Minibiogasanlage für Zuhause

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Minibiogasanlage für Zuhause
AUS DER PRAXIS
Minibiogasanlage für Zuhause
Ein junges Erfindertrio hat ein vollautomatisches Vergärungssystem in Waschmaschinengröße entwickelt und
dafür den Umweltsonderpreis beim diesjährigen Bundeswettbewerb „Jugend forscht“ erhalten.
Von Dipl. Journ. Wolfgang Rudolph
D
in Erfurt erhielt das Entwicklertrio dafür den
Preis für Umwelttechnik. Der Bundespräsident lud sie zur Woche der Umwelt ins
Schloss Bellevue ein.
Die Wege der drei Jugendlichen haben sich
mittlerweile durch Studienbeginn und Auslandsjahr getrennt. Doch André, der gegenwärtig die 12. Klasse am Jenaer Angergymnasium besucht, fand neue Mitstreiter und
tüftelt mit ihnen an der Verbesserung der
Minibiogasanlage, die sie bis zur Serienreife
als kompaktes vollautomatisches System für
den Heizungskeller in Einfamilienhäusern
weiterentwickeln wollen. Interessenten gibt
es offensichtlich, wie sich in gut 30 Kaufanfragen nach der Vorstellung der Pilotanlage
beim Erfinderwettbewerb in Erfurt zeigt.
Erste Experimente im Glaskolben
„Die Idee entstand vor zwei Jahren, als sich
meine Eltern über den hohen Stromver-
brauch im Bastelkeller beschwerten“, berichtet André Krause. Die Schüler beschlossen, ihren Strom selbst zu produzieren - umweltgerecht und mit einer Anlage, die vom
Taschengeld finanzierbar ist. Da bot sich die
Vergärung von Biomasse an. Im großen Garten rund um das Elternhaus und in der
Biotonne der vierköpfigen Familie gab es genügend davon. Mit diesen Substraten begannen die Jungs zunächst in Glaskolben und
dann in einem 80 Liter Kunststoffbehälter
zu experimentieren.
„Wir haben das entstehende Gas in Schläuchen über einen Blasenzähler geleitet und
zugeschaut, wie sich ein Luftballon langsam
damit füllte. Ob das Gas brennt, haben wir
natürlich auch probiert. Das war super spannend“, erinnert sich der 19-Jährige. Nun
waren die drei ganz Feuer und Flamme. Sie
recherchierten im Internet, wälzten Fachbücher und auch Andrés Eltern, die als CheFOTOS: CARMEN RUDOLPH
er Gedanke ist sicher schon einigen
durch den Kopf gegangen, als sie
Grünschnitt in die Biotonne stopften, Lebensmittelreste entsorgten oder die
Toilettenspülung betätigten: Wäre es nicht
toll, die in den Abfällen steckende Energie
gleich vor Ort in einer Minibiogasanlage zu
nutzen? In einschlägigen Internetforen werden solche Systeme seit längerem heiß diskutiert. Aber nur wenige haben in Deutschland diese Idee so konsequent verfolgt und
in einem Projekt umgesetzt, wie drei junge
Erfinder in Jena.
André Krause, Sebastian Wendt und Frank
Kühmstedt entwickelten eine weitestgehend
automatisch arbeitende Biogasanlage in
Waschmaschinengröße. Sie erzeugt aus
Kleinstmengen an Biomaterial Strom und
Wärme oder stellt Biomethan für Gasgeräte
zum Kochen, Heizen und Leuchten bereit.
Beim Bundeswettbewerb „Jugend forscht“
Für ihre Minibiogasanlage erhielten die Jenaer Gymnasiasten André Krause (Foto) und seine Mitstreiter Sebastian Wendt und
Frank Kühmstedt den Preis für Umwelttechnik beim Bundeswettbewerb „Jugend forscht“.
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BIOGAS Journal | 6_2012
AUS DER PRAXIS
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Das Innenleben des Schaltschranks mit der SPS-Steuerung zur Regelung
der Minibiogasanlage.
miker und Biologin tätig sind, gaben manchen Tipp.
Während andere ins Kino gingen, besuchten
sie die 700-kW-Biogasanlagen im Klärwerk
Jena und schauten sich alles genau an. „Dort
haben wir uns auch etwas Maissilage und
Klärschlamm für die Gärversuche geben lassen“, berichtet André. Tests Zuhause ergaben dann: Die höchste Gasausbeute ist mit
einem Gemisch aus Grasschnitt und Klärschlamm bei einer Temperatur von 36 bis 40
Grad Celsius zu erzielen.
BHKW war
größte Herausforderung
„Biogas ging also, aber wir wollten ja Strom
erzeugen. Für die Pilotanlage musste ein
Gasmotor her. Und da standen wir auch
gleich vor dem wohl größten Problem bei
solch einer Minianlage“, verweist der Schüler auf eine entscheidende Etappe bei der
Projektumsetzung. Fündig wurden sie
schließlich bei den kleinen aber leistungsstarken Motoren für Flugzeugmodelle.
Doch der musste erst auf den Betrieb mit
Gas umgerüstet werden. Wie das geht,
schauten sich die Jugendlichen bei einem
Umrüstset für Autos ab.
„Man braucht andere Zündkerzen und beim
Vergaser werden die Teile, die mit Benzin
laufen, versiegelt. Die Drosselklappe bleibt.
Daneben sitzt die neue Düse. Hinzu kommt
ein elektronisches Regelsystem, dass den
Gasdruck misst und die Durchflussmenge
des Gases der Motordrehzahl anpasst“, verrät André fachmännisch. Zudem sorge eine
Venturidüse dafür, dass dem Motor genüBIOGAS Journal | 6_2012
gend Kraftstoff zur Verfügung steht. Dabei
durchströmt das Biogas zuvor einen Aktivkohlefilter.
Um die thermische Energie des eigentlich
luftgekühlten 1-PS-Modellbaumotors zu
nutzen, legte das junge Entwicklerteam wassergefüllte Kühlschlangen um den Motorzylinder. Über einen Wärmetauscher wird so
der Fermenter beheizt. Ein weiterer Wärmetauscher befindet sich am Abgasstutzen. Die
Energie der heißen Verbrennungsgase geht
zu einem Teil ebenfalls in die Fermenterheizung. Darüber hinaus kann Wärme über ein
Drei-Wege-Ventil entnommen werden.
• Silo-Schutzgitter
• Silo-Säcke
• Silo-Sackbefestigung
• Silo-Folien
• Unterziehfolien
300 bis 500 Watt Leistung
Der Generator des Mini-BHKW ist über
eine Kupplung direkt mit der Motorwelle
verbunden. „Das ist eigentlich ein Hochleistungs-Elektromotor mit Neodymmagneten
aus dem Modellbaubereich. Aber jeder Motor lässt sich ja auch als Generator nutzen“,
erläutert André. Je nach Motordrehzahl liefere er 300 bis 500 Watt.
Von Anfang an hatten sich die Jugendlichen
drei Ziele gesetzt: Die Anlage sollte Bioabfälle verarbeiten, die in jedem Haushalt anfallen. Sie sollte durch eine kompakte Bauweise nicht größer als eine Waschmaschine
sein und die Prozesse sollten automatisch
ablaufen. Diese Ziele wurden bei der Pilotanlage nach gut zweijähriger Entwicklungszeit weitestgehend erreicht. Lediglich die
Lkw-Batterie zur Strompufferung und der
Gasspeicher passen nicht in die Box aus beschichteten Holzplatten. Der über einen
Strang aus Kabeln und Schläuchen mit der
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AUS DER PRAXIS
Der teilweise demontierte Modellbaumotor mit Generator (rechts).
Im Mini-BHKW des Nachfolgemodells soll ein auf Gasbetrieb
umgestellter Honda-Industriemotor laufen.
Anlage verbundene Steuerungskasten war
sowieso als gesondertes Bedienteil geplant.
Zahlreiche Sensoren an den Aggregaten erfassen Parameter wie die Fermentertemperatur in verschiedenen Zonen oder den Gasdruck. Diese Werte und die Daten der
elektrischen Bauteile bilden die Grundlage
für eine Speicherprogrammierbare Steuerung (SPS). „Wie man Programme für Mikrochips schreibt, habe ich beim Schulpraktikum an der Fachhochschule Jena gelernt“,
sagt André.
Über einen zurzeit demontierten Einfülltrichter wird die
Biomasse in einen Fleischwolf hineingezogen und gelangt
dann über ein Einfüllsystem in den Fermenter.
Darunter befindet sich der Ausgang für die Gärreste.
ren Bereich des Fermenters ein Ventil und
das sich dort angesammelte Biomethan
strömt in den hydraulischen Gasspeicher. Er
besteht aus zwei ineinander gesteckten
Kunststoffrohren. Füllt sich das innere Rohr
mit Gas, drückt es die Wassersäule im äußeren hoch. An einem hier eingelassenen
Testbetrieb zeigte
Entwicklungspotenzial
Im Frühjahr 2012 hatten es die drei endlich
geschafft und setzten ihre Minibiogasanlage
für eine dreimonatige Testphase in Betrieb.
Dazu füllten sie täglich 1,8 Kilogramm Biomasse in einen Trichter. Unter dem Trichter
befindet sich ein elektrisch angetriebener
Fleischwolf. Er setzt sich periodisch in Betrieb. Anschließend gelangen die aufbereiteten Einsatzstoffe über ein Einfüllsystem in
den Gärbehälter mit einem Fassungsvermögen von 120 Litern. Gleichzeitig wird der
am Überlauf herausgedrückte Fermenterinhalt mittels Pressschnecke in die flüssige und
feste Fraktion getrennt und in zwei Behältern gesammelt. Die Gärreste können nach
Bedarf für die Gartendüngung eingesetzt
werden.
Im Fermenter sorgt ein Propellerrührwerk
in Intervallen für die Durchmischung. Bei
einem definierten Druck öffnet sich im obe-
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Schauglas lässt sich die gespeicherte Gasmenge ablesen. Registriert der Messfühler
eine entsprechende Reserve startet der Motor mit einem Anlasser. Es ist aber auch
möglich, das Gas direkt über einen Hahnanschluss zu entnehmen. Die vom Generator erzeugte Gleichspannung wird in einer
Lkw-Batterie gepuffert und vor Abnahme
über die Steckdose mit einem Wandler auf
220 Volt hoch transformiert.
„Während der Testphase haben wir viele
Feinjustierungen vorgenommen. Da steckt
inzwischen jede Menge Know-how drin.
Vor allem im BHKW, in der Programmierung des SPS-Mikrochips, der automatischen Befüllung und überhaupt in der
Abstimmung der Abläufe und Systemkomponenten“, sagt der junge Entwickler. Deshalb wolle er auch unbedingt weitermachen.
Nächste Generation
bereits in Arbeit
Der hydraulische Gasspeicher ist einfach,
aber er erfüllt seinen Zweck.
Zum Ende des Probelaufs zeigte sich allerdings, dass die mit durchschnittlich 6.000
Umdrehungen pro Minute laufenden Modellbaumotoren nicht für den Dauerbetrieb
geeignet sind. „Der Motor wurde immer lauter und seine Leistung ließ nach. Beim Zerlegen haben wir dann gesehen, dass die Kolbenringe total abgenutzt waren“, so André.
Im BHKW der Minibiogasanlage der nächsten Generation, deren Prototyp etwa in einem Jahr fertig sein soll, laufe deshalb ein
auf Gasbetrieb umgestellter Honda-Industriemotor.
BIOGAS Journal | 6_2012
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Die Kontrolle und Regelung der Minibiogasanlage
erfolgt über einen separaten Schaltschrank.
Außerdem erhält die weiterentwickelte Anlage einen größeren Gasspeicher. Auch die
Komponenten für Gas und Elektrik seien
dann konsequent getrennt, wie es die EUNorm fordert. „Im Internet habe ich kürzlich eine preiswerte Platine mit Touchscreen
entdeckt. Die Fernüberwachung der vollautomatisch arbeitenden Minibiogasanlage in
Keller oder Garage könnte dann per Funksignal über ein Bedienpanel oder sogar über
ein Smartphone erfolgen. Aber das ist erst
mal nur eine Spielerei“, meint der Schüler
schmunzelnd.
Gegenwärtig suche das Entwicklerteam
Sponsoren. André Krause: „Dabei geht es
uns nicht hautsächlich um Geld, sondern
eher um Material und Bauteile sowie um
Zuarbeiten, für die man eine Drehbank oder
ein Schweißgerät benötigt.“ D
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