Der grosse Kock-out in sieben Runden [Herbert - E

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Der grosse Kock-out in sieben Runden [Herbert - E
Der grosse Kock-out in sieben Runden [Herbert
Heckmann]
Autor(en):
Heisch, Peter
Objekttyp:
BookReview
Zeitschrift:
Nebelspalter : das Humor- und Satire-Magazin
Band (Jahr): 99 (1973)
Heft 17
PDF erstellt am:
20.01.2017
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Peter Heisch hat für Sie
ausgesucht und gelesen:
«Der große Knock-out
in sieben Runden.»
Von Herbert Heckmann,
Carl Hanser Verlag, München.
Es waren Europäer, die vor mehr
als vierhundert Jahren den ameri¬
Kontinent entdeckten,
«zivilisierten» und mit dem über¬
schwenglichen Impetus des lange
bewunderten Pioniergeistes zum
Land der unbeschränkten Möglich¬
keiten umkrempelten. Dann setzte,
im vorigen Jahrhundert, die Ge¬
genbewegung ein: Amerikaner (u. a.
Mark Twain) bereisten Europa,
fanden es hoffnungslos rückstän¬
dig, in seinen Traditionen erstarrt
und lächerlich. Heute scheint es
unter jungen europäischen Intellek¬
tuellen Mode geworden zu sein,
Reiseberichte durch die zu monströ¬
sen Gebilden aufgeblähten Städte
der Vereinigten Staaten als Horrortripp und Zukunftsschocker anzu¬
bieten. Auch Herbert Heckmanns
neuer Roman ist eine beißende Sa¬
tire auf die oft genug gegeißelten
Auswüchse des «American way of
life». Doch wäre er nur das, so
könnte man das Buch getrost bei¬
seite legen und dem großen Haufen
ähnlicher literarischer Erzeugnisse
kanischen
überlassen. Was hingegen den be¬
sonderen Wert dieses Buches dar¬
stellt, das ist die in ihm aufgezeich¬
nete Verwandlung eines Individu¬
ums zum stereotypen, auswechsel¬
baren Konformisten. Ein anonymer
Jemand, der als Auswanderer in
Amerika sein Glück versuchen
möchte, berichtet über seinen in
sieben Runden vor sich gehenden
Anpassungsprozeß an die Welt der
Comics und Reklamesprüche, die
ihn mit ihren sich ständig wieder¬
holenden Cliches vom schöneren,
besseren Leben dank dieser oder
jener Markenartikel schließlich
selbst hoffnungslos in den mittel¬
prächtigen Rahmen gängiger Ver¬
haltensnormen hineinpreßt. Der mit
Optimismus und guten Vorsätzen
gepflasterte Weg («America, here I
come!») führt ihn zunächst durch
die Vorhölle von trostlosen Bums¬
lokalen in New Yorker Neger- und
Elendsquartieren hinauf in die bes¬
sere Gesellschaft von Chicago, wo
er sich durch anstrengendes «Keep
smiling» in der absurden Umge¬
bung einer Spielzeugfabrik zwar
bis zum Juniorchef vorboxt, je¬
doch menschlich dabei knock-out
auf die Bretter sinkt. Sein letztes
Wort kennzeichnet vielleicht am
besten die stattgefundene totale
Auslöschung seines Egos mit mo¬
dernen, schmerzlosen Mitteln. Es
lautet einfach «Gulp», in der
Sprechblasen-Artikulation von Do¬
nald Duck.
Der Roman des 1930 in Frankfurt
am Main geborenen Autors ist
nicht zuletzt auch deshalb lesens¬
wert, weil er darin den Beweis er¬
bringt, daß es auch heute noch
sehr wohl möglich ist, kritisches
Engagement spannend und unter¬
haltsam darzustellen. Satz für Satz
landet er seine Treffer, um in be¬
zug auf den Titel im Bild zu blei¬
ben. Eine kurze Szene, die den Ta¬
gesablauf des namenlosen Helden
in der Spielzeugfabrik «Children's
Paradise» schildert, möge dies be¬
keln konnte, sondern sich auch das
Höschen naßmachte und Pipi mur¬
melte. Sie konnte gehen, mit der
Hand wedeln und Sätze sagen:
«Mommy I want another drink of
water» oder «I have five little
toes». Dr. Meadows hatte sie pro¬
grammiert. Die Dinger gingen weg
wie warme Semmeln. Sie hörten
auf den Namen Judy. In Los An¬
geles machten sie sogar einen JudyFan-Club auf, in dem Bill einmal
ein Eiswettessen veranstaltete. Die
Puppen pißten, daß es fast zu einer
zeugen:
Ueberschwemmung kam. In der
statistischen Abteilung wurden sol¬
che Fakten festgehalten und aus¬
gewertet. Ich malte Tabellen und
hielt den Siegeszug von Judy fest.
Nur in Arkansas erlitt Judy eine
Niederlage. Dort fand ein Richter
die Puppen zu frivol, denn sie ka¬
men sowohl in weiblicher als auch
in männlicher Ausfertigung auf
den Markt. Das ging dem Richter
gegen die guten Sitten. Die Presse
bauschte die Sache ungeheuer auf
und wie das so ist, der Absatz stieg.
Bill war jedoch vor allem Ge¬
schäftsmann. Er schickte nach dem
Skandal geschlechtslose Puppen
nach Arkansas, die «Let us pray»
sagten und die Hände falteten.
Die Wogen glätteten sich sofort
und keiner redete mehr von Judy
als einer Ausgeburt des Teufels.
Die schwarzen Judys waren etwas
billiger. Sie konnten nicht spre¬
HAPPY KIDS A BETTER
WORLD
(Wahlspruch der Firma)
Die statistische Abteilung, in der
ich jetzt arbeitete, war das reinste
Irrenhaus. Man stellte die idiotisch¬
sten Fragen und hoffte auf ver¬
nünftige Antworten. Zum Beispiel:
Welche Kinder spielen am liebsten?
Die von reichen Eltern oder die
von armen? Große Fragebogen-
Aktionen wurden vorbereitet, um
dem Geheimnis auf die Spur zu
kommen, welches Spielzeug am be¬
liebtesten sei. Ein Team von zwan¬
zig Befragern interviewte Kinder,
Eltern, Psychologen und Pfarrer.
Resultat: die Puppe war der abso¬
lute Favorit.
Bill stellte eine Puppe her, die
nicht nur mit den Wimpern wak-
chen.
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