Sagen Sie öfter Danke: Wie ein Wort Ihre Lebensqualität
Transcrição
Sagen Sie öfter Danke: Wie ein Wort Ihre Lebensqualität
Dankbarkeit im Alltag D 6/1 Suchwortverzeichnis top-thema DARUM GEHT ES: Dankbarkeit ist das Gedächtnis des Herzens (Jean-Baptiste Massillon, Hofprediger Ludwigs XIV. von Frankreich): Indem Sie Danke sagen, öffnen Sie sich für Ihre Mitmenschen – und lassen in ihnen ein positives Gefühl zurück. Dafür zeigen diese sich häufig erkenntlich. So kann Dankbarkeit zu einer Win-win-Situation führen, von der alle profitieren. Doch warum bedanken Menschen sich so selten? Und wie lässt sich das ändern? Tipps & Trends Sagen Sie öfter Danke: Wie ein Wort Ihre Lebensqualität und die Ihrer Umgebung steigert A B C D Die Themen: E H Was fehlende Dankbarkeit bewirken kann . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2 Das Zauberwort für eine angenehme Atmosphäre . . . . . . . . . . . 9 Faustregel für den mündlichen Dank . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9 Schriftlicher Dank I: Wenn Sie per Karte oder Brief reagieren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12 Schriftlicher Dank II: Darf es auch eine SMS oder E-Mail sein? . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15 Dankesrede: So würdigen Sie langjähriges Engagement . . . . . 16 Es ist nie zu spät: Verpasster Dank . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18 F G I J K L M N O P Q Ihr Experten-Team: Ralf Höller und Peter Düweke R S Ralf Höller ist als Journalist und Buchautor auf Kommunikations-Themen spezialisiert. Im Experten-Interview: Dr. Peter Düweke, Biologe, Sachbuchautor und Wissenschaftsjournalist, hat unter anderem das Buch „Anerkennung. Ohne sie geht gar nichts! Wie Respekt und Wertschätzung unser aller Leben bestimmen“ (Patmos Verlag) verfasst. T U V W X Y www.stil.de Ausgabe 5/2010 • 17 Z D 6/2 Dankbarkeit im Alltag Was fehlende Dankbarkeit bewirken kann Sicher haben auch Sie schon einmal eine Situation erlebt, in der sich jemand Ihnen gegenüber undankbar gezeigt hat. Und vielleicht erinnern Sie sich heute noch an das Gefühl von damals, wenn Sie das folgende Beispiel lesen. mein erlebnis e Ein Fund, der nicht belohnt wurde x t Sie sich vor, Sie würden 400 Euro finden – in r Stellen Scheinen, auf der Straße, ohne Portemonnaie oder Briefa tasche, ohne Hinweise auf den Eigentümer. Was würden Sie tun? So ähnlich ist mir das passiert, in Form dreier Eintrittskarten für die Veranstaltung „Rock am Ring“. Es war der Freitagnachmittag vor Pfingsten, das Wochenende, an dem alljährlich das Festival in der Eifel stattfindet. Ich ging zur nächsten Telefonzelle und rief beim Fundbüro an. Nein, das hätte nur noch eine Viertelstunde geöffnet, dann wäre Wochenende, teilte man mir mit. Was tun? Ich versuchte herauszufinden, wo die Karten verkauft worden waren. In der Vorverkaufsstelle eines Warenhauses konnte man mir weiterhelfen: Die Tickets mussten, das sagte ein aufgedruckter Code, zuvor über die Theke von Bonns größtem CD-Laden gegangen sein. Schnurstracks begab ich mich dorthin. Der Verkäufer konnte die Karten identifizieren, aber nicht den Kunden. Vielleicht würde dieser ja den Verlust bemerken und zurückkommen? Ich ließ meine Visitenkarte zurück. Würden die Karten nicht abgeholt, wäre ich selbst mit Freunden zum Nürburgring gefahren. Abends kam ein Anruf. Der CD-Laden meldete sich: Jemand hatte die Karten abgeholt. Meine Visitenkarte hatte der Verkäufer dem sichtlich erleichterten Kunden mitgegeben. Dort wird sie heute noch liegen. Ich hörte nie wieder etwas in dieser Angelegenheit. 18 • Ausgabe 5/2010 www.stil.de Dankbarkeit im Alltag D 6/3 Warum fehlender Dank negative Auswirkungen hat Sie können sich vorstellen, dass ich mich ungerecht behandelt fühlte. Ob ich bei einem neuerlichen Eintrittskartenfund noch einmal genauso handeln würde? Die nicht erhaltene Anerkennung gipfelte in dem spontanen Gelöbnis, künftig alles Gefundene selbst zu behalten. Erst allmählich verrauchte der Ärger, und auch die Bereitschaft wuchs wieder, von anderen verlorene Gegenstände an den zuständigen Stellen abzugeben. Sinkende Hilfsbereitschaft Nachteile sind durch den Umstand, dass niemand sich bei mir meldete, nicht entstanden. Die Suche nach dem ursprünglichen Besitzer der Karten verschlang zwar etwas Zeit, aber es war Freitagnachmittag und zudem schönes Wetter. Ich selbst wäre ohne den Zufallsfund nicht auf die Idee gekommen, zum Rockfestival zu fahren. Den Eintrittspreis hätte ich mir überdies leisten können; zu den 40 Euro Finderlohn war ich zwar gesetzlich berechtigt, finanziell allerdings war ich nicht auf den Betrag angewiesen. Doch häufig hat bewiesener Undank negative Auswirkungen. Undank belastet Häufig belastet der verdiente, aber nicht erwiesene Dank sogar langjährige Freundschaften: Die Stimmung ist verhagelt, die hilfsbereite Person bleibt gekränkt zurück – und gewinnt womöglich den Eindruck, dass ihr selbstloses Handeln heutzutage kein geschätzter Wert mehr ist. Darunter leiden private wie berufliche Beziehungen: Vertrautheit und Verlässlichkeit im Umgang miteinander verschwinden. Im Beruf besteht die Gefahr, dass Undank zur Unternehmens-(Un)kultur wird. „Werde ich ausgenutzt?“ Selbsttest: Wie würden Sie entscheiden? Nicht immer ist der Fall, in dem ein Dank angebracht wäre, so klar wie im Eingangsbeispiel. Im Alltag denken wir www.stil.de Ausgabe 5/2010 • 19 D 6/4 Dankbarkeit im Alltag oft, eine dankbare Reaktion erübrige sich, weil wir eine erwiesene Leistung oder einen gezeigten Gefallen als selbstverständlich empfinden. Doch verhält es sich meistens ganz anders. Im Folgenden möchte ich Ihnen sechs Situationen vorstellen, in denen Sie gefragt sind: Würden Sie sich für einen Dank entscheiden oder nicht? Richtig oder falsch? 1. Ihr Chef hat Ihnen eine Prämie von 500 Euro gezahlt. Für Ihre zuverlässig guten Leistungen, heißt es in dem Begleitschreiben. Das wurde auch einmal Zeit, denken Sie. Anerkennung ist Sache des Ranghöheren. Ein Dankeschön lassen Sie daher bleiben, außerdem sähe es zu sehr nach Anbiederung aus. richtig falsch? 2. Ihre gute Bekannte lädt Sie wie jedes Jahr zum Sommerfest ein. Sie sind bislang immer hingegangen. Dieses Mal ist es nicht anders, ein Mitbringsel haben Sie auch schon. Für die Einladung müssen Sie sich nicht extra bedanken. Ein Brief wäre zu aufwändig, SMS, EMail oder Anruf stillos. richtig falsch? 3. Sie haben zum Geburtstag eine Eintrittskarte für ein Bundesligaspiel bekommen. Sie hassen Fußball. Dieselbe Person hat Ihnen vor einem Jahr das gleiche Geschenk gemacht. Da sind Sie nicht hingegangen. Dieses Jahr verzichten Sie auf ein Dankschreiben. Vielleicht merkt die Person so endlich, dass sie mit dem Geschenk danebenlag. richtig falsch? 4. Ihre Kollegin springt für Sie beim Wochenenddienst ein. Das ist selbstverständlich, denn Sie haben einen Monat zuvor dasselbe getan. Sie freuen sich über das stille Einverständnis und wollen es durch weitere Äußerungen nicht gefährden. richtig falsch? 20 • Ausgabe 5/2010 www.stil.de D 6/5 Dankbarkeit im Alltag 5. In Ihrer Abteilung wurde eine Stelle ausgeschrieben. Zehn Bewerber schafften es ins Vorstellungsgespräch. Die Entscheidung zwischen den beiden Besten war sehr knapp. Sie senden allen ihre Unterlagen mit Dank zurück. Auf ein spezielles Dankschreiben für die Nummer zwei verzichten sie: Diese Person würde sich über die verpasste Chance nur ärgern. richtig falsch? 6. Sie besitzen Eigentum in einer Wohnanlage, in der ein Hausmeister nach dem Rechten schaut. Das macht er gut. Dafür wird ihm am Ende des Jahres zusätzlich zum Gehalt ein Betrag auf sein Konto überwiesen, mit dem Vermerk „Gratifikation“. So weiß er, was im kommenden Jahr wieder von ihm erwartet wird. richtig falsch? Wenn alles so eindeutig wäre … Sie haben es sicher geahnt: Einhundertprozentig richtig oder falsch können Sie die Fragen gar nicht beantworten. Aber es zeichnet sich eine klare Tendenz ab: Sie zeigt in die Richtung, wie Sie Ihr künftiges Verhalten in Situationen, in denen ein Dank möglich erscheint, aussehen könnte. Die Auflösung der sechs Beispiele steht auf Seite D 6/7. Seite D 6/7 Bevor Sie dorthin blättern, möchte ich Ihren Blick noch rasch auf etwas anderes lenken: auf Ihr eigenes Ich. Warum bedanken wir uns so selten? Halten Sie doch einmal kurz inne und horchen Sie in sich hinein: Zeigen Sie sich immer für geleistete Dienste erkenntlich? Bringen Sie den Menschen in Ihrer Umgebung die Anerkennung entgegen, die sie verdienen und sich vielleicht auch wünschen? Vor allem Letzteres entgeht häufig unserer Aufmerksamkeit: In einer Gesellschaft, die immer mehr Leistung von uns verlangt und uns immer weniger Zeit lässt, sind wir häufig zu sehr mit uns selbst beschäftigt. Doch das Lob, das uns selbst voranbringt, tut www.stil.de Ausgabe 5/2010 • 21 D 6/6 Dankbarkeit im Alltag auch anderen gut – wie Peter Düweke, Biologe und Buchautor, im Interview erklärt. Experten-Interview: Anerkennung des Selbst und Anerkennung des anderen Peter Düweke ist promovierter Biologe, Sachbuchautor und Wissenschaftsjournalist. Er hat unter anderem das Buch „Anerkennung. Ohne sie geht gar nichts! Wie Respekt und Wertschätzung unser aller Leben bestimmen“ (Patmos Verlag) verfasst und schreibt für Psychologie Heute, DIE ZEIT, die FAZ u. a. Herr Dr. Düweke, bedanken wir uns zu wenig? Ich fürchte ja. Allerdings sind es nicht phrasenhafte Dankesformeln, die zählen – auf diese können wir meist gut verzichten –, sondern Äußerungen der Aufmerksamkeit gegenüber anderen. Warum fällt es Menschen häufig so schwer, sich erkenntlich und dankbar zu zeigen? Weil es einer Kränkung des Größen-Ichs gleichkommt, anderen Dankbarkeit zu erweisen. Eine innere Stimme sagt: Ich schulde dem doch nichts. Eher schuldet der mir was! Wir geizen mit Dankbarkeit und Anerkennung anderen gegenüber. Wir erliegen dem Irrtum, unabhängig von anderen zu sein. Wir wollen glauben, dass wir total selbstständig wären. Zugleich spüren und fürchten wir bis in die Knochen, dass wir abhängig von anderen sind. Gibt es Wege, die Dankhemmung zu überwinden? Die Haltung gegenüber anderen muss sich ändern. Wir sind gefährlich unausgeglichen zwischen einem narzisstischen (krankhaft selbstliebenden) Größen-Ich und einem amöbenhaften Ich, das keine feste Form, vielmehr eine stets 22 • Ausgabe 5/2010 www.stil.de D 6/7 Dankbarkeit im Alltag wechselnde, fließende Gestalt besitzt. Dieses Ich hängt sehr eng mit Personen in unserer Umgebung zusammen. Erst ganz allmählich taucht ein Selbst auf, das mit anderen stark vernetzt ist. Dankbarkeit von Herzen ist eine Haltung, die auf tiefer Erkenntnis beruht. Erkenntnis steckt z. B. im Sicherkenntlich-Zeigen und natürlich in Anerkennung, die stets Anerkennung des Selbst wie Anerkennung des anderen ist. Bemerkenswerterweise erfahren heute Begriffe wie Dankbarkeit und Demut auch außerhalb religiöser Systeme eine Wiederbelebung. Dankbarkeit und Demut sind Ausdruck des gefühlten Angewiesenseins auf andere. Wie findet man die richtigen Dankesworte? Treffende Worte oder besser, weil überzeugender, emotionale Zeichen wird man von selbst hervorbringen, wenn man erlebt, dass man einem anderen etwas verdankt. Am besten, ich schärfe meine Wahrnehmung für Handlungen anderer, die nicht selbstverständlich sind, sondern Aufmerksamkeit mir gegenüber ausdrücken. Auflösung des Selbsttests: In welcher Situation ist ein Dankeschön angebracht? Nun aber zur Auflösung unserer Beispiele: Was ist selbstverständlich und was nicht? Welche Dank-Entscheidungen sind richtig, welche falsch? Seite D 6/4 Beispiel 1: Warum sollte nur der Vorgesetzte seinem Untergebenen danken? Auch Chefs freuen sich über Komplimente! Was schadet es, wenn Sie sich für eine erhaltene Prämie bedanken? An Ihrer Freude erkennt der Geber, dass er richtig gehandelt hat. Gönnen auch Sie ihm dieses Glücksgefühl. Vielleicht gönnt er Ihnen später eine weitere Prämie … Beispiel 2: Sich für eine Einladung zu bedanken, lässt nur Gewinner zurück. Die gastgebende Person kann mit Ihnen rechnen und gewiss sein, dass die Einladung angekommen ist – im besten Sinne. Ein Antwortbrief wäre vielwww.stil.de Ausgabe 5/2010 • 23 D 6/8 Dankbarkeit im Alltag leicht wirklich zu aufwändig. Um eine Einladung zu bestätigen, ist weder eine SMS noch eine E-Mail und schon gar nicht ein kurzes Telefonat stillos. Beispiel 3: Die schlechteste Antwort auf ein Geschenk ist keine Antwort! Zeigen Sie, dass Sie sich, wenn schon nicht über das Geschenk, dann über die Geste freuen. Dass Sie sich nicht für Fußball interessieren, brauchen Sie nicht einmal zu verheimlichen. Sagen Sie, dass Sie die Karte an Ihre Tochter oder Ihren Sohn weitergegeben haben. Erwähnen Sie auch, dass sie beziehungsweise er begeistert war! Die schenkende Person wird zufrieden sein – und Ihren Geschmack beim nächsten Mal vielleicht besser treffen. Beispiel 4: Die eine hilft dem anderen: Unter Kollegen hilft diese Einstellung am besten weiter. Doch ein Dank sollte schon geäußert werden, auch wenn beide Seiten das gegenseitige Einspringen inzwischen für eine Selbstverständlichkeit halten. Der Satz „Danke, dass du mein Wochenende gerettet hast!“ rüttelt nicht am stillen Einvernehmen. Er bestärkt es. Beispiel 5: Knapp vorbei ist auch daneben – einerseits. Knapp vorbei könnte beim nächsten Mal bedeuten: alles richtig gemacht, diesmal aber voll ins Schwarze getroffen. Ein spezielles Dankschreiben an einen Zweitplatzierten ist Anerkennung und Motivation zugleich, es beim nächsten Wettbewerb genauso gut zu machen und weiter auf das notwendige Quäntchen Glück zu hoffen. Beispiel 6: Eine Anerkennung finanzieller Art tut gut. Noch besser wirkt sie, wenn sie von herzlichen Worten begleitet wird. Natürlich weiß unser Hausmeister durch die Gratifikation, dass er seine Arbeit gut gemacht hat. Mindestens ebenso gern hört und liest er ein Dankeschön. fazit: Mit sechsmal Danke liegen Sie bei den Beispielen goldrichtig – auch wenn es sich in einigen Fällen um Selbstverständlichkeiten handelt. 24 • Ausgabe 5/2010 www.stil.de Dankbarkeit im Alltag D 6/9 Das Zauberwort für eine angenehme Atmosphäre „Danke. Sonst nichts.“ So sollte – folgt man den zahlreichen Image-Ratgebern vor allem US-amerikanischer Provenienz – die Antwort auf ein Kompliment lauten. Sie haben Recht. Mehr ist in einem solchen Fall nicht nötig. Vielleicht noch ein „Das freut mich sehr“. Besser aber ist das schlichte Danke, verbunden mit einem Lächeln, das von Herzen kommt. Wie antworten Sie auf ein Kompliment? Es sind übrigens nicht nur die offensichtlichen Anlässe, etwa ein teures Geschenk, die einen Dank erfordern. Sie müssen mit der Anerkennung auch nicht warten, bis jemand Sie aus einer lebensgefährlichen Situation rettet. Richten Sie Ihr Augenmerk lieber auf andere Anlässe, bei denen jemand sich besondere Mühe gegeben hat, um Ihnen zu helfen oder eines Ihrer Anliegen zu unterstützen. Sterben und leben lassen Der Komponist und Dirigent Gustav Mahler erreichte 1897 den Höhepunkt seiner Karriere: Er wurde Künstlerischer Direktor der Wiener Hofoper. Doch wurde er am damals größten Theater der Welt nie so recht glücklich. Verbittert nahm er zehn Jahre später seinen Abschied. 1911 starb er. Wenige Tage vor seinem Tod klagte er gegenüber Freunden: „Österreich ist schon ein seltsames Land. Muss man hier unbedingt erst gestorben sein, damit einen die Leute leben lassen?“ Seine Äußerung legt nahe, dass er sich über ein anerkennendes „Danke“ zu Lebzeiten gewiss gefreut hätte. Wertschätzung zu Lebzeiten Faustregel für den mündlichen Dank Sobald Sie einen Dank aussprechen, zeigen Sie Ihre Wertschätzung für andere Menschen – und für das, was diese für Sie getan haben. Gründe, jemandem dankbar zu sein, gibt es www.stil.de Ausgabe 5/2010 • 25 D 6/10 Dankbarkeit im Alltag viele. Gelegenheiten, diesen Dank sofort mündlich zu äußern, kaum weniger: Doch wie äußern Sie diesen Dank? Hier hilft Ihnen eine faustregel: Je länger das Ereignis zurückliegt, desto ausführlicher sollte Ihr Dank ausfallen. Nach dem Auspacken eines Geschenks, in Anerkennung eines guten Service, als Reaktion auf eine kleine Gefälligkeit oder eine spontane Hilfeleistung im Alltag, als Antwort auf eine hilfreiche Auskunft reicht meistens ein Satz: „Danke, ich freue mich so!“ „Danke, Ihren Service fand ich ausgezeichnet!“ „Danke, das war total nett von dir!“ „Danke, Sie haben mir sehr geholfen!“ Dankbekundungen wie diese werden Ihnen vielleicht etwas knapp erscheinen. Das mag sein. Doch sind sie alle ehrlich und wirken authentischer als so manche Lobeshymne. Dankesworte an die Service-Kraft? Vielleicht lässt sie noch eine andere der genannten Antworten stutzen: Nummer zwei. Sollte man sich wirklich bei der Bedienung in einer Gaststätte bedanken? Für eine Leistung, die mit einem Trinkgeld schon abgegolten ist? Die Antwort lautet: ja! Früher war es in Restaurants und Kaffeehäusern oft selbstverständlich, das Personal nicht wahrzunehmen. Also war es auch nicht üblich, sich mit Dankesworten an die Service-Kraft zu wenden. Heute hat sich das gewandelt. Der Kellner oder die Serviererin ist ein Mensch, der sich Mühe gibt, es Ihnen recht zu machen, und für dessen Service Sie ihm ruhigen Gewissens danken dürfen – etwa beim Hinausgehen oder wenn die Gelegenheit gerade 26 • Ausgabe 5/2010 www.stil.de Dankbarkeit im Alltag D 6/11 günstig ist. Sagen Sie einfach: „Danke für den guten Service! Ich hatte heute in Ihrem Restaurant einen wunderbaren Abend.“ Große Worte sind nicht nötig Um sich zu bedanken, brauchen Sie nicht viel zu sagen. Nennen Sie schlicht und einfach den Anlass, warum Sie sich bedanken. Lassen Sie Ihr Gegenüber wissen, wie Sie sich fühlen, was genau Sie an seiner Leistung schätzen und welchen Nutzen Sie daraus gezogen haben. Investieren Sie dafür umso mehr in Ihre Gestik und Mimik: Ihre Augen sollten strahlen und Ihr Herz sollte mitlachen. Ihr Adressat wird dies aufmerksam registrieren. Auch ohne dass Ihrerseits große Worte kommen, wird der oder die Betreffende merken, ob die Freude echt ist und der Dank von innen heraus kommt. Das Unwort (nicht nur) beim mündlichen Dank Ein Wort sollten Sie beim Dank auf jeden Fall vermeiden. Sie entnehmen es einer Anekdote, die der Opern- und Theaterregisseur Hans Neuenfels anlässlich einer Preisverleihung seinem Publikum erzählte: Immer ein störendes Aber Meine Eltern hatten immer ein Aber, auch beim Lob. Zur heutigen Ehrung hätten sie gesagt: „Gut, dass du da bist, aber warum hast du keine Krawatte an?“ Solche Begrenzungen haben mich immer gestört; ich habe immer auf das Aber gewartet. Ihnen, meine Damen und Herren, danke ich ganz besonders für die Anerkennung, die ich ganz ohne ein Aber bekommen habe. Reizwort „Aber“ Halten Sie es beim Dank, wie Hans Neuenfels in seiner Rede gefordert hat: Zeigen Sie sich immer ohne Einwww.stil.de Ausgabe 5/2010 • 27 D 6/12 Dankbarkeit im Alltag schränkung für etwas erkenntlich, ohne „aber“ zu sagen oder Ihre Anerkennung zu relativieren. Echter Dank kennt kein Aber. Schriftlicher Dank I: Wenn Sie per Karte oder Brief reagieren Als Reaktion auf Geschenke, auch wenn Sie diese persönlich überreicht bekamen, in Anerkennung wiederholter Gefälligkeiten und besonderen Einsatzes im Berufsleben wie auch einer außergewöhnlichen privaten Hilfeleistung ist ein schriftlicher Dank angebracht. Er ist am stilvollsten, wenn er per Brief oder Karte erfolgt. So zeigen Sie, dass Sie sich über ein Geschenk gefreut haben Je größer das Geschenk, das Sie erhalten haben, desto ausführlicher sollte der Dank ausfallen. Doch was heißt ausführlich in diesem Zusammenhang? Ganz einfach: Ab einer bestimmten Geschenkgröße sollten Sie – oder sollte Ihr Kind, nachdem es etwas bekommen hat – sich schriftlich bedanken. Schriftlich oder mündlich? Ein Brief oder eine schöne Postkarte signalisiert: Das Geschenk ist mir so viel wert, dass ich mir für meine Dankesworte Zeit nehme. Versenden Sie Ihren Dank eine, spätestens zwei Wochen nach Erhalt des Geschenks. Versuchen Sie sich dabei in die Situation des Empfängers zu versetzen. Lesen Sie noch einmal die dem Präsent beiliegenden Zeilen oder schauen Sie sich das Geschenk noch einmal genau an. Dann fallen Ihnen garantiert die richtigen Worte ein! Je individueller Sie auf das Geschenk eingehen, desto besser. Dazu noch ein wichtiger tipp: Wurde das Geschenk von einem handschriftlichen Brief begleitet, sollten Sie auch Ihre Dankesworte unbedingt handschriftlich verfassen. 28 • Ausgabe 5/2010 www.stil.de Dankbarkeit im Alltag D 6/13 Bedanken Sie sich für das Engagement, von dem Sie profitieren Auch im Berufsleben sind Dankesworte wichtig. Viele Aufgaben, die Kollegen täglich für uns übernehmen, finden wir selbstverständlich. Das sollte aber niemanden davon abhalten, sich gelegentlich dafür zu bedanken. Legen Sie beispielsweise Ihrer Sekretärin, die jeden Werktag vollen Einsatz zeigt und viele zusätzliche Aufgaben übernimmt, eine schöne Postkarte mit einem Blumenstrauß auf den Schreibtisch – verbunden mit folgenden Dankesworten: „Liebe Frau Schmidt, Sie erleichtern mir meine tägliche Arbeit ungemein. Leider sage ich Ihnen aber nicht täglich, wie dankbar ich Ihnen dafür bin. Heute will ich es deshalb umso deutlicher tun: Danke, Frau Schmidt, für Ihre hervorragende Arbeit und Ihren nimmermüden Einsatz!“ Bei besonderen Anlässen ist es angemessen, dem Dank mit einem kleinen Geschenk Nachdruck zu verleihen. www.stil.de Ausgabe 5/2010 • 29 D 6/14 Dankbarkeit im Alltag Bei vielen Anlässen erfreut – und motiviert – ein kurzes Schreiben viel stärker als ein mündlicher Dank, etwa wenn ein Mitarbeiter für einen kranken Kollegen einspringt; eine anspruchsvolle Aufgabe mit Bravour bewältigt hat; ein schwieriges Problem gelöst hat; immer für ein gutes Arbeitsklima in Ihrer Abteilung sorgt; einen schwierigen Geschäftspartner zufrieden gestellt hat. Danke, dass ihr so gut wart! In einem Unternehmen für Hebekräne hatte ein junger Mann gerade seinen ersten Kran verkauft. Hocherfreut bedankte er sich schriftlich bei allen, die an der Aktion mitgewirkt hatten. Er sprach dem Leiter der Transportabteilung seine Anerkennung aus, weil der Auftrag prompt bearbeitet und die Ware ohne Pannen ausgeliefert worden war. Er teilte der Lackiererei mit, wie stolz er war, als nach dem Auspacken des Krans die rote Farbe so schön leuchtete. Und er machte es sich zur Gewohnheit, alle Beteiligten wissen zu lassen, dass sie Wertvolles für ihn geleistet hatten. Im Lauf der Jahre wurde der junge Mann zum angesehensten Mitglied der Belegschaft – und später sogar Präsident des Unternehmens. Seine Strategie, sich schriftlich zu bedanken, eignet sich auch für Schüchterne, denen es schwerfällt, ihre Gefühle anderen zu zeigen. Napoleon Hill, Ein Jahr des Erfolgs. Bonn 1996 Würdigen Sie Aufmerksamkeiten und uneigennützige Hilfeleistungen Vielleicht ist Ihnen Ähnliches im letzten Winter passiert: Ich hatte einen Termin an einem Ort, den ich nur per Auto 30 • Ausgabe 5/2010 www.stil.de Dankbarkeit im Alltag D 6/15 erreichen konnte. Da der Wagen bei extremer Kälte eine Woche lang nicht bewegt worden war, sprang er nicht mehr an. Ein Nachbar, mit dem ich nie viel zu tun hatte, hörte mein Schimpfen und sah meine vergeblichen Bemühungen. Fünf Minuten später stand sein Auto neben meinem, und er gab mir Starthilfe. „Ist doch selbstverständlich“, meinte er nur, „unter Nachbarn hilft man sich eben.“ Solche selbstlosen Einsätze sollten mit einem handschriftlichen Dank gewürdigt werden. Eine Postkarte oder ein kurzer Brief reicht aus, eventuell auch noch ein kleines Geschenk. Das kann eine Minifigur mit Kettenverschluss sein, die sich zum Beispiel im Wageninnenraum am Rückspiegel befestigen lässt, oder auch eine Schachtel mit edler Schokolade oder Lübecker Marzipan. Schriftlicher Dank II: Darf es auch eine SMS oder E-Mail sein? Nicht immer müssen Sie für ein Dankschreiben zur Feder greifen. Auch eine kurze Meldung per SMS aufs Handy oder via elektronischer Post kann diesen Zweck erfüllen. Falls Sie also, beispielsweise für einen hilfreichen Tipp, kurz danken wollen, tun Sie dies per SMS, und sei es nur als Ankündigung eines späteren mündlichen Dankes: „Lieber Hans, Dein Tipp war Gold wert, und meine Präsentation ein voller Erfolg! Mehr dazu später, ich melde mich. Jetzt erst einmal: Danke!“ Wann eine Dankes-E-Mail angemessen ist Wenn Sie mit jemandem häufiger per E-Mail kommunizieren, ist dieser Weg auch für einen Dank nicht verkehrt. Selbst eine persönliche E-Mail an gute Freunde, beispielsweise als Ergänzung zur vorgedruckten, allgemein gehaltenen schriftlichen Danksagung nach einer Hochzeit, ist www.stil.de Ausgabe 5/2010 • 31 D 6/16 Dankbarkeit im Alltag erlaubt: Zeigt ein solches persönliches Schreiben doch dem Empfänger, wie sehr das Brautpaar sich über dessen liebevoll ausgesuchtes Geschenk oder den sorgfältig vorbereiteten Beitrag zur Feier gefreut hat. Dankesrede: So würdigen Sie langjähriges Engagement Es gibt Anlässe, die einen ganz besonderen Dank erfordern. Warum nicht im Rahmen einer Rede? Einen besonderen Stellenwert besitzen und eine besondere Würdigung erfordern die langjährige Mitgliedschaft in einem Verein; die langjährige Unterstützung eines guten Zweckes; die langjährige Tätigkeit in einem Ehrenamt. Die Besonderheit all dieser Tätigkeiten ist die lange Dauer des Einsatzes. Signalisieren Sie mit Ihrer Dankesrede, dass so viel Engagement nicht selbstverständlich ist. Gerade diejenigen Menschen haben eine Anerkennung verdient, die sich schon seit langer Zeit für eine gute Sache verdient gemacht haben und ihrem Ehrenamt vermutlich auch in Zukunft verbunden bleiben. Besonderer Dank zum Jubiläum Eine schöne Gelegenheit, um für langjähriges Engagement zu danken, ist ein Jubiläum. Denken Sie aber daran: Ihre Rede sollte in erster Linie den Jubilar erfreuen. Die geehrte Person muss das Gefühl haben, Sie kennen sie gut oder haben sich zumindest ausgiebig über ihre Leistungen informiert. So fühlt der Jubilar sich ernst genommen und im wahrsten Sinne des Wortes geehrt. Eine Dankesrede, die Freude bereitet Gehen Sie auf die persönlichen Verdienste des Jubilars ein. So laufen Sie nie Gefahr, dass Dankesreden jedes Mal gleich klingen. 32 • Ausgabe 5/2010 www.stil.de Dankbarkeit im Alltag D 6/17 Suchen Sie nach historischen Bezügen in Ihrer Dankesrede – und bringen Sie diese mit den herausragenden Eigenschaften des Jubilars zusammen. Ist er technisch begabt? Ein Tüftler? Ein Bastler? Dann stellen Sie den Bezug zu zwei historischen Persönlichkeiten her: Gutenberg + Watt = Schmidt Weil er langwierige Arbeitszeiten und einen kostbaren Rohstoff, die Tinte, einsparen wollte, erfand Johannes Gutenberg Mitte des 15. Jahrhunderts den Buchdruck. James Watt suchte 1765 nach Möglichkeiten, die teure Steinkohle durch einen preiswerteren Energieträger zu ersetzen: Er nutzte den Dampf als Antriebskraft und erfand die Dampfmaschine. Leiten Sie zu dem Dienstjubiläum über: „Sie, lieber Herr Schmidt, sind mit Ihren praktischen Ideen, Ihrem Erfindungsreichtum und Ihrer Tatkraft seit 25 Jahren der Johannes Gutenberg und James Watt unserer Firma.“ Sie müssen allerdings nicht bis zum Jubiläum warten, um sich bei jemandem zu bedanken. Die größte Freude mit einem Dank bereiten Sie jemandem, der nicht damit rechnet. Eine solche Referenz lässt sich in jede Rede einbauen. Bleiben wir beim Vereinsleben: mein erfolgsDie größte Freude: Unerwarteter Dank Ich selbst erlebte einmal, wie bei der Meisterschaftsfeier eines Fußballklubs der Vorsitzende sich ausdrücklich beim Platzwart bedankte: An ihm lag es, dass die – technisch beschlagene – Heimmannschaft ihre Spiele stets unter hervorragenden Bedingungen austragen konnte. Der Platzwart hatte eine solche Anerkennung zwar verdient, aber nicht erwartet, und das gesamte Publikum war zutiefst gerührt. www.stil.de g e h e i m n i s Ausgabe 5/2010 • 33 D 6/18 Dankbarkeit im Alltag Es ist nie zu spät: Verpasster Dank Zum Schluss möchte ich noch ein Problem anschneiden, dass auch Ihnen eventuell schon begegnet ist: Es gibt Situationen, in denen man sich nicht bedanken kann: weil die Zeit drängt, weil man nicht zu Wort kann, weil ein blöder Zufall oder ein Sachzwang es verhinderte. Auch für solche Fälle verhinderten Dankes gibt es eine faustregel: „Es ist nie zu spät.“ Für einen verspäteten Dank empfiehlt sich die schriftliche Form. Am besten eignet sich ein Brief. Nehmen Sie sich beim Formulieren Zeit. Rufen Sie sich die Situation noch einmal in Erinnerung und erklären Sie, warum der Dank ausblieb. Der Empfänger, das garantiere ich Ihnen, wird sich freuen! Der Dank des berühmten Schriftstellers Von den Werken B. Travens wurden 40 Millionen Exemplare verkauft. Der Schriftsteller lebte und starb in Mexiko. Geschrieben hat er auf Deutsch, früher lebte er in München. Dort nannte er sich Ret Marut und gab den Ziegelbrenner heraus, eine linke Zeitschrift. Nach der Zerschlagung der Münchner Räterepublik im Mai 1919 landete er vor einem Feldgericht und sollte erschossen werden. Als der Mann, der vor ihm an der Reihe war, sich heftig wehrte, nutzte Marut die entstehende Unruhe zum Sprung aus einem geöffneten Fenster. In einer weiteren, illegal gedruckten Ausgabe des Ziegelbrenner ließ er die Leserinnen und Leser wissen, dass sein Entkommen nicht allein sein Verdienst war: „Zwei Soldaten, in denen einen Augenblick lang wohl ein Funken Menschlichkeit aufstieg, als sie sahen, wie hier mit dem Kostbarsten, was der Mensch besitzt, mit dem Leben, umgegangen wurde, waren an diesem Entkommen nicht unbeteiligt. Ihnen sei an dieser Stelle gedankt für die Erhaltung eines Menschenlebens.“ 34 • Ausgabe 5/2010 www.stil.de