Mittags in der Vielharmonie,Im Sultana entdeckt

Transcrição

Mittags in der Vielharmonie,Im Sultana entdeckt
Gratulation an André Münch
und sein Team
Lange kursierten die Gerüchte. Nun ist es amtlich. Das
Restaurant Saphir mit Küchenchef André Münch im Best Western
Premier Hotel An der Wasserburg in Wolfsburg ist mit einem
Michelin-Stern ausgezeichnet worden.
Damit gehört das Wolfsburger Gourmetrestaurant zu den 22
Spitzenrestaurants in Deutschland, die der renommierte Guide
Michelin erstmals in diesem Jahr mit einem Stern dekoriert
hat. »Wir sind sehr froh und überglücklich, das André Münch
und sein Team Sternenglanz in unser Haus zurückgebracht
haben«, so Christine und Christian Rohde, Direktor des 59Zimmer-Hotels,
welches
mit
seiner
historischen
Fachwerkarchitektur und Moderne gegenüber der namensgebenden
Wasserburg Neuhaus liegt. Gourmetkoch André Münch, der bereits
2008 mit einem Michelin-Stern ausgezeichnet wurde, ist seit
Oktober 2015 als Küchendirektor für den gastronomischen
Bereich des Hauses verantwortlich. Im historischen Ambiente
des
Gourmetrestaurants
Saphir
erleben
die
Gäste
außergewöhnliche kulinarische Kreationen. Bis zu 20 Personen
können im Saphir pro Abend bekocht werden. Dies gibt dem
Küchenchef Münch die Freiheit, auch höchstpersönlich die
Gerichte mit aus der Küche an den Tisch zu bringen. Zur Seite
stehen ihm dabei Christoph Neumann und ein Sommelier, der die
Gäste in puncto Wein berät. »Alle Gerichte werden vorab auf
den Wein abgestimmt. Gericht und Getränk sollten optimal
harmonieren. Wenn sich ein Gast einen anderen Wein wünscht,
können wir darauf individuell eingehen und auf den Wein zu
kochen.«
Wir gratulieren André Münch und seinem Team und sind stolz,
einen solchen Gourmettempel im Kulinarisch38-Raum zu haben.
Wir freuen uns, dieses Projekt weiter zu begleiten.
Das
Saphir
Geschmackswelten
eröffnet
Ein Jahr nach der ersten Begegnung traf ich André Münch wieder
und ließ mich von seinem Team kulinarisch verzaubern. Im
Gourmetrestaurant Saphir.
Fast genau ein Jahr ist es her. Da hatte ich mich nach
Wolfsburg auf den Weg gemacht, um André Münch zu besuchen.
Münch war ins idyllisch gelegene Hotel an der Wasserburg
gekommen, um kulinarisch zu zaubern. Ich bin neugierig, was
sich für ihn erfüllt hat, wie sich die Dinge entwickelt haben.
Wir treffen uns diesmal in der Küche. Das Team um André Münch
zeigt offen, wie im Saphir gearbeitet wird. Das Saphir ist das
Gourmetrestaurant im Hotel an der Wasserburg. Der Name weckt
natürlich Assoziationen. Soll er vermutlich auch. Ich bin ein
Freund von Schallplatten. Und so wie der Saphir den gewundenen
Rillen die schönsten Töne entlockt, kann man sich das in
diesem schmucken Gourmettempel vorstellen, wo Aromen und
Geschmackserlebnisse aus dem Gaumen gekitzelt werden. Ein
Bild, das zutrifft, wie ich auf dem Nachhauseweg konstatiere.
Aber von vorn. 17 Uhr: Ich treffe André Münch auf dem
Parkplatz. Wenn andere von der Arbeit nach Hause kommen, fängt
er erst an. Seine Küchenmannschaft um den zweiten Küchenchef
Oskar Majewski ist bereits fleißig. In der Küche herrscht
emsiges Treiben. Und auch wenn heute noch einiges anliegt, wie
mir André Münch verrät, kann ich keinerlei Anspannung spüren.
Ruhige Atmosphäre
Im Gegenteil. Münch macht als Erstes Musik an, die in der
Küche eine fast häusliche Atmosphäre verbreitet. Danach hievt
er ein großes Paket auf die Anrichte. Neugierige Blicke. Da
kommt Feines per Post. Zutaten, bei denen einem gleich das
Wasser im Munde zusammenläuft. Für mich geht es heute um das
Saphir Menü, das aktuell angeboten wird. Gleichzeitig läuft
vom Hamburger bis zum Burger das »normale Programm« in der
Küche durch. Das Restaurant selbst, in dem wir uns einen
schönen Platz suchen, ist gemütlich, ein bisschen wie gedämpft
und offen zugleich. Durch eine kleine Scheibe kann man sogar
von einer Tischgruppe in die Küche schauen, während das Essen
genossen wird. Es ist ein Raum, in dem Träume wahr werden.
Träume, die mit viel Aufwand und Kunstfertigkeit direkt
nebenan geschmiedet worden sind. Im Saphir kann der Gourmet
sich vom 3-Gang-Menü bis zum 7-Gang-Menü laben. Viel Zeit, ein
persönlich umsorgender Service und erlesene Weine machen den
Abend wirklich zu einem Erlebnis.
Die Appetizer
Ich pendele zwischen Küche und Restaurant. Zunächst ein Gruß
aus der heiligen Stätte. Während ich am frisch gebackenen
Kartoffelbrot schnuppern darf, formt André Münch aus Butter
feine Rosen. Für ihn sicher die leichteste Übung. Ich würde
vermutlich hier bereits einige Mühe haben… Das knusprige,
selbst gebackene Brot, ein wunderbar kräftiges Olivenöl, das
mit frischen Kräutern versetzt ist. Dazu ein hausgemachtes
Kräutersalz: Es sind immer die einfachsten Sachen, an denen
sich Qualität messen lässt. Frische und ein pikanter Geschmack
öffnen den Gaumen. Das Brot hat eine feine, offene Krume und
eine gute Kruste. Während ich noch die ersten Fotos bei der
Zubereitung schieße, wird im Hintergrund schon die »Steinzeit«
zubereitet. Derweil bekomme ich eine Apfeltarte vom
französischen Patissier Jean Baptiste Regnard zur Probe
gereicht. Herrlich. Dann im Restaurant der Appetizer des
Menüs. Der Stein mit dem Moos. André Münch hatte davon im
letzten Jahr berichtet. Nun sehe und schmecke ich ihn live.
Und in Farbe.
Eintöpfe und Weinfragen
Das Thema »Steinzeit« ist verspielt aufgegriffen und wirkt
trotzdem nicht artifiziell. Alles bleibt natürlich. Mit einem
Knäckebrot kann man die Kräutercreme abschaben. Oder man
streicht sie sich auf ein Stockbrot, das als Kontrast zum
Knäcke herrlich saftig ist. Dazu gibt es Kressevariationen,
die die Oberfläche optisch »moosig« machen und allerlei
Anderes, das ich so schnell gar nicht ausmachen kann. Der
nächste Gang: Eintopf ist Understatement. Der Untertitel: Vom
Carabiniero mit Mango, Safran und Limoncello, zeigt schon
eher, worum es hier geht. Carabinieros sind rote
Riesengarnelen mit einem unglaublich intensiven Geschmack.
Zusammen mit den fruchtigen Aromen von der Mango und dem
hausgemachten Limoncello ist das ein »Eintopf«, der
Begeisterung weckt. Leider muss ich heute mit dem Auto fahren.
Denn ich denke die ganze Zeit darüber nach, welcher Wein wohl
am besten passen würde. Die mineralisch, komplexen Noten eines
Rieslings vielleicht? Oder mehr ein fruchtigerer
Weißburgunder? Ich bin mir sicher, der sympathische Sommelier,
der zwischendurch vorbeikommt, wüsste bestimmt Rat.
Effekt und Wirkung
Vor dem Hauptgang, ein BBQ vom US-Herford Rind mit Mais,
Grillkartoffeln und Schalotten geht es noch mal in die Küche.
Dort wird gerade das Rinderfilet geschnitten. Das heißt, wie
ich später feststelle, schneidet es sich vermutlich wohl von
selbst. Denn es zergeht förmlich auf dem Gaumen. Das
Besondere. Unter einer Glocke wird das Ganze gesmoket. Und vor
den Augen des Gastes entweicht der aromatische Dampf dann,
wenn die Glocke angehoben wird. Ein Spektakel sicherlich. Aber
die feinen Rauchnoten zeigen eben auch, was das Verfahren
bewirkt. Davor gab es übrigens ein Sorbet spezieller Art. Wie
ein Espresso serviert, reichte André Münch eine Gemüseessenz,
die sich bei 68 Grad mit viel Zeit und in Apfelsaft im
Vakuumbeutel reduzierte. Dieses schonende Verfahren sorgt
dafür, dass alle Farb- und Geschmacksstoffe aus den Zutaten
gekitzelt werden. Vorher wurden Wurzelgemüse und Pilze bei 130
Grad im Ofen geröstetet. Das wiederum erzeugt die würzigen
Noten, die fast ein bisschen an den wirklichen Espresso
erinnerten. Nun kamen die Desserts, die schon allein ein Menü
für sich wären. Zunächst die Pflaumen Streusel mit belgischer
Schokolade, Pflaume, Streusel, Schlag in Texturen. Textur, das
ist ein Begriff, der sonst in anderen Zusammenhängen benutzt
wird.
Texturen und Geschmackswelten
In der Gourmetküche muss man ihn einfach erleben. Und das geht
bei diesem Dessert (zu dem ein Malvasia passen würde, finde
ich) bestens. Zunge und Gaumen schmecken nicht nur. Sie lassen
überdies die Struktur, die Beschaffenheit der Speise
»erfühlen«. Hier sind es »crispige« Texturen, cremige,
pudrige, fruchtig-frische. Dazu die Geschmacksnuancen, die
sich auch bei der nächsten Kreation finden, wo die leichte
Süße eines weißen Beizers mit der Frische der Himbeere
harmoniert. Schließlich gibt es zum Schluss eine »Zigarre«. In
süßer Form. Das Ganze ist schon eine Augenweide. In einem
Humidor werden Pralinen gereicht aus zarter, knackiger
Schokolade und einer leichten Creme, leckere Macarons,
geeister Espresso und die zwei Zigarren, die wie ihre
rauchenden Verwandten aussehen. Nur eben aus Schokolade mit
einer himmlischen Schokoladencreme. Was da in der Küche von
André Münch gezaubert wird, ist wie ein Musikstück, deren
Sätze verschiedene Stimmungslagen erzeugen.
Die besonderen Momente
So etwas ist in der Kategorie des Essengehens eine
Besonderheit. Sicher nichts für »täglich«. Dazu sind auch die
Eindrücke zu überwältigend. Man bezahlt dafür natürlich mehr
als bei einem »normalen« Menü, was nicht unbedingt schlechter
sein muss. Egal wie einfach ein Essen ist. Ob gut oder
schlecht entscheiden am Ende nur die Zutaten und die
Zubereitung. Aber Geschmackserlebnisse wie im Saphir sind
jedoch am Ende differenzierter und reichhaltiger und eröffnen
Eindrücke, an die man sich lange erinnern wird. Für den
besonderen Moment sollte man sie sich aufsparen.
Neues
Mittagsbuffet
Restaurant Chardonnay
im
Sonntags keine Lust, um zu kochen? Dann könnte man nach einem
gemächlichen Start in den Tag in die Autostadt fahren, um im
Restaurant Chardonnay das neue Mittagsangebot zu nutzen.
Bild: Autostadt, Anja Weber
PM-Autostadt. Ab sofort bietet das Autostadt Restaurant
Chardonnay seinen Gästen sonntags ein besonderes
Mittagsangebot. In der Zeit von 12 bis 15 Uhr werden je nach
Jahreszeit wechselnde Vorspeisen wie etwa Kalbs-Carpaccio mit
Zitronen Olivenöl und Parmesan, Kohlrabi-Carpaccio mit
Trüffelöl und Champignons, Carpaccio von alten Tomatensorten
oder Lachs-Carpaccio mit Sesamöl und Avocado serviert. Als
Hauptgänge stehen Kalbfilet im Kräutermantel, Gnocchi in
Gorgonzola, Sommerliches Gemüseragout oder Zander im FenchelTomaten-Safransud zur Auswahl. Den kulinarischen Abschluss
bilden raffinierte Desserts: Allerlei von Apfel und Birne,
Hausgemachtes Eis sowie Dreierlei von Mousse au Chocolat. Das
Lunchbüffet kostet 29,50 € pro Person.
Autostadt Chardonnay Lunchbuffet Fotos: Anja Weber
Mittags in der Vielharmonie
Mittags in der Vielharmonie in Braunschweig ist der rechte
Ort, um in der Mitte des Tages kulinarisch zu entspannen.
Das Mittagsgeschäft ist bei Restaurants sicher nicht so
beliebt. Manche bieten es erst an und müssen dann die Segel
streichen. Mittagstisch bringt nicht so viel ein, denn in der
Regel kostet das Essen weniger für die Gäste. Und viele
schieben sich in der Tagesmittenpause lieber schnell quer
etwas rein, statt sich in Ruhe hinzusetzen. Um den Bankplatz
in Braunschweig herum ist jedoch ein Ort, an dem man sich,
besonders jetzt im Sommer, eine richtige Mahlzeit gönnen
sollte zwischen den beiden Arbeitshälften. Oder wenn man am
Shoppingtag eine kontemplative Pause benötigt. Bäume, aber
auch Sonne. Schöne Architektur. Viel Platz. Und durch zwei
ansprechende Restaurants mit Stühlen und Tischen draußen eine
belebte Atmosphäre, die trotzdem vom Trubel der City abgelegen
ist. In der Vielharmonie probierten wir den normalen
Mittagstisch. Um die 10 Euro, variierend, entweder mit Voroder Nachspeise.
Ungewohnte Ausblicke
Ich traf mich mit einem Freund und wir nahmen beide die
Nachspeise. Eine Aprikosen-Pannacotta, deren Vanillenote
grandios schmeckte, während die Aprikosen selbst etwas blass
waren. Das ist offenbar ein generelles Problem dieses Obstes,
das selten Aroma hat. Woran das auch immer liegen mag. Die
beiden Hauptspeisen waren ein Genuss. Fish & Chips locker und
gut frittiert. Wer sich bei manch schlechtem Imbiss in
Deutschland abgewöhnt hat, diese Spezialität zu essen, der
sollte sie, wenn sie denn in der Vielharmonie wieder auf die
Mittagskarte kommen, unbedingt probieren. Das gilt genauso für
das fast schon ausgestorbene Zigeunerschnitzel, das man sonst
besser meidet. Das liegt mutmaßlich daran, dass das Schnitzel
der Balkan-Spezialität meist unter einer undefinierbaren
Tomatensauce vergraben ist, in denen sich ebenso
undefinierbare stückige Teilchen verlieren. Hier war es
dagegen der pure Geschmack gereifter roter Paprika, ein zartes
Schnitzel und Pommes Frittes, die ihren Namen verdienen.
Im
Sultana
entdeckt
Syrien in Braunschweig
man
Seit einiger Zeit gibt es mit dem Sultana in Braunschweig ein
syrisches Restaurant, das leckere Gerichte auf den Tisch
bringt.
Wer »Syrer« hört, denkt zuerst an Flucht. An Flüchtlinge.
Syrien steht für Bürgerkrieg, Zerstörung, Gewalt. Und Aleppo
erst recht. Die Stadt verdichtet all das Grauen, das uns nur
ganz abstrakt jeden Tag über die Nachrichtenkanäle erreicht.
Aber hinter den Flüchtlingen stehen Menschen. Hinter den
zerstörten Städten Geschichte. Aleppos Altstadt ist von der
UNESCO 1986 zum Weltkulturerbe ernannt worden. Aber
menschlicher Irrsinn hat die Stadt ebenso zerstört, wie
Braunschweig vor über 70 Jahren. Die Menschheit lernt nur
wenig dazu, scheint es. Und so ist es nur ein Bild, das im
Eingang des Restaurants Sultana in Braunschweig zur
unversehrten Zitadelle Aleppo hochführt. Anas Sawas hat dieses
Restaurantprojekt für die Löwenstadt realisiert und er zeigt
damit, dass syrische Kultur mehr als das ist, was wir
tagtäglich hören. Inzwischen hat der frühere IT-Berater seine
Familie nach Deutschland geholt und bewirtet seit einiger Zeit
seine Gäste. Oben im Erdgeschoss hat er freundlich, helle
Gasträume geschaffen. Unten, im Gewölbekeller geht es
gemütlich zu. Dort ist auch Platz für große Familienfeiern.
Am besten probieren im Sultana
Die Karte ist angenehm klein. Man wird nicht mit gefühlten
hunderttausend Gerichten belästigt, die am Ende doch nur die
Variation des Immergleichen sind. Ich wähle das
Überraschungsmenü. Mit den Namen kann ich sowieso nichts
anfangen. Also ist eine kulinarische Entdeckungsreise
angesagt. Und die lohnt sich. Vorweg gab es, nach einem Gruß
aus der Küche, eine Linsensuppe, leicht cremig und wie alles
andere mit Gewürzen, die den Gaumen überraschen. Kreuzkümmel
und Koriander schmecke ich heraus. Der Rest kann gelegentlich
erfragt werden. Aber Schönheit braucht wie guter Geschmack
keine Namen. Und so kann und sollte man die Spezialitäten des
Sultana-Tellers genießen. Spieße und vor allem verschiedene
Hackfleischvariationen, die in Syrien offenbar gern in Teig
eingebacken werden dazu ein frischer Salat. Ursprünglich wird
in einem syrischen Restaurant gemeinsam eine Auswahl an
Vorspeisen und Hauptspeisen bestellt. So jedenfalls steht es
in einem Reisebericht, den ich mir vorher zur Hand genommen
habe. Und so sieht dann auch der Teller aus, bei dem die
Auswahl hier für jeden Gast allerdings einzeln mit leckeren
Hummusdips serviert wird.
Ohne Alkohol geht’s auch
Während sich Anas Sawas hier an hiesige Esstraditionen
angepasst hat, ist er in einem anderen Bereich konsequent. Es
gibt im Sultana kein Alkohol. Weder Bier noch Hochprozentiges
aus Anis. Während für die früher in Aleppo zahlreich lebenden
Christen Spirituosen kein Problem darstellen, ist für Muslime
das Trinken dieser Getränke bekanntlich tabu. Das ist aber
nicht der entscheidende Grund für Anas Sawas, auf Alkohol für
seine Gäste zu verzichten. Er möchte die Aleppo-Spezialitäten
so servieren, wie das zu Hause üblich ist. Und da trinkt man
eben etwas anderes. »Wir möchten, dass unsere Gäste möglichst
erstklassig mit den originellen Speisen bedient werden. Und
wir wollen uns nicht wegen eines wirtschaftlichen Vorteils
durch den Verkauf von Alkohol in unserer Küche verbiegen,
indem wir unseren Gästen etwas anbieten, bei dem wir eine
klare Nullnummer sind. Bei einem Italiener kennt man sich mit
Wein aus. Bei uns nicht.«, so Sawas. Insofern ist der Verzicht
ein Stück Authentizität und tut dem Genuss keinen Abbruch. Ich
habe zum Essen ein Glas erfrischendes Ayran bestellt. Das
nächste Mal werde ich einen der zahlreichen Teespezialitäten
probieren. Es gibt aber auch zahlreiche andere Angebote, die
gewählt werden können. Das Dessert, wiederum eine Teigtasche,
die mit einer Art Quark gefüllt gewesen zu sein schien, hat
das reichhaltige Essen gut abgerundet. Ein Hauch Rosenwasser
schwebt über dem süßen Abschluss und lädt zu einem erneuten
Besuch ein.
EM Lounge im Spiegelsaal des
OX
Alles rüstet sich zur Fußballeuropameisterschaft. Öffentliche
Leinwände werden aufgebaut und auch im Steakhaus OX in
Braunschweig kann man Kulinarik und sportlichen Wettkampf
genießen.
Vorbei sind die Zeiten, wo sich die Länder auf dem alten
Kontinent kriegerisch maßen. Heute geht’s auf dem Spielfeld
mehr oder weniger fair zu. Und so etwas wie die EM ist schon
längst zum gemeinschaftlichen Event geworden, das man nicht
mehr nur allein vor dem Fernseher erlebt. Während man sich
1954 zum Gewinn der ersten Weltmeisterschaft noch in der
Kneipe treffen musste, weil es nicht genügend Fernsehapparate
gab, suchen die Menschen jetzt bewusst den öffentlichen Raum,
obwohl sie über Bildschirmgrößen verfügen, von denen unsere
Eltern und Großeltern nicht einmal zu träumen wagten. Eine
besondere Location künftiger EM-Freuden (oder Leid) in der
Kulinarisch38-Region haben uns angeschaut. Im OX hätte man
nicht unbedingt damit gerechnet. Aber andererseits hat das
Steakrestaurant in Braunschweig mit der OX-Hütte schon
gezeigt, dass sich hohe Kochkunst und Partystimmung nicht
ausschließen.
Besondere EM-Special im OX
Mit Fanartikel hat sich das Serviceteam schon eingedeckt, wie
wir uns bei einem Besuch vor Ort überzeugen konnten. Ab dem
10. Juni ist dann auch der »Spiegelsaal« des OX entsprechend
eingerichtet. Bis 10. Juli gibt es neben hoffentlich
spannenden Fußballminuten auch ein paar EM Specials.
Restaurantleiter Max Köther hat sich mit seinem Küchenteam ein
paar besondere Spezialitäten überlegt: Etwa den OX Lamm Burger
mit Süßkartoffeln Pommes, ein leckeres Chili con Carne mit
Brot von Bäcker Gaue, Sashimi vom Thunfisch & Lachs, ein Beef
Tea mit Brot und Butter oder einen vegetarischen Wrap mit
Blattsalat. Auch für EM-kompatible Getränke ist gesorgt. Warum
also nicht ein gutes Fußballspiel mit einem kulinarischen
Genuss verbinden? Wenn »wir« verlieren, bekommt man den Trost
gleich mit geliefert. Und, wenn es gut ausgeht: Feiern kann
man eh am besten mit anderen Menschen zusammen.
Winzerdinner
Terra
im
Restaurant
Wir waren beim Winzerdinner im Restaurant Terra und erlebten
eine kulinarische Traumhochzeit zwischen fränkischem Wein und
hiesiger regionaler Küche.
Vorreden sind aus der Mode gekommen. Bei Schriftstellern wie
Erich Kästner sind sie noch eine wunderbare Einstimmung auf
das, was kommt. Im Internet sind sie dagegen gar nicht
»erlaubt«. Die SEO – Optimierung etwa schlüge an dieser Stelle
des Beitrages bereits die »Hände über den Kopf« zusammen und
verlangte nach den richtigen Schlagwörtern, kurzen Sätzen und
Backlinks: Restaurant Terra, Wolfsburg, Autostadt,
Winzerabend. Dabei schwirrt mir stattdessen eine kleine
Begebenheit durch den Kopf. Vor einigen Jahren hatte ich ein
ungewöhnliches geschäftliches Treffen. In Berlin und noch dazu
an einem Ort mit klangvollem Namen. Dem Adlon. Man traf sich
vor dem Frühstück im Schwimmbad des Hotels, um anschließend
gemeinsam zu essen. Das ist nicht gerade die klassische Art,
wie man sich einer Institution wie dieser nähert. Aber eine
Eindrückliche. Ich übernachtete bei einem Freund, quälte mich
durch die morgendlichen U-Bahnen und kam genervt an.
Verwundert, weil man Schwimmbäder nicht unbedingt für
strategische Gespräche kennt. Und doch wird mir dieser
Vormittag nicht aus dem Sinn gehen. Denn obwohl nur Zaungast,
wurde man behandelt, als sei man Stammgast. Hotels sind
ohnehin Inseln im Meer des Alltäglichen. In ihnen herrschen
andere Gesetze. Besondere Hotels lassen uns für einen
Augenblick zu Bewohnern des legendären Utopia werden, in dem
es alles das gibt, was wir uns sonst wünschen: Fürsorge,
Geborgenheit und eine Leichtigkeit, die sich ergibt, wenn man
die Last der Notwendigkeit wenigstens kurz abschütteln kann.
Prächtiger Empfang in Wolfsburg
Und mit dem kleinen Absatz soll es nun auch losgehen. Denn
diese Gedanken gingen mir durch den Kopf, als ich nach einer
kleinen Odyssee in Wolfsburg an einer Schranke in der
Autostadt stehe. Bei der Adresse Restaurant Terra im Ritz
Carlton, Parkstraße 1, führt das Navi zunächst direkt vor die
Werkstore des Autoherstellers. Wenn man aber die Hinweise
außer acht lässt und auf das Stadion zufährt in die Autostadt,
dann erscheint das gewohnte grüne Hinweisschild für Hotels.
Das »Ritz Carlton« ist natürlich über die Region hinaus
Legende. Und für nicht wenige spielt das »Aqua«, in dem Sven
Elverfeld so eine Art kulinarischer Ronaldo ist, in einer
Liga, die man eher seltener ansteuert. Die Schranke auf dem
Weg in den Hotelkomplex ist da fast schon symbolisch. Der
nette Empfangsmensch, der den Weg freigibt, hebt dieses Gefühl
jedoch gleich wieder auf. Freundliche, unkomplizierte
Erklärungen. Man fahre den Weg einfach schnurstracks und werde
dann in Empfang genommen. Auch zu Fuß lohnt sich diese kleine
Straße mit Blick auf Wasserbassins und einer geschmackvoll
angelegten Umrandung. Mit dem Auto wird man am Ende des Weges
von livriertem Hotelpersonal begrüßt, das keine Miene über den
in die Jahre gekommenen Redaktionspolo verliert. Gast ist
Gast. Und die Vorfreude auf das Winzerdinner mit dem
fränkischen Weingut Stahl steigt.
Im Restaurant Terra wird regional
gekocht
Das findet nicht im Aqua statt. Seit September 2014 ist dem
Element des Wassers das Pendant an die Seite gestellt. Das
Terra öffnete seine Pforten und bietet seitdem Bodenständiges
in gehobener Form an. Und dort gibt es seit einiger Zeit
regelmäßig Winzerdinner. Regionale und saisonale Produkte
stünden im Mittelpunkt dieses gastronomischen Projektes,
erklärt mir Julius Hahn bei der Begrüßung. Hahn ist
Pressesprecher des Ritz Carlton und wir nutzen die Zeit vor
dem Essen noch, um den gastronomischen Teil des Hotels
anzuschauen. Die Atmosphäre im Terra ist so, wie man sich das
bei dem Namen vorstellt. Dunkle Töne, Holz überwiegt, ohne,
dass das Licht fehlen würde. Dafür sorgt nicht zuletzt ein
Panoramafenster, das einen atemberaubenden Blick freigibt. Das
Wasser des Kanals funkelt in der Abendsonne. Kleine Inselchen
mit frischem Grün geben farblichen Kontrast. Und im
Hintergrund erhebt sich mit dem VW-Werk ein Stück
Industriegeschichte. Das allein kann und sollte man erst
einmal genießen. In der Mitte des Raumes züngelt das dritte
Element, Feuer, in seiner gebändigten Form in einem gläsernen
Kamin. Und das vierte tut sich mit dem Himmel am Fenster auf.
Nach einem kurzen Empfang vor dem Restaurant strömen die Gäste
langsam ein. Und es zeigt sich ein guter Querschnitt. Jüngere,
Ältere. Meist Paare aber auch Freundeskreise. Alle in der
Vorfreude auf das Besondere. Das Dinner gruppiert sich um die
Weine des Winzerhofes Stahl. Der arbeitet seit geraumer Zeit
mit dem Wolfsburger Ritz Carlton zusammen.
Weine und Essen mit Suchtfaktor
Gleich beim Empfang erkennt man den Charakter dieser
»Weinmanufaktur«. Christian Stahl gehört zu der Garde junger
Winzer, die sich nicht nur auf den Anbau, das Keltern und
Vergären und Reifen des Rebensaftes verstehen. Sie vermitteln
ein Lebensgefühl und sind dafür auch der beste Vermarkter.
Dieser Sekt heißt Brause. Und Christian Stahl präsentiert sich
nicht in modischem Outfit, sondern so, als käme er direkt aus
dem Weinberg. Authentizität scheint bei ihm allerdings nicht
als Marketinggag. Das Ganze wirkt stimmig. Die Begeisterung
für seine Produkte echt. Stahl spielt semantisch mit seinem
Namen und unkonventionellen Bildern. Gleich beim ersten Gang
werden zwei Scheurebe-Weine zum Gurken Tartar serviert, die
das deutlich machen. Damaszener Stahl – so heißt der Grundtyp
seiner Weine. Und dann wird einmal ein 2014er Jahrgang mit dem
Namen »Whiteout« ausgeschenkt und ein 2015er, der »Botenstoff«
heißt. Guter Wein kann »süchtig« machen. Zumal, wenn er auf
gutes Essen trifft. Mit der leichten Gurke kontrastiert eine
würzige
Selleriecreme
und
fein-bittere
Radieschen
geschmacklich. Von der Textur her kleine Weißbrotcroutons.
Das Terra steht auf eigenen Füßen
Das Terra, das neben dem Aqua ganz selbstständig ist und kein
gastronomisches Anhängsel darstellt, führt auf seiner Karte
wirklich alles an Zutaten auf, was es gibt. Geheimniskrämerei
war gestern. Beim zweiten Gang, dem Saibling mit
Radieschenragout, Radiechsen-Chip und Estragonöl sind das etwa
noch Rapsöl, Thymian, Rosmarin, Knoblauch, Butter, Salz,
Pfeffer, Muskat, Walnussöl und Senf. Während die Zunge den
zarten Saibling schmeckt, der unter dem Radieschen-Chip
wartet, geht allmählich die Sonne hinter dem Werk unter. Ohne,
dass es gleich dunkel werden würde. Begleitend als Wein
konkurriert ein erfrischender Weißburgunder mit dem netten
Namen »Weißabgleich« mit einem Silvaner vom Sonnenstuhl. Beide
Weine sind trocken und trotzdem fruchtig. Der Weißburgunder
vielleicht etwas mineralischer. Der Silvaner mit einer
besonders feinen Säure. Während man sonst bei Weinproben oder
Menüs schnell einen Favoriten hat, fällt das hier schwer. Die
Rolle wechselt bei uns am Tisch im Laufe des Gangs und bei
mehrmaligen Probieren.
Vom Kalbrücken zum Rhabarber
Bis zur nächsten Runde, wo ein rosa gebratener Kalbsrücken
gereicht wird. Saisonal passend dazu Spargel, der auf einem
Salzbett im Ofen gegart wurde und ungewöhnlich fein und rund
schmeckt. Dass er auf den Punkt gegart ist, verwundert nicht.
Eher schon die geschmorte rote Zwiebel und die gegrillte
Zitrone. Letztere nimmt, wenn man sie über den Spargel
träufelt, die Säure der traditionell gereichten Butter auf.
Die zwei Saucen zum Gericht löffelt man gern zu den AnnaKartoffeln. Und auch hier fällt die Entscheidung wieder
schwer. Der Chardonnay ist augenscheinlich der Favorit des
Winzers. Aber der Sauvignon blanc, der als Zweimämmerwein
firmiert, ist genauso gut. Die Fruchtnoten mag man benennen,
wie man will, Pampelmuse vielleicht oder Stachelbeere. Ganz
klar ist auch hier die wunderbare mineralische Note, die für
die deutschen Weißweine so typisch ist. Bleibt am Ende ein
süßer Abgang, der wiederum zur Jahreszeit passt. Zum
Rhabarberkompott gibt es noch einen Sekt mit hausgemachten
Holunderblütensirup, gleichsam ein fränkischer Hugo, wie
Christian Stahl, der launig durch den Abend geführt hat,
meint. Rhabarber ist ein kulinarischer Frühlingsbote und mit
den Pistazienstreuseln, der Aniscreme und der feinen
Vanillesauce, wird er zum Genuss.
Auf Wiedersehen im Alltag
Während Christian Stahl am Ende mit seinen Kindern von Tisch
zu Tisch geht und nachschenkt, dämmert es bereits. Die Gäste
sind ausgelassen, plaudern. Und nach dem Dinner, verspricht
der Winzer, treffe man sich in der Bar. Hotels sind Inseln im
Meer des Alltäglichen. Und selbst für einen einzelnen Abend.
Die Winzerdinner im Terra sind jedenfalls eine gute
Gelegenheit um sich ein paar Stunden Urlaub im Alltag zu
gönnen, um dann, geerdet, wieder in den Alltag durchzustarten.
»Wein
&
Genuss«
im
Schlossrestaurant Zentgraf
»Wein & Genuss« im Schlossrestaurant Zentgraf – das müsste der
ideale Tipp jeder vernünftigen Paarberatung sein. Denn
schönere gemeinsame Erlebnisse gibt’s kaum.
Paarberatung rät das von jeher. Wenn eine Beziehung den
Verliebtheitsstatus überschreitet und Alltag und Gewohnheit
eintritt, braucht man besondere Augenblicke. Gemeinsame
Augenblicke. Am besten nimmt man sie sich konkret vor, trägt
sie fix in den Kalender ein, sorgt dafür, dass es nicht bei
einer Eintagsfliege bleibt. Ausflüge, Kinoabende, eine
Ausstellung und natürlich – wer hätte es bei Kulinarisch38
gedacht
– das Essengehen. Und nicht nur das, sondern das
Außergewöhnliche. Man kann essen gehen und essen gehen. Da
gibt es die Situation, dass man vom Tag angenervt ist und
abends keine Lust mehr zum Kochen hat. Da ist eine Pizza
ebenso willkommen wie eine deftige Portion Braunkohl mit
Bregenwurst. Hauptsache es stinkt heute Abend nicht nach Kohl
und man freut sich schon beim ersten frisch Gezapften oder
einem Weinschoppen auf das angenehme Gefühl, sich entspannt zu
sättigen. Und dann gibt es eben den Augenblick der
Paarberater. Einen Augenblick, auf den man sich freut, dem man
entgegenfiebert. Zu dem man sich schick anzieht und die
Spannung vor großen Ereignissen fühlt.
Das Erwartetwerden macht glücklich
Da wird man dann, weil gebucht, so empfangen, wie es die
»Berühmten und Schönen« wohl immer sein mögen. Das
Erwartetwerden ist ein wunderbares Gefühl. Am Eingang und erst
recht am Tisch, der bereits romantisch eingedeckt ist. Mit ein
paar Rosenblättern, außergewöhnlichen Tellern, kunstvoll
gefalteten Servietten und mild flackerndem Kerzenlicht. In
einer kleinen Grotte abgeschlossen, wie in einer Rotunde. Im
Halbkreis gruppieren sich die gemütlichen Nischen um den
kleinen, rot gefliesten Innenraum, der über eine schmale
Treppe ein paar Stufen unter die Erde erreicht wird. Roher
Stein erzählt von Tagen, als hier kein friedliches
Stelldichein stattfand, sondern Wehrhaftigkeit das Ziel war.
Die dicken Mauern des Schlosses Gifhorn verengen sich in den
Abseiten zu den kleinen Fensteröffnungen, aus denen
unerwünschte Ankömmlinge womöglich mit einer Salve ebenso
unfreundlich wie wirkungsvoll empfangen wurden.
Die Magensäfte angeregt
Wir sind im Schlossrestaurant Zentgraf bei so einem besonderen
Abend, bei dem man sich schon nach wenigen Minuten angekommen
fühlt. Begrüßt. Erwartet und willkommen. Der Aperetif nach
Wunsch. Wir mögen Bitteres. Also gibt es etwas mit Angostura.
Obwohl die Magensäfte beim Fünfgangmenü »Wein & Genuss«
bestimmt nicht angeregt werden müssen. Der Begrüßungstrunk
schmeckt trotzdem. Zum deftigen Entenschmalz – das Thema Ente
ist ja im Zentgraf Programm – ohnehin. Aus der Küche hört man
gern etwas. Besonders, wenn man selbst mal nicht im Einsatz
ist. Die Ziegenkäsekügelchen beim Amuse Bouche mit Sesam,
Basilikum und Panna Cotta sind erst recht willkommen. Dann der
erste Gang. Dreierlei von der Jakobsmuschel mit Limonenöl und
Radicchio. Davor kommt ein Gläschen Weißer Burgunder. Eine
Spätlese, die nach Birnen duften. Der erste Schluck erinnert
ein bisschen an einen Riesling. Nur das die Mineralität hier
feiner ist.
Von Muscheln, Reh und Kalb
Zartes Gemüse zur Muschel der Pilger. Kleine Kunstwerke wie
die Chips aus Wirsingkohl. Vielfältige Aromen der Saucen, die
wie eine Essenz erscheinen. Bei so kleinen Portionen spottet
man ja gern, dass das kein Essen zum Sattwerden wäre. Das
sagen nur Menschen, die so etwas nicht kennen. Denn Zeit und
die Ruhe beim Genießen sorgen am Ende dafür, dass man nicht
nur glücklich, sondern auch gesättigt nach Hause geht. Nach
dem leichten Fisch folgt in Nussbutter gebratener Rehrücken –
die süßliche Nuss, der herbere Wildgeschmack, eine herrliche
Kombination. Dazu gibt es Buchweizen, Maronen und
Tannenadeljus. Die zarten Rosenkohlblättchen lassen diese
kräftige Kohlsorte mal in einem ganz neuen geschmacklichen
Licht erscheinen. Dazu gibt es einen Roten aus Apulien. Einen
Leone de Castris. Der 2009er Jahrgang passt mit seinen
Pflaumennoten bestens zum Wild. Ergänzend und überraschend
gleichzeitig sind die leichten Kräuternoten. Diesen Wein
wünscht man sich nach dem ersten Schluck im eigenen
Weinkeller.
Erfrischung zwischendurch und am
Ende
Mit einem Champagnersorbet Ruinart Rose wird Erfrischung
serviert, bevor es mit einem Duett vom Kalb kulinarisch
weitergeht. In diesem Duett »spielt« eine gefüllte Rolle vom
Kalbsrücken mit einem Filet unter Ziegenquarkkruste sowie
Trüffelrahmsauce. Kunstvoll geschnitzte Möhrchen, Blumenkohl
und Rosenkohlröschen. Ein Traum. Ein Grenache mit zimtigen
Noten begleitet den Gang ganz wunderbar. Nach viel Zeit, guten
Gesprächen mit Erinnerungen und Plänen folgt einer jener
Dessertteller, die man wirklich nicht anfassen möchte. Da
leuchten Blaubeeren und Mango farblich um die Wette. Eine
Kugel Frozen Joghurt sorgt für Erfrischung, die geeiste
Schokolade kracht verführerisch unter dem Gaumen und die
Limonentarte unter der geflämmten Baiserhaube setzt dem Glück
die Krone auf. Ein Obstler, ein Espresso, ein langer Abend.
Der freundliche Abschied von Jörg Zentgraf, der während des
Menüs immer wieder erscheint, erklärt und den Abend mit einem
freundlichen Lächeln begleitet. So etwas trägt. Ist eine
gemeinsame Erinnerung im Grau des Alltags. Jede Paarberatung
sollte derlei unbedingt empfehlen. Und Kulinarisch38, auch um
Seelenwohl seiner Leser besorgt, tut‘s sowieso.
Der Wein&Wirt-Abend in der
Brasserie an der Oker
Die Brasserie an der Oker im Steigenberger Parkhotel
Braunschweig bietet regelmäßig einen Wein&Wirt-Abend an.
Kulinarisch38 hat sich die Veranstaltung Anfang November
angeschaut, um sich ein Bild zu machen.
Essen ist mehr als Nahrungsaufnahme. Erst recht essen gehen.
Und auch dort entwickelt sich viel. Gastronomen entdecken,
dass diese Freizeitbeschäftigung noch vielfältiger gemacht
werden kann, als man das gewohnt ist. Längst werden
Kommunikation und Kulinarik kombiniert. In der Brasserie an
der Oker im Steigenberger Parkhotel Braunschweig zum Beispiel.
Da hat sich inzwischen der Wein&Wirt-Abend etabliert. Etwas
abgelegen zwischen Bar und der eigentlichen Brasserie gibt es
einen Raum mit einem gemütlichen Ambiente. Die Tische sind
zusammengerückt zu größeren und kleineren Einheiten. Ein
Erlebnis. Während sonst in Restaurants oft das »Prinzip der
größtmöglichen Verteilung« zur Geltung kommt, treffen hier
Menschen ab 18.30 Uhr an der Nimes-Straße zusammen. Manche
kennen sich bereits vom letzten Wein&Wirt-Abend. Andere kommen
beim ersten »Wartebrot« ins Gespräch. Wieder andere bleiben
den Abend über bei sich und tauschen nur einige Worte mit den
anderen Gästen aus. Eine besondere Atmosphäre und eine
besondere Menüfolge, bei der man ganz schnell ankommt und nach
kurzer Zeit tiefenentspannt ist.
Ein Hauch von Weihnachten
Schon der Begrüßungscocktail lädt zum geschmacklichen
Verweilen ein. Auf der Basis von Rotwein und braunem Rum
harmonieren vorweihnachtliche Aromen miteinander. Beim
Wein&Wirt-Abend fließt die Zeit langsam. Der Service spricht
die kleine Gemeinschaft persönlich an. Begrüßt im Ganzen und
im Einzelnen. Schließlich konnte für das Event Jürgen Giesel
gewonnen werden. Früher jüngster Sommelier im Ritz Carlton in
Wolfsburg, heute »Fachberater für Wein« und ein hervorragender
Moderator für die insgesamt zehn Weine, die diesen Abend zur
Verkostung anstehen. »Keine leichte Sache, es kommt harte
Arbeit auf Sie zu«, schmunzelt Giesel zur Begrüßung und stimmt
dann
mit
kurzen
Beschreibungen
von
Produktion,
Bodenbeschaffenheit, Geschmackscharakteristiken und Anekdoten
auf die kleinen Kunstwerke ein. Ganz wichtig: Der inzwischen
erfahrene Sommelier schwört nicht auf festgelegte
Geschmacksmuster ein (Nach dem Motto: »Sie müssen jetzt dieses
oder jenes schmecken. Sonst haben Sie keine Ahnung«), sondern
er lädt die Gäste dazu ein, eigene Geschmacksassoziationen zu
finden und für sich zu entdecken.
Kein »Richtig« und kein »Falsch«
Wie es in geschmacklichen Dingen kein »Richtig« und kein
»Falsch« gibt, können Aromenanklänge bei Weinen tatsächlich
wirklich höchst subjektiv empfunden werden. Und so entspinnen
sich bei den verschiedenen Weinen nicht nur interessante
Gespräche zwischen den Gästen, sondern ebenfalls mit dem
professionellen Weinkenner und dem Service, das umsichtig und
präsent ist. Da gab es in der Riege der sehr verschiedenen
Tropfen viel zu entdecken. Das Team um Küchenchef Tammo
Siemers schaffte es, bei den Gängen immer wieder zu
verblüffen. Da gab es etwa zu den Variationen vom Lachs mit
Zitrone, Meerrettich und Brioche im ersten Gang einen
Riesling, der ganz und gar untypisch war. Nicht nur der Name
»No Sex« ist ungewöhnlich, sondern ebenso ein untypisch
weicher Körper des Pfälzer Weines. Ungewöhnlich, weil mit
einem herrlichen Bouquet von Holunderblüten war zum Beispiel
ein weißer Bordeaux, der besonders gut mit einer »7 Kräuter
Schaumsuppe« mit gestocktem Ei und Sauerteig Croûtons
harmonierte.
Wer die Wahl hat…
Zum nun beginnenden Herbst gab es die passenden Gänge. Eine
Rosa gebratene Kalbsrückentranche etwa mit Thymianjus,
sautierten Waldpilzen, Schwarzwurzeln und Kartoffelkrapfen.
Dazu hatte man die Qual der Wahl zwischen einem kirschigen
Chianti vom weltberühmten Marchese Antinori oder dem roten
Bordeaux Chateau Senailhac Excellence. Beschlossen wurden die
Menüfolge und der Abend mit Marzipan und Pflaume. Da
wetteiferten Marzipanmousse, karamellisierte Pflaumen, Zimt
Crumble und Orangenschaum um die Gunst des Gaumens. Und
schließlich krönte ein Dessertwein von Oliver Zeter aus der
Pfalz den hohen Genuss. Dieser klassische Sauvignon Blanc
Dessertwein hört auf den schönen Namen »Sweetheart« und er
macht ihm alle Ehre. Der Wein& Wirt-Abend ist etwas, das man
sich im Kulinarisch38-Raum unbedingt auf den Kalender
vermerken sollte. Die »Eintrittskarten« eignen sich als
Geschenk. Denn hier erlebt man nicht nur einen genussreichen,
sondern auch einen Kommunikationen Abend in wunderbarer
Atmosphäre.
André Münch zaubert im Hotel
an der Wasserburg
André Münch, der noch vor Kurzem ein Sternerestaurant in
Stolpe geführt hat, ist nach Wolfsburg ins Hotel an der
Wasserburg gekommen und zaubert nun dort kulinarisch.
Ich bin etwas spät dran und der Parkplatz des Hotels an der
Wasserburg in Wolfsburg ist natürlich »ausgerechnet jetzt«
akkurat bis auf den letzten Platz gefüllt. Erstaunlich, was
alles zur Stadt Wolfsburg gehört, geht mir bei der Fahrt durch
den Kopf. Das Gefühl ist beim Passieren zahlreicher Dörfer
eher so, als befinde man sich idyllisch auf dem Land und nicht
in einer modernen Industriestadt. Vor Neuhaus ruht hinter
einem stillen Weiher eine Wasserburg. Das Hotel liegt nicht
weit entfernt. Der Parkplatz schon. Jedenfalls, wenn man
keinen Abstellplatz findet. Ich kurve herum, bis jemand vom
Hotel kommt. In der Hand Efeu. Und eine Lösung für mein
Problem. Ein Plätzchen habe ich wohl übersehen. Die Frau winkt
mich fröhlich ein und führt mich gleich durch einen
Nebeneingang in das Hotel. »Das ist Deko für die Tische«,
erläutert sie mir, auf den Efeu deutend, während die Rezeption
übernimmt. Ich bin angemeldet. André Münch, der neue
Küchenchef, weiß Bescheid. Wir treffen uns in einer Bar. Über
dem Tresen hängen Lampen, die bald ein warmes Licht schenken.
Wie halbe Eierschalen oder Schiffsrümpfe? Ich habe keine Zeit,
weitere Überlegungen anzustellen. Denn André Münch kommt aus
der Küche. Mit Schürze, die schwarzen Haare hinten zu einem
Zopf zusammengebunden. Freundlich, offen. So, wie ich ihn bei
der Recherche in einem Zeitungsbericht gesehen hatte. Sieben
Jahre in Stolpe ein Sternerestaurant geführt. Und dann sollte
es etwas Neues sein. Nach einem Jahr ist es nun die VW-Stadt
Wolfsburg geworden.
Christian Somann und André Münch.
Kulinarische Hochburg Wolfsburg
Obwohl eigentlich Provinz, ist die Stadt mit dem großen
Konzern doch Kristallisationspunkt für Ideen und
Unternehmungsgeist geworden. Passend dazu lief über die
Radionachrichten gerade, dass der Wohnraum in Wolfsburg
inzwischen knapp sei. André Münch erinnert später im Gespräch
an Sven Elverfeld. Ein Ausnahmekoch. In so einem Umfeld mache
es Spaß, sich anzusiedeln und
das eigene Konzept zu
entwickeln. Nun ist noch sein zweiter Küchenchef gekommen.
Christian Somann. Leichter Akzent, ruhige Stimme. Er kommt aus
Weißenfels. Die beiden wirken auf den ersten Blick fast
gegensätzlich. Im Gespräch zeigt sich. Sie scheinen sich
bestens zu ergänzen. Liegen auf einer Wellenlänge.
Kommunikation ist wichtig. Dem stimmen beide zu. Erwartet
hätte man etwas anderes. Denn das Bild, das von der
Sterneküche geläufig ist, ist ja sehr auf den Künstler und
Einzelkämpfer festgelegt. Der Gourmetphilosoph oben auf dem
Berg. Und unten die einfachen Menschen. Bei André Münch ist
nichts abgehoben. Er spricht eine klare und bildreiche
Sprache, wenn er etwa amüsiert von einem »Geschmackselfer«
spricht. Wild, schwärmt der Jäger, der aus dem Ruhrgebiet
stammt, sei das beste Fleisch: »Die Tiere wachsen ohne Stress
und in Freiheit auf. Essen sie mal ein gutes Dammwild. Da
fliegen sie weg.« Wenn die beiden über ihre Arbeit sprechen,
dann merkt man den Spaß und die Lust, die sie am Kochen haben.
Vielfalt und Gegensätze
Ganz unterschiedlich die Herkunft. Während Christian Somann
aus einer Kochfamilie kommt – er selbst habe beim gleichen
Lehrmeister wie seine Eltern angefangen –, schlägt der
humorvolle André Münch familiär offenbar aus der Art. »Meine
Familie ist von Gegensätzen geprägt«, erklärt er. Die eine
Seite seien Lehrer, die andere Bauarbeiter. »Wenn die
aufeinandertreffen, geht es zu wie bei Bud Spencer«, lacht er.
Er selbst, so scheint es, hat offensichtlich beide Seiten in
sich kreativ vereint. Intellektuelles Abwägen und kraftvolles
Zupacken. Kreativ sollte der Beruf nach der Schule sein, den
er machen wollte, erzählt er. Es sollte erst die Fotografie
werden. Dann wurde es der Kochberuf. Die Lehre gleich in einem
Sternehaus, in dem es jedoch von der Frikadelle an bis nach
oben hin alles gab. Ein angrenzender Biergarten forderte die
Vielfalt. Von dieser Vielfalt profitiere er bis heute, erzählt
er. Und zu den Sternen greift André Münch auch jetzt im Hotel
an der Wasserburg. »Jeder Koch möchte insgeheim einen Stern
haben, wenn er in entsprechendem Umfeld arbeitet«, ist er
überzeugt. Natürlich sei das eine große Herausforderung. Aber
vor allem eben Anreiz.
Essen muss Spaß machen
Eine psychologische Hemmschwelle für die Gäste sieht er nicht
mehr so wie früher. Im Premiumrestaurant unter dem Dach des
Hotels an der Wasserburg, dem Saphir, habe man fünf Tische.
Und die würden ihn und sein Team auch völlig auslasten. Denn
das »Cristalle« – das andere Feinschmeckerrestaurant –, andere
Locations und die Pflichtfelder wie Tagungen und Events sowie
Hochzeiten oder Jubiläen, fordern ihm nebenbei ebenfalls die
ganze Bandbreite des kulinarischen Könnens ab. »Von der
Currywurst und dem Klubsandwich bis hin zur ambitionierten
Küche machen wir hier alles.« Auf den Stern muss André Münch
erneut zusteuern. Denn die Auszeichnung ist immer an ein
bestimmtes Restaurant gebunden. Und im letzten Jahr hatte er
kein eigenes Haus, sei also erst jetzt wieder im Rennen. Im
Oktober nächsten Jahres kommt erst der neue Michelin raus. Bis
dahin haben er und Christian Somann noch alle Zeit der Welt,
um sich den Traum der hohen Auszeichnung zu erfüllen. Die
Ideen der beiden scheinen jedenfalls unerschöpflich zu sein.
Unerschöpfliche Ideen
Während des Gespräches tauchen immer wieder neue Bilder von
Kreationen auf, die neugierig machen. Da ist etwa eine selbst
gemachte Blutwurst, die in einem »Gruß aus der Küche« so in
Form gebracht werde, dass sie wie eine Kartoffel aussehe. Im
Verbund mit einem Apfelragout, Kartoffelschaum und Zwiebelerde
sehe es dann so aus, als habe man eine Kartoffel vor sich, die
keimend aus der Erde wachse. Oder dies. Da werde eine
Frischkäsecreme auf einem Stein serviert. Darauf werde selbst
gemachter grüner Biskuit gerieben und das Ganze mit Kresse
garniert, sodass das die Kreation wie ein Moosstein aussieht.
Die Ideen, so Christian Somann, entstünden im täglichen Leben,
meist beim Erleben der Natur. Deshalb sei diese Art von Kochen
zwar Spiel im höheren Sinn, stehe aber immer im Einklang mit
Jahreszeiten und Umwelt, so André Münch. Und am Ende, so der
neue Küchenchef, käme es vor allem auch darauf an, dass das,
was da serviert werde, wirklich schmecke. Im Zentrum der
Arbeit, da sind sich die beiden einig, stehe der Spaß am
Essen. Mit einem Schmunzeln solle man Altbekanntes auf den
Tellern neu entdecken können.
All das macht neugierig auf ein kulinarisches Konzept und neue
Geschmackseindrücke, von denen man in der Zukunft sicher noch
viel hören wird.
Hotel an der Wasserburg, An der Wasserburg 2, 38446 Wolfsburg,
Tel.: 05363 – 9400.