Menschenrechte auf Welttournee
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Menschenrechte auf Welttournee
AMNESTY INTERNATIONAL Sektion der Bundesrepublik Deutschland e. V. Postfach 58 01 61 . 10411 Berlin HAUSANSCHRIFT Greifswalder Straße 4 . 10405 Berlin KONTAKT Pressestelle . T: +49 30 420248-306 . E: [email protected] F: +49 30 420248-330 . W: www.amnesty.de PRESSEINFORMATION MENSCHENRECHTE AUF WELTTOURNEE »Human Rights Now!« Unter diesem Motto tourten Bruce Springsteen, Tracy Chapman und viele andere 1988 um die Welt. Bis heute ist Musik ein wichtiges Mittel, um Menschen für Amnesty zu mobilisieren. 2. September 1988. Die Zuschauer im Londoner Wembley-Stadion sind schon längst durchgeschwitzt. Der Grund: ein fast sechsstündiges Konzert mit Bruce Springsteen, Sting, Peter Gabriel, Tracy Chapman und Youssou N’Dour. Den letzten Song, »Chimes of Freedom« von Bob Dylan, spielen die Künstler gemeinsam. Es ist die Auftaktveranstaltung der »Human Rights Now!«-Tour von Amnesty International. In den folgenden sechs Wochen geben die Musiker 19 Konzerte in 14 Ländern auf vier Kontinenten. Anlass ist der 40. Geburtstag der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte und der Wunsch, die Arbeit von Amnesty weltweit in den Fokus zu rücken. Ein Wunsch, der in Erfüllung geht: Mehr als eine Million Menschen besuchen die Konzerte, knapp eine Milliarde Zuschauer verfolgen die Übertragungen vor den Bildschirmen. In Deutschland und anderen Ländern sehen viele Zuschauer eine Dokumentation der Tournee, die am 10. Dezember 1988 im Fernsehen ausgestrahlt wird. Zur gleichen Zeit sitzen fünf Amnesty-Mitarbeiter in ihren Büros in Bonn vor knapp 20 Wahlscheibentelefonen. Als die Amnesty-Durchwahl über den Bildschirm flimmert, greifen hunderte Fernsehzuschauer zum Telefonhörer, um sich über die Arbeit der Organisation zu informieren. »Vom Konzert haben wir überhaupt nichts mehr mitbekommen. Die Telefone haben sprichwörtlich im Sekundentakt geklingelt«, sagt Jupp Regnery, der schon seit 1985 bei Amnesty arbeitet. »Dass sich so viele Menschen melden würden, damit hatten wir nicht gerechnet. Wir waren begeistert!« Bereits die US-Konzertreihe »Conspiracy of Hope« von Amnesty im Jahr 1986 hatte gezeigt, dass Musik und Menschenrechte gut harmonieren. Doch »Human Rights Now!« war eine andere Größenordnung. Die Musiker gaben Konzerte in Ländern wie Indien, Simbabwe und der Elfenbeinküste, etliche Gastmusiker wie Joan Baez, Ravi Shankar und Pat Metheny unterstützten die Tour. Das Mega-Projekt hatte jedoch seinen Preis. Die Vorbereitungen wurden begleitet von zahlreichen Diskussionen und Interessenskonflikten. Weil die Tour vom Schuhhersteller »Reebok« gesponsert wurde, lehnte die deutsche Sektion ein Konzert in Deutschland ab. Auch sorgte sich Amnesty um die politische Botschaft der Tour: War westliche Rockmusik überhaupt dazu geeignet, um in Delhi oder Abidjan für Menschenrechte zu werben? Und was durften die Künstler sagen, wenn sie im kommunistischen Ungarn auf der Bühne standen? Die Befürchtungen erwiesen sich als unbegründet. Amnesty konnte Seit 50 Jahren leisten gewöhnliche Menschen Außergewöhnliches. Amnesty International, die größte Menschenrechtsorganisation der Welt, kämpft gegen Unterdrückung, Gewalt und Folter. Zum 50jährigen Jubiläum lädt Amnesty zum Mitmachen ein. So heißt es am 28. Mai und am 10. Dezember 2011 in Berlin und das ganze Jahr bei etwa 200 Veranstaltungen bundesweit: Sei dabei. Mit Deiner Unterschrift. Deiner Spende. Deinem Einsatz. www.50Jahre.amnesty.de PRESSEINFORMATION SEITE 2 / 2 während der Tour rund 2.750.000 Unterschriften in 120 Ländern sammeln. Die Zahl der weltweiten Unterstützer stieg in den folgenden zwei Jahren um mehr als ein Drittel. Seitdem gab es viele Kooperationen mit namhaften Musikern. Die traditionelle Konzertreihe »The Secret Policeman’s Ball« oder der Sampler »Make some Noise« aus dem Jahr 2007 sind nur einige Beispiele. Ein großer Erfolg war auch die 360°-Tour der irischen Band U2 von 2009 bis 2011. Amnesty-Mitglieder begleiteten die Konzerte, machten auf die Kampagne »Mit Menschenrechten gegen Armut« aufmerksam und stellten die Arbeit der Organisation vor. So zum Beispiel bei einem Konzert in Hannover im August 2010, als U2 das Lied »Walk On« der Oppositionspolitikerin Aung San Suu Kyi aus Myanmar widmete. Während die Band spielte, kamen 40 Amnesty-Aktivisten mit Laternen auf die Bühne. Sänger Bono rief in die Zuschauermenge: »Amnesty International – keep up the campaign«. Es gab jedoch auch ernüchternde Momente auf der Tour. Vor dem Konzert in Moskau – U2 hatte zuvor noch nie in der russischen Hauptstadt gespielt – wurden fünf Amnesty-Aktivisten vorübergehend festgenommen, weil sie Unterschriften sammelten. Amnesty profitiert jedoch nicht nur von der Prominenz der Musiker, sondern unterstützt auch verfolgte Künstler, wie zum Beispiel Igor Koktisch. Weil der belarussische Musiker in seinen Liedern Präsident Lukaschenko kritisierte, wurde er verfolgt und musste schließlich seine Heimat verlassen. Auf Drängen der belarussischen Behörden wurde er in der Ukraine verhaftet. Zweieinhalb Jahre lang saß er im Gefängnis und musste befürchten, nach Belarus ausgeliefert zu werden, wo ihm wegen einer offenbar konstruierten Mordanklage Folter und die Todesstrafe drohten. Amnesty startete eine Eilaktion für ihn. Am 10. Dezember 2009 untersagte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte seine Abschiebung nach Belarus. Zwei Monate später wurde er freigelassen.