Erfahrungsbericht Shenzhen
Transcrição
Erfahrungsbericht Shenzhen
Erfahrungsbericht : Masterarbeit an der Southern University of Science and Technology of China in Shenzhen Heimathochschule: Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg Studiengang: Molecular Science Thema der Masterarbeit: Model Studies Towards the Total Syntheses of Taxol and Cerorubenic Acid Aufenthaltsdauer: 04.10.2015 – 31.03.2016 Vorbereitung: Als ich die feste Zusage hatte, meine Masterarbeit in China zu schreiben, habe ich mich zuerst um das Visum gekümmert. Für das X2 Studentenvisum, welches für 180 Tage gültig ist, benötigt man ein Schreiben der chinesischen Universität, das die Zulassung zum Aufenthalt, sowie die Dauer beinhaltet. Ich würde ca. acht bis zehn Wochen für den Visumsprozess einplanen, ich war persönlich beim „Chinese Visa Application Service Center“ in München, postalisch ist die Beantragung aber auch kein Problem. Außerdem ist es natürlich wichtig, eine Auslandskrankenversicherung abzuschließen, auch eine Haftpflichtversicherung würde ich empfehlen. Des Weiteren habe ich mich noch gegen Hepatitis A impfen lassen, manchmal wird auch eine Tollwut-Impfung für China empfohlen, dafür hatte ich keine Zeit mehr, allerdings ist diese auch nur von Nöten, wenn man sich wirklich viel in der Wildnis aufhält. Meinen Flug habe ich von München nach Shenzhen gebucht, es ist aber auch möglich, nach Hongkong zu fliegen, der Flughafen ist nicht wirklich weiter entfernt. Wichtig für die Zeit dort ist auch eine Kreditkarte, die im Ausland möglichst ohne Gebühren benutzt werden kann. Wohnen: Ich habe direkt auf dem Campus im Mitarbeiter-Wohnheim gewohnt. Um das Zimmer musste ich mich nicht selbst kümmern, das hat das „International Office“ der Universität für mich organisiert. Ich hatte ein relativ großes Zimmer mit Dusche, Toilette und Waschbecken. Da nur dort ein Zimmer frei verfügbar war und die Mitarbeiter zum Großteil kein Englisch sprechen, musste ich mir mein Zimmer nicht teilen, prinzipiell ist es aber üblich sich mit ein bis drei weiteren Personen ein Zimmer zu teilen. Bei einem Aufenthalt über den Winter würde ich empfehlen, auch warme Kleidung einzupacken und/oder nach zusätzlichen Decken oder einem Heizlüfter zu fragen bzw. etwas zu besorgen. Die Temperaturen sind zwar deutlich milder als in Deutschland aber da die Häuser aber nicht isoliert sind, Fenster und Türen sich nicht komplett schließen lassen und es keine Heizungen gibt, wird es wirklich kalt. Im Großen und Ganzen war die Wohnsituation aber gut, das Zimmer war sauber und nicht weit von meinem Labor entfernt. Außerdem wurde mir noch ein Fahrrad zur Verfügung gestellt. Forschungsstelle: Gearbeitet habe ich in einem Labor mit ca. 20 weiteren Studenten/Doktoranden/Post-Docs. Mein direkter Betreuer war ein Post-Doc, der mir im Labor bei Problemen zur Seite stand. Den Professor, der mein Projekt betreute, habe ich nur wenige Male gesprochen, wenn ich ein Problem oder dergleichen hatte, konnte ich aber jederzeit mit ihm sprechen. Ich habe von Montag bis Samstag gearbeitet, meistens von 9:00 bis 18:00 Uhr, einige Male aber auch länger. In China und vor allem in Unis ist es üblich bis spätabends zu arbeiten, das wurde von mir aber nicht immer erwartet, was aber von Professor zu Professor variiert. Leider war das Labor für so viele Leute sehr klein, sodass man nicht immer sehr effizient arbeiten konnte. Auch gab es keinerlei Arbeitsplätze, im Nebenraum gab es lediglich zwei Computer, die für eine kurze Recherche benutzt werden konnten. Diese Situation fand ich manchmal sehr anstrengend, da viel Zeit verloren ging, die bei genügend Raum sehr gut für das schriftliche Anfertigen meiner Masterarbeit und Recherche hätte genutzt werden können. Deswegen habe ich das Meiste dann auch geschrieben, als ich wieder zurück in Deutschland war, was jetzt im Nachhinein aber auch okay war. Ein weiteres Problem waren die Sprachbarrieren. Auf einigen Chemikalien und Geräten gab es nur chinesische Beschriftungen, weswegen ich bei vielen Kleinigkeiten nachfragen musste. Meine Kollegen waren aber wirklich sehr hilfsbereit, dennoch war es meist schwierig, da die meisten nicht sehr gut englisch sprachen und/oder sehr zurückhaltend waren. Im Allgemeinen bin ich aber gut zurechtgekommen und habe wirklich viel gelernt. Campus: Eines der schwierigsten Dinge war das Campusleben. Die Uni ist sehr neu, sie wurde erst 2011 gegründet. Daher war ich nicht nur die erste Austauschstudentin, sondern auch die einzige Ausländerin. Am Anfang war es mir sehr unangenehm, so viel Aufmerksamkeit auf mich zu ziehen, später allerdings ging das dann auch vorbei. Dennoch war es die ganze Zeit über sehr schwer, Anschluss zu finden. Die meisten Studenten haben sehr viel zu tun und auch nicht wirklich Interesse daran, viel zu unternehmen. Allerdings bin ich mir sehr sicher, dass diese Probleme immer weniger werden, da die Uni im Moment daran arbeitet, mehr und mehr Auslandsstudenten zuzulassen, Programme anzubieten und sich auch international zu entwickeln. Mittlerweile gibt es einige ausländische Sprachlehrer, mit denen ich mich dann auch angefreundet und Zeit verbracht habe. Insgesamt ist der Campus sehr neu und modern aber auch noch relativ klein. Es gibt eine Mensa, die Frühstück, Mittag- und Abendessen sowie späte Nachtsnacks für wenig Geld anbietet. Außerdem befinden sich auf dem Campus große Sportanlagen, zwei kleine Kiosks und Geldautomaten. Sprache: Die „normale Bevölkerung“ im Alltag spricht im Allgemeinen kein Englisch, viele Studenten hingegen können meist schon weiterhelfen. Leider gab es während meines Aufenthaltes noch keinen chinesischen Sprachkurs für Ausländer auf dem Campus und da sich dieser Aufenthalt recht kurzfristig ergeben hat, hatte ich auch keine Zeit mehr, im Vorfeld schon einen Kurs zu belegen. Daher habe ich leider auch kein chinesisch gelernt, lediglich ein paar Worte und Ausdrücke aufgeschnappt. Allerdings wird bzw. hat sich das Problem schon erledigt, da die Uni nun auch Sprachkurse anbietet. Obwohl kaum jemand Englisch spricht, findet man sich aber trotzdem immer irgendwie zurecht. Ich würde die Wörterbuch-App „Pleco“ empfehlen, zur Not hilft das auch bei Verständigungsproblemen. Stadt und Infrastruktur: In der Nähe des Campus befindet sich ein U-Bahn-Haltestelle, mit der man bequem in die Innenstadt fahren kann. Die Benutzung der U-Bahn ist wirklich intuitiv, die Linienpläne sind deutlich und es gibt auch überall englische Schilder und Durchsagen. Zum Bezahlen benötigt man eine Karte, die zu Beginn und zum Ende der Fahrt gescannt werden muss. Die Karte kann man an vielen Schaltern kaufen und an allen auch wieder aufladen. Die Preise sind sehr gering, einzelne Fahrten kosten meist unter einem Euro. Noch billiger ist das Fahren mit dem Bus, was allerdings häufig einer Achterbahnfahrt gleichkommt. Außerdem ist es ohne Chinesisch sprechen und lesen zu können wirklich schwierig, da die Pläne nur Chinesisch sind und es für Busse auch online keine Informationen auf Englisch gibt. Außerdem gibt es keinen festen Fahrplan. Hat man dann doch irgendwann herausgefunden wo man hinmuss, kann man versuchen die Stationen zu zählen oder genau hinzuhören, denn manchmal gibt es (undeutliche) Durchsagen auf Englisch. Das klappt oft, aber auch nicht immer. Für solche Fälle ist es sehr ratsam, immer die Adresse des Campus auf Chinesisch ausgedruckt und/oder auf dem Handy dabei zu haben. Diese dann einfach einem Taxifahrer zeigen, so kommt man eigentlich immer wieder zurück. Außerdem fahren die öffentlichen Verkehrsmittel nur bis höchstens 23:00 Uhr, Taxis allerdings gibt es immer und im Vergleich zu Deutschland sind diese auch erschwinglich. Es gibt auch private Fahrten, die beispielsweise über „Uber“ gebucht werden können und sehr populär in China sind. Leider ist dies ohne Chinesisch auch schwierig, da die Fahrer vorher immer noch einmal anrufen. Shenzhen ist eine sehr neue Stadt, die stetig wächst. Es gibt hauptsächlich junge Leute, die zum Arbeiten umgezogen sind. Dadurch fehlen leider alte Sehenswürdigkeiten. Allerdings gibt es viele interessante Museen und eine Menge Freizeitparks. Freizeit: Dadurch, dass ich auch samstags gearbeitet habe, blieb mir leider recht wenig Zeit zum Reisen oder für Ausflüge am Wochenende. Es gibt zwei Haupt-Urlaubszeiten in China, zum einen im Sommer (ich glaube irgendwann im August) und zum anderen während des chinesischen Neujahrs im Februar. In diesen Zeiten fährt fast jeder zu seiner Familie und auch die Uni ist zum größten Teil geschlossen. Ich würde empfehlen, sich nach Ankunft so früh wie möglich nach den Urlaubszeiten zu erkundigen. Ich habe es leider recht spät erfahren und konnte dadurch auch nicht wirklich reisen, da es viel zu wenige Tickets für die riesen Nachfrage gibt, sowohl Züge also auch Flüge sind sehr schnell ausgebucht. Allerdings war es trotzdem schön und auch interessant in Shenzhen, die Stadt ist wie ausgestorben, da sie hauptsächlich von Zugezogenen bewohnt wird. Empfehlen kann ich auf jeden Fall wandern zu gehen, es gibt ein paar schöne Berge und auch das Meer ist nicht weit. Den Weg dorthin am besten vorher von einem chinesischen Kollegen recherchieren lassen. Auch sehr nah ist Hongkong. Leider konnte ich mit meinem Visum nur einmal einreisen, sodass ich bei einem Ausflug nach Hongkong nicht mehr zurückgekommen wäre. Für Hongkong selber würde der deutsche Reisepass reichen, es ist kein Visum nötig. Prinzipiell gibt es an Universitäten aber die Möglichkeit, einen weiteren Eintritt zu bekommen, da ich aber die Erste ausländische Studentin an der Uni war, wusste noch niemand Bescheid und es sind viele Fehler passiert, sodass die Uni es nicht geschafft hat, das zu organisieren. Das war sehr schade für mich aber auch das sollte bald kein Problem mehr darstellen. Eine andere Möglichkeit um Hongkong noch zu besuchen, wäre es, den Rückflug von Hongkong zu buchen und ein paar Tage früher abzureisen. Sonstiges: Da in China sehr viele, teilweise wichtige Internetseiten gesperrt sind (beispielsweise Google und alles was damit verbunden ist, Dropbox, Facebook…) würde ich empfehlen vor der Abreise ein VPN auf dem Computer einzurichten. Da auch Google Maps gesperrt ist und es für das chinesische Äquivalent keine englische Version gibt, wäre es auch von Vorteil, das VPN auf dem Smartphone einzurichten. Auch weitere Apps wie Wörterbücher und dergleichen, vor allem bei Android und Google Handys, unbedingt vor der Abreise installieren, da der Google Play Store auch nicht funktioniert. Fazit: Rückblickend bin ich sehr froh über meine Entscheidung, ein halbes Jahr in China zu verbringen. Ich habe nicht nur fachlich sehr viel dazu gelernt, sondern konnte auch interessante Einblicke in eine andere Kultur erhalten. Trotz mancher Schwierigkeiten, oder wahrscheinlich auch gerade deswegen, habe ich mich auch persönlich weiterentwickelt und konnte wichtige Erfahrungen sammeln. Nützliche Links: Visum: https://www.visaforchina.org/MUC_DE/ Züge/Hotels buchen: http://de.ctrip.com/ U-Bahn Shenzhen: http://www.szmc.net/page/en/index.html Chinesisches Wörterbuch (App): https://www.pleco.com/ Wandern: http://www.shenzhenparty.com/abpo-breathtaking-mountains-in-shenzhen