Unterschenkelprothesen
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Unterschenkelprothesen
Prothetik Untere Extremität OTM R. Torunski Prothetik Oktober 2013 Agenda • • • • • • Definition Einteilung nach Amputationshöhen Prothesenarten Schaftsysteme Versorgungsbeispiele Umgang mit Amputierten OTM R. Torunski Prothetik Oktober 2013 Definiton Als Prothese bezeichnet man einen Körperteilersatz Man unterscheidet dabei folgende Prothesengruppen: Epithesen kosmetischer Ersatz z.B. Gesichtshälfte, Ohrmuschel, Nase Endoprothesen Implantate z.B. Hüft-, Knie-TEP Exoprothesen Gliedmaßen ersetzende Hilfsmittel z.B. Ober-/Unterschenkel-, Armprothese OTM R. Torunski Prothetik Oktober 2013 Epidemiologie Die zugänglichen Statistiken über Amputationsursachen und Amputationshäufigkeiten zeigen übereinbstimmend fünf wesentliche Krankheitsgruppen als ursächlich für Amputationen: 1. Arterielle Durchblutungsstörung mit / ohne Diabetes mellitus Verschluß = - aVk = arterielle Verschlußkrankheit - paVk = periphere arterielle Verschlußkrankheit 2. Traumata (primäre und sekundäre Amputationen) 3. Infektionen – Osteomyelitis (durch Bakterien) eingebracht: Hämatogen, Lymphogen oder durch offene Frakturen und großflächige Wunden 4. Tumore (Knochentumore und Weichteil- und Fettgewebs-tumore) 5. Angeborene Fehlbildungen (Dysplasie und Dysmelien) OTM R. Torunski Prothetik Oktober 2013 Einteilung nach Amputationshöhen Hüftexartikulationsprothesen Oberschenkel-Prothesen Knieexartikulationsprothesen Unterschenkel-Prothesen Fuß-Prothesen OTM R. Torunski Prothetik Oktober 2013 Fußprothesen Zehenersatz Beim Verlust einzelner Zehen verzichten manche Patienten auf einen Ersatz. Beim Verlust des großen Zehs ist allerdings ein dynamisches und statisches Ungleichgewicht zu verzeichnen. Hier sollte eine Versorgung stattfinden. OTM R. Torunski Prothetik Oktober 2013 Fußprothesen Amputation im Mittelfuß Diese kosmetischfunktionellen Versorgungen kommen für Absetzungen im Mittelfußbereich in Frage (Transmetatarsale, Lisfranc, BonaJäger) evtl. auch bei Chopart. Voraussetzung sind gute Belastbarkeit und ein belastungsstabiles Knöchelgelenk. OTM R. Torunski Prothetik Oktober 2013 Fußprothesen Amputationen im Rückfuß Bei Rückfußamputationen sind reine Vorfußprothesen (1) nicht immer indiziert. Die Beweglichkeit und die mangelnde Größe der Auflagefläche können eine Gießharzkonstruktion (2) notwendig machen. OTM R. Torunski Prothetik Oktober 2013 Unterschenkelprothesen Unterschenkel Prothesen unterscheiden sich in ihrem Aufbau nach (1) Modularbauweise (2) Hartschale (3) mit Oberhülse OTM R. Torunski Prothetik Oktober 2013 Unterschenkelprothesen Schaftsysteme Kurzprothese Der Prothesenschaft besteht aus einem harten Außenschaft und einem weichen Innenschaft. Die Haftung der Prothese wird dabei über eine suprakondyläre Spange gewährleistet. OTM R. Torunski Prothetik Oktober 2013 Unterschenkelprothesen Schaftsysteme Handling Beim Anziehen wird erst ein Baumwollstrumpf über den Stumpf gezogen, dann folgt der weiche Innentrichter, danach ein weiterer, dünnerer Perlonstrumpf und darüber der harte Prothesenschaft. Bei schwierigen Stumpfverhältnissen oder Verlust der Prothese kann eine Kniebandage zum besseren Halt über die Prothese gezogen werden. OTM R. Torunski Prothetik Oktober 2013 Unterschenkelprothesen Schaftsysteme Liner-Prothese Der Prothesenschaft besteht aus einem harten Außenschaft und einem weichen Gel- bzw. Silikonliner. Die Haftung der Prothese wird dabei über die Haftreibung des Silikonliners und Die Verbindung zwischen Liner und Außenschaft gewährleistet. OTM R. Torunski Prothetik Oktober 2013 Unterschenkelprothesen Schaftsysteme Handling Beim Anziehen wird der Liner direkt über den Stumpf gerollt. Dabei muß darauf geachtet werden, dass der distale Verschluß des Liners mittig am Stumpfende anliegt. Dann kann der Patient direkt mit dem Liner in den Außenschaft steigen. Aufgrund des direkten Hautkontaktes muß der Liner täglich mit neutraler Seife (Kernseife) ausgewaschen und an der Luft getrocknet werden. OTM R. Torunski Prothetik Oktober 2013 Unterschenkelprothesen Schaftsysteme OTM R. Torunski Prothetik Oktober 2013 Knie-Ex Prothesen Prothesenschaft Kniegelenk Prothesenfuß OTM R. Torunski Prothetik Oktober 2013 Knie-Ex Prothesen Schaftsystem Handling Beim Anziehen wird erst ein Baumwollstrumpf über den Stumpf gezogen, dann folgt der weiche Innentrichter, danach ein weiterer, dünnerer Perlonstrumpf und darüber der harte Prothesenschaft. Bei schwierigen Stumpfverhältnissen oder Verlust der Prothese kann eine Lasche in den Schaft eingearbeitet werden, die mit einem Gurt individuell verstellt werden kann. OTM R. Torunski Prothetik Oktober 2013 Oberschenkelprothesen Oberschenkel-Prothesen unterscheiden sich in ihrem Aufbau nach Modularbauweise (1+2) und Hartschalenbauweise (Badeprothesen; 3) OTM R. Torunski Prothetik Oktober 2013 Oberschenkelprothesen Schaftsystem Saugschaft Beim Anziehen wird erst eine Anziehhilfe über den Stumpf gezogen, dann kann der Stumpf mit der Anziehhilfe in den Prothesenschaft hineingleiten und durch Herausziehen der Anziehhilfe durch den Ventilkanal formschlüssig im Prothesenschaft anliegen. Nachdem das Gummiventil auf den Ventilkanal gepresst, und dieser luftdicht versiegelt wurde, ist die Prothese einsatzbereit und haftet am Stumpf. OTM R. Torunski Prothetik Oktober 2013 Oberschenkelprothesen Schaftsystem Kurzer Oberschenkelstumpf OTM R. Torunski Herausziehen der Anziehhilfe Prothetik Oktober 2013 Oberschenkelprothesen Schaftsystem Ventilkanal schliessen OTM R. Torunski Prothese mit Kosmetik Prothetik Oktober 2013 Stumpfformende Maßnahmen Post-Op Liner Formt den Stumpf und verhindert/reduziert Ödeme. Somit schnellere Rehabilitation möglich! Der Liner wird vom Orthopädietechniker angepasst und sollte tagsüber getragen werden, bis die prothetische Versorgung abgeschlossen ist. Wirkprinzip: der Anpressdruck nimmt von distal (20mmHg) nach proximal gleichmäßig ab, somit auch für pAVK-Patienten einsetzbar. Beginn: nachdem die Drainage gezogen ist, bzw. bei Tuchdrainage direkt nach der OP Behandlung: Stumpf und Haut stundenweise an den Liner gewöhnen; beim 1. Anziehen häufig Entstauungsschmerz für ca. 2-3 Min. OTM R. Torunski Prothetik Oktober 2013 Umgang mit Amputierten • Unterschenkelstümpfe möglichst hoch lagern (Amputationsstützen bei Rollstuhlnutzung) • Stumpf zur Formung wickeln bzw. mit Liner komprimieren (Kontraindikationen beachten; z. B. pAVK-Patienten nicht wickeln) • Bei Linerversorgungen immer auf die Hygiene des Liners achten (Reinigung mit neutraler Seife; Liner über Nacht trocknen; Stumpf erst nach Linergebrauch eincremen) OTM R. Torunski Prothetik Oktober 2013 Biomechanische Aspekte in der Prothesenversorgung OTM R. Torunski Prothetik Oktober 2013 Einteilung der Gangphasen • Während der Standphase trägt der Fuß die gesamte Körperlast für eine Dauer von ca. 60% eines Schrittes • Die restlichen 40% bezeichnen die Schwungphase, in der der Fuß unter den Körperschwerpunkt pendelt Belastung OTM R. Torunski Entlastung Prothetik Oktober 2013 Grundsätzliche Anforderungen an Prothesenfüße • Wiederherstellung der Bodenunterstützungsfläche • Wiederherstellung von Vorund Rückfußhebel • Energierückgebende Aspekte • Kosmetische Aspekte OTM R. Torunski Prothetik Oktober 2013 Grundsätzliche Anforderungen an Prothesenkniegelenke • Sicherung der Standphase • Steuerung der Schwungphase • Kosmetisch und physiologisch befriedigende Sitzhaltung OTM R. Torunski Prothetik Oktober 2013 Standphasensicherung FB • Krafteinwirkung während der Stand-phase über die Bodenreaktionskraft • FF FZ t Spitzenbelastung bei Fersenkontakt (FF kniebeugendes Drehmoment) und Zehenabstoß (FZ kniestreckendes Drehmoment) Problem: der Prothesenträger benötigt bei Fersenkontakt eine Standphasensicherung (Streckung) und bei Zehenabstoß eine Schwungphasensteuerung (Beugung) OTM R. Torunski Prothetik Oktober 2013 Standphasensicherung Polyzentrisch / Mehrachsig Monozentrisch / Einachsig Statischer Aufbau • Statischer Aufbau Kniesperre • Kniesperre • Lastabhängige Bremse • Hydraulikdämpfung (Yielding) Universell einsetzbar OTM R. Torunski Erhöhter Sicherheitsbedarf Langstumpfversorgungen Prothetik Oktober 2013 Schwungphasensteuerung • Vorbringer oder Streckhilfen • Mechanische Bremselemente • Hydraulische und • Pneumatische Dämpfungselemente Konstante Gehgeschwindigkeit OTM R. Torunski Variable Gehgeschwindigkeit Prothetik Oktober 2013 Mobilitätsgrade • Mob 0 Nichtgehfähig Wiederherstellung des äußeren Erscheinungsbildes • Mob 1 Innenbereichsgeher Wiederherstellung der Stehfähigkeit und limitierte Gehfähigkeit im Innenbereich (Transferhilfe) • Mob 2 Eingeschränkter Außenbereichsgeher Wiederherstellung der Stehfähigkeit und Gehfähigkeit im Innenbereich sowie limitiert im Außenbereich • Mob 3 Uneingeschränkter Außenbereichsgeher Wiederherstellung der Stehfähigkeit und Gehfähigkeit im Innenbereich sowie unwesentlich limitiert im Außenbereich • Mob 4 UAG mit besonders hohen Ansprüchen Wiederherstellung der Stehfähigkeit und unlimitierten Gehfähigkeit im Innen- wie im Außenbereich OTM R. Torunski Prothetik Oktober 2013 Gehschultraining für Beinamputierte OTM R. Torunski Prothetik Oktober 2013 Agenda • Philosophie • Barrentraining • Stehbalancetraining • Gehtraining • Prothesengebrauch OTM R. Torunski Prothetik Oktober 2013 Philosophie Lediglich die Tatsache, Roger Federer´s TennisSchläger zu besitzen, macht aus einem Tennisspieler noch keinen Wimbledon Champion OTM R. Torunski Prothetik Oktober 2013 Barrentraining Das Training beginnt immer im Barren. 1. Aufstehen im Barren 2. Belastung der Prothese im Stand 3. Gewichtsverlagerungen 4. Gehen je nach Prothesentechnik mit oder ohne Unterstützung durch Handläufe OTM R. Torunski Prothetik Oktober 2013 Barrentraining Übungen Der Barren bietet hohe Sicherheit. Die Angst vor den Auswirkungen des Zusammenbrechens der Prothese ist im Barren gering. Erst wird Stehen, dann Bewegen gelernt! 1. Gewichtsverlagerung von einem Bein auf das andere („Schaukeln“) 2. Abwechselndes Anheben der Beine („Storch“) 3. Schritt über die Prothese üben (Prothesenbelastung) 4. Schwungphase durch Beckenvorwärtsbewegung üben 5. Aufbau von Bodenfreiheit in Schwungphase durch Einsatz des Stumpfes („Ball treten“) OTM R. Torunski Prothetik Oktober 2013 Stehbalancetraining Der Übergang vom „sicheren Barren“ zum „ungesicherten Gehen“ erfolgt über das Stehbalancetraining. 1. Übungen zur Parallelstellung der Füße 2. Übungen von Armen und Rumpf 3. Gewichtsverlagerung 4. Ggf. Nutzung von Hilfsmitteln (UAG, Gehstöcke) OTM R. Torunski Prothetik Oktober 2013 Stehbalancetraining Übungen Analog zum „Stehen lernen - Bewegen lernen“ im Barren wird außerhalb des Barrens erst einmal das Stehen gelernt. 1. Fußparallelstellung: Mit geschlossenen Augen Prothese anheben und Absetzen 2. Fangen und Werfen leichter Bälle im Stand 3. Leicht an den Armen ziehen: Widerstand gegen das Umfallen aufbauen 4. Üben von Ausfallschritten (sprunghafte Belastung der Prothese) 5. Schaukelbrett, Trampolin etc. OTM R. Torunski Prothetik Oktober 2013 Gehtraining Nach dem Stehen lernt der Amputierte das Benutzen der Prothese zur Fortbewegung: 1. In der Ebene mit Hilfsmitteln 2. In der Ebene ohne Hilfsmittel 3. In der Ebene mit geteilter Aufmerksamkeit 4. An der Treppe mit Hilfsmitteln 5. An der Treppe ohne Hilfsmittel OTM R. Torunski Prothetik Oktober 2013 Gehtraining Übungen Nachdem ein Gefühl für das Stehen in unterschiedlicher Belastung erlangt wurde, lernt der Patient die kontrollierte Bewegung der Prothese. 1. Gehen mit zwei, dann einer UAG analog zum Gehen im Barren („Soldier, Soldier, don‘t look down…“) 2. Beherztes, zügiges Gehen ohne UAG 3. Transportieren eines Glases (erst ohne, dann mit Wasser) 4. Gehen und dabei vom letzten Urlaub (Kindern, Enkeln etc.) erzählen lassen; 8er – Touren laufen lassen 5. Je nach Prothesentechnik schrittweise Treppen- und Schrägenübungen. OTM R. Torunski Prothetik Oktober 2013 Prothesengebrauch Die Beinprothese wird nicht nur zum Bewegen von A nach B benötigt. Sie erfüllt eine Vielzahl von weiteren Ansprüchen: 1. Transportieren von Gegenständen 2. Hinknien / Aufstehen 3. Überwinden von Hindernissen(Bordsteinkanten etc.) 4. Hinfallen 5. Bedienen von Geräten (im Arbeitsumfeld, im Haushalt, Hobby) OTM R. Torunski Prothetik Oktober 2013 Prothesengebrauch Übungen Für den Gebrauch der Prothese - nicht nur zum Gehen - eignen sich folgende Übungen: 1. Überwinden von Hindernissen: „Bordsteinkante“ 2. Abstoppen auf der Prothese 3. Überkreuz gehen 4. Rückwärts gehen (Achtung Stumpfeinsatz!) 5. Hinwerfen auf Gymnastikmatte (Prothese nach hinten), ggf. Abrollen oder zur Seite wegrollen OTM R. Torunski Prothetik Oktober 2013 Schönes Wochenende ! OTM R. Torunski Prothetik Oktober 2013