanzierung bzw. Anlage am Interbankenmarkt erfolgt. Liegt in Wirklichkeit ganz oder teilweise Kundengeschäft vor, wird dies in der Erfolgskomponente »Margen aus Neugeschäft« erfaßt. Hinsichtlich der Fristigkeit für die Anlagen bzw. Refinanzierungen wird vom Tagesgeld ausgegangen. Alternativ kann mit einer Anlage bzw. Refinanzierung bis zum Planungshorizont gerechnet werden. Die Vorgehensweise ist also wiederum analog zur Berechnungsmethode bei der Ermittlung der Performance (vgl. Abschnitt 3.3.2). Sollen für die Refinanzierung bzw. Anlage andere Fristen gelten, so kann dies durch »Maßnahmen«, also direkte Planung der entsprechenden Anlagen bzw. Refinanzierungen problemfrei getätigt werden. Die Höhe des Zinssatzes für die Refinanzierung bzw. Anlage hängt von der Zinsprognose ab. Für Zeitpunkte, die weiter als drei Monate in der Zukunft liegen, wurde bisher keine Zinsprognose abgegeben. Die Bank rechnet mit der in Tabelle 3.27 aufgeführten Zinsprognose bzw. Schwankungen im »kurzen« Bereich. Wie kann mit Cash-flow gesteuert werden? 155 Tabelle 3.27 Zeitraum Prognose unterstellte Prognoseschwankung Zweites Halbjahr 01 (Durchschnitt) 3,25 2,5 % – 5,0 % Jahr 02 (Durchschnitt) 4,50 2,0 % – 7,0 % Bei Eintreffen der Prognose beschreibt Tab. 3.28 somit den Zinsüberschuß aus dispositivem Zwangsgeschäft. Tabelle 3.28 Zeitpunkt bzw. Zeitraum Cash-flow Kapitalstand Zins (auf Kapitalstand) 30. 06. 97 – 101 – 101,00 30. 12. 97 126 + 23,36 – 101 3,25 100 2 30. 06. 98 72 + 95,89 23,36 4,5 100 2 = 0,53 30. 12. 98 68 + 166,05 95,89 4,5 100 2 = 2,16 = – 1,64 Analog werden in Tabelle 3.29 die Ergebnisse für den Zinsüberschuß aus dispositivem Zwangsgeschäft bei den unterstellten Prognoseschwankungen ermittelt. Zusammenfassend lauten die Jahresergebnisse: Tabelle 3.29 Zinsüberschuß aus dispositivem Zwangsgeschäft Zeitraum Jahr 1997 Janr 1998 Prognose – 1,64 + 2,69 Szenario »niedrig« Szenario »hoch« – 1,26 + 1,20 – 2,53 + 4,14 Die Ergebnisse zeigen, daß der Zinsüberschuß aus dispositivem Zwangsgeschäft im Fall der Beispielsparkasse in Abhängigkeit von der Zinsentwicklung auch bei extremen Annahmen nur geringfügig schwankt. Im Vergleich zum Zinsüberschuß aus IstGeschäft ist diese Schwankung unbedeutend. Ein hoher Einfluß auf das Zinsergebnis ist nur zu erwarten, wenn die Bank in den ersten beiden Jahren sehr starke Aktiv- oder Passivüberhänge besitzt. 156 Wertorientierte Steuerung des Zinsänderungsrisikos Margen aus Neugeschäft Die bisherigen Berechnungen gehen davon aus, daß die Bank kein Neugeschäft betreibt. Es werden nur die bestehenden Geschäfte abgewickelt und Überhänge durch dispositives Zwangsgeschäft am Interbankenmarkt geschlossen. Für eine realistische Planung des Zinsüberschusses muß als letzter Baustein das Neugeschäft in die Planung integriert werden. Hinsichtlich des Neugeschäfts wird von der Prämisse ausgegangen, daß das Neugeschäft strukturkongruent refinanziert wird. Das Neugeschäft enthält also bei der Zinsüberschußplanung keine Fristentransformation. Diese Voraussetzung ist aus mehreren Gründen sinnvoll: Bei der Berechnung der Zinswirkung des dispositiven Zwangsgeschäfts wurde von einer Anlage bzw. Refinanzierung am Interbankenmarkt ausgegangen. In der Realität wird das dispositive Zwangsgeschäft teilweise oder ganz durch Neugeschäft mit Kunden ersetzt. Da sich das Kundengeschäft exakt um die Marge vom Interbankengeschäft unterscheidet, bleibt die Rechnung insgesamt richtig. Der vorgeschlagene Rechenweg folgt dem Grundgedanken der Marktzinsmethode, der auf einer Ergebnistrennung in Dispositionserfolg und Margenerfolg basiert. Durch die Annahme der strukturkongruenten Refinanzierung des Neugeschäfts wird die Planung auf sichere Daten gestellt. Ein zusätzlicher Dispositionserfolg durch Eingehen von Fristentransformation ist zwar möglich, doch kann ein geplanter Erfolg – wegen unzutreffender Zinsprognose – zum realen Mißerfolg werden. Die Margen aus Neugeschäft hingegen können völlig unabhängig von dispositiven Maßnahmen geplant werden. Fristentransformation kann andererseits auch völlig unabhängig von den Kundengeschäften durchgeführt werden. Entsprechend sollte das Kundengeschäft nicht mit geplanten zukünftigen dispositiven Maßnahmen vermischt werden. Es ist generell problematisch, bereits heute zukünftige dispositive Maßnahmen zu planen, deren Konditionen von der zukünftig eintretenden Zinsstruktur abhängen. Derartige Maßnahmen können in der Zukunft – bei bekannter Zinsstruktur und neuer Prognose – ebensogut neu geplant und tatsächlich ausgeführt werden. Angenommen, ein Disponent erwartet im Zehn-Jahresbereich zunächst in den folgenden drei Monaten steigende Zinsen, danach stark fallende Zinsen. Er plant nun, in drei Monaten zehnjährige Anlagen zu kaufen, und rechnet den erwarteten höheren Zins sowie den Kursgewinn in die Planung seines dispositiven Ergebnisses ein. Diese Vorgehensweise ist äußerst fragwürdig. Der Disponent kann nämlich die Maßnahme »Kauf Zehn-Jahrespapiere« erst dann endgültig entscheiden, wenn die drei Monate verstrichen sind. Er wird nur dann wirklich kaufen, wenn seine Erwartung hinsichtlich nun sinkender Zinsen nach wie vor unverändert ist. Im Normalfall wird der Disponent von der Realität überholt: Möglicherweise ist der Zins nicht wie erwartet gestiegen, möglicherweise wird ein weiteres Steigen prognostiziert, Wie kann mit Cash-flow gesteuert werden? 157 möglicherweise beginnen die Zinsen schon früher zu sinken etc. Die Rechnung besitzt zu viele Unbekannte. Die Rechnung wird zur selbstgestellten Falle, wenn der Disponent trotz geänderter Rahmenbedingungen die geplante Maßnahme schematisch durchführt. Zur Klarstellung sei auch daran erinnert, daß Termingeschäfte, deren Konditionen bereits heute fixiert sind, problemlos in die Berechnung einbezogen werden können. Die Prämisse der Strukturkongruenz erlaubt es, sich bei der Planung des Neugeschäfts auf Margen in % und Volumina je Geschäftsfeld zu beschränken. Alternativ könnten direkt Margen in DM geplant werden. Die Planung des Neugeschäfts wird in jedem Fall stark vereinfacht, da die konkreten Zinsen des Neugeschäfts nicht geplant werden müssen. Aus diesem Grund sind auch Elastizitäten zur Prognose der Zinsen für das Neugeschäft nicht notwendig. Wieder sorgt die geeignete Mischung gleitender Durchschnitte dafür, daß auch beim variablen Geschäft von konstanten Margen ausgegangen werden kann. Auch hier werden Elastizitäten nicht benötigt. Es könnte eingewandt werden, daß die im Neugeschäft erzielbare Marge von der Höhe des Zinsniveaus abhängig ist. Zum Beispiel kann bei Termineinlagen von Kunden in der Regel in der Hochzinsphase eine höhere Marge erzielt werden als in der Niedrigzinsphase. Sofern hierzu Regelmäßigkeiten festgestellt werden können, können diese in Form eines funktionalen Zusammenhangs – möglicherweise eines linearen Zusammenhangs – in die Planung einbezogen werden. Diese funktionalen Zusammenhänge sollten aber nicht mit herkömmlichen Elastizitäten verwechselt werden, da dort der Zins des Produkts, nicht jedoch die Marge die abhängige Variable bildet. Die Prämisse der Strukturkongruenz erlaubt es ebenfalls, bei der Margenplanung jeweils von der optimalen Kundenorientierung auszugehen. Diese erlaubt, dem Kunden jeweils das Produkt mit der vom Kunden gewünschten Zinsbindung zu verkaufen. Hierfür kann eine entsprechende Marge erwartet werden. »Sonderangebote«, die den Kunden für die Bank günstige Zinsbindungen mit entsprechenden Margenzugeständnissen anpreisen, sind nicht mehr nötig. Sie sind vielmehr für die Ertragslage der Bank negativ zu beurteilen.1 Würden im Neugeschäft Fristentransformationen zugelassen, müßten nicht nur Volumina und Margen, sondern absolute Zinshöhen, Volumina und Fristen je Produkt festgelegt werden. Zudem ergäben sich durch die neuen Inkongruenzen weitere Überhänge, die erneut durch dispositives Zwangsgeschäft bzw. »Bilanzausgleich« geschlossen werden müßten. Der Planungsumfang würde sich potenzieren – die Übersichtlichkeit und Klarheit der Aussagen ginge verloren. Das Planungsmodell hätte zu viele Parameter. Ein gegenüber den hier dargestellten Analysen zusätzlicher Erkenntnisgewinn ist nicht vorhanden. 1 Vgl. hierzu auch Abschnitt 1.4. 158 Wertorientierte Steuerung des Zinsänderungsrisikos Ausgehend von den genannten Prämissen, kann die Planung nun im Fall der Beispielsparkasse durchgeführt werden. Die Übersichten in Tabelle 3.30, 3.31 und 3.32 zeigen die Planung des Neugeschäfts je Einzelposition sowie die zugehörigen Rechenergebnisse. Tabelle 3.30 Neugeschäft in Zinsbindungen Zeitraum Aktiva aus Zinsbindungen von bis Restkapital Ist Planvolumen gesamt PlanMarge % PlanRestMarge kapital Mio. DM Ist Planvolumen gesamt PlanMarge % PlanMargen Marge neu Mio. DM Mio. DM Dez. 96 Juni 97 Dez. 97 Juni 98 Dez. 98 1 750 1 550 1 400 1 250 1 100 1 750 1 750 1 750 1 800 1 800 0,75 0,75 0,75 0,75 0,75 0,00 0,75 1,31 2,06 2,63 2 000 2 000 2 000 2 000 2 000 0,40 0,40 0,40 0,40 0,40 0,00 1,00 1,50 1,80 2,10 Passiva aus Zinsbindungen 2 000 1 500 1 250 1 100 950 Summe 0,00 1,75 2,81 3,86 4,73 Die Zeile »Dezember 1996« zeigt die aktuellen Ist-Werte für Restkapital und Marge %. Die Spalte »Restkapital Ist« gibt an, welcher Kapitalstand zum angegebenen Zeitpunkt im Ist-Geschäft noch vorhanden ist. Diese Information wird der Zinsbindungsbilanz der Festzinsgeschäfte entnommen. Die Spalte »Planvolumen gesamt« zeigt das von den Marktbereichen geplante Gesamtvolumen. »Neugeschäft« ist die Differenz zwischen dem »Planvolumen gesamt« und dem »Restkapital Ist« (ohne Ausweis). Die Spalte »Plan-Marge %« enthält die geplante Marge für das Neugeschäft. Aus den obigen Informationen kann die »Plan-Marge DM« berechnet werden: Plan-Marge DM = (Planvolumen gesamt – Restkapital Ist) Plan-Marge % Die Berechnung wurde im Beispiel global für alle Geschäfte mit Zinsbindung durchgeführt. In der Praxis ist eine Differenzierung nach Geschäftstypen notwendig. Tabelle 3.31 Neugeschäft variable Aktiva Zeitraum Variable Kundendarlehen von bis Restkapital Ist Planvolumen gesamt PlanMarge % PlanRestMarge kapital Mio. DM Ist Dez. 96 Juni 97 Dez. 97 Juni 98 Dez. 98 150 102 54 51 48 150 160 160 160 160 1,00 0,90 0,90 0,90 0,90 0,00 0,26 0,48 0,49 0,50 Kontokorrentkredite 400 160 0 0 0 Planvolumen gesamt 400 400 400 400 400 Summe PlanMarge % PlanMargen Marge neu Mio. DM Mio. DM 5,00 5,00 5,00 5,00 5,00 0,00 6,00 10,00 10,00 10,00 0,00 6,26 10,48 10,49 10,50 Wie kann mit Cash-flow gesteuert werden? 159 Die Bedeutung der Spalten und die Rechenlogik sind analog zum Festzinsgeschäft. Inhaltlich entspricht die Spalte »Restkapital Ist« dem Ablauf nach dem gewählten Mischungsverhältnis der gleitenden Durchschnitte. Bei den Kundendarlehen ist eine Ausweitung des Volumens geplant. Entsprechend wird damit gerechnet, daß die derzeitige Ist-Marge von 1,00% auf 0,90 % reduziert werden muß. Tabelle 3.32 Neugeschäft variable Passiva Zeitraum Variable Spareinlagen von bis Restkapital Ist Planvolumen gesamt PlanMarge % PlanRestMarge kapital Mio. DM Ist Dez. 96 Juni 97 Dez. 97 Juni 98 Dez. 98 750 542 446 407 368 750 740 740 730 730 3,00 3,00 3,00 3,00 3,00 0,00 2,97 4,41 4,85 5,44 Kontokorrent Haben 350 329 308 287 266 Planvolumen gesamt 350 350 350 350 350 Summe PlanMarge % PlanMargen Marge neu Mio. DM Mio. DM 6,50 6,50 6,50 6,50 6,50 0,00 0,68 1,37 2,05 2,73 0,00 3,65 5,77 6,89 8,17 Die Bedeutung der Spalten und die Rechenlogik sind analog zu den variablen Aktiva. Bei den Spareinlagen wird ein Rückgang des Volumens geplant. Dennoch liegt »Neugeschäft« vor, da die Differenz zwischen dem Kapitalabbau gemäß gleitenden Durchschnitten und dem Planvolumen als Neugeschäft berechnet werden muß. Zusammenfassung der Teilergebnisse Zusammenfassend gelten somit die in Tabelle 3.33 und 3.34 dargestellten Ergebnisse für den Zinsüberschuß: Tabelle 3.33 Jahr 1 Zinsüberschuß aus Ist-Geschäft dispositivem Zwangsgeschäft Neugeschäft Zinsbindungen Neugeschäft variable Aktiva Neugeschäft variable Passiva Totalsumme Mio. in Prozent der Bilanzsumme Erwartung 74,00 – 1,64 4,56 16,74 9,42 103,00 2,95 Szenario »niedrig« 74,00 – 1,26 4,56 16,74 9,42 103,00 2,96 Szenario »hoch« 74,00 – 1,53 4,56 16,74 9,42 103,00 2,95 160 Wertorientierte Steuerung des Zinsänderungsrisikos Tabelle 3.34 Jahr 2 Zinsüberschuß aus Ist-Geschäft dispositivem Zwangsgeschäft Neugeschäft Zinsbindungen Neugeschäft variable Aktiva Neugeschäft variable Passiva Totalsumme Mio. in Prozent der Bilanzsumme Erwartung 55,00 2,69 8,59 20,99 15,06 102,00 2,92 Szenario »niedrig« 55,00 1,20 8,59 20,99 15,06 101,00 2,88 Szenario »hoch« 55,00 4,14 8,59 20,99 15,06 104,00 2,97 Die Zinsspanne der Beispielsparkasse bleibt also auch bei starker Zinsschwankung weitgehend konstant. 3.4.3 Planung des außerordentlichen Ergebnisses in der Einzelperiode Das außerordentliche Ergebnis der Bank hängt – sofern es sich um außerordentliche Ergebnisse des Zinsbereichs handelt – primär vom Depot A ab. Außerordentliche Ergebnisse entstehen dort in folgenden Fällen: Abschreibungen von Papieren im Umlaufvermögen, sofern der Kurs unter den aktuellen Buchwert sinkt. »Realisierung« von Gewinnen oder Verlusten bei Fälligkeit oder Verkauf von Papieren. In welchem Ausmaß Zinsänderungen außerordentliche Ergebnisse induzieren, hängt von mehreren Faktoren ab: Höhe der stillen Reserven, die im Depot A enthalten sind: Die Kursverluste je Papier, die niedriger sind als die jeweilige stille Reserve, wirken sich bilanziell nicht aus. Kursgewinne bleiben unberücksichtigt. (Der jeweilige Abbau bzw. Aufbau der stillen Reserven geht zwar in das Ergebnis laut Performancerechnung ein, nicht aber in die GuV.) Aktive Maßnahmen, die Bewertungsveränderungen bewirken: Die Bank kann durch den Verkauf von Wertpapieren jederzeit stille Reserven als außerordentliches Ergebnis realisieren. (Werden die verkauften Wertpapiere anschließend zurückgekauft, bleibt der Zahlungsstrom und damit das Risiko gemäß Performancerechnung unverändert.) Ausübung von Wahl- und Gestaltungsrechten: Das außerordentliche Ergebnis ist durch Ausübung von Wahlrechten in hohem Maße gestaltbar, wie z. B. durch Zuordnung zum Anlage- oder Umlaufvermögen, Bildung von »Produktbündeln« in Form von Hedgegeschäften. Wie kann mit Cash-flow gesteuert werden? 161 Eine Prognose der außerordentlichen Ergebnisse ist also nur in Kenntnis der exakten Zusammensetzung des Depot A möglich. Insbesondere müssen die aktuellen Buchwerte und damit die vorhandenen stillen Reserven bekannt sein. Eine Auswertung per Bilanzstichtag sollte folgende Informationen beinhalten: Bis zum Bilanzstichtag anfallende Gewinne und Verluste durch Ablauf der Papiere. Am Bilanzstichtag notwendige Abschreibungen (Kurswert kleiner Buchwert bei Papieren im Umlaufvermögen). Am Bilanzstichtag vorhandene stille Reserven (Kurswert größer Buchwert bei Papieren im Umlaufvermögen). Am Bilanzstichtag vorhandene stille Reserven in Papieren des Anlagevermögens. Am Bilanzstichtag vorhandene stille Verluste in Papieren des Anlagevermögens. Aus diesen Informationen erkennt das Institut einerseits zwingend anfallenden Abschreibungsbedarf, andererseits den möglichen Handlungsspielraum. Hierzu liegen von verschiedenen Anbietern Lösungen vor (Host- oder PC-Software). Eine Analyse des Depot A der Beispielsparkasse in dieser Hinsicht unterbleibt aus Platzgründen. Hierzu wäre die Angabe der Einzelzusammensetzung des Depot A notwendig. Das in Abschnitt 3.2.1 berechnete barwertige Zinsänderungsrisiko für das Depot A erlaubt eine Abschätzung des maximalen Abschreibungsbedarfs für die Beispielsparkasse. Die Abschätzung beruht auf der Prämisse, daß für alle Papiere des Depot A am Jahresbeginn Kurswert und Buchwert übereinstimmen, also keine stillen Reserven vorhanden sind. Nach dieser Berechnung liegt ein maximaler Abschreibungsbedarf von 25,28 Mio. vor (Szenario + + +). 3.4.4 Einbeziehung von Maßnahmen Die Wirkung von Maßnahmen auf den Zinsüberschuß kann auf einfache Weise ermittelt werden: Jede Maßnahme wird nach ihrer Durchführung zum Ist-Geschäft. Sie beeinflußt damit den Zinsüberschuß aus Ist-Geschäft. Gleichzeitig liegen in der Regel neue Überhänge im Cash-flow vor, die ihrerseits auf den Zinsüberschuß im dispositiven Zwangsgeschäft wirken. Ebenso muß die eventuelle Wirkung der Maßnahme auf das außerordentliche Ergebnis geprüft werden. Am Beispiel der Maßnahme DsgvM3 (Anlage von 50 Mio. auf Frist von 8 Jahren, Nominalzins gleich Rendite 5,80%) wird die Berechnung demonstriert. Die Mittel zur Anlage der 50 Mio. stammen aus »kurzer« Geldaufnahme. Unter dem Szenario »Prognose« kostet diese Geldaufnahme rund 3,15 % (Ist-Zins 3,0 %, Zinsprognose 3,25 %). Es liegt somit eine Erhöhung des Zinsüberschusses um 50 Mio. (5,80 – 3,15) / 100 = 1,33 Mio. vor. 162 Wertorientierte Steuerung des Zinsänderungsrisikos Der entsprechende Zinsüberschuß kann ebenso für andere Zinsszenarien berechnet werden. Schließlich kann ebenso der Abschreibungsbedarf in Fall der definierten Zinsszenarien berechnet werden. 4 Warum muß primär nach dem Performancekonzept gesteuert werden? – Vergleich mit traditionellen Methoden im Zinsgeschäft In diesem Kapitel wird die Steuerung nach dem Performancekonzept mit der herkömmlichen Steuerung über GuV-Ergebnisse und Bilanzkennzahlen verglichen. Dabei wird gezeigt, daß das Performancekonzept eindeutige Vorteile besitzt, während bei traditioneller Steuerung die Gefahr von Fehlinformationen und damit Fehlentscheidungen besteht. Die Analyse beschränkt sich vorläufig primär auf das Zinsgeschäft. Die Erweiterung der Betrachtungen auf die Gesamtbank bzw. andere Vermögenspositionen erfolgt in Kapitel 5. 4.1 Zinsrisikosteuerung: Performance versus GuV-Planung Der Vergleich der Konzepte erfolgt unter verschiedenen Blickwinkeln. Es werden die inhaltlichen Unterschiede, die Identität über die Gesamtlebensdauer und die prinzipiellen Relationen, die Gestaltbarkeit der Ergebnisse, die Informationen über Vermögen und Risiko sowie sonstige Merkmale erläutert. Abbildung 4.1: »Risiken müssen addierbar sein« traditionell Periode 1 Stichtag Abschreibungsrisiko Stichtag + Risiko: Verringerung der stillen Reserven = geht nicht! < Limit (geht erst recht nicht !) Risiko: Verringerung der Zinsspanne … + Periode 1 + sonstige periodische GuV-Risiken … Periode n Periode n Risiko: Verringerung der Zinsspanne sonstige periodische GuV-Risiken Gesamtrisiko nicht ermittel- und steuerbar Warum muß primär nach dem Performancekonzept gesteuert werden? 4.1.1 163 Inhaltliche Analyse der Zielgrößen Analysiert man die Zielgrößen der jeweiligen Konzepte, zeigen sich signifikante Unterschiede. Traditionell, d. h. bei einer Zinsrisikosteuerung nach GuV, werden zwei Zielgrößen betrachtet: der Zinsüberschuß je Periode und die aktuellen bilanziell wirksamen Wertveränderungen; die beiden Zielgrößen sind dabei in ihrer Steuerungswirkung nicht harmonisierbar (siehe Abbildung 4.1). Das Performancekonzept hingegen betrachtet alle Wertveränderungen und bildet sie gemeinsam mit dem Zinsüberschuß summativ in einer Zielgröße »Performance« ab. Die folgende Tabelle stellt die abgebildeten Zielgrößen der genannten Steuerungskonzepte gegenüber. Tabelle 4.1 Steuerung nach GuV Steuerung nach Performancekonzept Abgebildete Zielgröße Zinsüberschuß je Periode und bilanziell wirksame Wertveränderungen. Zinsüberschuß je Periode und alle Wertveränderungen in einer gemeinsamen Zielgröße. Bilanziell wirksame Wertveränderungen treten nur bei Wertpapieren im Umlaufvermögen und bei Derivaten auf, wenn Wertveränderungen treten in allen Zinspositionen mit jeder Zinsveränderung auf. Es werden nur Kurswerte betrachtet, keine Buchwerte. – der Kurswert unter den Buchwert sinkt, – bei Verkauf oder Fälligkeit Kursgewinne oder Kursverluste »realisiert« werden. Die Zielgröße »Performance« mißt das im Zinsgeschäft gebundene Vermögen (Summe aller Kurswerte) und dessen Veränderung im Zeitablauf. Zinsüberschüsse werden als reguläre, betriebsbedingte Ergebniskomponente aufgefaßt, während Wertveränderungen als »außerordentliche« Ereignisse gewertet werden. Hinweis: Die Wertveränderung entspricht exakt den Zinsüberschußveränderungen in der Zukunft. Gewinnbegriff Gewinn = Zinsüberschuß zuzüglich Wertveränderungen unter bilanziellen Gesichtspunkten Gewinn = Zinsüberschuß zuzüglich reale Wertveränderungen (absolute Änderung des Vermögenswertes aus Zinspositionen in einer Periode) Die Übersicht in Tabelle 4.1 zeigt: Während die GuV nur einen kleinen Teil der Wertveränderungen erfaßt und sich überwiegend an »Buchwerten« orientiert, werden im Performanceansatz die aktuellen Werte (Kurswerte) aller Zinsgeschäfte1 ermittelt und im Zeitablauf verfolgt. Künstlich erzeugte Buchwerte gibt es in diesem System nicht. 1 Beispiel: Ein Sparkassenbrief, der sich hinsichtlich der Restlaufzeit, der Zinskondition und der Emittentenbonität nicht von einem börsengehandelten Wertpapier unterscheidet, wird auch identisch bewertet (mit dem Kurswert, nicht mit dem Nominal- bzw. Buchwert). 164 Wertorientierte Steuerung des Zinsänderungsrisikos Schlußfolgerungen: Die GuV bildet den Erfolg der Bank im Zinsbereich nur unvollständig ab. Es fehlen nahezu alle Wertveränderungen. Die Performancerechnung zeigt den Erfolg inklusive Wertveränderungen korrekt. 4.1.2 Identität der Rechnungslegung über die Gesamtlebensdauer und prinzipielle Relationen Aus der Übersicht in 4.1.1 folgt, daß in der Praxis mit erheblichen Unterschieden bei der Ergebnisfeststellung zu rechnen ist. Deshalb ist es sinnvoll, sich mit den prinzipiellen Relationen zwischen den Ergebnissichten zu beschäftigen. Unter welchen Bedingungen herrscht Identität, wann sind Unterschiede in welcher Richtung zu erwarten? Identität über die Gesamtlebensdauer Wie bereits in Abschnitt 3.4.1 dargelegt, ist über die Gesamtlebensdauer eines Produktes und damit letztlich auch der Gesamtbank der Erfolgsausweis gemäß GuV und Performancekonzept identisch. Da die Ergebnisrechnung in der Praxis aber auf Teilperioden (mindestens Jahre) abzielt, liegen je Teilperiode in der Regel unterschiedliche Ergebnisse vor. In Fortsetzung des bereits in Abschnitt 1.2 vorgestellten Beispiels sollen einerseits die Unterschiede, andererseits die Identität über die Gesamtperiode dargestellt werden: Beispiel Tilgungsfreies Wertpapier oder Darlehen, Nominalzins 8 % (jährliche Zinszahlung), Kurs 100 %, 2 Jahre fest, Nominalbetrag 100 000 DM. Zinsniveau bei Kauf 8 % (Kurs 100 %). Ein Jahr später beträgt das Zinsniveau für einjährige Laufzeiten: a) 7 %; der Kurs des Papiers ist entsprechend 100,93458 %, Kursgewinn 934,58 DM. b) 9 %; der Kurs des Papiers ist entsprechend 99,08257, Kursverlust 917,43 DM. Warum muß primär nach dem Performancekonzept gesteuert werden? 165 Hieraus resultieren die nachstehend aufgeführten Ergebnisse:1 Tabelle 4.2 Ergebnisse bei Zinsentwicklung gemäß a): 7% Zins im zweiten Jahr Jahr 1 2 Summe GuV Performancekonzept Anlagevermögen Umlaufvermögen DM % DM % 8000 8000 16000 8,00 8,00 8000 8000 16000 8,00 8,00 keine Unterscheidung zwischen Anlage- und Umlaufvermögen DM % 8934,58 7065,42 16000,00 8,93458 7,00000 Tabelle 4.3 Ergebnisse bei Zinsentwicklung gemäß b): 9% Zins im zweiten Jahr Jahr 1 2 Summe GuV Performancekonzept Anlagevermögen Umlaufvermögen DM % DM % 8000 8000 16000 8,00 8,00 7082,57 8917,43 16000,00 7,08257 9,00000 keine Unterscheidung zwischen Anlage- und Umlaufvermögen DM % 7 082,57 8 917,43 16 000,00 7,08257 9,00000 Das Beispiel in den Tabellen 4.2 und 4.3 zeigt deutlich die Asymmetrie der Behandlung von Wertpapieren im Umlaufvermögen. Kursverluste gegenüber dem bisherigen Buchwert werden gemäß »Niederstwertprinzip« bzw. »Vorsichtsprinzip« in der Rechnungslegung aufgezeigt, Kursgewinne hingegen nicht. Handelt es sich beim fraglichen Geschäft um ein Kundendarlehen oder eine Kundeneinlage, wird es in der GuV wie »Anlagevermögen« bewertet. Liegt ein Wertpapier vor, besteht die Wahlmöglichkeit der Zuordnung zum Anlagevermögen oder Umlaufvermögen mit entsprechend unterschiedlichen Ergebnissen. Im Performancekonzept besteht keine Wahlmöglichkeit, da das Papier nach Kurswerten abgebildet wird. 1 Ergänzende Hinweise: Das obige Beispiel könnte zu der Annahme führen, das Performancekonzept sei bei steigenden Zinsen mit der Bewertung im Umlaufvermögen identisch. Das ist falsch. Der Unterschied wird z. B. bei einem Wertpapier mit längerer Laufzeit deutlich: Ist im ersten Jahr eine Abschreibung wegen einer Zinssteigerung nötig und erfolgt im zweiten Jahr und in den Folgejahren die Rückkehr zum alten Zinsniveau, so wird im Performancekonzept der entsprechende Kursanstieg erfaßt, in der GuV nicht. Die gebildete stille Reserve wird erst bei Verkauf oder Fälligkeit ausgewiesen. Gelegentlich werden Kursverluste als unwichtig abgetan, da sie – wegen der Identität der Ergebnisse in der Gesamtsumme – bis zum Ende der Laufzeit wieder aufgeholt werden. Diese Sichtweise ist unzutreffend. Eine Kursveränderung entspricht exakt der Zinsveränderung (Opportunitätsdenken), und Tauschgeschäfte bzw. Umschichtungen können nur anhand der aktuellen Kurse beurteilt werden (vgl. auch Abschnitte 1.2 und 1.3). 166 Wertorientierte Steuerung des Zinsänderungsrisikos Grundsätzlich mögliche Unterschiede in Teilperioden Da der Zinsanteil in einer Periode in beiden Konzepten identisch ist, entscheidet die erfaßte Wertveränderung über mögliche Unterschiede. Hinsichtlich der Wertveränderung sind folgende Relationen denkbar, die jeweils mit Beispielsituationen untermauert werden: Ergebnis laut GuV kleiner als Ergebnis laut Performancekonzept Beispielsituationen: Die Bank betreibt insgesamt keine oder nur geringe Fristentransformation, muß aber hohe Abschreibungen im Depot A bei Zinssteigerungen hinnehmen. Dieser Fall liegt letztlich bei allen Banken vor, bei denen das Depot A der Anlage überschüssiger Passivmittel aus Kundengeschäft dient und die Fristigkeit der Überhänge im Kundengeschäft den Ablaufstrukturen im Depot A in etwa entspricht. Der Extremfall wäre bei einer Bank gegeben, die sich im Kundenbereich stark auf das Passivgeschäft beschränkt und die Anlage der Kundenmittel strukturkongruent in Wertpapieren vornimmt. Im genannten Fall müssen bei Zinssteigerungen die Wertpapiere im Umlaufvermögen abgeschrieben werden. Die Kursverluste im Passivbereich, die für die Bank eine Verringerung der Passivverpflichtungen und damit eine Vermögenssteigerung bedeuten, werden in der GuV bzw. Bilanz nicht berücksichtigt. Im Performancekonzept werden hingegen beide Kursbewegungen abgebildet, so daß per Saldo kein Risiko bzw. ein wesentlich kleineres Risiko übrigbleibt. Die genannte Situation konnte in den Pilotsparkassen beobachtet werden. Das Depot A dient in hohem Ausmaß der Anlage von Kundeneinlagen (Sparbriefe, Wachstumszertifikate, Spareinlagen). Die Abschreibungen, die im Depot A bei steigenden Zinsen zu erwarten sind, übertreffen deutlich das Gesamtrisiko der Bank (siehe speziellen Anhang). (Hinweis: Hiervon unberührt bleibt die Möglichkeit, bilanzielle Kursverluste im Depot A durch Widmung der Papiere zum Anlagevermögen bzw. durch entsprechende Auswahl von nicht abschreibungspflichtigen Titeln zu vermeiden.) Die Passivseite der Bank ist insgesamt »länger« als die Aktivseite, die Zinsen sind in der Betrachtungsperiode gestiegen: Da alle Kundengeschäfte in der GuV mit Buchwerten bewertet werden, registriert die GuV hier keine Wertveränderungen. Ist ein Teil der Aktivseite in zu bewertenden Papieren angelegt, so erleiden diese Papiere u. U. bilanzielle Kursverluste. Wirtschaftlich treten auf der Passiv- und Aktivseite Kursverluste Warum muß primär nach dem Performancekonzept gesteuert werden? 167 ein, wobei – wegen der längeren Laufzeit – die Kursverluste auf der Passivseite überwiegen. Folglich steigt das Vermögen in Zinsgeschäften. Damit kann die Situation eintreten, daß laut GuV ein Verlust angezeigt wird, obwohl nach Performancerechnung ein Gewinn vorliegt. Die Passivseite ist »kürzer« als die Aktivseite, die Zinsen sind in der Betrachtungsperiode gesunken: Analog zur obigen Situation liegen höhere Wertzuwächse auf der Aktivseite vor als auf der Passivseite. Dadurch gewinnt die Bank an Wert. Handelt es sich bei den Aktiv- und Passivgeschäften um Kundengeschäfte, wird der Wertgewinn in der GuV nicht abgebildet. Auch bei Wertpapieren im Umlaufvermögen wird der Wertgewinn nur dann in der Ergebnisrechnung erfaßt, wenn diese Papiere verkauft werden. Die Tatsache, daß in den zuvor genannten Situationen der Gewinn laut GuV kleiner ist als der Gewinn laut Vermögensrechnung, führt zur Bildung bzw. zur Erhöhung von stillen Reserven. Hierbei ist zu beachten, daß diese Reserven nicht nur im Depot A, sondern auch in Kundengeschäften (bei Aktivgeschäften Kurswert über, bei Passivgeschäften Kurswert unter Buchwerten) liegen können. Die Möglichkeit, im bilanziellen Ergebnis unterhalb des Ergebnisses laut Performancerechnung bleiben zu können, entspricht dem »Sicherheitsdenken« der deutschen Rechnungslegung. (Es ist auch nicht auszuschließen, daß die GuV Verluste ausweist, obwohl ein Vermögenszuwachs erzielt wurde.) Ob dieser Effekt erwünscht oder unerwünscht ist, hängt von der allgemeinen Ergebnissituation im betrachteten Jahr ab. Eine Bank, deren Performanceergebnis sehr gut ist, wird dieses Ergebnis nicht in voller Höhe nach außen zeigen wollen und die genannten Reserven für schlechtere Jahre bilden. Sinkt aber bei mittlerem Performanceergebnis durch die gezeigten Effekte das Ergebnis laut GuV unter eine gewisse Grenze oder wird negativ, erfordert dies Maßnahmen, die dem entgegenwirken (siehe Abschnitt 4.1.3). Ergebnis laut Performance kleiner als Ergebnis laut GuV Beispielsituationen: Auflösung stiller Reserven, die in den Vorperioden erzielt wurden, bei sonst geringer Fristentransformation oder bei unveränderter Zinsstruktur: In diesem Fall wird ein Vermögenszuwachs, der in Vorperioden erwirtschaftet, damals aber in der GuV nicht ausgewiesen wurde, in der Ist-Periode durch Verkauf oder Fälligkeit der Position realisiert. Gleichzeitig hat sich – wegen geringer Fristentransformation oder geringen Zinsschwankungen – der Ver- 168 Wertorientierte Steuerung des Zinsänderungsrisikos mögenswert der Bank nicht verändert. Der Fall liegt z. B. vor, wenn die Bank stille Reserven im Depot A durch Verkauf der entsprechenden Positionen realisiert, Forderungen an Kunden, deren Kurswert über dem Buchwert liegt, verkauft oder Verpflichtungen an Kunden, deren Kurswert unter dem Buchwert liegt, durch Bezahlung des Kurswertes abstößt. Die Passivseite ist »länger« als die Aktivseite, die Zinsen sind in der Betrachtungsperiode gesunken: Die Bank gewinnt hier durch Kurssteigerungen an der Aktivseite weniger, als sie durch Kurssteigerungen auf der Passivseite verliert. Der entsprechende Vermögensverlust wird in der GuV nicht gezeigt. Die Bank hat »stille Verluste«, die in der GuV und Bilanz ohne weiteres nicht erkannt werden können. Die Passivseite ist »kürzer« als die Aktivseite, die Zinsen sind in der Betrachtungsperiode gestiegen: Die Bank gewinnt hier durch Kurssteigerungen an der Aktivseite weniger, als sie durch Kurssteigerungen auf der Passivseite verliert. Der entsprechende Vermögensverlust wird in der GuV nicht gezeigt. Die Bank hat hier »stille Verluste«, die in der GuV und Bilanz ohne weiteres nicht erkannt werden können. In den Beispielfällen, in denen das Ergebnis laut GuV größer ist als das Ergebnis laut Performance, werden »stille Reserven« abgebaut oder stille Verluste erzeugt. Eine Bank könnte also trotz Vermögenseinbußen GuV-Gewinne ausweisen. Die genannten Situationen stehen konträr zum »Sicherheitsdenken« der herkömmlichen Rechnungslegung. Dies gilt vor allem, wenn nicht nur stille Reserven aus Vorperioden verzehrt werden, sondern zusätzlich stille Verluste hingenommen werden müssen. Schlußfolgerungen: Über die Gesamtperiode herrscht Ergebnisidentität, in den Einzelperioden können erhebliche Unterschiede mit beliebigen Relationen bestehen. Die Bank hat die Möglichkeit, stille Reserven in den Jahren aufzubauen, in denen das Ergebnis laut GuV unter dem Ergebnis laut Performancerechnung liegt. Die Bank baut in Situationen, in denen das Ergebnis laut GuV über dem Ergebnis laut Performance liegt, stille Reserven ab oder erzeugt stille Verluste. Besonders gefährlich ist es, wenn ein realer Vermögensverlust wegen des Abbaus stiller Reserven oder der Erzeugung stiller Verluste nicht erkannt wird. Wegen der schwer kalkulierbaren Relationen ist es notwendig, die GuV separat zu planen und alle Maßnahmen auf ihre Wirkung in der GuV hin zu überprüfen. Warum muß primär nach dem Performancekonzept gesteuert werden? 4.1.3 169 Gestaltbarkeit der Ergebnisse Die Möglichkeit, daß in den Teilperioden der Gewinnausweis abweicht, ist letztlich auch eine Folge der Gestaltbarkeit der GuV. Die Unterschiede hinsichtlich der Gestaltbarkeit der Ergebnisse werden in der Tabelle 4.4 aufgeführt. Tabelle 4.4 Gestaltbarkeit des Ergebnisses GuV Performancekonzept Der Ertrag laut GuV kann durch vielfältige Bewertungsrechte jederzeit und kurzfristig erhöht oder verringert werden. Die Performance kann nur langfristig durch Maßnahmen gesteuert werden. Das Jahresergebnis kann geschäftspolitisch gestaltet und geglättet werden. Stille Reserven können in erheblichem Ausmaß gelegt werden. Stille Verluste können erzeugt werden. Die Gestaltbarkeit ist um so höher, je mehr stille Reserven in der Vergangenheit gelegt wurden. Eine Ergebnisveränderung tritt nur bei Zinsänderungen bzw. in Zeitablauf ein. Kurzfristig kann das Ergebnis nicht verändert werden. Es bestehen keine Manipulationsmöglichkeiten. Stille Reserven können nicht gelegt werden. Es bestehen keine Möglichkeiten der Ergebnisglättung. Der Erfolg wird ohne manipulative Gestaltungsmöglichkeiten abgebildet. Es müssen – soll nicht mit zu geringem Risiko gearbeitet werden – manchmal Vermögensverluste hingenommen werden. Die GuV bietet allein im Zinsbereich zahlreiche Bewertungsrechte bzw. Gestaltungsmöglichkeiten: Zuordnung von Wertpapieren zum Anlagevermögen oder Umlaufvermögen Umwidmung von Wertpapieren aus dem Anlagevermögen in das Umlaufvermögen Realisierung stiller Reserven durch Verkauf oder Ablauf Abschluß von Finanzinnovationen mit Ausgleichszahlungen Zuordnung von Finanzinnovationen als Hedgeposition oder Tradingposition Verkauf von Forderungen Verkauf von Verbindlichkeiten bzw. Rückkauf eigener Emissionen Realisierung von Geschäften als Provisionsgeschäft oder als Eigengeschäft Abschluß von bilanziellen Geschäften, die mit Optionen gekoppelt sind, bei denen die Optionsrechte aber nicht bewertet werden (z. B. Wertpapiere mit Kündigungsrecht des Emittenten, die mit höherem Nominalzins ausgestattet sind. Das entsprechende Optionsrecht wird in der Bilanz nicht abgebildet.) An weitere Bewertungs- und Gestaltungrechte, die außerhalb des Zinsbereichs liegen (Einzelwertberichtigungen, Immobilien, Aktien, Beteiligungen, Optionen), sei nur erinnert. Diese Bewertungsrechte ermöglichen es zusätzlich, die GuV bzw. Bilanz im gewünschten Sinn zu gestalten, wobei die Wirkung dieser Maßnahmen im Ausmaß die oben genannten Möglichkeiten des reinen Zinsbereichs in der Regel übertrifft. Ein 170 Wertorientierte Steuerung des Zinsänderungsrisikos Beispiel hierfür ist der Verkauf von abgeschriebenen Immobilien mit anschließendem »Lease Back«. Eine Steuerungsgröße, die »gestaltet« werden kann, kann aber grundsätzlich nie geeignet sein, ein Unternehmen zu führen; hierfür ist eine objektive Zielgröße unabdingbar. Das Performancekonzept ist dazu geeignet, denn es bietet keine Bewertungsrechte oder Möglichkeiten, den Ergebnisausweis zu beeinflussen. Eine Ergebnisveränderung im Zinsbereich tritt nur ein, wenn Zeit vergeht (Zinszuwachs) und/oder die Zinsstruktur sich verändert (Wertveränderungen).1 Schlußfolgerungen Das Ergebnis laut GuV ist – innerhalb weiter Grenzen – gestaltbar. Insbesondere kann das Ergebnis laut GuV geglättet werden. Der Bildung von Reserven kommt hohe Bedeutung zu: Je höher die Reserven, um so größer ist der Gestaltungsspielraum. Das Performancekonzept ist das geeignete betriebswirtschafliche Modell. Es erfordert wegen der starken Ergebnisschwankungen und wegen möglicher negativer Performance (keine Glättungsmöglichkeit) aufgeklärte Eigentümer und Kontrollinstanzen. 4.1.4 Informationen über Vermögen, Risiko und Dispositionserfolg Eine (interne) Ergebnisrechnung sollte nicht nur über den tatsächlichen Gewinn informieren, sondern auch über Vermögens- bzw. Kapitalgrößen und das bestehende oder in der Vergangenheit eingegangene Risiko. Die Übersichten in den Tabellen 4.5– 4.7 zeigen jeweils, wie die beiden Ansätze diesen Forderungen entsprechen. Vermögen Das herkömmliche Rechnungswesen basiert auf Buchwerten. Diese können von den realen Marktwerten in positiver und negativer Richtung erheblich abweichen. Folglich kann die Bilanz niemals über reale Marktwerte und damit echte Vermögensgrößen informieren, sondern nur über synthetisch (nämlich als Bezugsbasis) erzeugte Kapitalpositionen. Das Performancekonzept informiert sui generis über die Vermögenswerte der Bank, da es die Feststellung und Entwicklung des Vermögens als Kernpunkt beinhaltet. 1 Da die Bank ihr Vermögen anlegen muß, unterliegt sie immer einem Zinsänderungsrisiko. Je nach Fristigkeit der Anlage des Vermögens und je nach gleichzeitiger inkongruenter Geldaufnahme werden hierbei Situationen auftreten, in denen eine negative Performance entsteht. Dies ist bei starken Zinssteigerungen bereits bei einer Anlage des Vermögens im Fünf-Jahresbereich der Fall. Warum muß primär nach dem Performancekonzept gesteuert werden? 171 Tabelle 4.5 Ermittlung des Vermögens GuV Performancekonzept Feststellung des Eigenkapitals, gegliedert nach verschiedenen Kategorien. Ermittlung des im Zinsgeschäft gebundenen Vermögens aus dem Cash-flow. Die bilanziellen Kapitalgrößen entsprechen nicht dem Wert des Unternehmens. Ermittlung des Marktwertes anderer Vermögensbestandteile (Aktien, Optionen, Immobilien, Beteiligungen, Inventar, Rechte etc.). Aus bilanziellen Informationen geht die Vermögensstruktur nicht hervor. Kenntnis der Vermögensstruktur. Risiko Die Risikomessung im herkömmlichen Ansatz beschränkt sich darauf, die Schwankungen im Ergebnis laut GuV festzustellen bzw. prognostisch zu planen. Da das Ergebnis laut GuV eine gestaltbare Position ist, die durch Maßnahmen verändert – insbesondere geglättet – werden kann, kann eine hierauf fußende Risikomessung nicht zielführend sein. Das Risiko kann systematisch unterschätzt (überwiegend Positionen im Anlagevermögen mit gleichzeitig hoher Fristentransformation) oder überschätzt werden (Depot A im Umlaufvermögen als Gegenposition zu Kundeneinlagen). Im Gegensatz hierzu bedeutet »Risiko« im Performanceansatz die negative reale Vermögensveränderung absolut oder relativ zum erwarteten Ergebnis. Das Risiko ist bei standardisierter Szenariotechnik rechnerisch eindeutig definiert und kann nicht durch Ausübung von Bewertungsrechten manipuliert werden. Tabelle 4.6 Risiko und Chance (hier: relativ definiert) GuV Performancekonzept Abweichung der Änderung des Ergebnisses laut GuV von der erwarteten Änderung, hierbei Aufspaltung in Veränderung des Zinsüberschusses und Veränderung des außerordentlichen Ergebnisses. Abweichung der Änderung des Vermögens im Zeitablauf von der erwarteten Änderung. Dispositionserfolg Die Marktzinsmethode soll nach der Konzeption Dispositionserfolg vom Markterfolg (Erfolg aus Kundengeschäften) trennen. Der Dispositionserfolg ist hierbei ausschließlich der Erfolgsbeitrag, der durch das Eingehen von Fristentransformationen bewirkt wird. In der herkömmlichen Umsetzung wird hierzu zunächst der Zinsüberschuß laut GuV festgestellt. Hiervon werden die Konditionenbeiträge der Marktbereiche abgezogen. Die verbleibende Restgröße wird nach Abzug des als »normal« anzusehenden Zinsertrags aus der Anlage des bilanziellen Eigenkapitals (sog. Anlage- und Finanzierungserfolg) dem Treasury erfolgswirksam zugerechnet. 172 Wertorientierte Steuerung des Zinsänderungsrisikos Tabelle 4.7 Ergebnisabbildung des Dispositionserfolgs GuV Performancekonzept Ergebnis laut GuV abzüglich der Ergebnisanteile der Marktbereiche. Gesamterfolg der Bank laut Performancekonzept, korrigiert um Erfolgskomponenten, die dem Treasury nicht zuzurechnen sind. Je nach Konzept weitere Korrektur um den »Anlage- und Finanzierungserfolg«. Der periodenbezogene Dispositionserfolg als Zinsüberschuß sagt nichts über die aktuelle Leistung des Treasury aus, da der Zinsüberschuß durch Entscheidungen in Vorperioden mitbeeinflußt wird. Korrekturpositionen sind: Barwerte der Kundengeschäfte, Zu- oder Abflüsse von Geld an andere Bereiche wie z. B. ausgabewirksame Kosten, Kapitalzuführungen oder Ausschüttungen, Umschichtungen von Geld in oder aus Vermögenspositionen, die dem Treasury nicht zugerechnet werden. Die beschriebene Vorgehensweise leidet unter drei Schwächen: 1. Der Zinsüberschuß in der Ist-Periode resultiert nicht nur aus den Entscheidungen dieser Periode, sondern auch aus Entscheidungen in Vorperioden. Eine entscheidungs- und verantwortungsorientierte Ergebniszuordnung fehlt. 2. Umgekehrt wirken sich Dispositionsmaßnahmen, die in der Ist-Periode getroffen werden, nicht nur in der Ist-Periode aus. Eine langfristige Position, die innerhalb des Jahres – eventuell mit Zinsdefiziten – geöffnet wurde und am Jahresende erfolgreich geschlossen werden konnte, wirkt sich im Zinsüberschuß des Jahres negativ aus. Der Erfolg wird erst in Folgejahren sichtbar. Auch im genau umgekehrten Fall ergeben sich mitunter dramatische Fehlinformationen. Erneut ermangelt es einer entscheidungsorientierten Ergebniszuordnung. 3. Der »Anlage- und Finanzierungserfolg« wird aus bilanziellen Kapitalgrößen abgeleitet. Da die bilanziellen Größen nicht mit den Ist-Vermögenswerten übereinstimmen, kann die entsprechende Größe niemals korrekt berechnet werden. In der Regel sind die bilanziellen Kapitalgrößen deutlich niedriger als das »wahre« Vermögen. Somit wird der »normale« Anlage- und Finanzierungserfolg zu niedrig angesetzt, die Leistung des Treasury dadurch überschätzt. Das Performancekonzept mißt den Dispositionserfolg korrekt und sendet die angemessenen Steuerungsimpulse. Schlußfolgerung Nur das Performancekonzept informiert korrekt und entscheidungsorientiert über Vermögen, Risiko und Dispositionserfolg. Warum muß primär nach dem Performancekonzept gesteuert werden? 4.1.5 173 Planungshorizont bei Risikobetrachtungen Wichtig für eine vergleichende Darstellung ist nicht zuletzt die Betrachtung des Zeitraumes, der im Verlauf mindestens simuliert werden muß, um das Zinsänderungsrisiko vollständig zu erfassen. Die Tabelle 4.8 analysiert überblickartig den hierzu notwendigen »Planungshorizont« bei traditionellen Verfahren und beim Performancekonzept. Tabelle 4.8 Planungshorizont GuV Performancekonzept Zur Erfassung des Risikos müssen mehrere Jahre der GuV simulativ geplant werden (in der Praxis fünf Jahre). Es gehen keine Informationen verloren, wenn die Performance auf »kurze Frist« (Fristen bis zu einem Jahr) unter Beachtung von Risiko und Ertrag optimiert wird. Dieser Planungshorizont ist Hierzu ist eine Zinsprognose im Verlauf bis zum Planungshorizont und mit Stand am Planungshorizont notwendig. Zinsprognosen, die nach dem Planungshorizont liegen, bringen keinen zusätzlichen Nutzen. – einerseits zu kurz, da viele Produkte Zahlungsströme besitzen, die über 5 Jahre hinausreichen, – andererseits zu lang, da weder eine vernünftige Zinsprognose noch eine Planung des Neugeschäfts für 5 Jahre möglich ist. Neugeschäftsplanung ist zur Risikosteuerung nicht notwendig. Ergänzend wird die GuV für das laufende und gegebenenfalls das Folgejahr geplant. Kritik am Zinsüberschuß laut GuV als Maßgröße für das Zinsänderungsrisiko Die Veränderung des Zinsüberschusses laut GuV in Abhängigkeit von Zinsveränderungen sagt über das wirkliche Zinsänderungsrisiko nichts aus, solange nur das IstJahr betrachtet wird. Hierzu braucht nur an Festzinspositionen gedacht zu werden, deren Laufzeiten nicht übereinstimmen, die aber mindestens ein Jahr lang sind. Die entsprechenden Zinsdifferenzen beeinflussen den Zinsüberschuß, das inhärente Zinsänderungsrisiko aus diesen Positionen wird aber nicht berücksichtigt. Aus dem genannten Grund kann das Zinsänderungsrisiko in der GuV nur dann abgebildet werden, wenn ein längerer Zeitraum betrachtet wird. Hierdurch werden Veränderungen im Zinsüberschuß, die durch heutige Inkongruenzen bedingt sind, sichtbar. In der Praxis wird hierzu ein Zeitraum von fünf Jahren vorgeschlagen. Dieser Zeitraum reicht aber nicht aus, um das Risiko exakt zu erfassen. Ein Beispiel hierfür bildet ein zehnjähriges Darlehen, das mit einem fünfjährigen Sparbrief refinanziert ist. Hier ändert sich der Zinsüberschuß in den ersten fünf Jahren nicht, obwohl ein erhebliches Zinsänderungsrisiko vorliegt. Allgemein werden alle Positionen, deren Zinsbindung über fünf Jahre hinausreicht, nicht korrekt berücksichtigt. Der vorgeschlagene Zeitraum ist also einerseits zu kurz. Andererseits ist ein Planungszeitraum von fünf Jahren in der Praxis der Planung zu lang. Folgende Problempunkte führen dazu, daß eine Planung des Zinsüberschusses für mehr als ein, maximal zwei Jahre nahezu unmöglich ist: 174 Wertorientierte Steuerung des Zinsänderungsrisikos Der Planungszeitraum von fünf Jahren erfordert eine Zinsprognose im Verlauf für die nächsten fünf Jahre, wobei jeweils die Zinsstrukturkurve geschätzt werden muß. Zinsprognosen für einen derartig langen Zeitraum sind in der Praxis unmöglich und allenfalls als Tendenzaussagen denkbar. Die Planung des Neugeschäfts, das in der Zukunft abgeschlossen werden soll, ist notwendig. Hierbei reicht eine globale Planung der Volumina und Zinsen bzw. Margen nicht aus. Vielmehr müssen auch die vom Kunden nachgefragten Fristen je Geschäftsart berücksichtigt werden. Diese Fristen hängen ihrerseits von der Zinsstruktur und den geforderten Zinssätzen bzw. Margenansprüchen der Bank ab. Hinzu kommt, daß im geplanten Neugeschäft Inkongruenzen enthalten sein können, die sich ihrerseits auf den Zinsüberschuß auswirken. Zinsänderungsrisiken des Altbestandes werden dadurch mit Zinsänderungsrisiken des Neugeschäfts vermischt. Eine Ergebnisanalyse – insbesondere Ursachenanalyse – der festgestellten Schwankungen des Zinsüberschusses wird enorm erschwert. Auf diesen Punkt wird bei der Diskussion des Elastizitätskonzepts nochmals eingegangen (Abschnitt 4.4). Schließlich müssen alle dispositiven Maßnahmen, die in Abhängigkeit von jeweiligen Zinsentwicklungen getroffen werden sollen, in der Planung berücksichtigt sein. Da diese Maßnahmen von der simulativ angenommenen Zinsentwicklung abhängen, ist eine Simulation enorm erschwert. Bei allen genannten Punkten muß zusätzlich bedacht werden, daß für Risikobetrachtungen das Durchrechnen eines einzigen möglichen zukünftigen Zinsszenarios nicht ausreicht. Vielmehr müssen simulativ neben erwarteten Zinsentwicklungen auch »Risiko- bzw. Grenzszenarien«, die die Randbereiche möglicher Zinsentwicklungen abdecken, berücksichtigt werden. Für alle diese denkbaren Zinsentwicklungen müssen das Neugeschäft mit Kunden und die jeweilige dispositive Reaktion geplant werden. Wegen der Vielfalt der Parameter wird der Planungsprozeß bei entsprechender Verfeinerung derart komplex, daß er für Entscheidungsträger undurchsichtig und in der Praxis nicht durchführbar wird. Banken, die derzeit im angegebenen System arbeiten, planen entweder nur ein Jahr oder arbeiten mit extrem vereinfachenden Annahmen. Beide »Lösungswege« sind äußerst unbefriedigend. Diskussion des Performancekonzepts Im Performancekonzept wird grundsätzlich mit »kurzem« Planungshorizont gearbeitet. Diese »kurzfristige« Betrachtung reicht voll aus, um das Zinsänderungsrisiko der Bank adäquat abzubilden und die Bank auch langfristig strategisch korrekt zu steuern. Die Begründung hierfür wurde bereits in Abschnitt 1.4 und 3.3, insbesondere 3.3.2, gegeben. Sie wird an dieser Stelle wiederholend vertieft. Warum muß primär nach dem Performancekonzept gesteuert werden? 175 Festlegung des Planungshorizonts Um Mißverständnisse zu vermeiden, wird nochmals betont, daß die Zahlungsströme als Basis der Risikoanalyse in jedem Fall bis zum Ende der wirtschaftlichen Lebensdauer bzw. bis zum Ende der Zinsfestschreibung der bestehenden Geschäfte bestimmt werden müssen. Die Zahlungsströme werden aber am Planungshorizont, der in aller Regel zeitlich vor dem Ende der letzten Zahlungsflüsse liegt, barwertig bewertet. Für die Wahl eines geeigneten Planungshorizonts gelten folgende Kriterien: Es muß eine Zinsprognose im Verlauf bis zum Planungshorizont vorliegen. Ebenso muß prognostiziert werden, welche Zinsstruktur am Planungshorizont vorliegt. Die Zinsprognose im Verlauf bis zum Planungshorizont ist notwendig, um Kenntnis über die mögliche Wiederanlage von Cash-flow zu besitzen, die bis zum Planungshorizont fließen. Die Zinsprognose für den Zeitpunkt »Planungshorizont« ist nötig, um den Barwert der Zahlungen, die nach dem Planungshorizont fließen, berechnen zu können. Eine Prognose von Zinsen für Zeitpunkte, die nach dem Planungshorizont liegen, ist nicht notwendig. Die Bewertung am Planungshorizont garantiert, daß in beliebige andere Cash-flow getauscht werden kann (Barwert als Tauschpreis). Das Institut muß bereit sein, bis zum gewählten Planungshorizont die eingegangenen Positionen aktiv zu verändern. Eine Bewertung ist nur sinnvoll, wenn Entscheidungen aus der Bewertung gezogen werden. Entscheidungen bringen aber in der Regel Veränderungen der Positionen des Instituts mit sich. Ein aktives Depot-A-Management, der Einsatz von Refinanzierungen und Finanzinnovationen in Zusammenarbeit mit der Landesbank sind unumgänglich. Es müssen organisatorische Vorkehrungen getroffen sein, die den regelmäßigen, rollierend aufgebauten Planungsprozeß, die entsprechende Durchführung und die Risikokontrolle institutionell regeln. Die »Mindestanforderungen an das Betreiben von Handelsgeschäften« geben hierzu einen individuell gestaltbaren Rahmen vor. Die bei Umschichtung anfallenden Geld/Brief-Differenzen sind nicht vermeidbar. Eine Umschichtung ist somit nur sinnvoll, wenn die anfallende Geld/Brief-Differenz durch Zinsänderungen am Markt im Zeitablauf übertroffen wird. Je höher also die Geld/Brief-Differenzen ausfallen, um so länger muß folglich der Planungshorizont gewählt werden. Konsequenzen für den Planungshorizont in Sparkassen: Im allgemeinen dürften Zinsprognosen mit einer Frist von mehr als einem Jahr ungenau und schwer zu erstellen sein. Somit sind Planungshorizonte, die deutlich länger als ein Jahr sind, ungeeignet.1 Andererseits ist eine permanente Umschichtung 1 Wenn etwa ab Oktober des laufenden Jahres die Ergebnisplanung für das folgende Kalenderjahr beginnt, erweist sich auch eine Zinsprognose bis zum 31.12. des Folgejahres als sinnvoll. 176 Wertorientierte Steuerung des Zinsänderungsrisikos des Summen-Cash-flow einer Sparkasse weder organisatorisch machbar noch wegen der anfallenden Geld/Brief-Differenzen lohnend. Der kürzeste Zeitraum für eine vollständige Umstrukturierung des Cash-flow einer Sparkasse dürfte drei Monate nicht unterschreiten. In Handelsabteilungen der Sparkasse wird in der Regel mit kürzeren Zinsprognosen bis herab zu einem Tag gearbeitet. Es sollen auch kurzfristige Zinsschwankungen genutzt werden. Da die im Handel anfallenden Geld/Brief-Differenzen in der Regel kleiner sind als bei der Gesamtbank, sind im Handel auch kürzere Planungshorizonte sinnvoll. Ist der »kurze« Planungshorizont ausreichend? Häufig wird befürchtet, der »kurze« Planungshorizont sei unzureichend, da hierdurch der Blick auf eine langfristige, strategisch ausgerichtete Disposition versperrt wird. Dieses Argument ist unzutreffend, da die Barwerte bzw. Marktwerte Tauschpreise zwischen verschiedenen Cash-flow bzw. Anlageformen darstellen. Die Berechnung der Performance beinhaltet also einen möglichen Vermögenstausch am Planungshorizont. Die Bank kann am Planungshorizont ihr Risiko durch Glattstellung der Positionen stark reduzieren oder – in Erwartung einer neuen Zinssituation – neu ausrichten. Wer aber bis zum Planungshorizont mehr Performance erzielt hat und damit am Planungshorizont mehr Vermögen besitzt, hat dadurch die bessere Ausgangsposition für weitere Entscheidungen. Hierbei sind ihm durch seine frühere Entscheidung keine zukünftigen Möglichkeiten versperrt. Es stehen ihm alle dispositiven Möglichkeiten offen, die auch die Konkurrenten haben. Bei der Steuerung des Zinsänderungsrisikos reicht die »kurzfristige« Sichtweise. Üblicherweise sind strategische Entscheidungen »kurzfristigen«, rein operativen Entscheidungen überlegen. Dies gilt nicht für das Zinsgeschäft: Im Zinsgeschäft – und bei allen anderen »handelbaren«1 Vermögenspositionen – liegt also eine völlig andere Situation vor als im alltäglichen Entscheidungsprozeß. Ein Beispiel soll diesen Unterschied verdeutlichen: Wer von Stadt A nach Stadt B mit dem Auto reisen möchte, hat häufig die Wahl zwischen Autobahn und Landstraße. Die Fahrtstrecke sei jeweils 200 km. Bei flüssigem Verkehr ist – wegen der höheren möglichen Geschwindigkeit – die Route über die Autobahn schneller. Es möge nun eine Prognose darüber vorliegen, daß auf der Landstraße keine Staus vorliegen, auf der Autobahn hingegen 20 km vor der Stadt B ein 1 Als »handelbar« kann eine Vermögensposition gelten, wenn ein Markt existiert, der – angesichts der erstrebten Handelsgeschwindigkeit und Umschlagshäufigkeit – keine zu hohen Geld/Brief-Differenzen aufweist. Warum muß primär nach dem Performancekonzept gesteuert werden? 177 dauerhafter Stau mit hoher Wartezeit entsteht. Bei »kurzfristiger« Optimierung würde der Autofahrer sich nur auf die nächsten 100 km konzentrieren und feststellen, daß er diese auf der Autobahn schneller hinter sich bringt. Er würde also die Autobahn wählen. Damit hätte er wegen mangelnder strategischer Ausrichtung die falsche Entscheidung getroffen, da der Zeitgewinn durch den Stau vor Stadt B aufgezehrt wird und die Route über die Landstraße insgesamt schneller ist. Worin liegt der Unterschied zwischen diesem Beispiel und den Finanzmärkten? Auf Finanzmärkten ist ein jederzeitiger Wechsel zwischen den Positionen zu geringen Kosten möglich. Auf Straßen hingegen ist ein Wechsel zwischen den Positionen »Autobahn« und »Landstraße« in der Regel nicht oder nur mit hohen »Kosten« (Zeitverlust durch Ausfahrt und Kreuzen zur Landstraße) durchführbar. Im obigen Beispiel wäre die Entscheidungssituation grundlegend anders, wenn nach 100 km die Landstraße und die Autobahn mit einer Ausfahrt verbunden sind. Nun reicht die »kurzfristige« Entscheidung für die nächsten 100 km. Optimal wäre es, die ersten 100 km auf der Autobahn, den Rest auf der Landstraße zu fahren. Laufen die Landstraße und die Autobahn nebeneinander und sind sie nach jeweils 1 km durch eine Ausfahrt verbunden, reicht sogar die Entscheidung für den nächsten Kilometer, um das Fahrtziel schnellstens zu erreichen. Die Finanzmärkte sind in dieser Hinsicht mit einem Straßennetz zu vergleichen, das an jeder Stelle den Übergang zu einer beliebigen anderen »Straße« (Autobahn, Landstraße, Feldweg etc.) erlaubt. Nur die Geld/Brief-Differenzen (im Beispiel vergleichbar mit den Auf- und Abfahrtsstrecken) hemmen den fortlaufenden Wechsel. Zur weiteren Verdeutlichung der Entscheidungssituation auf Finanzmärkten dient folgendes Gedankenspiel: Angenommen, zwei Investoren haben die übernatürliche Gabe, die Zinsstrukturkurve im täglichen Verlauf exakt zu prognostizieren. Investor A besitzt diese Gabe mit einem Zeithorizont von drei Monaten, Investor B mit einem Zeithorizont von 10 Jahren. Wer wird die besseren Entscheidungen treffen? Die überraschende Antwort ist, daß der Investor B aus seinem größeren Wissen keinen wesentlichen zusätzlichen Vorteil ziehen kann. Der Investor B kann zwar alle seine Tauschoperationen für den Zeitraum von zehn Jahren von Beginn an festlegen. Alle Tauschoperationen, die er im Zeitraum von weniger als drei Monaten durchführen möchte, kann der Investor A mit seiner Kenntnis der Zinsentwicklung für die nächsten drei Monate ebensogut treffen. Da beide Investoren auch kurzfristige Zinsentwicklungen gewinnbringend ausnutzen wollen (und bei optimaler Vorgehensweise auch ausnutzen müssen), trifft A im Lauf der Zeit ebensogute Entscheidungen wie B. Nur in Situationen, in denen sich der Tausch wegen der Geld/Brief-Differenz in den nächsten drei Monaten nicht lohnt, ist Investor B im Vorteil. Derartige Situationen sind in der Praxis wegen der im Vergleich zur Zinsentwicklung geringen Geld/BriefDifferenzen selten. 178 Wertorientierte Steuerung des Zinsänderungsrisikos Rollierende Planung Der Planungsprozeß vollzieht sich im Performancekonzept rollierend: Bei einem Planungshorizont von z. B. drei Monaten wird nach getroffener Entscheidung und Durchführung entsprechender Maßnahmen nicht drei Monate lang untätig abgewartet. Vielmehr werden die getroffenen Entscheidungen laufend (je nach Planungsintensität täglich, wöchentlich oder monatlich) überprüft, wobei der Planungshorizont sich ebenfalls mitverschiebt, also unverändert drei Monate bleibt. In die neue Entscheidung – die gegebenenfalls eine Korrektur früherer Entscheidungen sein kann – fließen die neuen Informationen über die Zinsstruktur ebenso wie die aktualisierten Prognosen ein. Es ist der Bank freigestellt, gleichzeitig mit verschiedenen Planungshorizonten rollierend zu arbeiten. Beispielsweise könnte jeweils die Auswirkung einer Maßnahme mit Planungshorizont »Ein Monat« und »Drei Monate« untersucht werden. Bei monatlicher Planung kann auf diese Weise monatlich ein Soll-Ist-Vergleich durchgeführt werden, ohne an der prinzipiellen Ausrichtung auf drei Monate etwas zu verändern. Neugeschäftsplanung notwendig? Jedes Neugeschäft mit Kunden kann durch den gleichzeitigen Abschluß entsprechender Gegengeschäfte hinsichtlich des Zinsänderungsrisikos neutralisiert werden. Die Einflüsse, die sich aus Neugeschäften mit Kunden und der Präferenz der Kunden für bestimmte Zinsbindungsdauern ergeben, müssen somit bei der Planung und Beurteilung von Dispositionsmaßnahmen nicht berücksichtigt werden. Es wäre sogar unsinnig, Neugeschäfte mit Kunden bei der Disposition zu berücksichtigen. Dies gilt zunächst für das Neugeschäft, das zeitlich nach dem Planungshorizont liegt. Neben der bereits erwähnten Möglichkeit der dispositiven Glattstellung dieser Geschäfte ist es ohnehin sinnlos, sich über Dispositionsmaßnahmen, die zeitlich nach dem Planungshorizont liegen, Gedanken zu machen. Die Gründe hierfür wurden oben bereits ausführlich diskutiert. Aber auch Neugeschäft mit Kunden, das voraussichtlich bis zum Zeitpunkt des Planungshorizonts abgeschlossen wird, sollte im Rahmen der Zinsrisikosteuerung nicht geplant werden. Es tritt gegebenenfalls an die Stelle von dispositiven Maßnahmen, wird dann aber bereits durch die Planung der dispositiven Maßnahmen erfaßt. Kundengeschäft, das sich nicht mit den dispositiven Absichten der Bank deckt, kann durch entsprechende Gegenmaßnahmen beim jeweiligen Abschluß der Kundengeschäfte eliminiert werden. Im Gegenteil wäre eine Einbeziehung von Kundenneugeschäft bei der Perfor- Warum muß primär nach dem Performancekonzept gesteuert werden? 179 manceberechnung schädlich, da im Neugeschäft in der Regel eine Fristentransformation enthalten ist, die sich mit den bestehenden Positionen vermischt. Das berechnete Risiko kann dadurch sich scheinbar verringern, aber auch scheinbar vergrößern. Eine korrekte Steuerung wird dadurch erheblich erschwert, wenn nicht sogar unmöglich gemacht. Häufig wird versucht, Kundengeschäft, das in der Zukunft erwartet wird, bereits heute dispositiv zu berücksichtigen. Dieser Ansatz verkennt wesentliche Tatsachen: Kundengeschäft ist – bis auf die erzielte Marge – mit dem jederzeit möglichen Interbankengeschäft identisch. Wenn sich die Kombination »heutige dispositive Maßnahme/morgiges Kundengeschäft« rechnen soll, so muß dies auch die Kombination »heutige dispositive Maßnahme/morgiges Interbankengeschäft (anstelle des Kundengeschäfts)« gelten. Beide Kombinationen unterscheiden sich nur durch die Marge, die im Kundengeschäft enthalten ist. Diese kann aber auch durch den Abschluß von Gegengeschäften erzielt werden, wobei die Gegengeschäfte erst mit Abschluß des Kundengeschäfts getätigt werden müssen. Eine »vorausschauende« Disposition des Neugeschäfts bringt also keine Vorteile. Wo ist die strategische Denkweise notwendig? Die obigen Ausführungen könnten leicht dahingehend mißverstanden werden, daß strategische Planung in Banken generell nicht notwendig ist. Dies ist natürlich nicht der Fall; im Gegenteil ist in vielen Bereichen der Bank eine strategische Planung unerläßlich. Das obige Beispiel der Autofahrt zeigt, wann dies der Fall ist: Immer dann, wenn »Positionen« kurzfristig nicht oder nur mit hohen Kosten gewechselt werden können, ist eine strategische Entscheidung notwendig. Beispiele hierfür sind: Entscheidungen über die prinzipiellen Geschäftsfelder der Bank Entscheidungen über die Zielgruppen Entscheidungen über Standorte und Servicekonzepte Entscheidungen über Organisationsformen Entscheidungen über EDV-Ausstattungen und entsprechende Programme … Die entsprechenden Entscheidungen müssen mit den generellen Hilfsmitteln der strategischen Planung getroffen werden, die meist qualitativer Natur sind. Sofern quantitative Ergebnisse als Entscheidungsgrundlage dienen sollen, ist hierzu keine Planung des Zinsüberschusses notwendig, sondern eine Planung der erzielbaren Margen in Relation zu den entstehenden Kosten und Risiken. In der klassischen Investitionsrechnung – die ihrerseits auf Cash-flow basiert – steht hierzu ein adäquates Hilfsmittel zur Verfügung. 180 Wertorientierte Steuerung des Zinsänderungsrisikos Vorteile des Performancekonzepts Für die Berechnung der Performance bis zum (kurzen) Planungshorizont werden relativ wenige, leicht ermittelbare und gut überschaubare Informationen benötigt: Cash-flow der existierenden Geschäfte bis zum Ende der für das Zinsänderungsrisiko maßgeblichen Zeit; gegebenenfalls als Summen-Cash-flow des Instituts. Zinsprognose bzw. Zinsszenarien im Verlauf bis zum Planungshorizont – hierbei primär Prognose der »kurzen« Zinsen. Diese Information wird zum Aufzinsen der Cash-flow, die zeitlich vor dem Planungshorizont liegen, bis zum Planungshorizont benötigt. Zinsprognose bzw. Zinsszenarien am Planungshorizont für alle relevanten Restlaufzeiten; also Prognose der Zinsstrukturkurve am Planungshorizont. Die Cash-flow können – wie in Kapitel 2 erläutert – in der Praxis mit relativ geringem Aufwand ermittelt werden. Zinsszenarien, die die »Randbereiche« möglicher Zinsentwicklungen für Risikobetrachtungen abdecken, können durch statistische Analysen aus Vergangenheitswerten geschätzt werden. Die Zinsprognose, auf die – unter Beachtung des eingegangenen Risikos – die Disposition abgestellt wird, kann trotz der hiermit verbundenen Schwierigkeiten nicht vermieden werden. Sie ist jedoch in der Regel für eine kurze Frist einfacher und mit höherer Sicherheit erstellbar als für lange Fristen. Eine Neugeschäftsplanung ist nicht notwendig. Planung der GuV als Nebenbedingung Wie in Abschnitt 4.1.2 erläutert, kann das Ergebnis laut GuV bzw. Bilanz trotz der Identität über die Gesamtlebensdauer in der Einzelperiode erheblich vom Ergebnis laut Performanceberechnung abweichen. Da die Bank in der Außenwirkung primär nach den Methoden der externen Rechnungslegung beurteilt wird,1 darf die Planung der GuV nicht unterbleiben. Es reicht jedoch aus, die GuV und Bilanz für das aktuelle Jahr, gegebenenfalls (etwa ab September) für das Folgejahr zu planen. Die Methoden hierzu wurden bereits in Abschnitt 3.4 erläutert. Auf die neue Rolle, die der Rechnungslegung aus dieser Sicht zukommt, wird in den Abschnitten 4.3 und 6.2 vertiefend eingegangen. 1 Internationale Standards der externen Rechnungslegung (IAS) werden das derzeitige Rechnungswesen stark beeinflussen. Durch Bewertungsregeln, die näher an Marktwerten orientiert sind, kommt es zu einer Annäherung an die hier vertretenen Steuerungskonzepte. Warum muß primär nach dem Performancekonzept gesteuert werden? 181 Schlußfolgerungen: Die GuV erfordert zur Abbildung des Zinsänderungsrisikos eine langfristige Prognose vieler Parameter. Sie scheitert dadurch an praktischen Problemen der Zinsprognose und Neugeschäftsplanung. Diese Planung wird zudem in der Praxis »abgeschnitten«, so daß das Zinsänderungsrisiko noch nicht einmal vollständig erfaßt werden kann. Das Performancekonzept erlaubt es, sich mit einem »kurzen« Planungshorizont zu begnügen. Die Einbeziehung des Neugeschäfts mit Kunden ist nicht nur nicht notwendig, sondern sogar zu vermeiden. Im Performancekonzept kann praxisorientiert das Zinsänderungsrisiko geplant und gesteuert werden. Das Performancekonzept erlaubt sowohl strategische als auch operative Entscheidungen, da es alle langfristigen Auswirkungen eines Zinsgeschäftes berücksichtigt und bewertet; gleichzeitig spiegelt es die kurzfristigen Auswirkungen auch von einzelnen Maßnahmen korrekt wider. Dabei begünstigt ein relativ kurzfristiger Planungshorizont, der alle langfristigen Effekte abbildet, aufgrund der einfacheren Prognoseanforderungen die Praktikabilität des Konzepts. Die GuV wird als strikte Nebenbedingung aufgefaßt und für maximal ein Jahr (gegebenenfalls ein Folgejahr) geplant. 4.1.6 Sichtweise der Immobilien, Beteiligungen, Aktien und Optionen Auf die Vorteile, die sich aus der Sichtweise der Gesamtbank (Tab. 4.9) als Portfolio ergeben, wird in Kapitel 5 ausführlich eingegangen. Deshalb können an dieser Stelle vertiefende Erläuterungen unterbleiben. Tabelle 4.9 Sichtweise der Immobilien, Beteiligungen, Aktien und Optionen GuV Performancekonzept Immobilien erscheinen häufig nur als Mittel zum Zweck (Immobilien als Verwaltungsgebäude oder Filialen). Sie unterliegen keiner Rentabilitätskontrolle oder werden nur als »notwendiger Kostenfaktor« aufgefaßt. Immobilien, Beteiligungen, Aktien und Optionen werden als eigene Vermögenspositionen betrachtet. Risiko und Ertrag aus diesen Vermögenspositionen werden je Position erfaßt und aktiv gesteuert. Zurückhaltung ist bei Beteiligungen, Aktien und Optionen festzustellen. Diese werden als risikoerhöhend und »spekulativ« betrachtet. Der Grund ist möglicherweise darin zu suchen, daß diese Geschäftsfelder in der GuV nur unzureichend erfaßt und keine GuV-Steuerungssignale gegeben werden. Immobilien, Beteiligungen, Aktien und Optionen sind insbesondere aus dem Blickwinkel der Risikostreuung (Risikominderung durch Diversifikation) interessant. Bei vernünftiger Mischung wird das Risiko nicht erhöht, sondern insgesamt vermindert. Alle Risiken werden letztlich gemeinsam gesteuert (Sichtweise der Portfoliotheorie, »die Bank als Portfolio«). 182 4.1.7 Wertorientierte Steuerung des Zinsänderungsrisikos Sonstige Unterschiede und Merkmale Die Gegenüberstellung in Tab. 4.10 zeigt, daß das Performancekonzept nicht nur bei der Steuerung des Zinsänderungsrisikos, sondern auch in vielen anderen betriebsTabelle 4.10 GuV Performancekonzept Beziehung zur Effektivzinsberechnung Nur statischer »Effektivzins«, der je Periode den Zins in DM im Verhältnis zur nominalen Kapitalbindung angibt. Der herkömmliche Effektivzins ist ein Spezialfall des allgemeineren Performancebegriffs.1 Beziehung zur Marktzinsmethode, Margenberechnung und Margenbarwert Kein gemeinsames Gedankengut mit der Marktzinsmethode. Überlegungen vollziehen im Rahmen der Marktzinsmethode und sind in diese integriert. Beziehung zur Investitionsrechnung Keine Beziehung zur Investitionsrechnung. Barwertkonzept bzw. Performanceberechnung entspricht Investitionsrechnung (Barwertmethode der Investitionsrechnung). Vergleich von bilanziellem Geschäft und Provisionsgeschäft Nicht möglich, da Erfolgsausweis bei bilanziellem Geschäft und Provisionsgeschäft in verschiedenen Perioden. Voll möglich, da barwertige Beurteilung (Vergleich von Barwert nach Kosten mit Provision nach Kosten). Behandlung von Finanzinnovationen Finanzinnovationen werden – je nach Kategorie – nur teilweise und unvollständig erfaßt. Optionen werden nur hinsichtlich der Optionsprämie bei Kauf und Verkauf abgebildet. Vollständige und sachgemäße Abbildung aller Finanzinnovationen und Optionen inklusive der Wertveränderungen der Instrumente, die mit Finanzinnovationen verbunden sind. Aufbau von Kennzahlensystemen Die bisherigen Kennzahlen sind – bedingt durch die Gestaltbarkeit der GuV und die Bezugnahme auf nominale Kenngrößen – nur sehr bedingt vergleichbar. Ein Kennzahlensystem auf Basis effektiver Kenngrößen, der Vermögensstruktur, der Vermögensentwicklung (Performance) und des eingegangenen Risikos könnte neu entwickelt werden. Die Kennzahlen informieren unvollständig und zum Teil widersprüchlich. Gefahr der Fehlsteuerung durch die derzeitigen Kennzahlen, z. B. bei – margenarmem Geschäft (Zinsspanne sinkt), – Wahl der Nominalverzinsung im Depot A (Trend zu nominal hochverzinslichen Papieren), 1 Einzelheiten sprengen den Rahmen der Untersuchung. Vergleiche hierzu Sievi, C.: Kalkulation und Disposition, Bretten 1995, S. 43 ff. Warum muß primär nach dem Performancekonzept gesteuert werden? 183 wirtschaftlichen Fragestellungen erhebliche Vorteile mit sich bringt. Insbesondere erfüllt es die Anforderung an ein geschlossenes Steuerungssystem, in dem methodisch einheitlich verschiedene Problemstellungen gelöst werden können. In diesem Zusammenhang wird auch an die Ausführungen in Abschnitt 1.1.2 erinnert (Anwendungen von Cash-flow in der Bankpraxis). Die Punkte sind jeweils selbsterklärend, so daß weitere Erläuterungen nicht notwendig sind. Schlußfolgerungen: Die GuV-orientierte Sicht erfüllt die genannten betriebswirtschaftlichen Anforderungen nicht. Die aufgeführten weiteren betriebswirtschaftlichen Anforderungen werden durch das in die Marktzinsmethode und das Barwertkonzept eingebundene Performancekonzept voll erfüllt. 4.2 Beispiele für Fehlsteuerungen bei Anwendung der traditionellen Methoden Die traditionelle Steuerung der Bank mit Hilfe von GuV und Bilanz, die Unkenntnis des Summenzahlungsstroms für die Gesamtbank, die isolierte Steuerung von Teilbereichen und die fehlerhafte Beurteilung des variablen Geschäfts können zu einer Reihe von Fehlsteuerungen mit teilweise schwerwiegenden Konsequenzen führen. Einige dieser Fehlsteuerungen werden nachfolgend aufgezeigt. 4.2.1 Verkennung des Charakters der variablen Geschäfte, insbesondere von Spareinlagen und Sichteinlagen Nach den Ergebnissen der Untersuchung können Spareinlagen und Sichteinlagen in »langen« Cash-flow abgebildet werden (siehe Abschnitt 2.3). Der Cash-flow dieser Produkte weist hohe Anteile mit Fristen, die über fünf Jahre hinausreichen, auf. Sie stehen somit als langfristige Refinanzierungsmittel für entsprechendes Aktivgeschäft zur Verfügung. Viele Sparkassen üben im Aktivgeschäft mit Zinsbindungen zwischen 5 und 10 Jahren traditionell Zurückhaltung, beschränken sich auf die Vermittlung dieser Zinsbindungen oder refinanzieren die entsprechenden Geschäfte in hohem Ausmaß. Damit kommt es zu einem Passivüberhang in langen Fristen (siehe auch »Beispielsparkasse« laut Abschnitt 2.5). Sparkassen betreiben somit tendenziell eine negative Fristentransformation (aus »lang« mach »mittel« bis »kurz«). Das Transformationsergebnis wird hierdurch auf Dauer belastet. Die Performance der Sparkasse und damit der Zinsüberschuß sind 184 Wertorientierte Steuerung des Zinsänderungsrisikos – im Vergleich zu üblichen Benchmarks1 – relativ niedrig. Damit liegt auch auf Dauer ein – im Vergleich zum Benchmarkergebnis – niedrigerer Zinsüberschuß vor. Daß dieser negative Effekt in den Ergebnisrechnungen der Sparkassen nicht sichtbar ist, liegt an der hohen Marge, die in Spareinlagen und Sichteinlagen erzielt werden kann. Diese hohe Marge überdeckt den genannten negativen Effekt. Eine Analyse des Risikos der Sparkassen mit ähnlichen Summenzahlungsströmen wie bei der »Beispielsparkasse« zeigt folgende Effekte: Die Sparkasse ist gegen Parallelverschiebungen in der Zinsstruktur erst bei einer großen Veränderung empfindlich, da sich z. B. bei einer Zinserhöhung die Kursverluste der Aktivpositionen (Überhänge in den »kurzen« und »mittleren« Fristen) mit den Kursverlusten der Passivpositionen (Überhänge in den »langen« Fristen) unter Berücksichtigung der jeweiligen Volumina zum Teil kompensieren. Kommt es jedoch zu Verdrillungen in der Zinsstruktur, realisiert sich bereits bei geringer Zinsveränderung ein hohes Risiko: Bei steigenden »kurzen« und »mittleren« Zinsen liegen erneut Kursverluste der Aktivüberhänge vor. Bleiben in dieser Situation aber die »langen« Zinsen in etwa gleich hoch oder fallen sie sogar, fehlt die kompensierende Wirkung der Kursverluste der Passivüberhänge. Im Gegenteil können hier Kurssteigerungen auftreten, was den Vermögensverlust der Bank erhöht. Insgesamt haben somit Sparkassen, deren Zahlungsstrom der »Beispielsparkasse« ähnelt, bei schlechter Performance ein hohes Zinsänderungsrisiko. Dieser Zustand ist – jedenfalls als Dauerzustand – bedenklich. Eine Positionierung von Sparkassen nach diesem Muster ist allenfalls vorübergehend in Erwartung stark steigender Zinsen angebracht.2 4.2.2 Isolierte Steuerung des Depot A und dadurch Überschätzung des Zinsänderungsrisikos In vielen Banken und Sparkassen wird das Depot A im wesentlichen isoliert gesteuert. Eine systematische Integration des Depot-A-Managements in die Gesamtbanksteuerung unterbleibt weitgehend. Werden die »Mindestanforderungen an das Betreiben von Handelsgeschäften« ausschließlich auf die »reinen« Handelsgeschäfte und das Depot A bezogen, verstärkt sich diese Tendenz. 1 Etwa dem Rex-Performanceindex. 2 Vgl. Goebel, R.: Überlegungen zum Anlage- und Refinanzierungsverhalten im Vorfeld der EWU, in: Sparkasse 7/96, S. 324–325. Warum muß primär nach dem Performancekonzept gesteuert werden? 185 Wie erläutert, bilden Spareinlagen und Sichteinlagen in hohem Ausmaß Gegenpositionen zum Depot A. Eine isolierte Risikobeurteilung des Depot A führt somit zu einer erheblichen Überschätzung des Risikos der Gesamtbank. Untersuchungen bei den Pilotsparkassen (und weiteren Testsparkassen) haben ergeben, daß das Risiko bei isolierter Betrachtung des Depot A etwa zwei- bis viermal so hoch ist wie das der Gesamtbank (siehe auch »Beispielsparkasse«). Ausgehend von dieser Fehlinformation könnte eine Verkürzung des Depot A folgen, die sachlich nicht notwendig ist und sich renditeschmälernd auswirkt. Die im vorhergehenden Punkt (Verkennung des Charakters der Spareinlagen) angesprochenen Probleme werden dadurch zusätzlich verstärkt. Sinnvoll ist nur eine integrierte Betrachtung der Gesamtbank,1 die das wahre Ausmaß des Risikos zeigt. Genau dies ist der Grundsatz des hier vorgetragenen Systems. 4.2.3 Impulse zum Eingehen von ungeeigneten dispositiven Positionen bei Ausrichtung auf den Zinsüberschuß Kein Passivvorlauf in Niedrigzinsphasen In Niedrigzinsphasen kann ein Passivvorlauf (»lange« Refinanzierung bei »kurzer« Anlage oder das Eingehen einer entsprechenden Swap-Position) in Erwartung steigender Zinsen sinnvoll sein. In der GuV wirkt sich dieser Passivvorlauf in der Regel ertragsschmälernd aus, da in Niedrigzinsphasen die »normale« Zinsstruktur vorherrscht. Deshalb wird möglicherweise die entsprechende Position nicht eingegangen, auch wenn sie – ausgehend von der Zinsprognose und der Risikosituation – angebracht wäre. Aktivvorlauf in Niedrigzinsphasen Ein Aktivvorlauf (»lange« Anlage bei »kurzer« Refinanzierung oder das Eingehen einer entsprechenden Swap-Position) bewirkt in Niedrigzinsphasen bei normaler Zinsstruktur eine Verbesserung des Zinsüberschusses. Dieser Aktivvorlauf ist sinnvoll, wenn mit sinkenden Zinsen, einer Seitwärtsbewegung oder mit leicht steigenden Zinsen gerechnet wird. In Erwartung stark steigender Zinsen ist die Position schädlich. Es besteht die Gefahr, daß wegen des hohen Zinsüberschusses auch angesichts drohender starker Zinssteigerungen der in aktueller GuV-Sicht »rentable« Aktivvorlauf beibehalten wird. Eine Bank kann vorübergehend ihr Ergebnis durch Verstärkung des Aktivvorlaufs »schönen« und hierbei die eingegangenen Risiken ignorieren oder sogar gegen die eigene Zinsprognose handeln. 1 Vgl. hierzu auch DSGV-Umsetzungsleitfaden zu den MaH vom 15.1.1996. 186 Wertorientierte Steuerung des Zinsänderungsrisikos Kein Aktivvorlauf in Hochzinsphasen In Hochzinsphasen kann ein Aktivvorlauf in Erwartung sinkender Zinsen sehr lohnend sein. In der GuV wirkt sich dieser Aktivvorlauf in einer inversen Zinsstruktur ertragsschmälernd aus. Deshalb wird die entsprechende Position nicht oder in zu geringem Ausmaß eingegangen. Passivvorlauf in Hochzinsphasen Im Gegenteil besteht die Gefahr, daß wegen des hohen Zinsüberschusses auch angesichts erwarteter deutlicher Zinssenkungen im Aktivgeschäft kurze und mittlere Fristen beibehalten werden, die längerfristig refinanziert sind. Die Bank tauscht hier in unangemessener Weise Risiko gegen kurzfristigen Ertrag. Vermeidung der genannten Fehlsteuerungen im Performancekonzept Alle obigen Fehlsteuerungsimpulse sind im Performancekonzept nicht gegeben, da zusätzlich zum erzielten Zinsüberschuß die durch Zinsveränderungen ausgelösten Wertveränderungen mit in die Performanceberechnung einfließen. Der Entscheidungsträger wird korrekt über die zu erwartende Performance und damit den langfristigen Ertrag in Relation zum eingegangenen Risiko informiert (vgl. auch Abschnitt 4.1). 4.2.4 Fehlbeurteilung von bilanziellem Geschäft, das mit Optionen verbunden ist Viele bilanzielle Geschäfte sind mit Optionsrechten ausgestattet, die je nach Ausgestaltung der Kunde oder die Bank ausüben kann. Beispiele hierfür sind: Sondertilgungsrechte des Kunden bei Darlehen innerhalb der Zinsbindungsdauer. Nichtabnahmerechte oder Aufstockungsrechte. Festhalten von Konditionen für einen bestimmten Entscheidungszeitraum des Kunden. Kreditrahmen mit Festzinsvereinbarung, aber freiem Abrufrecht des Kunden. Kündigungsrechte des Kunden bei Passivprodukten mit Festzins (z. B. Kündigungsrecht bei Produkten in Analogie zum Bundesschatzbrief). Kündigungsrecht des Emittenten bei Emissionen, die den Sparkassen zur Eigenanlage angeboten werden. Auch das Ausfallrisiko kann als Optionsrecht des Kunden interpretiert und bewertet werden.1 1 Vgl. Kirmße, S.: Die Bepreisung und Steuerung von Ausfallrisiken im Firmenkundengeschäft der Kreditinstitute – Ein optionspreistheoretischer Ansatz, Frankfurt 1996, S. 76 ff. Warum muß primär nach dem Performancekonzept gesteuert werden? 187 Die genannten Optionsrechte werden im herkömmlichen Rechnungswesen überhaupt nicht abgebildet. Das jeweilige bilanzielle Geschäft wird in der Rechnungslegung so dargestellt, als gäbe es das Optionsrecht nicht. Optionsrechte des Kunden bzw. Partners bedeuten aber stets eine Vermögensverminderung der Bank, Optionsrechte der Bank selbst eine Vermögensvermehrung. Besonders wichtig ist in diesem Zusammenhang, daß sich der Wert der Option in Abhängigkeit vom Zeitverfall, der Entwicklung der Zinsen und der Volatilität der Zinsen – sowie eventuell weiterer Parameter – verändert. Diese Veränderungen werden aber im herkömmlichen Rechnungswesen nicht erfaßt. Somit besteht eine erhebliche Gefahr der Fehlsteuerung. Beispiel für eine Fehlsteuerung bei bilanzwirksamem Geschäft mit Optionen Als Beispiel wird eine Emission mit einer Laufzeit von 5 Jahren, bei der der Emittent ein Kündigungsrecht hat, gewählt. Die Kündigung sei einmalig exakt nach einem Jahr möglich (Rückkaufswert 100 %). Derartige Emissionen sind – wegen des Kündigungsrechts des Emittenten – mit einem höheren Zins ausgestattet als Emissionen gleicher Zinsbindungsdauer. Da das Optionsrecht in der GuV nicht bewertet wird, besteht in der GuV – bis auf den höheren Zins – kein Unterschied zu Emissionen mit ebenfalls fünfjähriger Zinsbindungsdauer. Eine Bank, die ihre Zinsspanne im aktuellen Jahr aufbessern will, wird somit diese Emission erwerben. Gegenüber der Emission ohne Kündigungsrecht besteht aber für die erwerbende Bank ein erheblicher Unterschied: Dient der Kauf der Emission als Gegengeschäft zu einer fünfjährigen Passivseite, so ist die Bank zwar bei steigenden Zinsen risikofrei. Bei fallenden Zinsen wird der Emittent aber die Anleihe kündigen. Das Gegengeschäft zur Kundeneinlage fehlt; die Schließung ist nur zu niedrigeren Zinsen möglich. Die Bank ist ein asymmetrisches Risiko eingegangen, das der Preis für den höheren Zins war. Noch schlimmer ist die Situation, wenn das Kündigungsrecht des Emittenten mit einem Kündigungsrecht der Passivkundschaft (etwa bei Produkten in Analogie zum Bundesschatzbrief) zusammenfällt. Hier wird bei steigenden Zinsen der Kunde, bei fallenden Zinsen der Emittent kündigen. Die Bank ist in jeder Situation im Risiko. Diese Risiken sind in der GuV und Bilanz in keiner Weise sichtbar und kalkulierbar. Im Performancekonzept stellt das Kündigungsrecht des Emittenten eine negative Vermögensposition dar. Die Rendite der Emission wird unter Einbeziehung dieser »Kosten« (Kaufkurs über 100 %) nicht über der Rendite von Emissionen gleicher Zinsbindungsdauer liegen – vorausgesetzt, der Emittent kalkuliert korrekt. Die Veränderung des Optionspreises wird – in Abhängigkeit von dem jeweiligen Zinsszenario1 – mit in die Berechnung einbezogen. Zum Beispiel ist bei fallenden Zinsen der Wert der 1 Bei der Kalkulation von Optionen sind zusätzliche marktpreisbestimmende Faktoren zu berücksichtigen, wie z. B. die Volatilität des Underlyings, die Restlaufzeit, der risikolose Zins. 188 Wertorientierte Steuerung des Zinsänderungsrisikos Option nach einem Jahr gleich der Differenz des Kurswertes von Wertpapieren mit vierjähriger Laufzeit (ohne Optionsrecht) zum Kurs 100 %. Der Verkaufskurs ist damit unter 100 %. Die Bank hat im ersten Jahr – unter Berücksichtigung der Kursveränderungen – eine schlechte oder sogar negative Performance erwirtschaftet. Diese Performance ist – im Fall sinkender Zinsen – deutlich schlechter als die Performance eines vergleichbaren Papiers ohne Kündigungsrecht. All diese Effekte treten in der Performancerechnung offen zutage, in der herkömmlichen Ergebnisrechnung werden sie ignoriert. Schlußfolgerungen: Eine Risikosteuerung der Gesamtbank nur über die GuV ist in jedem Fall unzureichend und birgt die Gefahr der Fehlsteuerung in sich. Nur die Messung der Performance der Bank über alle Positionen liefert vernünftige objektive Aussagen über die Risiko- und Ertragssituation der Bank und erlaubt eine zielgerechte Steuerung der Sparkasse. 4.3 Zinsergebnisplanung und Grundsatzerfüllung als strikte Nebenbedingung Sparkassen müssen sich als öffentlich-rechtliche Institutionen der Beurteilung durch ihre eigenen Aufsichtsgremien und Verbände ebenso stellen wie der Beurteilung durch Externe – sei es die Presse, die sachkundige Kundschaft oder das breite Publikum. Das Ergebnis dieser Beurteilung hat weitreichende Folgen für den weiteren Geschäftserfolg. Einer Sparkasse mit »schlechteren« Kennzahlen werden die Aufsichtsgremien einen engeren Handlungsspielraum setzen; die sachkundige Kundschaft wird auf günstigere Konditionen drängen und das breite Publikum sich eventuell bei Anlagegeschäften zurückhalten. Externe werden über den Erfolg der Sparkasse vorwiegend durch Kennzahlen der Bilanz und GuV sowie ergänzende Mengeninformationen (z. B. Anzahl der Konten) informiert. Performancekennzahlen werden nach außen derzeit – und voraussichtlich auch in näherer Zukunft – nicht weitergegeben. Diese restriktive Informationspolitik trifft zur Zeit auch für die eigenen Aufsichtsgremien und Verbände zu. Die Ursache hierfür ist primär, daß eine Information dieser Zielgruppen über die Performance zunächst eine umfassende Aufklärungsarbeit erfordert. Performancekennzahlen, die naturgemäß hohen Schwankungen unterliegen, könnten ansonsten leicht falsch interpretiert werden. Warum muß primär nach dem Performancekonzept gesteuert werden? 189 Auf mittlere Sicht werden somit Bilanz und GuV – ergänzt um weitere Mengeninformationen – in der Berichterstattung der Bank wohl ihren wesentlichen Platz behalten. Ein ausschließliches Reporting über die Performance ist derzeit kaum denkbar. Bereits mehrfach wurde darauf hingewiesen, daß die Ergebnisse laut Performancekonzept und GuV in der Einzelperiode – insbesondere im aktuellen Geschäftsjahr – in der Regel nicht übereinstimmen.1 Aus den genannten Gründen ist es unumgänglich, die Zinsergebnisplanung parallel mit der Planung der Performance durchzuführen. Bilanz und GuV dienen dabei aber nicht als primäre Steuerungsgröße – diese kommt der Performance zu –, sondern erhalten die Rolle einer strikten Nebenbedingung: Nur wenn Bilanz und GuV bei den relevanten Institutionen das erwartete bzw. gewünschte Bild abgeben, kann die Planung als abgeschlossen gelten und in entsprechende Maßnahmen umgesetzt werden. Gleiches trifft für die Einhaltung aufsichtsrechtlicher Normen (z. B. Grundsatz 1, 2 und 3) zu. Diese Normen müssen unbedingt erfüllt werden. Dies bedeutet, daß die Sparkasse jederzeit den aktuellen Status kennen muß und in der Lage sein muß, die Auswirkungen eventueller Maßnahmen auf die gesetzlichen Forderungen zu simulieren. Auch diese Normen begrenzen den Spielraum der Performancesteuerung und sind als Nebenbedingung strikt einzuhalten. Da die Liquiditätsgrundsätze 2 und 3 in der heutigen Form mit Einführung der EWWU entfallen werden, kann auf nähere Ausführungen hierzu verzichtet werden. Angemerkt sei allerdings, daß eine Steuerung der Auslastungskennzahlen mit Hilfe von Finanzinnovationen, insbesondere Swaps in Verbindung mit börsennotierten Floatern, auch derzeit schon i. d. R. in ausreichendem Maße möglich ist, ohne den gewünschten Summen-Cash-flow zu verändern. Parallel zur Performanceplanung ist also die Planung der GuV, der Bilanz und der aufsichtsrechtlichen Kennzahlen unumgänglich. Die Methoden zur Planung des Zinsüberschusses – die ein Kernelement dieser Planungen bilden – wurden bereits in Abschnitt 3.4 vorgestellt. Wiederholend wird auf folgende wichtige Ergebnisse hingewiesen: Die Planung der GuV ist nur für das aktuelle Geschäftsjahr – gegebenenfalls das Folgejahr – notwendig. Weiter in die Zukunft reichende Planungen des Zinsüberschusses sind überflüssig, da die Performanceplanung die Zukunft bis zum Ende der bestehenden Geschäfte voll berücksichtigt (vgl. Abschnitt 4.1.5). 1 Vgl. insbesondere die Abschnitte 4.1.1, 4.1.2 und 4.1.3. 190 Wertorientierte Steuerung des Zinsänderungsrisikos GuV und Bilanz können durch entsprechende Bewertungsrechte in hohem Maß gestaltet werden. Es steht eine Vielzahl von Möglichkeiten zur Verfügung, das Ergebnis durch Auf- oder Abbau von stillen Reserven zu verschlechtern oder zu verbessern. Hierzu bestehen die Möglichkeiten nicht nur innerhalb des Zinsgeschäfts (vgl. Abschnitt 4.1.3), sondern vor allem auch außerhalb des Zinsgeschäfts. Die Managementaufgabe einer Planung und Gestaltung von GuV und Bilanz besteht darin, die gegebenen Möglichkeiten im Rahmen der offiziellen Regeln und der »ungeschriebenen Gesetze« so auszunutzen, daß die »Allgemeine Anerkennung« sichergestellt ist. Ziel ist, daß in den Jahren, in denen die Ergebnisse laut Performancekonzept über dem gewünschten langfristigen Ergebnisdurchschnitt liegen, entsprechende stille Reserven gebildet werden. Diese Reserven können in Jahren mit unbefriedigendem Ergebnis mobilisiert werden. Auf diese Weise wird in seriöser Weise die gewünschte Ergebniskontinuität gewährleistet, die sich streng an betriebswirtschaftlichen Erkenntnissen ausrichtet. Dem klassischen Rechnungswesen kommt auf diese Weise eine neue, bedeutende Rolle zu: In enger Zusammenarbeit mit dem Treasury, das primär für das Performanceergebnis zuständig ist, steuert das Rechnungswesen das Ergebnis laut GuV bzw. nach Bilanz und präsentiert auf diese Weise die Bank in der Öffentlichkeit. 4.4 Gleitende Durchschnitte versus Elastizitäten Das Elastizitätskonzept nimmt derzeit in den Planungssystemen der Sparkassen eine wichtige Rolle ein. Es ist deshalb notwendig, sich mit diesem Systemansatz, der in der Denkweise des Performancekonzepts nicht benötigt wird, auseinanderzusetzen. Die entsprechende Analyse zeigt, wie das Elastizitätskonzept derzeit in den Planungssystemen eingebunden ist. Es wird deutlich, daß diese Aufgaben weitgehend entfallen. Aber auch in der konkreten Produktzinsprognose liefern gleitende Durchschnitte bessere Ergebnisse. 4.4.1 Einsatzgebiet und Aufgabe des Elastizitätskonzepts Generelle Aufgabe des Elastizitätskonzepts Das Elastizitätskonzept1 ist ein spezielles System zur Planung des Zinsüberschusses. Der periodische Zinsüberschuß soll in Abhängigkeit von der Veränderung der Zins1 In Literatur und Praxis liegen verschiedene Ausprägungen des Elastizitätskonzepts vor. Je nach Ausbau des Systems bzw. Komplexitätsgrad wird zwischen »statischen« und »dynamischen« Versionen unterschieden. Der Grundgedanke bzw. die Zielsetzung ist jedoch bei allen Systemen gleich, so daß auf diese Unterschiede nicht weiter eingegangen werden muß. Vgl. u. a. Rolfes, B.: Die Steuerung von Zinsänderungsrisiken in Kreditinstituten, Frankfurt a. M. 1985 sowie aktuell Schwanitz, J.: Elastizitätsorientierte Zinsrisikosteuerung in Kreditinstituten, Frankfurt a. M. 1996. Warum muß primär nach dem Performancekonzept gesteuert werden? 191 strukturkurve analysiert werden. Durch Variation der Zinsstrukturkurve soll die Reagibilität des Zinsüberschusses auf Zinsänderungen und damit das Zinsänderungsrisiko ermittelt werden. Hierbei wird insbesondere auf die Kenntnis der zeitlichen Entwicklung des Zinsüberschusses über mehrere Perioden bzw. Jahre hinweg Wert gelegt. In seiner weitestgehenden Ausprägung – dem dynamischen Elastizitätskonzept – wird eine Planung des Zinsüberschusses für fünf Folgejahre angestrebt. Die Elastizitätswerte spielen hierbei nur insofern eine Rolle, als mit ihrer Hilfe aus den Interbankenzinsen die Produktzinsen für Geschäfte mit Kunden – insbesondere für variable Geschäfte – abgeleitet werden. Aufgabenbereich stark eingeengt In den Abschnitten 4.1. und 4.2 wurde aber gezeigt, daß die ausschließliche Betrachtung des Zinsüberschusses bzw. des Ergebnisses nach GuV für eine zieladäquate Steuerung der Bank nicht ausreicht und sogar die Gefahr erheblicher Fehlsteuerungen in sich birgt. Ferner wurde gezeigt, daß die Performancesteuerung die mehrperiodige Planung der GuV vollständig ersetzt. Diese ist nur noch für das aktuelle Jahr und gegebenenfalls das Folgejahr notwendig. Hierzu wurden in Abschnitt 3.4 entsprechende Methoden vorgestellt. Damit schrumpft der Aufgabenbereich des Elastizitätskonzepts stark zusammen. Es kann dann allenfalls dazu dienen, die GuV des aktuellen Jahres bzw. Folgejahres zu planen. Komplexe Systeme zur Planung der GuV, die weit in die Zukunft blicken können, werden überflüssig. Offen ist allerdings, ob die Planung des Zinsüberschusses auf »kurze« Sicht mit dem Elastizitätskonzept oder mit dem in Abschnitt 3.4 vorgestellten Konzept auf Basis der Cash-flow und der gleitenden Durchschnitte besser gelingt. Diese Analyse muß in zwei Teilschritte zerlegt werden: Zunächst ist die Prognosequalität der Elastizitätswerte im Vergleich zu den gleitenden Durchschnitten zu untersuchen. Anschließend muß der Rechenweg zur Ermittlung des Zinsüberschusses in beiden Systemen unter betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten bzw. impliziten Prämissen verglichen werden. Hierbei kann in hohem Maße auf Ergebnisse des Abschnitts 3.4 (Zinsüberschußplanung) zurückgegriffen werden. 4.4.2 Produktzinsprognose für variable Geschäfte – Elastizitäten oder gleitende Durchschnitte? Begriff und Aufgabe der »Elastizitäten« Mit Hilfe der »Elastizität« soll der Zusammenhang zwischen der Veränderung der Interbankenzinsen und der Veränderung der Zinsen für Kundenprodukte erfaßt werden. 192 Wertorientierte Steuerung des Zinsänderungsrisikos In der ursprünglichen und einfachsten Fassung des Elastizitätskonzepts wird die Veränderung eines Produktzinses (insbesondere Zins eines variabel verzinslichen Kundenprodukts) in Relation zur Veränderung der Zinsen für Tagesgeld gemessen: Elastizität = Veränderung des Produktzinses Veränderung des Tagesgeldzinses Beide Veränderungen müssen sich hierbei auf die gleiche Zeitperiode beziehen. Die Elastizität eines Festzinsprodukts beträgt definitionsgemäß 0, die Elastizität des Tagesgeldes selbst ist 1. Empirisch wird die Elastizität als Steigung der Regressionsgeraden zwischen der Veränderung des Tagesgeldes und der Veränderung des Produktzinses gemessen. Die ursprüngliche Begriffsbildung wurde teilweise erweitert und verfeinert. Folgende erweiterte Ansätze liegen in Literatur und Praxis vor: Anstelle des Tagesgeldzinses wird Monatsgeld, 3-Monatsgeld, 6-Monatsgeld etc. als Referenzzins verwendet. Dies bedeutet keine wesentliche Änderung des Ansatzes, da diese »kurzen« Zinssätze untereinander und mit dem Tagesgeldzins hoch korreliert sind. Anstelle des »kurzen« Zinses werden auch »lange« Zinsen, wie z. B. Jahresgeld, 5-Jahresgeld, 10-Jahresgeld verwendet. Es erfolgt eine Ankopplung an mehrere Referenzzinsen gemäß folgender Gleichung: Veränderung des Produktzinses = Ela1 Delta(Referenzins1) + Ela2 Delta(Referenzins2) + … + ElaN Delta(ReferenzinsN) Zeitverzögerungen werden »eingebaut«, d. h., die Veränderungen beziehen sich auf zeitlich verschobene Perioden. Bereits in Abschnitt 2.3.2 (Irrwege zur Bewertung variabler Geschäfte) wurde gezeigt, daß die Ankopplung an »lange« Zinsen (und damit auch an mehrere Referenzzinsen) wegen der Unmöglichkeit der dispositiven Umsetzung nicht zielführend ist. Diese Ansätze werden damit nicht weiter verfolgt. Auf den synthetischen Einbau von Zeitverzögerungen wird aus Gründen des Umfangs der hier vorliegenden Untersuchung verzichtet, Zeitverzögerungen werden jedoch beim theoretischen Prognosevergleich mitbetrachtet. Beispiel zur empirischen Ermittlung von Elastizitäten Zur beispielhaften Ermittlung von Elastizitäten und für eine anschließende Produktzinsprognose werden Bundesbankzahlen herangezogen (Abb. 4.2): Warum muß primär nach dem Performancekonzept gesteuert werden? 193 Untersuchungszeitraum 1/1985 bis 11/1996 Datenbasis Deutsche Bundesbank Zins für variable Darlehen (Wohnungsbau) in Beziehung zum 3-Monatszins Zinsen in % Abbildung 4.2: Zinsentwicklung: 3-Monatszins/Variable Darlehen 12 10 8 variable Darlehen 6 4 3-Monatszins 2 85 86 87 88 89 90 91 92 93 94 95 Aus dem Diagramm können folgende Elastizitäten grob abgelesen werden: 1/85–12/87: Elastizität ≈ 2,0/2,0 ≈ 1,0 1/88–12/89: Elastizität ≈ 2,5/5,0 ≈ 0,5 1/90– 6/92: Elastizität ≈ 1,0/2,0 ≈ 0,5 7/92–11/96: Elastizität ≈ 4,0/6,5 ≈ 0,6 96 97 194 Wertorientierte Steuerung des Zinsänderungsrisikos Das gleiche Datenmaterial kann auch als Korrelationsdiagramm (Abb. 4.3) dargestellt werden: Variable Darlehen in % Abbildung 4.3: Korrelation 3-Monatszins/Variable Darlehen 11 10 6/92 1/85 9 8 12/87 12/89 12/93 7 6/89 6 1/96 5 3 4 5 6 7 8 9 10 11 3-Monatszins in % Die globale Elastizität über den gesamten Zeitraum beträgt in etwa 4,5/7,0 ≈ 0,65. Es liegen aber erhebliche Unterschiede zwischen einzelnen Zeiträumen vor (siehe oben). Vergleich der Prognosekraft Ausgehend von den Grunddaten des obigen Beispiels ermittelt man für das variable Darlehen folgende Ergebnisse (Tab. 4.11 und Abb. 4.4) auf der Basis gleitender Durchschnitte: Tabelle 4.11 Variable Darlehen 1/85 – 11/96 Mischungsverhältnis gleitender Durchschnitte % 3 Mon. 10 1 Jahr 60 5 Jahre 10 Ergebnisse für die Marge % 10 Jahre 20 Min. 0,864 Max. 2,251 Spannweite Mittelwert Standardabweichung 1,386 1,496 0,314 Warum muß primär nach dem Performancekonzept gesteuert werden? 195 in % Abbildung 4.4: Variable Darlehen: Marge 11 10 9 8 7 6 5 Produktzins Bewertungszins Marge 4 3 2 1 0 85 86 87 88 89 90 91 92 93 94 95 96 97 Das Korrelationsdiagramm zwischen dem Bewertungszins gemäß gleitenden Durchschnitten und dem Produktzins weist folgendes Bild (Abb. 4.5) auf: Variable Darlehen, Zinsen in % Abbildung 4.5: Korrelation Bewertungszins gleitender Durchschnitt/ Produktzins variable Darlehen 11,0 10,5 10,0 9,5 9,0 8,5 8,0 7,5 7,0 6,5 6,0 5,5 5,0 3,0 4,0 5,0 6,0 7,0 8,0 9,0 10,0 11,0 Gleitender Durchschnitt, Zinsen in % 196 Wertorientierte Steuerung des Zinsänderungsrisikos Bereits der rein optische Vergleich der Korrelationsdiagramme (gleiche Skalierung auf der x und y-Achse!) zeigt, daß die Korrelation zwischen den gleitenden Durchschnitten und dem Produktzins wesentlich höher ist als die Korrelation im Fall des Elastizitätsdiagramms. Damit ist die Prognosequalität der gleitenden Durchschnitte grundsätzlich höher. Diese Aussage läßt sich auch durch einen Vergleich der Prognosefehler, die in den jeweiligen Systemen begangen werden, exemplifizieren: Die Abbildung 4.6 zeigt die absolute Höhe des Prognosefehlers bei einer Prognose des Produktzinses für den Zeitpunkt »Ein Jahr nach dem Ist-Zeitpunkt«. Die Fehlerkurve des Elastizitätskonzepts weicht deutlich stärker von der Nullinie ab und ist damit schlechter. Fehler in % Abbildung 4.6 Variable Darlehen: Prognosefehler 1 Jahr 1,5 1,0 0,5 0,0 – 0,5 – 1,0 Gleitender Durchschnitt Elastizität – 1,5 86 87 88 89 90 91 92 93 94 95 96 97 Jahr Ein analoges Bild in Abb. 4.7 zeigt, in welchem System der Fehler größer war: Positive Werte bedeuten, daß der Fehler beim Elastizitätskonzept größer war, negative Werte signalisieren einen höheren Fehler beim gleitenden Durchschnitt. Warum muß primär nach dem Performancekonzept gesteuert werden? 197 Fehler Abbildung 4.7 Variable Darlehen: Fehlerdifferenz bei Prognose 1 Jahr 1,2 1,0 0,8 0,6 0,4 0,2 0,0 – 0,2 – 0,4 86 87 88 89 90 91 92 93 94 95 96 97 Jahr Analoge Ergebnisse liegen für andere Produkte sowie für die Modellierung der Produkte der Pilotsparkassen vor (siehe Anhang II). Ursachen für die schlechtere Prognosequalität der Elastizitäten Die geringere Prognosequalität des Elastizitätskonzepts hat ihre tiefere Ursache in der Tatsache, daß das Elastizitätskonzept grundlegende Eigenschaften variabler Geschäfte schlechter abbildet als das Konzept der gleitenden Durchschnitte. Hierzu wird untersucht, wie Zinsänderungen in Referenzzinsen (Interbankenzinssätze) sich in Zinsänderungen des Produktzinses niederschlagen und welches der beiden Modelle die Realität der Zinsanpassung bei variablen Produkten besser wiedergibt. Es wird also modellhaft theoretisch der Reaktionsmechanismus untersucht. Es wird von folgenden Prämissen ausgegangen: Referenzzinsen sind das Monatsgeld, 6-Monatsgeld und 24-Monatsgeld (2-Jahresgeld). Der Referenzzins für das Elastizitätsmodell ist das Monatsgeld. Es wird ein variables Aktivprodukt mit einer Elastizität von 0,5 unterstellt. Als gleitender Durchschnitt werden ein gleitender 6-Monatszins (relativ schnelle Reaktion auf Zinsänderungen) und ein gleitender 24-Monatszins (trägere Reaktion auf Zinsänderungen) verwendet. Während der Betrachtungsdauer sind die Zinsen für das Monatsgeld, 6-Monatsgeld und 24-Monatsgeld (Zwei-Jahresgeld) jeweils gleich hoch. 198 Wertorientierte Steuerung des Zinsänderungsrisikos Diese Prämisse wird gesetzt, damit die beiden konkurrierenden Modelle in einer konkreten Situation verglichen werden können. Die nachfolgenden Ergebnisse bleiben prinzipiell unverändert, wenn ein konstanter Abstand zwischen den genannten Zinsen unterstellt wird. Ohne die genannte Prämisse hängen die Ergebnisse des Vergleichs von zu vielen Faktoren ab. Dadurch würde der Vergleich unübersichtlich. Vor Beginn der Betrachtungsdauer liegt ein Zeitraum mit konstanten Zinsen, in dem alle genannten Interbankenzinsen gleich 5 % sind. Das Monatsgeld, der gleitende 6-Monatsdurchschnitt und der gleitende 24-Monatsdurchschnitt sind vor der betrachteten Zinsänderung entsprechend ebenfalls gleich 5 %. Vor Beginn der betrachteten Zinsänderungen ist die »Marge«1 des variablen Produkts (gemessen am Monatszins, am gleitenden 6-Monatszins und am gleitenden 24-Monatszins) gleich 1,5 %. Der Produktzins beträgt also 6,5 %. Es wird ein fiktives Aktivprodukt unterstellt. Es werden nun bestimmte Zinsänderungen der Referenzzinsen untersucht. Einmalige Auslenkung im Referenzzins In der Abbildung 4.8 wird davon ausgegangen, daß die drei Interbankenzinsen in einem einzigen Monat von 5 % auf 6 % steigen und dann sofort wieder auf 5 % fallen. Der Produktzins ist vor der Zinsänderung gleich 6,5 % (1,5 % Marge gegenüber dem Monatssatz bzw. den gleitenden Durchschnitten). Das Elastizitätsmodell prognostiziert, daß der Produktzins mit der Zinsänderung sofort auf 7,0 % ansteigt und danach sofort wieder auf 6,5 % zurückfällt. Wird mit Zeitverzögerung gearbeitet, steigt der Zins nach einer bestimmten Zeit auf 7,0 % und fällt danach sofort wieder auf 6,5 %. Im Gegensatz bewirken gleitende Durchschnitte eine länger anhaltende Zinserhöhung. Beim gleitenden 6-Monatszins steigt der Zins um 1/6 %, diese Zinserhöhung bleibt 6 Monate bestehen. Beim gleitenden 24-Monatszins steigt der Produktzins um 1/24 %, diese Zinserhöhung bleibt 24 Monate bestehen. 1 Margen kennt zunächst nur das Konzept der gleitenden Durchschnitte. Im Kontext der Elastizitäten mußte korrekterweise von »Zinsabstand« gesprochen werden. Aus Gründen der Lesbarkeit unterbleibt in diesem Kapitel die Unterscheidung (vgl. auch Abschnitt 4.4.3, in dem diese Thematik näher beleuchtet wird). Warum muß primär nach dem Performancekonzept gesteuert werden? 199 Zins in % Abbildung 4.8 Auswirkung einer einmaligen Zinsänderung und Rückkehr zum alten Niveau 7,0 6,5 { 6,0 Referenzzins Elastizität 0,5 Gleitender Durchschnitt über 6 Monate Gleitender Durchschnitt über 24 Monate 5,5 5,0 4,5 1 7 13 19 25 31 37 43 49 Monate Die Überlegungen zu einer einmaligen Zinsänderung zeigen allgemein: Gleitende Durchschnitte Bei einem gleitenden Durchschnitt über N Monate bedeutet eine Erhöhung im Referenzzins um 1% eine Erhöhung des Produktzinses um 1/N % für N Monate. Die Bank verzichtet in diesem Modell also insgesamt nicht auf Marge bzw. Ertrag. Jede Zinsänderung in den Referenzzinsen wird voll an den Kunden weitergegeben, allerdings nicht im gleichen Zeitraum wie die Zinsänderung, sondern über einen längeren Zeitraum verteilt. Die Dauer dieses Zeitraums entspricht der Wahl der Dauer des gleitenden Durchschnitts. Die Weitergabe der Zinsänderung am Interbankenmarkt erfolgt stufenweise. Eine Bank, die einerseits ihre Zinsspanne auf Dauer halten will, andererseits den Kunden nicht durch zu schockartige Zinsänderungen verärgern will, wird sich genau so verhalten. Die Dauer des gleitenden Durchschnitts gibt hierbei den Zeitraum an, in dem die Konditionsänderung am Interbankenmarkt an den Kunden weitergegeben wird. Elastizitätskonzept Die Bank reagiert auf jede Zinsänderung in dem Ausmaß, das der Elastizität entspricht. Die Reaktion erfolgt sofort (oder zeitverzögert), aber immer in der gleichen Zeitdauer wie die Änderung der Referenzzinsen. Eine über einen Zeitraum »verschmierte« (stufenweise) Reaktion ist nicht darstellbar. 200 Wertorientierte Steuerung des Zinsänderungsrisikos Die Bank verliert (oder gewinnt) bei einer Zinsänderung insgesamt Marge bzw. Ertrag. Vergleich der Konzepte Das Modell der gleitenden Durchschnitte ist realitätsnäher: Bei variablen Produkten werden Zinsänderungen in der Regel zeitverzögert über einen längeren Zeitraum weitergegeben. Durch die Wahl des gleitenden Durchschnitts (»kurz« oder »lang«) kann hierbei die Zeitverzögerung bzw. der Zeitraum eingestellt werden. Ebenso wird hierdurch der Zinsanstieg im variablen Produkt beeinflußt. Wenn in der Praxis eine Bank die Veränderung im Referenzzins nicht in gleicher Höhe an den Kunden weitergeben kann oder will, behält sie die Veränderung eben entsprechend länger bei. Auch wenn beim Elastizitätskonzept mit Zeitverzögerungen gearbeitet wird (wie manchmal vorgeschlagen), erfolgt der Zinsanstieg in diesem Konzept nach der Zeitverzögerung stets gleich schnell. Die Geschwindigkeit des Anstieges kann nicht beeinflußt werden. Banken versuchen ihren Zinsüberschuß zu stabilisieren. Sinkt die Zinsspanne wegen unzureichender Weitergabe von Marktzinsänderungen bei variablen Produkten, so wird die Bank bemüht sein, diesen Nachteil durch entsprechend längere Zeitdauer auszugleichen, und zwar so lange, bis die Zinsspannenrechnung wieder »stimmt«. Die Kriterien »zeitverzögert« und »nicht in gleichem Ausmaß« gelten also bei gleitenden Durchschnitten besser. Kurzzeitiger Anstieg im Zinsniveau, danach konstante Zinsen In der Abbildung 4.9 wird davon ausgegangen, daß die drei Interbankenzinsen innerhalb von 4 Monaten in Sprüngen von 0,25 % von 5 % auf 6 % ansteigen und dann bei 6 % verbleiben. Der Produktzins ist vor der Zinsänderung gleich 6,5 % (1,5 % »Marge« gegenüber dem Monatssatz bzw. den gleitenden Durchschnitten). Das Elastizitätsmodell prognostiziert, daß der Produktzins mit der Zinsänderung ebenfalls in 4 Monaten auf 7,0 % ansteigt und danach dauerhaft bei 7,0 % bleibt. Im Gegensatz hierzu wird bei gleitenden Durchschnitten die Zinsänderung im Interbankenzins in den gleitenden Durchschnitten nur zeitverzögert weitergegeben. Die Zeitverzögerung steigt hierbei mit der »Länge« der gleitenden Durchschnitte (bei gleitendem 6-Monatsdurchschnitt schneller als bei gleitendem 24-Monatsdurchschnitt). Entsprechend steigt der Produktzins mit, da bei gleitenden Durchschnitten eine konstante Marge zwischen dem Produktzins und dem gleitenden Durchschnitt postuliert wird. Nach einer bestimmten Zeitdauer (6 Monate bzw. 24 Monate nach Ende der Zinssteigerung) ist die ursprüngliche »Marge« gegenüber den Interbankenzinsen wieder- Warum muß primär nach dem Performancekonzept gesteuert werden? 201 hergestellt (1% »Marge« gegenüber den gleitenden Durchschnitten, die dann wieder mit den jeweiligen Interbankenzinsen identisch sind). Das Modell der gleitenden Durchschnitte ist aus zwei Gründen realitätsnäher: Bei variablen Produkten werden Zinsänderungen in der Regel zeitverzögert weitergegeben. Durch die Wahl des gleitenden Durchschnitts (»kurz« oder »lang«) kann hierbei die Zeitverzögerung eingestellt werden. Ebenso wird hierdurch der Zinsanstieg im variablen Produkt beeinflußt. Auch wenn beim Elastizitätskonzept mit Zeitverzögerungen gearbeitet wird (wie manchmal vorgeschlagen), erfolgt der Zinsanstieg in diesem Konzept nach der Zeitverzögerung stets gleich schnell. Die Geschwindigkeit des Anstieges kann nicht beeinflußt werden. Bei einem längeren Verharren des Zinsniveaus auf höherem Niveau kann damit gerechnet werden, daß die ursprüngliche Marge des variablen Produkts gegenüber den jeweiligen Interbankenzinsen wiederhergestellt werden kann. Je länger eine Phase geänderter Zinsen anhält, um so stärker werden die Banken die Zinsen für ein variables Produkt den neuen Gegebenheiten anpassen, ohne langfristig auf Marge zu verzichten. Das Elastizitätskonzept kann dies nicht abbilden, da dieses Konzept nur auf Zinsänderungen reagiert und die Zeitdauer, während der der Zins unverändert auf neuem Niveau bleibt, nicht berücksichtigt. Zins in % Abbildung 4.9 Kurzfristiger Zinsanstieg, danach Verharren auf neuem Niveau 8,0 7,5 7,0 6,5 6,0 5,5 Referenzzins Elastizität 0,5 Gleitender Durchschnitt über 6 Monate Gleitender Durchschnitt über 24 Monate 5,0 4,5 1 7 13 19 25 31 37 43 49 Monate 202 Wertorientierte Steuerung des Zinsänderungsrisikos Fortwährend steigende Zinsen Als weitere Situation wird unterstellt, daß nach einer Phase konstanter Interbankenzinsen (alle Zinsen gleich 5 %) ein Zinsanstieg erfolgt, der sich lange Zeit fortsetzt. In der Abbildung 4.10 wird von einer Zinserhöhung um 0,2 % pro Monat für die Referenzzinsen ausgegangen. Im Elastizitätskonzept schrumpft der ursprüngliche Zinsabstand von 1,5 % (gegenüber den jeweiligen Interbankenzinsen) innerhalb von 15 Monaten auf 0 %, danach wird er negativ. Pro Monat nimmt der Zinsabstand hierbei um 0,1% ab, so daß die Ertragssituation für die Bank sich immer mehr verschlechtert. Dies ist unrealistisch. Beim gleitenden 6-Monatsdurchschnitt verringert sich die Marge gegenüber den jeweiligen Interbankenzinsen bis auf 1,0 %. Gegenüber dem gleitenden Durchschnitt bleibt die Marge aber erhalten. Hat sich die Bank in dieser Situation entsprechend dem gleitenden Durchschnitt refinanziert, muß sie keine Ertragseinbuße hinnehmen (vgl. auch nächstes Beispiel). Beim gleitenden 24-Monatsdurchschnitt verringert sich die Marge gegenüber den jeweiligen Interbankenzinsen bis auf – 0,8 %, bleibt aber dann auf diesem Niveau erhalten. Bei Refinanzierung im gleitenden 24-Monatsdurchschnitt muß die Bank keine Ertragseinbuße hinnehmen (vgl. auch nächstes Beispiel). Hätte die Bank hingegen entsprechend der Elastizität mit »langem« Festzinsanteil refinanziert (siehe Abschnitt 4.4.3), so müßte sie mit jedem Ablauf der Festzinsen zunehmend negative Zinsergebnisse hinnehmen. Abbildung 4.10 Langfristiger, dauerhafter Zinsanstieg Zins in % 16,5 14,5 12,5 10,5 8,5 Referenzzins Elastizität 0,5 Gleitender Durchschnitt über 6 Monate Gleitender Durchschnitt über 24 Monate 6,5 4,5 1 7 13 19 25 31 37 43 49 Monate Warum muß primär nach dem Performancekonzept gesteuert werden? 203 Zinsauslenkungen und Rückkehr zum alten Zinsniveau Es wird in Abbildung 4.11 und 4.12 untersucht, wie die konkurrierenden Konzepte auf einen Anstieg im Zinsniveau mit Rückkehr zum alten Zinsniveau reagieren. Dabei wird unterschieden, ob die Zinsauslenkung kurzfristig ist oder sich über einen längeren Zeitraum erstreckt. Bei der kurzfristigen Zinsauslenkung steigen die betrachteten Interbankenzinsen in zwei Monaten von 5 % in Schritten von 0,5 % bis auf 6 %. Ebenso schnell sinken sie wieder auf 5 % ab. Bei der langfristigen Zinsauslenkung steigen die Interbankenzinsen von 5 % in 10 Monaten in Schritten von 0,1% bis 6 % und sinken dann in der gleichen Weise wieder auf 5 % ab. Das Elastizitätskonzept prognostiziert, daß der Produktzins im Zeitraum des jeweiligen Zinsanstiegs von 6,5 % auf 7,0 % steigt und danach wieder auf 6,5 % fällt. Die Dauer der Auslenkung spielt hierbei keine Rolle. Wenn die Zinsen am Interbankenmarkt wieder auf dem alten Niveau sind, ist auch der Produktzins wieder auf der ursprünglichen Höhe. Im Gegensatz hierzu behandelt das Konzept der gleitenden Durchschnitte kurzfristige und langfristige Zinsauslenkungen unterschiedlich, wobei jeweils wiederum ein Unterschied darin besteht, wie »lange« der gleitende Durchschnitt gewählt wird. Die kurzfristige Zinsauslenkung wird vom gleitenden 6-Monatsdurchschnitt mit einer Zinserhöhung des Produktzinses bis auf maximal 6,83 % weitergegeben. Beim gleitenden 24-Monatsdurchschnitt erfolgt ein maximaler Zinsanstieg bis auf 6,58 %. Die langfristige Zinsauslenkung bedeutet beim gleitenden 6-Monatsdurchschnitt eine Erhöhung des Produktzinses bis auf maximal 7,35 %, beim gleitenden 24-Monatsdurchschnitt bis auf maximal 6,92 %. Die Zinssteigerungen beim Produktzins erfolgen jeweils zeitverzögert, wobei die Verzögerung beim »langen« gleitenden Durchschnitt größer ist. Der Produktzins weist auch nach dem Absinken der Interbankenzinsen auf das alte Niveau noch ein höheres Niveau als ursprünglich auf. Auch die Zinssenkung erfolgt somit zeitverzögert. Je »länger« der gleitende Durchschnitt ist, um so länger dauert es, bis der ursprüngliche Produktzins von 6 % wieder erreicht ist: Exakt 6 Monate bzw. 24 Monate nach dem Absinken des Interbankenzinses auf das alte Niveau ist auch der Produktzins wieder beim alten Niveau angelangt. Das Integral der Zinsauslenkung (Zinsveränderung mal Zeitdauer der Zinsveränderung) der Interbankenzinsen ist in allen Fällen ebenso groß wie das Integral der Zinsauslenkung bei den Produktzinsen. Jede Zinsänderung der Interbankenzinsen wird letztlich im Lauf der Zeit voll an den Kunden weitergegeben. Der Ertrag der Bank bleibt insgesamt erhalten, auch wenn von Teilperiode zu Teilperiode unterschiedliche Zinsüberschüsse vorliegen. 204 Wertorientierte Steuerung des Zinsänderungsrisikos Die Veränderung des Produktzinses muß hierbei aber nicht im selben Zeitraum erfolgen wie die Veränderung der Interbankenzinsen. Im Gegensatz hierzu prognostiziert das Elastizitätskonzept im vorliegenden Fall einen unwiederbringlichen Ertragsverlust, da die Fläche der Zinsänderung des Produktzinses nur halb so groß ist wie die Fläche der Zinsänderung des Referenzzinses. Insgesamt ist das Modell der gleitenden Durchschnitte deutlich realitätsnäher. Es berücksichtigt insbesondere, daß Banken dauerhafte Ertragseinbußen aufgrund geänderter Interbankenzinsen nicht hinnehmen. Zins in % Abbildung 4.11 »Kurzfristige« Zinsauslenkung, danach Rückkehr zum alten Niveau 7,0 6,5 6,0 Referenzzins Elastizität 0,5 Gleitender Durchschnitt über 6 Monate Gleitender Durchschnitt über 24 Monate 5,5 5,0 4,5 1 7 13 19 25 31 37 43 49 Monate Warum muß primär nach dem Performancekonzept gesteuert werden? 205 Zins in % Abbildung 4.12 »Langfristige« Zinsauslenkung, danach Rückkehr zum alten Niveau 7,5 7,0 6,5 6,0 Referenzzins Elastizität 0,5 Gleitender Durchschnitt über 6 Monate Gleitender Durchschnitt über 24 Monate 5,5 5,0 4,5 1 7 13 19 25 31 37 43 49 Monate »Zufällige« Zinsschwankungen Abschließend soll untersucht werden, wie die beiden konkurrierenden Konzepte eine »zufällige« Zinsschwankung um ein konstantes Zinsniveau verarbeiten. Hierbei erfolgt zunächst ein Zinsanstieg, dann in doppeltem Ausmaß ein Zinsabfall und schließlich die Rückkehr zum alten Niveau (vgl. Abb. 4.13). Im Beispiel wird von einer Veränderung der Interbankenzinsen um 0,5 % pro Monat ausgegangen. Einem Zinsanstieg um 1 % folgt ein Zinsabschwung von 2 % und ein erneuter Anstieg um 1%, der zum alten Niveau zurückführt. Nach 8 Monaten ist der Prozeß abgeschlossen. Im Elastizitätskonzept folgt der Produktzins der Schwankung sofort jeweils in halbem Ausmaß. Der gleitende 6-Monatsdurchschnitt vollzieht die Schwankung zeitverzögert stufenweise mit, da die Durchschnittsbildung mit 6 Monaten »kürzer« ist als die Schwankungsdauer. Die Summe der Zinsänderungen der Produktzinsen ist ebenso wie die Summe der Zinsänderungen der Interbankenzinsen gleich Null. Der gleitende 24-Monatsdurchschnitt glättet die Zinsschwankung so stark, daß nur eine kurzzeitige, sechs Monate anhaltende Erhöhung im Produktzins mit einer maximalen Auslenkung um 0,08 % erfolgt. Danach ist der alte Produktzins wieder erreicht. Da die Summe der Zinsänderungen aber gleich Null sein muß (siehe oben, Integral der Zinsänderungen ist jeweils gleich Null), erfolgt der Ausgleich in Form einer sechsmonatigen Zinssenkung 24 Monate nach der Senkung der Interbankenzinsen mit ebenfalls maximaler Auslenkung um 0,08 %. 206 Wertorientierte Steuerung des Zinsänderungsrisikos Das Modell der gleitenden Durchschnitte ist insofern realitätsnäher, als kurzfristige Zinsschwankungen am Interbankenmarkt durch entsprechend gewählte gleitende Durchschnitte je nach Bedarf nachvollzogen oder aber auch geglättet werden können. Soll die kurzfristige Zinsschwankung praktisch gar nicht an den Kunden weitergegeben werden, ist dies durch einen langfristigen gleitenden Durchschnitt möglich (im Beispiel gleitender 24-Monatsdurchschnitt). Unschön ist hierbei, daß die Zinsschwankung sich theoretisch lange nach ihrem Auftreten am Interbankenmarkt noch kurzzeitig im Produktzins auswirkt. Die entsprechende Zinsänderung fällt aber sehr klein aus, wenn von zufälligen Zinsschwankungen ausgegangen wird, die sich in weniger als 10 Monaten vollziehen und wenn hierbei mit gleitenden Durchschnitten von mehr als 36 Monaten gearbeitet wird. In der Praxis wird der genannte Effekt dann in anderen Effekten aus Zinsänderungen untergehen. Zins in % Abbildung 4.13 »Zufällige« Zinsschwankungen 7,5 7,0 6,5 6,0 Referenzzins Elastizität 0,5 Gleitender Durchschnitt über 6 Monate Gleitender Durchschnitt über 24 Monate 5,5 5,0 4,5 4,0 1 4.4.3 7 13 19 25 31 37 43 49 Monate Eignung zur Disposition bzw. zur Gewinnung von Cash-flow sowie zur Margenkalkulation Vertreter des Elastizitätskonzepts beabsichtigen zum Teil nicht, aus den ermittelten Elastizitäten Cash-flow bzw. Dispositionsvorschriften oder Margen zu ermitteln. In diesen Fällen ist die folgende Kritik obsolet. Das Elastizitätskonzept hat dann aber gegenüber dem Konzept der gleitenden Durchschnitte den Nachteil, daß es nur das Teilproblem »Produktzinsprognose« zu lösen versucht, während sich das Konzept der gleitenden Durchschnitte bei allen obigen Problemstellungen bewährt. Wird das Elastizitätskonzept jedoch auch für die oben aufgeführten Steuerungsziele eingesetzt, so sind folgende Anmerkungen zu beachten: Warum muß primär nach dem Performancekonzept gesteuert werden? 207 Disposition im Elastizitätskonzept Angenommen, eine Bank hat auf der Aktivseite nur Produkte mit variablem Zins der Elastizität 0,6. Besteht die Passivseite zu 60 % aus Tagesgeld (bzw. dem Referenzzins für die Elastizität) und 40 % aus langfristigen Refinanzierungsmitteln mit Festzins, ist die Bank so lange vom Zinsänderungsrisiko frei, wie die Zinsbindungsdauer der Festzinsrefinanzierung reicht: Jeweils 1% Zinsänderung des Referenzzinses (Tagesgeldzinses) bewirkt eine Zinsveränderung von 0,6 % der Passivseite, da 40 % der Refinanzierung im Zins unverändert bleiben und 60 % der Refinanzierung sich um 1% im Zins verändern. Da die Aktivseite sich im Zins ebenfalls um 0,6 % bei 1% Zinsänderung des Referenzzinses verändert, bleibt die Zinsspanne bzw. Marge der Bank unverändert. Allgemein ist ein variabel verzinsliches Kundenprodukt der Elastizität e dann zinsänderungsrisikofrei refinanziert (bzw. angelegt), wenn die Refinanzierung zu e 100 % aus Tagesgeld (bzw. Monatsgeld etc.) und (1 – e) 100 aus Festzinsen besteht. Die Wahl der Zinsbindungsdauer für die Festzinskomponente bleibt hierbei der Bank überlassen, die Theorie der Elastizität liefert hierzu keine Aussagen. Teilweise wird versucht, die Festzinsseite der Disposition aus der »Haltedauer« des Produkts zu ermitteln. Hierzu wird z. B. für Spareinlagen untersucht, wie lange der Kunde im Durchschnitt eine Einzahlung bei der Bank beläßt (First-in/First-out-Verfahren). In Annäherung an die »Methode der gleitenden Durchschnitte« wird die Festzinskomponente z.T. auch »gleitend« gewählt. Die Dispositionsvorschrift eines variablen Produktes mit einer 60%igen Elastizität und 40%iger revolvierender 5-Jahresanlage hat somit einen identischen Cash-flow wie ein Mischungsverhältnis 60% Monatszins (bzw. gleitender 3-Monatszins) und 40 % gleitender 5-Jahressatz.1 Probleme und Fehler der Dispositionsvorschrift 2 Die Theorie der Elastizität liefert keine Aussage darüber, wie »lange« die Festzinskomponente gewählt werden muß. Eigentlich wird die Festschreibung so lange benötigt, wie die Elastizität konstant sein soll. Wird die Festzinskomponente auf eine bestimmte Zeit festgelegt, so verkürzt sich die Restlaufzeit dieser Komponente fortwährend. Die Refinanzierung verändert also ihre Qualität, obwohl das Produkt noch identisch ist. Mit Auslauf der Zinsbindungsdauer des festen Anteils der Refinanzierung schwankt das Zinsergebnis der Bank um die Zinsveränderung im Festzins. Die Refinanzierung ist also nicht zinsänderungsrisikofrei. 1 Annahme: In beiden Fällen wird in monatliche Tranchen aufgespalten. 2 Vgl. auch Abschnitt 2.3.2. 208 Wertorientierte Steuerung des Zinsänderungsrisikos Wie sollen diese Zinsschwankungen interpretiert werden? – Als Margenschwankung? Eine willkürliche und ungeeignete Festlegung! – Als Bestandteil des Anpassungszusammenhangs? Dann müßten diese Zinsänderungen bei der Berechnung der Elastizität berücksichtigt werden, was aber nicht geschieht! Alle Vorschläge, als Referenzzins auch »längere« Zinsen als das Tagesgeld oder Monatsgeld zuzulassen, sind nicht disponierbar! Der aktuell am Markt herrschende Zins für eine Frist größer ein Monat kann nicht monatlich neu angepaßt werden, sondern erst am Ende der Zinsbindungsfrist. Zum Beispiel dürfte ein variables Produkt, bei dem als Referenzzins der Jahreszins gewählt wird, nicht öfter als jährlich angepaßt werden. Wird der Festzinsanteil gleitend gewählt, so ist folgendes zu beachten: Notwendig, um die Marge korrekt zwischen Marktbereich und Treasury aufzuspalten, ist auch die Bewertung des »Festzinsanteils« mit gleitenden Zinsen.1 Soll der Festzinsanteil mit gleitenden 5-Jahreszinsen disponiert werden, so hätte eine Bewertung dieses Anteils mit aktuellen Zinsen in den 60 Fristen 1 Monat bis 5 Jahre – analog zur Berechnung von Ausgleichszahlungen bei Volumenschwankungen – bei gleichzeitiger revolvierender 5-Jahresanlage des Treasury eine falsche Ergebniszuordnung zur Folge. Ohne korrekte Ergebniszuordnung ist aber ein konsistentes Controllingsystem nicht realisierbar. Volumenschwankungen können im System nicht abgebildet werden. Hierzu müßte ein Teil der Festzinsposition zum historischen Zins verkauft oder neu zugekauft werden. Wird nur die variable Seite angepaßt, verändert sich die Elastizität. (Das analoge Problem tritt auch bei den gleitenden Durchschnitten auf. Hier ist aber das Problem theoretisch explizit gelöst und kann praktisch bei der Festlegung des gleitenden Durchschnitts berücksichtigt werden.) Eine Berücksichtigung der individuellen Haltedauer eines variablen Produkts hilft bei der Disposition nicht weiter. Entscheidend sind das kollektive Verhalten und die Geschwindigkeit der Zinsanpassung. Zum Beispiel kann trotz hoher individueller Umschlagshäufigkeit der Gesamtbestand der Sichteinlagen weitgehend langfristig angelegt werden. Durch den Einsatz der gleitenden Durchschnitte können die obigen Probleme und Fehler gelöst werden: Gleitende Durchschnitte lassen sich direkt in Zahlungsströme umwandeln. Gleitende Durchschnitte definieren unmittelbar eine Dispositionsvorschrift, die praktisch umsetzbar ist. 1 D. h. letztlich die Anwendung der Methode der gleitenden Durchschnitte. Warum muß primär nach dem Performancekonzept gesteuert werden? 209 Die jeweiligen Fristen für die Gegengeschäfte sind über die Mischungsverhältnisse exakt definiert. Da die fällig werdenden Abschnitte jeweils wieder in derselben Frist angelegt werden, bleibt die Restlaufzeit stets gleich und von gleicher Struktur. Es wird nicht nur eine konstante Zinsspanne bzw. Marge erreicht, sondern auch eine symmetrische Kursschwankung, da die Restlaufzeiten stets unverändert bleiben. 4.4.4 Generelle Probleme bei der Planung des Zinsüberschusses im Elastizitätskonzept Die bisherigen Ergebnisse zur Brauchbarkeit des Elastizitätskonzepts zeigen zusammenfassend: Das Elastizitätskonzept ist nur zur Planung des Zinsüberschusses geeignet, nicht aber zu Disposition und Risikosteuerung. Das Elastizitätskonzept ist dem Konzept der gleitenden Durchschnitte in der Prognosequalität unterlegen. Andererseits wurde festgestellt, daß eine Planung des Zinsüberschusses für das aktuelle Jahr und gegebenenfalls das Folgejahr notwendig ist. Hierzu gibt es in der Sparkassenorganisation eingeführte Planungsmodelle. Die Elastizitäten dienen in diesen Planungsmodellen zur Planung der Produktzinsen in Abhängigkeit von den zu prognostizierenden Interbankenzinsen. In einem ersten Ansatz läge es nahe, bei den bestehenden Modellen zur Planung des Zinsüberschusses den Teil, in dem die Elastizitäten als funktionaler Zusammenhang zwischen Interbankenzins und Produktzins wirken, durch die Zinsprognose auf Basis der gleitenden Durchschnitte zu ersetzen. Dies hätte eine höhere Prognosequalität und damit eine bessere Treffsicherheit der Modelle zur Folge. Der Änderungsaufwand wäre relativ gering. Andererseits wurde in Abschnitt 3.4.2 ein Modell zur Planung des Zinsüberschusses vorgestellt, das von der bisherigen Vorgehensweise sehr stark abweicht. Der primäre Punkt ist hierbei die Behandlung des Neugeschäfts. Im Systemvorschlag laut Abschnitt 3.4.2 wird für das Neugeschäft nicht der konkrete Produktzins, sondern nur die Marge geplant. Dies ist wegen der Ergebniszerlegung in den Zinsüberschuß aus Ist-Geschäft, Zinsüberschuß aus dispositivem Zwangsgeschäft und Margen aus Neugeschäft möglich. Zusätzlich wird die Prämisse gesetzt, daß das Neugeschäft strukturkongruent refinanziert wird. Die bisherigen Systeme lassen für das Neugeschäft ausdrücklich eine erneute Fristentransformation zu. Entsprechend kann nur zwischen Zinsüberschuß aus IstGeschäft und Zinsüberschuß aus Neugeschäft unterschieden werden. Der »Bilanz- 210 Wertorientierte Steuerung des Zinsänderungsrisikos abgleich« tritt an die Stelle des dispositiven Zwangsgeschäfts, umfaßt nun aber auch die Inkongruenzen, die im Neugeschäft zusätzlich entstehen. In Abschnitt 3.4.2 wurde ausführlich begründet, daß bei der Planung des Neugeschäfts aus betriebswirtschaftlichen und praktischen Gründen keine weitere Fristentransformation zugelassen werden sollte. Die Argumentation hierzu muß im einzelnen nicht wiederholt werden. Darüber hinaus zeigt der theoretische, konzeptionelle Vergleich von Elastizitätskonzept und Modell gleitender Durchschnitte, daß letzteres bei unveränderten Rahmenbedingungen korrekterweise insgesamt konstante Margen zur Folge haben, die Elastizitäten jedoch willkürliche Margenveränderungen bewirken (vgl. Abschnitt 4.4.3). Hieraus folgt, daß die bisherigen Systeme der Sparkassenorganisation zur Planung des Zinsüberschusses grundlegend reformiert werden müssen. Die in 3.4.2 dargestellte Vorgehensweise auf Basis der gleitenden Durchschnitte bildet hierzu den Ausgangspunkt. 5 Warum muß die Gesamtbank als Portfolio betrachtet werden? Der Fokus der bisherigen Betrachtungen lag auf dem Zinsgeschäft der Bank. Dabei wurde die summarische Reaktion des Zinsgeschäfts auf Zinsänderungen mit Hilfe des Summenzahlungsstroms untersucht. In diesem Kapitel werden verschiedene Erweiterungen der bisherigen Vorgehensweise vorgestellt, die letztlich dazu dienen, das Gesamtinstitut als Portfolio zu managen:1 Unterschiedliche Märkte Die Bildung des Summenzahlungsstroms als Hilfsmittel zur Analyse ist nur zulässig, wenn Produkte mit gleichem Zahlungsstrom im Rahmen der gewünschten Genauigkeit am Markt gleiche Preise erzielen. Andernfalls muß der Summenzahlungsstrom in Unterkategorien aufgelöst werden. Optionen Mit Hilfe von Optionen auf Zinsgeschäfte können spezifische Risikoprofile erzeugt werden. Das »optionsfreie« Zinsgeschäft und Optionen auf Zinsgeschäfte müssen im Zusammenspiel betrachtet werden. Weitere Vermögenspositionen Die Bank hat ihr Vermögen nicht nur im Zinsgeschäft gebunden. Immobilien und Beteiligungen spielen bei Sparkassen eine erhebliche Rolle; Aktien gewinnen zunehmend an Bedeutung. Ferner sind unterschiedliche Währungen zu beachten. Im 1 Vgl. auch Benke, H., Piaskowski, F., Sievi, C.: Neues vom Barwertkonzept, in: Die Bank, 2/1995. Warum muß die Gesamtbank als Portfolio betrachtet werden? 211 Performancekonzept muß die Entwicklung dieser und weiterer Vermögenspositionen ebenso betrachtet werden wie die Entwicklung des Vermögens im Zinsgeschäft. Der Gesichtspunkt der Risikostreuung spielt hierbei eine besondere Rolle. Die Bank muß als Portfolio betrachtet werden. Benchmarking, RORAC, RAROC, Risikolimitierung Die Steuerung eines Portfolios benötigt Vergleichsmaßstäbe, an denen der erzielte Erfolg relativ gemessen wird. Die Allokation des Vermögens sollte in Relation zur versprochenen Performance und zum eingegangenen Risiko bzw. Risikokapital erfolgen. Eine Risikolimitierung ist notwendig. 5.1 Unterschiedliche Märkte, Barwert versus Marktpreis (»Auflösung des Summen-Cash-flow«) In Abschnitt 1.1 wurde festgestellt, daß Zinsgeschäfte trotz unterschiedlicher nominaler Kenngrößen in vielen Fällen identische Zahlungsströme besitzen. Aus Sicht der Bank bedeutet dies zu gleichen Zeitpunkten gleiche Geldzuflüsse bzw. Geldabflüsse und damit den gleichen Erfolgsbeitrag. Hieraus wurde abgeleitet, daß Geschäfte mit gleichem Zahlungsstrom in der Ergebnisrechnung gleich abgebildet werden müssen. Da ferner Zahlungen zum gleichen Zeitpunkt saldiert werden können, ist die Bildung des Summenzahlungsstroms möglich.1 Der Summenzahlungsstrom spiegelt trotz unterschiedlichster in ihm enthaltener Nominalkonditionen das Gesamtgeschäft der Bank korrekt wider. Die Betrachtung setzt aber voraus, daß identische Zahlungsströme auch tatsächlich am Markt identisch bewertet werden. Ein Blick in die Praxis zeigt, daß hiervon nicht grundsätzlich ausgegangen werden kann. Trotz gleicher Zahlungsströme besitzen folgende Produkte in der Regel am Interbankenmarkt unterschiedliche (Markt-)Preise (Kurse) bzw. Renditen: Swapmarkt – Pfandbriefmarkt Bundeswertpapiere – Pfandbriefe Bankschuldverschreibungen – Pfandbriefe Geldmarkt – Markt kurzlaufender Wertpapiere Pfandbriefe unterschiedlicher Emittenten Pfandbriefe unterschiedlichen Emissionsvolumens Darüber hinaus können häufig sogar innerhalb eines Teilmarktes durch wechselseitige strukturkongruente Refinanzierung Margen erzielt werden. Zum Beispiel muß für den Kauf eines Bundeswertpapiers mit hohem Nominalzins in der Regel ein gerin- 1 Stillschweigend werden hierbei gleiche Währungen vorausgesetzt. Es versteht sich von selbst, daß die Analyse für jede Währung getrennt vorgenommen werden muß. 212 Wertorientierte Steuerung des Zinsänderungsrisikos gerer Marktpreis gezahlt werden als für den Kauf einer entsprechenden Mischung von Bundeswertpapieren mit niedrigeren Nominalzinsen. Als maßgeblich für die Renditeunterschiede können folgende Punkte gelten: Bonitätsüberlegungen bzw. Ausfallrisiken: Ein anderes Rating bzw. geringfügig höheres Ausfallrisiko spiegelt sich in der Rendite wider. Unterschiedliche Liquidität und damit unterschiedliche Geld/Brief-Differenz: Je höher tendenziell die Liquidität ist (z. B. Swapmarkt vor Pfandbriefmarkt, Bundespapier vor Pfandbrief, Jumbo-Pfandbrief vor »normaler« Emission), desto niedriger ist die gehandelte Rendite. Unterschiedliche bilanzielle Darstellung und Auswirkung: Tendenziell werden »bilanzneutrale« Geschäfte bevorzugt. Unterschiedliche steuerliche Behandlung: Auf diese Weise läßt sich z. B. die strukturkongruente Marge zwischen Bundeswertpapieren mit unterschiedlichem Nominalzins erklären. Unterschiedliche Angebots- und Nachfragesituationen: Zum Beispiel erfolgt Auslandsnachfrage primär nach Bundestiteln bzw. nach »Bekanntheitsgrad«. So lassen sich insbesondere auch Schwankungen im Renditeabstand zwischen den verschiedenen Märkten erklären. Die Erzeugung des Cash-flow muß in der Praxis ohnehin je Einzelgeschäft erfolgen.1 Es erfordert also bei geeigneter Datenorganisation keinen Zusatzaufwand, die Cashflow zunächst nach geeigneten Untergruppen (z. B. Märkten) zu summieren und erst danach die Gesamtsumme zu bilden. Das vorliegende Konzept ist hiervon unabhängig. Auf welcher Auflösungsebene die Bewertung und Risikoanalyse des Zinsgeschäfts erfolgt, hängt von der Zwecksetzung der jeweiligen Untersuchung ab: Sollen gezielt einzelne Teilbereiche der Bank untersucht werden, ist die Auflösung des Summenzahlungsstroms hierzu Voraussetzung. Eine Einzelanalyse ist primär bei dezentraler Risikosteuerung der Bank angebracht (vgl. auch Abschnitt 6.1). Eine exakte Vermögensermittlung erfordert die Auflösung des Summen-Cashflow in Teilmärkte, da jeder Teilmarkt mit der jeweils individuellen Zinsstrukturkurve bewertet werden muß.2 Wie viele Teilmärkte gebildet werden, hängt vom Genauigkeitsanspruch ab. Im Extremfall muß jedes Geschäft einzeln bewertet werden. Häufig wird zwischen verschiedenen Märkten getauscht, oder es werden Kombinationen aus Produkten verschiedener Märkte gebildet. So kann z. B. geprüft werden, ob bei geringen Zinsunterschieden zwischen Bundespapieren und Pfandbriefen 1 Lediglich bei variablen Geschäften ist aufgrund der Bodensatzüberlegungen eine summarische Ermittlung des Cash-flow für Produkte mit gleichem Mischungsverhältnis gleitender Durchschnittszinsen möglich und angebracht. 2 Dies gilt insbesondere auch für unterschiedliche Währungen. Warum muß die Gesamtbank als Portfolio betrachtet werden? 213 primär Bundespapiere, andernfalls Pfandbriefe gekauft werden sollen. Ein Beispiel für eine Kombination bildet der Kauf eines Floaters in Kombination mit einem Swap (Bank erhält Festzins) als synthetischer Ersatz eines Pfandbriefs. Derartige Geschäfte können nur beurteilt werden, wenn die entsprechenden Zahlungsströme getrennt ermittelt werden und mit den jeweils zugehörigen Zinsstrukturen bewertet werden. Bei der Performanceberechnung muß eine mögliche unterschiedliche Entwicklung der Zinsstrukturen (Verringerung oder Erhöhung des Renditeabstands) berücksichtigt werden. Steht die Risikoanalyse für die Gesamtbank im Vordergrund, kommt es nicht auf die exakte Ermittlung des Vermögens, sondern auf die Veränderung des Vermögens an. Hierbei kann in erster Näherung davon ausgegangen werden, daß sich die Renditen in den Teilmärkten parallel bewegen. Für eine reine Risiko- und Performanceanalyse der Gesamtbank genügt also in der Regel der Summenzahlungsstrom der Gesamtbank. Dieser Summenzahlungsstrom kann mit einer einheitlichen Renditestruktur bewertet werden.1 Die Analyse wird dadurch vereinfacht und übersichtlich. In diesem Sinn wurde bisher nur der Summenzahlungsstrom der Bank untersucht. Für Detailanalysen zur Beurteilung einzelner Teilbereiche oder Teilmärkte – insbesondere zur Beurteilung von Tausch- und Kombinationsgeschäften zwischen verschiedenen Märkten – sind eine Auflösung des Summenzahlungsstroms und das Arbeiten mit verschiedenen Zinsstrukturen unumgänglich. Für eine Analyse der Gesamtbank unter Risiko- und Performancegesichtspunkten genügt jedoch in der Regel bei Sparkassen der Summenzahlungsstrom der Gesamtbank. 5.2 Zinsoptionen im Zusammenspiel mit dem Zinsgeschäft Der Einsatz von Zinsoptionen kann in Fortführung des Beispiels aus Kapitel 3 demonstriert werden. In Abschnitt 3.3 wurde die Maßnahme DsgvM3 (Anlage von 50 Mio. mit Frist 8 Jahre) getestet. Dabei zeigte sich, daß diese Maßnahme bei der vorliegenden Zinsprognose »Prognose« (leicht steigende Zinsen) mit dem Planungshorizont 3 Monate die günstigsten Ergebnisse liefert. Das vorgegebene Limit in Höhe von 7 Mio. (maximaler Verlust) verbietet aber die Maßnahme DsgvM3: Beim Szenario Dsgv + + + beträgt der 1 Eine weiterführende Untersuchung müßte berücksichtigen, wie vollständig eine Renditeänderung eines bestimmten Teilmarktes (z. B. Pfandbrief) durch die unterstellte Renditeänderung der »einheitlichen« Renditekurve erklärt wird (Korrelation). Die Komplexität steigt durch die dann notwendigen Varianz-/ Kovarianz-Betrachtungen oder vergleichbare Modelle erheblich. Für Sparkassen erscheint zunächst die Annahme einer perfekten positiven Korrelation (= 1) als hinreichend genau. In der Regel wird als »einheitliche« Renditestruktur der Swapmarkt verwendet, da der Swapmarkt der liquideste Teilmarkt ist. 214 Wertorientierte Steuerung des Zinsänderungsrisikos Verlust 11,59 Mio. Als Konsequenz hieraus muß die Bank die Maßnahme DsgvM1 oder DsgvM2 durchführen, obwohl hier unter der gegebenen Zinserwartung schlechtere Ergebnisse erzielt werden. Noch extremer wäre die Situation, wenn die Bank an sinkende Zinsen glaubt. Hier würde die Maßnahme DsgvM3 noch günstigere Ergebnisse als im diskutierten Fall liefern (erkennbar z. B. am Szenario Dsgv – – –). Dennoch könnte diese Maßnahme bei einem Risikolimit von 7 Mio. nicht durchgeführt werden. Der Einsatz einer Zinsoption oder eines Bündels von Optionen könnte hier zu einer Lösung des Konflikts beitragen: Durch den zusätzlichen Kauf von Puts auf Wertpapiere mit Ausübungstermin Termin 3 Monate kann sich die Bank gegen Kursverluste im Fall steigender Zinsen absichern. Die Ausübungspreise und die Volumina der Puts müssen dabei so festgelegt werden, daß das vorgegebene Limit eingehalten wird.1 Damit kann die Maßnahme DsgvM3, ergänzt um die Optionen, prinzipiell durchgeführt werden. Es muß natürlich geprüft werden, ob sich die Maßnahme angesichts ihrer Kosten (Kaufpreis der Puts in Relation zu ihren Verkaufspreisen) im Fall der erwarteten Zinsprognose »Prognose« noch rechnet. Sind die Kosten höher als ca. 0,5 Mio., so wäre Maßnahme DsgvM1 durchzuführen, da der Vorteil von DsgvM3 gegenüber DsgvM1 ca. 0,5 Mio. beträgt und DsgvM1 auch ohne zusätzliche Optionen das Limit von 7 Mio. einhält. Bei den obigen Berechnungen ist eine weitere Besonderheit bei der Anwendung von Zinsoptionen zu beachten: Der Wert einer Option hängt nicht nur von der Höhe der jeweiligen Zinsen ab, sondern auch von der Volatilität der Zinsen. Nur am Verfallsdatum (im Beispiel 3 Monate nach Abschluß) spielt die Volatilität keine Rolle mehr; hier ist allein der über den aktuellen Zins für die Restlaufzeit des Papiers determinierte Kurs des Basisgeschäfts maßgeblich. Während der Laufzeit der Option (insbesondere auch am Planungshorizont 1 Monat) nimmt im Beispiel der Wert der Option mit höherer Volatilität zu, mit niedrigerer Volatilität ab. Damit die Performance der Bank per Planungshorizont 1 Monat im Fall der Durchführung der Maßnahme DsgvM3 mit ergänzenden Optionen bestimmt werden kann, muß für den Planungshorizont also nicht nur die Zinsstruktur geschätzt werden, sondern auch die Volatilität. Analoges gilt für die Risikoszenarien, die zur Limitierung benötigt werden. Wird hier einmal von maximal, einmal von minimal historisch beobachteter Volatilität ausgegangen, so verdoppelt sich die Anzahl der Risikoszenarien. Dieser erhöhte Planungsaufwand befreit aber nicht von der Notwendigkeit, bei Vorliegen von Optionen die Veränderung der Volatilität mit in die Szenarioanalyse aufzunehmen. 1 Es sei ausdrücklich darauf hingewiesen, daß der oder die Puts nicht unbedingt auf eine Laufzeit des Basisgeschäfts von 8 Jahren (entsprechend der Maßnahme DsgvM3) geschrieben werden müssen. Auch andere Laufzeiten – insbesondere die Verteilung der Optionen über mehrere Laufzeiten – kommen hierfür in Betracht. Warum muß die Gesamtbank als Portfolio betrachtet werden? 215 Allgemeine Ergebnisse Das Beispiel zeigt zunächst, daß Zinsoptionen immer im Zusammenhang mit dem gesamten Zinsbuch gesehen werden müssen.1 Weder eine isolierte Betrachtung der Optionen noch eine Betrachtung der Optionen gemeinsam mit ihren jeweiligen Basisgeschäften (z. B. Bewertungseinheiten) ist erfolgversprechend. So besitzen z. B. der oder die Puts des obigen Beispiels eindeutig den Charakter eines Hedge-Geschäfts im Rahmen des Gesamtbuchs. Das Volumen der Puts und die Ausübungspreise müssen so festgelegt werden, daß das Limit auf die Geschäfte der Gesamtbank – nicht ein Limit auf die Maßnahme DsgvM3 – eingehalten wird. Zur Ermittlung der Performance, die aus den Optionsgeschäften erzielt wird, muß der Wert jeder Einzeloption am Planungshorizont (bzw. den Planungshorizonten) ermittelt werden. Die hierzu verwendeten Zinsprognosen bzw. Zinsszenarien entsprechen denen, die auch bei der Berechnung der Performance des reinen Zinsgeschäfts angewandt werden. Zusätzlich sind aber eine Prognose sowie eine Maximal- und Minimalabschätzung der Volatilität notwendig.2 Die so berechneten Performancewerte in DM für die Optionen können mit den Performancewerten in DM für das reine Zinsgeschäft, die aus jeweils identischen Zinsszenarien resultieren, saldiert werden. Dieser Gesamtsaldo liefert die geforderte Gesamtsicht des Zinsgeschäfts und der Optionen auf das Zinsgeschäft. Es muß allerdings darauf hingewiesen werden, daß diese Aussagen nur auf Simulationsmethoden zutreffen. Bei der statistischen Modellbildung mit Varianz-/Kovarianz-Modellen (JP Morgan, vgl. auch Abschnitt 3.2.2) werden Optionen nur unzureichend berücksichtigt. Es würde den Rahmen der vorgelegten Untersuchung sprengen, auf diesbezügliche Lösungsansätze weiter einzugehen.3 5.3 Sonstige Vermögensbestandteile – die Bank als Portfolio In Kapitel 3, Abschnitt 3.3 wurde für die Beispielsparkasse die Vermögensstruktur ermittelt. Die Übersicht in Tab. 5.1 zeigt wiederholend die Ergebnisse, wobei ergänzend prozentuale Anteile berechnet wurden. Aus der Übersicht konnten bereits Ergebnisse zum fairen Verkaufspreis sowie zum Mindestanspruch an das Ergebnis abgeleitet werden (Abschnitt 3.1.4). Diese Überlegungen werden nun vertieft. Insbesondere wird hierbei auch die Verteilung des Gesamtvermögens der Sparkasse auf die verschiedenen Vermögenskategorien diskutiert. 1 Diese Aussage muß im Rahmen der Ausführungen zur dezentralen Steuerung (Abschnitt 6.1) relativiert werden, bleibt aber in ihrem Kern erhalten. 2 Für weitere Hinweise zur Behandlung optionaler Geschäfte vgl. auch: »Fachkonzept zur Einführung des Geschäftsfelds Derivate in Sparkassen«, DSGV-Sammelschreiben vom 22. 7.1997. 3 Vgl. auch Abbildung »typische VaR-Modelle« in Abschnitt 5.5. 216 Wertorientierte Steuerung des Zinsänderungsrisikos Tabelle 5.1 Vermögensposition Wert in Mio. DM Istwert Anteil % Zinsabhängiges Geschäft Aktien Beteiligungen Sonstiges (Inventar) Immobilien 400,75 21,00 85,00 9,00 150,00 60,20 3,15 12,77 1,35 22,53 Gesamtvermögen 665,75 100,00 Würde eine Privatperson, die ein Vermögen von 665,75 Mio. gemäß obiger Struktur angelegt hat, den Rat einer Sparkasse einholen, würde sie vermutlich folgende Hinweise bzw. Empfehlungen erhalten: Der Anteil des Vermögens, das im Zinsgeschäft gebunden ist (Mix verschiedener Laufzeiten), ist deutlich zu hoch. Das zinsabhängige Geschäft sollte sich nicht auf DM beschränken, sondern internationale Titel mit weiter Streuung auch über verschiedene Währungen beinhalten. Der Aktienanteil ist deutlich zu klein. Auch hier sollte international diversifiziert werden. Der Anteil an Immobilien könnte ausgebaut werden. Insbesondere könnten Immobilien, die nicht betriebsnotwendig sind, ins Portfolio aufgenommen werden. Auch wäre an eine Streuung des Immobilienbesitzes auf verschiedene Standorte zu denken. Die Vermögensstruktur der Beispielsparkasse widerspricht demnach Empfehlungen, die allgemein für eine langfristige Vermögensanlage gelten.1 Hiergegen könnte eingewandt werden, daß eine Sparkasse mit Kunden primär Zinsgeschäft betreibt und dadurch naturgemäß einen Großteil des Vermögens in Zinstiteln gebunden hat. Ebenso sei der Anteil der Immobilien in hohem Ausmaß durch die Anzahl der Betriebsstätten determiniert. Schließlich seien die Beteiligungen häufig durch Organisationsstrukturen oder politische Überlegungen festgelegt, und die Führung eines hohen Bestandes an Aktien und internationalen Anlagen gehöre nicht zu den angestammten Geschäftsbereichen von Sparkassen. Diese Gegenargumente können in hohem Maße entkräftet werden: Die Abwicklung des Kundengeschäfts setzt nicht voraus, daß im Zinsgeschäft wesentliche Vermögensbestandteile gebunden sind. Werden alle Geschäfte struktur1 Zu allgemeinen Ergebnissen für Banken und Sparkassen vgl. Bode, M., Jancar, S., Sievi, C.: Multinationale Diversifikation: Viel zitiert, kaum befolgt, in: Die Bank, 4/94, S. 202 ff. Warum muß die Gesamtbank als Portfolio betrachtet werden? 217 kongruent refinanziert und der entstehende Margenbarwert außerhalb des Zinsgeschäfts anderweitig angelegt, so ist trotz hohen Kundenvolumens kein Vermögen im Zinsgeschäft gebunden. Im Extremfall könnte eine Bank im Zinsgeschäft sogar ein negatives Vermögen ausweisen. Dies wäre dann der Fall, wenn das Kundengeschäft strukturkongruent glattgestellt würde und aus zusätzlicher Geldaufnahme Immobilien und Aktien in einem Ausmaß gekauft würden, das das vorhandene Vermögen übersteigt. Ebenso ist es nicht notwendig, daß Betriebsstätten (Verwaltung, Filialen) im Besitz der Sparkasse sind. Langfristig gemietete Immobilien erfüllen den beabsichtigten Zweck ebenso. Umgekehrt muß der Immobilienbestand der Bank nicht unbedingt betrieblichen Zwecken dienen. Gewerblich oder privat vermietete Immobilien können ebenso zum Bestand gehören. Sicherlich ist ein bestimmter Beteiligungsbestand verbandspolitisch festgelegt. Dennoch bleibt auch hier ein Spielraum, der genutzt werden kann. Der kontinuierliche Ausbau eines Aktienbestandes eröffnet der Sparkasse nicht nur erhebliche Performancechancen, sondern auch erhebliche Möglichkeiten zu Ergebnisgestaltung und Ergebnisglättung. Voraussetzung hierfür ist, daß ein hoher Anteil des Aktienportfolios als langfristig strategische Anlage betrachtet wird, der wenig Handelsaktivität ausgesetzt ist. Dadurch kommt es dauerhaft betrachtet zwangsläufig zum Aufbau stiller Reserven, die entsprechend bei der Gestaltung des Ergebnisses verwendet werden können. Natürlich müssen gerade in der Ausbauphase des Aktienportfolios (stille Reserven sind noch nicht ausreichend vorhanden) die Risiken beachtet werden. Der Ausbau muß so erfolgen, daß ein Aktiencrash bilanzpolitisch problemlos verkraftet werden kann. Hinsichtlich der Struktur des Aktienportfolios wird die Orientierung an nationalen und internationalen Marktindizes bei entsprechend breiter Streuung empfohlen. Die Verteilung des Gesamtvermögens auf die einzelnen Vermögenskategorien ist also nicht durch das Kundengeschäft oder durch betriebliche Erfordernisse bestimmt, sondern ein Entscheidungsparameter. Gerade das Beispiel Immobilien zeigt, daß alle Vermögensbestandteile unter Rentabilitätsgesichtspunkten betrachtet werden müssen. Nicht nur die vermieteten Immobilien, sondern auch die eigengenutzten Immobilien müssen eine entsprechende Performance erwirtschaften und hinsichtlich der Performance in Wettbewerb zueinander treten. Sonst ist die Frage, in welchen Immobilien das Sparkassengeschäft betrieben wird (eigengenutzt, fremdgenutzt etc.) nicht entscheidbar. Die Berechnung der Performance für Immobilien vollzieht sich analog zur Performanceberechnung im Zinsgeschäft. Der Wert der Immobilie muß regelmäßig (in der Regel jährlich) geschätzt werden. Zur Wertveränderung kommt die erzielte Miete hinzu. Bei betrieblicher Nutzung tritt die Marktmiete, die bei Anmietung eines entsprechenden Objekts zu zahlen wäre (also die ersparte Miete), an die Stelle der erzielten 218 Wertorientierte Steuerung des Zinsänderungsrisikos Miete. Entsprechende innerbetriebliche Leistungen sollten verrechnet werden. Der Immobilienbestand der Bank wird somit »gemanagt«. Sollen die Risiken aus unterschiedlichen Vermögenspositionen nicht nur additiv verknüpft werden, müssen wiederum Korrelationen zwischen den Risikoklassen Berücksichtigung finden.1 Die Bank kann und muß als Portfolio verstanden werden. Nicht nur die Performance des Zinsgeschäfts trägt zum Erfolg der Bank bei, sondern auch die Performance, die in anderen Vermögensbestandteilen erzielt wird. Hierbei ist insbesondere der Gedanke der Risikominderung durch Diversifizierung zu beachten. 5.4 Benchmarks2 Wann immer ein Ergebnis aus einer Geschäftstätigkeit ermittelt wird, so gewinnt dieses nur dann Aussagekraft, wenn es mit Ergebnissen verglichen wird, die in anderen Tätigkeiten erzielbar gewesen wären. Zum Beispiel ist ein Vermögenszuwachs mit Geldanlage in speziell ausgewählten Aktien von 15 % dann als schlecht anzusehen, wenn der Gesamtmarkt der Aktien um 25 % im Wert gestiegen ist. Eine zufällige Auswahl von Aktien mit breiter Mischung hätte dann mehr erbracht als die spezielle Auswahl. Umgekehrt sind 2 % Vermögensmehrung in speziell selektierten Aktien dann hervorragend, wenn im betrachteten Zeitraum zufällig gestreute Investitionen in anderen Aktien Verluste beschert hätten. Zur Beurteilung des Erfolges einer bestimmten Strategie müssen also stets eine oder mehrere Vergleichsgrößen (Benchmarks) herangezogen werden. Für eine Bank bestehen hier ebenso wie für den privaten Anleger zwei Problembereiche: Zunächst muß darüber entschieden werden, welche generelle Vermögensstruktur angestrebt werden soll, d. h. in welchen Anteilen das Gesamtvermögen auf zinstragende Titel, Aktien, Beteiligungen, Immobilien und sonstige Vermögensbestandteile verteilt werden soll. Dieses Problem wurde bereits im vorausgehenden Abschnitt 5.3 angesprochen. Anschließend muß festgelegt werden, welche generelle Anlagepolitik bzw. Strategie innerhalb der jeweiligen Vermögenskategorie verfolgt werden soll. 1 Auch wenn die grundsätzlichen Methoden hierfür bekannt sind, liegt in diesem Bereich noch erheblicher Weiterentwicklungsbedarf. Näheres würde weit über den Rahmen der »Machbarkeitsstudie« gehen. Seitens des Beraters wird empfohlen, sich den Risikomanagementfragen über Risikokategorien hinweg verstärkt zuzuwenden, da hier erhebliche Chancen bei begrenztem Risiko liegen. 2 Die Ausführungen erfolgen in enger Anlehnung an Sievi, C.: Kalkulation und Disposition, Bretten 1995. Warum muß die Gesamtbank als Portfolio betrachtet werden? 219 Beide Problembereiche lassen sich nicht vollständig trennen, da ein höheres Risiko in der generellen Vermögensstruktur zu einem niedrigeren tolerierbaren Risiko in den Einzelkategorien führt und umgekehrt.1 Im Fortgang konzentriert sich die Problemstellung auf die Frage, welche Vergleichsmaßstäbe und Strategien für die Anlage des Vermögens im Zinsgeschäft denkbar und angebracht sind. 5.4.1 Anforderungen an Benchmarks Vergleichsmaßstäbe (Benchmarks) können nicht willkürlich festgelegt werden, sondern müssen gewissen Anforderungen genügen. Diese Anforderungen sollen im Fortgang besprochen werden. Praktische Nachvollziehbarkeit, Kontrollierbarkeit, exakte Definition An einen Vergleichsmaßstab wird zunächst die Anforderung gestellt, daß er praktisch nachvollziehbar (durchführbar) und kontrollierbar ist. Gleichwertig hiermit ist, daß eine definierte Vorschrift vorliegt, entsprechend der das Vermögen anzulegen ist. Diese Vorschrift muß auch real umsetzbar sein. Hierzu einige Beispiele für entsprechende Benchmarks: 1 Benchmark könnte z. B. sein, das Vermögen revolvierend im Tagesgeld anzulegen. 2 Ebenso eignet sich die revolvierende Anlage im Monatsgeld, Vierteljahresgeld etc. 3 Bei einem längeren Betrachtungszeitraum kommt auch die revolvierende Anlage im Jahresgeld etc. in Frage. 4 Das Vermögen kann auch in noch längeren Fristen angelegt werden, z. B. in zehnjährigen Titeln. Da die Kontrolle der Benchmarks aber im Normalfall in kürzerer Frist erfolgt (z. B. monatlich bis jährlich), ist es in diesem Fall notwendig, nach diesen Fristen den Anlageerfolg zu ermitteln. Wird eine einmal gewählte Anlage des Vermögens z. B. in einem zehnjährigen Wertpapier auf Dauer beibehalten, so wird mit fortschreitender Zeit die Restlaufzeit der Anlage immer kürzer. Bei der Bewertung wird also von Stichtag zu Stichtag mit der Anlage in fortschreitend kürzeren Titeln verglichen. Die Benchmark ist im Zeitablauf nicht konstant. Dennoch ist sie exakt definiert, nachvollziehbar und kontrollierbar. Auf das Problem der mangelnden Konstanz wird noch später eingegangen, hierbei wird die Benchmark 4 entsprechend modifiziert. 5 Indizes, die aus realen Papieren gebildet werden, sind als Benchmark ebenso geeignet. Die Definition des Index ist hierbei mit dem eigenen Maßstab identisch. 1 Vgl. auch Abschnitt 6.1. 220 Wertorientierte Steuerung des Zinsänderungsrisikos 6 Die Forderung der Nachvollziehbarkeit stößt bei Indizes, die nicht aus realen Papieren gebildet werden, an Grenzen. Zum Beispiel ist der REX (Deutscher Rentenindex) ein Konstrukt aus fiktiven Rentenpapieren, die in der Realität nicht unbedingt verfügbar sind. Diese Indizes sind aber in der Regel so konstruiert, daß eine Nachbildung des Index in der Praxis mit hoher Genauigkeit gelingt (sog. »Spiegelportfolios«)1. Somit erfüllen derartige Indizes ebenfalls die bisher gestellten Anforderungen. 7 Bei allen bisher genannten Benchmarks kann es erlaubt sein, zusätzliche Schulden in einer der genannten Strukturen aufzunehmen. Das hierdurch gewonnene Kapital wird gemeinsam mit dem eigenen Vermögen in einer anderen Struktur angelegt. Zum Beispiel könnte als Benchmark festgelegt sein, nicht nur das eigene Vermögen revolvierend im Monatsgeld anzulegen, sondern zusätzlich Schulden in Höhe des doppelten Volumens des Vermögens im Tagesgeld aufzunehmen und diese Mittel ebenfalls im Monatsgeld anzulegen. 8 Ebenso ist es erlaubt, aus den bisher erläuterten Benchmarks 1 bis 7 beliebige Mischungen zu bilden, also das Vermögen in bestimmten Verhältnissen auf einzelne Benchmarks aufzuteilen. Nicht praktisch umsetzbar bzw. nicht exakt definiert sind hingegen folgende »Maßstäbe«, sie sind daher als Benchmark ungeeignet: Die Anforderung, es müßten jährlich genau 8 % Verzinsung auf das Vermögen erzielt werden, ist nicht umsetzbar, weil es zu dieser Vorgabe keine Anlage gibt, die exakt dem Maßstab entspricht. Ähnlich ist der Wunsch, das bilanzielle Eigenkapital müsse sich mit mindestens 15 % verzinsen, zu bewerten. Ebenso ist es unzulässig, die Benchmark nachträglich zu adjustieren: Der Treasurer darf nicht an der Anlage in Jahrestiteln gemessen werden, wenn diese sich im nachhinein als günstiger als die Anlage im Monatsgeld herausgestellt haben, aber zuvor die Rendite bei Anlage im Monatsgeld zum Maßstab erklärt war. Hier fehlt es an der Umsetzbarkeit. Es muß vorab gesagt werden, ob die Anlage in Jahrestiteln oder im Monatsgeld als Benchmark dienen soll. Nicht umsetzbar ist auch die Forderung, der Treasurer müsse die Ergebnisse der Konkurrenzbank erzielen. Dies wäre nur dann möglich, wenn die Anlagestrategie der Konkurrenzbank bekannt ist. Die bisher besprochene Anforderung der praktischen Nachvollziehbarkeit bzw. exakten Definition schützt nicht vor abstrusen Benchmarks. Benchmark könnte z. B. sein, am Monatsersten zu prüfen, welche Mondphase herrscht. Bei Vollmond wird im Monatsgeld, ansonsten im Tagesgeld angelegt. Ist aber das Zinsniveau größer 8 %, so 1 Z. B. kann der REX als Cash-flow dargestellt werden, der den fiktiven Anlagen im REX entspricht. Vergleiche hierzu Benke, H.: Benchmarkorientierung im Zinsmanagement, in: Die Bank, 2/1993, S. 106 ff. Warum muß die Gesamtbank als Portfolio betrachtet werden? 221 wird die Halbjahresfrist gewählt. Diese Vorschrift ist sowohl nachvollziehbar als auch kontrollierbar, aber sicherlich ohne Sinngehalt. Derartige unsinnige Benchmarks führen zu einer zweiten Gruppe von Forderungen: Einfachheit und Sinngehalt Ein Maßstab muß nicht nur durchführbar sein, sondern er sollte auch relativ einfach verständlich sein. Hierbei gibt es sicherlich inhaltliche Abstufungen. Die extremste Forderung wäre, jeder Anleger müsse in der Lage sein, bei entsprechend großem Vermögen den Maßstab nachzuvollziehen. Die bereits aufgeführten Benchmarks 1 bis 4 sowie 7 (bei Schulden und Anlagen gemäß 1 bis 4) und 8 (mit wenigen Mischkomponenten) erfüllen diese Forderung. Wenn etwas mehr Wissen vorausgesetzt wird, können auch die Benchmarks 5 und 6 sowie 7 (aus allen Schulden und Anlagen) und 8 (mit beliebigen Mischungen) als »einfach« bezeichnet werden. Die Benchmark sollte ferner einen inhaltlichen Sinn besitzen. Alle Benchmarks 1 bis 8 entsprechen dieser Forderung, da mit der Anlage in bestimmten Fristen und Strukturen jedermann wenigstens grob Chancen und Risiken verbinden kann. Hingegen hat eine Orientierung an den Mondphasen wenig betriebswirtschaftlichen Sinn – es sei denn, man neigt dem Aberglauben und der Astrologie zu. Zeitliche Konstanz Ein einmal festgelegter Maßstab sollte sich während der Meßperiode in seiner Qualität nicht ändern. Also ist es unzweckmäßig, bei einem Planungshorizont von einem Jahr für das erste Halbjahr als Benchmark das Tagesgeld, für das zweite Halbjahr das Monatsgeld zu wählen. Der Forderung nach zeitlicher Konstanz widerspricht auch die Benchmark 4, da sich hier die Frist der gewählten Anlage dauernd verkürzt. Aus diesem Grund wird die Benchmark 4, die auf eine Anlage in längeren Fristen abzielt, modifiziert. Hierzu einige Beispiele: 4 -1 Das Vermögen wird in Jahrespapieren angelegt. Nach Ablauf eines Vierteljahres wird die nunmehr neunmonatige Anlage verkauft und erneut eine Jahresanlage gewählt. Dieser Vorgang wird fortlaufend wiederholt. 4 -2 Das Vermögen wird in Zehn-Jahrestiteln angelegt. Nach Ablauf eines halben Jahres wird die Anlage mit einer Restlaufzeit von 9,5 Jahren verkauft und erneut für zehn Jahre angelegt. Der Vorgang wird kontinuierlich fortgesetzt. 4 -3 Allgemein wird in eine »längere« Frist investiert und nach Ablauf einer »kürzeren« Frist der Titel mit verkürzter Restlaufzeit verkauft. Die »kürzere« Frist entspricht hierbei der Periodizität der Ergebnismessung. Anschließend wird wieder die ursprüngliche längere Frist gekauft. Somit bleibt die Fristigkeit der Vermögensanlage im Zeitablauf stets konstant, wenn von der Verkürzung zwischen den 222 Wertorientierte Steuerung des Zinsänderungsrisikos Kaufterminen und Verkaufsterminen mit Neukauf abgesehen wird. Diese Verkürzung spielt aber keine Rolle, da das Ergebnis ohnehin nicht häufiger festgestellt werden soll. Die Benchmarks vom Typ 4 -x besitzen den Nachteil, daß sie vom Investor bei direkter Nachbildung relativ viele Verkaufs- und Kaufoperationen erfordern. Aus diesem Grund sollen als letzter Benchmarktyp gleitende Vermögensanlagen vorgestellt werden. Auch hierzu einige Beispiele: 9-1 Das Vermögen wird in acht gleiche Teile zerlegt, die in den Fristen von drei Monaten bis zwei Jahren fällig sind. Mit Fälligkeit einer Teilschicht wird diese Schicht stets in der Zwei-Jahresfrist angelegt. 9-2 Das Vermögen wird in 120 gleiche Teile zerlegt, die in den Fristen von einem Monat bis 120 Monaten angelegt werden, so daß monatlich ein Hundertzwanzigstel des Volumens zurückfließt. Diese Rückflüsse werden stets erneut für 120 Monate angelegt. 9-3 Allgemein wird also das Vermögen nach dem Prinzip der gleitenden Durchschnitte disponiert, das bereits in Abschnitt 2.3 bei Kalkulation und Disposition der variablen Geschäfte vorgestellt wurde. Die gleitende Vermögensanlage entspricht einer Mischung aus gleichen Anteilen von Benchmarks vom Typ 4 -x. Zum Beispiel kann die Benchmark 9-2 auch dadurch erzeugt werden, daß jeweils ein Hundertzwanzigstel des Vermögens in den Benchmarks gemäß 4 -x mit Fristen von einem Monat bis 120 Monaten angelegt wird. Jede dieser 120 Benchmarkanlagen wird monatlich verkauft und in der ursprünglichen Frist neu gekauft. Genausogut kann aber nur die jeweils fällige Schicht stets für zehn Jahre angelegt werden. Hierdurch werden Geld/Brief-Differenzen vermieden. In beiden Fällen baut sich die Vermögensanlage monatlich gleichmäßig in zehn Jahren bis zum Saldo Null ab, wobei diese Struktur dauerhaft erhalten bleibt. Das Kriterium der zeitlichen Konstanz ist erfüllt. 5.4.2 Ordnung und Auswahl von Benchmarks durch Risiko/Return1-Analysen Durch die bisherigen Überlegungen wurden Anforderungen an Benchmarks gestellt, die unsinnige und ungeeignete Maßstäbe ausschließen. Es steht aber nach wie vor eine Vielzahl von Benchmarks zur Verfügung, unter denen gewählt werden muß. Hierzu ist es sinnvoll, Aussagen über die Auswirkungen einer Vermögensanlage in der Benchmark zu gewinnen. 1 Der Begriff »Return« ist in diesem Zusammenhang üblich. Er wird hier synonym zu dem Begriff »Performance« benutzt. Warum muß die Gesamtbank als Portfolio betrachtet werden? 223 Prinzipielle Analysemöglichkeiten Es sind zwei prinzipielle Vorgehensweisen möglich: a) Der Investor gibt eine Zinsprognose bzw. mehrere Zinsszenarien vor. Es wird geprüft, welche Auswirkung eine Anlage in der Benchmark unter dieser Zinsprognose bzw. unter den Zinsszenarien hat. Entsprechend wird die Benchmark ausgewählt. Der Investor hat also bestimmte Vorstellungen über die Zukunft und setzt seine Benchmark so, daß sie diesen Vorstellungen entspricht. Die Zinsprognose bzw. eine durch Zinsszenarien abgegrenzte Zinslandschaft bestimmen die Auswahl der Benchmark. Diese Vorgehensweise bedingt, daß die Benchmark mit geänderten Zukunftsvorstellungen laufend gewechselt wird. Von Planungsperiode zu Planungsperiode können in dieser Betrachtung andere Normanlagen vorgegeben werden. b) Es wird anhand historischer Daten geprüft, welche Auswirkung eine Benchmark in der Vergangenheit gehabt hätte. Hierzu wird ein ausreichend langer Zeitabschnitt der Vergangenheit betrachtet. Die Zinsprognosen bzw. Zinsszenarien der Vorgehensweise a) werden also der Vergangenheit bzw. dem historischen Verlauf entnommen. Der Investor hofft, daß sich die hieraus gewonnenen Ergebnisse auf die Zukunft übertragen lassen. Die Vorgehensweise vermeidet individuelle Zinsprognosen dadurch, daß die Vergangenheit als statistischer Prozeß fortgeschrieben wird. Entsprechend ist es in dieser Vorgehensweise unsinnig, die Benchmark fortwährend zu wechseln. Charakteristische Eigenschaft dieser Benchmarkfestlegung ist es, an einer Strategie, die vergangenheitsbezogen den Vorstellungen des Investors entspricht, festzuhalten. Eine Änderung der Benchmark ist nur angebracht, wenn sich die Risikoneigung oder die »Ertragserwartung« des Investors verändert oder wenn neue historische Erkenntnisse vorliegen. Berechnung von Risiko und Return als Beurteilungsmaßstäbe Im Fortgang wird anhand der Vorgehensweise b) gezeigt, wie aus historischen Daten für Benchmarks Risiko und Return als Beurteilungsmaßstäbe berechnet werden können. Die gezeigte Methodik läßt sich auch auf die Vorgehensweise a) übertragen. Wie erläutert, soll das Anlageergebnis der Benchmark periodisch (in der Praxis monatlich bis jährlich) festgestellt und beurteilt werden. Hierzu wird ermittelt, wie ein Anfangskapital von 100 Einheiten durch Anlage in der Benchmark von Periode zu Periode wächst bzw. schrumpft. Für zwei unterschiedliche Benchmarks sollen die in Tabelle 5.2 dokumentierten vierteljährlichen Ergebnisse vorliegen: 224 Wertorientierte Steuerung des Zinsänderungsrisikos Tabelle 5.2 Entwicklung eines Startkapitals von 100 bei Anlage in zwei unterschiedlichen Benchmarks Quartal Benchmark 1 Kapital 0 1 2 3 4 5 6 7 8 100,00 102,00 102,50 101,00 103,00 104,00 104,00 106,00 107,00 Benchmark 2 Zuwachs % Kapital Zuwachs % 2,00 0,49 – 1,46 1,98 0,97 0,00 1,92 0,94 100,00 105,00 99,00 97,00 106,00 102,00 110,00 115,00 116,00 5,00 – 5,71 – 2,02 9,28 – 3,77 7,84 4,55 0,87 Offensichtlich ist der mittlere Zuwachs bei Benchmark 1 deutlich niedriger, dafür schwanken die Zuwächse bei Benchmark 2 stärker. Durchschnittlicher Zuwachs (Return) Der mittlere Zuwachs kann einfach aus Startwert und Endwert berechnet werden. Für Benchmark 1 beträgt der Zuwachs 8 107 100 = 1,0084931 entsprechend 0,84931% pro Quartal oder 3,4408 % pro Jahr. Für Benchmark 2 ergeben sich die Werte 1,87% pro Quartal bzw. 7,70 % p. a. Zu beachten ist, daß bei der Berechnung des mittleren Zuwachses nicht der arithmetische Mittelwert der Einzelzuwächse gebildet werden darf. Der korrekte Mittelwert kann aus den Einzelwerten nur durch Bildung des geometrischen Mittels der Zuwachsfaktoren berechnet werden. Risiko Schwieriger ist es, eine geeignete Risikokennziffer zu finden. Hierbei nur auf die minimalen Zuwächse abzustellen oder die Spannweite der Zuwächse als Risikomaß zu wählen, würde bedeuten, das Risiko an »Ausreißern« festzumachen. Sinnvoller ist es, die Varianz bzw. die Standardabweichung der Zuwächse als Risiko zu definieren. Ebenso wie der Mittelwert kann die Varianz nicht aus den prozentualen Einzelzuwächsen berechnet werden. Vielmehr ist es notwendig, zum Logarithmus (z. B. zur Basis e, also zum natürlichen Logarithmus) überzugehen. Dies hat den Vorteil, daß aus multiplikativen Verknüpfungen additive Berechnungen werden und somit im logarithmischen Raum die Varianz mit den üblichen Formeln berechnet werden kann. Die folgende Tabelle zeigt die Vorgehensweise, die im Fortgang erläutert wird. Warum muß die Gesamtbank als Portfolio betrachtet werden? 225 Rechenschema zur Risikoermittlung 1 Die prozentualen Zuwächse werden zunächst in Zuwachsfaktoren q = (1 + p / 100) umgewandelt. Diese Faktoren können auch direkt aus den Kapitalien durch Quotientenbildung zweier nacheinander folgender Kapitalstände gewonnen werden. Zum Beispiel beträgt der Zuwachsfaktor für Benchmark 2 im ersten Quartal 105 / 100 = 1,05. 2 Aus den Zuwachsfaktoren wird der Logarithmus zur Basis e (ln) gebildet. Der Logarithmus des Faktors 1,05 beträgt 0,04879 (siehe Tabelle 5.3). 3 Aus den Logarithmen der Zuwächse werden der Mittelwert und die Stichprobenstandardabweichung berechnet. Dies ist nun problemfrei möglich, da die vorhergehende Logarithmierung der eigentlich multiplikativ verknüpften Zuwachsfaktoren zur normalen Addition führt. 4 Die folgenden Rechenschritte zeigen, wie aus den logarithmischen Mittelwerten (Zeile [1] der Tabelle 5.3) und der logarithmischen Standardabweichung (Zeile [2] der Tabelle 5.3), die auf Quartalsbasis berechnet wurden, prozentuale Jahreswerte gewonnen werden können. Wären die einzelnen Zuwachsfaktoren sofort in Jahreswerte umgerechnet worden, so hätte hierzu die vierte Potenz (vier Quartale sind ein Jahr) gebildet werden müssen. Aus dem Zuwachsfaktor 1,05 pro Quartal wäre z. B. der Zuwachsfaktor 1,2155 geworden. Der Logarithmus dieses Jahreszuwachses ist genau viermal so groß wie der angegebene Tabellenwert, da im logarithmischen Raum die Potenzierung zur Multiplikation wird. Folglich wäre der Mittelwert der Logarithmen viermal so groß wie der Mittelwert der Quartalswerte. In Zeile (3) der Tabelle 5.3 sind die entsprechenden Ergebnisse angegeben. Die Standardabweichung der Logarithmen der Jahreswerte ist aber nur zweimal so groß wie die Standardabweichung der Quartalswerte, da bei der Standardabweichung die Quadratwurzel gebildet wird (Quadratwurzel aus 4 ist 2). Der entsprechende Wert ist in Zeile (4) der Tabelle 5.3 enthalten. 5 Die logarithmischen Jahresdurchschnitte (3) bzw. logarithmischen Jahresstandardabweichungen (4) müssen nun wieder in jährliche Zuwachsfaktoren bzw. Prozentzahlen umgewandelt werden. Dies geschieht durch Anwendung der Umkehrfunktion zum Logarithmus, nämlich durch Potenzierung zur Basis e. Zum Beispiel ist e hoch 0,10151 gleich 1,10684 (siehe Tabelle 5.3 Zeile [6]). Dies ist der jährliche mittlere Zuwachsfaktor. Dem Zuwachsfaktor von 1,10684 entspricht die Verzinsung von 10,684 % p. a. Analog werden die anderen der jährlichen Zuwachsfaktoren und Standardabweichungen sowie die zugehörigen Prozentzahlen gewonnen. Die Werte sind in den Zeilen (5) und (6) angegeben. 226 Wertorientierte Steuerung des Zinsänderungsrisikos Tabelle 5.3 zum Rechenschema Quartal 0 1 2 3 4 5 6 7 8 (1) (2) Benchmark 1 Benchmark 2 Kapital Kapital 100,00 102,00 102,50 101,00 103,00 104,00 104,00 106,00 107,00 Zuwachs logarithmisch (ln) Quartalswerte 0,01980 0,00489 – 0,01474 0,01961 0,00966 0,00000 0,01905 0,00939 100,00 105,00 99,00 97,00 106,00 102,00 110,00 115,00 116,00 Zuwachs logarithmisch (ln) Quartalswerte 0,04879 – 0,05884 – 0,02041 0,08873 – 0,03847 0,07551 0,04445 0,00866 Durchschnitt der ln Quartalswerte 0,00846 0,01855 Standardabweichung der ln Quartalswerte 0,01112 0,05076 Hochrechnung der ln Quartalswerte auf ln Jahreswerte (3) (1) *4 0,03383 (4) (2) *2 0,02225 Hochrechnung der ln Jahreswerte auf Prozentjahreswerte (5) (6) e hoch (3) Durchschnitt % p.a. e hoch (4) Standardabweichung % p. a. 1,03441 3,441% 1,02249 2,249 % 0,07421 0,10151 1,07703 7,703 % 1,10684 10,684 % Risiko/Return-Diagramme, effiziente Benchmarks Die Ergebnisse hinsichtlich Risiko und durchschnittlichen Zuwachses (Return) können für die einzelnen Benchmarks grafisch veranschaulicht werden. Die Abbildung 5.1 zeigt die Ergebnisse für die Benchmarks 1 und 2 des obigen Beispiels. Ferner wurde eine dritte Benchmark hinzugefügt, deren Return 5 bei einem Risiko von 9 beträgt. Angenommen, ein Investor entscheidet sich für Benchmark 3, da er subjektiv mit einem Durchschnittsreturn von 5 % zufrieden ist und er kein höheres Risiko als 9 eingehen möchte. Dann ist die Frage, ob er nicht mit einer geeigneten Mischung der Benchmarks 1 und 2 besser fährt als mit der Benchmark 3: Werden z. B. 50 % des Vermögens in der Benchmark 1 und 50 % des Vermögens in der Benchmark 2 angelegt, so beträgt der mittlere Return 3,44 0,5 + 7,70 0,5 = 5,57 %. Hinsichtlich des Risikos einer Mischung von Benchmarks kommt es darauf an, in welcher Weise die Schwankungen der Zuwächse miteinander korreliert sind. Im ungünstigsten Fall laufen beide Entwicklungen völlig synchron, d. h., die Benchmarks 1 und 2 sind starr aneinander gekoppelt. In diesem Fall ist das Risiko einer Mischung Warum muß die Gesamtbank als Portfolio betrachtet werden? 227 zu gleichen Teilen ebenfalls der Mittelwert der Schwankungen, im Beispiel 2,25 % 0,5 + 10,68 0,5 = 6,47 %. Allgemein kann nachgewiesen werden, daß eine Mischung aus Benchmarks bei völliger Korrelation der Benchmarks auf der Verbindungsgeraden der Benchmarks liegt. Return Abbildung 5.1 Risiko/Return-Diagramm 9 8 2 7 6 3 5 4 1 3 2 0 2,5 5,0 7,5 10,0 12,5 Risiko In der Praxis sind Benchmarks niemals vollständig miteinander korreliert. Die Schwankungen heben sich zum Teil gegenseitig auf. Im theoretischen Idealfall könnte es sogar sein, daß zwei Benchmarks sich in ihren Schwankungen völlig gegenläufig bewegen, so daß das Risiko der Mischung null ist. In der Praxis wird dieser Fall nicht vorkommen, in jedem Fall aber bedeuten Mischungen eine Risikoreduktion. Die Punkte einer Mischung liegen also in der Praxis im Risiko/Return-Diagramm links von der Verbindungsgeraden. Dies bedeutet für die Benchmark 3, daß sie durch eine Mischung der Benchmarks 1 und 2 »geschlagen« wird. Die Benchmark 3 liegt nämlich unter der Verbindungsgeraden der Benchmarks 1 und 2. Mit einer Mischung aus 63,4 % der Benchmark 1 und 36,6 % der Benchmark 2 hat der Investor ebenfalls eine mittlere Rendite von 5 %, da gilt: 3,44 0,634 + 7,70 0,366 = 5,00 %. Das Risiko ist aber maximal 2,25 0,634 + 10,69 0,366 = 5,33 % und liegt damit deutlich unter dem Risiko der Benchmark 3. Benchmark 3 wird als »ineffizient« bezeichnet. Hingegen heißen Benchmarks, die bei gleichem Return nicht von anderen Benchmarks durch geringeres Risiko übertroffen werden, »effizient«. 228 Wertorientierte Steuerung des Zinsänderungsrisikos Konsequenzen Es ist offensichtlich, daß nur effiziente Benchmarks als Vergleichsmaßstab zur Beurteilung einer Anlagestrategie geeignet sind. Das Beispiel zeigt, daß ineffiziente Benchmarks mit Hilfe von Risiko/Return-Analysen ausgeschieden werden können. Die Wahl zwischen den effizienten Benchmarks kann aber nicht weiter rationalisiert werden. Die Entscheidung, welches höhere Risiko für welchen höheren Return in Kauf genommen wird, bleibt der individuellen Risikoneigung vorbehalten. Zahlreiche Anbieter haben sich darauf spezialisiert, effiziente Anlagestrategien aus historischen Daten zu ermitteln. Auf Einzelergebnisse kann hier nicht eingegangen werden.1 5.4.3 Benchmark im Beispiel In Fortsetzung des Beispiels aus Abschnitt 2.5 wird für die Beispielsparkasse folgende Benchmark durch den Vorstand festgelegt: Abbildung 5.2 Tilgungsdarlehen Startdatum der Berechnung Tilgungsanrechnung 1. Tilgungsanrechnung am Zinsberechnungstermine 1. Zinsberechnungstermin am 1. Zinszahlungstermin am Berechnungsbasis Kalkulationsdatum Margenbarwert Marge % (AIBD) Einstand 30.12.1996 mit jeder Rate 30.12.1996 halbjährlich 03.07.1997 03.07.1997 Margenbarwert 30.12.1996 0,00 DM 0% 5,285 % Nominalzins Effektivzins 5,217 % 5,285 % (Vorgabe, da Anlage am Interbankenmarkt) (Rechenergebnis) (Rechenergebnis) (Rechenergebnis) Ungekoppelte Bewegungstreppen (Zins separat) Beginn 30.12.1996 03.07.1997 Anzahl Abstand Betrag DM 1,00 20,00 0 180 400,75 20,04 Art Auszahlung Tilgung 1 Im Zinsbereich vgl. z. B. eine Untersuchung von Bode, Jancar, Sievi, die die »reinen« Strategien im Sinn von 4 -x (siehe oben) und Mischungen hieraus für den Zeitraum von 1967 bis 1987 analysiert haben: Bode, M., Jancar, S., Sievi, F.: Richtiges Timing oder Risiko-Return-Analyse, in: Die Bank, 2/89, S. 93 ff. Warum muß die Gesamtbank als Portfolio betrachtet werden? 229 Die Vermögensstruktur der Bank soll unverändert bleiben, es werden also keine Umschichtungen des Vermögens zwischen Zinsgeschäft, Aktien und Immobilien vorgenommen. Für das im Zinsgeschäft gebundene Vermögen (400,75 Mio.) gilt als Normanlage die gleitende Zehn-Jahresanlage gemäß Benchmarktyp 9 -1 (vgl. Abschnitt 5.4.1). Will das Treasury diese Vorgabe einhalten, sind folglich 400,75 Mio. so anzulegen, daß halbjährlich (halbjährliches Raster der Beispielsparkasse) ein Zwanzigstel des Vermögens zurückfließt. Jeder Rückfluß wird dann erneut in Titeln mit 10jähriger Laufzeit angelegt. Für die übrigen Vermögenspositionen (Aktien, Beteiligungen, Immobilien, Inventar) werden ebenfalls geeignete Benchmarks festgesetzt. Da Untersuchungen hierzu aber den Rahmen der vorliegenden Ausarbeitung sprengen und Umschichtungen nicht vorgenommen werden, unterbleibt für die Modellbank die weitere Verfolgung dieser Vermögenspositionen. Abbildung 5.3 Cash-flow der Benchmark über Vergleichskonto (Effektivzins 5,285%) Datum Bewegung DM 30. 12. 1996 03. 07. 1997 03. 01. 1998 03. 07. 1998 03. 01. 1999 03. 07. 1999 03. 01. 2000 03. 07. 2000 03. 01. 2001 03. 07. 2001 03. 01. 2002 03. 07. 2002 03. 01. 2003 03. 07. 2003 03. 01. 2004 03. 07. 2004 03. 01. 2005 03. 07. 2005 03. 01. 2006 03. 07. 2006 03. 01. 2007 – 400,75 30,66 29,98 29,46 28,93 28,41 27,89 27,36 26,84 26,32 25,79 25,26 24,74 24,22 23,70 23,17 22,65 22,13 21,61 21,08 20,56 Zins DM Tilgung DM Kontostand 10,63 9,94 9,42 8,89 8,37 7,85 7,33 6,80 6,28 5,75 5,23 4,70 4,18 3,66 3,14 2,61 2,09 1,57 1,05 0,52 – 400,75 20,04 20,04 20,04 20,04 20,04 20,04 20,04 20,04 20,04 20,04 20,04 20,04 20,04 20,04 20,04 20,04 20,04 20,04 20,04 20,04 – 400,75 – 380,71 – 360,68 – 340,64 – 320,60 – 300,56 – 280,53 – 260,49 – 240,45 – 220,41 – 200,38 – 180,34 – 160,30 – 140,26 – 120,23 – 100,19 – 80,15 – 60,11 – 40,08 – 20,04 0,00 Im Zinsgeschäft bedeutet die Benchmark, daß das Vermögen wie in einem Tilgungsdarlehen mit halbjährlicher Tilgung in zehn Jahren anzulegen ist. Hierbei wird von ebenfalls halbjährlicher Zins- und Tilgungsverrechnung ausgegangen. 230 Wertorientierte Steuerung des Zinsänderungsrisikos Die zugehörige Zinsstruktur am Interbankenmarkt ist in Abschnitt 3.1.2 definiert. Die Berechnung in Abbildung 5.2 und 5.3 zeigt, welcher Cash-flow gemäß Benchmark für die Beispielsparkasse vorliegen müßte. Hinweise: Bei der Berechnung wird davon ausgegangen, daß der Zins in jedem Jahr der Anlage gleich hoch ist. Entsprechend wurde für eine Margenvorgabe von 0 (Anlage am Interbankenmarkt) ein einheitlicher Nominalzins von 5,217% berechnet. Der zugehörige Effektivzins beträgt 5,285 % und entspricht damit in etwa dem Effektivzins einer tilgungsfreien Anlage mit einer Zinsbindungsdauer von ca. 6,25 Jahren (vergleiche Zinsstruktur). Die Berechnung entspricht nicht exakt der vorgegebenen Benchmark, da sich bei gleitender Wiederanlage der fällig werdenden Vermögensanteile der Nominalzins fortlaufend ändert. Insgesamt besitzt die Benchmark somit einen von Jahr zu Jahr entsprechend der historischen Entwicklung wechselnden Nominalzins in Höhe des gleitenden Durchschnitts der Nominalzinsen. Da der gleitende Zehn-Jahresdurchschnitt aber im Zins nur gering schwankt, wird im Beispiel vereinfachend ein einheitlicher Nominalzins gewählt. Insgesamt liegt somit für die Beispielsparkasse die in Abbildung 5.4 und Tabelle 5.4 dokumentierte Situation vor: Cash-flow-Abweichung in Mio. DM Abbildung 5.4 Abweichung des Gesamt-Cash-flow von der Benchmark 150 100 50 0 –50 –100 –150 Juli Jan Juli Jan Juli Jan Juli Jan Juli Jan Juli Jan Juli Jan Juli Jan Juli Jan Juli Jan 97 98 98 99 99 00 00 01 01 02 02 03 03 04 04 05 05 06 06 07 Ist-Cash-flow Benchmark Abweichung Warum muß die Gesamtbank als Portfolio betrachtet werden? 231 Tabelle 5.4 Zahlungsströme Datum 03. 07. 97 03. 01. 98 03. 07. 98 03. 01. 99 03. 07. 99 03. 01. 00 03. 07. 00 03. 01. 01 03. 07. 01 03. 01. 02 03. 07. 02 03. 01. 03 03. 07. 03 03. 01. 04 03. 07. 04 03. 01. 05 03. 07. 05 03. 01. 06 03. 07. 06 03. 01. 07 Ist – 101 126 72 68 65 62 58 6 53 70 40 48 –3 – 19 – 24 1 – 24 – 24 – 34 – 14 Benchmark 30,66 29,98 29,46 28,93 28,41 27,89 27,36 26,84 26,32 25,79 25,26 24,74 24,22 23,70 23,17 22,65 22,13 21,61 21,08 20,56 Abweichung – 131,66 96,02 42,54 39,07 36,59 34,11 30,64 – 20,84 26,68 44,21 14,74 23,26 – 27,22 – 42,70 – 47,17 – 21,65 – 46,13 – 45,61 – 55,08 – 34,56 Die Beispielsparkasse ist also im Ist-Cash-flow deutlich »kürzer«, als es der Vorgabe durch die Benchmark entspricht. Besonders interessant ist, welche Ergebnisse für die Beispielsparkasse entstehen, wenn das Zinsgeschäft gemäß Benchmark angelegt wird. Die Ergebnisse eines Vergleiches zum Ist-Zustand und zu den in Abschnitt 3.3.2 geprüften Maßnahmen (Rechenlogik vgl. Abschnitt 3.3.3) zeigt die folgende Tabelle 5.5:1 1 Die Rechenwerte der Tabelle entsprechen denen aus Abschnitt 3.3.3, jedoch wurden die Werte nicht nach Zinsszenario, sondern nach Maßnahme sortiert. Die Ergebnisse für die Benchmark als »Maßnahme« wurden neu berechnet. 232 Wertorientierte Steuerung des Zinsänderungsrisikos Tabelle 5.5 Zeitliche Entwicklung des Vermögens mit Planungshorizont 30. 1. 97 und 28. 3. 97 Vermögen am 30. 12. 96 = 400,75 Maßnahme Prognose/ (Cash-flow) Szenario OHNE = Ist OHNE = Ist OHNE = Ist OHNE = Ist OHNE = Ist OHNE = Ist OHNE = Ist OHNE = Ist OHNE = Ist DSGV M1 DSGV M1 DSGV M1 DSGV M1 DSGV M1 DSGV M1 DSGV M1 DSGV M1 DSGV M1 DSGV M2 DSGV M2 DSGV M2 DSGV M2 DSGV M2 DSGV M2 DSGV M2 DSGV M2 DSGV M2 DSGV M3 DSGV M3 DSGV M3 DSGV M3 DSGV M3 DSGV M3 DSGV M3 DSGV M3 DSGV M3 Benchmark Benchmark Benchmark Benchmark Benchmark Benchmark Benchmark Benchmark Benchmark Seitwärts DSGV+++ DSGV– – – DSGV++ – DSGV+ – – DSGV– ++ DSGV– 0 + DSGV+ 0 – Prognose Seitwärts DSGV+++ DSGV– – – DSGV++ – DSGV+ – – DSGV– ++ DSGV– 0 + DSGV+ 0 – Prognose Seitwärts DSGV+++ DSGV– – – DSGV++ – DSGV+ – – DSGV– ++ DSGV– 0 + DSGV+ 0 – Prognose Seitwärts DSGV+++ DSGV– – – DSGV++ – DSGV+ – – DSGV– ++ DSGV– 0 + DSGV+ 0 – Prognose Seitwärts DSGV+++ DSGV– – – DSGV++ – DSGV+ – – DSGV– ++ DSGV– 0 + DSGV+ 0 – Prognose Vermögenswert (Mio.) Zuwachs (Mio.) 30. 1. 97 28. 3. 97 30. 1. 97 28. 3. 97 Zuwachs (%) Performance 30. 1. 97 28. 3. 97 402,43 394,09 411,58 399,73 401,67 402,66 403,71 399,99 401,32 402,23 395,51 409,97 399,81 401,36 402,59 403,42 399,98 401,36 401,57 402,12 402,08 400,09 399,80 402,04 401,80 399,83 401,60 402,46 392,42 414,31 400,72 403,33 403,17 404,61 401,20 401,59 402,67 390,47 415,57 404,02 407,60 402,89 404,99 405,09 402,14 405,64 391,70 422,11 402,40 403,95 404,35 409,03 401,47 404,03 405,22 393,89 418,82 402,33 403,59 404,62 408,42 401,37 403,95 403,57 404,38 403,10 401,84 401,84 405,65 405,53 400,82 403,71 406,03 389,16 427,20 403,66 405,70 403,66 409,71 403,21 404,41 406,39 387,78 430,01 407,74 410,15 399,63 406,86 409,47 405,01 1,68 – 6,66 10,83 –1,02 0,92 1,91 2,96 – 0,76 0,57 1,48 – 5,24 9,22 – 0,94 0,61 1,84 2,67 – 0,77 0,61 0,82 1,37 1,33 0,66 – 0,95 1,29 1,05 – 0,92 0,85 1,71 – 8,33 13,56 – 0,03 2,58 2,42 3,86 0,45 0,84 1,92 – 10,28 14,82 3,27 6,85 2,14 4,24 4,34 1,39 4,89 – 9,05 21,36 1,65 3,20 3,60 8,28 0,72 3,28 4,47 – 6,86 18,07 1,58 2,84 3,87 7,67 0,62 3,20 2,82 3,63 2,35 1,09 1,09 4,90 4,78 0,07 2,69 5,28 – 11,59 26,45 2,91 4,95 2,91 8,96 2,46 3,66 5,64 – 12,97 29,26 6,99 9,40 – 1,12 6,11 8,72 4,26 0,42 – 1,66 2,70 – 0,25 0,23 0,48 0,74 – 0,19 0,14 0,37 – 1,31 2,30 – 0,23 0,15 0,46 0,67 – 0,19 0,15 0,20 0,34 0,33 – 0,16 – 0,24 0,32 0,26 – 0,23 0,21 0,43 – 2,08 3,38 – 0,01 0,64 0,60 0,96 0,11 0,21 0,48 – 2,57 3,70 0,82 1,71 0,53 1,06 1,08 0,34 1,22 – 2,26 5,33 0,41 0,80 0,90 2,07 0,18 0,81 1,12 – 1,71 4,51 0,39 0,71 0,97 1,91 0,15 0,80 0,70 0,91 0,59 0,27 0,27 1,22 1,19 0,02 0,74 1,32 – 2,89 6,60 0,73 1,24 0,73 2,24 0,61 0,91 1,41 – 3,24 7,30 1,74 2,35 – 0,28 1,52 2,18 1,06 Warum muß die Gesamtbank als Portfolio betrachtet werden? 233 Es fällt auf, daß bei Anlage des Vermögens in der Benchmark ein Risiko von 10,28 Mio. (Planungshorizont 1 Monat) bzw. 12,97 Mio. (Planungshorizont 3 Monate) vorliegt. In Prozent sind dies 2,57% bzw. 3,24%1. Bisher war von einem Risikolimit von 7 Mio. bzw. 1,75 % ausgegangen worden. Das festgestellte Risiko für die Benchmark bedeutet einen inneren Widerspruch: Die Bank kann nicht ein Limit von 7 Mio. setzen und gleichzeitig eine Benchmark vorgeben, die ein höheres Risiko besitzt. Im Fortgang soll davon ausgegangen werden, daß das Limit entsprechend der Benchmark neu festgesetzt wird. Die Benchmark bleibt unverändert. Wenn die Benchmark als Richtlinie für die Anlagepolitik der Sparkasse verstanden wird, muß die Sparkasse in der Lage sein, je nach Zinserwartung »länger« oder »kürzer« als die Benchmark anzulegen. Bei längerer Anlage ist aber im Szenario DSGV + + + das Risiko höher als in der Benchmark. Folglich reicht es im Beispiel nicht aus, entsprechend der Benchmark ein Limit von 10,28 Mio. bzw. 12,97 Mio. zu gewähren. Das Limit muß deutlich höher sein, etwa 15 Mio. bis 20 Mio., wobei der Wert der Risikoneigung der Bank entspricht. Die in Abschnitt 3.3.3 eingeführte Tabelle 3.24 (Planungshorizont 3 Monate) wird entsprechend erweitert (Tab. 5.6): Tabelle 5.6 Maßnahme Cash-flow OHNE DSGVM1 DSGVM2 DSGVM3 Benchmark Performance (Mio. DM) Risiko (Mio.) = VaR 3,28 9,05 3,20 6,86 2,96 »–« 0,07 3,66 11,59 4,26 12,97 Mit einem Risikolimit von z. B. 15 Mio. DM erscheinen die Maßnahmen DsgvM1, DsgvM2 und DsgvM3 in einem neuen Licht.2 Die Entscheidung fällt – sofern nur diese Maßnahmen zugelassen werden – klar zugunsten von DsgvM3. Hier werden angesichts der Prognose die besten Ergebnisse erzielt; gleichzeitig wird das vorgegebene Limit leicht eingehalten. Die Maßnahme DsgvM3 ist auch die einzige Maßnahme, die den Ist-Cash-flow der Bank »in Richtung« der Benchmark transferiert, da die Abweichung von der Benchmark wenigstens in der Laufzeit 8 Jahre verringert wird.3 Die 1 Zu beachten ist, daß bei der Berechnung für die Benchmark davon ausgegangen wird, daß das Vermögen bereits gemäß Benchmark strukturiert ist. Die Rechenergebnisse zeigen also, was wäre, wenn die Bank schon immer gemäß Benchmark angelegt hätte. Die Benchmark wird also nicht durch Maßnahmen aus dem Ist-Cash-flow erzeugt. Dies würde wegen der Geld/Brief-Differenz zusätzliche Kosten erzeugen. 2 Vgl. auch die Ausführungen in Abschnitt 3.3.3. 3 Gleichzeitig wird allerdings durch das höhere Kassendefizit (Finanzierung der Anlage aus Tagesgeld) eine im Ist-Zustand nicht vorhandene Abweichung im Tagesgeld erzeugt. Die Anlage sollte also – wird eine bessere Annäherung an die Benchmark gewünscht – aus dem Verkauf von Mitteln etwa mit Frist von 1–3 Jahren erfolgen. 234 Wertorientierte Steuerung des Zinsänderungsrisikos Maßnahmen DsgvM1 und DsgvM2 hingegen würden die Abweichung von der Benchmark noch erhöhen (Verkauf von Titeln mit Fristen von 3 bis 6 Jahren). Gleichzeitig wird deutlich, daß – angesichts der Benchmark – alle bisher diskutierten Maßnahmen untauglich sind. Die Benchmark liefert nämlich bei der vorliegenden Zinsprognose »Prognose« die besten Werte aller bisher diskutierten Maßnahmen. Naturgemäß wird dabei auch das Risikolimit eingehalten (siehe oben). Die Beispielsparkasse sollte also weitergehende Maßnahmen »in Richtung« der Benchmark (oder darüber hinaus)1 ergreifen. Natürlich muß hierbei das GuV-Risiko beachtet werden. Die obigen Ergebnisse zeigen zusammenfassend: Die aktuelle Ist-Struktur des Vermögens kann nur dann angemessen beurteilt werden, wenn je Vermögenskategorie eine Benchmark vorgegeben ist. Das Risikolimit muß so gewählt werden, daß das Risiko der Benchmark innerhalb des Limits liegt. Auch Abweichungen von der Benchmark müssen in gewissem Ausmaß möglich sein, ohne das Risikolimit zu verletzen. Die Existenz einer Benchmark erleichtert das Auffinden von Maßnahmen zur Strukturierung des Vermögens erheblich. Die Ist-Struktur bzw. die Struktur nach Maßnahmen sollte so gewählt sein, daß – beim Eintreten der Zinsprognose – im Return bessere Ergebnisse erzielt werden als bei der Benchmark. Hierbei sind das vorgegebene Limit sowie bilanztechnische Risiken zu beachten. 5.5 Risikokapitalzuteilung gegen Performanceversprechen (VaR, RORAC, RAROC) Mit Hilfe der Größen VaR (Value at Risk), RORAC (Return on risk adjusted capital), RAROC (risk adjusted return on capital) wird versucht, die Auswahl zwischen verschiedenen Vermögensanlagen bzw. Engagements weiter zu rationalisieren. Es werden die in der Fachliteratur aktuell diskutierten Begriffe Value at Risk, RORAC und RAROC in eine für die Steuerung des Zinsrisikos der Sparkassen geeignete Interpretation übergeführt. Die betrachteten Methoden lassen sich auch auf die übrigen Geschäftsbereiche des Instituts erweitern. Insofern bilden sie den Einstieg in die Gesamtbanksteuerung. Die Beispielsparkasse hat die Möglichkeit, den Cash-flow für das im Zinsgeschäft gebundene Vermögen unverändert beizubehalten (OHNE), durch die Maßnahmen 1 Würde die Sparkasse durch ein Bündel von Maßnahmen den Cash-flow voll der Benchmark angleichen, könnte sie dennoch nicht das Ergebnis der Benchmark erreichen, da die Maßnahmen Kosten verursachen (Geld/Brief-Differenz). Die vorliegende Abweichung von der Benchmark wird dadurch »bestraft«, daß die Rückkehr zur Benchmark Kosten auslöst. Diese Kosten sind bei der Auswahl von Maßnahmen »in Richtung« Benchmark zu berücksichtigen. Warum muß die Gesamtbank als Portfolio betrachtet werden? 235 DsgvM1, DsgvM2 sowie DsgvM3 neu zu strukturieren oder entsprechend der Benchmark anzulegen. Die Ergebnisse hierfür wurden unter der Zinserwartung (Prognose) und unter Risikoszenarien berechnet (siehe Abschnitt 5.4.3). Der erwartete Return entspricht dem Ergebnis, das bei Eintritt der Zinsprognose »Prognose« entsteht. Das Risiko entspricht dem maximalen Verlust, der unter den definierten Szenarien entsteht. Die (absoluten) Ergebnisse für den Planungshorizont »drei Monate« (28.3. 97) werden nochmals in Tabelle 5.7 zusammengefaßt. Tabelle 5.7 Maßnahme Cash-flow OHNE DSGVM1 DSGVM2 DSGVM3 Benchmark Performance (Mio. DM) Risiko (Mio.) = VaR Kritisches Szenario 3,28 9,05 DSGV+++ 3,20 6,86 DSGV+++ 2,96 »–« 0,07 DSGV+0 – 3,66 11,59 DSGV+++ 4,26 12,97 DSGV+++ Value at Risk (VaR) Der Begriff des VaR wurde bereits in Abschnitt 3.2.2 im Rahmen der Varianz-/Kovarianzanalyse eingeführt. Ein VaR ist stets für eine bestimmte Wahrscheinlichkeit p und für einen bestimmten Zeitraum t definiert. Die Wahrscheinlichkeit p wird auch als Signifikanzniveau p bezeichnet. Der Zeitraum t kann als »Haltedauer« interpretiert werden. Die Bank muß innerhalb der Haltedauer in der Lage sein, ihre Risikopositionen glattzustellen bzw. zu verändern. Ein VaR von X DM bedeutet, daß mit Wahrscheinlichkeit p der Vermögensverlust am Ende des Zeitraumes t (und damit auch innerhalb des Zeitraumes t) nicht größer ist als X DM. Dies bedeutet gleichzeitig, daß mit Wahrscheinlichkeit 1 – p ein Verlust von mehr als X DM auftritt, wobei die Höhe des Verlustes nicht begrenzt ist. Mit der in Abschnitt 3.2.2 erläuterten Methode der Varianz-/Kovarianzanalyse (und der dort angegebenen Risikomatrix) kann bei einem Signifikanzniveau von 99,9 % (zweiseitig1) und einer Haltedauer von 21 Tagen (Bankarbeitstage im Januar 1997) für die Beispielsparkasse das nachstehende Risiko berechnet werden. In die Tabelle 5.8 wurde gleichzeitig das Verhältnis des berechneten Risikos nach Szenarioanalyse (Planungshorizont: 1 Monat) zum Risiko nach Varianz-/Kovarianz-Methode aufgenommen. 1 Dies entspricht einem einseitigen Konfidenzniveau von 99,95 %. 236 Wertorientierte Steuerung des Zinsänderungsrisikos Tabelle 5.8 Maßnahme Cash-flow OHNE 6,45 VaR (Mio. DM) 6,66 Risiko (Szenario)1 Verhältnis von Risiko (Szenario)/VaR 1,03 DSGVM1 DSGVM2 DSGVM3 Benchmark 5,28 5,24 0,99 1,30 0,95 0,73 8,03 8,33 1,04 9,59 10,28 1,07 Da die Methoden zur Risikoberechnung gemäß Szenarioanalyse und nach Varianz-/ Kovarianzanalyse inhaltlich unterschiedlich konzipiert sind und auch die Ausgangsdaten der Berechnung unterschiedlichen Ursprung besitzen, ist eine Übereinstimmung der Ergebnisse hinsichtlich des Risikos nicht zu erwarten: Die Werte der Szenarioanalyse wurden aus den Zinsschwankungen der letzen 12 Jahre als Risikoszenario ermittelt (siehe Abschnitt 3.2.1). In den letzten 12 Jahren trat das berechnete Risiko exakt einmal ein; es wurde aber niemals überschritten. Die hieraus geschätzte Wahrscheinlichkeit, daß das Risiko kleiner dem berechneten Wert ist, ist somit 1 – 1/144 = 99,31%. Die entsprechende Wahrscheinlichkeit, daß das berechnete Risiko kleiner gleich dem berechneten Wert ist, liegt noch über diesem Wert; sie kann im Rahmen der Schätzgenauigkeit nicht besser angegeben werden. Bei der Szenarioanalyse werden keine Annahmen hinsichtlich des Typs der Verteilung für das Risiko (z. B. Normalverteilung) getroffen. Es ist durchaus zulässig, daß relativ hohe Verluste häufiger auftreten, als es der Normalverteilung entspricht (»fat tails«). Die der Varianz-/Kovarianzanalyse zugrundeliegende Kovarianzmatrix wird aus den letzten 250 Handelstagen geschätzt, wobei eine exponentielle Gewichtung der Werte vorgenommen wird (die jüngere Vergangenheit zählt höher). Auf die bereits diskutierten prinzipiellen Unterschiede der barwertigen Betrachtung und der Betrachtung auf Planungshorizont wird verwiesen (vgl. Abschnitt 3.3.1). Dennoch zeigt die Übersicht oben, daß die Berechnung nach Szenarioanalyse und die Berechnung gemäß Varianz-/Kovarianzanalyse tendenziell die gleiche Aussage liefern. Das Verhältnis der Risikogrößen beträgt (mit Ausnahme des Risikos bei Szenario DsgvM2) in etwa 1,0 bei einer Bandbreite von 0,99 bis 1,07. Die Ausnahme im Fall DsgvM2 ist darauf zurückzuführen, daß hier das Szenario Dsgv+ – – kritisch ist. Dieser Typ von Verdrillung (bzw. ein stärkeres Absinken des »langen« Zinses in Relation zum »kurzen« Zins) war im Jahr 1996 relativ häufig vertreten, daher auch ist der VaR nach Varianz-/Kovarianzmethode im Vergleich zum Risiko aus der Szenarioanalyse tendenziell höher. 1 Zu den Werten vgl. Abschnitt 5.4.3. Warum muß die Gesamtbank als Portfolio betrachtet werden? 237 Abbildung 5.5 Typische VaR-Modelle Modell Aspekte Varianz-/Kovarianz-Modelle • Nichtlineare Risikoprofile (Optionen) nicht abbildbar • Im ersten Schritt einfachste Implementierung; konzeptionelle Verbesserungen werfen wesentliche neue Fragen auf. (z. B. JP Morgan, Risk-Metrics) Historische Simulation • grundsätzlich für alle Risikoprofile geeignet • umfangreiche Datenreihen notwendig mit entsprechenden Auswertungslaufzeiten • Die Frage bleibt: Wieviel Verlaß ist auf die Historie? Monte-Carlo-Simulation • grundsätzlich für alle Risikoprofile gut geeignet • lange Auswertungslaufzeiten • Die Frage bleibt: Wieviel Verlaß ist auf die Historie, und welche statistische Verteilung ist die richtige ? Wegen der Vorteile der Szenarioanalyse im Vergleich zur Varianz-/Kovarianzanalyse (vgl. Abschnitt 3.2.2) werden als VaR im Fortgang die Werte der Szenarioanalyse verwendet. Zwar kann für diese Werte kein exaktes Signifikanzniveau angegeben werden, doch ist bekannt, daß das Signifikanzniveau deutlich größer als 99,31% ist. Weitere typische VaR-Modelle werden in Abbildung 5.5 kurz charakterisiert. Interpretationen des VaR Um die Übersichtlichkeit zu erhöhen und aufgrund der tendenziell längerfristigen Planungshorizonte der Sparkassen wird im Fortgang nur noch der Planungshorizont »3 Monate« untersucht. Legt die Beispielsparkasse ihr im Zinsgeschäft gebundenes Vermögen im Zahlungsstrom der Benchmark an, so kann sie statistisch mit folgendem rechnen: Innerhalb eines Zeitraumes von 12 Jahren wird einmal innerhalb des Planungshorizonts von drei Monaten ein Verlust eintreten, der 12,97 Mio. oder größer ist. Im restlichen Zeitraum beträgt der Verlust weniger als 12,97 Mio. Bei einem Vermögen von 400,75 Mio. wäre das dauerhafte Überleben der Beispielsparkasse – hätte sie keine anderen Risiken bzw. Verlustquellen – also gesichert. Die Beispielsparkasse hat aber neben dem Zinsänderungsrisiko auch andere – nicht unerhebliche – Risiken zu tragen. Selbst wenn davon ausgegangen wird, daß das Risiko der Immobilienanlage, der Beteiligungen und der Aktien aus dem jeweils dort gebundenen Vermögen abgedeckt wird, verbleiben das Adressenausfallrisiko im Kreditgeschäft sowie das Betriebsrisiko (Kosten im Aktiv- und Passivgeschäft werden nicht durch entsprechende Margenbarwerte übertroffen). Gelingt es, diese Risiken ebenfalls als VaR zu quantifizieren,1 liegt eine Information darüber vor, in welcher 1 Auf Einzelheiten kann im Rahmen dieser Untersuchung nicht eingegangen werden. 238 Wertorientierte Steuerung des Zinsänderungsrisikos Weise das Gesamtvermögen durch einzelne Risikoquellen beansprucht bzw. »verzehrt« wird. Das Wort »verzehrt« darf hierbei nicht wörtlich interpretiert werden. Der VaR geht für die Bank im Rahmen der gegebenen Wahrscheinlichkeit nur dann verloren, wenn die (außergewöhnliche) Verlustsituation eintritt. Die Bank muß mit dem VaR für ihre Risikogeschäfte bürgen. Der dem VaR entsprechende Anteil des Vermögens wird aber ebenso wie das restliche Vermögen in Risikogeschäften angelegt. Die Summe1 aller als VaR abgebildeten Risiken darf eine vom Vorstand zu bestimmende Relation zum Vermögen nicht überschreiten, damit das dauerhafte Überleben der Bank gesichert ist. Die sechste KWG-Novelle verlangt z. B., daß ein speziell berechneter VaR (Haltedauer 10 Bankarbeitstage, Konfidenzniveau 99 %) mit »Eigenkapital« (als speziell definierter Vermögensbegriff) unterlegt werden muß.2 Die KWGNovelle hat sich somit die Interpretation des VaR als »Bürgschaftskapital« zu eigen gemacht. Im Rahmen der Portfolioanalyse erhält der VaR eine weitere Interpretation, bei der der VaR zur realen Kapitalgröße wird. Bislang wurde implizit unterstellt, daß grundsätzlich kein Alternativgeschäft existiert, das risikolos ist. Dies soll nun eingeführt werden: Es wird vereinfachend angenommen, daß zu einem bestimmten Zins risikolos Geld angelegt und aufgenommen werden kann. Tatsächlich ist eine risikolose Anlage bzw. Aufnahme nur für jeweils eine Planungsperiode auf den Planungshorizont möglich (im Beispiel Anlage im 3-Monatsgeld). Da aber von Planungshorizont zu Planungshorizont (also bei rollierender Planung) der »risikolose« Zins schwankt, ist die Existenz des risikolosen Zinses in der Realität nicht gegeben. Diese Fiktion kann allerdings als Näherung betrachtet werden, da das Performancekonzept explizit Bezug auf einen Planungshorizont nimmt. Ferner existieren am Markt Geld/Brief-Differenzen, die vernachlässigt werden. Wird die genannte Prämisse akzeptiert, besitzen Mischungen aus risikoloser Anlage bzw. Aufnahme und risikobehafteter Anlage als Risiko und Return Werte, die dem Mischungsverhältnis entsprechen.3 Im Fall der Beispielsparkasse wird bei Anlage des Vermögens in der Benchmark ein Return von 4,26 Mio. bei einem Risiko bzw. VaR von 12,97 Mio. erwirtschaftet. Die »risikolose« Anlage des Vermögens bringt bei 3,1% 3-Monatszins: 400,75 Mio. DM 0,031 3/12 = 3,1 Mio. DM. 1 Die »Summe« kann hierbei gegebenenfalls als statistische Summe unter Berücksichtigung der Kovarianzen zwischen den einzelnen Risikobereichen gebildet werden. 2 Auf Einzelheiten kann im Rahmen dieser Untersuchung nicht eingegangen werden. 3 Vgl. zu den folgenden Ausführungen auch Abschnitt 5.4.2. Warum muß die Gesamtbank als Portfolio betrachtet werden? 239 Werden nun z. B. 25 % des Vermögens im 3-Monatsgeld, 75 % des Vermögens in der Benchmark angelegt, so entsteht ein Return von 3,10 0,25 + 4,26 0,75 = 3,97 Mio. Der VaR beträgt 12,97 0,75 = 9,72 Mio. Eine Aufnahme von 3-Monatsgeld in Höhe des Vermögens bei Anlage des doppelten Vermögens in der Benchmark erzeugt einen Return von 3,10 – 1,00 + 4,26 2,00 = 5,42 Mio. bei einem VaR von 12,97 2 = 25,94 Mio. Die Abbildung 5.6 zeigt die Ergebnisse für Risiko und Return bei einem Anteil der Anlage in der Benchmark von 0 bis 2 (entsprechend Anteil 3Monatsgeld 1 bis – 1). Ertrag (Mio. DM) Abbildung 5.6 Mischungen aus Benchmark (Anteil) und 3-Monatsgeld 6 5 4 3 0,0 1,0 2,00 2 1 0 0 5 10 15 20 30 25 Risiko (Mio. DM) Ein Investor, dem nur ein effektives Vermögen von 12,97 Mio. zur Verfügung steht und der bereit ist, den Totalverlust einmal in zwölf Jahren zu riskieren, kann nach den Ergebnissen in Abb. 5.6 folgendermaßen vorgehen: Ein Betrag in Höhe von 400,75 Mio. – 12,97 Mio. = 387,78 Mio. wird risikolos zu 3,1% im 3-Monatsgeld aufgenommen. Die Gesamtsumme wird in der Benchmark angelegt. Das erzeugte Risiko ist dann exakt 12,97 Mio. Der Return beträgt 4,26 Mio. – 387,78 Mio. 3,1/1200 = 3,26 Mio. Das Risiko ist somit gleich dem Risiko der Benchmark, der Return ist allerdings um die Kosten der Geldaufnahme im risikolosen Zins gesunken. Der Beispielsparkasse steht insgesamt ein Vermögen von 400,75 Mio. zur Verfügung. Von diesem Vermögen könnten 12,97 Mio. dem Risikomanager »Vermögensanlage in Zinstiteln« verantwortlich als reales Kapital übertragen werden. Diesem ist erlaubt, mit der vorgegebenen Wahrscheinlichkeit (kleiner 0,00833) den Totalverlust innerhalb von drei Monaten zu riskieren. Die Überlassung des Risikokapitals ist dabei 240 Wertorientierte Steuerung des Zinsänderungsrisikos zinslos. Der Risikomanager kann sich entsprechend der obigen Überlegungen 387,78 Mio. zusätzliches Kapital risikolos leihen und die Gesamtsumme in der Benchmark anlegen. Er realisiert dadurch exakt das vorgegebene Risiko. Sein Return ist um die Kosten der Geldaufnahme gegenüber der Benchmark reduziert. Legt die Beispielsparkasse gleichzeitig das verbleibende Kapital in Höhe von 387,78 Mio. risikolos an, werden für die Gesamtbank die entsprechenden Kosten wieder verdient. Die Gesamtbank erzielt damit Risiko und Return gemäß den Werten der Benchmark. Erfolgen Kapitalanlage und Kapitalaufnahme als internes Geschäft, können hierbei auch Geld/BriefDifferenzen vermieden werden. Damit erlaubt das Konzept des VaR folgende – gegebenenfalls dezentrale – Risikosteuerung der Gesamtbank: Den einzelnen Risikobereichen wird in Höhe des VaR effektives Kapital zugewiesen, das innerhalb der Planungsperiode den Risikobereichen zinslos zur Verfügung steht. Die Risikobereiche können zusätzlich risikoloses Kapital (im Beispiel 3-Monatsgeld) zu Marktzinsen aufnehmen. Die Aufnahme kann extern oder intern erfolgen. Der VaR aus der Gesamtanlage (überlassenes effektives Kapital in Höhe des VaR und zusätzliche risikolose Geldanlage) darf je Risikobereich das überlassene Risikokapital nicht übersteigen. Die zusätzliche risikolose Geldaufnahme bzw. die Struktur der Gesamtanlage ist also durch den vorgegebenen VaR limitiert. Der Erfolg je Risikobereich wird an der vorgegebenen Benchmark (abzüglich Kosten der risikolosen Geldaufnahme) gemessen.1 Die Gesamtbank legt das nicht als VaR den Risikobereichen überlassene Vermögen extern oder intern risikolos an. Auf die genannte Weise realisiert die Gesamtbank die »Summe«2 der überlassenen VaR als Gesamtrisiko. Der erwartete Return bzw. die erwartete Performance entspricht der gewichteten Summe der Performancen der vorgegebenen Benchmarks. RORAC 3 (Return on risk adjusted capital) In den bisherigen Ausführungen wurden grundsätzlich absolute Risiko- und Returnwerte verglichen. Nicht berücksichtigt wurde bislang die (risikolose) Anlagealterna1 Dies bedeutet gleichzeitig, daß die effektive Kapitalüberlassung in Höhe des VaR mit der Performance der Benchmark verzinst wird. 2 Die »Summe« ist hierbei gegebenenfalls wieder als statistische Summe zu verstehen. 3 Vgl. Groß, H., Knippschild, M.: Risikocontrolling in der Deutsche Bank AG, in: Rolfes, B., Schierenbeck, H., Schüller, S.: Risikomanagement in Kreditinstituten, Frankfurt 1995, S. 69–109. Vgl. ebenso Schierenbeck, H.: Ertragsorientiertes Bankmanagement, Band 2, S. 474 ff. Warum muß die Gesamtbank als Portfolio betrachtet werden? 241 tive, bei der alle Cash-flow auf den Planungshorizont angelegt werden. Um den erwarteten Return einer Alternative mit dem Risiko dieser Alternative in einer Kennzahl abzubilden und gleichzeitig mit einer risikolosen Anlage1 auf den Planungshorizont zu vergleichen, bieten sich relative Kennzahlen an. Hierzu wird ein relativer erwarteter Return (Performancerel) – der Return, der über die risikolose Anlage hinaus erzielt wird – ins Verhältnis gesetzt zum relativen Risiko. Das relative Risiko (VaRrel) umfaßt dabei neben dem absolutem VaR auch den (möglich gewesenen, aber) entgangenen risikolos erzielbaren Return bis zum Planungshorizont. Es ergeben sich folgende Definitionen: Performancerel = Performance der Alternative i – risikolos erzielbarer Return VaRrel = VaR + risikolos erzielbarer Return Die obigen Interpretationen des VaR als »Bürgschaftskapital« oder auch effektiv an Risikoeinheiten überlassenes Kapital legen es nahe, das Verhältnis aus dem hierdurch erzielten Return abzüglich des »risikolos« erzielbaren Returns und dem eingesetzten VaR zuzüglich des risikolos erzielbaren Returns zu bilden: RORAC % = Performancerel VaRrel 100 Damit die Kenngröße RORAC eindeutig definiert ist, müssen stets das dem VaRrel zugrunde liegende Signifikanzniveau sowie die Haltedauer und der Planungshorizont mitangegeben werden. Für die Benchmark ergibt sich folgende Berechnung (Ausgangszahlen vgl. Tabelle S. 243, Spalte per 28. 3. 97): Performancerel (Benchmark) = Performance (Benchmark) – risikolos erzielbarer Return = 4,26 Mio. DM – 3,1 Mio. DM = 1,16 Mio. DM VaRrel (Benchmark) = VaR (Benchmark) + risikolos erzielbarer Return = 12,97 Mio. DM + 3,1 Mio. DM = 16,07 Mio. DM RORAC in % (Benchmark) = Performancerel (Benchmark)/VaRrel (Benchmark) = 1,16 Mio. DM/16,07 Mio. DM = 7,22 % Für die Beispielsparkasse kann die inzwischen bekannte Tabelle (vgl. Tab. 5.6 –5.8) somit um die Spalte »Risikolos 3-Monate« und die Zeilen »Performancerel«, »VaRrel« und »RORAC %« in Tab. 5.9 erweitert werden: 1 Die Existenz einer risikolosen Performance ist insofern eine Näherungslösung, da sie nur bezogen auf einen definierten Planungshorizont (hier: 3 Monate) gilt. Da das Performancekonzept explizit auf einen Planungshorizont ausgerichtet ist, wird, wie bereits erläutert, von einer risikofreien Performance ausgegangen, die genau dann entsteht, wenn das gesamte Vermögen auf den Planungshorizont angelegt wird. 242 Wertorientierte Steuerung des Zinsänderungsrisikos Tabelle 5.9 Maßnahme Cash-flow OHNE Performance (Mio. DM) 3,28 0,18 Performancerel Risiko (Mio. DM) = VaR 9,05 12,15 VaRrel 1,48 RORAC % DSGVM1 DSGVM2 DSGVM3 3,20 0,10 6,86 9,96 1,00 2,96 – 0,14 »–« 0,07 3,03 – 4,62 3,66 0,56 11,59 14,69 3,81 Risikolos 3 Monate 3,10 0,00 »–« 3,10 0,00 0,00 Benchmark 4,26 1,16 12,97 16,07 7,22 Interpretation des RORAC Die Interpretation und inhaltliche Bedeutung des RORAC kann am besten anhand eines Risiko-Return-Diagramms (Abb. 5.7) erläutert werden. Im Fall der Beispielsparkasse liegt folgende Situation vor: Return bzw. Performance (Mio. DM) Abbildung 5.7 Beispielsparkasse 4,3 Benchmark 4,1 3,9 3,7 DSGVM3 3,5 3,3 OHNE DSGVM1 3,1 risikolos DSGVM2 2,9 2,7 2,5 0 2,5 5,0 7,5 10,0 12,5 15,0 17,5 20,0 Risiko = VARrel (Mio. DM) Die Kennziffer RORAC entspricht exakt der Steigung der Geraden zwischen dem Koordinatenpunkt für die risikolose Anlage und den Diagrammpunkten für die Anlagealternativen. Die Anlagealternative mit der größten Steigung, d. h. mit dem höchsten RORAC, ist aus Risiko- und Performancegesichtspunkten zu realisieren. Anlagealternativen mit identischem RORAC sind insoweit gleichberechtigt, als es keine eindeutige Handlungsanweisung mehr geben kann. Die individuelle Präferenz des Entscheidungsträgers hinsichtlich der Bereitschaft, Risiken einzugehen, entscheidet über die gewählte »Allokation«.1 1 Vgl. auch Abschnitt 5.4.2. Warum muß die Gesamtbank als Portfolio betrachtet werden? 243 Nach den obigen Ergebnissen (siehe VaR) besitzt jede Mischung aus der risikolosen Anlage und einer risikobehafteten Anlage Risiko- und Returnpunkte, die auf der Verbindungsgeraden der risikolosen Anlage und der risikobehafteten Anlage liegen. Im Beispiel kann somit jeder Punkt auf der Geraden zwischen der risikolosen Anlage (3-Monatsgeld) und den jeweiligen Alternativen realisiert werden. Insbesondere ist es möglich, die Punkte auf der Verbindungsgeraden zwischen dem 3-Monatsgeld und der Benchmark zu erzeugen. Hierzu muß die Beispielsparkasse einen entsprechenden Anteil des Vermögens in der Benchmark, den Rest im 3-Monatsgeld anlegen. Der RORAC aller dieser Punkte auf der Verbindungslinie ist natürlich identisch mit dem RORAC der Benchmark und beträgt 7,22 %. Die Verbindungsgerade zwischen dem 3-Monatsgeld und der Benchmark liegt über den Punkten für die anderen Anlagealternativen (OHNE, DsgvM1, DsgvM2, DsgvM3). Diese Alternativen sind somit ineffizient. Auch wenn die Beispielsparkasse das Risiko der Benchmark nicht tragen will, ist eine Kombination aus Monatsgeld und Benchmark günstiger als jede der ineffizienten Anlagen. Die Grafik vermittelt intuitiv das Gefühl, daß der zusätzliche Return mit »sehr viel« Risiko bezahlt werden muß. Hierbei ist aber zu bedenken, daß das Risiko lt. Definition um den risikolos erzielbaren Return (3,1 Mio.) erhöht ist und unterstellt wird, die Sparkasse würde drei Monate lang tatenlos dem negativen Zinsverlauf zusehen. Dies ist unrealistisch, da bei einer nachhaltigen Zinsentwicklung in Richtung des Risikoszenarios in aller Regel bereits entsprechende dispositive Maßnahmen ergriffen werden. Unter der Prämisse, die Reaktionszeit der Sparkasse in einer Krisensituation beträgt statt der 3monatigen Haltedauer lediglich 21 (Arbeits-)Tage, ergibt sich das RisikoReturn-Diagramm in Abb. 5.81. Es ist also von erheblicher Bedeutung für die Risikoberechnung, in welcher Frist eine Sparkasse in einer Krisensituation reagieren kann. Eine generelle Aussage für die »richtige« Haltedauer ist ebensowenig möglich wie für die »richtige« Länge des Planungshorizontes (vgl. Abschnitt 4.1.5). Es wird an dieser Stelle deutlich, daß die Festlegung des Planungshorizontes von der Festlegung der Haltedauer abweichen kann, da Sinn und Zweck unterschiedlich sind. Je schneller ein Institut auf Marktveränderungen reagieren kann, desto geringer ist auch das mit der aktuellen Dispositionsentscheidung verbundene Risiko. Allerdings bleibt das Risiko bestehen, daß auch die neue Dispositionsentscheidung falsch ist. Das Deckungspotential, das für eine bestimmte Frist (z. B. 1 Jahr) maximal zur Verfügung steht, sollte daher das Risikolimit für die einzelne Haltedauer deutlich übersteigen, um 1 Die verwendeten VaR-Zahlen lt. Varianz-/Kovarianzanalyse sind Abschnitt 5.5 Value at Risk (VaR) entnommen. 244 Wertorientierte Steuerung des Zinsänderungsrisikos nicht durch eine »Schieflage« handlungsunfähig zu werden. Bei der bisherigen Argumentation wurde als risikolose Anlage das 3-Monatsgeld verwendet. Eine zinslose Anlage des Vermögens ist ebenfalls grundsätzlich risikolos. Die zinslose Vermögensanlage entspricht im Risiko-Return-Diagramm dem Koordinatennullpunkt. Sie ist formal ebenfalls ineffizient und wird auch intuitiv als unsinnig betrachtet.1 Return bzw. Performance (Mio. DM) Abbildung 5.8 Beispielsparkasse 4,3 Benchmark 4,1 3,9 3,7 DSGVM3 3,5 3,3 OHNE DSGVM1 3,1 risikolos DSGVM2 2,9 2,7 2,5 0 2,5 5,0 7,5 10,0 12,5 15,0 17,5 20,0 Risiko = VARVarianz/Kovarianz (Mio. DM) Abschließend werden die Interpretationsvorteile eines RORAC mit relativen Returnund Risikokennzahlen gegenüber einer vereinfachten absoluten Betrachtungsweise verdeutlicht. Die Unterschiede stellt das folgende Risiko-Return-Diagramm dar: 1 Hierzu ist generell folgendes anzumerken: In den vorangegangenen Ausführungen wurde vorausgesetzt, daß es die risikolose Anlage zumindest bis zum Planungshorizont gibt. In der Realität gibt es aber keinen Return ohne Risiko! Diese »Fiktion« der risikolosen Anlage konnte und mußte im vorgestellten Zusammenhang deshalb aufrechterhalten werden, da sich die Ausführungen ausschließlich auf das Risikokapital für Zinsänderungsrisiken beziehen. Betrachtet man zusätzlich Risikoaufschläge für die generelle Kapitalüberlassung etc., so gäbe es keinen risikolosen Zins; diesen Risikoabschlag dürfte man aber nicht nur beim »risikolosen« Fall, sondern müßte ihn auch in allen anderen Fällen kalkulieren. Letztlich bleiben sämtliche Relationen zur Berechnung des RORAC, bezogen auf das Zinsänderungsrisiko, gewahrt und die hier getroffenen Aussagen richtig. Die weiteren Risikobestandteile sind gesondert im Rahmen der Gesamtinstitutssteuerung »in Rechnung« zu stellen. Warum muß die Gesamtbank als Portfolio betrachtet werden? 245 absoluter Return Abbildung 5.9 Risiko-Return-Diagramm zum Vergleich der unterschiedlichen RORAC-Konzeptionen 4,5 4,0 Benchmark G3 M3 3,5 risikolos ohne M1 M2 3,0 Umschichtung 2 2,5 Umschichtung 1 2,0 G1 G2 1,5 1,0 0,5 1,0 –4 –2 0 2 4 6 8 10 12 14 absolutes Risiko Der »RORAC« wird in der Literatur häufig aus der Division des realistisch erwarteten (Netto-)Ertrags (Return) durch die zu einem bestimmten Wahrscheinlichkeitsniveau maximale negative Vermögensänderung (Risiko) ermittelt. Grafisch ist dies die Steigung einer Geraden, die vom Ursprung aus auf den Risiko-Return-Koordinatenpunkt trifft (z. B. G1, G2.) Mit dieser Geraden gibt man an, wieviel zusätzlicher Ertrag mit jeder zusätzlichen Risikoeinheit erwartet werden kann. Die in dem Risiko-Return-Diagramm abgebildeten Koordinatenpunkte »M1«, »M2«, »M3«, »ohne« und »Benchmark« und deren Verbindungslinie mit dem Koordinatenursprung sind als Entscheidungsgrundlage in dieser Form jedoch wenig aussagekräftig. In der Interpretation hätte dies zur Folge, daß mit zunehmender Umschichtung des Risikokapitals aus der Anlagealternative (im Beispiel der Benchmark) in die risikolose Anlage1 (hier beispielhaft dargestellt durch »Umschichtung 1« [G1] und »Umschichtung 2« [G2]) ein solchermaßen berechneter RORAC steigt. Diese Kennzahl leidet im Zinsbereich somit unter einem systematischen Mangel. Da es mit Sicht auf den Planungshorizont im reinen Zinsbereich eine »risikolose« Anlage gibt, strebt solch ein RORAC mit zunehmender Umschichtung gegen unendlich. Um diese Schwächen zu umgehen, wird der oben definierte »relative« RORAC vorgeschlagen. Der »relative« RORAC stellt hierbei das Verhältnis des relativ erwarteten 1 Das negative Risiko bei der Alternative »risikolos« resultiert, wie bereits mehrfach erläutert, aus der Anlage des Vermögens auf den Planungshorizont und damit aus dem sicheren Zinsgewinn vom Kalkulationszeitpunkt bis zum Planungshorizont. 246 Wertorientierte Steuerung des Zinsänderungsrisikos Returns zum relativen Risiko dar. Alle Punkte auf der Verbindungsgeraden zwischen risikoloser Anlage und Benchmark (G3) führen zum identischen RORAC und sind insoweit aus Risiko- und Performancegesichtspunkten gleichberechtigt. Anlagealternativen mit höherem RORAC dominieren somit Anlagen mit niedrigerem RORAC. Das Risiko-Return-Ergebnis einer Anlage mit niedrigerem RORAC kann durch eine entsprechende Mischung aus risikoloser Anlage und der Anlage mit höherem RORAC übertroffen werden. Die Risikozuteilung sollte in der Rangfolge der Risikobereiche nach RORAC erfolgen. RAROC (risk adjusted return on capital) Die Größe RAROC (risk adjusted return on capital) besitzt folgende Definition: RAROC % = Performancerel – Ziel RORAC VaRrel 100 VaRrel Der ZielRORAC % entspricht hierbei dem RORAC, der in der vorgegebenen Benchmark erreicht wird. Die Größe ZielRORAC % VaRrel ist der Return, der entsprechend dem eingegangenen VaR in der konkret zu beurteilenden Anlagealternative erzielt werden müßte, damit diese den gleichen RORAC besitzt wie die Benchmark. Zur exakten Definition müssen das zum VaR gehörende Signifikanzniveau und die Haltedauer mitangegeben werden. Die obige Gleichung läßt sich umformen: RAROC % = Performancerel Ziel RORAC VaRrel 100 – 100 VaRrel VaRrel = Ist RORAC – Ziel RORAC Die Größe RAROC reduziert sich somit auf einen als Differenz ausgedrückten Vergleich des in der Benchmark erwarteten RORAC mit dem in der Anlagealternative erwarteten RORAC. Im Fall der Beispielsparkasse ergeben sich die Werte in Tabelle 5.10: Tabelle 5.10 Maßnahme Cash-flow OHNE DSGVM1 DSGVM2 DSGVM3 Ist-RORAC % Ziel-RORAC (Benchm.) RAROC % 1,48 7,22 – 5,74 1,00 7,22 – 6,22 – 4,62 7,22 – 11,84 3,81 7,22 – 3,41 Risikolos 3 Monate * 7,22 Benchmark 7,22 7,22 0,00 * nicht definiert Warum muß die Gesamtbank als Portfolio betrachtet werden? 247 Die Benchmark selbst besitzt den RAROC null, da sie die Zielsetzung exakt erfüllt. Alle anderen Alternativen erhalten einen negativen RAROC, da ihr RORAC unter der Zielsetzung liegt. Da die Größe RAROC lediglich eine aus dem RORAC abgeleitete Größe darstellt, kommt ihr inhaltlich keine neue Qualität zu. 5.6 Risikolimitierung und MaH Die »Mindestanforderungen an das Betreiben von Handelsgeschäften (MaH)«1 fordern neben einer Reihe von organisatorischen Voraussetzungen die Ermittlung und Limitierung der in den Handelsgeschäften eingegangen Risiken. In den zur Zeit diskutierten Basler Richtlinien zur Ermittlung des Zinsänderungsrisikos werden ähnliche Forderungen nicht nur für den Handelsbestand, sondern für die Gesamtbank erhoben.2 In Kapitel 3 – insbesondere in den Abschnitten 3.2 (barwertige Risikoanalyse) und 3.3 (Risikoanalyse auf Planungshorizont) wurden zu Risikosteuerung und Risikolimitierung auf Basis des Cash-flow verschiedene geeignete Verfahren vorgestellt. Im Konzept des VaR (Abschnitt 5.5) liegt eine Verfeinerung dieser Ansätze vor. Mit den bisher dargestellten Methoden können somit die Risiken im Zinsgeschäft sowohl für die Gesamtbank als auch für beliebige Teilbereiche berechnet und limitiert werden. Auf Verfahren zu Berechnung und Limitierung von Risiken in anderen Risikobereichen (Währungen, Aktien, Adressenrisiko etc.) einzugehen ist nicht Thema dieser Untersuchung.3 Die vorliegende Untersuchung liefert also voll geeignete Methoden sowohl zur Erfüllung der MaH als auch der neuen Baseler Richtlinien. Insofern sind Wiederholungen nicht nötig. Ergänzend soll jedoch auf folgende wichtige Tatbestände hingewiesen werden: Das Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen hat festgelegt, daß die MaH nicht nur auf die reinen Handelsgeschäfte, sondern mindestens auch auf das Depot A der Banken anzuwenden sind. Die Einbeziehung des Depot A in die Risikoberechnung bedeutet aber für viele Sparkassen eine erhebliche Überschätzung des Risikos, da das Depot A in hohem Ausmaß der Anlage entsprechender Kundengeschäfte dient und somit in diesem Anteil nicht Risikoposition, sondern Hedgeposition ist. Zu Einzelheiten wird auf 1 Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen: »Mindestanforderungen an das Betreiben von Handelsgeschäften der Kreditinstitute« vom 23.10.1995. 2 Baseler Ausschuß für Bankenaufsicht: Grundsätze für das Management des Zinsänderungsrisikos, Basel September 1997. 3 Vergleiche hierzu DSGV-Leitfaden zur Umsetzung der MaH des DSGV S. 78–89. 248 Wertorientierte Steuerung des Zinsänderungsrisikos die entsprechenden Ergebnisse in Kapitel 3 und 4 sowie auf die Ergebnisse für die Pilotsparkassen verwiesen. In dieser Situation bietet es sich an, die »Mindestanforderungen« nicht nur zu erfüllen, sondern über das gesetzlich geforderte Mindestmaß hinaus alle Zinsinstrumente gemeinsam zu analysieren. In der vorliegenden Untersuchung wurde gezeigt, daß eine Berechnung des Zinsänderungsrisikos (und anderer Risiken) für die Gesamtbank problemlos zu bewältigen ist. Diese Betrachtung der Gesamtbank erfüllt nicht nur die Mindestanforderungen (in dem über das gesetzliche Mindestmaß hinausgegangen wird), sondern bietet gleichzeitig wirkungsvolle betriebswirtschaftliche Informationen zur Steuerung der Sparkasse. Die MaH sind bei dieser Vorgehensweise ein Katalysator für ein sinnvolles und notwendiges Steuerungsinstrument, das nicht nur externen, sondern auch internen Zwecken dient. Im Leitfaden des DSGV zur Erfüllung der MaH1 wird diese Position bereits vor Beginn der Machbarkeitsstudie vertreten. Die Machbarkeitsstudie bestätigt die dort getroffenen Aussagen in vollem Maße. Besonders hervorzuheben ist, daß bei dieser Vorgehensweise auch die Baseler Richtlinien zur Steuerung des Zinsänderungsrisikos mit der gleichen Methode erfüllt werden, so daß doppelte Arbeit vermieden wird und die Bank intern und extern in jeder Hinsicht ein einheitliches Steuerungssystem verwenden kann. Da die Baseler Grundsätze auch Basis für eine Reform bestehender aufsichtlicher nationaler Regelungen zum Zinsänderungsrisiko sein werden (Anschreiben des BAKred zum Baseler Papier), ist man durch das hier vorgestellte Steuerungsmodell auch für zukünftige Anforderungen vorbereitet. Die MaH verlangen eine tägliche Bewertung und Risikoabschätzung der Finanzinstrumente des Anwendungsbereichs. Die exakte Bewertung des Summen-Cashflow ist derzeit nur monatlich möglich, da die zugrundegelegte Zinsbindungsbilanz nur monatlich zur Verfügung steht. Dennoch sind Bewertungs- und Limitierungsanforderungen der MaH mit dem vorliegenden Konzept auch für das gesamte Zinsbuch unmittelbar umsetzbar. Hierzu sind folgende Schritte nötig: 1. tägliche Bewertung des Summen-Cash-flow mit der aktuellen Zinsstrukturkurve. 2. tägliche Adjustierung des Summen-Cash-flow um abgeschlossene »Großgeschäfte« ab einer sparkassenindividuell festzulegenden Grenze. 3. Nutzung eines Abschätzungsverfahrens zur Bildung von Simulationen für die im Monatsverlauf »üblicherweise« auftretenden Änderungen im SummenCash-flow.2 4. tägliche Risikobewertung mit Hilfe des Szenarioverfahrens aus Abschnitt 3.3. 1 DSGV: Leitfaden zur Umsetzung der Verlautbarung des BAKred vom 23.10.1995 über »Mindestanforderungen an das Betreiben von Handelsgeschäften der Kreditinstitute«, 15. Januar 1996. 2 Vgl. DSGV-Umsetzungsleitfaden für die MaH. Und die praktische Umsetzung? 249 Langfristig sollte das Abschätzungsverfahren zugunsten der täglichen Datenbereitstellung abgelöst werden. Teilweise – insbesondere bei Anwendung des Elastizitätskonzepts – wird zur Erfüllung der MaH nicht mit barwertigen, sondern mit bilanziellen Risiken gearbeitet. Diese Vorgehensweise wird derzeit von der Aufsichtsbehörde nicht beanstandet. Zur Erfüllung der Baseler Richtlinien zur Steuerung des Zinsänderungsrisikos ist diese Vorgehensweise sogar explizit alternativ zugelassen. In Kapitel 4 wurde ausdrücklich auf die Gefahren, die eine ausschließliche Orientierung an bilanziellen Größen mit sich bringt, hingewiesen. Die Erfüllung der genannten Richtlinien im Wege der Berechnung und Limitierung bilanzieller Risiken kann somit zwar derzeit den gesetzlichen Anforderungen genügen. Eine betriebswirtschaftlich sinnvolle Risikosteuerung wird damit nicht erreicht. Fazit: Die Ergebnisse der Machbarkeitsstudie unterstreichen eindrucksvoll die Vorteile einer Steuerung nach Performance in Relation zum Risiko und die entsprechende Limitierung der realen, betriebswirtschaftlichen Risiken. Die gleichzeitige Beschränkung des Risikos nach bilanziellen Gesichtspunkten bildet hierbei eine Nebenbedingung, nicht aber die Leitgröße. 6 Und die praktische Umsetzung? In diesem Kapitel werden einige Hinweise zur praktischen Umsetzung des Performancekonzepts diskutiert. 6.1 Dezentrale Steuerung Die bisherigen Überlegungen waren primär darauf abgestellt, das Zinsänderungsrisiko (und entsprechend alle anderen Risiken) zentral zu steuern. Diese Aufgabe liegt bei kleineren Sparkassen i. d.R. beim Vorstand selbst mit Unterstützung durch das Controlling, zumindest bei größeren Instituten sollte eine Organisationseinheit »Treasury« (Zentraldisposition, Aktiv/Passiv-Steuerung o. ä.) installiert werden, deren primäre Aufgabe die Allokation des Vermögens im Spannungsfeld von Risiko und Return ist (vgl. auch Abschnitt 6.2). Während die Marktbereiche also weitgehend dezentral agieren können,1 ist die Risikosteuerung im bisherigen Ansatz eine zentrale Aufgabe. Dies widerspricht existierenden Organisationsformen, in denen die Risiko- und Returnsteuerung teilweise dezentralen Einheiten überlassen wird. So steuern z. B. Handelsabteilungen in vielen Häusern im Rahmen von Limiten ihr Risiko selbst, ohne 1 Siehe Ergebnisse des Projektteils 2 der Machbarkeitsstudie. 250 Wertorientierte Steuerung des Zinsänderungsrisikos über die Gesamtsituation des Instituts informiert zu sein. Nachfolgend wird gezeigt, mit welchen Methoden auch die Dezentralisierung der Risiko- und Returnsteuerung möglich ist. Die Ausführungen beschränken sich auf das Zinsänderungsrisiko; die hierbei gewonnenen Ergebnisse können analog auf andere Risikobereiche übertragen werden. In Abschnitt 5.4.3 wurde für die Beispielsparkasse als Benchmark die Strukturierung des Cash-flow nach dem gleitenden Zehn-Jahresdurchschnitt vorgegeben. Die Tabelle 6.1 zeigt wiederholend den Cash-flow nach Benchmark, Ist-Zustand sowie die Abweichung voneinander. Tabelle 6.1 Cash-flow Datum Benchmark Ist Abweichung 03. 07. 97 03. 01. 98 03. 07. 98 03. 01. 99 03. 07. 99 03. 01. 00 03. 07. 00 03. 01. 01 03. 07. 01 03. 01. 02 03. 07. 02 03. 01. 03 03. 07. 03 03. 01. 04 03. 07. 04 03. 01. 05 03. 07. 05 03. 01. 06 03. 07. 06 03. 01. 07 30,66 29,98 29,46 28,93 28,41 27,89 27,36 26,84 26,32 25,79 25,26 24,74 24,22 23,70 23,17 22,65 22,13 21,61 21,08 20,56 – 101 126 72 68 65 62 58 6 53 70 40 48 –3 – 19 – 24 1 – 24 – 24 – 34 – 14 – 131,66 96,02 42,54 39,07 36,59 34,11 30,64 – 20,84 26,68 44,21 14,74 23,26 – 27,22 – 42,70 – 47,17 – 21,65 – 46,13 – 45,61 – 55,08 – 34,56 Limitierung der Abweichung Die Übersicht kann zur dezentralen Steuerung speziell ausgenutzt werden:1 Der Vorstand (bzw. Gewährträger, Eigentümer der Bank)2 erwartet aus dem im Zinsgeschäft gebundenen Vermögen eine Performance bzw. ein Risiko gemäß Bench1 Vgl. auch Piaskowski, F.: Treasury im Barwertkonzept, in: Die Bank, 5/93. 2 Nachfolgend soll nicht mehr zwischen dem Vorstand und den Eigentümern der Bank unterschieden werden. Es wird unterstellt, daß der Vorstand im Auftrag und Sinn der Eigentümer handelt. Und die praktische Umsetzung? 251 mark. Soll sich diese Erwartung bestätigen, muß das Vermögen gemäß Benchmark angelegt werden. Andernfalls wäre die Benchmark zu wechseln, da jede Abweichung von der Benchmark eine von der Vorgabe abweichende Risiko- und Performancesituation erzeugt. Der Vorstand billigt jedoch dezentralen Einheiten – hier zunächst dem Treasury – bessere Kenntnisse der Zinsentwicklung zu als sich selbst. Damit das Treasury diese Kenntnisse umsetzen kann, muß ihm eine Abweichung von der Benchmark zugestanden werden.1 Tatsächlich liegt im Ist auch eine Abweichung von der Benchmark vor. Naturgemäß muß das Treasury hierbei ein Limit einhalten. Das Risikolimit für das Treasury bezieht sich nun aber nicht mehr – wie bei den bisherigen Überlegungen – auf den Ist-Zustand selbst, sondern auf die Abweichung des Ist-Zustandes von der Benchmark. Im Beispiel besitzt die Benchmark ein Risiko bzw. VaR von 12,97 Mio. Wird dem Treasury ein Limit auf die Abweichung von der Benchmark von 3 Mio. zugestanden, wäre der Ist-Zustand (VaR 9,05 Mio.) ebenso außerhalb des Limits wie DsgvM1 (VaR 6,86 Mio.) und DsgvM2 (VaR »–« 0,07 Mio.). Lediglich die Maßnahme DsgvM3 wäre mit einem VaR von 11,59 Mio. zugelassen. Die neue Sichtweise – Limitierung des Treasury durch die Abweichung von der Benchmark – verhindert also nicht nur ein zu hohes Gesamtrisiko, sondern auch ein in bezug auf die Benchmark zu niedriges Risiko. Das Risiko für die Abweichung von der Benchmark wurde bisher als Differenz der Risiken berechnet. Eine bessere Vorgehensweise hierzu ist, das Abweichungsrisiko direkt aus dem Differenzzahlungsstrom (Ist-Cash-flow – Benchmark) zu berechnen. Bei dieser Vorgehensweise hat das Treasury kein Risiko, wenn es die Benchmark erfüllt (Differenzzahlungsstrom gleich null). Eine Abweichung in Richtung höheres Gesamtrisiko wird ebenso wie eine Abweichung in Richtung niedrigeres Gesamtrisiko gewertet. Das Abweichungsrisiko wird vom Vorstand limitiert. Die Vorgehensweise garantiert, daß die Gesamtbank im Risiko nicht um mehr als das dem Treasury gesetzte Limit vom Risiko der Benchmark abweicht. Damit ist eine dezentrale Risikosteuerung möglich. Der Vorstand ist für die Benchmark (und deren Anpassung an neue Strategien) zuständig. Er genehmigt ferner das Limit für das Treasury als Abweichungslimit von der Benchmark. Das Treasury kann innerhalb des Limits frei Dispositionsentscheidungen treffen, ohne den Vorstand jeweils aktuell zu informieren. Die aufgezeigte Dezentralisierung kann nicht nur zwischen Vorstand und Treasury durchgeführt werden. Sie ist für beliebige Organisationseinheiten denkbar und kann auch in mehreren Stufen nacheinander erfolgen. Zum Beispiel kann das Treasury 1 Vgl. auch Abschnitt 5.4.3. 252 Wertorientierte Steuerung des Zinsänderungsrisikos wiederum Limits an den Handel, dieser wiederum Limits an den Geldhandel etc. bis herab zum einzelnen Händler setzen. Da sich die jeweiligen Organisationseinheiten nicht mehr zwingend über ihre Positionen informieren müssen, müssen die »Abweichungs-«Risiken strikt zum »Benchmark-«Risiko addiert werden, um das Gesamtrisiko der Bank zu ermitteln.1 Interne Geschäfte Das vorgeschlagene System dezentraler Risikosteuerung läßt sich durch ein System, in dem interne Geschäfte möglich sind, elegant realisieren: Im Beispiel legt der Vorstand beim Treasury das im Zinsgeschäft gebundene Vermögen gemäß Benchmark an. Das Treasury hat also beim Vorstand Schulden in Höhe des Vermögens gemäß der vorgegebenen Struktur. Hierzu werden zwei interne Konten geführt, die die Habenposition des Vorstands und die Sollposition des Treasury zeigen. Analog werden zwischen allen dezentralen Risikoeinheiten interne Geschäfte abgeschlossen, die sich in internen Konten wiederfinden. Mit Hilfe dieser internen Konten lassen sich folgende Auswertungen gewinnen: Wird über alle Konten der Gesamtbank (inkl. der internen Konten) summiert, so ergibt sich als Cash-flow der Ist-Zustand, da sich die internen Geschäfte gegenseitig aufheben. Das Ist-Risiko der Gesamtbank kann also jederzeit berechnet werden. Wird nur über die Konten des Vorstandes addiert, so existiert dort nur das interne Habenkonto. Die Summierung ergibt somit den Cash-flow der Benchmark. Das entsprechende Risiko kann wiederum berechnet werden. Eine Summenbildung über alle Konten des Treasury (inkl. des internen Sollkontos des Treasury) führt zum Cash-flow der Abweichung von der Benchmark. Das Treasury hat somit ein Risiko gegenüber der Vorgabe des Vorstandes. Durch Vorgabe eines Risikolimits an das Treasury ist der Vorstand in der Lage, dem Treasury dezentral Entscheidungsfreiheit im abgesteckten Rahmen zu gewähren, ohne die Gesamtsteuerung der Bank in Form der Benchmark aus der Hand zu geben. Analoge Steuerungsmechanismen können zwischen beliebigen Risikoeinheiten der Bank installiert werden. 6.2 Die neuen Herausforderungen für Disposition und Rechnungswesen Sparkassen werden zur Zeit überwiegend nach bilanziellen Kenngrößen gesteuert. Die neue Sichtweise der Bank als Portfolio mit dem Primärziel der Erzielung einer mög1 Hierin liegt gleichzeitig die Problematik der dezentralen Risikosteuerung. Es kann durchaus sein, daß einzelne Einheiten gegenläufige Positionen halten, die sich im Gesamtrisiko aufheben. Bei dezentraler Risikosteuerung muß aber in Unkenntnis dieser Positionen das Risiko addiert werden. Die Position zählt also doppelt, obwohl sie sich in Wirklichkeit aufhebt. Und die praktische Umsetzung? 253 lichst guten Performance auf das Vermögen unter Beachtung des eingegangenen Risikos weist den bilanziellen Kenngrößen hingegen die Rolle einer Nebenbedingung zu, für die bestimmte Kriterien strikt eingehalten werden müssen. Dies bedeutet neue Herausforderungen für Disposition und Rechnungswesen. Aufbau der Abteilung bzw. des Aufgabenbereichs »Treasury« In vielen Instituten findet eine portfolioorientierte Gesamtsteuerung der Bank im Sinn der Abschnitte 3.1 und 5.3 noch nicht institutionalisiert statt. Der Vermögensmix wird nur sporadisch durch Vorstandsbeschluß festgelegt, etwa beim Erwerb oder Verkauf von Immobilien, wesentlichen Beteiligungen oder bei neuen Vorgaben für das Volumen der Aktienanlage und dessen nationaler und internationaler Streuung. Ebenso ist die Strukturierung des Vermögens in Zinsgeschäft nicht strikt organisiert. Zwar wird das Zinsänderungsrisiko regelmäßig überwacht, und es werden strategische Anlageentscheidungen (z. B. im Depot A) getroffen, doch fehlt häufig die systematische Zuordnung dieser Aufgaben auf Organisationseinheiten oder entsprechende regelmäßig tagende Ausschüsse. Sofern in einzelnen Instituten bereits eine Abteilung »Disposition« existiert, nimmt diese überwiegend nur einen Teilbereich der angesprochenen Aufgaben wahr – etwa die Refinanzierung des laufenden Neugeschäfts. Häufig wird die generelle Vermögensanlage auch von Handelsabteilungen »nebenbei« miterledigt. Es versteht sich von selbst, daß die in der vorliegenden Studie aufgezeigten Aufgaben der generellen Vermögenssteuerung und im Speziellen der Steuerung des Vermögens im Zinsgeschäft einer Institutionalisierung bedürfen. Die Bezeichnung »Treasury« könnte hierbei den Aufgabenbereich zutreffend beschreiben. Wegen der hohen Bedeutung der Aufgabe muß die entsprechende Stelle direkt dem Vorstand unterstellt werden und den Vorstand laufend über seine Aktivitäten informieren. Nur in kleinen Instituten können regelmäßig tagende Arbeitskreise mit entsprechender Entscheidungsvollmacht eine entsprechende Stelle ersetzen. Die Umsetzung des vorliegenden neuen Ansatzes bedarf entsprechender organisatorischer Änderungen. Letztlich muß die Verantwortung für die Erfüllung der bestehenden Aufgaben bestimmten Personen bzw. Institutionen zugewiesen werden. In der Sparkasse entstehen neue Einheiten mit fachlichen Anforderungen und Aufgaben, die es in dieser Art bisher institutionell nicht gegeben hat. Neue Aufgaben des »traditionellen« Rechnungswesens In der Berichterstattung der Sparkasse müssen natürlich nach wie vor Bilanz und GuV – ergänzt um weitere Kennziffern und Mengeninformationen – einen wesentlichen Platz einnehmen. Ein ausschließliches Reporting über die Performance ist derzeit nicht denkbar. 254 Wertorientierte Steuerung des Zinsänderungsrisikos Deshalb ist es unumgänglich, die Zinsergebnisplanung parallel mit der Planung der Performance durchzuführen. Bilanz und GuV dienen dabei aber nicht als primäre Steuerungsgröße – diese kommt der Performance zu –, sondern erhalten die Rolle einer strikten Nebenbedingung: Nur wenn Bilanz und GuV bei den relevanten Institutionen das erwartete bzw. gewünschte Bild abgeben, kann die Planung als abgeschlossen gelten und in entsprechende Maßnahmen umgesetzt werden. Gleiches trifft für die Einhaltung aufsichtsrechtlicher Normen zu. Diese Normen müssen unbedingt erfüllt werden. Dies bedeutet, daß die Sparkasse jederzeit den aktuellen Status kennen und in der Lage sein muß, die Auswirkungen eventueller Maßnahmen auf die gesetzlichen Forderungen zu simulieren. Auch diese Normen begrenzen den Spielraum der Performancesteuerung und sind als Nebenbedingung strikt einzuhalten. Die Ergebnisse und Kennzahlen des traditionellen Rechnungswesens lassen sich jedoch nicht als »Eins-zu-eins«-Beziehung aus den Planungen zur Performance ableiten. Die Generierung des gewünschten Zahlungsstromes kann mit den unterschiedlichsten Instrumenten (Kundengeschäft, Wertpapiere im Anlage- oder Umlaufvermögen, Finanzinnovationen) erfolgen. Die GuV-Auswirkungen können hierbei sehr unterschiedlich sein. Zudem können GuV und Bilanz durch Bewertungsrechte in hohem Maß gestaltet werden. Es steht eine Vielzahl von Möglichkeiten zur Verfügung, das GuV-Ergebnis durch Auf- oder Abbau von stillen Reserven zu beeinflussen. Hierzu bestehen die Möglichkeiten nicht nur innerhalb des Zinsgeschäfts (vgl. Abschnitt 4.1.3), sondern vor allem auch außerhalb des Zinsgeschäfts. Die Managementaufgabe der Planung und Gestaltung von GuV und Bilanz sowie entsprechender Kennziffern besteht darin, die gegebenen Möglichkeiten im Rahmen der gesetzlichen Regelungen und als »üblich« angesehenen Gepflogenheiten gestalterisch auszunutzen. In Jahren, in denen die vorliegenden Bewertungskriterien »zu gut« ausfallen, wird der Spielraum dazu genutzt, die Kennziffern gestalterisch zu verschlechtern. Dadurch werden automatisch Reserven gebildet, die später bei Bedarf aufgelöst werden können. Durch das Performancekonzept kennt das Institut seine tatsächlichen wirtschaftlichen Verhältnisse. Die GuV-Ergebnisse können unter Berücksichtigung des Effekts der Ergebnisglättung entsprechend seriös ausgewiesen werden. Dem klassischen Rechnungswesen kommt eine neue Rolle zu, die das bisherige Bild erweitert. Wesentliche Maßnahmen des Treasury müssen von Beginn an mit dem Rechnungswesen abgesprochen werden. Hierbei kommt es darauf an, die konkrete Gestaltung des Geschäfts in verschiedenen Varianten simulativ zu planen und die Art der Realisierung auszuwählen, die das gewünschte Bild in der Öffentlichkeit erzeugt. Aber auch nach Geschäftsabschluß muß die Entwicklung stets beobachtet und der Bewertungsspielraum genutzt werden. , Und die praktische Umsetzung? 6.3 255 Konsequenzen für Reporting und Betriebsvergleich/Standardreports Das innerbetriebliche Controlling der Bank vollzieht sich derzeit über ein System von Kenngrößen bzw. Kennziffern. Hierzu werden sowohl Mengengrößen als auch Wertgrößen ermittelt, die als solche selbst oder als hieraus abgeleitete Größen (z. B. Verhältniszahlen) den Kern der innerbetrieblichen Berichterstattung bilden. Gleiches gilt für den überbetrieblichen Vergleich. Hier werden möglichst exakt definierte Kenngrößen und Kennziffern von den Sparkassenverbänden gesammelt und zum Zwecke des Vergleichs unterschiedlicher Institute ausgewertet. Sofern es sich bei den genannten Kenngrößen um solche handelt, die auch Gegenstand des externen Rechnungswesens sind und die prinzipiell der Öffentlichkeit zugänglich sind, gelten die Ausführungen des obigen Abschnitts. Diese Kennziffern müssen bewußt gestaltet werden und damit auch gestaltbar sein. Änderungen an der Definition der Kennzahlen oder die Entwicklung neuer Kennzahlen sind in diesem Fall nur angebracht, wenn dies durch eine Neugestaltung bestimmter Regeln der externen Rechnungslegung notwendig ist. An interne Steuerungsgrößen müssen jedoch andere Anforderungen gestellt werden. Diese Steuerungsgrößen sollen letztlich der Erfüllung des Hauptzieles – der Steigerung der Performance der Sparkasse – dienen. Als internes Steuerungs- und Vergleichssystem dürfen sie keinen Spielraum zur manipulativen Gestaltung lassen. Gleiches gilt für den überbetrieblichen Vergleich, sofern dieser die realen Verhältnisse widerspiegeln soll. Sofern es sich bei den internen Kenngrößen um reine Mengenangaben handelt (z. B. Anzahl der Kunden, Konten, Darlehensabschlüsse, vermitteltes Bauspargeschäft etc.) bestehen relativ geringe Möglichkeiten, die Daten manipulativ zu beeinflussen. Insofern sind hier keine Änderungen notwendig. Bei allen internen Kenngrößen, die Wert- bzw. Erfolgskomponenten enthalten, sind jedoch zum Teil tiefgreifende Neudefinitionen erforderlich. Ursächlich hierfür sind drei Problemkreise: Das Performancekonzept fußt auf Marktwerten bzw. Vermögenswerten, also nicht bilanziellen Werten. Folglich sind alle Kenngrößen, die bilanzielle Werte enthalten, ungeeignet. Die entsprechenden bilanziellen Werte müssen bei der Definition der Kenngröße durch den Marktwert bzw. Vermögenswert ersetzt werden. Im Performancekonzept zählt nicht nur der Zinsüberschuß (gegebenenfalls zuzüglich bilanzieller Wertveränderungen und sonstiger Erfolgsgrößen), sondern der Zinsüberschuß zuzüglich aller Wertveränderungen – eben die Performance in DM. Folglich sind alle Kenngrößen, die nur den Zinsüberschuß enthalten, unbrauchbar. Bei ihrer Definition muß also der Zinsüberschuß (gegebenenfalls zuzüglich bilanzieller Wertveränderungen etc.) durch die entsprechende Performance in DM ersetzt werden. 256 Wertorientierte Steuerung des Zinsänderungsrisikos Im Performancekonzept zählen nur Nettogrößen bzw. saldierte Größen. Zum Beispiel werden die Zahlungsströme der Aktivgeschäfte und Passivgeschäfte nicht nebeneinander jeweils für sich, sondern nur saldiert dargestellt. Dies bedeutet, daß alle Bruttoumsatzgrößen (wie z. B. die Bilanzsumme) als Grundlage von Kennziffern ungeeignet sind. Entsprechende Kennziffern können ersatzlos entfallen. Anhand eines Beispiels soll demonstriert werden, welche Kennziffern geeignet sind. Laufende Verzinsung im Depot A Die laufende Verzinsung im Depot A ist wie folgt definiert: Laufende Verzinsung % = Zinsertrag (Nominalzins) 100 Buchwert Zielsetzung ist es, eine möglichst hohe laufende Verzinsung zu erzielen. Dies ist dann der Fall, wenn der Zinsertrag bzw. Nominalzins möglichst hoch ist und – sofern möglich – gleichzeitig der Buchwert klein ist. Die Kenngröße kann im Sinn der Performance eine massive Fehlsteuerung auslösen, wie folgende Beispiele belegen: Bei Neuerwerb wird systematisch nominal hochverzinslichen Papieren der Vorzug gegeben, auch wenn die Rendite der Papiere eventuell niedriger ist bzw. die zu erwartende Performance schlechter ausfällt. Ein Tausch von Papieren mit höherem Nominalzins in Papiere mit niedrigerem Nominalzins unterbleibt, auch wenn hierdurch eine höhere Performance zu erzielen wäre. Stille Reserven werden nicht realisiert bzw. entsprechende Tauschoperationen unterbleiben, auch wenn hierdurch die Performance gesteigert werden könnte. Bei Anwendung der obigen Grundsätze muß in der Kennziffer die Größe »Zinsüberschuß (Nominalzins)« durch die Performance in DM (Zinsüberschuß zuzüglich Wertveränderung) und die Größe »Buchwert« durch den Vermögenswert ersetzt werden. Damit erhält man als neue Kenngröße die Performance des Depot A in Prozent, die unmittelbar an Stelle der laufenden Verzinsung tritt: Performance % = Performance DM (Zinsüberschuß + Wertveränderung) 100 Vermögenswert Analog kann eine Vielzahl neuer, zielentsprechender Kennziffern gefunden werden, die die »alten« Kennziffern ersetzen. Die Entwicklung entsprechender Kennziffern war nicht Gegenstand der Machbarkeitsstudie. Sie lassen sich aber aus der dargestellten Kalkulations- und Steuerungssystematik unmittelbar ableiten.1 1 Für weitere Hinweise zum Reporting vgl. auch »Fachkonzept zur Einführung des Geschäftsfeldes Derivate in Sparkassen«, DSGV-Sammelschreiben vom 22.7.1997. Und die praktische Umsetzung? 257 Im ersten Schritt kann die Kenngröße »Performance in %« für das Vermögen im Zinsgeschäft (Definition analog Depot A) bzw. »Performance in DM« ggf. relativ zu einer Benchmark zur Beurteilung des Treasury herangezogen werden. Dazu wird der Summen-Cash-flow im Zeitablauf jeweils mit der aktuellen Zinsstruktur bewertet. Zur Behandlung von zwischenzeitlichen Zahlungen vgl. Abschnitte 3.4.1 und 6.4.2. Vorschläge für ein Standardreporting liefern die folgenden Abbildungen. Abbildung 6.1 beinhaltet sowohl die wesentlichen Inhalte des regelmäßigen Standardreporting als auch die zusätzlichen Inhalte zur Beurteilung ggf. alternativ geplanter Maßnahmen.1 Abbildungen 6.2 bis 6.5 trennen zwischen dem Standardreporting und einem Reporting zur Maßnahmenfindung. Anschließend ist in Abbildung 6.6 eine mögliche Darstellung der Vermögensstruktur dargestellt. 1 Das Berechnungsblatt ist beim DSGV ebenso wie die Vermögensaufstellung als Excel-Tabelle verfügbar. Insbesondere die RORAC-Auswertungen reagieren sensitiv auf die Input-Parameter. Da die Berechnungen in der Excel-Tabelle auf gerundeten Werten basieren, ergeben sich Abweichungen zu den Ergebnissen im Kapitel 5. Text Währung: Stichtag Cash-flow-Erstellung Datum Berechn. = Datum Zinsstruktur Ist-Vermögen Zinsgeschäft (TDM) Ist-Performance seit letzter Berechnung (%) Vergleichswert Perform. Benchmark (%) Nr. 1 2 3 4 5 6 Planungshorizont Risikoloser Zins bis Planungshorizont (%) Risikolose Performance (%) Limit auf Cash-flow (%) Limit auf Abweichung von Benchmark (%) Szenario S+++ S++– S+–– S+0– S–++ S––– S–0+ Prognose Risiken: Cash bzw. Abweichungen (%) Vergleichswert: Varianz/Kovarianz (%) Nicht ausgenutztes Limit RORAC % 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 Zinsänderungsrisiko und Maßnahmenplanung Beispielsparkasse Abschlußbericht Bank Abbildung 6.1 Vermögen im Zinsgeschäft 1,15 – 2,26 0,41 0,80 0,18 0,90 5,33 2,07 0,81 2,26 1,61 1,74 Ist-Cash Perf. % 1,01 – 1,71 0,39 0,71 0,15 0,97 4,51 1,91 0,80 1,71 1,32 2,29 Maßn. 1 Perf. % – 4,64 0,91 0,27 0,27 0,02 1,22 0,59 1,19 0,74 – 0,02 0,32 4,02 Maßn. 2 Perf. % 3,68 – 2,89 0,73 1,24 0,61 0,73 6,60 2,24 0,91 2,89 2,00 1,11 Maßn. 3 Perf. % 100,00 4,00 0,00 Maßn. 4 Perf. % 7,10 – 3,24 1,74 2,35 2,18 – 0,28 7,30 1,52 1,06 3,24 2,39 0,76 mark Perf. % 1,00 0,98 – 1,33 – 1,55 – 2,00 1,18 – 1,97 0,55 – 0,25 2,00 3,71 4,15 – 1,47 – 2,08 – 2,16 1,50 – 6,71 – 0,33 – 0,32 6,71 1,43 0,35 – 1,01 – 1,11 – 1,57 1,01 – 0,70 0,72 – 0,15 1,57 3,00 0,00 * ggf. dito für weitere Währungen 0,21 1,53 – 1,35 – 1,64 – 2,03 1,25 – 2,79 0,39 – 0,26 2,79 Ist-Cash Maßn. 1 Maßn. 2 Maßn. 3 Maßn. 4 Monate Konfidenzintervalle (%) Haltedauer (Tage) Szenario Szenario VarCov VarCov 30. 3. 97 3 3,100 > 99 99,9 90 21 0,775 4,000 3,000 Risiken des Cash-flow mit/ohne Maßnahmen Bench- Abweichungen von der Benchmark Datum DEM * 30.12.96 30.12.96 400.750 Datum: 30.12.96 258 Wertorientierte Steuerung des Zinsänderungsrisikos Und die praktische Umsetzung? 259 Abbildung 6.2 Standardreport: Risikodarstellung per TT.MM.JJJJ Vermögensermittlung im Zinsgeschäft Nr. 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 Text Wert Stichtag für Cash-flow-Ermittlung (Datum der letzten Aktualisierung des Cash-flows) Stichtag der Berechnung (zugleich Stichtag für Zinsstruktur) Planungshorizont bzw. Planungshorizonte (z. B. 1 Tag, 1 M, 3 M, 6 M) Ist-Vermögen im Zinsgeschäft DM Ist-Performance in DM und % seit TT. MM. JJJJ Vergleichswert der Benchmark in % und DM Konfidenzniveau und Haltedauer in Tagen (z. B.) 99 % (z. B.) 10 T Risikolimit in % des Ist-Vermögens (4) bis zum Planungshorizont (3) Risikolimit in TDM Zinsertrag bis zum Planungshorizont bei sicherer Anlage des Vermögens Abbildung 6.3 Ermittlung des Zinsänderungsrisikos Methode 1: Szenarioanalyse auf Planungshorizont Nr. Risikoszenario für Konfidenzniveau (5) bis zum Planungshorizont (3) laut Anlage 11 12 13 14 15 +++/– – – ++–/ – –+ + – –/–++ + – +/– + – Prognose, Erwartung 16 Höchste negative Veränderung der Zeilen (11) bis (15), Umrechnung dieser Prozentzahl in TDM = zu limitierendes Zinsänderungsrisiko Nicht ausgenutztes Limit = (9) abzüglich (16) Veränderung des IstVermögens bis zum Planungshorizont in % Szenario Symmetr. Szenario % 17 Veränderung der Benchmark bis zum Planungshorizont in % Szenario Symmetr. Szenario ; ; ; ;;; ;;;;; TDM % TDM 260 Wertorientierte Steuerung des Zinsänderungsrisikos Abbildung 6.4 Methode 2: Varianz-Kovarianzanalyse nach JP Morgan ggf. zusätzlich Nr. Text 18 19 Haltedauer in Tagen Konfidenzniveau Werte 99 % Benchmark % TDM Ist-Vermögen % TDM 20 21 22 Risikolimit bis zur Haltedauer (18) Value at Risk Nicht ausgenutztes Limit = (20) abzüglich (21) Abbildung 6.5 Standardreport: Maßnahmenplanung per TT.MM.JJJJ Simultanwerte zum Planungshorizont TT.MM.JJJJ Vermögen am Stichtag in DM: »nichts tun« Performance in Maßnahmen1, ..., n Benchmark DM DM DM Risikolose Vermögensanlage Zinsniveau unverändert Zinsprognose Standard-Zinsszenarien1, ..., n VaR-Szenario erwarteter RORACrel ggf. VaRJP Morgan (unter Angabe von Haltedauer und Konfidenzniveau) Duration 1 Wie im Standardreport: Risikodarstellung. % % % Und die praktische Umsetzung? 261 Abbildung 6.6 Vermögen und Vermögensstruktur Bank Beispielsparkasse Abschlußbericht Datum : 30.12.96 Nr. Text Istwert Buchwert Reserve Von Reserve kurzfristig liquidierbar 1 2 3 4 5 Zinsabhängiges Geschäft DEM Zinsabhängiges Geschäft Währung 1 Zinsabhängiges Geschäft Währung 2 Ausfallrisiken Zinsgeschäft Summe Zinsgeschäft 0 0 0 0 6 7 8 9 Aktien Europa Aktien Region 1 Aktien Region 2 Summe Aktien 0 0 0 0 10 11 12 13 Immobilien selbstgenutzt Immobilien vermietet gewerblich Immobilien vermietet Wohnung Summe Immobilien 0 0 0 0 14 15 16 17 Beteiligungen Optionsrechte Inventar Sonstige Vermögenspositionen 18 Summe = Vermögen 0 0 0 0 19 20 21 22 Abstimmung zur Bilanz – Rückstellungen (ohne Ausfallrisiken) – stille versteuerte Rücklagen – GuV-Saldo = bilanzielles Eigenkapital 0 0 0 0 6.4 Technische Anforderungen Die nachstehenden Ausführungen können naturgemäß nicht die technische Umsetzung der dargestellten Steuerungssysteme beschreiben. Es kann aber festgelegt werden, welche Anforderungen an ein System zu stellen sind. Ebenso wird beschrieben, wie mit Hilfe von brauchbaren Übergangslösungen bereits heute die neuen Ansätze in der Praxis realisiert werden können. Die Ausführungen beschränken sich hierbei primär auf die Steuerung des zinstragenden Geschäfts. 262 6.4.1 Wertorientierte Steuerung des Zinsänderungsrisikos Gesamtzusammenhänge und Informationsfluß Die Abbildung 6.7 zeigt zunächst die wichtigsten Teilbereiche des Controlling des Zinsgeschäfts im Überblick.1 Abbildung 6.7 Marktbereiche • Datengewinnung • Einzelgeschäftskalkulation • Neugeschäftsplanung Treasury (Disposition) • Vermögensermittlung • Vermögensallokation • Steuerung der Risiken • Performancerechnung • Maßnahmenplanung/ Durchführung Sachbearbeitung Bestandsführung Buchhaltung Controlling Marktbereiche • Analyse Einzelgeschäfte • Summenbildung Analyse nach: – Berater – Filiale – Produkt/Produktgruppe – Kunde/Kundengruppe • Planung und Planungsanalyse • Sonderauswertungen GuV, Bilanzplanung (externes Rechnungswesen) • Analyse/Prognose Zinsüberschuß • Analyse/Prognose außerordentliches Ergebnis • Neugeschäftsplanung • Planung GuV, Bilanz Gesamtcontrolling Zusammenfassung der Ergebnisse, Gesamtreporting, Abstimmung mit Vorstand Im Rahmen des Projektteils 1 interessieren nur die Bereiche »Treasury (Disposition)« und »GuV, Bilanzplanung«. Es muß jedoch deutlich sein, daß die Datengewinnung letztlich von den Marktbereichen ausgeht. Das Controlling der Marktbereiche bleibt Projektteil 2 vorbehalten. Aufgaben und Informationsinput der Marktbereiche Die Beschreibung der Aufgaben der Marktbereiche ist Bestandteil des Projektteils 2. Die nachfolgenden Ausführungen bilden einen Vorgriff hierauf. 1 Zu den nachstehenden Ausführungen vergleiche auch Sievi, C.: Kalkulation und Disposition, Bretten 1995. Und die praktische Umsetzung? 263 Die Marktbereiche entscheiden dezentral über die von ihnen getätigten Geschäfte. Maßstab ist hierbei die strukturkongruente Refinanzierung. Die hierbei ermittelten Margen in DM (barwertig oder laufend) werden bei der Kalkulation den entstehenden Kosten gegenübergestellt. Für die Kalkulation des Produkts benötigt der Marktbereich die gültigen Interbankensätze bzw. Marktzinssätze der eigenen Bank, um die strukturkongruente Refinanzierung und damit letztlich die erzielte Marge berechnen zu können. Zu den Aufgaben der Marktbereiche gehört auch die Planung des Neugeschäfts für die nächste Planungsperiode. Diese Planung ist notwendig, um Aussagen über die Geschäftsentwicklung zu gewinnen und hieraus eine Planung der prognostizierten Ergebnisse der Marktbereiche abzuleiten. Ferner ist die Neugeschäftsplanung für die Planung der Gewinn- und Verlustrechnung und die Planung der Bilanz nötig. Basis der Entscheidungen des Marktbereiches bilden zunächst Informationen über den Kunden, die eine Zuordnung des Kunden zu Geschäftsbereichen, Kundengruppen und ähnlichen Merkmalen erlauben. Damit spätere Auswertungen nach verschiedenen Kriterien möglich sind, müssen diese Kriterien erfaßt und – im Falle des erfolgreichen Abschlusses – gespeichert werden. Ebenso muß die historische Beziehung mit dem Kunden bekannt sein, um die anstehende Entscheidung über das zur Verhandlung stehende Geschäft nicht isoliert, sondern im Gesamtzusammenhang der Kundenbeziehung treffen zu können. Ferner sollten Informationen über das bei Kreditvergabe eingegangene Risiko beschafft werden. Die Bank bewegt sich nicht im konkurrenzfreien Raum. Deshalb ist die Kenntnis der allgemeinen und speziell vorliegenden Konkurrenzsituation bei einer Verhandlung bedeutsam. Zur Neugeschäftsplanung ist eine Einschätzung des Marktes und der eigenen Potentiale in diesem Markt nötig. Ebenso ist die Kenntnis der Restschuldentwicklung des Bestandes hilfreich, da hieraus abgeleitet werden kann, wieviel Neugeschäft (inkl. Prolongationen) notwendig ist, um das Bestandsvolumen zu erhalten. Die Restschuldentwicklung ermitteln entweder die Marktbereiche selbst oder erhalten diese Information von anderen Controllingeinheiten. Die Marktbereiche planen nur die von ihnen erzielten Margen und die entsprechenden Volumina. Das konkrete Zinsniveau der Abschlüsse ist unwesentlich, da in das Ergebnis der Marktbereiche nicht die absolute Zinshöhe, sondern nur der Mehrertrag gegenüber der strukturkongruenten Refinanzierung einfließt. Zu beachten ist, daß als »Neugeschäft« nicht nur Geschäft mit neuen Kunden verstanden wird, sondern auch Prolongationen und Änderungen. Variables Geschäft ist permanent Neugeschäft. 264 Wertorientierte Steuerung des Zinsänderungsrisikos Informationsoutput der Marktbereiche Im Rahmen der Kalkulation des Neugeschäfts ermitteln die Marktbereiche je Einzelgeschäft Informationen, die zum Teil für die Entscheidung über das Geschäft benötigt werden, zum Teil weitergegeben werden. Dem Kunden müssen gesetzlich vorgeschriebene Effektivzinsen genannt werden. In vielen Fällen ist darüber hinaus eine freiwillige Information über Effektivzinsen angebracht (z. B. Konkurrenzvergleich, Passivgeschäfte). Der Kunde benötigt gegebenenfalls auch einen Zins- und Tilgungsplan, der die von ihm zu zahlenden Raten, die Restschuldentwicklung sowie den abgegrenzten Zins und das abgegrenzte Disagio (inkl. Gebühren) enthält. Zum Zweck der Entscheidungsfindung berechnet der Marktbereich den internen Effektivzins, den Einstandssatz und die hieraus resultierende prozentuale Marge sowie den Margenbarwert. Durch Einbeziehung von Zusatzerträgen und Kosten (inkl. Risikokosten) wird hieraus eine Deckungsbeitragsrechnung abgeleitet. Sofern mit laufenden Margen gearbeitet wird, können auch diese berechnet werden. Die Rechenergebnisse werden an das Controlling der Marktbereiche weitergeleitet. Hierbei sind die Daten um Zuordnungskriterien (Kunde, Filiale, Berater etc.) zu ergänzen, damit im Controlling der Marktbereiche die Summenbildung nach den gewünschten Kriterien möglich ist. Die Zuordnungskriterien sowie der Zins- und Tilgungsplan müssen auch an die Sachbearbeitung/Bestandsführung und an die Buchhaltung weitergeleitet werden. Hier bieten sich Integrationen in entsprechende Programme an. Das Treasury (Zentraldisposition) benötigt als Information die Cash-flow der Geschäfte, aus denen der Summenzahlungsstrom gebildet wird. Dieser bildet die Basis für weitere Auswertungen. Für die Planung der Gewinn- und Verlustrechnung und der Bilanz werden die auf Monate abgegrenzten Zinsen und das abgegrenzte Disagio (inkl. Gebühren) benötigt. Diese Informationen bilden die Basis für das Zinsergebnis aus »Ist-Geschäft«. Ebenso ist für die Planung der Gewinn- und Verlustrechnung die Kenntnis des von den Marktbereichen prognostizierten Neugeschäfts nötig, wobei aus den bereits erläuterten Gründen eine Aufgliederung nach Marge und Volumen genügt. Für eine Prognose des außerordentlichen Ergebnisses ist die Kenntnis der Abschreibungsmethodik der Geschäfte unerläßlich. Es muß z. B. festgehalten werden, ob Wertpapiergeschäfte im Anlagevermögen oder im Umlaufvermögen gehalten werden. Hinweise Sofern einzelne Geschäfte nicht von den Marktbereichen selbst, sondern z. B. direkt vom Treasury oder von anderen Bereichen abgewickelt werden, sind diese Geschäfte informationstechnisch wie Marktgeschäfte zu behandeln. Wesentlich ist, daß alle Und die praktische Umsetzung? 265 existierenden Geschäfte der Bank, gleichgültig wer für sie verantwortlich ist oder sie abschließt, lückenlos erfaßt werden. Dieses Prinzip gilt auch für interne Geschäfte, die zwischen einzelnen Abteilungen abgeschlossen werden. Jedes Geschäft muß hierbei in jeder der beiden beteiligten Abteilungen erfaßt sein, in der einen Abteilung als Aktiv-, in der anderen Abteilung als Passivgeschäft. Bei der Summenbildung über die Gesamtbank heben sich die internen Geschäfte also gegenseitig auf. Bei Ergebnisbildungen über Einzelbereiche wirken jedoch die internen Geschäfte auf das Ergebnis der jeweiligen Bereiche ein. Rentenhandel und Geldhandel sowie andere Spezialabteilungen können in der vorliegenden Betrachtung ebenfalls als Marktbereiche behandelt werden. Es spricht jedoch auch nichts gegen eine Zuordnung dieser Abteilungen zum Treasury. Wesentlich ist, daß alle abgeschlossenen Geschäfte mit den oben genannten Informationen versehen werden. Aufgaben des Treasury Zunächst ist vom Treasury das Vermögen der Bank zu ermitteln. Die hierbei festgestellte Ist-Vermögensstruktur kann gegebenenfalls verändert werden. Hierdurch werden die Chancen und Risiken global vorstrukturiert. Durch Detailanalyse der Strukturen innerhalb der einzelnen Vermögensbestandteile (welche Aktien und Beteiligungen, welche Immobilien, welche Überhänge im Zinsgeschäft) werden die Chancen und Risiken in den Teilbereichen festgelegt. Entsprechen die Chancen und Risiken nicht den Zielvorstellungen, so können sie durch Maßnahmen verändert werden. Denkbare Maßnahmen müssen hinsichtlich ihrer Auswirkung auf Chance und Risiko untersucht werden, ein geeignetes Maßnahmenbündel ausgewählt und schließlich realisiert werden. Die tatsächliche Vermögensentwicklung stimmt nicht unbedingt mit der Darstellung in der Gewinn- und Verlustrechnung und in der Bilanz überein. Deshalb muß eine Abstimmung – vor allem bei der Durchführung größerer Maßnahmen – mit dem externen Rechnungswesen erfolgen. Die geplanten und realisierten Ergebnisse in der Vermögensentwicklung sollten in einer Performancerechnung dargestellt werden, die auch einen Vergleich mit geeigneten Benchmarks erlaubt. Informationsinput des Treasury Zur Feststellung des Vermögens benötigt das Treasury je nach Art der Geschäfte, in denen das Vermögen gebunden ist, unterschiedliche Informationen: Für die Ermittlung des Vermögens in zinstragenden Titeln genügt der SummenCash-flow der entsprechenden Geschäfte. Dieser kann durch Summenbildung über die Cash-flow der einzelnen Geschäfte gewonnen werden. Die entsprechenden Informationen werden von den Marktbereichen an das Treasury weitergegeben. 266 Wertorientierte Steuerung des Zinsänderungsrisikos Aktien können unmittelbar mit aktuellen Kursen bewertet werden. Die Werte von Beteiligungen und Immobilien müssen geschätzt werden, in größeren Zeitabständen bietet sich eine Ergänzung der internen Schätzung durch externe Gutachten an. Die (positiven oder negativen) Werte von eingegangenen Optionen können den Marktpreisen der Optionen entnommen werden. Für eine Simulation der Optionspreise unter sich verändernden Risikoparametern ist ein entsprechendes Bewertungsprogramm unerläßlich. Die Abhängigkeit der Vermögensentwicklung der Bank von verschiedenen Umweltfaktoren (Zinsstruktur, Aktienkursentwicklung, Immobilienpreisentwicklung, Ergebnisse in bestimmten Branchen) spiegelt die Chancen und Risiken der Bank wider. Eine Simulation dieser Risiken ist nur sinnvoll, wenn Prognosen über die Umweltentwicklungen vorliegen. Hierbei sollte nicht nur von einer Prognose ausgegangen werden, die als am wahrscheinlichsten angesehen wird. Vielmehr ist es angebracht, Szenarien aufzustellen, die den Gesamtbereich möglicher Entwicklungen aufzeigen. Informationsoutput des Treasury Wie bereits in den Aufgaben des Treasury beschrieben, liefert das Treasury Informationen über das Vermögen und die Vermögensstruktur der Bank und die hierbei erzielte Performance. Ebenso werden – in Abhängigkeit von externen Einflußfaktoren – die Chancen und Risiken im Ist-Zustand dargestellt. Das Treasury erarbeitet Vorschläge für Maßnahmen und zeigt die Wirkung dieser Maßnahmen bei bestimmten Umweltszenarien auf. Es wird ein Maßnahmenvorschlag zur Entscheidung vorgelegt. Alle Daten fließen an das Gesamtcontrolling zur Integration der Ergebnisse weiter. Planung der Gewinn- und Verlustrechnung, Bilanzplanung Das externe Rechnungswesen bedient sich ebenfalls der Informationen, die je Einzelgeschäft gesammelt werden. Die Planung der Gewinn- und Verlustrechnung beginnt zunächst mit den Zinsergebnissen, die im vorhandenen Ist-Geschäft enthalten sind. Diese Informationen können je Konto den Größen »abgegrenzter Zins« und »abgegrenztes Disagio« entnommen werden. Eine Summierung über alle Geschäfte (Aktiv – Passiv) zeigt den Zinsüberschuß, der in den bereits abgeschlossenen Geschäften enthalten ist. Neugeschäft wird hierbei zunächst nicht berücksichtigt. Sofern die Bank in den Zahlungsströmen der Geschäfte der Aktiv- und Passivseite Über- oder Unterdeckungen besitzt – also Fristentransformation mit entsprechendem Zinsänderungsrisiko betreibt –, sind zwangsweise Folgegeschäfte notwendig, um die Zahlungsstromdifferenzen auszugleichen (dispositives Zwangsgeschäft). Diese Folgegeschäfte werden in der Realität teilweise als Kundengeschäfte, teilweise als Interbankengeschäfte abgewickelt. Zur Klarheit des Planungsprozesses wird unterstellt, daß es Und die praktische Umsetzung? 267 sich um Interbankengeschäfte (ohne Marge) handelt. Margen durch Kundengeschäfte über diese Interbankengeschäfte hinaus werden separat geplant. Die Zinsentwicklung aus dispositiven Maßnahmen kann bis zum Planungshorizont einem entsprechenden Planungsmodul zur Berechnung der Auswirkung dispositiver Maßnahmen entnommen werden. Damit steht der zweite Bestandteil des Zinsergebnisses der Bank fest. Der dritte Bestandteil des Zinsergebnisses resultiert aus den Margenbeiträgen, die vom Marktbereich durch Neugeschäft mit Kunden erzielt werden bzw. vom Marktbereich geplant werden. Analog zu oben genannter Prämisse, dispositive Folgegeschäfte würden nur als Interbankengeschäfte durchgeführt, wird nun als Prämisse gesetzt, daß Neugeschäfte mit Kunden stets strukturkongruent geschlossen werden. Damit werden die Marktbereiche von der Planung konkreter Kundenzinsen befreit, sie planen nur die entsprechenden Margen in Prozent sowie die Volumina in DM, letztlich also die laufenden Margen in DM. Beide Informationen stehen als Output der Planung der Marktbereiche zur Verfügung. Das Zinsergebnis wird durch die Planung der sonstigen Ergebnisbeiträge wie z. B. der Provisionserträge ergänzt. Durch eine Planung der Kosten kann die Gewinn- und Verlustrechnung bis zum Betriebsergebnis weitergeführt werden. Das außerordentliche Ergebnis kann durch eine Simulation der Abschreibungen im Depot A und eine Schätzung der sonstigen außerordentlichen Ergebniskomponenten gewonnen werden. Die ermittelten Ergebnisse werden an den Vorstand, die Marktbereiche und das Treasury weitergeleitet. Entsprechen die Planergebnisse nicht den Erfordernissen oder Zielsetzungen, müssen von den betroffenen Abteilungen neue Schätzungen und Verpflichtungen über den Geschäftsverlauf abgegeben werden, bzw. es müssen neue dispositive Maßnahmen geprüft werden. Der Planungsprozeß schreitet so lange fort, bis eine befriedigende Lösung gefunden wurde. Nach Abschluß der Planung werden laufend Soll-Ist-Vergleiche erstellt, die Abweichungen von der Planung aufzeigen und eventuelle Gegenmaßnahmen einleiten. 6.4.2 Entwurf eines Übergangskonzepts Problemsituation Gemäß den obigen Ergebnissen müssen für eine Lösung, die auch zukünftigen Ansprüchen gerecht wird, je zinstragendem Geschäft bzw. Konto die in Tabelle 6.2 dargestellten Informationen erzeugt und in einer Datenbank gespeichert werden. Die Datenbank muß Selektionen bzw. Summenbildung nach verschiedenen Kriterien zulassen. In vielen Sparkassen steht aber der Cash-flow je Einzelgeschäft nicht oder nur für bestimmte Geschäfte zur Verfügung. Entsprechende »Cash-flow-Generatoren« müssen erst geschaffen werden. 268 Wertorientierte Steuerung des Zinsänderungsrisikos Tabelle 6.2 Art der Information Empfänger der Information Cash-flow des Geschäfts Abgegrenzter Zins, abgegrenztes Disagio bzw. abgegrenzte Gebühren Nominale Restschuld Treasury GuV-Planung, Bilanzplanung Sonstige Kontoinformationen (siehe oben) Planung des Neugeschäfts im Rahmen der GuVPlanung Diverse Zwecke (siehe oben) Gleiches gilt für den abgegrenzten Zins und das abgegrenzte Disagio sowie für die nominale Restschuld. Ebenso sind entsprechende Datenbanken nicht vorhanden. Die technische Umsetzung des vorgeschlagenen Konzepts bedeutet also einen erheblichen Investitions- und Zeitaufwand. Vorgehensweise in der Machbarkeitsstudie Die Gewinnung des Summen-Cash-flow als Informationsinput für das Treasury muß nicht unbedingt auf Basis der Einzelgeschäfte erfolgen. Es reicht für Sparkassen im ersten Schritt aus, wenn aus verdichteten Informationsquellen (z. B. Zinsbindungsbilanz, Summenvolumina der variablen Geschäfte je Mischungsverhältnis für die gleitenden Durchschnitte) der Summen-Cash-flow erzeugt werden kann. Ebenso ist es für Sparkassen zunächst ausreichend, wenn die Ist-Zinsen bzw. der Zinsüberschuß aus Ist-Geschäften als einer der Bausteine zur GuV-Planung summarisch aus verdichteten Informationsquellen ermittelt werden kann. Allerdings geht bei dieser Vorgehensweise die Möglichkeit verloren, einzelgeschäftsbezogene Informationen je Konto für ein Controlling der Marktbereiche zu gewinnen. Insbesondere gehen auch wertvolle Informationen verloren, wenn das Verfahren mit der kurzfristigen Liquiditätsdisposition verknüpft werden soll. Der Weg, verdichtete Informationen als Basis zur Gewinnung des Summen-Cashflow sowie des Zinsüberschusses aus Ist-Geschäften zu benutzen, wurde von den Pilotsparkassen begangen. Diese Möglichkeit wurde auch in Abschnitt 2.5 für die Beispielsparkasse beschritten. Mit Hilfe von Excel- bzw. Lotus-Arbeitsblättern wird aus folgenden Informationsquellen der Summen-Cash-flow bzw. der Zinsüberschuß aus Ist-Geschäften ermittelt: Zinsbindungsbilanz bzw. ZIRI-Dateien Volumen und Ist-Zins in % je variablem Geschäftstyp, Mischungsverhältnis gleitender Durchschnitte je variablem Geschäftstyp Sonstige summarische Listen (z. B. Interbankengeschäfte, die nicht in der Zinsbindungsbilanz enthalten sind) Manuelle Ergänzungen (z. B. Finanzinnovationen und große Cash-flow aus Einzelgeschäften, die nach der Erstellung der Zinsbindungsbilanz abgeschlossen wurden). Und die praktische Umsetzung? 269 Der auf diese Weise ermittelte Summen-Cash-flow ermöglicht es den Sparkassen, mit zunächst hinreichender Genauigkeit sowohl ihre Dispositionsentscheidungen zu treffen als auch deren Beurteilung zu ermöglichen. Dies kann – sofern gewünscht – mit einer täglich aktualisierten Zinsstrukturkurve täglich erfolgen. Allerdings ist zu bedenken, daß bei dieser Methode die vom Marktbereich im Mengengeschäft eingegangenen Fristeninkongruenzen zwischen den Stichtagen zur Erstellung der Zinsbindungsbilanz unberücksichtigt bleiben. Sie sind in einer dauerhaft tragfähigen Realisierung ebenfalls dem Erfolg des Disponenten zuzuordnen. Im Bereich des Treasury besteht, wie aufgezeigt wurde, aktueller Handlungsbedarf, den Summen-Cash-flow zu erzeugen. Arbeitsblätter zur Informationsgewinnung erfüllen jedoch nicht die Voraussetzungen, die an die Sicherheit der Berechnungsschritte – auch vor dem Hintergrund der »Mindestanforderungen« – und an die Bequemlichkeit der Dateneingabe gestellt werden. Es wird deshalb eine Übergangslösung angestrebt. Die Übergangslösung kann später durch ein System, das auf Basis der Einzelkonten arbeitet und somit alle Anforderungen an ein integriertes Controllingsystem erfüllt, abgelöst werden. Lösungsvorschlag Der von den Pilotsparkassen beschrittene Weg zur Cash-flow-Gewinnung über verdichtete Daten soll kurzfristig weiteren Sparkassen ermöglicht werden. Hierzu soll ein DV-Programm für die im Projekt in Excel ausgeführten Arbeitsschritte entwickelt bzw. extern beschafft werden. Das benötigte Programm wird im folgenden inhaltlich beschrieben: Programmeingaben: Das Programm benötigt drei Typen von Eingaben (vgl. Tab. 6.3 bis Tab. 6.5). Typ »Zinsbindungsbilanz« Der Eingabetyp dient dazu, Informationen, die als Zinsbindungsbilanz bzw. ZIRIDatei in der Bank vorliegen, an das Programm zu übergeben. 270 Wertorientierte Steuerung des Zinsänderungsrisikos Tabelle 6.3 Name zur Identifikation und Verwaltung Kennung: aktiv, passiv, vorzeichengerecht Rechenvorschriften Zinsberechnung und Cash-flow-Zuordnung: • Zinsberechnung aus Kapitalstand Vordatum, Istdatum oder Mittelwert, • Zinssatz aus Vordatum, Istdatum oder Mittelwert, • Berechneter Cash-flow fließt am Vordatum, Istdatum oder mittleren Datum. • Mindestraster für Cash-flow-Erzeugung Datum Kapitalstand DM Zins % (beliebige Termine als Datum) (Beliebig viele Termine, wobei der Abstand zwischen den Terminen unterschiedlich sein kann) Der Benutzer kann den genannten Typ mehrfach unter verschiedenen Identifikationen verwalten. Eine Dateiübergabe über Schnittstelle ist vorzusehen. Aus den Eingabedaten müssen im gewünschten Raster (in der Regel monatlich) nach den festgelegten Formeln der Cash-flow sowie der Zins in DM berechnet werden. Typ »variables Geschäft« Der Eingabetyp dient dazu, das variable Geschäft entsprechend der Methode der »gleitenden Durchschnitte« als Cash-flow zu erfassen. Tabelle 6.4 Name zur Identifikation und Verwaltung Kennung: aktiv, passiv, vorzeichengerecht Mischungsverhältnis gleitender Durchschnitt Raster für Cash-flow-Erzeugung Datum Kapitalstand DM Zins % (nur eine Eingabezeile für den aktuellen Stand) Der Benutzer kann den genannten Typ mehrfach unter verschiedenen Identifikationen verwalten. Eine Dateiübergabe über Schnittstelle ist vorzusehen. Aus den Eingabedaten werden im gewünschten Raster (in der Regel monatlich) nach der in Abschnitt 2.3.5 festgelegten Vorgehensweise der Cash-flow sowie der Zins in DM berechnet. In Excel bzw. einem Vorprogramm können aus historischen Produktzinsen die jeweiligen gleitenden Durchschnittszinsen ermittelt werden. Und die praktische Umsetzung? 271 Typ »Direkteingabe Cash-flow« Der Eingabetyp dient dazu, Geschäft, für das der Cash-flow direkt als Zins und Tilgung vorliegt, zu erfassen. Er wird primär bei Finanzinnovationen und bei großen Einzel-Cash-flow, die noch nicht in die Zinsbindungsbilanz eingeflossen sind, Verwendung finden. Da die Zinsbindungsbilanz in der Regel nur monatlich zur Verfügung steht, ist über diesen Eingabetyp die zwischenzeitliche Erfassung von relevanten Einzel-Cash-flow möglich. Dies ist die Voraussetzung, um – sofern gewünscht – sowohl den Planungsprozeß als auch die Bewertung des Treasury auch in der Übergangsphase täglich durchführen zu können. Tabelle 6.5 Name zur Identifikation und Verwaltung Kennung: aktiv, passiv, vorzeichengerecht Datum Tilgung DM Zins DM (beliebige Termine als Datum) Der Benutzer kann den genannten Typ mehrfach unter verschiedenen Identifikationen verwalten. Eine Dateiübergabe über Schnittstelle ist vorzusehen. Aus den Eingabedaten wird der Cash-flow als Summe von Zins und Tilgung berechnet. Programmausgaben Das Programm berechnet den Summen-Cash-flow über die Gesamtbank bzw. über ausgewählte Positionen. Ebenso könnte der Zinsüberschuß aus Ist-Geschäften bei entsprechender Datenbereitstellung berechnet werden. Der Cash-flow kann an das Dispositionsprogramm (Berechnung des [Zins-]Vermögens, Steuerung des Zinsänderungsrisikos, Auswahl geeigneter Maßnahmen) weitergegeben werden. Der Zinsüberschuß kann an ein Planungsmodul zur GuV-Planung überführt werden. 6.4.3 Variable Positionen in bestehenden GuV-Planungssystemen Zur Integration variabler Produkte in die GuV-Planungssysteme wird empfohlen, entsprechend der Verfahrensweisen in den Abschnitten 3.4.2, 4.4.2 und Anhang II vorzugehen, um eine identische Methodik zu gewährleisten. 272 Wertorientierte Steuerung des Zinsänderungsrisikos Anhang I: Empirische Ermittlung gleitender Durchschnitte für ausgewählte Produkte der Pilotsparkassen – anonymisiert Dieser Anhang enthält die von den Pilotsparkassen identifizierten Mischungsverhältnisse aus gleitenden Durchschnitten für variable Positionen sowie Kennzahlen für die Schwankungen der Margen. Die Inhalte der Bilanzpositionen entsprechen der Einteilung des Prognose- und Finanzplanungssystems. Bei gemischten Positionen (fest und variabel) wurden jeweils die variablen Anteile untersucht. Zur konkreten Vorgehensweise vgl. Abschnitt 2.3.4 der Abschlußberichtes. Sparkasse A Bewertungszinsmischung 1 Monat 3 Monate gleitend 1 Jahr gleitend 5 Jahre gleitend 10 Jahre gleitend Summe Bipo 12 Bipo 13 Bipo 14 Bipo 31 Bipo 32 Bipo 33 Bipo 36 Bipo 43 Bipo 44 10 15 100 0 0 0 0 5 0 10 5 0 15 5 0 5 5 0 80 30 0 15 5 20 5 10 0 0 50 0 35 50 5 45 20 20 0 0 0 35 40 75 45 60 80 100 100 100 100 100 100 100 100 100 Sparkasse A Kennzahlen Bipo 12 Bipo 13 Bipo 14 Bipo 31 Bipo 32 Bipo 33 Bipo 36 Bipo 43 Bipo 44 Mittelwert Standardabweich. Spannweite 1,01 4,53 0,48 2,08 0,22 1,18 0,15 0,64 0,22 0,88 0,15 0,68 0,28 1,31 0,32 1,31 0,11 0,42 Anhang II 273 Sparkasse B Bewertungszinsmischung 1 Monat 3 Monate gleitend 1 Jahr gleitend 5 Jahre gleitend 10 Jahre gleitend Summe Bipo 12 Bipo 13 Bipo 14 Bipo 31 Bipo 32 Bipo 33 Bipo 36 Bipo 43 Bipo 44 10 10 100 5 5 5 0 0 0 0 10 0 10 10 10 0 5 5 50 30 0 10 10 10 0 10 0 40 50 0 40 40 40 100 20 20 0 0 0 35 35 35 0 65 75 100 100 100 100 100 100 100 100 100 Sparkasse B Kennzahlen Bipo 12 Bipo 13 Bipo 14 Bipo 31 Bipo 32 Bipo 33 Bipo 36 Bipo 43 Bipo 44 Mittelwert Standardabweich. Spannweite 0,69 3,00 0,84 2,98 1,29 4,84 0,25 1,13 0,26 1,09 0,40 1,57 0,48 1,89 0,35 1,54 0,19 0,68 Anhang II: Vergleich der Modellqualität gleitender Durchschnitte mit der des Elastizitätskonzepts Der Vergleich basiert auf Modellergebnissen, die jeweils mit Hilfe der gleitenden Durchschnitte und einer »optimierten« Elastizität erstellt wurden. Der Produktzins gemäß gleitender Durchschnitte ergibt sich aus der Aggregation von Bewertungszins und mittlerer Marge. Die Elastizität wurde zum 1-Monats-Fibor ermittelt. Elastizitäten zu längerfristigen Zinssätzen wurden aufgrund der fehlenden Disponierbarkeit nicht untersucht. Zu den untersuchten Produkten sind jeweils drei Grafiken aufbereitet: a) Gegenüberstellung des tatsächlichen Produktzinses mit den modellierten Produktzinsen b) Quantifizierung der jeweiligen Fehler Die Modellierung der Produktzinsen gelang mit Hilfe der gleitenden Durchschnitte grundsätzlich besser als mit dem Elastizitätskonzept. Im Bereich der Sichteinlagen läßt sich eine noch treffendere Modellierung erstellen, wenn unter Ausschluß einer Elastizität von konstanten Zinsen ausgegangen wird. Dies wird hier mit Elastizität = 0 dokumentiert. Bereits wenn eine Elastizität von 0,1 oder höher analysiert wird, generieren die gleitenden Durchschnitte bessere Modellwerte. 274 Wertorientierte Steuerung des Zinsänderungsrisikos a) Gegenüberstellung des tatsächlichen Produktzinses mit den modellierten Produktzinsen in % Sparkasse B KK-Kredite Geschäftskunden 14 13 12 11 10 9 8 Produktzins Gleitende Durchschnitte Elastizität (0,65) 7 6 Feb 88 Feb 89 Feb 90 Feb 91 Feb 92 Feb 93 Feb 94 Feb 95 Feb 96 Anhang II 275 b) Quantifizierung der jeweiligen Fehler in % Sparkasse B Jeweilige Modellabweichung: KK-Kredite Geschäftskunden 2,0 1,5 1,0 0,5 0 – 0,5 – 1,0 Gleitender Durchschnitt Elastizität (0,65) – 1,5 – 2,0 – 2,5 Feb 88 Aug 88 Feb 89 Mittlerer Fehler Standardabweichung Aug 89 Feb 90 Aug 90 Feb 91 Aug 91 Feb 92 Aug 92 Gleitender Durchschnitt 0,00 0,70 Feb 93 Aug 93 Feb 94 Aug 94 Elastizität 0,13 1,04 Feb 95 Aug 95 Feb 96 276 Wertorientierte Steuerung des Zinsänderungsrisikos a) Gegenüberstellung des tatsächlichen Produktzinses mit den modellierten Produktzinsen Sparkasse A KK-Kredite Privatkunden in % 14,5 14,0 13,5 13,0 12,5 12,0 11,5 11,0 10,5 Produktzins Gleitende Durchschnitte Elastizität (0,51) 10,0 9,5 9,0 Feb 88 Feb 89 Feb 90 Feb 91 Feb 92 Feb 93 Feb 94 Feb 95 Feb 96 Anhang II 277 b) Quantifizierung der jeweiligen Fehler in % Sparkasse A Jeweilige Modellabweichung: KK-Kredite Privatkunden 2,5 2,0 1,5 1,0 0,5 0 Gleitende Durchschnitte Elastizität (0,51) – 0,5 – 1,0 Feb 88 Aug 88 Feb 89 Mittlerer Fehler Standardabweichung Aug 89 Feb 90 Aug 90 Feb 91 Aug 91 Feb 92 Aug 92 Gleitender Durchschnitt 0,01 0,48 Feb 93 Aug 93 Feb 94 Aug 94 Elastizität 0,79 0,75 Feb 95 Aug 95 Feb 96 278 Wertorientierte Steuerung des Zinsänderungsrisikos a) Gegenüberstellung des tatsächlichen Produktzinses mit den modellierten Produktzinsen in % Sparkasse A Spareinlagen mit 3monatiger Kündigungsfrist 4,5 4,0 3,5 3,0 Produktzins Gleitende Durchschnitte Elastizität (0,27) 2,5 2,0 Feb 88 Feb 89 Feb 90 Feb 91 Feb 92 Feb 93 Feb 94 Feb 95 Feb 96 Anhang II 279 b) Quantifizierung der jeweiligen Fehler in % Sparkasse A Jeweilige Modellabweichung: Spareinlagen 0,6 0,4 0,2 0 – 0,2 Gleitender Durchschnitt Elastizität (0,27) – 0,4 – 0,6 Feb 88 Aug 88 Feb 89 Mittlerer Fehler Standardabweichung Aug 89 Feb 90 Aug 90 Feb 91 Aug 91 Feb 92 Aug 92 Gleitender Durchschnitt 0,00 0,15 Feb 93 Aug 93 Feb 94 Aug 94 Elastizität 0,02 0,22 Feb 95 Aug 95 Feb 96 280 Wertorientierte Steuerung des Zinsänderungsrisikos a) Gegenüberstellung des tatsächlichen Produktzinses mit den modellierten Produktzinsen in % Sparkasse B Spareinlagen mit 3monatiger Kündigungsfrist 4,0 3,8 3,6 3,4 3,2 3,0 2,8 2,6 Produktzins Gleitende Durchschnitte Elastizität (0,23) 2,4 2,2 2,0 Feb 88 Feb 89 Feb 90 Feb 91 Feb 92 Feb 93 Feb 94 Feb 95 Feb 96 Anhang II 281 b) Quantifizierung der jeweiligen Fehler in % Sparkasse B Jeweilige Modellabweichung: Spareinlagen 0,8 0,6 0,4 0,2 0 – 0,2 – 0,4 Gleitender Durchschnitt Elastizität (0,23) – 0,6 – 0,8 Feb 88 Aug 88 Feb 89 Mittlerer Fehler Standardabweichung Aug 89 Feb 90 Aug 90 Feb 91 Aug 91 Feb 92 Aug 92 Gleitender Durchschnitt 0,00 0,25 Feb 93 Aug 93 Feb 94 Aug 94 Elastizität 0,01 0,33 Feb 95 Aug 95 Feb 96 282 Wertorientierte Steuerung des Zinsänderungsrisikos a) Gegenüberstellung des tatsächlichen Produktzinses mit den modellierten Produktzinsen in % Sparkasse B Sichteinlagen Geschäftskunden 1,4 1,2 1,0 0,8 0,6 0,4 Produktzins Gleitende Durchschnitte Elastizität (0) 0,2 0 Feb 88 Feb 89 Feb 90 Feb 91 Feb 92 Feb 93 Feb 94 Feb 95 Feb 96 Anhang II 283 b) Quantifizierung der jeweiligen Fehler in % Sparkasse B Jeweilige Modellabweichung: Sichteinlagen Geschäftskunden 0,6 0,4 0,2 0 – 0,2 – 0,4 – 0,6 – 0,8 Gleitender Durchschnitt Elastizität (0) – 1,0 – 1,2 Feb 88 Aug 88 Feb 89 Mittlerer Fehler Standardabweichung Aug 89 Feb 90 Aug 90 Feb 91 Aug 91 Feb 92 Aug 92 Gleitender Durchschnitt 0,00 0,35 Feb 93 Aug 93 Feb 94 Aug 94 Elastizität 0,15 0,15 Feb 95 Aug 95 Feb 96 284 Wertorientierte Steuerung des Zinsänderungsrisikos a) Gegenüberstellung des tatsächlichen Produktzinses mit den modellierten Produktzinsen in % Sparkasse A Sichteinlagen Privatkunden 1,0 0,9 0,8 0,7 0,6 0,5 0,4 0,3 Produktzins Gleitende Durchschnitte Elastizität (0) 0,2 0,1 0 Feb 88 Feb 89 Feb 90 Feb 91 Feb 92 Feb 93 Feb 94 Feb 95 Feb 96 Anhang II 285 b) Quantifizierung der jeweiligen Fehler in % Sparkasse A Jeweilige Modellabweichung: Sichteinlagen Privatkunden 0,5 0,4 0,3 0,2 0,1 0 – 0,1 – 0,2 –0,3 Gleitender Durchschnitt Elastizität (0) – 0,4 – 0,5 Feb 88 Aug 88 Feb 89 Mittlerer Fehler Standardabweichung Aug 89 Feb 90 Aug 90 Feb 91 Aug 91 Feb 92 Aug 92 Gleitender Durchschnitt 0,00 0,11 Feb 93 Aug 93 Feb 94 Aug 94 Elastizität 0,04 0,02 Feb 95 Aug 95 Feb 96 286 Wertorientierte Steuerung des Zinsänderungsrisikos Anhang III: Cash-flow-Typisierung der derzeitigen SKO-Bilanzpositionen Die Abgrenzungen der einzelnen Cash-flow-Typen werden in folgender Übersicht dargestellt: Typ 1: Festzinsgeschäft Bewertungstyp/Beschreibung Beispiele Der Zahlungsstrom ist während des aktuell betrachteten Abschnitts (»Zinsbindungsdauer«) der Gesamtlaufzeit fixiert. Nach Ablauf des betrachteten Abschnitts bzw. der Zinsbindungsdauer handelt es sich um ein neues Geschäft mit neuen Konditionen. • Darlehen mit Festzins • Sparformen mit Festzins und fester Laufzeit • Termingelder/Tagesgeld • Festverzinsliche Wertpapiere, Inhaberschuldverschreibungen • Genußrechte mit Festzins • Finanzinnovationen mit Festzinscharakter • Floater • Roll-over-Darlehen mit Margenvereinbarung Die Disposition erfolgt nur für den aktuell betrachteten Abschnitt bzw. berücksichtigt nur den fixierten Zahlungsstrom. Die Kalkulation kann für einen längeren Zeitraum als die Fixierung des Zahlungsstromes erfolgen, wenn für die Folgeabschnitte Informationen über die dann erzielbare Marge vorliegen oder wenn die Marge in den Folgeabschnitten bereits festgelegt ist. Typ 2: wie Typ 1, mit Optionsrechten Bewertungstyp/Beschreibung Beispiele Wie Typ 1, der Kunde oder die Bank hat zusätzliche Optionsrechte. Wie bei Typ 1, aber z. B. mit folgenden Zusatzrechten: • Sondertilgungsrecht ohne Vorfälligkeitsentschädigung • Kündigungsrechte bei Sparformen oder Wertpapieren mit Festzins • Wachstumszertifikat (analog zu Bundesschatzbriefen) • Freie Sparrate innerhalb eines festen Rahmens • Flexible Darlehensauszahlung ohne Bereitstellungszins • Aufstockungsrecht/Nichtabnahmerecht • Festhalten von Konditionen mit Abnahmerecht • Abrufkredit (spekulativ) Anhang III 287 Typ 3: Variabler Zins Bewertungstyp/Beschreibung Beispiele Die Bank kann den Zins jederzeit anpassen. Die Zinsanpassung erfolgt stufenweise. Der Kunde hat im Gegenzug Kapitaländerungsrechte (z. B. Kündigung). Bei »angemessenem« Zinsanpassungsverhalten kann mit der Trägheit des Kunden gerechnet werden, insbesondere bei Betrachtung eines Gesamtbestandes. • Herkömmliches Sparbuch • Sparformen/Sparverträge mit variablem Zins, gegebenenfalls zusätzlicher Bonus • Variable Darlehen ohne Bezugnahme auf Interbankenzins • KK Haben • KK Soll Disposition und Kalkulation mit Hilfe »gleitender Durchschnitte« bzw. »fiktiver Abläufe« (siehe Abschnitt 2.3). Typ 4: wie Typ 3, mit Optionsscheinen Bewertungstyp/Beschreibung Beispiele Wie Typ 3, es sind aber zusätzliche Optionsrechte vorhanden. Variable Darlehen und Sparformen mit Zinsober- und/oder Zinsuntergrenze Typ 5: im System der Marktzinsmethode nicht kalkulierbare Produkte Bewertungstyp/Beschreibung Beispiele Die Ausgestaltung des Produkts läßt die Festsetzung eines Bewertungszinses nicht zu (das Produkt kann nicht zinsänderungsrisikofrei disponiert werden). Produktbeitrag und Dispositionsbeitrag können nicht getrennt werden. • Anbindung an Eckzinsen, die keine Marktzinsen sind (z. B. Diskontsatz) • Anbindung an »falschen« Marktzins (z. B. halbjährliche Anpassung an den Durchschnittszins der letzten 6 Monate) • Zinsabhängige Margen (z. B. Kundenzins = 80 % des Marktzinses) 288 Wertorientierte Steuerung des Zinsänderungsrisikos Zuordnungskriterien MIS-Steuerungsreport Zinsänderungsrisiko (Aktivseite) Position Festzins I (vertraglich vereinbart) – Kundengeschäft Inhalt BilanzBezeichnung position Nr. Erläuterung Typ gemäß Projekteinteilung aus aus aus aus aus aus aus aus aus – Eigengeschäft aus aus aus aus 012 013 014 015 016 017 018 019 020 021 022 023 Kontokorrentkredite Geschäftsgiro Kontokorrentkredite Privatgiro Kontokorrentkredite an Kommunen Kfr. u. mfr. Ratenkredite m. Lfzzs. Kfr. u. mfr. Realkredite Kfr. u. mfr. Kommunaldarlehen Kfr. u. mfr. Sonstige Darlehen Lfr. Ratenkredite m. Laufzeitzins Lfr. Realkredite Lfr. Kommunaldarlehen Lfr. Sonstige Darlehen Weiterleitungsdarlehen Festzinsanteil Festzinsanteil Festzinsanteil vollständig Festzinsanteil Festzinsanteil Festzinsanteil vollständig Festzinsanteil Festzinsanteil Festzinsanteil vollständig Typ 2 Typ 2 Typ 2 Typ 1 Typ 1 Typ 1 Typ 1 Typ 1 Typ 1 Typ 1 Typ 1 Typ 1 004 005 007 0081 009 010 Ford. an KI. 3 Mon. bis unt. 4 J. Ford. an KI. 4 Jahre und darüber Festverzinsliche Wertpapiere Sonstige Wertpapiere Handelsbestand Wertpapiere Schuldscheine u. Namens-SV Festzinsanteil Festzinsanteil vollständig Festzinsanteil Festzinsanteil vollständig Typ 1 Typ 1 Typ 1 Typ 1 Typ 1 Typ 1 1 Für Bilanzpositionen 8/9 gilt: Investmentanteile werden mit ihrer Struktur als Typ 1 erfaßt; ist die Struktur nicht bekannt, so sind sie als sonstige Vermögenspositionen (wie Aktien, Beteiligungen) zu behandeln. 2 Mitarbeiterdarlehen sind i.d.R als de-facto-festverzinslich anzusehen, aber als »variabel« ausgewiesen. 3 Unter Bilanzposition 16–22 ausgewiesene Kreditfloater sind wie Typ 1 zu behandeln. 4 Bausparvorratsvertrag ist als Typ 2 anzusehen. 5 U.a. WP-Floater. 6 Enthaltene Aktien sind als separate Vermögensposition zu erfassen. 7 Enthaltene Aktien sind als separate Vermögensposition zu erfassen. 8 Falls zum Tagesgeldsatz verzinst: Typ1; falls nicht oder dauerhaft nur marginal verzinst: Typ 3. Anhang III 289 Zuordnungskriterien MIS-Steuerungsreport Zinsänderungsrisiko (Aktivseite) Fortsetzung Position Inhalt BilanzBezeichnung position Nr. Erläuterung Typ gemäß Projekteinteilung Festzins II (betriebswirtschaftl.) – Kundengeschäft – – keine Bestände – sonstige verzinsliche Positionen 024 026 Ausgleichsforderungen Beteiligungen vollständig vollständig Typ 1 nicht erfassen – sonstige unverzinsl. Positionen 001 025 027 028 029 030 Kasse, Bundesbank Durchlaufende Kredite Grundstücke und Gebäude Betriebs- u. Geschäftsausstattung GuV-Saldo Übrige Aktiva vollständig vollständig vollständig vollständig vollständig vollständig Typ 1 Marge: Typ 1 nicht erfassen nicht erfassen nicht erfassen nicht erfassen 011 012 013 014 016 017 0183 020 021 022 Wechselkredite an Kunden Kontokorrentkredite Geschäftsgiro Kontokorrentkredite Privatgiro Kontokorrentkredite an Kommunen Kfr. u. mfr. Realkredite Kfr. u. mfr. Kommunaldarlehen Kfr. u. mfr. Sonstige Darlehen Lfr. Realkredite Lfr. Kommunaldarlehen Lfr. Sonstige Darlehen vollständig var. verz. Anteil var. verz. Anteil var. verz. Anteil var. verz. Anteil var. verz. Anteil var. verz. Anteil var. verz. Anteil var. verz. Anteil var. verz. Anteil Typ 1 Typ 3 Typ 3 Typ 3 Typ 3 Typ 3 Typ 3 Typ 3 Typ 3 Typ 3 002 003 004 0054 0085,6 0097 006 Ford. an KI. laufende Guthaben8 Ford. an KI. Tagesgeld, unt. 3 Mo. Ford. an KI. 3 Mon. bis unt. 4 J. Ford. an KI. 4 Jahre u. darüber Sonstige Wertpapiere Handelsbestand Wertpapiere Ford. an KI. Wechselkredite vollständig vollständig var. verz. Anteil var. verz. Anteil var. verz. Anteil var. verz. Anteil vollständig Typ 1 Typ 1 Typ 3 Typ 3 Typ 1 Typ 1 Typ 1 vollständig nicht erfassen Variabel verzinsliches Geschäft – Kundengeschäft 2 aus aus aus aus aus aus aus aus aus – Eigengeschäft aus aus aus aus Bilanz-Ausgl. Aktiva 290 Wertorientierte Steuerung des Zinsänderungsrisikos Zuordnungskriterien MIS-Steuerungsreport Zinsänderungsrisiko (Passivseite) Position Festzins I (vertraglich vereinbart) – Kundengeschäft – Eigengeschäft Inhalt BilanzBezeichnung position Nr. Erläuterung aus 031 Festzinsanteil9 Typ 1 aus aus aus aus aus Typ gemäß Projekteinteilung 032 033 034 035 036 037 038 039 040 041 042 046 047 Spareinl. mit gesetzl. Kündigung (inkl. Fibor-Verzinsung) Spareinl. Künd. unter 4 Jahren Spareinl. Künd. 4 Jahre und darüber Spareinl. Einmalanlagen Spareinl. Ratenvertr. unter 4 Jahre Spareinl. Ratenvertr. 4 J. u. darüber Sparkassenbriefe unter 4 Jahre Sparkassenbriefe 4 J. u. darüber Inhaber-SV bis einschl. 4 Jahre Inhaber-SV über 4 Jahre Spk.-Obligationen bis 4 Jahre Spk.-Obligationen über 4 Jahre Termingeld. v. KU. 3 M. – < 4 Jahre Termingeld. v. KU. 4 J. u. darüber Festzinsanteil Festzinsanteil Festzinsanteil Festzinsanteil Festzinsanteil vollständig vollständig vollständig vollständig vollständig vollständig vollständig vollständig Typ 1 Typ 1 Typ 1 Typ 1 Typ 1 Typ 1 Typ 1 Typ 1 Typ 1 Typ 1 Typ 1 Typ 1 Typ 1 050 051 052 056 Verb. an KI. 3 Mon. bis unter 4 Jahre Verb. an KI. 4 Jahre und darüber Weiterleitungsmittel Eigenkap. verzinsl. o. nachr. Verb. vollständig vollständig vollständig vollständig Typ 1 Typ 1 Typ 1 Typ 1 9 Bonusvereinbarungen gelten zeitlich befristet und werden angepaßt, sonst wie Typ 3. Anhang III 291 Zuordnungskriterien MIS-Steuerungsreport Zinsänderungsrisiko (Passivseite) Fortsetzung Position Inhalt BilanzBezeichnung position Nr. Erläuterung Typ gemäß Projekteinteilung Typ 310 Typ 311 Festzins II (betriebswirtschaftl.) – Kundengeschäft 043 044 Sichteinlagen von KU, Geschäft Sichteinlagen von Kunden, privat vollständig vollständig – sonstige verzinsliche Positionen – – keine Bestände – sonstige unverzinsl. Positionen 053 054 055 059 060 Pensionsrückstellungen Wertberichtigungen – Netto-Saldo12 Eigenkapital unverzinslich GuV-Saldo Übrige Passiva vollständig vollständig vollständig vollständig vollständig Abzugsposten Abzugsposten nicht erfassen nicht erfassen nicht erfassen 031 032 033 034 035 036 045 Spareinl. mit gesetzl. Kündigung Spareinl. Künd. unter 4 Jahren Spareinl. Künd. 4 J. und darüber Spareinl. Einmalanlagen Spareinl. Ratenvertr. unter 4 J. Spareinl. Ratenvertr. 4 J. u. dar. Termingeld. v. KU. Tagesgeld < 3M. var. verz. Anteil var. verz. Anteil var. verz. Anteil var. verz. Anteil var. verz. Anteil var. verz. Anteil vollständig Typ 3 Typ 3 Typ 3 Typ 3 Typ 3 Typ 3 Typ 1 048 049 057 Verb. an KI. laufende Guthaben Verb. an KI. Tagesgeld, < 3 M. Eigene Akzepte u. Solawechsel/ Umlauf Indossamentsverbindlichkeiten vollständig vollständig vollständig Typ 113 Typ 1 Typ 1 vollständig Typ 1 vollständig nicht erfassen Variabel verzinsliches Geschäft – Kundengeschäft – Eigengeschäft aus aus aus aus aus aus 058 Bilanz-Ausgl. Aktiva 10 Falls zum Tagesgeldsatz verzinst: Typ1; falls nicht oder dauerhaft nur marginal verzinst: Typ 3. 11 Falls zum Tagesgeldsatz verzinst: Typ1; falls nicht oder dauerhaft nur marginal verzinst: Typ 3. 12 Solange Kredit bedient wird, gilt: Aktiva = ursprüngliches Kapital, Passiva = echte Ausfallgefährdung; wenn Kredit nicht mehr bedient wird: Netto-Betrachtung. 13 Falls zum Tagesgeldsatz verzinst: Typ1; falls nicht oder dauerhaft nur marginal verzinst: Typ 3. 292 Wertorientierte Steuerung des Zinsänderungsrisikos Anhang IV: Bericht der Rechenzentren und notwendige Bereinigungsarbeiten IZB SOFT: Cash-flow-Darstellung der einzelnen Bilanzpositionen Allgemeines Sämtliche Bilanzpositionen wurden unter Verwendung von bestehenden Informationssystemen, die der Sparkassenorganisation zur Verfügung stehen, analysiert. Ausgehend von einem Monatsultimobestand (30.6.1996), der für jede Bilanzposition in einem MIS-Report dokumentiert ist, wurden weitere Untersuchungen der Bilanzpositionen der Gesamtsparkasse unternommen. Für einzelne Positionen war die Information des Ultimobestandes bereits ausreichend, um sie in die Sparkassenanalyse zu integrieren. Hierunter fallen die liquiden Positionen wie Kasse, Guthaben Bundesbank und laufende Guthaben bei Kreditinstituten. Festzinspositionen Unter Zuhilfenahme weiterer Informationssysteme (Dateien des Prognose- und Finanzplanungssytems und ZIRI-Datei) wurde, ausgehend vom jeweiligen Ultimobestand der Bilanzpositionen, die Festzinsanteile enthalten bzw. reine Festzinspositionen sind, die Cash-flow-Darstellung generiert. In den verwendeten Informationssystemen werden fällige Zahlungen taggenau bzw. monatsgenau erfaßt und die zugehörige Zinszahlung ausgewiesen. Festzinspositionen, deren Geschäfte im zur Verfügung stehenden Informationssystem nicht enthalten sind, wurden durch Analyse in der Pilotsparkasse manuell in die Cash-flow-Darstellung eingerechnet. Als Beispiel wären hier sogenannte »unechte Eurokredite« zu nennen, die aufgrund ihrer Charakteristik in keinem monatlichen Informationssystem enthalten sind. Variabel verzinsliche Positionen Bei den variabel verzinslichen Positionen und Positionen, die variabel verzinsliche Anteile enthalten, wurde folgende Vorgehensweise gewählt: Bei den ausschließlich variabel verzinslichen Positionen, wie z. B. KK-Kredite an Privatkunden, wurde das Modell der gleitenden Durchschnitte angewendet, um eine Fälligkeitsstruktur erstellen zu können. Das jeweilige optimale Mischungsverhältnis wurde durch Analyse der einzelnen Bilanzpositionen vorab ermittelt. Bei gemischten Positionen wurde vom Ultimobestand zuerst der Cash-flow aus dem Festzinsanteil herausgerechnet. Die daraus erhaltene Restgröße wurde als variabel verzinslich betrachtet und ebenfalls nach dem Modell der gleitenden Durchschnitte behandelt. Bei der Ermittlung der Restgröße wurden allerdings teilweise Modifikationen vorgenommen, um das Volumen des variablen Anteils genauer darstellen zu können. Bei verschiedenen Positionen lagen Sonderfälle vor. So ergab sich beispielsweise bei der Position »kurz- und mittelfristige Darlehen« Anpassungsbedarf durch Rechtsabteilungsfälle und Mitarbeiterdarlehen. Die Mitarbeiterdarlehen wurden als Anhang V 293 festverzinslich klassifiziert und damit dem festverzinslichen Anteil der Position zugeschlagen. Rechtsabteilungsfälle wurden anteilig als uneinbringlich eingestuft und ebenfalls von der Restgröße aus Ultimobestand abzüglich Festzinsanteil abgesetzt. Sonstige Positionen In die Cash-flow-Darstellung der zinsabhängigen Positionen wurden verschiedene Positionen aufgrund ihrer Charakteristik nicht einbezogen. Grundstückspositionen, Betriebs- und Geschäftsausstattung sowie Beteiligungen wurden als Vermögenspositionen nicht in der Zahlungsstromanalyse erfaßt. Ähnlich wurde mit durchlaufenden Krediten und dem als uneinbringlich klassifizierten Teil der Rechtsabteilungsfälle verfahren. Diese wurden als sonstige Positionen getrennt von der Cash-flow-Darstellung aufgeführt. Gesamtzahlungsstrom Der Gesamtzahlungsstrom ist das Ergebnis aus der Zusammenfassung von Zahlungsströmen aus Festzinsgeschäft und solchen, die aus dem Modell für das variable Geschäft generiert wurden. Dieser Super-Cash-flow stellt die jeweiligen Ein- bzw. Auszahlungsüberhänge der Sparkasse zu bestimmten Zahlungszeitpunkten dar. Auf Basis dieses Gesamtzahlungsstromes wurden sämtliche Analysen durchgeführt. Mit Hilfe des Super-Cash-flow wurden der Wert des im Zinsgeschäft gebundenen Vermögens und das Zinsänderungsrisiko der Gesamtsparkasse barwertig und für die Betrachtung eines Planungshorizontes ermittelt. Anhang V: Exemplarische Fallgestaltung In diesem Anhang werden die Steuerungsinformationen des Performancekonzeptes und der traditionellen, periodischen GuV-Steuerung für grundsätzliche Konstellationen im Zinsbereich der Sparkassen anhand exemplarischer Fälle komprimiert gegenübergestellt. Die Untersuchung der Steuerungssignale erfolgt für unterschiedliche Zinsszenarien unter Berücksichtigung folgender Anlageprämissen für fällige Cash-flow: 1. Anlage revolvierend als Tagesgeld bis zum Planungshorizont Beispiel: Ein am 15. Juli fälliger Cash-flow wird bis zum Planungshorizont am 30. September im Tagegeld angelegt. 2. Anlage direkt zum Planungshorizont Beispiel: Ein am 15. Juli fälliger Cash-flow wird am 15. Juli einmalig für 2,5 Monate angelegt (Fälligkeit somit am Planungshorizont 30. September). Dieses Vorgehen ist nur im Performancekonzept möglich, da in der periodischen Steuerung mehrere Stichtage betrachtet werden müssen. 294 Wertorientierte Steuerung des Zinsänderungsrisikos 3. Anlage mit einer vom Planungshorizont unabhängigen festen Laufzeit entsprechend der Art des fälligen Cash-flow Beispiel: Ein am 15. Juli erwarteter Cash-flow, der aus der Fälligkeit eines Wertpapiers resultiert, wird mit der »üblichen« Laufzeit eines Wertpapiers (im untersuchten Fall 2 Jahre) neu angelegt. Generell erfolgt die Wiederanlage zum Interbankensatz. Der Markterfolg künftiger (Kunden-)Geschäfte bleibt somit bei diesen Fallgestaltungen ausgeklammert, um das Dispositionsergebnis unverfälscht auszuweisen. Die folgenden drei prototypischen Bilanz- bzw. Cash-flow-Situationen werden untersucht, wobei auf Fälligkeiten in der langen Frist verzichtet wird, um die Darstellung transparenter zu gestalten: 1. Erste Fälligkeit vor dem Planungshorizont, Aktivüberhang in den mittleren Fristen 2. a) Fälligkeiten nur nach dem Planungshorizont, hoher Aktivüberhang in den mittleren Fristen b) Fälligkeiten nur nach dem Planungshorizont, wechselnder Aktiv-/Passivüberhang 1 Fall 1: Fälligkeiten im Planungszeitraum 1.1 Basisdaten Die Tabelle V.1 zeigt die Ausgangsbilanz des ersten Falles und die unterstellten Fälligkeiten. Tabelle V.1 Wertpapiere Darlehen FZ Festzinspassiva Eigenkapital Ausgangsbilanz Fälligkeiten 30. 6. 1998 1.1.1998 Fälligkeiten 31. 12. 1998 Fälligkeiten 31. 12. 1999 Fälligkeiten 31.12. 2000 Fälligkeiten 31. 12. 2001 Mio. DM % Mio. DM % Mio. DM Mio. DM Mio. DM Mio. DM 500,0 500,0 950,0 50,0 6,0 7,0 4,0 0 100,0 200,0 300,0 7,0 100,0 8,0 – 4,5 350,0 % 6,5 100,0 – 100,0 4,0 300,0 % 6,0 100,0 7,0 100,0 3,5 % 5,5 100,0 6,5 100,0 % 5,0 5,5 Anhang V 295 Die unterstellte Zinsstruktur zum Stichtag 1.1.1998 sowie die analysierten Zinsszenarien ergeben sich aus der folgenden Aufstellung: Restlaufzeit Zinsstruktur 1.1.1998 Tagesgeld 3,0 1 /2 Jahr 3,5 1 Jahr 4,0 2 Jahre 4,5 3 Jahre 4,75 4 Jahre 5,00 Alternativen zur Zinssatzentwicklung: a) b) c) d) Zinssätze bleiben unverändert Zinsniveau steigt kontinuierlich je Quartal um 0,25 Pp. Zinsniveau sinkt kontinuierlich je Quartal um 0,25 Pp. Zinsniveau dreht sich tendenziell, d. h. Tagesgeld ab 30.6./12. jeweils + 0,3 Pp. 1 /2 und 1 Jahr + 0,2 Pp 2 Jahre unverändert 3 und 4 Jahre ab 30.6./12. je – 0,3 Pp. Wie bereits ausgeführt, werden drei Anlagevarianten untersucht. Dies sind im einzelnen: Anlageprämisse 1: Anlage aller fälligen Zahlungen bis zum Planungshorizont revolvierend im Tagesgeld Anlageprämisse 2: Anlage aller fälligen Zahlungen bis zum Planungshorizont direkt auf dem Planungshorizont Anlageprämisse 3: Wiederanlage der Fälligkeiten am 30.6.1998 in Abhängigkeit der Art der Fälligkeit, im Beispiel: Darlehen = 4 Jahre Wertpapiere = 2 Jahre Festzinspassiva = 1 Jahr Die Berechnung des Barwertes und der Barwertentwicklung erfolgt zu den Planungshorizonten 1.1.–31.3.–30.6.–30.9.–31.12. 1.2 Analyse der GuV-Auswirkungen Bei dieser Analyse wird stets die Anlageprämisse 3, d. h. Anlage fälliger Cash-flow mit vom Planungshorizont unabhängiger fester Laufzeit zugrunde gelegt; Anlageprämisse 1 ist in der Praxis unüblich, Anlageprämisse 2 ist in der GuV-Steuerung nicht möglich. Es ergeben sich für die o.a. Ausgangsbilanz und die unterstellte Anlageprämisse sowie die zugrundegelegten Zinsszenarien die in Tab. V.2 dargestellten Zinsüberschußentwicklungen. Es zeigt sich, daß bei den Zinsentwicklungen 1a bis 1c im aktuellen Jahr ein identischer Zinsüberschuß ausgewiesen wird, während bei Szenario 1d eine Senkung des Zinsüberschusses ermittelt wird. In den folgenden Jahren wird bei sinkenden Zinsen noch das beste Ergebnis prognostiziert, bei unverändertem Zinsniveau fällt der Zinsüberschuß, und bei steigendem Zinsniveau geht der Zinsüberschuß noch weiter 296 Wertorientierte Steuerung des Zinsänderungsrisikos zurück. Der höchste Verlust tritt in den ersten beiden Jahren bei einer Drehung der Zinsstrukturkurve ein. Allerdings wird für das Jahr 2000 wieder ein höherer Zinsüberschuß als beim Szenario »Steigung« prognostiziert. Eine eindeutige »Reihenfolge« dieser Szenarien ist nicht möglich. Auf Basis dieser Steuerungssignale wäre nunmehr eine Maßnahmenplanung zu erstellen. Die Anlageprämisse 3 gilt in der Praxis nicht als Maßnahme; im Sinne der Machbarkeitsstudie stellt sie eine der möglichen Maßnahmen dar. Tabelle V.2 Zinsen in Mio. DM 1. 1.– 30. 6. Zinsen in Mio. DM 1. 7.– 31. 12. 1. a Zinsniveau unverändert 13,75 Wertpapiere 15,00 14,50 Darlehen FZ 17,50 18,25 Festzinspassiva 19,00 10,00 Zinsüberschuß 13,50 ZÜ in % DBS 1. b Zinsniveau steigt je Quartal um 0,25 % 14,00 Wertpapiere 15,00 15,00 Darlehen FZ 17,50 19,00 Festzinspassiva 19,00 10,00 Zinsüberschuß 13,50 ZÜ in % DBS 1. c Zinsniveau sinkt je Quartal um 0,25 % 13,50 Wertpapiere 15,00 14,00 Darlehen FZ 17,50 17,50 Festzinspassiva 19,00 10,00 Zinsüberschuß 13,50 ZÜ in % DBS 1. d Zinsniveau dreht sich tendenziell Wertpapiere 13,75 15,00 Darlehen FZ 14,20 17,50 Festzinspassiva 18,70 19,00 Zinsüberschuß 9,25 13,50 ZÜ in % DBS Zinsen in Mio. DM 1998 Zinsen in Mio. DM 1999 Zinsen in Mio. DM 2000 28,75 32,00 37,25 23,50 2,35 % 25,50 29,00 36,50 18,00 1,80 % 24,00 27,00 38,00 13,00 1,30 % 29,00 32,50 38,00 23,50 2,35 % 27,00 30,00 41,50 15,50 1,55 % 28,50 30,00 57,00 1,50 0,15 % 28,50 31,50 36,50 23,50 2,35 % 24,00 28,00 30,50 21,50 2,15 % 19,50 24,00 19,00 24,50 2,45 % 28,75 32,00 37,25 23,50 2,35 % 25,50 28,40 39,10 14,80 1,48 % 24,00 25,20 45,60 3,60 0,36 % Anhang V 1.3 297 Auswertungen im Performancekonzept und Vergleich mit GuV-Ergebnissen Im Performancekonzept sind die Ausgangsbilanz und die Fälligkeiten in einen Cashflow zu überführen. Dieser Cash-flow ist in Tab. V.3 abgedruckt. Er ist gekennzeichnet durch eine starke Fristentransformation aus dem kurz- in den mittelfristigen Laufzeitbereich. Tabelle V.3 Datum 30. 06. 1998 31. 12. 1998 31. 12. 1999 31. 12. 2000 31. 12. 2001 Cash-flow in Mio. DM 9,5 – 232,5 – 75,0 222,5 210,5 Der Cash-flow zu den einzelnen Terminen ergibt sich aus der Summe der jeweils fälligen Zins- und Tilgungsleistungen für die in der Bilanz aufgeführten Aktiv- und Passivprodukte. Der Cash-flow vom 31.12.2000 ergibt sich beispielhaft aus der Rechnung in Tab. V.4: Tabelle V.4 Fälligkeit der Wertpapiere Zinsen der fälligen Wertpapiere Fälligkeit Darlehen Zinsen der fälligen Darlehen Zinsen der noch laufenden Wertpapiere Zinsen der noch laufenden Darlehen Summe in Mio. DM 100,0 5,5 100,0 6,5 5,0 5,5 222,5 Es sind zwei Aktivpositionen am 31.12.2000 fällig. Diese sind mit ihren verbundenen Zinserträgen als Einzahlungen zu berücksichtigen. Darüber hinaus werden die Zinsen aller weiteren Bestandspositionen, die an einem 31.12. der Folgejahre fällig sind, addiert. Hiervon wären noch die Zins- und Tilgungsleistungen etwaiger Passivpositionen zu subtrahieren. Der Summen-Cash-flow wird mit dem Zinsniveau vom 1. 1.1998 (vgl. Tab. V.5, keine Geld/Brief-Differenz) bewertet. 298 Wertorientierte Steuerung des Zinsänderungsrisikos Tabelle V.5 Zinsstruktur (Zins Beispiel 1) Laufzeit Tagesgeld 6 Monate 1 Jahr 2 Jahre 3 Jahre 4 Jahre Fällig am 02. 01. 1998 01. 07. 1998 04. 01. 1999 03. 01. 2000 02. 01. 2001 02. 01. 2002 Nominal 3,0000 3,5000 4,0007 4,5003 4,7501 5,0001 Rendite 3,0453 3,5305 4,0000 4,5000 4,7500 5,0000 Zinsusance Kal/360 Kal/360 30/360 30/360 30/360 30/360 Die Bewertung ergibt den Barwert am 1.1.1998. Die jeweiligen Bewertungen am Planungshorizont mit den Zinsszenarien 1a (Zinsniveau bleibt unverändert) und 1b bis 1d (vgl. Tab. V.6) ergeben die Prognosewerte am Planungshorizont. Die entsprechende Ergebnisübersicht befindet sich in Tab. V.7. Tabelle V.6 Zinsprognose »Steigung« (Zinsniveau 1b) Prognosedatum Interpol.art glatt 31. 12. 1998 »Senkung« (Zinsniveau 1c) Prognosedatum Interpol.art glatt 31. 12. 1998 »Drehung« (Zinsniveau 1d) Tagesgeld 6 Monate 12 Monate 2 Jahre 3 Jahre 5 Jahre 4,000 4,500 5,000 5,500 5,750 6,250 Tagesgeld 6 Monate 12 Monate 2 Jahre 3 Jahre 5 Jahre 2,000 2,500 3,000 3,500 3,750 4,250 Prognosedatum Interpol.art Tagesgeld 6 Monate 12 Monate 2 Jahre 3 Jahre 5 Jahre 30. 06. 1998 31. 12. 1998 glatt glatt 3,300 3,600 3,700 3,900 4,200 4,400 4,500 4,500 4,450 4,150 4,950 4,650 Tabelle V.7 faßt die Ergebnisse des ersten Falles aus Sicht des Performancekonzepts zusammen. Es ergibt sich am 1.1.1998 ein Wert des Zahlungsstroms (»ursprünglich«) von 83,537 Mio. DM. Dieses Zinsvermögen entwickelt sich bis zum Planungshorizont am 31.12.1998 bei Zinsszenario »unverändert« (1a) und bei Anlageprämisse 1 auf 91,752 Mio. DM bzw. bei der Anlageprämisse 2 auf 91,776 Mio. DM. Die Unterschiede in der Performance (reale Rendite) sind lediglich in der 2. Nachkommastelle ersichtlich. Die Anlageprämisse 3 (Maßnahme) wird so interpretiert, daß die geplanten Maßnahmen bereits am 1.1.1998 fixiert werden, so daß die Anlage der fälligen Cashflow in der vorgegebenen Laufzeit zum jeweiligen Forward-Satz erfolgt. Hieraus ergibt sich ein Vermögen am Planungshorizont von 94,021 Mio. DM bzw. 94,045 Mio. DM.1 Die Performance beträgt entsprechend 12,4 %. 1 Der Unterschied beruht auf der jeweiligen Behandlung der am 30. 6. 98 fälligen Zinszahlungen in Höhe von netto 9,5 Mio. DM bis zum Planungshorizont in Abhängigkeit der Anlageprämisse 1 bzw. 2. Für diese Zinszahlungen trifft Anlageprämisse 3 keine Annahmen. Anhang V 299 Tabelle V.7 Vermögensentwicklung zum Planungshorizont (Beispiel 1 Ergebnisse) Kalkulationsdatum 1. 1. 1998 Planungshorizont 31. 12. 1998 Zinsszenario/ Cash-flow Barwert/ Zinsvermögen Barwert/ Zinsvermögen 1a) ursprünglich 83537065,84 91752420,17 8215354,33 9,72 1a) Maßnahme 83537065,84 94021817,28 10484751,44 12,41 1b) ursprünglich 83537065,84 83481521,26 1b) Maßnahme 83537065,84 79591662,12 – 3945403,72 – 4,67 1c) ursprünglich 83537065,84 100368817,43 16831751,59 19,91 100405010,63 16867944,79 19,950 12575192,99 1c) Maßnahme 83537065,84 109083933,27 25546867,43 30,20 109120070,38 25583004,54 30,240 21424833,72 1d) ursprünglich 83537065,84 1d) Maßnahme 83537065,84 101894071,00 18357005,16 Anlageprämisse 1 (rollierende Anlage in Tagesgeld) Performance in DM Reale Barwert/ Rendite Zinsvermögen – 55 544,58 – 0,07 95468685,35 11931619,51 Anlageprämisse 2 (Anlage zum Planungshorizont) 14,12 91775924,22 Performance in DM 8238858,38 VaR JP Morgan Reale 99%, Rendite HD: 250 Tage 9,750 12575192,99 94045284,91 10508219,07 12,430 21424833,72 83492177,71 – 44888,13 – 0,050 12575192,99 79602302,06 – 3934763,78 – 4,660 21424833,72 95479500,46 11942434,62 14,130 12575192,99 21,71 101904869,35 18367803,51 21,721 21424833,72 Die Performance beim Szenario »Steigung« (1 b) ist mit – 0,07% leicht negativ. Bei Durchführung der Anlageprämisse 3 beträgt die Performance – 4,67%. Eine Zinssenkung (1c) liefert demgegenüber Performancewerte von 19,91 % bei rollierender Anlage im Tagesgeld bzw. 30,2 % bei Durchführung der Anlageprämisse 3. Eine Drehung der Zinsstrukturkurve liefert eine höhere Performance als das unveränderte Szenario, aber eine niedrigere Performance als die Zinssenkung. Insgesamt zeigt sich, daß die Performance bei Zugrundelegung der Zinsszenarien »Senkung«, »Drehung«, »unverändert«, »Steigung« in dieser Reihenfolge und in diesem Beispiel unabhängig von der Anlageprämisse abnimmt. Die Analyse auf GuV-Basis zeigt demgegenüber die Reihenfolge »Senkung«, »unverändert«, »Steigung«, »Drehung«, wobei die letzten beiden Szenarien nicht eindeutig eingestuft werden können. Durch diese unterschiedliche Beurteilung der Szenarien ergeben sich unterschiedliche Steuerungsimpluse. Kritisch ist hierbei das Zinsszenario »Drehung« (1d). In der GuV-Betrachtung werden die 1jährigen Festzinspassiva mit einem erhöhten Zinsniveau verlängert, während die Festzinsaktiva mit einem unveränderten bzw. geringeren Zinssatz verlängert werden. Dies führt zu einer Belastung des Zinsüberschusses. Unberücksichtigt bleibt demgegenüber die deutliche Kurswertsteigerung der Festzinsaktiva durch die Zinssenkung im drei- und vierjährigen Bereich. Die gleichzeitige Zinssteigerung im einjährigen Bereich sorgt parallel für eine niedrigere Bewertung der 300 Wertorientierte Steuerung des Zinsänderungsrisikos Auszahlungsüberschüsse in diesem Bereich. Insgesamt ergibt sich der im Performancekonzept dargestellte deutliche Vermögensgewinn dieser Zinsentwicklung. Im GuV-Steuerungssystem wird diese bei Eintritt des Zinsszenarios »Drehung« sehr positiv zu beurteilende Cash-flow-Struktur völlig falsch eingeschätzt. Bemerkenswert ist der im Vergleich zu den ermittelten Performancewerten sehr hohe Zinsüberschuß in 1998 und 1999. Dieser resultiert aus den hohen Nominalzinsen der Aktivanlagen. Die entsprechenden stillen Reserven (83,537 – 50 = 33,537 Mio. DM) werden im Verlauf des Betrachtungszeitraumes verbraucht. Der ausgewiesene Zinsüberschuß übersteigt somit erheblich das tatsächlich erzielte betriebswirtschaftliche Ergebnis. Dies ist ein typisches Beispiel für die prinzipielle Relation GuV-Ergebnis > Performance-Ergebnis. Tabelle V.8 Zeitliche Entwicklung des Vermögens und der realen Rendite Beispiel 1 Kalkulationsdatum 1. 1. 1998 Zeitablauf 31. 3. 1998 30. 6. 1998 30. 9. 1998 Zinsszenario/ Cash-flow Barwert/ Barwert/ Zinsvermögen Zinsvermögen 1a) ursprünglich 83537065,84 85251950,14 8,57 87194900,38 8,95 1a) ForwardMaßnahme 83537065,84 85397945,57 9,32 87650379,51 1a) Zukünftige 83537065,84 85251950,14 Maßnahme 8,57 87194900,38 30. 12. 1998 Barwert/ Barwert/ Reale Barwert/ Reale Reale Reale Rendite Zinsvermögen Rendite Zinsvermögen Rendite Zinsvermögen Rendite 89338905,12 9,29 91722863,03 9,71 10,09 90600112,96 11,34 93980193,99 12,39 8,95 90136188,94 10,53 93507442,97 11,93 1b) ursprünglich 83537065,84 83143633,73 – 1,89 82999282,05 – 1,28 83084214,17 – 0,72 83474380,28 – 0,07 1b) ForwardMaßnahme 83537065,84 81816543,65 – 8,07 80461261,82 – 7,23 79793006,12 – 5,89 79590680,98 – 4,69 1b) Zukünftige 83537065,84 83143633,73 Maßnahme – 1,89 82999282,05 – 1,28 82352359,68 – 1,89 82175208,50 – 1,63 1c) ursprünglich 83537065,84 87388407,40 20,00 91495081,90 95812434,99 19,90 100316408,58 19,90 1c) ForwardMaßnahme 83537065,84 89034686,25 29,41 95044965,16 29,4 101817417,25 29,94 109001112,56 30,20 1c) Zukünftige 83537065,84 87388407,40 Maßnahme 20,00 91495081,90 19,96 98190675,85 23,39 05305839,87 26,06 1d) ursprünglich 83537065,84 87043905,64 18,10 90206020,40 16,60 93016422,97 15,29 95444048,03 14,13 1d) ForwardMaßnahme 83537065,84 88667973,59 27,27 93422250,24 25,07 97888674,55 23,35 01854018,91 21,73 1d) Zukünftige 83537065,84 87043905,64 Maßnahme 18,10 90206020,40 16,60 94625987,05 17,70 98548987,13 17,79 19,96 Anhang V 301 Im Performancekonzept ist es grundsätzlich möglich, im Zeitablauf verschiedene Planungshorizonte zu analysieren. Die Ergebnisse für das Beispiel 1 sind in der Tabelle V.8 dargestellt. In dieser Tabelle ist neben der Interpretation der Anlageprämisse 3 als ForwardMaßnahme auch die Darstellung der Anlageprämisse 3 als »zukünftige« Maßnahme bewertet. Die zukünftige Maßnahme führt dazu, daß das Vermögen bis zur Fälligkeit der Cash-flow (hier: 30.6.1998) parallel zur maßnahmenlosen Alternative verläuft. Ab dem Zeitpunkt des fälligen Cash-flow verläuft die Performance in DM parallel mit der Performanceentwicklung der Forward-Maßnahme. Dies hat folgende Ursache: Bis zur Fälligkeit des Cash-flow bestimmt der ursprüngliche Cash-flow das Zinsänderungsrisiko. Nach Durchführung der Anlage am 30.6. ist der Cash-flow der Forward-Maßnahme von der Struktur her für das Zinsänderungsrisiko relevant. Es ergeben sich leichte Unterschiede durch die unterschiedliche Zinshöhe der Forward-Maßnahme und der zukünftigen Maßnahme sowie das unterschiedliche Ausgangsvermögen am 30.6.98. Das Vermögen am Planungshorizont 30.6. zwischen der maßnahmenlosen Variante und der Maßnahme (zukünftig) ist demgegenüber identisch. Zu diesem Zeitpunkt wird die zukünftige Maßnahme zum aktuellen Zinssatz durchgeführt, so daß ein Tausch zu Marktkonditionen stattfindet, der bis auf Geld/Brief-Differenzen keine Vermögensänderung bewirkt. Da bis zur Fälligkeit des Cash-flow (hier bis zum 30. 6.) das Vermögen sich nicht ändert, ist eine Simulation dieser Maßnahme bereits am 1.1.1998 nicht zielführend. Die Maßnahme wird erst am 30.6.1998 durchgeführt zu dem dann aktuellen Zinssatz, so daß keine Vermögensvorteile und keine Vermögensnachteile durch eine Simulation am Kalkulationsdatum 1.1.1998 entstehen. Diese Vermögensvor- bzw. -nachteile würden mit Sicht auf den 30.6.1998 nur bei Interpretation der Anlageprämisse 3 als Forward-Maßnahme auftreten, daher wird bei den folgenden Fallgestaltungen ausschließlich die Forward-Maßnahme diskutiert. Die Ergebnisse eines Zinsszenarios bei unterschiedlichen Planungshorizonten sind aufgrund der kontinuierlich und überwiegend linear unterstellten Zinsentwicklung sehr ähnlich. Die Planungshorizontwahl sollte anhand der Kriterien in Abschnitt 4.1.5 des Abschlußberichts erfolgen. 2 Fall 2: Fälligkeiten nach dem Planungszeitraum Der Fall 2 untergliedert sich in die beiden Varianten a und b. Diesen liegen die folgenden Ausgangsdaten zugrunde: 302 2.1 Wertorientierte Steuerung des Zinsänderungsrisikos Basisdaten In Tab. V.9 sind die Ausgangsbilanz und die Fälligkeiten wiederum übersichtsartig zusammengestellt. a) Fall mit hohem Zinsänderungsrisiko (bei steigenden Zinsen) aufgrund eines hohen Aktivüberhangs in den mittleren Fristen. b) Fall mit starker Verminderung des Zinsüberschusses aufgrund hohen Fälligkeitsvolumens hochverzinslicher Festzinsaktiva in den kurzen Fristen und insgesamt wechselndem Aktiv- bzw. Passivüberhang. Tabelle V.9 a) Festzinsdarlehen b) a) Festzinspassiva b) Eigenkapital Ausgangsbilanz 1. 1. 1998 Mio. DM % Fälligkeiten 31. 1. 1999 Mio. DM % Fälligkeiten 31. 12. 1999 Mio. DM % Fälligkeiten 31. 12. 2001 Mio. DM % 1 000 – 500 950 200 – 250 – 750 1 000 250 – – 950 7,00 4,50 8,00 4,50 5,25 6,5 4,3 7,0 5,5 50 Für die exemplarischen Fälle 2a und 2b werden folgende Zinsstruktur und Zinssatzentwicklungen analysiert: Restlaufzeit Zinsstruktur Alternativen zur Zinssatzentwicklung: 1.1.1998 Tagesgeld 3,0 a) Zinssätze bleiben unverändert 3 Monate 3,3 b) Zinssätze sinken am 30. 6.1998 um 0,3; am 31.12. um 0,3; am 30. 6.1999 um 0,5 1 Jahr 4,0 2 Jahre 4,5 c) Zinssätze steigen am 30. 6.1998 um 0,3; am 31.12. um 0,3; am 30. 6.1999 um 0,5 3 Jahre 4,75 4 Jahre 5,00 Es gelten die bereits im Grundsatz bekannten Annahmen für die Anlage fälliger Cashflow. Für die konkrete Fallgestaltung folgt hieraus: Anlageprämisse 1: Anlage aller fälligen Zahlungen bis zum Planungshorizont revolvierend im Tagesgeld Anlageprämisse 2: Anlage aller fälligen Zahlungen bis zum Planungshorizont direkt auf den Planungshorizont Anhang V 303 Anlageprämisse 3: Wiederanlage aller Fälligkeiten in Abhängigkeit der Art der Fälligkeit, im Beispiel: – Darlehen 4 Jahre – Festzinspassiva 2 Jahre. Das bedeutet, daß der Cash-flow mit um 4 Jahre/2 Jahre zeitlich versetzten Zu-/Abflüssen ergänzt werden muß (z. B. Fall a): 1000 Mio. Festzinsdarlehen fällig 31.12. 2005 und 950 Mio. Festzinspassiva fällig 31. 1. 2001). Die am 31. 1.1998 fälligen Zinszahlungen werden im Performancekonzept gemäß Anlageprämisse 1 bzw. 2 bis zum Planungshorizont angelegt, in der GuV-Sicht werden sie nicht weiter betrachtet. Die sich aus diesen Anlageprämissen ergebenden weiteren Spezifika werden jeweils im Ergebniszusammenhang diskutiert. Die Berechnung des Barwertes und der Barwertentwicklung erfolgt zu den Planungshorizonten 1.1.1998; 30. 6.1998; 31.12.1998; 31.12.1999. 2.2 Analyse der GuV-Auswirkungen Im Unterschied zur Fallgestaltung 1 liegen in diesen Beispielen Fälligkeiten erst nach dem Planungshorizont am 31.12.1999 vor. Diese Fälligkeiten werden in der GuVSicht mit der o. a. Anlageprämisse 3 verlängert. In Tab. V.10 sind die Ergebnisse für den Fall a) zusammengestellt. Tabelle V.10 GuV-Ergebnisse Fall a) Zinsen 1998 in Mio. DM Zinsen 1999 in Mio. DM Zinsen 2000 in Mio. DM 1. Zinssätze bleiben unverändert Festzins-Darlehen 70,00 70,00 70,00 Festzins-Passiva 42,75 42,75 42,75 Zinsüberschuß 27,25 27,25 27,25 Zinsspanne 2,73 % 2,73 % 2,73 % 2. Zinssätze sinken 30. 6. und 12. 98 je 0,3 %, am 30. 6. 99 um 0,5 % Festzins-Darlehen 70,00 70,00 70,00 Festzins-Passiva 37,52 42,75 37,50 Zinsüberschuß 32,48 27,25 32,95 Zinsspanne 3,25 % 2,73 % 3,30 % 3. Zinssätze steigen 30. 6. und 12. 98 je 0,3 %, am 30. 6. 99 um 0,5 % Festzins-Darlehen 70,00 70,00 70,00 Festzins-Passiva 47,98 42,75 48,45 Zinsüberschuß 22,02 27,25 21,55 Zinsspanne 2,20 % 2,73 % 2,16 % Zinsen 2001 in Mio. DM 70,00 42,75 27,25 2,73 % 70,00 32,696 37,304 3,73 % 70,00 52,805 17,195 1,72 % 304 Wertorientierte Steuerung des Zinsänderungsrisikos Es wurde wiederum, wie in der Praxis üblich, Anlageprämisse 3 unterstellt, die Zinszahlungen bleiben hierbei unberücksichtigt. Sofern die Zinssätze unverändert bleiben, ändert sich die Zinsüberschuß-Entwicklung bis zum Jahre 2001 nicht. Die einzige Fälligkeit (Festzinspassiva per 31. 1.1999) wird mit dem bisherigen Zinssatz neu abgeschlossen. Bei einem sinkenden Zinsszenario steigen die Zinsüberschüsse in den Folgejahren, bei steigenden Zinsszenarien sinken die Zinsüberschüsse in den Folgejahren. Der einzige »Treiber« für diese Ergebnisse ist wiederum die Fälligkeit der Festzinspassiva am 31. 1.1999 und der Zinssatz für den neuen Abschluß. In Tab. V.11 sind die GuV-Ergebnisse für Fall b) dargestellt. Es handelt sich von der Struktur her um einen Fall mit starker Verminderung des Zinsüberschusses aufgrund bevorstehender Fälligkeiten hochverzinslicher Festzinsaktiva. Zur Berechnung der Zinsüberschüsse in den Jahren 2000 und 2001 ist auch die Wiederanlage der am 31.12.1999 fälligen Produkte zu unterstellen. Dies erfolgt erneut mit der Fristentransformation Refinanzierung 2 Jahre in Anlage 4 Jahre. Die Grundtendenz im Fall b) entspricht der aus Fall a): Die beste Entwicklung erfolgt bei sinkenden Zinsen, die schlechteste bei steigenden. Da darüber hinaus die Durchschnittsverzinsung der Aktivfälligkeiten einen wesentlich größeren Abstand zum aktuellen Zinsniveau besitzt als die Durchschnittsverzinsung der Passivfälligkeiten, bricht insgesamt über alle Szenarien der Zinsüberschuß ein. Wie im Beispiel 1 werden erhebliche stille Reserven im Zinsüberschuß aufgezehrt. Tabelle V.11 GuV-Ergebnisse Fall b) Zinsen 1998 Zinsen 1999 Zinsen 2000 in Mio. DM in Mio. DM in Mio. DM 1. Zinssätze bleiben unverändert Festzins-Darlehen 56,250 70,00 51,250 Festzins-Passiva 41,375 42,75 42,750 Zinsüberschuß 14,875 27,25 8,500 Zinsspanne 1,49 % 2,73 % 0,85 % 2. Zinssätze sinken 30. 6. und 12. 98 je 0,3 %, am 30. 6. 99 um 0,5 % Festzins-Darlehen 53,500 70,00 45,500 Festzins-Passiva 40,275 42,75 33,300 Zinsüberschuß 13,225 27,25 12,200 Zinsspanne 1,32 % 2,73 % 1,22 % 3. Zinssätze steigen 30. 6. und 12. 98 je 0,3 %, am 30. 6. 99 um 0,5 % Festzins-Darlehen 70,00 59,000 57,000 Festzins-Passiva 42,75 42,475 52,200 Zinsüberschuß 27,25 16,525 4,800 Zinsspanne 2,73 % 1,65 % 0,48 % Zinsen 2001 in Mio. DM 51,250 42,750 8,500 0,85 % 45,500 32,383 13,117 1,31% 57,000 53,117 3,883 0,39 % Anhang V 2.3 305 Auswertungen im Performancekonzept und Vergleich mit GuV-Ergebnissen Aus Sicht des Performancekonzeptes ist auch hier wieder eine wesentlich detailliertere Analyse möglich. Der Cash-flow des Beispielfalles a) ist in der Tabelle V.12 dargestellt. Er ist geprägt von der hohen Fristentransformation aufgrund der Refinanzierung in 13 Monaten und der Anlage in 4 Jahren. Tabelle V.12 Cash-flow (Beispiel 2a) Datum 31. 01. 1998 31. 12. 1998 31. 01. 1999 31. 12. 1999 31. 12. 2000 31. 12. 2001 Cash-flow in Mio. DM – 42,75 70,00 – 992,75 70,00 70,00 1 070,00 Die Simulation des Cash-flow erfolgt wiederum mit der Zinsstruktur aus Beispiel 2 und den Zinsprognosen 2a, 2 b und 2 c. Diese sind in Tab. V.13 zusammengefaßt. Tabelle V.13 Zinsstruktur am 1.1.1998 (Zins Beispiel 2 = Zinsprognose 2a) Laufzeit Fällig am Tagesgeld 02. 01. 1998 3 Monate 01. 04. 1998 1 Jahr 04. 01. 1999 2 Jahre 03. 01. 2000 3 Jahre 02. 01. 2001 4 Jahre 02. 01. 2002 Zinsprognose (Zinsniveau 2 b) Prognosedatum Interpol.art Laufzeit in Jahren 0,00 0,25 1,01 2,01 3,00 4,00 Tagesgeld 30. 06. 1998 glatt 2,700 31. 12. 1998 glatt 2,400 30. 06. 1999 glatt 1,900 Zinsprognose (Zinsniveau 2 c) Nominal 3,0000 3,3000 4,0007 4,5003 4,7501 5,0001 Rendite 3,0453 3,3410 4,0000 4,5000 4,7500 5,0000 Zinsusance Kal/360 Kal/360 30/360 30/360 30/360 30/360 3 Monate 12 Monate 2 Jahre 3 Jahre 5 Jahre 3,000 2,700 2,200 3,700 3,400 2,900 4,200 3,900 3,400 4,450 4,150 3,650 4,950 4,650 4,150 Prognosedatum Interpol.art Tagesgeld 3 Monate 12 Monate 2 Jahre 3 Jahre 5 Jahre 30. 06. 1998 31. 12. 1998 30. 06. 1999 glatt glatt glatt 3,300 3,600 4,100 3,600 3,900 4,400 4,300 4,600 5,100 4,800 5,100 5,600 5,050 5,350 5,850 5,500 5,850 6,350 306 Wertorientierte Steuerung des Zinsänderungsrisikos Es ergeben sich die in Tab. V.14 aufgelisteten Ergebnisse aus der Performance-Sicht. Tabelle V.14 Vermögensentwicklung zum Planungshorizont Beispiel 2a – Ergebnisse Kalkulationsdatum 1. 1. 1998 Planungshorizont 31. 12. 1998 Zinsszenario/ Cash-flow Barwert/ Zinsvermögen Barwert/ Zinsvermögen 2 a) ursprünglich 77 819 836,18 97 746 227,17 19 926 390,99 2 a) Maßnahme 77 819 836,18 80 023 042,66 2 203 206,48 2,80 2 b) Senkung ursprünglich 77 819 836,18 114 732 091,98 36 912 255,80 2 b) Senkung Maßnahme 77 819 836,18 89 959 381,75 12 139 545,57 2 c) Steigung ursprünglich 77 819 836,18 81 124 774,04 2 c) Steigung Maßnahme 77 819 836,18 42 298 149,44 – 35 521 686,74 – 45,28 Anlageprämisse 1 (rollierende Anlage in Tagesgeld) Performance in DM 3 304 937,86 Anlageprämisse 2 (Anlage zum Planungshorizont) Reale Barwert/ Rendite Zinsvermögen 25,29 Performance in DM 97 419 622,58 19 599 786,40 VaR JP Morgan Reale 99%, Rendite HD: 250 Tage 24,72 40 942190,50 1 876 601,89 2,39 48 990 612,84 46,81 14 292 176,69 36 472 340,51 46,10 40 942 190,50 15,42 89 519 466,46 11 699 630,26 14,86 48 990 612,84 4,20 79 696 438,07 80 911 302,99 3 091 466,75 3,82 40 942 190,50 42 084 678,33 – 35 735 157,85 – 45,56 48 990 612,84 Das unveränderte Zinsniveau (2 a) in der GuV-Sicht signalisiert einen im Zeitverlauf konstanten Zinsüberschuß, die Performance-Sicht zeigt, daß bei diesem Zinsszenario eine sehr hohe Performance (25,29 Prozent bei rollierender Anlage im Tagesgeld) erzielt werden kann. Dennoch ist der Zinsüberschuß mit 27,25 Mio. DM deutlich höher als die Performance mit 19,9 Mio. DM. Auch hier werden stille Reserven im Zinsüberschuß ausgeschüttet. Dies wird deutlich, wenn der Zinsüberschuß unter sonst gleichen Bedingungen für das Jahr 2002 ermittelt wird: Die Zinserträge gehen bei konstanten Zinsaufwendungen von 7% auf 5 % (4-Jahresanlage) zurück. Dies bedeutet einen Einbruch des Zinsüberschusses um 20 Mio. DM p. a.! Im Jahre 2002 werden die stillen Reserven bei dieser Betrachtung weitgehend aufgezehrt sein. Sofern die Anlageprämisse 3 (»Maßnahme«) unterstellt wird, geht die Performance stark zurück. Die Maßnahme ist wie unter Beispiel 1 diskutiert, wiederum als Forward-Maßnahme ausgestaltet. Es ergeben sich allerdings erhebliche Unterschiede in Abhängigkeit davon, bis zu welchem Zeitpunkt die Anlageprämisse 3 greift. Während im Beispiel 1 die Anlageprämisse 3 nur bis zum Planungshorizont durchgeführt wurde, sind in diesem Beispiel die Fälligkeiten (ohne Zinszahlungen) ausschließlich nach dem Planungshorizont. Im ersten Schritt wurden alle Fälligkeiten der Ausgangsbilanz einmalig verlängert. Die Ergebnisse wurden in der o. a. Tabelle dargestellt. Die einmalige Verlängerung führt dazu, daß die zum 31.12. 2001 fälligen Festzinsdarlehen für 4 Jahre verlängert werden, während die zum 31. 1.1999 fälligen Festzinspassiva nur für 2 Jahre verlängert werden. Dadurch entstehen am 31. 1.2001 ein hoher Auszahlungs- Anhang V 307 überschuß und am 31.12. 2005 ein hoher Einzahlungsüberschuß. Das Zinsänderungsrisiko ist somit im wesentlichen von einer 3jährigen Refinanzierung und einer 8jährigen Anlage geprägt. Da die Zinsstruktur nur in den ersten 4 bzw. 5 Jahren normal verläuft und danach als konstant angesehen wird, ergibt sich kein Kurseffekt aufgrund der Restlaufzeitverkürzung in der langen Anlage, während die Refinanzierung durch den Rutsch auf der Zinsstrukturkurve einen höheren Wert der Verbindlichkeit am Planungshorizont generiert. Hieraus erklärt sich die sehr niedrige Performance bei Durchführung der Maßnahme zum Planungshorizont. Diese Aussage gilt tendenziell für alle Szenarien beim Beispiel 2a. Darüber hinaus werden die Unterschiede zwischen den einzelnen Zinsszenarien durch die Performance quantifiziert. Ein anderes Bild würde sich ergeben, wenn lediglich die Fälligkeit am 31.1.1999 gemäß Anlageprämisse 3 erneut angelegt würde, wie Tabelle V.15 beweist. Tabelle V.15 Zeitliche Entwicklung der Performance in % (Beispiel 2a – modifiziert) Zinsszenario/Cash-flow 2 a ursprünglich 2 a Maßnahme 2 b ursprünglich 2 b Maßnahme 2 c ursprünglich 2 c Maßnahme 30. 6. 1998 23,31 11,85 48,30 20,32 0,89 3,53 30. 12. 1998 25,28 11,52 46,81 19,19 4,18 3,80 30. 6. 1999 26,15 9,80 48,50 18,59 2,47 1,03 30. 12. 1999 25,32 9,33 40,16 15,46 8,89 3,12 Die Werte zeigen, daß bei Durchführung dieser Forward-Maßnahme die Performance wesentlich weniger schwankt. Dies resultiert aus der verminderten Fristentransformation, da lediglich die Festzinspassiva mit einer 2jährigen Laufzeit verlängert wurden und sie somit mit der Fälligkeit der Festzinsdarlehen bis auf 11 Monate übereinstimmen. Die Annahme, bis zu welchem Datum Fälligkeiten verlängert werden, ist somit äußerst sensitiv für das Ergebnis. Darüber hinaus reagiert die Performance in diesem Beispiel auch im Zeitablauf sensitiv. Dies erklärt sich aufgrund der unterstellten Zinsprognosen. Tabelle V.16 Cash-flow (Beispiel 2b) Datum 31. 01. 1998 31. 12. 1998 31. 01. 1999 31. 12. 1999 31. 12. 2000 31. 12. 2001 Cash-flow in Mio. DM 29,50 – 2,25 329,5 – 502,75 13,75 263,75 308 Wertorientierte Steuerung des Zinsänderungsrisikos Das Beispiel 2.b) soll nur noch hinsichtlich ergänzender Erkenntnisse erläutert werden, den entsprechenden Cash-flow zeigt Tab. V.16. Die Auswirkungen des wechselnden Aktiv-/Passivüberhanges spiegeln sich in den wechselnden Vorzeichen des Cash-flow wider. Die Ergebnisse des Falles b) im Performancekonzept sind in den Tabellen V.17 und V. 18 aufgeführt: Tabelle V.17 Vermögensentwicklung zum Planungshorizont Beispiel 2b – Ergebnisse Kalkulationsdatum 1. 1. 1998 Planungshorizont 31. 12. 1998 Zinsszenario/ Cash-flow Barwert/ Zinsvermögen Barwert/ Zinsvermögen 2a rsprünglich 111 711 660,84 115 674 616,79 3 962 955,95 3,51 115 952 362,84 2a Maßnahme 111 711 660,84 110 873 426,37 – 838 234,47 – 0,74 111 056 647,35 2 b Senkung ursprünglich 111 711 660,84 117 125 903,44 5 414 242,60 4,79 117 431 408,69 5 719 747,85 5,06 2 b Senkung Maßnahme 111 711 660,84 115 626 108,31 3 914 447,47 3,47 115 886 855,63 4 175 194,79 3,73 22 697 711,04 2 c Steigung ursprünglich 111 711 660,84 114 338 314,16 2 626 653,32 2,33 114 487 559,55 2 775 898,71 2,46 2 c Steigung Maßnahme Anlageprämisse 1 (rollierende Anlage in Tagesgeld) Performance in DM Anlageprämisse 2 (Anlage zum Planungshorizont) Reale Barwert/ Rendite Zinsvermögen 111 711 660,84 93 236 841,10 – 8 474 819,74 – 16,37 Performance in DM 4 240 702,00 VaR JP Morgan Reale 99 %, Rendite HD: 250 Tage 3,71 5 089 436,75 – 655 013,49 – 0,54 22 697 711,04 5 089 436,75 5 089 436,75 93 342 569,69 – 18 369 091,15 – 16,24 22 697 711,04 Hier wurde wiederum davon ausgegangen, daß alle abgedruckten Fälligkeiten jeweils einmal als Forward-Maßnahme wieder angelegt werden. Im Vergleich zum Beispiel 2a zeigt sich das deutlich geringere Zinsänderungsrisiko der Ausgangssituation im Fall b. Es werden je nach Zinsszenario mit deutlich weniger Risiken deutlich weniger Erträge erzielt. Einzelheiten sind den o. a. Tabellen zu entnehmen. Zu beachten ist jedoch auch in diesem Fall der erhebliche Verzehr von stillen Reserven im Zinsüberschuß. Hier werden auf Kosten der Substanz Erträge ausgewiesen, die nicht in der jeweiligen Periode erzielt werden. Bei diesem (extremen) Beispiel werden über 50 % der Substanz (111,7 – 50 = 61,7 Mio. DM) in vier Jahren als laufende Erträge ausgewiesen und könnten damit theoretisch ausgeschüttet werden. Fazit 309 Tabelle V.18 Zeitliche Entwicklung des Vermögens und der realen Rendite Beispiel 2b Kalkulationsdatum 1. 1. 1998 Zeitablauf 30. 6. 1998 30. 12. 1998 30. 6. 1999 30. 12. 1999 Zinsszenario/ Cash-flow Barwert/ Barwert/ Zinsvermögen Zinsvermögen 2a ursprünglich 111 711 660,84 113 800 433,09 3,77 115 669 685,44 3,51 117 063 128,94 3,14 120 140 457,24 3,66 2a Maßnahme 111 711 660,84 110 825 089,36 – 1,58 110 870 040,66 – 0,75 113 295 575,36 0,93 116 868 070,81 2,26 2b ursprünglich 111 711 660,84 114 631 390,61 5,30 117 114 760,70 4,80 119 440 451,04 4,52 121 964 564,27 4,44 2b Maßnahme 111 711 660,84 106 684 720,25 – 8,80 115 575 540,47 3,43 130 262 574,39 10,68 135 185 080,19 9,89 2c ursprünglich 111 711 660,84 112 971 107,71 2,33 114 906 743,83 1,88 118 572 632,22 2,99 2c Maßnahme 111 711 660,84 95 552 620,85 – 26,84 93 247 716,20 – 16,40 3 Barwert/ Barwert/ Reale Barwert/ Reale Reale Reale Rendite Zinsvermögen Rendite Zinsvermögen Rendite Zinsvermögen Rendite 2,27 114 331 587,26 88 806 701,75 –14,06 93 699 598,59 – 8,33 Fazit Es zeigt sich an diesen Beispielen die Vorteilhaftigkeit des Performancekonzeptes: 1. Das Ergebnis aus Beispiel 1 macht deutlich, daß neben den in der Machbarkeitsstudie empfohlenen Anlageprämissen 1 und 2 lediglich die Wiederanlage in der Interpretation als Forward-Geschäft eine vernünftige Anlageprämisse darstellt. Eine Anlage mit dem zukünftig geltenden Zinsniveau verhindert eine Änderung des Vermögenswertes bis zur Fälligkeit. Eine Entscheidung hierüber am 1.1.1998 wäre folgenlos, da diese am 30. 6.1998 in jedem Fall überprüft und ggf. revidiert würde; eine Simulation am 1.1.1998 ist folglich überflüssig. Ein unreflektiertes Festhalten an einer früheren (Maßnahmen-)Entscheidung könnte zudem Fehlsteuerungen verursachen. Aufgrund der liquiden Märkte kann bei Fälligkeit noch rechtzeitig entschieden werden, wie die Disposition der fälligen Cash-flow erfolgen soll. 2. Eine Verlängerung der Fälligkeiten bis zum Planungshorizont je nach Art der Fälligkeit als Forward-Maßnahme ist möglich; allerdings bedeutet dies, daß letztlich die Art der fälligen Kundengeschäfte die getätigte Fristentransformation beeinflußt. Dies ist in aller Regel nicht die optimale Maßnahme. Daher kann die Maßnahmenplanung effektiver ohne die Berücksichtigung einer von Zufälligkeiten geprägten Anlageprämisse erfolgen. 3. Sofern Fälligkeiten nach dem Planungshorizont noch mit einer Anlageprämisse versehen werden sollen, ist es völlig willkürlich, bis zu welchem Zeitpunkt diese Fälligkeiten verlängert werden. Eine »ewige« Verlängerung der Cash-flow führt die Zinsänderungsrisikoanalyse ad absurdum. 310 Wertorientierte Steuerung des Zinsänderungsrisikos 4. Zielführend ist letztlich nur die in dem vorliegenden Abschlußbericht beschriebene Vorgehensweise, da alle Maßnahmen einschließlich der hier mit Anlageprämisse 3 simulierten Maßnahmen zu untersuchen sind hinsichtlich ihrer Wirkung auf Ertrag und Risiko für die Sparkasse. Neben den wesentlich umfangreicheren, vollständigen und damit genaueren Informationen der Analyse im Performancekonzept können in diesem Konzept weitere wesentliche Analysen erfolgen. So wurde in der Vermögensentwicklung zum Planungshorizont jeweils in der letzten Spalte ein Value at Risk nach der JP-Morgan-Methode angedruckt, das das Risiko auf statistischer Basis ermittelt. Dieses Verfahren kann derzeit als ein Standardverfahren angesehen werden. In der ersten Spalte der Vermögensentwicklung zum Planungshorizont wurde jeweils der aktuelle Barwert des Zahlungsstroms bzw. der Ausgangssituation berechnet. Auch diese Berechnung ist in der GuV-Steuerung nicht möglich. Die Relevanz dieser Berechnung zeigt sich in den unterschiedlichen Barwerten der Fälle 1, 2 a und 2 b, die jeweils ein bilanzielles Eigenkapital von 50 Mio. DM aufweisen. Die Unterschiede im Zinsvermögen reichen von 77,8 Mio. DM im Beispiel 2 a bis zu 111,7 Mio. DM im Beispiel 2 b. Insgesamt zeigt sich, daß sich das Zinsänderungsrisiko im Performancekonzept vollständig und transparent darstellen läßt, während das Zinsänderungsrisiko in der GuV-Steuerung nur teilweise erfaßt wird und wesentliche Informationen nicht ermittelbar sind. Zudem liefert nur die Performancebetrachtung die notwendigen Steuerimpulse.