Kongressbericht ENA Berlin 2007
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Kongressbericht ENA Berlin 2007
Einfluss der Ernährung auf Entzündung und Immunsystem Effect of Nutrition on Inflammation and the Immune System Berlin, 17.3.2007 Editorial Entzündung und Immunsystem nehmen eine Schlüsselrolle in der Vermeidung, aber auch der Entstehung von Erkrankungen ein. Aus diesem Grund widmete unsere Gesellschaft dem diesjährigen Kongress in Berlin dieses Thema. Unser Blickwinkel ist dabei Prävention und Ernährung, wobei die Therapie (-begleitung) jedoch Hand in Hand geht, wie auch aus den Referaten deutlich wurde. Obst und Gemüse mit seiner Vielfalt an Antioxidantien und sekundären Pflanzenstoffen und Omega-3-Fettsäuren stehen dabei im Fokus. Ergänzend zur Wissenschaft widmeten wir uns diesmal auch rechtlichen Fragen im Zusammenhang mit dem Gebrauch von Nutrazeutika in der Arztpraxis in Deutschland. Die ENA setzt damit ihren Weg fort, massgebliche Im- Inflammation and the immune system play a key role in both the prevention and the onset of diseases. For this reason, our Association devoted this year‘s Congress in Berlin to this topic. Our focus was on prevention and nutrition, although these go hand in hand with (accompanying) therapy, as the lectures made clear. Fruit and vegetables with their abundance of antioxidants, secondary vegetable compounds and omega-3 fatty acids were at the centre of attention. This year we complemented our scientific topics with legal issues in connection with the use of nutraceuticals in doctors‘ practices in Germany. Thus the ENA continues to follow its course of generating vital impulses for nutraceuticals. We warmly invite you to become a member of the Association and help determine this process. pulse für Nutrazeutika zu setzen. Wir laden Sie ein, Mitglied in der Gesellschaft zu werden, um diesen Prozess mitzubestimmen. Dr. Peter Prock Präsident Im März 2007 hatte die ENA Mitglieder und Interessenten zu ihrem dritten internationalen Jahreskongress nach Berlin geladen. An der Veranstaltung nahmen mehr als 300 Fachleute teil, darunter zahlreiche Ärzte sowie Ernährungsmediziner, Pharmazeuten, Diätassistenten, Sport- und Naturwissenschaftler aus zehn europäischen Ländern und den USA. Zu den Schwerpunkten der Fortbildung gehörten aktuelle Erkenntnisse aus klinischen Studien zum Einfluss bioaktiver sekundärer Pflanzenstoffe, Mikronährstoffe und essenzieller Fettsäuren auf das menschliche Immunsystem und Entzündung. Die vorliegende Ausgabe fasst die wichtigsten Informationen zusammen. In March 2007, the European Nutraceutical Association ENA again invited members and other interested persons to attend the third international ENA Congress in Berlin. More than 300 professionals took part in the meeting, including numerous doctors as well as nutrition specialists, pharmaceutical personnel, dieticians, sports scientists and other scientists from ten European countries and the USA. The focus of the further educational event was current knowledge from clinical studies on the effect of phytonutrients, micronutrients and essential fatty acids on the human immune system and inflammation. This paper summarises the most important information. Inhalt / Index Wirksamkeitsnachweis von Nutrazeutika Evidence for the efficacy of nutraceuticals 2 Beobachtungsstudie in Arztpraxen mit Nutrazeutika Surveillance study of nutraceuticals in medical practices 4 Nutrazeutika und Immunsystem Nutraceuticals and the immune system 5 Sekundäre Pflanzenstoffe aus Obst und Gemüse Phytonutrients from fruits and vegetables 7 Ernährungsintervention bei Autoimmunprozessen Dietary intervention in auto-immune processes 11 Omega-3-Fettsäuren / Omega 3 fatty acids 12 Nutrazeutika in der Arztpraxis in Deutschland Nutraceuticals in medical practice in Germany 16 Impressum / Imprint 20 Wirksamkeitsnachweis von Nutrazeutika – kontrollierte Studien erforderlich Die Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln verbinden Konsumenten stets mit hohen Erwartungen. Sie versprechen sich dadurch nicht nur mehr Energie und Leistungsfähigkeit, sondern vor allem Wohlbefinden und Gesundheit. Damit die Erwartungen der Verbraucher sowie der medizinischen Fachkreise nicht ins Leere laufen, bedarf es auch für Nutrazeutika einer richtig konzipierten, qualitativ hochwertigen klinischen Forschung, betonte Dr. Anita Boddie, Leiterin der klinischen Forschung der NSA Inc. in Colliersville, USA, in ihren Ausführungen. Die Durchführung von Studien, in denen die Wirksamkeit einzelner Nährstoffe in hohen Dosen an bestimmten Patientenpopulationen untersucht wird, lehnt Boddie ab. Vielfach hätte sich so kein eindeutiger Nutzen auf den Krankheitsverlauf zeigen lassen. Krankheiten liessen sich auch nicht durch Zufuhr einzelner hochdosierter Nährstoffe heilen, vielmehr sei «eine gute Ernährung für den Erhalt der Gesundheit lebenslang erforderlich und nicht erst, wenn gesundheitliche Probleme auftreten». Für den Wirksamkeitsnachweis von Nutrazeutika sind dagegen die auch bei Arzneimitteln üblichen randomisierten, plazebokontrollierten Doppelblindstudien die Mittel der Wahl, mit dem Unterschied, dass sie vom Umfang her in der Regel kleiner und zeitlich kürzer sind als typische klinische Studien. Untersucht wird zudem weniger der Einfluss der Nährstoffe auf Dauer und Verlauf einer Erkrankung als vielmehr die Auswirkung der Intervention auf eine gesunde, mit der Konsumentenzielgruppe vergleichbare Studienpopulation, wobei für die Auswertung nur wenige Biomarker oder Risikofaktoren als primäre Parameter definiert werden. Als Marker für die Nährstoffwirkung gelten beispielsweise der antioxidative Status, der Nachweis von DNA-Schäden oder die Untersuchung spezifischer T-Zell-Populationen (siehe dazu Seite 7 ff), die Aussagen zur Immunkompetenz des Organismus erlaubt. Als Biomarker eignen sich darüber hinaus auch Entzündungs- oder Stoffwechselparameter. Durchgeführt werden sollten solche Studien nach qualitativ strengen Massstäben durch fachkompetente Experten, möglichst auf universitärer Ebene – und zwar unabhängig von den Sponsoren, versteht sich. Das garantiert schliesslich die Publikation der Studienergebnisse in einem renommierten «peer»-reviewten medizinisch-wissenschaftlichen Journal. Nur so gewinnen die Ergebnisse letztlich das nötige Vertrauen der Wissenschaftler und Konsumenten in die Sicherheit und Wirksamkeit von Nutrazeutika. Evidence for the efficacy of nutraceuticals – controlled studies required Taking dietary supplements is associated with high expectations on the part of consumers. They expect not only better energy levels and performance, but also and above all, better wellbeing and health. In order to fulfil the expectations of the consumers and the medical profession, there is a need for correctly designed, high-quality clinical research, reported Dr. Anita Boddie, Head of Clinical Research at NSA Inc. in Colliersville, USA, in her talk. Boddie rejected the conduct of studies to investigate the efficacy of high doses of isolated nutrients on defined patient populations. Many of these had shown no clear benefits on the course of disease. Diseases are not healed by taking high doses of isolated nutrients, but, rather, “lifelong 2 Kongress Berlin, 17.3.2007 | © ENA good nutrition is necessary for maintaining good health, not only when health problems emerge.” Randomised, placebo-controlled double-blind studies are the method of choice for demonstrating the efficacy of nutraceuticals, however, just as for medicinal products. The difference is that they are generally smaller and shorter than typical clinical studies. The investigations focus less on the effect of nutrients on the duration and course of a disease, but more on the effect of the intervention on a healthy population, similar to the target consumer group, for the evaluation of which only a few biomarkers or risk factors are defined as the primary parameters. Markers of the effect of nutrients can include antioxidative sta- tus, evidence of DNA damage, or the investigation of specific T-cell populations (see page 7 ff), which allow evaluation of the body’s immunocompetence. Suitable biomarkers also include inflammatory or metabolic parameters. Such studies should be conducted according to qualitatively strict criteria by professional experts, if possible in a university setting – and, of course, independent of the sponsors. This will ultimately guarantee publication of the study results in a renowned “peer-reviewed” medical scientific journal. Only in this way will the results bring scientists and consumers to trust in the safety and the efficacy of nutraceuticals. Interview mit Dr. Anita Boddie Doktor Boddie, Sie sprachen über die Bedeutung kontrollierter klinischer Studien von hoher Qualität, die normalerweise in der medizinischen Forschung eingesetzt werden, um die Wirksamkeit eines Wirkstoffs nachzuweisen. Hier befassen Sie sich mit Nutrazeutika, vor allem mit einem Frucht- und Gemüsesaft-Pulverkonzentrat. Kennen Sie die Bestandteile, haben Sie die Substanzen analysiert? Wenn Sie im Laden Äpfel oder Tomaten kaufen, analysieren Sie diese, bevor Sie sie essen? Müssen Sie die genaue Zusammensetzung eines Salats kennen, damit Sie Salat essen und dadurch sicherstellen, etwas Gutes für Ihre Gesundheit zu tun? Sicherlich werden hier gewisse Qualitätskontrollen durchgeführt, um ein konsistentes Produkt zu liefern. Jeder auf dem Etikett deklarierte Nährstoff ist im Produkt vorhanden und entspricht den in den einzelnen Ländern gültigen Anforderungen. Es handelt sich nicht um eine umfangreiche Liste, die sämtliche Moleküle aufweist, die sich darin befinden könnten, sondern es handelt sich um einige Standardmoleküle, die als Marker dienen. Können Sie uns sagen, warum es so wichtig ist, kontrollierte Studien mit Nutrazeutika durchzuführen? Weil es ein relativ neuer Markt ist, aber auch ein neuer Begriff, der erst vor 20 Jahren geprägt wurde. Nahrungsergänzungsmittel sind ein in Entwicklung befindlicher Bereich. Leider ist die Forschung auf diesem Gebiet bis heute grösstenteils sehr eng gefasst. So weisen beispielsweise epidemiologische Studien nach, dass Personen, die die meisten Karotten essen, am wenigsten an einer bestimmten Krankheit leiden. Dann würde eine weitere Studie durchgeführt, um nachzuweisen, ob der Konsum einer hohen Dosis Betakarotin diese Krank- Dr. Anita Boddie heit verhindern oder gar heilen könnte. Solche Studienresultate sind oft genügend enttäuschend, da man versucht einen Arzneistoff-ähnlichen Effekt zu finden, was jedoch nicht gelingen kann, da eine Karotte mehr enthält als Betakarotin. Eine ausgewogene Ernährung sollte lebenslang zugeführt werden und nicht nur, wenn Krankheiten auftauchen. Zudem sind sekundäre Pflanzenstoffe in allen Gemüsearten vorhanden, auch wenn sie in kleinen Mengen verzehrt werden. Daher werden epidemiologische Studien mit isolierten Nährstoffen in hohen Dosen kaum zu Ergebnissen kommen, die sich an der Realität messen lassen. Sollten die Menschen nicht eher Obst und Gemüse verzehren als Nutrazeutika einnehmen? Nutrazeutika sind als Ergänzung einer gesunden Ernährung gedacht, nicht als Ersatz dafür. Die Menschen sollten so viele Portionen Obst und Gemüse verzehren, wie sich in ihrem Tagesablauf sinnvoll unterbringen lässt. In den USA gibt es etliche Nahrungsergänzungspräparate, die in der Werbung so dargestellt werden, als enthielten sie 100 Prozent sämtlicher Nährstoffe, die der Mensch benötigt. Dies ist wissenschaftlich unseriös, da wir gar nicht wissen, was 100 Prozent von allem tatsächlich ist. Darüber hinaus werden immer wieder «neue» Pflanzenstoffe identifiziert, die es in pflanzlicher Nahrung immer schon gegeben hat. Solche Produkte irritieren die meisten Menschen, denn sie denken, ich kann mittags ruhig ein kalorienarmes Getränk und einen Schokoriegel essen, meine 100 Prozent Multivitamine habe ich ja schon eingenommen , also muss ich mich nicht mehr um vitaminreiche Nahrung kümmern. Wir legen also Wert auf die Feststellung, Nahrungsergänzungsmittel sind kein Ersatz für eine gesunde Ernährung. Ihr Einnahme bedeutet nicht, dass man kein Obst und kein Gemüse mehr essen soll, im Gegenteil. Ich hoffe sehr, dass sich die Menschen in Zukunft deutlich mehr für ihre Gesundheit und ihre Ernährung interessieren. Interview with Dr. Anita Boddie Doctor Boddie, you talked about the importance of high quality controlled clinical studies, which are normally used in medical research to show the effectiveness of an active agent. Here you are dealing with nutraceuticals especially with a fruit and vegetable juice powder concentrate. Do you know the ingredients, did you analyse the compounds? Well, when you go and buy apples or tomatoes at the store, do you analyse them before you eat them? Do you need to know what the exact composition of a salad is to eat a salad, to ensure that you have health benefits? Certainly the manufacturer performs quality analysis regularly to provide a consistent product. Any nutrient that is included in the label declaration is present in the product within the regulatory range as permitted by countries where these items Cont. on page 4 Kongress Berlin, 17.3.2007 | © ENA 3 Cont. of page 3 are sold. It is not an exhaustive list of every possible molecule that might be present, but these are some standard molecules that serve as markers. Can you tell us why it is so important to carry out controlled studies with nutraceuticals? Because it is a relatively new market place or even a new term – the term was only created less than 20 years ago. Nutraceuticals are a developing area. Unfortunately, much of the nutrient research up to this point has been very narrowly focused. For example an epidemiological study would show that the people who eat the most carrots suffer least from a certain type of disease. Then a study would be performed to verify whether the intake of an enormous amount of isolated beta carotene in supplemental form (a nutraceutical) would prevent or cure the disease. The results of these studies are often disappointing because a drug like effect is being evaluated, although we know that there is more in a carrot than beta carotene alone. Good nutrition is important throughout the life span, not just in illness. Phytonutrients are present in combinations and present in modest amounts in foods. They may not have the effects observed in the epidemiology observations when provided in large doses in isolated form. Shouldn’t people eat more fruits and vegetables rather than taking a nutraceutical? Specifically, the encapsulated juice powder concentrate that has been the topic of many research studies is designed to be a complement to a healthy diet, not a substitute for it. People still need to eat as many servings of fruits and vegetables as they can reasonable fit into a day. In the USA we have quite 4 Kongress Berlin, 17.3.2007 | © ENA Beobachtungsstudie in Arztpraxen mit Nutrazeutika – ein Projekt im Aufbau Kontrollierte klinische Studien seien zwar unbestritten der Goldstandard in der medizinischen Forschung, so Dr. Peter Prock, derzeit Präsident der ENA, Basel, Schweiz, sie liessen sich aber durchaus mit Beobachtungsstudien ergänzen. Hintergrund der Überlegung ist die immer noch relativ magere Datenlage bei Nutrazeutika. Jede Wissenserweiterung sei daher wertvoll, auch wenn sie durch eine wissenschaftlich weniger bedeutsame Beobachtungsstudie erlangt würde. Liegen zum untersuchten Produkt sogar schon Daten aus klinischen Studien vor, lässt sich der wissenschaftliche Wert einer solchen Untersuchung steigern, wenn Parameter gewählt werden, die in klinischen Studien bereits dokumentiert sind. Ausserdem lassen sich durch die Mitwirkung der Arztpraxen auch hohe Probandenzahlen erreichen, was die Aussagekraft der Studie sowie der gewonnenen Daten zusätzlich untermauert. Geplant ist denn auch, mehrere tausend Probanden in allgemeinärztlichen und internistischen Praxen für die Studie zu rekrutieren, wobei durch Einsatz eines validierten Fragebogens in regelmässigen Abständen Veränderungen a few supplements that are advertised as if they have a hundred percent of everynutrientanyone could ever need. But this is scientifically unsound, because we don’t know what a hundred percent of everything is. “New” phytonutrients are regularly identified, although these have been present in plant foods all along. Nevertheless people are confused by this kind of “100%” product and think: “What difference does it make if I want to have a diet soda and a candy bar for lunch? I already had my 100% multivi- Dr. Peter Prock hinsichtlich Befindlichkeit, Neuerkrankungen beziehungsweise Anzahl Krankheitstage (und damit der Abwehrkräfte) sowie relevante Lebensstilfaktoren (Bewegung, Konsum von Obst und Gemüse, Schlafverhalten) abgefragt werden sollen. Prock erwartet dadurch auch, dass sich präventive Aspekte des Lebensstils in der Arztpraxis vermehrt thematisieren lassen. Darüber hinaus können optional noch einige Blutpara- tamin so don’t need to bother eating foods rich in vitamins.” And that’s why this company is very clear – their encapsulated juice powder concentrate is not a substitute for a healthy diet. It doesn’t mean you don’t have to eat fruits and vegetables, on the contrary, as people learn more, they will have greater appreciation of the importance of dietary produce. Hopefully people will also become more interested in their own health and their own nutrition. meter, wie CRP, HbA1c oder Nüchternblutzuckerwerte, dokumentiert werden, falls entsprechende Untersuchungen in anderem Zusammenhang erfolgt sind. Neben den bereits genannten Aspekten hat das Projekt auch die Unterstützung von Ärzten zum Ziel, die den Stellenwert der Ernährung in der Prävention erkannt haben und hier tätig sind. Auch wenn es um den Einsatz von Nahrungsergänzungsmitteln geht, soll der Arzt Ansprechpartner sein, betonte Prock. Für die Durchführung dieser Studie gibt es allerdings noch einige Hürden zu überwinden: In der Planung zeigte sich beispielsweise, dass für die Realisierung solcher Projekte keine konkreten Regelungen existieren. Noch sind die behördlichen Ansprechpartner nicht definiert, die rechtlichen Auflagen konnten noch nicht geklärt werden, und Surveillance study of nutraceuticals in medical practices – a project under construction While controlled clinical studies are undoubtedly the gold standard in medical research, according to Dr. Peter Prock, current President of ENA, Basel, Switzerland, they can be supplemented by surveillance studies. The background to this is the still relatively meagre amount of data for nutraceuticals. Any increase in knowledge is therefore valuable, even if it is achieved by a scientifically less valuable surveillance study. If there are already data from clinical studies available on the investigational product, the scientific value of such a study can be increased by choosing parameters that have already been documented in clinical studies. In addition, the co-operation of medical practices can achieve large numbers of subjects, which can additionally enhance the power of the data derived from such studies. It is planned to recruit several thousand subjects for the study from general and internal medicine practices, and to use a validated questionnaire at regular intervals to find out about changes in wellbeing, new diseases and/or the number of days of sickness (and thus resistance) as well as relevant lifestyle factors (exercise, consumption of fruit and vegetables, sleep patterns). Prock expects that this will be an opportunity to address the issue of a healthy lifestyle in medical practice. In addition, there is an option to document blood parameters, such as CRP, HbA1c or fasting blood sugar, if corresponding investigations are being carried out in another context. Beside the mentioned aspects the project has the aim to increase support among physicians who have recognised the value of nutrition in prevention and are implementing it. Prock concluded that, when it is a question of using nutritional supplements, a physician should be the person to contact. There are, however, several hurdles to overcome in the conduct of this study: in the planning of the study, for example, it became clear that no concrete regulations exist for conducting such projects. The responsible official partners have not yet been defined, the legal conditions are not clear, and it is also unclear whether the professional code of conduct for doctors is compatible with this project. The background to the problem includes the legal status of nutritional supplements, which are generally regarded in Europe as consumer products, and thus, according to lawmakers, do not belong in medical practices. The feasibility of this project is currently being discussed with the medical authorities. unklar ist zudem, ob die Musterberufsordnung der Ärzte mit diesem Projekt vereinbar ist. Hintergrund der Probleme ist unter anderem die rechtliche Stellung der Nahrungsergänzungsmittel, die generell in Europa als gewerbliche Produkte eingestuft werden und daher, so der Gesetzgeber, nicht in die ärztliche Praxis gehören. Die Durchführbarkeit des Projektes wird derzeit mit den zuständigen Ärztekammern abgeklärt. Nutrazeutika und Immunsystem – Ergebnisse einer Literaturrecherche Einen Überblick über den Einfluss von Nährstoffsupplementen auf die Funktionsfähigkeit des Immunsystems gab die Universitätsdozentin Dr. Ingrid Kiefer vom Institut für Sozialmedizin der Medizinischen Universität Wien anhand einer umfassenden Literaturrecherche, die den Zeitraum der letzten 36 Jahre umfasste. Im Fokus standen dabei Mikronährstoffe wie Vitamine (als Mono- oder Mutivitaminsupplemente), Mineralstoffe (als Monotherapeutika oder in Kombinationen mit Multivitaminen) sowie sekundäre Pflanzenstoffe, Fruchtund Gemüsekonzentrate und essenzielle Fettsäuren. Eingeschlossen wurden ausschliesslich Humanstudien an gesunden Probanden, die den Effekt der Nährstoffsupplemente auf die zelluläre und humorale Immunabwehr (anhand laborchemischer Analysen) beziehungsweise auf die Primärprävention entzündlicher Erkrankungen untersuchten. Insgesamt wurden 205 Studien ausgewertet, davon wurden 149 mit Einzelstoffsupplementen durchgeführt, in 31 Studien waren zwei Nährstoffe kombiniert, in 25 Studien wurden KombinationspräFortsetzung auf Seite 6 Kongress Berlin, 17.3.2007 | © ENA 5 Fortsetzung von Seite 5 Interview mit Universitätsdozentin Dr. Ingrid Kiefer parate eingesetzt. Die meisten Studien wurden mit Vitamin C (29), Karotinoiden (21), Zink (20) und Vitamin E (17) sowie mit Multivitamin/Mineralstoffkombinationen (14) publiziert. Auffallend war, dass die Supplementationsdosen (vor allem bei den Vitaminen E und C sowie Betakarotin und Zink) oft erheblich über der empfohlenen täglichen Zufuhr der D-A-CH-Referenzwerte lagen. Die Laufzeiten der Studien variierten von zwei Wochen bis zu mehreren Jahren. Bezüglich weiterer Details sei hier auf den Abstractband verwiesen. Insgesamt liess sich bei den Ergebnissen der untersuchten Studien kein einheitlicher Trend erkennen. In den meisten Studien zeigten sich entweder positive Effekte auf die immunologischen Parameter (Anzahl T-Lymphozyten, NK-Zellen oder Zytokinproduktion) oder keine Unterschiede. Negative Wirkungen seien dagegen deutlich seltener, als man bei den teilweise hohen Dosen erwarten würde, so Kiefer. Frau Dozentin Kiefer, Sie haben über eine umfangreiche Literaturrecherche berichtet und in diesem Zusammenhang über 200 Studien ausgewertet – was hat die ENA mit Ihren Auswertungen vor? Ich betrachte es als Aufgabe des Vorstandes der ENA, sich einen Überblick über die verfügbaren wissenschaftlichen Daten zur Wirkung von Vitaminen, Mikronährstoffen und sekundären Pflanzenstoffen zu verschaffen. Die gesammelten Informationen sollen die Basis für ein Konsensuspapier sein. Wir planen, eine Zusammenfassung für verschiedene Gebiete und Indikationen zu schreiben, und haben jetzt mit dem Überblick über Entzündungen und dem Immunsystem begonnen, weil das unser Tagungsthema war. Sie sprachen von einem Konsensuspapier – sollen das Guidelines sein? Wir haben das Problem, dass es widersprüchliche Empfehlungen für die Dr. Ingrid Kiefer Einnahme von Vitaminen und Nahrungsergänzungsmitteln gibt. Es gibt zwar die offiziellen Empfehlungen, wie die RDA-Werte; die orthomolekularen Mediziner arbeiten aber beispielsweise gerne mit höheren Dosierungen. Unser Ziel ist es, internationale Experten an einen Tisch zu bekommen, anhand der wissenschaftlichen Evidenz den State of the Art zu definieren und dann einen Konsens zur Anwendung, zu den Risiko- Nutraceuticals and the immune system – results of a literature search Assistant Professor Dr. Ingrid Kiefer of the Department of Social Medicine, Medical University of Vienna, gave an overview of the influence of nutritional supplements on the efficiency of the immune system, with a comprehensive literature review covering a period of 36 years. The focus was on micronutrients such as vitamins (as mono- or multi-vitamin supplements), minerals (as single constituents or in combination with multi-vitamins) and secondary plant materials, fruit and vegetable concentrates and essential fatty acids. Only human studies in healthy subjects were included, which investigated the effects 6 Kongress Berlin, 17.3.2007 | © ENA of nutritional supplements on cellular and humoral immune defence (using laboratory analyses) and on the primary prevention of inflammatory diseases. A total of 205 studies were evaluated, of which 149 were conducted with single supplements, 31 combined two nutrients, and 25 used combination preparations. Most of the studies published were on vitamin C (29), carotenoids (21), zinc (20), and vitamin E (17), and multivitamin / mineral combinations (14). It was notable that the supplementation doses (especially for vitamins E and C, and also for beta-carotene and zinc) were often substantially above the rec- ommended daily D-A-CH consumption reference values. The duration of the studies varied from two weeks to several years. For further details we refer to the abstract booklet. Overall, the results of the studies investigated did not show any uniform trend. In most of the studies, there were either positive effects on immunological parameters (number of T lymphocytes, NK cells or cytokine production) or no difference. Negative effects, by contrast, were seen much more seldom than would have been expected given the high doses used, according to Kiefer. Interview with Prof. Ingrid Kiefer Professor Kiefer, you reported on an extensive research of the literature in which over 200 studies were analysed – what is the ENA going to do with your analyses? I see it as the task of the ENA Board to create an overview of the available scientific data on the effects of vitamins, micronutrients and secondary vegetable compounds. The collated intimation will provide the basis for a consensus paper. We plan to write summaries for different areas and indications, and have now started on the summary of inflammation and the immune system because that was the subject of our congress. gruppen sowie zur Wirkung und Dosierung von Nahrungsergänzungsmitteln auszuarbeiten, mit dem Ziel, konkrete Empfehlungen abzuleiten, die uns derzeit ja noch fehlen. Jetzt ist der erste grosse Überblick fertig. Dazu werden wir ein Review verfassen und das Ganze über die ENA international publizieren. Dann gehen wir die nächsten Gebiete durch: So steht unter anderen auch die Herz-Kreislauf-Prävention auf unserer Liste, ein Thema, das für die Volksgesundheit ebenfalls wesentlich ist. Geht es der ENA im Zusammenhang mit Nahrungsergänzungsmitteln nur um die Prävention oder auch um die Therapie? Solange Nahrungsergänzungsmittel – so wie es jetzt im Gesetz verankert ist – dem Lebensmittelrecht unterstehen, müssen wir in der Primärprävention bleiben. Aber wir wollen abklären, ob gesundheitsbezogene Aussagen im Hinblick auf Nutrazeutika nicht auch kommuniziert werden dürfen, wenn die wissenschaftliche Evidenz erwiesen ist. You mentioned a consensus paper – do you mean guidelines? We have a problem inasmuch as the recommendations for taking vitamins and nutritional supplements are contradictory. We do have the official recommendations such as the RDA figures, but orthomolecular practitioners, for example, prefer to work with higher dosages. Our aim is to get international experts around the table, to define the stateof-the-art based on the current scientific evidence, and then to write up a consensus for their use, on risk groups, and the actions and doses of nutritional supplements. The objective here is to derive the concrete recommendations that we still don’t have. We will prepare a review of this, and then publish it all internationally via the ENA. Then we will work our way through the next areas – for instance cardiovascular primary prevention is on our list, a subject that is also essential for public heath. Is the ENA’s primary concern the use of nutritional supplements in prevention alone, or does it extend to treatment as well? As long as nutritional supplements are subject to the foodstuffs laws – as is firmly anchored in current legislation – we will have to remain in the field of primary prevention. But we want to establish whether health-related claims can be communicated for nutraceuticals if the scientific evidence has been furnished. Sekundäre Pflanzenstoffe aus Obst und Gemüse: Kontrollierte Studie lässt Wirkungen auf Immunsystem erkennen Das Immunsystem ist ständig in Alarmbereitschaft. Nur so ist garantiert, dass Fremdstoffe und pathogene Mikroorganismen rechtzeitig erkannt und zerstört werden, sodass es nicht zu Erkrankungen kommt, erklärte Professor Susan S. Percival vom Food Sciences and Human Nutrition Department der Universität Florida, USA. Pathogene, die den Organismus überschwemmen, aktivieren das Immunsystem mit seinen immunkompetenten Zellen und Entzündungsmediatoren, während der Organismus entsprechende Krankheitssymptome und Entzündungszeichen zeigt, die so lange anhalten, bis die Erreger erfolgreich eliminiert sind. Nach Elimination der Erreger, die durch Phagozytose, zytotoxische freie Radikale (den sogenannten «respiratory burst») sowie durch den Prozess der Antikörperbildung erfolgt, kehrt das Immunsystem wieder in den Überwachungsmodus zurück. Bleibt das Immunsystem jedoch weiter aktiv, kann dies chronische Entzündungen mit übermässiger Freisetzung freier Radikale zur Folge haben, die schleichende pathologische Prozesse auslösen und schliesslich zu Krankheiten führen können, die den Wirt auf Dauer erheblich schädigen, wie Krebs, rheumatoide Arthritis oder kardiovaskuläre Erkrankungen. In diesem ganzen Geschehen kann die Nahrung eine wichtige Rolle spielen, betonte Percival, und zwar sowohl direkt über die Modulation der immunkompetenten Zellen als auch indirekt bei der Vermittlung antioxidativer Wirkungen, was den Wirt vor den negativen Effekten der bei Entzündungsreaktionen gebildeten zytotoxischen freien Radikale schützen kann. Percival Fortsetzung auf Seite 8 Kongress Berlin, 17.3.2007 | © ENA 7 Fortsetzung von Seite 7 erwähnte in diesem Zusammenhang insbesondere die protektiven antioxidativen Eigenschaften der bioaktiven sekundären Pflanzenstoffe aus Obst und Gemüse, wie Polyphenole, Karotinoide, Flavonoide und anderer. Auf diesen erst in den letzten Jahren gewonnenen Erkenntnissen basiert unter anderem die Empfehlung, täglich mindestens 5 Portionen Obst und Gemüse zu verzehren. «Wir stellten daher die Hypothese auf, dass die gezielte Zufuhr verschiedener bioaktiver sekundärer Pflanzenstoffe durch ein im Handel erhältliches Fruchtund-Gemüsesaft-Pulverkonzentrat in Kapselform (FVJC) das Immunsystem unterstützen und den antioxidativen Schutz stärken kann, und überprüften diese Annahme in einer randomisierten, plazebokontrollierten Doppelblindstudie», berichtete Percival. Die Studienpopulation – 59 gesunde Jurastudenten – erhielt (zusätzlich zu ihrer üblichen Ernährung) nach dem Zufallsprinzip entweder FVJCoder Plazebokapseln (Einnahmemodus: je zwei Kapseln morgens und abends) über einen Zeitraum von 77 Tagen. An den Tagen 1, 35 und 77 erfolgten Blutentnahmen, anhand deren die Anzahl zirkulierender αβ- und γδ-T-Zellen, die Zytokin-Produktion, Strangbrüche der Lymphozyten-DNA und der antioxidative Status sowie die Serumspiegel von Karotinoiden und Vitamin C bestimmt wurden. Darüber hinaus protokollierten die Probanden ihre während des Studienverlaufs auftretenden Erkrankungen, vorwiegend grippale Infekte oder banale Erkältungskrankheiten, und die damit verbundenen Symptome wie Fieber, Husten, Kopfschmerzen, Müdigkeit und Leistungsabfall. Die These: Wenn die Immunität des Organismus durch FVJCKapseln unterstützt wird, treten weniger Erkrankungen auf und die Schwere der Symptome sowie die Anzahl der Krankheitstage verringern sich. Tatsächlich zeigten die Probanden unter FVJC gegenüber der Plazebogruppe einen Trend hin zu insgesamt weniger Krankheitstagen und schwächer ausgeprägten Symptomen, der allerdings keine statistische Signifikanz erreichte (p = 0,076). Bis Studienende kam es in der Verumgruppe zu einer Zunahme der zirkulierenden γδ-T-Zellen um 30 Prozent und einer Reduktion von DNA-Strangbrüchen um 40 Prozent. Darüber hinaus zeigte der Plasmaspiegel dieser Probanden signifikant höhere Konzentrationen an Vitamin C und pflanzlicher Karotinoide (Betakarotin, Lycopin und Lutein). Ebenso signifikant erhöhte sich die Resorptionskapazität für Sauerstoffradikale im Plasma der FVJC-Gruppe. Das in Phorbol-stimulierten Lymphozyten gebildete Interferon-γ reduzierte sich zudem in der FVJC-Gruppe um 70 Prozent, während die Konzentration anderer Zytokine (IL-4, IL-6, TGF-beta) unverändert blieb. Die Zufuhr sekundärer Pflanzenstoffe wirkt sich demnach günstig auf die Funktionsfähigkeit des Immunsystems aus und kann entzündungsbedingte Schädigungen verringern – insofern konnte die bei Studienbeginn gestellte Arbeitshypothese bestätigt werden, so Percival abschliessend. Phytonutrients from fruit and vegetables: Controlled study identifies effects on immune system The immune system is permanently on the alert. Professor Susan S. Percival of the Food Sciences and Human Nutrition Department at the University Florida, USA, explained that this is the only way to guarantee that foreign substances and pathogenic microorganisms are recognised and destroyed in time to prevent diseases. Pathogens which inundate the organism activate the immune system with its immunocompetent cells and inflammation mediators, and the organism exhibits corresponding symptoms of disease and signs of inflammation which continue until the pathogens are successfully eliminated. 8 Kongress Berlin, 17.3.2007 | © ENA After elimination of the pathogens, which is achieved by phagocytosis, cytotoxic free radicals (so-called “respiratory burst”) and the process of antibody formation, the immune system returns to the monitoring mode again. However, if the immune system remains active, this may lead to chronic inflammation with the excessive release of free radicals which trigger gradual pathological processes and may ultimately lead to disease which considerably injure the host such as cancer, rheumatoid arthritis or cardiovascular diseases. Percival emphasised that the diet can play an important role in this whole process, both directly by modulating immunocompetent cells, and indirectly by mediating antioxidative effects which can protect the host from the negative effects of the cytotoxic free radicals formed during inflammatory reactions. In connection with this, Percival focused on the protective antioxidative properties of the bioactive secondary vegetable compounds in fruit and vegetables, such as polyphenols, carotenoids, flavonoids, and others. Among other factors, the recommendation to eat at least 5 servings of fruit and vegetables every day is based on these findings, which were only made a few years ago. Interview mit Prof. Susan Percival Professor Percival, in Ihrer Studie untersuchten Sie die Wirkung eines Fruchtund-Gemüsesaftkonzentrats. Haben Sie die Substanzen des verwendeten Konzentrats jemals in Bezug auf Vitamine, Mikronährstoffe oder Phytochemikalien untersucht? Kennen Sie die Hauptwirkstoffe? Ich denke nicht, dass wir genau wissen, welches die Wirkstoffe sind. Sie alle haben unterschiedliche Effekte, die zusammenwirken, sie können additiv oder synergistisch wirken, was genau abläuft, “Therefore, we hypothesised that the specific ingestion of different bioactive phytonutrients in the commercially available encapsulated fruit and vegetable juice powder concentrate (FVJC) can support the immune system and strengthen antioxidative protection, and investigated this assumption in a randomised, placebo-controlled, double-blind study”, Percival explained. In addition to their habitual diet the study population – 59 healthy law students – were given either FVJC or placebo capsules (method of administration: two capsules each in the morning and in the evening) assigned at random, over a period of 77 days. On days 1, 35 and 77, blood samples were taken to determine the number of peripheral αβ- and γδT–cell populations, cytokine secretion, DNA strand breaks in lymphocytes, and the antioxidative status as well as the plasma carotenoid and vitamin C levels. Furthermore the study subjects kept a diary of the illnesses they suffered during the course of the study, mainly flulike infection or common colds and the symptoms connected with these such as fevers, cough, headache, tiredness and a decline in performance. The hypothesis: if the organism’s immunity is strengthened by FVJC capsules, fewer wissen wir jedoch nicht. Obgleich die Kapseln analysiert werden können, kennen wir nicht alle Substanzen – die Kapseln enthalten wahrscheinlich etwa 4000 verschiedene Substanzen. Einiges wissen wir zumindest: Wir kennen beispielsweise den Gehalt an Vitamin C und E und den Gehalt an Folsäure und Betakarotin. Die von Ihnen rekrutierten Studienteilnehmer waren Studenten, die sich normalerweise nicht sehr gesund ernäh- illnesses occur, and both the severity of the symptoms as well as the number of days of symptoms are reduced. The study subjects under FVJC reported fewer days of symptoms, and less severe symptoms compared with the placebo group, although there was no statistical significance (p = 0.076). The percentage of circulating γδ-T-cells in the FVJC group increased by 30 per cent, and DNA strand breaks were reduced by 40 per cent in the verum group by day 77. Furthermore, the plasma level of these subjects showed significantly higher concentrations of vitamin C and vegetable carotenoids (beta carotene, lycopene and lutein). In addition, the plasma oxygen radical absorptive capacity in the FVJC group increased just as significantly. Interferon-γ produced by phorbol-stimulated lymphocytes was reduced by 70 per cent in the FVJC group, while the concentration of other cytokines (Il 4, Il 6 TGF beta) remained unchanged. Percival concluded that the supply of bioactive phytonutrients from fruit and vegetables has a favourable effect on the functioning of the immune system, and can reduce inflammatory damage, i.e. the working hypothesis put forward before the study was confirmed in this respect. Prof. Susan Percival ren. Wissen Sie, womit sie sich während der Studienperiode ernährten? Nein, wir befragten sie nicht zu Ihrer Ernährung. Aus diesem Grund entnahmen wir Blutproben zu Studienbeginn. Wir nehmen bei den Personen einen Vergleich mit den Ausgangswerten vor, dies dient als Kontrolle, auch wenn zusätzlich noch Plazebo als Kontrolle dient. Was bedeutet die Zunahme von γδ-TZellen für gesunde Personen? γδ-T-Zellen sind eine verhältnismässig neue Entdeckung. Wir haben erst in den Neunzigerjahren von ihrer Existenz erfahren. Daher wissen wir noch nicht alles über sie. Wir wissen, dass sie Pathogene erkennen und Zellen töten können, die von einem Virus infiziert wurden. Sie sehen jedoch nicht wie eine normale TZelle aus, da eine normale T-Zelle eine grosse Vielfalt an Rezeptoren aufweist und eine grosse Vielfalt von Pathogenen erkennen kann. Die γδ-T-Zelle hat eine begrenzte Fähigkeit, Pathogene zu erkennen, das heisst, sie wirkt mehr wie angeborene Immunzellen im Gegensatz zum adaptiven Immunsystem. Sie übt ihre Wirkung normalerweise nicht im Blut aus, sondern findet sich entlang von Epithelauskleidungen, zum Beispiel Fortsetzung auf Seite 10 Kongress Berlin, 17.3.2007 | © ENA 9 Fortsetzung von Seite 9 Interview with Prof. Susan Percival in der Darmschleimhaut, im Ösophagus und in den Lungen. Untersucht man das Blut, so untersucht man also nur einen sehr kleinen Anteil dieser Zellen. Vermutlich verstärkt man über eine nur geringe Veränderung der Anzahl von γδT-Zellen die Immunität. Aber wir wissen dies noch nicht wirklich. Professor Percival, in your study you investigated the effect of a fruit and vegetable juice concentrate. Did you ever analyze the compounds of the concentrate used with regard to vitamins, micronutrients or phytochemicals? Do you know the main active agents? I don’t believe we know in detail what the active agents are. All of them do different things that work together, they may work additively, may work synergistically, but we don’t know exactly what is going on. Although the capsules can be analyzed, we don’t know all the compounds – there are probably about 4000 different compounds in them. But at least we know some things: we know for instance the contents of vitamin C and E and the contents of folic acid and beta carotene. Ist es Ihrer Ansicht nach möglich, dass der Organismus durch Mikronährstoffe wie Vitamine und Antioxidantien über den Konsum von Frucht- und Gemüsekonzentraten zusammen mit einer obst- und gemüsereichen Ernährung überfordert werden kann? Es besteht immer eine Gefahr der Übertreibung. Auch zu viel Wasser kann uns schaden. Daher meine ich, dass es eine obere Grenze gibt, aber ich glaube nicht, dass man diese, auch wenn man fünf oder zehn Obst- und Gemüseportionen pro Tag verzehrt und zusätzlich die Kapseln einnimmt, erreicht. Ich denke, dazu müsste man sehr, sehr hohe – das heisst zehn- bis hundertfach grössere – Mengen konsumieren. Glauben Sie, es ist wirklich notwendig, ein solches Nutrazeutikum regelmässig zusammen mit einer normalen und gesunden Ernährung einzunehmen? Oder würden Sie sagen, die Einnahme solcher Kapseln wäre während Stressperioden empfehlenswert? Nein, ich meine, es ist wichtig, jeden Tag eine gute gesunde Vielfalt an Phytonährstoffen zu konsumieren. Würden Sie also diese Kapseln als tägliche Nahrungsergänzung empfehlen? In der Regel verzehren die Menschen nicht genügend Obst und Gemüse – ich bin der Meinung, dass eine zusätzliche Nahrungsergänzung sinnvoll ist. 10 Kongress Berlin, 17.3.2007 | © ENA The study participants you recruited were students who normally don’t eat very healthily. Do you know what they consumed during the study period? No, we did not ask about their diet. But that is the reason why we took the baseline blood sample. We compare an individual to their baseline value, and this serves as a control even when we have the placebo serving as a control as well. What does the increase of γδ-T-cells mean for healthy subjects? γδ-T-cells are a relatively new discovery. We have only known about them since the 1990s. So we still don’t know everything about them. We know that they recognise pathogens and can kill cells that have been infected with a virus. But they don’t look like a normal Tcell because a normal T-cell has a great variety of receptors and can recognise a great variety of pathogens. The γδ-Tcell has a limited ability to recognise pathogens so it acts more like innate immune cells as opposed to the adaptive immune system. They don’t function in the blood normally but they are found all along the epithelial linings, e.g. in the gut lining, the oesophagus and the lungs. So when I study the blood I’m only studying a very small proportion of them. We would think that by changing the number of γδ-T-cells just a little bit we are enhancing immunity. But we still don’t really know that. Is it possible in your opinion that the organism could be overwhelmed by micronutrients such as vitamins and antioxidants by consuming fruit and vegetable concentrates together with a diet rich in fruits and vegetables? There is always a danger in overdoing anything. Even too much water will harm you. So I believe there is an upper limit but I don’t believe we will reach it even with five or ten fruits and vegetables a day plus the capsules. I think we have to get very, very high – ten to a hundred times higher than that. Do you think it is really necessary to take such a nutraceutical on a regular basis together with a normal and healthy diet? Or would you say taking such capsules would be advisable during periods of stress? No, I think it is important to have a good healthy variety of phytonutrients every day. So you would recommend these capsules as an every day supplement? Well, I don’t think we could say we have a normal healthy diet. In most cases people don’t consume enough fruits and vegetables. I think it is a good idea to have an extra supplementation. Ernährungsintervention bei Autoimmunprozessen – Benefit von Obst und Gemüse bei Autoimmunthyreoiditis Dr. med. Alireza Ranjbar vom Institut für interventionelle Allergologie und Immunologie, Bonn, berichtete in seinem Vortrag über seine Pilotstudie, die er konzipierte, um den Einfluss von Mikronährstoffen und sekundären Pflanzenstoffen aus Obst und Gemüse auf die Autoimmunthyreoiditis zu untersuchen. Diese Erkrankung, so Dr. Ranjbar einführend, sei sowohl aus immunologischer als auch metabolischer Sicht von Interesse und diene hier als Forschungsmodell. Bei dieser Schilddrüsenerkrankung handelt es sich um eine Autoimmunerkrankung, das heisst, die Antikörper des Organismus richten sich gegen das eigene Schilddrüsengewebe. Solche Autoimmunprozesse sind – neben der Bildung von aggressiven Autoantikörpern und chronischen Entzündungen – durch klinische Symptome gekennzeichnet, die durch den zunehmenden Funktionsverlust des betroffenen Organs ausgelöst werden. Auslöser solcher Erkrankungen sind genetische Faktoren und Umwelteinflüsse, aber auch oxidativer Stress. Erkenntnisse aus den letzten Jahren deuten darauf hin, dass Autoimmunerkrankungen durch die Überproduktion freier Radikale getriggert werden. Die Entstehung der freien Radikale erfolgt in einem komplexen Prozess, bei dem es durch Antigeneinwirkung zu einer exzessiven Stimulation immunkompetenter Zellen mit nachfolgender Ausschüttung von Zytokinen und der Synthese von Autoantikörpern kommt sowie zur Anreicherung neutrophiler Granulozyten, die schliesslich in das Zielorgan einwandern und dort zytotoxische freie Radikale abgeben. Diese freien Radikale attackieren die zelluläre DNA und führen, wie beispielsweise bei der Autoimmunthyreoiditis, sukzessive zu Störungen und zu Schädigungen des entzündlich veränderten Gewebes. Dieser Entstehungsmechanismus zeigt, warum der Einsatz von Antioxidantien für die Prophylaxe und adjuvante Therapie solcher Erkrankungen sinnvoll sein könnte. Durch die alleinige Gabe des Standardtherapeutikums L-Thyroxin zur Behandlung der Hypothyreose lassen sich zwar die hormonspezifischen Laborparameter normalisieren, auf die klinischen Symptome sowie auf die für diese Erkrankung typischen Autoantikörper (Anti-TPO, Anti-TG und Anti-TSH) hat diese Behandlung jedoch nur geringen Einfluss. Ranjbar untersuchte daher in einer Pilotstudie die Wirkung einer zusätzlichen Gabe von Antioxidantien auf den Autoimmunprozess. Da Mikronährstoffe und sekundäre Pflanzenstoffe aus Obst und Gemüse ein hohes antioxidatives Potenzial besitzen, erhielten die jugendlichen hypothyreotischen Patienten (n = 26) randomisiert entweder nur das Basistherapeutikum L-Thyroxin (Gruppe A, n = 12) oder zusätzlich zur Basistherapie Antioxidantien (Gruppe B, n = 14) über 24 Wochen. Vor, während und nach der Intervention wurden unter anderem die hormonspezifischen Laborparameter, die diversen Autoantikörpertiter sowie die Parameter des oxidativen Stress (Malonaldehyd [MDA]) bestimmt. Der Verlauf der klinischen Symptome wurde anhand einer Visuellen Analog-Skala (VAS) ermittelt. Dass sich bereits vier Wochen nach Therapiebeginn in der Gruppe B (gegenüber der Gruppe A) eine statistisch signifikante Besserung (p < 0,01) der Klinik und der subjektiven Symptome zeigte, die bis Studienende anhielt, wertete Ranjbar als Hinweis, dass die Substitution der Schilddrüsenhormone allein offensichtlich nicht ausreicht, um in den komplexen immunologischen und metabolischen Prozess des Krankheitsverlaufs einzugreifen. Dafür sprechen auch die in Gruppe B nach 8 Behandlungswochen aufgetretene signifikante Reduktion der TSH (Thyreoidea stimulating hormone)- und MDA-Werte (p < 0.05) sowie der (nach 24 Wochen messbare) ebenfalls signifikante Abfall der Autoantikörper Anti-TPO und AntiTG (p < 0,05). Es sei durchaus denkbar, so Ranjbar abschliessend, dass Mikronährstoffe und sekundäre Pflanzenstoffe nicht nur das Immunsystem zugunsten der Immuntoleranz modulieren, sondern auch die Stoffwechselleistung der durch die exzessive Bildung freier Radikale geschädigten Zellen verbessern können. Dietary intervention in auto-immune processes – Benefit of fruit and vegetables in autoimmune thyroiditis In his lecture, Alireza Ranjbar MD, of the Institute of Interventional Allergology and Immunology in Bonn, reported on the pilot study that he had designed to investigate the influence of micro- nutrients and secondary vegetable compounds from fruit and vegetables on autoimmune thyroiditis. Dr. Ranjbar Cont. on page 12 Kongress Berlin, 17.3.2007 | © ENA 11 Cont. of page 11 began by explaining that this disease is interesting from both the immunological and metabolic points of view, and serves here as an experimental model. This disorder of the thyroid is an autoimmune disease, i.e. the organism’s antibodies attack their own thyroid gland tissue. In addition to chronic inflammation and the formation of aggressive autoantibodies, such autoimmune processes are marked by clinical symptoms which are caused by the increasing loss of function of the organ. Such diseases are triggered not only by genetic factors and environmental influences, but also oxidative stress. Knowledge gained over the last few years indicates that autoimmune diseases are triggered by the overproduction of free radicals. The formation of free radicals is a complex process. Excessive stimulation of immunocompetent cells leads to the subsequent secretion of cytokines and the synthesis of autoantibodies together with an increase in neutrophil granulocytes which ultimately migrate into the target organ where they release cytotoxic free radicals. These free radicals attack the cell’s DNA and gradually lead to disturbances and damage to the tissues which undergo inflammatory changes. This is shown by the example of autoimmune thyroiditis. This pathogenic mechanism explains why the use of antioxidants for the prevention and adjuvant therapy of such diseases could make sense. Although specific hormone parameters can be restored to normal by the use of the standard medicinal product Lthyroxine to treat hypothyroidism, such treatment has little or no effect on the clinical symptoms or the autoantibodies which are typical of this illness (anti-TPO, anti-TG and anti-TSH). Therefore, Ranjbar conducted a pilot study 12 Kongress Berlin, 17.3.2007 | © ENA to investigate the effect of additional administration of an antioxidant on the autoimmune process. Since micronutrients and phytonutrients from fruit and vegetables have a high antioxidative potential, young hypothyroid patients (n = 26) were assigned at random to receive either the disease-modifying drug L-thyroxine (Group A, n = 12) alone, or the disease- modifying drug with add-on antioxidants (Group B, n = 14) for a period of 24 weeks. Before, during and after the intervention the hormone-specific laboratory parameters, the various autoantibody titres, and the oxidative stress parameters (malondialdehyde [MDA]) were determined. The course of the clinical symptoms was recorded on a visual analogue scale (VAS). A statistically significant improvement (p < 0.01) in the clinical and the subjective symptoms was seen in group B (compared with group A) in only four weeks after starting therapy. This persisted until the end of the study. Ranjbar judged this as evidence that substitution of the thyroid hormones alone is clearly not sufficient for intervening in the complex immunological and metabolic process of the course of the disease. The significant reduction in TSH (thyroid stimulating hormone) and MDA levels (p < 0.05) as well as the significant decrease in the autoantibodies anti-TPO and anti-TG (measurable after 24 weeks) (p < 0.05) that was observed in Group B after 8 weeks’ treatment also indicates this. Ranjbar concluded that it is perfectly feasible that micronutrients and phytonutrients not only modulate the immune system in favour of immunotolerance, but are also able to improve the metabolic performance of the cells damaged by the excessive formation of free radicals. Omega-3-Fettsäuren, Entzündung und chronisch entzündliche Erkrankungen Omega-3-Fettsäuren gehören chemisch – ebenso wie die Omega-6-Fettsäuren – zu den mehrfach ungesättigten Fettsäuren. Der entscheidende strukturelle Unterschied zwischen ihnen besteht in der Position der für sie typischen Doppelbindungen: Bei den Omega-3Fettsäuren liegt die erste von mehreren Doppelbindungen am dritten, bei den Omega-6-Fettsäuren am sechsten Kohlenstoffatom (vom Methylende [CH3-] aus gezählt), erklärte Professor Philip C. Calder vom Institute of Human Nutrition der Universität Southampton, UK, einleitend. Die wichtigste Omega-6-Fettsäure ist die Linolsäure, die im Körper entweder zur Energiegewinnung gespeichert wird oder über Zwischenstufen zur Omega-6-Arachidonsäure umgewandelt wird. Aus der Arachidonsäure entstehen Eicosanoide, wie Prostaglandine, Leukotriene und andere Mediatoren, die schmerz- und entzündungsfördernd, vasokonstriktorisch und aggregationsfördernd wirken. Omega-6-Fettsäuren kommen vorwiegend in Pflanzen vor. Zu den wichtigen Omega-3-Fettsäuren gehören die Alpha-Linolensäure (ALA) sowie die langkettigen Eicosapentaensäure (EPA) und die Docosahexaensäure (DHA). ALA kommt vorwiegend in Pflanzen und deren Ölen vor, während EPA und DHA vor allem in fettreichen Kaltwasserfischen (Hering, Makrele, Lachs) enthalten sind. ALA kann im Organismus auch in EPA und DHA umgewandelt werden. Durch den Verzehr langkettiger EPA und DHA nimmt die Konzentration der Arachidonsäure in den Membranen der Entzündungszellen ab, was die Produktion entzündungsfördernder Eicosanoide verringert, da aus EPA und DHA – als alternative Substrate – weniger aggressive Mediatoren entstehen als die aus Arachidonsäure gebildeten Analoga. Darüber hinaus konnte gezeigt werden, dass die langkettigen Omega-3-Fettsäuren auch die Expression von Zytokinen und Adhäsionsmolekülen verhindern. Aufgrund dieser Erkenntnisse wurden dem Fischöl antiinflammatorische Eigenschaften zugeschrieben. Neuere Untersuchungen haben zudem eine neue Familie von Mediatoren entdeckt, die sogenannten E- und D-Resolvine, die aus EPA und DHA durch Vermittlung der Cyclooxigenase 2 (COX-2) entstehen und ebenfalls entzündungshemmende Eigenschaften zu haben scheinen. In seinen Ausführungen betonte Calder, wie wichtig es bei der Nahrungsaufnahme ist, auf das richtige Verhältnis von Omega-6- zu Omega-3-Fettsäuren zu achten, da beide Gruppen von denselben Enzymen metabolisiert werden, sich also gegenseitig konkurrenzieren, sich aber nicht gegenseitig ersetzen können. Eine exzessive Aufnahme von Linolsäure führt demnach zu einer gesteigerten Arachidonsäure-Produktion, während die Synthese von EPA und DHA abnimmt. Da die Ernährung der westlichen Welt jedoch reich an Omega-6-Fettsäuren ist, beträgt das Verhältnis von Omega-6- zu Omega-3-Fettsäuren, das unter optimalen Bedingungen bei etwa 5:1 liegen sollte, heute etwa 10:1. So hat sich zum Beispiel gezeigt, dass der Omega-6Fettsäure-Gehalt in der Membran weisser Blutzellen aus einer südenglischen Population (mit den dort typischen Ernährungsgewohnheiten) 20 Prozent des Gesamtfettsäuregehalts ausmacht, während der Omega-3-Fettsäuregehalt nur bei 3,5 Prozent liegt. «Das beste Mittel gegen Arachidonsäure und seine entzündungsfördernden Mediatoren ist jedoch die ausreichende Zufuhr von Omega-3-Fettsäuren», so Calder. Eine hohe Zufuhr von Omega-6-Fettsäuren (insbesondere Arachidonsäure) kann nämlich unmittelbar zur Verschlechterung inflammatorischer Prozesse führen, während die Zufuhr langkettiger Omega-3-Fettsäuren bei Patienten mit chronisch entzündlichen Erkrankungen einen klinischen Benefit bewirken kann. Diese Annahme wurde inzwischen in zahlreichen klinischen Studien mit Fischöl-Supplementen bei entsprechenden Indikationen wie rheumatoider Arthritis, entzündlichen Dickdarmerkrankungen oder Asthma untersucht. Dabei zeigten Studien bei rheumato- ider Arthritis einen deutlichen Erfolg, während die Evidenzlage bei Asthma, M. Crohn oder Colitis ulzerosa bisher widersprüchlicher und daher noch nicht so überzeugend ist. Hier sind weitere umfassende Studien erforderlich. Darüber hinaus zeigte sich, dass eine gute Versorgung mit Omega-3-Fettsäuren in der Schwangerschaft nicht nur für die Hirnentwicklung und das Sehvermögen des Kindes von elementarer Bedeutung ist, sondern auch die Neigung zur Entwicklung allergischer Erkrankungen wie Neurodermitis verhindern kann. Omega-3 fatty acids, inflammation and chronic inflammatory diseases Professor Philip C. Calder of the Institute of Human Nutrition of Southampton University, UK, began by explaining that omega-3 fatty acids – in common with omega-6 fatty acids – belong in chemical terms to the polyunsaturated fatty acids. The key structural difference between them consists of the position of their characteristic double bonds: in the omega-3 fatty acids, the first of several double bonds is at the third, in the case of omega-6-fatty acids, at the sixth carbon atom (counting from the terminal methyl group (CH3-). The most important omega-6 fatty acid is linoleic acid that in the body is either stored as an energy source, or is converted via various intermediates to omega-6 arachidonic acid. Arachidonic acid gives rise to eicosanoids, such as prostaglandins, leukotrienes and other mediators with pain- and inflammation-promoting properties, vasoconstrictor and proaggregatory effects. Omega-6 fatty acids are predominantly found in plants. Among the significant omega-3 fatty acids are alpha-linoleic acid (ALA) as well as the long-chain eicosapentaenoic acid (EPA) and docosahexaenoic acid (DHA). ALA occurs predominantly in plants and their oils, whereas EPA and DHA are mainly present in fat-rich cold water fish (herring, mackerel, salmon). ALA can also be converted in the body to EPA and DHA. When long-chain EPA and DHA are ingested, the concentration of arachidonic acid in membranes of inflammatory cells diminishes; this decreases the production of pro-inflammatory eicosanoids because fewer aggressive mediators are formed from EPA and DHA – as alternative substrates – than analogues produced from arachidonic acid. Furthermore, it has been shown that long-chain omega-3 fatty acids also inhibit the expression of cytokines and adhesion molecules. It was these findings that led to anti-inflammatory properties being ascribed to fish oil. More recent studies have also discovered a new family of mediators – E and D-resolvins – which are produced from EPA and DHA through the action of cyclooxygenase-2 (COX-2), and also appear to have anti-inflammatory properties. Calder emphasised the Cont. on page 14 Kongress Berlin, 17.3.2007 | © ENA 13 Cont. of page 13 Interview mit Prof. Philip Calder importance of ensuring the correct dietary ratio of omega-6 to omega-3 fatty acids because both groups are not interchangeable. Therefore, an excessive intake of linoleic acid leads to increased arachidonic acid production, whilst the synthesis of EPA and DHA is reduced. However, since the diet in the Western world is rich in omega-6 fatty acids, the ratio of omega-6 to omega-3 fatty acids, which, under optimal conditions should be about 5:1, is nowadays about 10:1. For example, a study carried out in a population in Southern England showed that the omega-6 fatty acid content in the membrane of white blood cells accounted for 20 per cent of the total fatty acid content, whereas the omega-3 fatty acid content was only 3.5 per cent. The best agent against arachidonic acid and its pro-inflammatory mediators is an adequate intake of omega-3 fatty acids. Ingestion of high amounts of omega-6 fatty acids (especially arachidonic acid) can actually lead to a direct worsening of inflammatory processes, whilst the intake of long-chain omega-3 fatty acid can be of clinical benefit to patients with chronic inflammatory diseases. This assumption has been tested in many clinical trials with fish oil supplements in corresponding indications such as rheumatoid arthritis, inflammatory bowel disease or asthma. Studies in rheumatoid arthritis demonstrated a significant success, whereas the evidence for asthma, Crohn’s disease or ulcerative colitis has so far been contradictory, and therefore not yet so convincing. Further largescale studies are needed. In addition, it has been shown that a good supply of omega-3-fatty acids in pregnancy is not only of elementary importance for brain development and the visual capacity of the child, but can also reduce the tendency to develop allergic diseases such as neurodermatitis. Professor Calder, Sie zeigten sehr beeindruckende Studienergebnisse mit Omega-3-Fettsäuren, was entzündliche Erkrankungen wie die rheumatoide Arthritis betrifft. Besteht eine Möglichkeit, das Auftreten solcher Erkrankungen durch die Einnahme von Omega-3-Fettsäuren bei Personen mit einer bestimmten genetischen Prädisposition zu verhindern oder zumindest zu verzögern? Wir können die Gene sicher nicht modifizieren. Diese Gene fördern jedoch immunologische Anomalien. Sie steuern das Immunsystem auf einen bestimmten Weg, wodurch automatisch eine Zerstörung von Gewebe verursacht wird. Ich denke, dass es uns über die Modifizierung der zellulären Aktivitäten gelingen kann, das Auftreten der Erkrankung zu verhindern oder zu verzögern. Dies wurde jedoch bisher noch nicht untersucht. Was die Dosis anbelangt, so sind – wie aus meinem Vortrag ersichtlich wurde – die Dosen, die therapeutisch eingesetzt wurden, sehr hoch. Dies sind jedoch Dosen, die bei Personen angewendet werden, bei denen bereits eine aktive Erkrankung vorliegt. Man verlangt von den Fettsäuren also ein Verhalten wie von einem Medikament, und es ist eine hohe Dosis notwendig, um die Wirkung herbeizuführen. Zur Prävention ist möglicherweise nur eine niedrigere Dosis erforderlich (z.B. 1 g Omega-3-Fettsäuren/Tag), da man in erster Linie versucht, die Zellen daran zu hindern, übermässig aktiv zu werden. 14 Kongress Berlin, 17.3.2007 | © ENA Ihre Anmerkungen dazu, welche Bedeutung und welche Wirkungen während einer Schwangerschaft eingenommene Omega-3-Fettsäuren auf das Immunsystem des ungeborenen Kindes haben, waren ebenfalls sehr interessant. Sollte dies nicht Teil der Grundprinzipien für die Ernährung während der Schwan- Prof. Philip Calder gerschaft werden bzw. in die Ernährungsrichtlinien für schwangere Frauen einbezogen werden? Wir wissen, dass Omega-3-Fettsäuren, vor allem DHA, von entscheidender Bedeutung für die Entwicklung von Auge und Gehirn sind. Für Frühgeburten enthält die künstliche Säuglingsnahrung bereits DHA, da man erkannt hat, dass bei Frühgeborenen die Entwicklung von Augen und Gehirn etwas zurückgeblieben sein kann. Aber auch die termingerecht geborenen Säuglinge benötigen offensichtlich DHA für Auge und Gehirn, und sie erhalten es von ihren Müttern noch vor der Geburt oder aus der Muttermilch oder aus der Säuglingsnahrung. Ich denke jedoch, dass sich zunehmend die Erkenntnis durchsetzt, dass diese Fettsäuren ein weitaus breiteres Spektrum von Wirkungen aufweisen. Wenn sie tatsächlich eine Rolle bei der Entwicklung des Immunsystems spielen, damit dies im späteren Leben besser funktioniert, dann haben Sie möglicherweise recht, dass der Zeitpunkt kommt, zu dem man schwangeren Frauen die Zufuhr von Omega3-Fettsäuren empfehlen muss. Im Augenblick überzeugt die vorliegende Evidenz nicht ausreichend, um solche Empfehlungen zu geben. Dafür muss erst eine wissenschaftliche Grundlage geschaffen werden. Fische gehören wahrscheinlich bald zu den vom Aussterben bedrohten Spezies. Gibt es andere Quellen für Omega-3-Fettsäuren als den Konsum von fetthaltigem Fisch? Langkettige Omega-3-Fettsäuren finden sich in allen Meeresfrüchten, besonders reichhaltig jedoch in fetthaltigem Fisch. Eine weitere Quelle sind Algen. Die Säuglingsnahrungsindustrie, die Säuglingsnahrung mit DHA anreichert, verwendet Algen-DHA. Die Alge produziert tatsächlich DHA, aber keine grossen Mengen an EPA. Wenn DHA die wichtige Fettsäure ist, dann gibt es bereits Algenöle, die es liefern können. Wenn andererseits EPA die wichtige Fettsäure ist, dann muss man eine andere Algenart finden. Ich denke, dies ist die Hauptstrategie. Die andere Strategie besteht darin, pflanzliche AlphaLinolensäure als Ersatz zu nutzen. Dabei ist erforderlich, dass der Körper alphaLinolensäure zu EPA verstoffwechselt. Dieser Prozess findet tatsächlich statt, wird jedoch verstärkt, wenn man die Zufuhr von Linolsäure gleichzeitig reduziert. Der Grund hierfür liegt darin, dass Linolsäure und alpha-Linolensäure in Stoffwechselkonkurrenz stehen. Eine der Schwierigkeiten besteht darin, dass Linolsäure auch aus billigen Pflanzenölen stammt, die in der Nahrungsmittelindustrie häufig verwendet werden. Viele Nahrungsmittel, die Fett enthalten, wie Gebäck, Kekse oder Kuchen, werden mit Pflanzenölen hergestellt, da diese billig sind. Die rheumatoide Erkrankung wird auch den Autoimmunkrankheiten zugeordnet. Sind Omega-3-Fettsäuren auch gegen Autoimmunkrankheiten wirksam? Was heute klar geworden ist: Die Entzündung wird über das Immunsystem vermittelt, und bei diesen Erkrankungen liegt offensichtlich eine Komponente vor, bei der die Entzündung überaktiv geworden ist. Dies wird jedoch teilweise über das zellvermittelte Immunsystem gesteuert, das sich ebenfalls abnorm verhält. Es kommt also zur Präsentation von Autoantigenen und zur Produktion von Autoantikörpern. Das ist die Autoimmunkomponente. Ich denke, die Omega-3-Fettsäuren sind wahrscheinlich aktiver, was den entzündlichen Aspekt als was diesen rein immunologischen Aspekt betrifft. Interview with Prof. Philip Calder Professor Calder, you showed very impressive study results with omega3-fatty acids concerning inflammatory diseases such as rheumatoid arthritis. Is there a possibility to prevent or at least delay the onset of such diseases by taking omega-3 fatty acids for people with a certain genetic predisposition? We can certainly not modify the genes. But what these genes do is they promote the immunological abnormalities. They drive the immune system along a particular path which ultimately causes destruction of the tissue. I think, by modifying the cellular activities we may be able to prevent or make the time longer until the disease becomes apparent. But no one has investigated that yet. It is also important to think about the dose of omega-3s used. As you will have seen from my talk, the doses that have been used therapeutically are very high. But these are doses used in people who already have established active disease. So here you’re asking the fatty acids to behave like a drug and you are requiring a high dose to bring about the effect. Prevention may require a lower dose (e.g. 1 g omega-3 fatty acids/d) because what you are trying to do is prevent the cells from becoming excessively active in the first place. Your comments on the importance and effects of omega-3 fatty acids taken during pregnancy for the immune system of the unborn child were also very interesting. Shouldn’t this form part of the basic principles of nutrition during pregnancy or be included in nutrition guidelines for pregnant women? One thing that we know is that omega-3 fatty acids, especially DHA, are vitally important for the development of eye and brain. For preterm infants, the formulas already contain DHA because it was recognized that if a baby is born preterm it may suffer less well developed eyes and brains. But obviously term infants also need DHA for the eye and brain, and they get it from their mother before they are born, and after they are born from the breast milk or the formulas. But I think that it is becoming realized that these fatty acids have a much more wide range of activities. If they really do play a role in setting up the immune system so that it works better later on in life, then may be you are right that we will come to a time when we have to recommend pregnant women to consume omega-3 fatty acids. Right now the evidence is not strong enough to make such recommendations. We need to provide a scientific basis for that first. Fishes will probably soon belong to the endangered species. Are there any other sources of omega-3 fatty acids than consuming oily fish? Long chain omega-3 fatty acids are found in all sea food but they are especially rich in oily fish. One other source are algae. The infant formula industry which puts DHA into infant formula uses algal DHA. The algae actually make Cont. on page 16 Kongress Berlin, 17.3.2007 | © ENA 15 Cont. of page 15 DHA but they don’t make very much EPA. If DHA is the important fatty acid, then there are already algal oils that can provide it. Alternatively if EPA is the important fatty acid we have to find some other sort of algae. I think this is the main strategy. The other strategy is to use the plant alpha linolenic acid as a substitute. What you are requiring here is that the body converts alpha linolenic acid to EPA through its own metabolism. That process does occur but it is enhanced if you lower the linoleic acid intake at the same time. The reason for that is that linoleic acid and alpha linolenic acid are competing with one another for metabolism. One of the difficulties is that linoleic acid also comes from cheap plant oils which are used very widely in the food industry. Lots of things that contain fat like pastries, cookies or cakes are made using vegetable oils because they are cheap. Rheumatoid diseases are also said to be autoimmune diseases. Are omega-3 fatty acids also effective against autoimmundiseases? One of the things that comes out from today is that inflammation is part of normal immune system activity and in these diseases obviously there is a component where inflammation has become overactive. But that is driven in part by the cell mediated immune system also behaving abnormally. So you get presentation of selfantigens and production of autoantibodies. That is the autoimmune component. I think the omega-3 fatty acids are probably more active in the inflammatory side than in this true immunological side. 16 Kongress Berlin, 17.3.2007 | © ENA Nutrazeutika in der Arztpraxis – Möglichkeiten und Grenzen Medizinrechtliche Besonderheiten in Deutschland «Obwohl die Bedeutung von Nutrazeutika in Prävention und Therapiebegleitung wissenschaftlich immer besser belegt ist, gibt es berufsrechtliche Hürden für einen Arzt in Deutschland, wenn er seinen Patienten solche Produkte empfiehlt», erklärt der Vorsitzende dieser Sitzung, Dr. Peter Prock, einleitend. «In der derzeitigen Situation werden dem Arzt in Deutschland dabei a priori merkantile Interessen unterschoben, die das Vertrauen des Patienten untergraben würden. Vergessen wird dabei, dass jeder Arzt bereits heute ständig Dienstleistungen empfiehlt, an denen er merkantile Vorteile hat, so zum Beispiel diagnostische und therapeutische Massnahmen, von IGeL-Leistungen ganz zu schweigen. Nur weil Nutrazeutika rechtlich als gewerbliche Produkte definiert sind, wird in diesem Bereich praktisch ein radikaler Strich gezogen. Dies gilt es jedoch zu hinterfragen!», so Prock weiter. Völlig zu verurteilen sei eine Quasi-Kriminalisierung, wie es zuletzt vonseiten diverser Konsumentenschutzorganisationen in Deutschland geschehen sei. «Dies dient dem Patienten und Konsumenten letztlich nicht wirklich! Eine Klärung der Situation und eventuell Veränderungen in diesem Bereich sind dringend notwendig», so Prock abschliessend, um zum letzten Vortrag des Kongresses überzuleiten. Rechtsanwältin Maria-Stephanie Buscher, Mainz-Finthen, informierte in ihrem Vortrag über die berufs- und steuerrechtlichen Besonderheiten, die bei Einsatz von Nahrungsergänzungsmitteln zur Prophylaxe oder Therapie in der ärztlichen Praxis eingehalten werden müssen. Möchte ein Arzt im Zusammenhang mit seiner ärztlichen Tätigkeit Nahrungsergänzungsmittel einsetzen, muss er besonders auf § 3 Abs. 2 der Berufsordnung achten. Demnach ist es Ärzten untersagt, in Zusammenhang mit der Ausübung ihrer ärztlichen Tätigkeit Waren und andere Gegenstände abzugeben oder unter ihrer Mitwirkung abgeben zu lassen sowie gewerbliche Dienstleistungen zu erbringen oder erbringen zu lassen, soweit nicht die Abgabe des Produkts oder die Dienstleistung wegen ihrer Besonderheiten notwendiger Bestandteil der Therapie sind. Diese Regelung dient der Trennung merkantiler Gesichtspunkte vom Heilauftrag des Arztes, das heisst, der Patient soll darauf vertrauen können, dass der Arzt sich ausschliesslich von therapeutischen Notwendigkeiten und nicht von kommerziellen Interessen leiten lässt, erklärte Buscher. Was aber ist «notwendiger Bestandteil der Therapie»? Gemäss Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs von 2005, sei dieser Begriff grundsätzlich weit auszulegen. Hierbei ginge es vor allem darum, langfristig negative Rückwirkungen auf die medizinische Versorgung zu unterbinden und eine Kommerzialisierung des Arztberufes zu verhindern. Auch wenn der Patient den ausdrücklichen Wunsch nach einem bestimmten Produkt äussert, ist darauf zu achten, dass es «notwendiger Therapiebestandteil» ist. Gewisse Ausnahmen sind gestattet (allerdings nur unter Einbezug von Schulungen oder Einweisungsmassnahmen), für Nahrungsergänzungsmittel ist die rechtliche Situation jedoch nicht ausdrücklich geklärt. Ob Nahrungsergänzungsmittel auch als «notwendige Therapiebestandteile» gelten können, wird pauschal nicht zu begründen sein, im Einzelfall kann es dagegen möglich sein – immer vorausgesetzt, es handelt sich um eine therapeutische und nicht etwa um eine prophylaktische Massnahme. Fazit ist, dass man bei der Abgabe von Nahrungsergänzungsmitteln in der Arztpraxis zurückhaltend sein sollte. «Kommt man jedoch im Einzelfall zu der Auffassung, dass die Abgabe eine Therapiemassnahme ist, sollte man dies sorgfältig dokumentieren», rät die Anwältin. Im Übrigen darf der Arzt einem Patienten auch nicht ohne weiteres ein bestimmtes Produkt oder einen bestimmten Anbieter empfehlen. Solche Empfehlungen dürfen gemäss Berufsordnung (§ 34 Abs. 5) nur bei hinreichendem Grund gegeben werden. «Hinreichende Gründe» sind gemäss Rechtsprechung des OLG Celle (Dezember 2006; noch nicht rechtskräftig): die Qualität des Produktes, das Vermeiden von Wegen bei Gehbehinderten, schlechte Erfahrungen mit anderen Anbietern, ein fachlich oder wirtschaftlich besseres Angebot. Liegen solche besonderen Umstände vor, darf der Arzt eine ausdrückliche Empfehlung geben, sollte den Vorgang allerdings dokumentieren. Ist dies nicht der Fall, dürfen auf Nachfrage des Patienten eine Produktepalette oder eine Auswahl geeigneter Anbieter genannt werden, gegebenenfalls auch der eigene Gesundheitsshop bzw. dessen Produkte. Die freie Entscheidung des Patienten muss jedoch ebenso erwähnt werden wie die Tatsache, dass eine solche Leistung als Präventivmassnahme nicht von der Krankenkasse übernommen wird. Auch hier wird zu einer sorgfältigen Dokumentation geraten. Buscher verweist in diesem Zusammenhang auch darauf, dass ein neben der Arztpraxis betriebener Gesundheitsshop wirtschaftlich, organisatorisch und finanziell von der Arztpraxis getrennt und unabhängig sein muss, damit eine «Infektion der über die Arztpraxis erwirtschafteten Einkünfte mit der Gewerbesteuerpflicht» vermieden wird. Nutraceuticals in medical practice – opportunities and constraints Peculiarities of the medicolegal situation in Germany In his introductory remarks, the Chairman of this session, Dr. Peter Prock explained that, despite constant improvements in the scientific evidence for the importance of nutraceuticals in prevention and co-medication, when recommending such products to his or her patients, medical practitioners in Germany face obstacles imposed by their professional code of practice. In the current situation, according to Dr. Prock, doctors are imputed of putting commercial interests first – which would undermine patient trust. This ignores the fact that nowadays, every doctor is already continuously recommending services in which he or she has a commercial interest, such as diagnostic and therapeutic measures – to say nothing of IGeL services. It is only because nutraceuticals are defined in legal terms as commercial products, that in this area, a more or less radical line is drawn. However, in Dr. Prock‘s view, this needs to be closely examined. A quasi-criminalisation, such has recently occurred on the part of various consumer protection organisations in Germany, should be utterly condemned and would ultimately prove a disservice to patients and consumers. Before handing over to the next speaker, Dr. Prock concluded that clarification of the situation and possible changes in this area are urgently needed. In her presentation, legal expert MariaStephanie Buscher, Mainz-Finthen, described the particular professional and fiscal requirements to be observed in a medical practice regarding the use of food supplements for prevention or treatment. If a medical practitioner wishes to use a food supplement in con- nection with his or her medical activities, then particular attention must be paid to Section 3 Subsection 2 of the Professional Code. This forbids doctors to supply goods or other items associated with the exercise of their professional activities or to allow them to be supplied under their cooperation, or to provide commercial services or allow them to be provided unless the delivery of the product or service is, due to their particular nature, a necessary element of the treatment. The purpose of this rule is to separate commercial aspects from the doctor‘s task of healing, i.e. the patient should be confident that the doctor is motivated exclusively by therapeutic needs and not by commercial interests. But what constitutes a “necessary element of the treatment”? In its judgement of 2005, the Federal Constitutional Court stated that this term is to be interpreted widely. The main concern here is to stop long-term negative consequences on medical care and prevent commercialisation of the medical profession. Even if the patient voices the express wish for a particular product, care must be taken to ensure that it is a “necessary element of treatment”. Certain exceptions are allowed (however only on the inclusion of training or introductory measures), but the legal situation of nutritional supplements is far from clear. As a group, they cannot be flatly regarded as a “necessary element of treatment”, but it may however be possible in an individual case – always provided it is a therapeutic and not a preventative measure. The upshot is that one should always approach the Cont. on page 18 Kongress Berlin, 17.3.2007 | © ENA 17 Cont. of page 17 Interview mit Maria-Stephanie Buscher subject of nutritional supplements in medical practice with caution. However, if in a particular case, one believes that the provision is a therapeutic measure, then this should be documented carefully, advised the lawyer. In addition, the doctor may also not just recommend a certain product or a particular service provider. According to the professional code (Section 34 Subsection 5), such recommendations should be given only where there is adequate reason. “Adequate reasons” are, according to the judgement of the OLG (Higher Regional Court) Celle (December 2006; not yet final): the quality of the product, or the patient’s access to the distribution channel, bad experiences with other service providers, a professionally or economically better offer. If such special circumstances are present, the doctor may give an express recommendation, but must document the process. If this is not the case, then at the patient‘s request, a range of products or a selection of suitable service providers may be named, if applicable, also the practice‘s own health shop or its products. However, the patient’s free decision must also be mentioned as well as the fact that, as a preventive measure, such a service is not paid for by the health insurance schemes. Here too, careful documentation is advised. Mrs Buscher also pointed out here that a health shop adjacent to a medical practice must be economically, organisationally and financially separate from the medical practice, and independent so that “an infection of the income generated from the practice with the business tax liability” is avoided. Accordingly, the products of the health shop must also be stored separately from the usual necessities of a medical practice. Frau Buscher, Sie haben zwei Grund- Bestandteil der ärztlichen Therapie. Es voraussetzungen genannt, die für die handelt sich dabei natürlich um EinzelAbgabe bzw. Empfehlung eines Nah- fallentscheidungen. Gerade im Bereich rungsergänzungsmittels in der ärzt- der Nahrungsergänzungsmittel, deren lichen Praxis in Deutschland erfüllt Einsatz ja von der Schulmedizin nicht sein müssen: Im Falle der Abgabe eines klar definiert worden ist, empfiehlt es Nahrungsergänzungsmittels muss die sich, in jedem Einzelfall gründlich zu doAbgabe ein notwendiger Bestandteil kumentieren, warum hier die therapeuder ärztlichen Therapie sein. Im Falle tische Notwendigkeit gegeben ist. der Empfehlung eines Wie ist das mit ProNahrungsergänzungsdukten, die der Arzt in mittels in der ärztder Praxis abgibt? lichen Praxis muss ein Alles, was der Arzt in der hinreichender Grund Praxis abgibt, muss sich existieren, damit ein an § 3 Abs. 2 der Berufsbestimmtes Produkt ordnung messen lassen. bzw. ein bestimmter Diese Regelungen der Hersteller empfohlen Berufsordnung sollen werden darf. Besteht verhindern, dass der hier nicht die Gefahr, Arztberuf kommerziadass jeder Arzt, der lisiert und der Ruf des sich darauf einlässt, ein Arztes geschädigt wird. bestimmtes NutrazeutiAus diesem Grund sollte kum zu empfehlen bzw. RA Maria-Stephanie Buscher der Arzt also einen Gees aus seiner Schublade sundheitsshop in getrennten Räumen holt, prinzipiell angreifbar wird? Das stimmt so nicht ganz. Der BGH hat betreiben, sofern es sich bei der Abgabe ja in seinem Urteil (in dem es übrigens des Produktes nicht um einen notwenum Diabetesteststreifen ging) darge- digen Bestandteil der Therapie handelt. legt, dass es nicht Sinn dieses § 3 Abs. Betreibt der Arzt einen Gesundheitsshop 2 der Berufsordnung ist, die ärztliche in getrennten Räumen, bleibt nur noch Therapiefreiheit einzuschränken und die Frage, inwieweit er als Arzt auf diedurch die Ärztekammer kontrollierbar sen Gesundheitsshop verweisen darf zu machen. Es ist nach wie vor Sache oder inwieweit er sich in seiner Tätigkeit jedes Arztes, selbst zu entscheiden, in diesem Gesundheitsshop darauf bewie er therapiert. Allerdings ist der Arzt ziehen darf, dass er ja als Arzt die nötige natürlich immer auf der sicheren Seite, Kompetenz hat. wenn er sich einfach an die anerkannte Auf einen Gesundheitsshop verweisen Schulmedizin hält. Hat er begründete darf der Arzt nach der neuen EntscheiAnhaltspunkte, beispielsweise durch dung des Oberlandesgericht Celle, seine eigene Berufserfahrung und in wenn ein hinreichender Grund vorliegt, diesem Zusammenhang auch gute Er- der nicht medizinischer Natur sein muss, fahrungen durch die Behandlung ande- sondern sich auch auf die Qualität der rer Patienten, dann kann er durchaus Versorgung, schlechte Erfahrungen mit sagen: Im Rahmen meiner Therapiefrei- anderen Anbietern oder die Erreichbarheit ist die Abgabe eines Nahrungs- keit des Versorgungsweges durch den ergänzungsmittels hier ein notwendiger Patienten beziehen kann. 18 Kongress Berlin, 17.3.2007 | © ENA Das wäre doch sicher einfacher, wenn er zusätzlich die Rolle eines Gesundheitscoachs übernehmen würde, der nicht nur für die Therapie, sondern auch für die Prävention von Erkrankungen, beispielsweise durch die richtige Ernährung, zuständig wäre? Das ist richtig. Ein Arzt geniesst hohes Ansehen bei den Patienten, wobei sicher nicht alle diesem Ansehen in ihrer Kompetenz gerecht werden, weil Bereiche wie die Humanernährung noch gar nicht umfassend Teil der Ausbildung sind. Wenn ein Arzt sich in dieser Disziplin aber fortbildet und weitere Fachkompetenz erwirbt, dann ist das für den Patienten die beste Möglichkeit, um gesundheitlich rundum gut versorgt zu werden. Zudem lässt sich dann für den Arzt auch die therapeutische Notwendigkeit der Produktabgabe klar begründen. Interview with Maria-Stephanie Buscher Ms Buscher, regarding the situation in Germany: you mentioned two essential conditions which must be fulfilled before dispensing or recommending a nutritional supplement in medical practice: on the one hand, taking the supplement must be a vital element of the treatment and, on the other, there must be an adequate reason for recommending a particular product or a certain manufacturer. Is there not the danger here that any doctor who agrees to recommend a certain nutraceutical, or fetches it out of his drawer, is principally open to attack? That is not quite correct. In its verdict (which incidentally concerned diabetes test strips), the Federal High Court of Justice explained that the purpose of Section 3, Subsection 2 of the Professional Code is not to limit the doctor’s liberty to practice medicine as he sees fit or to subject him to checks by the Medical Council. It is still very much up to the doctor to decide how to treat a patient. However, the doctor is always on the safe side of course if he simply practices orthodox medicine. Alternatively, if he has well-founded evidence, for example by virtue of his own professional experience and patients have also reported good experience, then he certainly has the right to say: use of a nutritional supplement is a necessary element of the medical treatment within the context of my liberty to practice medicine. Of course, these decisions have to be made on a caseto-case basis. Particularly in the area of nutritional supplements – which have not been clearly defined by orthodox medicine – it is advisable to document every single case thoroughly as to why these are required for treatment. What is the situation concerning products which the doctor dispenses at his surgery? The same again. Everything that the doctor dispenses at his surgery must comply with Section 3, Subsection 2 of the Professional Code. These provisions of the Professional Code are to prevent commercialisation of the medical profession and damage to doctors’ reputations. For this reason, the doctor should run a health shop in separate rooms. The only remaining question then is to what extent he refers his patients to this health shop as a doctor, or to what extent he bases his activities in the health shop on the fact that he is a doctor. Surely it would be simpler if he could take on the additional role of a health coach who would not only be responsible for treatment, but also for the prevention of diseases, for example by advising on the correct diet? You are quite right. A doctor enjoys high esteem among his patients – although the doctor’s competence does not always match his reputation because subjects such as human nutrition are not part of medical studies. However, if a doctor undergoes further training and gains further expertise in this field, this is the best possible opportunity for the patient to be provided with all-round care – and the therapeutic necessity is also clearly justified as well. Kongress Berlin, 17.3.2007 | © ENA 19 Wer ist die ENA? Who is the ENA? Die European Nutraceutical Association (ENA) ist eine Fachgesellschaft, die sich die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit Nahrungsergänzungsmitteln zur Aufgabe gemacht hat. Nahrungsergänzungsmittel werden heute in Fachkreisen intensiv diskutiert. Die ENA möchte dazu beitragen, eine Beurteilung dieser Produktgruppe auf der Grundlage von wissenschaftlichen Kriterien zu ermöglichen. Zu den zentralen Anliegen der ENA zählen daher die Durchführung von Fachtagungen und Fortbildungsveranstaltungen für Gesundheitsfachleute, die Herausgabe eines wissenschaftlichen Periodikums, die Förderung und Initiierung von Forschungsprojekten auf dem Gebiet der Nutrazeutika und die Vergabe von Forschungspreisen. Die ENA versteht sich als Partnergesellschaft zur American Nutraceutical Association (ANA), die 1997 gegründet wurde und die das gemeinsame Anliegen bereits vorbildlich umgesetzt hat. Durch die enge Zusammenarbeit mit der ANA soll das durch jahrelange, intensive Aktivitäten entstandene Wissen auch in Europa zur Verfügung gestellt werden. The European Nutraceutical Association (ENA) is a specialist association devoted to creating a scientific platform for nutritional supplements. Today nutritional supplements are discussed intensively among experts. The ENA would like to contribute to this by enabling a scientific-criteria-based evaluation of this product group. The central concerns of the ENA include the organization of conferences and continuing education courses for health care experts, the publication of a scientific periodical, the promotion and initiation of research projects in the nutraceutical field, and the awarding of research prizes. The ENA considers itself as a partner association of the American Nutraceutical Association (ANA), which was founded in 1997, and which has already put into action the common concerns in an exemplary manner. Close cooperation with the ANA should enable the knowledge resulting from years of intensive activities to be made available in Europe as well. Impressum / Imprint Herausgeber / Editor: Werden Sie Mitglied der ENA Become a member of the ENA European Nutraceutical Association, Centralbahnstr. 7, CH-4010 Basel, Switzerland Tel. +49 351 410 66 88, Fax +49 351 410 67 67 E-Mail: [email protected], www.enaonline.org Die European Nutraceutical Association (ENA) ist offen für Fachleute, die sich in Theorie und Praxis mit der Ernährung in Prävention und Therapie auseinandersetzen. The European Nutraceutical Association (ENA) is open to specialists working in the field of the theory and practice of nutrition in the prevention and therapy of diseases. Weitere Informationen über die ENA und die Mitgliedschaft unter: www.enaonline.org For further information about the ENA and membership see: www.enaonline.org Dr. Peter Prock (ViSdP) Text + Redaktion / Editorial journalist: Dr. Claudia Reinke Verlag / Publisher: Schaffhauserstr. 12, CH-8212 Neuhausen a. Rhf. E-Mail: [email protected], www.rosenfluh.ch Mit freundlicher Unterstützung von 20 Kongress Berlin, 17.3.2007 | © ENA 300060GR/04.07/092/10‘d Rosenfluh Publikationen AG