Gutes Gewissen inklusive

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Gutes Gewissen inklusive
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Focus-Money Fonds-berater 5/2012
Gutes Gewissen inklusive
Nachhaltige Investmentfonds umfassen viel mehr als Solar- und
Windenergie: Sie setzen generell und global auf Unternehmen,
die ethisch, ökologisch und sozial verantwortlich wirtschaften
Wasseraufbereitung: Schonender Umgang mit Ressourcen
ist eine gute Investition
A
nleger, die sich für nachhaltige Investments
interessieren, sind verunsichert. Ihnen kommen zunächst die erneuerbaren Energien in den
Sinn. Nun gab es im April 2012 mit der Insolvenz
von Q-Cells bereits die vierte Solarpleite in
Deutschland innerhalb weniger Monate, zudem
ist der brandenburgische Standort von First Solar geschlossen, Tausende Arbeitsplätze damit
verloren. Aber die Solarenergie ist nur ein kleiner Teil der Investmentpalette, ökologische,
ethische und soziale Anlagechancen finden sich
überall auf der Welt und in vielen Sektoren.
„Nachhaltigkeit ist keine Branche, sondern
ein übergeordnetes Wirtschaftsprinzip“, sagt
Ralph Prudent, Geschäftsführer der Investment-
gesellschaft Ökoworld. Im Gegensatz zu anderen Fondsanbietern hat Ökoworld keine herkömmlichen Geldanlageprodukte im Angebot,
sondern setzt ausschließlich auf Investitionen
mit Nachhaltigkeit. Research und Management
sind dabei strikt getrennt, so Prudent. Vom Portfoliomanagement unabhängige Experten bewerten die Titel zunächst qualitativ nach den
ESG-Kriterien – Ecologic Social Governance.
Erst dann kommen sie in das Anlageuniversum,
aus dem die Fondsmanager Titel für das Portfolio auswählen.
Wasser ist Leben. Mit dem Fonds Water for
Life setzt Ökoworld auf ein Zukunftsthema, das
auch gute Chancen für Anleger bietet: Wasser.
Mit nachhaltigen Fonds in die Zukunft investieren und profitieren
Name
Investmentgesellschaft
ISIN
3 Banken Nachh.fonds
3 Banken Generali Invest
AT0000701156
Allianz RCM Gl. Sust.
Allianz Global Investors
LU0158827195
F&C Stewardship Int.
F&C Investments
LU0234759529
ING (L) Invest Sust. Eq.
ING (L) Invest
LU0119216553
ÖkoWorld ÖkoVision Classic
ÖkoWorld Lux
ÖkoWorld Water for Life
Pictet-Water-P
Wertentwicklung in %*
1 Jahr
3 Jahre p. a.
1,8
Schwerpunkt
11,3
Wasser, Gesundheit
5,7
15,8
Ökonomie/Ökolog.
8,3
15,2
Nachh. Welt
8,8
15,7
Nachh. Welt
LU0061928585
3,9
11,2
Nachh. Welt
ÖkoWorld Lux
LU0332822492
3,7
11,5
Wasser
Pictet Funds
LU0104884860
12,7
17,6
Wasser, Luft
* gerundet
Quelle: ING-DiBa
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Der weltweite Wasserverbrauch steigt
In der Landwirtschaft werden vor allem für die Bewässerung schon heute rund 70 Prozent des verfügbaren
Frischwassers verbraucht, Tendenz steigend.
3 500
Mrd. m 3
Landwirtschaft
3 000
2 500
2 000
1 500
Industrie
100
Haushalt
500
0
1900
1925
1950
1975
2000
2025
Quelle: United Nations Environment Program (UNEP)
„Ohne Wasser gibt es kein Überleben und keinen Wohlstand in der Welt“, sagt Prudent. Länderschwerpunkt des Fonds sind die USA – aus
gutem Grund: „Wir suchen Problemlöser mit
globalen Entwicklungschancen“, so Prudent. In
Deutschland seien nachhaltig wirtschaften­ende
Unternehmen im Bereich Wasser derzeit oft
nicht börsennotierter Mittelstand. Eine TopPosition im Depot ist daher der US-Versorger
American Water Works. Auch die Schwellenländer hat das Management im Blick, etwa mit
dem philippinischen Versorger Manila Water,
der rund sechs Millionen Menschen mit Trinkwasser beliefert. Schon heute ist weltweit die
Nachfrage nach Trinkwasser größer als das Angebot. Zudem werden rund um den Globus täglich zwei Millionen Tonnen Abwasser und Abfälle in den Wasserkreislauf eingeleitet. Nach
UN-Angaben sterben pro Jahr rund 3,5 Millionen Menschen vor allem in den Entwicklungsländern an Wassermangel oder verschmutztem
Trinkwasser.
Der Pictet-Water-Fonds investiert ebenfalls in
die Bedürfnisse der Zukunft. „Die öffentliche
Hand kann die Wasserversorgung nicht mehr
sicherstellen“, sagt Walter Liebe, Senior Investment Advisor bei Pictet Asset Management.
„Der Trend zur Privatisierung wird sich daher
verstärken.“ Der Schwerpunkt des Portfolios
liegt bei Trinkwasserherstellern sowie Versorgungs- und Wasseraufbereitungs- und Entsalzungsunternehmen. Das Management investiert weltweit in Aktien von Unternehmen, die
am Wasserzyklus beteiligt sind. Die größte Position im Depot nimmt derzeit auch bei Pictet
American Water Works ein.
Sympathisch und renditeträchtig. „Ein breit
gestreuter nachhaltiger Aktienfonds ist eine
attraktive Option für jeden Anleger, der daran
interessiert ist, global in Aktien zu investieren“,
sagt Hendrik-Jan Boer, Portfoliomanager des
ING Sustainable Equity-Fonds. Eine solche Anlage könne hin­sichtlich der Wert­entwicklung
problemlos die „altmodischen“ MainstreamStrategien globaler Aktieninvestments ersetzen, so Boer. In seinem Portfolio setzt er derzeit
den Schwerpunkt auf Konsum, Telekommunikation und IT, untergewichtet sind die Sektoren
Energie, Finanzen und Industrie. Bei der Titelauswahl legt auch Boer eine umfassende
Analyse nach ESG-Kriterien zugrunde und
schließt Unternehmen aus, die sich in der Tabak-, Glücksspiel- und Rüs­tungsindustrie betätigen. Die Verletzung von Menschenrechten und
Umweltverschmutzung sind weitere Ausschlussgründe. „Sympathische“ oder „gute“ Unternehmen seien aber nicht zwangsläufig auch gute
Investments, so Boer. Daher seien vor allem die
Finanzdaten eines Unternehmens wichtig für
die Titelauswahl. Allerdings geht die Zukunft
in Richtung Nachhaltigkeit – auch für Kapitalanleger: „Wir glauben, dass ein Fokus auf Nachhaltigkeit Unternehmen hilft, bessere Erträge
zu erwirtschaften und ihre Marktposition zu
verbessern“, sagt Boer, „also letztlich auch höhere Erträge für Inves­toren zu erzielen.“
Auf Vorreiter setzen. „Für uns steht das Produkt oder die angebotene Dienstleistung im
Vordergrund, die per definitionem schon nachhaltig sein muss“, sagt Raphael Lüscher, Manager des UBS Emerging Markets Innovators
Fund (ISIN: LU0398999499). Die Innovatoren,
die dem Fonds den Namen geben, sind Unternehmen, die einen direkten Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung in den Schwellenländern
leisten. Wie zum Beispiel Jain Irrigation, der
Green IT: Ökologie und
Ökonomie verbinden
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größte indische Hersteller von Anlagen zur
Tröpfchenbewässerung – weltweit liegt das Unternehmen auf Rang zwei. „Bei einer Marktdurchdringung von nur fünf bis acht Prozent
der gesamten bewässerten Fläche in Indien hat
der Konzern weiterhin gute Wachstums­
chancen“, sagt Lüscher. Kroton Educacional,
eines der führenden gewinn­orientierten Bildungsunternehmen Brasiliens, ist ein weiterer
Top-Titel im Portfolio, ebenso wie China Ever­
bright International, ein Konzern, der sich auf
Umweltschutz im Bereich von Abwasser- und
Müllverbrennungsanlagen konzentriert.
Mit Vorsicht zu genießen. Auf die Solarenergiebranche setzt Lüscher derzeit allerdings
nicht. Die Anbieter seien im Moment wenig
profitabel und er erwarte weitere Konkurse in
der Branche sowie eine Konsolidierungswelle.
„Langfristig ist das positiv für die Industrie“,
so Lüscher. Dabei kommt zum Tragen, dass die
Solarindustrie heute nur global gesehen werden
kann, denn auch Solarunternehmen in den
Schwellenländern leiden unter Überkapazitäten
und fallenden Preisen für Solarkomponenten.
Allerdings hätten Produzenten zum Beispiel in
China bei vergleichbarer Technologie eine tiefere Kostenstruktur als europäische Betriebe der
Müll in China: Verbrennung
und Aufbereitung wichtig
Branche, so Lüscher. „Wir erwarten daher, dass
sich diese Unternehmen langfristig durchsetzen
werden.“
■
„Vorsicht bei Themen, die in Mode sind“
Hendrik-Jan Boer, Manager des ING Sustainable Equity-Fonds, über Solarinvestments
Fondsberater: Welchen Einfluss haben die
Solarpleiten in Deutschland auf die Titelauswahl in Ihrem Portfolio?
Hendrik-Jan Boer: Wir hatten im Jahr 2009 eine
kleine Position in Q-Cells-Aktien für unser Depot gekauft, da wir das Unternehmen gut in der
Solar-Lieferkette verortet sahen und die Marktposition und Wachstumsaussichten als ordentlich bewerteten, obwohl wir dem Solarsektor
schon seit Jahren etwas skeptisch gegenüberstanden. Als die Perspektiven sich verschlechterten, verkauften wir unsere Anteile – mit
Verlust, was aufgrund des geringen Volumens
der Q-Cells-Anteile am Depot aber keine Auswirkungen auf die Gesamtperformance des
Portfolios hatte.
Fondsberater: Das war sehr vorausschauend...
Boer: Es ist ein Beispiel für unseren Ansatz, beim
Investment in kleinere Unternehmen und Unternehmen, die einen thematischen Schwerpunkt haben, vorsichtig zu sein. In Erinnerung
an die geplatzte Internetblase sollte man immer
wachsam sein bei überlaufenen Themeninvestments, die gerade in Mode sind, vor allem in
Hinblick auf Überkonzentration und Korrelation.
Fondsberater: Wie sehen Sie die Geldanlage
in erneuerbare Energien in der Zukunft?
Boer: Auf lange Sicht werden einige Unternehmen in der Solar- und Windenergie-Branche
wieder gute Perspektiven für Investoren bieten,
wenn sie sich auf ihre Kernkompetenzen konzentrieren und die Kosten für die Produktion
von erneuerbaren Energien stark zurückgehen.
Hendrik-Jan Boer, Head of
Sustainable Investments
Managt seit 2004 alle SustainableEquity-Strategien, verantwortet die
globalen und europäischen Nachhaltigkeitsportfolios für institutionelle
und Privatanleger bei ING Investment Management Den Haag.