Kongressbericht ENA Berlin 2007

Transcrição

Kongressbericht ENA Berlin 2007
Einfluss der Ernährung auf
Entzündung und Immunsystem
Effect of Nutrition on Inflammation
and the Immune System
Berlin, 17.3.2007
Editorial
Entzündung und Immunsystem nehmen eine Schlüsselrolle in der Vermeidung, aber
auch der Entstehung von Erkrankungen ein. Aus diesem
Grund widmete unsere Gesellschaft dem diesjährigen
Kongress in Berlin dieses
Thema. Unser Blickwinkel
ist dabei Prävention und Ernährung, wobei die Therapie
(-begleitung) jedoch Hand in
Hand geht, wie auch aus den
Referaten deutlich wurde.
Obst und Gemüse mit seiner
Vielfalt an Antioxidantien und
sekundären Pflanzenstoffen
und Omega-3-Fettsäuren
stehen dabei im Fokus.
Ergänzend zur Wissenschaft
widmeten wir uns diesmal
auch rechtlichen Fragen im
Zusammenhang mit dem
Gebrauch von Nutrazeutika
in der Arztpraxis in Deutschland.
Die ENA setzt damit ihren
Weg fort, massgebliche Im-
Inflammation and the immune
system play a key role in both
the prevention and the onset
of diseases. For this reason,
our Association devoted this
year‘s Congress in Berlin to
this topic. Our focus was on
prevention and nutrition, although these go hand in hand
with (accompanying) therapy,
as the lectures made clear.
Fruit and vegetables with
their abundance of antioxidants, secondary vegetable
compounds and omega-3
fatty acids were at the centre
of attention.
This year we complemented
our scientific topics with legal
issues in connection with the
use of nutraceuticals in doctors‘ practices in Germany.
Thus the ENA continues to
follow its course of generating vital impulses for nutraceuticals. We warmly invite
you to become a member of
the Association and help determine this process.
pulse für Nutrazeutika zu setzen. Wir laden Sie ein, Mitglied in der Gesellschaft zu
werden, um diesen Prozess
mitzubestimmen.
Dr. Peter Prock
Präsident
Im März 2007 hatte die ENA Mitglieder und Interessenten
zu ihrem dritten internationalen Jahreskongress nach Berlin
geladen. An der Veranstaltung nahmen mehr als 300 Fachleute teil, darunter zahlreiche Ärzte sowie Ernährungsmediziner, Pharmazeuten, Diätassistenten, Sport- und Naturwissenschaftler aus zehn europäischen Ländern und den USA.
Zu den Schwerpunkten der Fortbildung gehörten aktuelle
Erkenntnisse aus klinischen Studien zum Einfluss bioaktiver
sekundärer Pflanzenstoffe, Mikronährstoffe und essenzieller
Fettsäuren auf das menschliche Immunsystem und Entzündung. Die vorliegende Ausgabe fasst die wichtigsten Informationen zusammen.
In March 2007, the European Nutraceutical Association ENA
again invited members and other interested persons to attend the third international ENA Congress in Berlin. More
than 300 professionals took part in the meeting, including
numerous doctors as well as nutrition specialists, pharmaceutical personnel, dieticians, sports scientists and other
scientists from ten European countries and the USA. The
focus of the further educational event was current knowledge from clinical studies on the effect of phytonutrients,
micronutrients and essential fatty acids on the human immune system and inflammation. This paper summarises the
most important information.
Inhalt / Index
Wirksamkeitsnachweis von Nutrazeutika
Evidence for the efficacy of nutraceuticals
2
Beobachtungsstudie in Arztpraxen mit Nutrazeutika
Surveillance study of nutraceuticals in medical practices
4
Nutrazeutika und Immunsystem
Nutraceuticals and the immune system
5
Sekundäre Pflanzenstoffe aus Obst und Gemüse
Phytonutrients from fruits and vegetables
7
Ernährungsintervention bei Autoimmunprozessen
Dietary intervention in auto-immune processes
11
Omega-3-Fettsäuren / Omega 3 fatty acids
12
Nutrazeutika in der Arztpraxis in Deutschland
Nutraceuticals in medical practice in Germany
16
Impressum / Imprint
20
Wirksamkeitsnachweis von Nutrazeutika – kontrollierte Studien erforderlich
Die Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln verbinden Konsumenten
stets mit hohen Erwartungen. Sie versprechen sich dadurch nicht nur mehr
Energie und Leistungsfähigkeit, sondern vor allem Wohlbefinden und Gesundheit. Damit die Erwartungen der
Verbraucher sowie der medizinischen
Fachkreise nicht ins Leere laufen, bedarf es auch für Nutrazeutika einer richtig konzipierten, qualitativ hochwertigen klinischen Forschung, betonte
Dr. Anita Boddie, Leiterin der klinischen Forschung der NSA Inc. in Colliersville, USA, in ihren Ausführungen.
Die Durchführung von Studien, in denen die Wirksamkeit einzelner Nährstoffe in hohen Dosen an bestimmten
Patientenpopulationen untersucht wird,
lehnt Boddie ab. Vielfach hätte sich so
kein eindeutiger Nutzen auf den Krankheitsverlauf zeigen lassen. Krankheiten
liessen sich auch nicht durch Zufuhr
einzelner hochdosierter Nährstoffe heilen, vielmehr sei «eine gute Ernährung
für den Erhalt der Gesundheit lebenslang erforderlich und nicht erst, wenn
gesundheitliche Probleme auftreten».
Für den Wirksamkeitsnachweis von Nutrazeutika sind dagegen die auch bei
Arzneimitteln üblichen randomisierten,
plazebokontrollierten Doppelblindstudien die Mittel der Wahl, mit dem Unterschied, dass sie vom Umfang her in der
Regel kleiner und zeitlich kürzer sind als
typische klinische Studien. Untersucht
wird zudem weniger der Einfluss der
Nährstoffe auf Dauer und Verlauf einer
Erkrankung als vielmehr die Auswirkung
der Intervention auf eine gesunde, mit
der Konsumentenzielgruppe vergleichbare Studienpopulation, wobei für die
Auswertung nur wenige Biomarker oder
Risikofaktoren als primäre Parameter
definiert werden. Als Marker für die
Nährstoffwirkung gelten beispielsweise
der antioxidative Status, der Nachweis
von DNA-Schäden oder die Untersuchung spezifischer T-Zell-Populationen
(siehe dazu Seite 7 ff), die Aussagen
zur Immunkompetenz des Organismus
erlaubt. Als Biomarker eignen sich darüber hinaus auch Entzündungs- oder
Stoffwechselparameter. Durchgeführt
werden sollten solche Studien nach
qualitativ strengen Massstäben durch
fachkompetente Experten, möglichst
auf universitärer Ebene – und zwar unabhängig von den Sponsoren, versteht
sich. Das garantiert schliesslich die
Publikation der Studienergebnisse in
einem renommierten «peer»-reviewten
medizinisch-wissenschaftlichen Journal.
Nur so gewinnen die Ergebnisse letztlich
das nötige Vertrauen der Wissenschaftler und Konsumenten in die Sicherheit
und Wirksamkeit von Nutrazeutika.
Evidence for the efficacy of nutraceuticals – controlled studies required
Taking dietary supplements is associated with high expectations on the part
of consumers. They expect not only
better energy levels and performance,
but also and above all, better wellbeing
and health. In order to fulfil the expectations of the consumers and the medical
profession, there is a need for correctly
designed, high-quality clinical research,
reported Dr. Anita Boddie, Head of
Clinical Research at NSA Inc. in Colliersville, USA, in her talk. Boddie rejected
the conduct of studies to investigate the
efficacy of high doses of isolated nutrients on defined patient populations.
Many of these had shown no clear benefits on the course of disease. Diseases
are not healed by taking high doses of
isolated nutrients, but, rather, “lifelong
2
Kongress Berlin, 17.3.2007 | © ENA
good nutrition is necessary for maintaining good health, not only when health
problems emerge.” Randomised, placebo-controlled double-blind studies
are the method of choice for demonstrating the efficacy of nutraceuticals,
however, just as for medicinal products.
The difference is that they are generally
smaller and shorter than typical clinical
studies. The investigations focus less
on the effect of nutrients on the duration and course of a disease, but more
on the effect of the intervention on a
healthy population, similar to the target consumer group, for the evaluation of which only a few biomarkers or
risk factors are defined as the primary
parameters. Markers of the effect of
nutrients can include antioxidative sta-
tus, evidence of DNA damage, or the
investigation of specific T-cell populations (see page 7 ff), which allow evaluation of the body’s immunocompetence.
Suitable biomarkers also include inflammatory or metabolic parameters. Such
studies should be conducted according
to qualitatively strict criteria by professional experts, if possible in a university
setting – and, of course, independent of
the sponsors. This will ultimately guarantee publication of the study results in
a renowned “peer-reviewed” medical
scientific journal. Only in this way will the
results bring scientists and consumers
to trust in the safety and the efficacy of
nutraceuticals.
Interview mit Dr. Anita Boddie
Doktor Boddie, Sie sprachen über die
Bedeutung kontrollierter klinischer Studien von hoher Qualität, die normalerweise in der medizinischen Forschung
eingesetzt werden, um die Wirksamkeit eines Wirkstoffs nachzuweisen.
Hier befassen Sie sich mit Nutrazeutika, vor allem mit einem Frucht- und
Gemüsesaft-Pulverkonzentrat. Kennen
Sie die Bestandteile, haben Sie die Substanzen analysiert?
Wenn Sie im Laden Äpfel oder Tomaten kaufen, analysieren Sie diese, bevor
Sie sie essen? Müssen Sie die genaue
Zusammensetzung eines Salats kennen, damit Sie Salat essen und dadurch
sicherstellen, etwas Gutes für Ihre Gesundheit zu tun? Sicherlich werden hier
gewisse Qualitätskontrollen durchgeführt, um ein konsistentes Produkt zu
liefern. Jeder auf dem Etikett deklarierte
Nährstoff ist im Produkt vorhanden und
entspricht den in den einzelnen Ländern
gültigen Anforderungen. Es handelt
sich nicht um eine umfangreiche Liste,
die sämtliche Moleküle aufweist, die
sich darin befinden könnten, sondern
es handelt sich um einige Standardmoleküle, die als Marker dienen.
Können Sie uns sagen, warum es so
wichtig ist, kontrollierte Studien mit
Nutrazeutika durchzuführen?
Weil es ein relativ neuer Markt ist, aber
auch ein neuer Begriff, der erst vor 20
Jahren geprägt wurde. Nahrungsergänzungsmittel sind ein in Entwicklung
befindlicher Bereich. Leider ist die Forschung auf diesem Gebiet bis heute
grösstenteils sehr eng gefasst. So weisen
beispielsweise epidemiologische Studien nach, dass Personen, die die meisten
Karotten essen, am wenigsten an einer
bestimmten Krankheit leiden. Dann
würde eine weitere Studie durchgeführt,
um nachzuweisen, ob der Konsum einer
hohen Dosis Betakarotin diese Krank-
Dr. Anita Boddie
heit verhindern oder gar heilen könnte.
Solche Studienresultate sind oft genügend enttäuschend, da man versucht
einen Arzneistoff-ähnlichen Effekt zu finden, was jedoch nicht gelingen kann, da
eine Karotte mehr enthält als Betakarotin. Eine ausgewogene Ernährung sollte
lebenslang zugeführt werden und nicht
nur, wenn Krankheiten auftauchen. Zudem sind sekundäre Pflanzenstoffe in allen Gemüsearten vorhanden, auch wenn
sie in kleinen Mengen verzehrt werden.
Daher werden epidemiologische Studien mit isolierten Nährstoffen in hohen
Dosen kaum zu Ergebnissen kommen,
die sich an der Realität messen lassen.
Sollten die Menschen nicht eher Obst
und Gemüse verzehren als Nutrazeutika einnehmen?
Nutrazeutika sind als Ergänzung einer
gesunden Ernährung gedacht, nicht als
Ersatz dafür. Die Menschen sollten so
viele Portionen Obst und Gemüse verzehren, wie sich in ihrem Tagesablauf
sinnvoll unterbringen lässt. In den USA
gibt es etliche Nahrungsergänzungspräparate, die in der Werbung so dargestellt werden, als enthielten sie 100
Prozent sämtlicher Nährstoffe, die der
Mensch benötigt. Dies ist wissenschaftlich unseriös, da wir gar nicht wissen,
was 100 Prozent von allem tatsächlich
ist. Darüber hinaus werden immer wieder «neue» Pflanzenstoffe identifiziert,
die es in pflanzlicher Nahrung immer
schon gegeben hat. Solche Produkte
irritieren die meisten Menschen, denn
sie denken, ich kann mittags ruhig ein
kalorienarmes Getränk und einen Schokoriegel essen, meine 100 Prozent Multivitamine habe ich ja schon eingenommen , also muss ich mich nicht mehr um
vitaminreiche Nahrung kümmern. Wir
legen also Wert auf die Feststellung,
Nahrungsergänzungsmittel sind kein
Ersatz für eine gesunde Ernährung. Ihr
Einnahme bedeutet nicht, dass man kein
Obst und kein Gemüse mehr essen soll,
im Gegenteil. Ich hoffe sehr, dass sich
die Menschen in Zukunft deutlich mehr
für ihre Gesundheit und ihre Ernährung
interessieren.
Interview with
Dr. Anita Boddie
Doctor Boddie, you talked about the
importance of high quality controlled
clinical studies, which are normally
used in medical research to show the
effectiveness of an active agent. Here
you are dealing with nutraceuticals especially with a fruit and vegetable juice
powder concentrate. Do you know the
ingredients, did you analyse the compounds?
Well, when you go and buy apples or
tomatoes at the store, do you analyse
them before you eat them? Do you need
to know what the exact composition of
a salad is to eat a salad, to ensure that
you have health benefits? Certainly the
manufacturer performs quality analysis
regularly to provide a consistent product. Any nutrient that is included in the
label declaration is present in the product within the regulatory range as permitted by countries where these items
Cont. on page 4
Kongress Berlin, 17.3.2007 | © ENA
3
Cont. of page 3
are sold. It is not an exhaustive list of
every possible molecule that might be
present, but these are some standard
molecules that serve as markers.
Can you tell us why it is so important
to carry out controlled studies with nutraceuticals?
Because it is a relatively new market
place or even a new term – the term
was only created less than 20 years
ago. Nutraceuticals are a developing
area. Unfortunately, much of the nutrient research up to this point has been
very narrowly focused. For example
an epidemiological study would show
that the people who eat the most carrots suffer least from a certain type of
disease. Then a study would be performed to verify whether the intake of
an enormous amount of isolated beta
carotene in supplemental form (a nutraceutical) would prevent or cure the
disease. The results of these studies are
often disappointing because a drug like
effect is being evaluated, although we
know that there is more in a carrot than
beta carotene alone. Good nutrition is
important throughout the life span, not
just in illness. Phytonutrients are present
in combinations and present in modest
amounts in foods. They may not have
the effects observed in the epidemiology observations when provided in
large doses in isolated form.
Shouldn’t people eat more fruits and
vegetables rather than taking a nutraceutical?
Specifically, the encapsulated juice
powder concentrate that has been the
topic of many research studies is designed to be a complement to a healthy
diet, not a substitute for it. People still
need to eat as many servings of fruits
and vegetables as they can reasonable
fit into a day. In the USA we have quite
4
Kongress Berlin, 17.3.2007 | © ENA
Beobachtungsstudie in Arztpraxen mit
Nutrazeutika – ein Projekt im Aufbau
Kontrollierte klinische Studien seien
zwar unbestritten der Goldstandard
in der medizinischen Forschung, so
Dr. Peter Prock, derzeit Präsident der
ENA, Basel, Schweiz, sie liessen sich
aber durchaus mit Beobachtungsstudien ergänzen. Hintergrund der Überlegung ist die immer noch relativ magere Datenlage bei Nutrazeutika. Jede
Wissenserweiterung sei daher wertvoll,
auch wenn sie durch eine wissenschaftlich weniger bedeutsame Beobachtungsstudie erlangt würde. Liegen
zum untersuchten Produkt sogar schon
Daten aus klinischen Studien vor, lässt
sich der wissenschaftliche Wert einer
solchen Untersuchung steigern, wenn
Parameter gewählt werden, die in klinischen Studien bereits dokumentiert
sind. Ausserdem lassen sich durch die
Mitwirkung der Arztpraxen auch hohe
Probandenzahlen erreichen, was die
Aussagekraft der Studie sowie der gewonnenen Daten zusätzlich untermauert. Geplant ist denn auch, mehrere tausend Probanden in allgemeinärztlichen
und internistischen Praxen für die Studie zu rekrutieren, wobei durch Einsatz
eines validierten Fragebogens in regelmässigen Abständen Veränderungen
a few supplements that are advertised
as if they have a hundred percent of everynutrientanyone could ever need. But
this is scientifically unsound, because we
don’t know what a hundred percent of
everything is. “New” phytonutrients are
regularly identified, although these have
been present in plant foods all along.
Nevertheless people are confused by
this kind of “100%” product and think:
“What difference does it make if I want
to have a diet soda and a candy bar for
lunch? I already had my 100% multivi-
Dr. Peter Prock
hinsichtlich Befindlichkeit, Neuerkrankungen beziehungsweise Anzahl Krankheitstage (und damit der Abwehrkräfte) sowie relevante Lebensstilfaktoren
(Bewegung, Konsum von Obst und
Gemüse, Schlafverhalten) abgefragt
werden sollen. Prock erwartet dadurch
auch, dass sich präventive Aspekte des
Lebensstils in der Arztpraxis vermehrt
thematisieren lassen. Darüber hinaus
können optional noch einige Blutpara-
tamin so don’t need to bother eating
foods rich in vitamins.” And that’s why
this company is very clear – their encapsulated juice powder concentrate is not
a substitute for a healthy diet. It doesn’t
mean you don’t have to eat fruits and
vegetables, on the contrary, as people
learn more, they will have greater appreciation of the importance of dietary
produce. Hopefully people will also
become more interested in their own
health and their own nutrition.
meter, wie CRP, HbA1c oder Nüchternblutzuckerwerte, dokumentiert werden,
falls entsprechende Untersuchungen
in anderem Zusammenhang erfolgt
sind. Neben den bereits genannten
Aspekten hat das Projekt auch die Unterstützung von Ärzten zum Ziel, die
den Stellenwert der Ernährung in der
Prävention erkannt haben und hier tätig
sind. Auch wenn es um den Einsatz von
Nahrungsergänzungsmitteln geht, soll
der Arzt Ansprechpartner sein, betonte
Prock.
Für die Durchführung dieser Studie
gibt es allerdings noch einige Hürden
zu überwinden: In der Planung zeigte
sich beispielsweise, dass für die Realisierung solcher Projekte keine konkreten Regelungen existieren. Noch
sind die behördlichen Ansprechpartner
nicht definiert, die rechtlichen Auflagen
konnten noch nicht geklärt werden, und
Surveillance study of nutraceuticals in medical
practices – a project under construction
While controlled clinical studies are undoubtedly the gold standard in medical
research, according to Dr. Peter Prock,
current President of ENA, Basel, Switzerland, they can be supplemented by
surveillance studies. The background to
this is the still relatively meagre amount
of data for nutraceuticals. Any increase
in knowledge is therefore valuable, even
if it is achieved by a scientifically less
valuable surveillance study. If there are
already data from clinical studies available on the investigational product, the
scientific value of such a study can be
increased by choosing parameters that
have already been documented in clinical studies. In addition, the co-operation
of medical practices can achieve large
numbers of subjects, which can additionally enhance the power of the data
derived from such studies. It is planned
to recruit several thousand subjects for
the study from general and internal
medicine practices, and to use a validated questionnaire at regular intervals
to find out about changes in wellbeing,
new diseases and/or the number of days
of sickness (and thus resistance) as well
as relevant lifestyle factors (exercise,
consumption of fruit and vegetables,
sleep patterns). Prock expects that this
will be an opportunity to address the
issue of a healthy lifestyle in medical
practice. In addition, there is an option
to document blood parameters, such
as CRP, HbA1c or fasting blood sugar,
if corresponding investigations are being carried out in another context. Beside the mentioned aspects the project
has the aim to increase support among
physicians who have recognised the
value of nutrition in prevention and are
implementing it. Prock concluded that,
when it is a question of using nutritional
supplements, a physician should be the
person to contact.
There are, however, several hurdles to
overcome in the conduct of this study: in
the planning of the study, for example,
it became clear that no concrete regulations exist for conducting such projects. The responsible official partners
have not yet been defined, the legal
conditions are not clear, and it is also
unclear whether the professional code
of conduct for doctors is compatible
with this project. The background to
the problem includes the legal status
of nutritional supplements, which are
generally regarded in Europe as consumer products, and thus, according to
lawmakers, do not belong in medical
practices. The feasibility of this project
is currently being discussed with the
medical authorities.
unklar ist zudem, ob die Musterberufsordnung der Ärzte mit diesem Projekt
vereinbar ist. Hintergrund der Probleme
ist unter anderem die rechtliche Stellung der Nahrungsergänzungsmittel,
die generell in Europa als gewerbliche
Produkte eingestuft werden und daher,
so der Gesetzgeber, nicht in die ärztliche Praxis gehören. Die Durchführbarkeit des Projektes wird derzeit mit den
zuständigen Ärztekammern abgeklärt.
Nutrazeutika und
Immunsystem –
Ergebnisse einer
Literaturrecherche
Einen Überblick über den Einfluss von
Nährstoffsupplementen auf die Funktionsfähigkeit des Immunsystems gab
die Universitätsdozentin Dr. Ingrid Kiefer vom Institut für Sozialmedizin der
Medizinischen Universität Wien anhand
einer umfassenden Literaturrecherche,
die den Zeitraum der letzten 36 Jahre umfasste. Im Fokus standen dabei
Mikronährstoffe wie Vitamine (als Mono- oder Mutivitaminsupplemente), Mineralstoffe (als Monotherapeutika oder
in Kombinationen mit Multivitaminen)
sowie sekundäre Pflanzenstoffe, Fruchtund Gemüsekonzentrate und essenzielle
Fettsäuren. Eingeschlossen wurden ausschliesslich Humanstudien an gesunden
Probanden, die den Effekt der Nährstoffsupplemente auf die zelluläre und
humorale Immunabwehr (anhand laborchemischer Analysen) beziehungsweise
auf die Primärprävention entzündlicher
Erkrankungen untersuchten. Insgesamt
wurden 205 Studien ausgewertet, davon wurden 149 mit Einzelstoffsupplementen durchgeführt, in 31 Studien
waren zwei Nährstoffe kombiniert, in
25 Studien wurden KombinationspräFortsetzung auf Seite 6
Kongress Berlin, 17.3.2007 | © ENA
5
Fortsetzung von Seite 5
Interview mit Universitätsdozentin Dr. Ingrid Kiefer
parate eingesetzt. Die meisten Studien
wurden mit Vitamin C (29), Karotinoiden
(21), Zink (20) und Vitamin E (17) sowie
mit Multivitamin/Mineralstoffkombinationen (14) publiziert. Auffallend war,
dass die Supplementationsdosen (vor
allem bei den Vitaminen E und C sowie Betakarotin und Zink) oft erheblich
über der empfohlenen täglichen Zufuhr
der D-A-CH-Referenzwerte lagen. Die
Laufzeiten der Studien variierten von
zwei Wochen bis zu mehreren Jahren.
Bezüglich weiterer Details sei hier auf
den Abstractband verwiesen.
Insgesamt liess sich bei den Ergebnissen
der untersuchten Studien kein einheitlicher Trend erkennen. In den meisten
Studien zeigten sich entweder positive
Effekte auf die immunologischen Parameter (Anzahl T-Lymphozyten, NK-Zellen oder Zytokinproduktion) oder keine Unterschiede. Negative Wirkungen
seien dagegen deutlich seltener, als
man bei den teilweise hohen Dosen erwarten würde, so Kiefer.
Frau Dozentin Kiefer, Sie haben über
eine umfangreiche Literaturrecherche
berichtet und in diesem Zusammenhang über 200 Studien ausgewertet
– was hat die ENA mit Ihren Auswertungen vor?
Ich betrachte es als Aufgabe des Vorstandes der ENA, sich einen Überblick
über die verfügbaren wissenschaftlichen Daten zur Wirkung von Vitaminen, Mikronährstoffen und sekundären Pflanzenstoffen zu verschaffen. Die
gesammelten Informationen sollen die
Basis für ein Konsensuspapier sein. Wir
planen, eine Zusammenfassung für verschiedene Gebiete und Indikationen
zu schreiben, und haben jetzt mit dem
Überblick über Entzündungen und dem
Immunsystem begonnen, weil das unser
Tagungsthema war.
Sie sprachen von einem Konsensuspapier – sollen das Guidelines sein?
Wir haben das Problem, dass es widersprüchliche Empfehlungen für die
Dr. Ingrid Kiefer
Einnahme von Vitaminen und Nahrungsergänzungsmitteln gibt. Es gibt
zwar die offiziellen Empfehlungen, wie
die RDA-Werte; die orthomolekularen
Mediziner arbeiten aber beispielsweise
gerne mit höheren Dosierungen. Unser
Ziel ist es, internationale Experten an
einen Tisch zu bekommen, anhand der
wissenschaftlichen Evidenz den State of
the Art zu definieren und dann einen
Konsens zur Anwendung, zu den Risiko-
Nutraceuticals and the immune system – results of a literature search
Assistant Professor Dr. Ingrid Kiefer
of the Department of Social Medicine,
Medical University of Vienna, gave an
overview of the influence of nutritional
supplements on the efficiency of the
immune system, with a comprehensive
literature review covering a period of
36 years. The focus was on micronutrients such as vitamins (as mono- or
multi-vitamin supplements), minerals
(as single constituents or in combination with multi-vitamins) and secondary
plant materials, fruit and vegetable concentrates and essential fatty acids. Only
human studies in healthy subjects were
included, which investigated the effects
6
Kongress Berlin, 17.3.2007 | © ENA
of nutritional supplements on cellular
and humoral immune defence (using
laboratory analyses) and on the primary
prevention of inflammatory diseases. A
total of 205 studies were evaluated, of
which 149 were conducted with single
supplements, 31 combined two nutrients, and 25 used combination preparations. Most of the studies published
were on vitamin C (29), carotenoids (21),
zinc (20), and vitamin E (17), and multivitamin / mineral combinations (14). It
was notable that the supplementation
doses (especially for vitamins E and C,
and also for beta-carotene and zinc)
were often substantially above the rec-
ommended daily D-A-CH consumption
reference values. The duration of the
studies varied from two weeks to several
years. For further details we refer to the
abstract booklet.
Overall, the results of the studies investigated did not show any uniform trend.
In most of the studies, there were either
positive effects on immunological parameters (number of T lymphocytes, NK
cells or cytokine production) or no difference. Negative effects, by contrast,
were seen much more seldom than
would have been expected given the
high doses used, according to Kiefer.
Interview
with Prof. Ingrid Kiefer
Professor Kiefer, you reported on an
extensive research of the literature in
which over 200 studies were analysed
– what is the ENA going to do with
your analyses?
I see it as the task of the ENA Board
to create an overview of the available
scientific data on the effects of vitamins,
micronutrients and secondary vegetable
compounds. The collated intimation will
provide the basis for a consensus paper.
We plan to write summaries for different areas and indications, and have now
started on the summary of inflammation
and the immune system because that
was the subject of our congress.
gruppen sowie zur Wirkung und Dosierung von Nahrungsergänzungsmitteln
auszuarbeiten, mit dem Ziel, konkrete
Empfehlungen abzuleiten, die uns derzeit ja noch fehlen. Jetzt ist der erste
grosse Überblick fertig. Dazu werden
wir ein Review verfassen und das Ganze
über die ENA international publizieren.
Dann gehen wir die nächsten Gebiete
durch: So steht unter anderen auch die
Herz-Kreislauf-Prävention auf unserer
Liste, ein Thema, das für die Volksgesundheit ebenfalls wesentlich ist.
Geht es der ENA im Zusammenhang
mit Nahrungsergänzungsmitteln nur
um die Prävention oder auch um die
Therapie?
Solange Nahrungsergänzungsmittel –
so wie es jetzt im Gesetz verankert ist
– dem Lebensmittelrecht unterstehen,
müssen wir in der Primärprävention
bleiben. Aber wir wollen abklären, ob
gesundheitsbezogene Aussagen im
Hinblick auf Nutrazeutika nicht auch
kommuniziert werden dürfen, wenn die
wissenschaftliche Evidenz erwiesen ist.
You mentioned a consensus paper – do
you mean guidelines?
We have a problem inasmuch as the recommendations for taking vitamins and
nutritional supplements are contradictory. We do have the official recommendations such as the RDA figures, but
orthomolecular practitioners, for example, prefer to work with higher dosages.
Our aim is to get international experts
around the table, to define the stateof-the-art based on the current scientific evidence, and then to write up a
consensus for their use, on risk groups,
and the actions and doses of nutritional
supplements. The objective here is to
derive the concrete recommendations
that we still don’t have. We will prepare
a review of this, and then publish it all
internationally via the ENA. Then we will
work our way through the next areas
– for instance cardiovascular primary
prevention is on our list, a subject that
is also essential for public heath.
Is the ENA’s primary concern the use of
nutritional supplements in prevention
alone, or does it extend to treatment
as well?
As long as nutritional supplements are
subject to the foodstuffs laws – as is
firmly anchored in current legislation
– we will have to remain in the field of
primary prevention. But we want to establish whether health-related claims
can be communicated for nutraceuticals if the scientific evidence has been
furnished.
Sekundäre Pflanzenstoffe aus Obst und Gemüse:
Kontrollierte Studie lässt Wirkungen auf Immunsystem erkennen
Das Immunsystem ist ständig in Alarmbereitschaft. Nur so ist garantiert, dass
Fremdstoffe und pathogene Mikroorganismen rechtzeitig erkannt und zerstört
werden, sodass es nicht zu Erkrankungen
kommt, erklärte Professor Susan S. Percival vom Food Sciences and Human
Nutrition Department der Universität
Florida, USA. Pathogene, die den Organismus überschwemmen, aktivieren das
Immunsystem mit seinen immunkompetenten Zellen und Entzündungsmediatoren, während der Organismus entsprechende Krankheitssymptome und
Entzündungszeichen zeigt, die so lange anhalten, bis die Erreger erfolgreich
eliminiert sind. Nach Elimination der
Erreger, die durch Phagozytose, zytotoxische freie Radikale (den sogenannten «respiratory burst») sowie durch den
Prozess der Antikörperbildung erfolgt,
kehrt das Immunsystem wieder in den
Überwachungsmodus zurück. Bleibt
das Immunsystem jedoch weiter aktiv,
kann dies chronische Entzündungen mit
übermässiger Freisetzung freier Radikale zur Folge haben, die schleichende
pathologische Prozesse auslösen und
schliesslich zu Krankheiten führen können, die den Wirt auf Dauer erheblich
schädigen, wie Krebs, rheumatoide
Arthritis oder kardiovaskuläre Erkrankungen. In diesem ganzen Geschehen
kann die Nahrung eine wichtige Rolle
spielen, betonte Percival, und zwar sowohl direkt über die Modulation der
immunkompetenten Zellen als auch indirekt bei der Vermittlung antioxidativer
Wirkungen, was den Wirt vor den negativen Effekten der bei Entzündungsreaktionen gebildeten zytotoxischen
freien Radikale schützen kann. Percival
Fortsetzung auf Seite 8
Kongress Berlin, 17.3.2007 | © ENA
7
Fortsetzung von Seite 7
erwähnte in diesem Zusammenhang
insbesondere die protektiven antioxidativen Eigenschaften der bioaktiven sekundären Pflanzenstoffe aus Obst und
Gemüse, wie Polyphenole, Karotinoide,
Flavonoide und anderer. Auf diesen erst
in den letzten Jahren gewonnenen Erkenntnissen basiert unter anderem die
Empfehlung, täglich mindestens 5 Portionen Obst und Gemüse zu verzehren.
«Wir stellten daher die Hypothese auf,
dass die gezielte Zufuhr verschiedener
bioaktiver sekundärer Pflanzenstoffe
durch ein im Handel erhältliches Fruchtund-Gemüsesaft-Pulverkonzentrat in
Kapselform (FVJC) das Immunsystem unterstützen und den antioxidativen Schutz
stärken kann, und überprüften diese
Annahme in einer randomisierten, plazebokontrollierten Doppelblindstudie»,
berichtete Percival. Die Studienpopulation – 59 gesunde Jurastudenten – erhielt
(zusätzlich zu ihrer üblichen Ernährung)
nach dem Zufallsprinzip entweder FVJCoder Plazebokapseln (Einnahmemodus:
je zwei Kapseln morgens und abends)
über einen Zeitraum von 77 Tagen. An
den Tagen 1, 35 und 77 erfolgten Blutentnahmen, anhand deren die Anzahl
zirkulierender αβ- und γδ-T-Zellen, die
Zytokin-Produktion, Strangbrüche der
Lymphozyten-DNA und der antioxidative Status sowie die Serumspiegel von
Karotinoiden und Vitamin C bestimmt
wurden. Darüber hinaus protokollierten
die Probanden ihre während des Studienverlaufs auftretenden Erkrankungen,
vorwiegend grippale Infekte oder banale Erkältungskrankheiten, und die damit verbundenen Symptome wie Fieber,
Husten, Kopfschmerzen, Müdigkeit und
Leistungsabfall. Die These: Wenn die
Immunität des Organismus durch FVJCKapseln unterstützt wird, treten weniger
Erkrankungen auf und die Schwere der
Symptome sowie die Anzahl der Krankheitstage verringern sich. Tatsächlich
zeigten die Probanden unter FVJC gegenüber der Plazebogruppe einen Trend
hin zu insgesamt weniger Krankheitstagen und schwächer ausgeprägten Symptomen, der allerdings keine statistische
Signifikanz erreichte (p = 0,076). Bis Studienende kam es in der Verumgruppe
zu einer Zunahme der zirkulierenden
γδ-T-Zellen um 30 Prozent und einer
Reduktion von DNA-Strangbrüchen
um 40 Prozent. Darüber hinaus zeigte
der Plasmaspiegel dieser Probanden
signifikant höhere Konzentrationen an
Vitamin C und pflanzlicher Karotinoide
(Betakarotin, Lycopin und Lutein). Ebenso signifikant erhöhte sich die Resorptionskapazität für Sauerstoffradikale im
Plasma der FVJC-Gruppe. Das in Phorbol-stimulierten Lymphozyten gebildete
Interferon-γ reduzierte sich zudem in
der FVJC-Gruppe um 70 Prozent, während die Konzentration anderer Zytokine
(IL-4, IL-6, TGF-beta) unverändert blieb.
Die Zufuhr sekundärer Pflanzenstoffe
wirkt sich demnach günstig auf die Funktionsfähigkeit des Immunsystems aus
und kann entzündungsbedingte Schädigungen verringern – insofern konnte
die bei Studienbeginn gestellte Arbeitshypothese bestätigt werden, so Percival
abschliessend.
Phytonutrients from fruit and vegetables:
Controlled study identifies effects on immune system
The immune system is permanently on
the alert. Professor Susan S. Percival of
the Food Sciences and Human Nutrition
Department at the University Florida,
USA, explained that this is the only way
to guarantee that foreign substances
and pathogenic microorganisms are
recognised and destroyed in time to
prevent diseases. Pathogens which inundate the organism activate the immune system with its immunocompetent cells and inflammation mediators,
and the organism exhibits corresponding symptoms of disease and signs of
inflammation which continue until the
pathogens are successfully eliminated.
8
Kongress Berlin, 17.3.2007 | © ENA
After elimination of the pathogens,
which is achieved by phagocytosis, cytotoxic free radicals (so-called “respiratory burst”) and the process of antibody
formation, the immune system returns
to the monitoring mode again. However, if the immune system remains active,
this may lead to chronic inflammation
with the excessive release of free radicals which trigger gradual pathological
processes and may ultimately lead to
disease which considerably injure the
host such as cancer, rheumatoid arthritis or cardiovascular diseases. Percival
emphasised that the diet can play an important role in this whole process, both
directly by modulating immunocompetent cells, and indirectly by mediating
antioxidative effects which can protect
the host from the negative effects of
the cytotoxic free radicals formed during inflammatory reactions. In connection with this, Percival focused on the
protective antioxidative properties of
the bioactive secondary vegetable compounds in fruit and vegetables, such as
polyphenols, carotenoids, flavonoids,
and others. Among other factors, the
recommendation to eat at least 5 servings of fruit and vegetables every day
is based on these findings, which were
only made a few years ago.
Interview mit Prof. Susan Percival
Professor Percival, in Ihrer Studie untersuchten Sie die Wirkung eines Fruchtund-Gemüsesaftkonzentrats. Haben
Sie die Substanzen des verwendeten
Konzentrats jemals in Bezug auf Vitamine, Mikronährstoffe oder Phytochemikalien untersucht? Kennen Sie die
Hauptwirkstoffe?
Ich denke nicht, dass wir genau wissen,
welches die Wirkstoffe sind. Sie alle
haben unterschiedliche Effekte, die zusammenwirken, sie können additiv oder
synergistisch wirken, was genau abläuft,
“Therefore, we hypothesised that the
specific ingestion of different bioactive phytonutrients in the commercially
available encapsulated fruit and vegetable juice powder concentrate (FVJC)
can support the immune system and
strengthen antioxidative protection,
and investigated this assumption in a
randomised, placebo-controlled, double-blind study”, Percival explained. In
addition to their habitual diet the study
population – 59 healthy law students
– were given either FVJC or placebo
capsules (method of administration: two
capsules each in the morning and in the
evening) assigned at random, over a period of 77 days. On days 1, 35 and 77,
blood samples were taken to determine
the number of peripheral αβ- and γδT–cell populations, cytokine secretion,
DNA strand breaks in lymphocytes, and
the antioxidative status as well as the
plasma carotenoid and vitamin C levels.
Furthermore the study subjects kept a
diary of the illnesses they suffered during the course of the study, mainly flulike infection or common colds and the
symptoms connected with these such
as fevers, cough, headache, tiredness
and a decline in performance. The hypothesis: if the organism’s immunity is
strengthened by FVJC capsules, fewer
wissen wir jedoch nicht. Obgleich die
Kapseln analysiert werden können,
kennen wir nicht alle Substanzen – die
Kapseln enthalten wahrscheinlich etwa
4000 verschiedene Substanzen. Einiges
wissen wir zumindest: Wir kennen beispielsweise den Gehalt an Vitamin C
und E und den Gehalt an Folsäure und
Betakarotin.
Die von Ihnen rekrutierten Studienteilnehmer waren Studenten, die sich normalerweise nicht sehr gesund ernäh-
illnesses occur, and both the severity of
the symptoms as well as the number
of days of symptoms are reduced. The
study subjects under FVJC reported
fewer days of symptoms, and less severe symptoms compared with the placebo group, although there was no statistical significance (p = 0.076). The percentage of circulating γδ-T-cells in the
FVJC group increased by 30 per cent,
and DNA strand breaks were reduced
by 40 per cent in the verum group by
day 77. Furthermore, the plasma level
of these subjects showed significantly
higher concentrations of vitamin C and
vegetable carotenoids (beta carotene,
lycopene and lutein). In addition, the
plasma oxygen radical absorptive capacity in the FVJC group increased just
as significantly. Interferon-γ produced
by phorbol-stimulated lymphocytes
was reduced by 70 per cent in the FVJC
group, while the concentration of other
cytokines (Il 4, Il 6 TGF beta) remained
unchanged. Percival concluded that the
supply of bioactive phytonutrients from
fruit and vegetables has a favourable
effect on the functioning of the immune
system, and can reduce inflammatory
damage, i.e. the working hypothesis put
forward before the study was confirmed
in this respect.
Prof. Susan Percival
ren. Wissen Sie, womit sie sich während
der Studienperiode ernährten?
Nein, wir befragten sie nicht zu Ihrer Ernährung. Aus diesem Grund entnahmen
wir Blutproben zu Studienbeginn. Wir
nehmen bei den Personen einen Vergleich mit den Ausgangswerten vor, dies
dient als Kontrolle, auch wenn zusätzlich
noch Plazebo als Kontrolle dient.
Was bedeutet die Zunahme von γδ-TZellen für gesunde Personen?
γδ-T-Zellen sind eine verhältnismässig
neue Entdeckung. Wir haben erst in den
Neunzigerjahren von ihrer Existenz erfahren. Daher wissen wir noch nicht alles
über sie. Wir wissen, dass sie Pathogene
erkennen und Zellen töten können, die
von einem Virus infiziert wurden. Sie
sehen jedoch nicht wie eine normale TZelle aus, da eine normale T-Zelle eine
grosse Vielfalt an Rezeptoren aufweist
und eine grosse Vielfalt von Pathogenen
erkennen kann. Die γδ-T-Zelle hat eine
begrenzte Fähigkeit, Pathogene zu erkennen, das heisst, sie wirkt mehr wie
angeborene Immunzellen im Gegensatz zum adaptiven Immunsystem. Sie
übt ihre Wirkung normalerweise nicht
im Blut aus, sondern findet sich entlang
von Epithelauskleidungen, zum Beispiel
Fortsetzung auf Seite 10
Kongress Berlin, 17.3.2007 | © ENA
9
Fortsetzung von Seite 9
Interview with Prof. Susan Percival
in der Darmschleimhaut, im Ösophagus
und in den Lungen. Untersucht man
das Blut, so untersucht man also nur
einen sehr kleinen Anteil dieser Zellen.
Vermutlich verstärkt man über eine nur
geringe Veränderung der Anzahl von γδT-Zellen die Immunität. Aber wir wissen
dies noch nicht wirklich.
Professor Percival, in your study you investigated the effect of a fruit and vegetable juice concentrate. Did you ever
analyze the compounds of the concentrate used with regard to vitamins,
micronutrients or phytochemicals? Do
you know the main active agents?
I don’t believe we know in detail what
the active agents are. All of them do
different things that work together, they
may work additively, may work synergistically, but we don’t know exactly what
is going on. Although the capsules
can be analyzed, we don’t know all the
compounds – there are probably about
4000 different compounds in them. But
at least we know some things: we know
for instance the contents of vitamin C
and E and the contents of folic acid and
beta carotene.
Ist es Ihrer Ansicht nach möglich, dass
der Organismus durch Mikronährstoffe
wie Vitamine und Antioxidantien über
den Konsum von Frucht- und Gemüsekonzentraten zusammen mit einer
obst- und gemüsereichen Ernährung
überfordert werden kann?
Es besteht immer eine Gefahr der Übertreibung. Auch zu viel Wasser kann uns
schaden. Daher meine ich, dass es eine obere Grenze gibt, aber ich glaube
nicht, dass man diese, auch wenn man
fünf oder zehn Obst- und Gemüseportionen pro Tag verzehrt und zusätzlich
die Kapseln einnimmt, erreicht. Ich
denke, dazu müsste man sehr, sehr
hohe – das heisst zehn- bis hundertfach
grössere – Mengen konsumieren.
Glauben Sie, es ist wirklich notwendig,
ein solches Nutrazeutikum regelmässig zusammen mit einer normalen und
gesunden Ernährung einzunehmen?
Oder würden Sie sagen, die Einnahme
solcher Kapseln wäre während Stressperioden empfehlenswert?
Nein, ich meine, es ist wichtig, jeden
Tag eine gute gesunde Vielfalt an Phytonährstoffen zu konsumieren.
Würden Sie also diese Kapseln als tägliche Nahrungsergänzung empfehlen?
In der Regel verzehren die Menschen
nicht genügend Obst und Gemüse – ich
bin der Meinung, dass eine zusätzliche
Nahrungsergänzung sinnvoll ist.
10
Kongress Berlin, 17.3.2007 | © ENA
The study participants you recruited
were students who normally don’t eat
very healthily. Do you know what they
consumed during the study period?
No, we did not ask about their diet. But
that is the reason why we took the baseline blood sample. We compare an individual to their baseline value, and this
serves as a control even when we have
the placebo serving as a control as well.
What does the increase of γδ-T-cells
mean for healthy subjects?
γδ-T-cells are a relatively new discovery. We have only known about them
since the 1990s. So we still don’t know
everything about them. We know that
they recognise pathogens and can kill
cells that have been infected with a virus. But they don’t look like a normal Tcell because a normal T-cell has a great
variety of receptors and can recognise
a great variety of pathogens. The γδ-Tcell has a limited ability to recognise
pathogens so it acts more like innate immune cells as opposed to the adaptive
immune system. They don’t function in
the blood normally but they are found
all along the epithelial linings, e.g. in
the gut lining, the oesophagus and the
lungs. So when I study the blood I’m
only studying a very small proportion of
them. We would think that by changing
the number of γδ-T-cells just a little bit
we are enhancing immunity. But we still
don’t really know that.
Is it possible in your opinion that the
organism could be overwhelmed by
micronutrients such as vitamins and
antioxidants by consuming fruit and
vegetable concentrates together with
a diet rich in fruits and vegetables?
There is always a danger in overdoing
anything. Even too much water will harm
you. So I believe there is an upper limit
but I don’t believe we will reach it even
with five or ten fruits and vegetables a
day plus the capsules. I think we have
to get very, very high – ten to a hundred
times higher than that.
Do you think it is really necessary to
take such a nutraceutical on a regular basis together with a normal and
healthy diet? Or would you say taking
such capsules would be advisable during periods of stress?
No, I think it is important to have a good
healthy variety of phytonutrients every
day.
So you would recommend these capsules as an every day supplement?
Well, I don’t think we could say we have
a normal healthy diet. In most cases
people don’t consume enough fruits
and vegetables. I think it is a good idea
to have an extra supplementation.
Ernährungsintervention bei Autoimmunprozessen –
Benefit von Obst und Gemüse bei Autoimmunthyreoiditis
Dr. med. Alireza Ranjbar vom Institut für interventionelle Allergologie
und Immunologie, Bonn, berichtete
in seinem Vortrag über seine Pilotstudie, die er konzipierte, um den Einfluss
von Mikronährstoffen und sekundären Pflanzenstoffen aus Obst und Gemüse auf die Autoimmunthyreoiditis
zu untersuchen. Diese Erkrankung, so
Dr. Ranjbar einführend, sei sowohl aus
immunologischer als auch metabolischer Sicht von Interesse und diene
hier als Forschungsmodell. Bei dieser
Schilddrüsenerkrankung handelt es
sich um eine Autoimmunerkrankung,
das heisst, die Antikörper des Organismus richten sich gegen das eigene
Schilddrüsengewebe. Solche Autoimmunprozesse sind – neben der Bildung
von aggressiven Autoantikörpern und
chronischen Entzündungen – durch klinische Symptome gekennzeichnet, die
durch den zunehmenden Funktionsverlust des betroffenen Organs ausgelöst
werden. Auslöser solcher Erkrankungen
sind genetische Faktoren und Umwelteinflüsse, aber auch oxidativer Stress.
Erkenntnisse aus den letzten Jahren
deuten darauf hin, dass Autoimmunerkrankungen durch die Überproduktion freier Radikale getriggert werden.
Die Entstehung der freien Radikale
erfolgt in einem komplexen Prozess,
bei dem es durch Antigeneinwirkung
zu einer exzessiven Stimulation immunkompetenter Zellen mit nachfolgender
Ausschüttung von Zytokinen und der
Synthese von Autoantikörpern kommt
sowie zur Anreicherung neutrophiler
Granulozyten, die schliesslich in das
Zielorgan einwandern und dort zytotoxische freie Radikale abgeben. Diese
freien Radikale attackieren die zelluläre
DNA und führen, wie beispielsweise bei
der Autoimmunthyreoiditis, sukzessive
zu Störungen und zu Schädigungen
des entzündlich veränderten Gewebes.
Dieser Entstehungsmechanismus zeigt,
warum der Einsatz von Antioxidantien
für die Prophylaxe und adjuvante Therapie solcher Erkrankungen sinnvoll sein
könnte.
Durch die alleinige Gabe des Standardtherapeutikums L-Thyroxin zur Behandlung der Hypothyreose lassen sich zwar
die hormonspezifischen Laborparameter normalisieren, auf die klinischen
Symptome sowie auf die für diese Erkrankung typischen Autoantikörper
(Anti-TPO, Anti-TG und Anti-TSH) hat
diese Behandlung jedoch nur geringen
Einfluss. Ranjbar untersuchte daher in einer Pilotstudie die Wirkung einer zusätzlichen Gabe von Antioxidantien auf den
Autoimmunprozess. Da Mikronährstoffe
und sekundäre Pflanzenstoffe aus Obst
und Gemüse ein hohes antioxidatives
Potenzial besitzen, erhielten die jugendlichen hypothyreotischen Patienten (n =
26) randomisiert entweder nur das Basistherapeutikum L-Thyroxin (Gruppe A, n
= 12) oder zusätzlich zur Basistherapie
Antioxidantien (Gruppe B, n = 14) über
24 Wochen. Vor, während und nach der
Intervention wurden unter anderem die
hormonspezifischen Laborparameter,
die diversen Autoantikörpertiter sowie
die Parameter des oxidativen Stress
(Malonaldehyd [MDA]) bestimmt. Der
Verlauf der klinischen Symptome wurde anhand einer Visuellen Analog-Skala (VAS) ermittelt. Dass sich bereits vier
Wochen nach Therapiebeginn in der
Gruppe B (gegenüber der Gruppe A)
eine statistisch signifikante Besserung
(p < 0,01) der Klinik und der subjektiven
Symptome zeigte, die bis Studienende
anhielt, wertete Ranjbar als Hinweis,
dass die Substitution der Schilddrüsenhormone allein offensichtlich nicht ausreicht, um in den komplexen immunologischen und metabolischen Prozess des
Krankheitsverlaufs einzugreifen. Dafür
sprechen auch die in Gruppe B nach 8
Behandlungswochen aufgetretene signifikante Reduktion der TSH (Thyreoidea
stimulating hormone)- und MDA-Werte
(p < 0.05) sowie der (nach 24 Wochen
messbare) ebenfalls signifikante Abfall
der Autoantikörper Anti-TPO und AntiTG (p < 0,05). Es sei durchaus denkbar,
so Ranjbar abschliessend, dass Mikronährstoffe und sekundäre Pflanzenstoffe
nicht nur das Immunsystem zugunsten
der Immuntoleranz modulieren, sondern
auch die Stoffwechselleistung der durch
die exzessive Bildung freier Radikale geschädigten Zellen verbessern können.
Dietary intervention in auto-immune processes –
Benefit of fruit and vegetables in autoimmune
thyroiditis
In his lecture, Alireza Ranjbar MD, of
the Institute of Interventional Allergology and Immunology in Bonn, reported
on the pilot study that he had designed
to investigate the influence of micro-
nutrients and secondary vegetable
compounds from fruit and vegetables
on autoimmune thyroiditis. Dr. Ranjbar
Cont. on page 12
Kongress Berlin, 17.3.2007 | © ENA
11
Cont. of page 11
began by explaining that this disease is
interesting from both the immunological and metabolic points of view, and
serves here as an experimental model.
This disorder of the thyroid is an autoimmune disease, i.e. the organism’s antibodies attack their own thyroid gland
tissue. In addition to chronic inflammation and the formation of aggressive
autoantibodies, such autoimmune processes are marked by clinical symptoms
which are caused by the increasing loss
of function of the organ. Such diseases
are triggered not only by genetic factors and environmental influences, but
also oxidative stress. Knowledge gained
over the last few years indicates that
autoimmune diseases are triggered by
the overproduction of free radicals. The
formation of free radicals is a complex
process. Excessive stimulation of immunocompetent cells leads to the subsequent secretion of cytokines and the synthesis of autoantibodies together with
an increase in neutrophil granulocytes
which ultimately migrate into the target
organ where they release cytotoxic free
radicals. These free radicals attack the
cell’s DNA and gradually lead to disturbances and damage to the tissues which
undergo inflammatory changes. This is
shown by the example of autoimmune
thyroiditis. This pathogenic mechanism
explains why the use of antioxidants for
the prevention and adjuvant therapy of
such diseases could make sense.
Although specific hormone parameters
can be restored to normal by the use
of the standard medicinal product Lthyroxine to treat hypothyroidism, such
treatment has little or no effect on the
clinical symptoms or the autoantibodies which are typical of this illness (anti-TPO, anti-TG and anti-TSH). Therefore, Ranjbar conducted a pilot study
12
Kongress Berlin, 17.3.2007 | © ENA
to investigate the effect of additional
administration of an antioxidant on the
autoimmune process. Since micronutrients and phytonutrients from fruit and
vegetables have a high antioxidative
potential, young hypothyroid patients
(n = 26) were assigned at random to
receive either the disease-modifying
drug L-thyroxine (Group A, n = 12)
alone, or the disease- modifying drug
with add-on antioxidants (Group B,
n = 14) for a period of 24 weeks.
Before, during and after the intervention the hormone-specific laboratory
parameters, the various autoantibody
titres, and the oxidative stress
parameters (malondialdehyde [MDA])
were determined. The course of the
clinical symptoms was recorded on a
visual analogue scale (VAS). A statistically significant improvement (p < 0.01)
in the clinical and the subjective symptoms was seen in group B (compared
with group A) in only four weeks after
starting therapy. This persisted until the
end of the study. Ranjbar judged this as
evidence that substitution of the thyroid
hormones alone is clearly not sufficient
for intervening in the complex immunological and metabolic process of the
course of the disease. The significant reduction in TSH (thyroid stimulating hormone) and MDA levels (p < 0.05) as well
as the significant decrease in the autoantibodies anti-TPO and anti-TG (measurable after 24 weeks) (p < 0.05) that
was observed in Group B after 8 weeks’
treatment also indicates this. Ranjbar
concluded that it is perfectly feasible
that micronutrients and phytonutrients
not only modulate the immune system
in favour of immunotolerance, but are
also able to improve the metabolic performance of the cells damaged by the
excessive formation of free radicals.
Omega-3-Fettsäuren,
Entzündung und
chronisch entzündliche
Erkrankungen
Omega-3-Fettsäuren gehören chemisch
– ebenso wie die Omega-6-Fettsäuren
– zu den mehrfach ungesättigten Fettsäuren. Der entscheidende strukturelle
Unterschied zwischen ihnen besteht
in der Position der für sie typischen
Doppelbindungen: Bei den Omega-3Fettsäuren liegt die erste von mehreren Doppelbindungen am dritten, bei
den Omega-6-Fettsäuren am sechsten
Kohlenstoffatom (vom Methylende
[CH3-] aus gezählt), erklärte Professor
Philip C. Calder vom Institute of Human
Nutrition der Universität Southampton,
UK, einleitend. Die wichtigste Omega-6-Fettsäure ist die Linolsäure, die
im Körper entweder zur Energiegewinnung gespeichert wird oder über
Zwischenstufen zur Omega-6-Arachidonsäure umgewandelt wird. Aus der
Arachidonsäure entstehen Eicosanoide,
wie Prostaglandine, Leukotriene und
andere Mediatoren, die schmerz- und
entzündungsfördernd, vasokonstriktorisch und aggregationsfördernd wirken.
Omega-6-Fettsäuren kommen vorwiegend in Pflanzen vor.
Zu den wichtigen Omega-3-Fettsäuren
gehören die Alpha-Linolensäure (ALA)
sowie die langkettigen Eicosapentaensäure (EPA) und die Docosahexaensäure
(DHA). ALA kommt vorwiegend in Pflanzen und deren Ölen vor, während EPA
und DHA vor allem in fettreichen Kaltwasserfischen (Hering, Makrele, Lachs)
enthalten sind. ALA kann im Organismus auch in EPA und DHA umgewandelt
werden. Durch den Verzehr langkettiger
EPA und DHA nimmt die Konzentration der Arachidonsäure in den Membranen der Entzündungszellen ab, was
die Produktion entzündungsfördernder
Eicosanoide verringert, da aus EPA und
DHA – als alternative Substrate – weniger aggressive Mediatoren entstehen
als die aus Arachidonsäure gebildeten
Analoga. Darüber hinaus konnte gezeigt werden, dass die langkettigen
Omega-3-Fettsäuren auch die Expression von Zytokinen und Adhäsionsmolekülen verhindern. Aufgrund dieser
Erkenntnisse wurden dem Fischöl antiinflammatorische Eigenschaften zugeschrieben. Neuere Untersuchungen
haben zudem eine neue Familie von
Mediatoren entdeckt, die sogenannten
E- und D-Resolvine, die aus EPA und
DHA durch Vermittlung der Cyclooxigenase 2 (COX-2) entstehen und ebenfalls
entzündungshemmende Eigenschaften
zu haben scheinen. In seinen Ausführungen betonte Calder, wie wichtig es
bei der Nahrungsaufnahme ist, auf das
richtige Verhältnis von Omega-6- zu
Omega-3-Fettsäuren zu achten, da beide Gruppen von denselben Enzymen
metabolisiert werden, sich also gegenseitig konkurrenzieren, sich aber nicht
gegenseitig ersetzen können. Eine exzessive Aufnahme von Linolsäure führt
demnach zu einer gesteigerten Arachidonsäure-Produktion, während die Synthese von EPA und DHA abnimmt. Da
die Ernährung der westlichen Welt jedoch reich an Omega-6-Fettsäuren ist,
beträgt das Verhältnis von Omega-6- zu
Omega-3-Fettsäuren, das unter optimalen Bedingungen bei etwa 5:1 liegen
sollte, heute etwa 10:1. So hat sich zum
Beispiel gezeigt, dass der Omega-6Fettsäure-Gehalt in der Membran weisser Blutzellen aus einer südenglischen
Population (mit den dort typischen
Ernährungsgewohnheiten) 20 Prozent
des Gesamtfettsäuregehalts ausmacht,
während der Omega-3-Fettsäuregehalt
nur bei 3,5 Prozent liegt. «Das beste
Mittel gegen Arachidonsäure und seine entzündungsfördernden Mediatoren
ist jedoch die ausreichende Zufuhr von
Omega-3-Fettsäuren», so Calder. Eine
hohe Zufuhr von Omega-6-Fettsäuren
(insbesondere Arachidonsäure) kann
nämlich unmittelbar zur Verschlechterung inflammatorischer Prozesse führen, während die Zufuhr langkettiger
Omega-3-Fettsäuren bei Patienten mit
chronisch entzündlichen Erkrankungen
einen klinischen Benefit bewirken kann.
Diese Annahme wurde inzwischen
in zahlreichen klinischen Studien mit
Fischöl-Supplementen bei entsprechenden Indikationen wie rheumatoider
Arthritis, entzündlichen Dickdarmerkrankungen oder Asthma untersucht.
Dabei zeigten Studien bei rheumato-
ider Arthritis einen deutlichen Erfolg,
während die Evidenzlage bei Asthma,
M. Crohn oder Colitis ulzerosa bisher
widersprüchlicher und daher noch nicht
so überzeugend ist. Hier sind weitere
umfassende Studien erforderlich. Darüber hinaus zeigte sich, dass eine gute
Versorgung mit Omega-3-Fettsäuren in
der Schwangerschaft nicht nur für die
Hirnentwicklung und das Sehvermögen
des Kindes von elementarer Bedeutung
ist, sondern auch die Neigung zur Entwicklung allergischer Erkrankungen wie
Neurodermitis verhindern kann.
Omega-3 fatty acids, inflammation and chronic
inflammatory diseases
Professor Philip C. Calder of the Institute of Human Nutrition of Southampton University, UK, began by explaining
that omega-3 fatty acids – in common
with omega-6 fatty acids – belong in
chemical terms to the polyunsaturated
fatty acids. The key structural difference
between them consists of the position
of their characteristic double bonds:
in the omega-3 fatty acids, the first of
several double bonds is at the third, in
the case of omega-6-fatty acids, at the
sixth carbon atom (counting from the
terminal methyl group (CH3-). The most
important omega-6 fatty acid is linoleic
acid that in the body is either stored
as an energy source, or is converted
via various intermediates to omega-6
arachidonic acid. Arachidonic acid gives
rise to eicosanoids, such as prostaglandins, leukotrienes and other mediators
with pain- and inflammation-promoting
properties, vasoconstrictor and proaggregatory effects. Omega-6 fatty acids
are predominantly found in plants.
Among the significant omega-3 fatty
acids are alpha-linoleic acid (ALA) as
well as the long-chain eicosapentaenoic acid (EPA) and docosahexaenoic
acid (DHA). ALA occurs predominantly
in plants and their oils, whereas EPA and
DHA are mainly present in fat-rich cold
water fish (herring, mackerel, salmon).
ALA can also be converted in the body
to EPA and DHA. When long-chain EPA
and DHA are ingested, the concentration of arachidonic acid in membranes
of inflammatory cells diminishes; this
decreases the production of pro-inflammatory eicosanoids because fewer
aggressive mediators are formed from
EPA and DHA – as alternative substrates
– than analogues produced from arachidonic acid. Furthermore, it has been
shown that long-chain omega-3 fatty
acids also inhibit the expression of cytokines and adhesion molecules. It was
these findings that led to anti-inflammatory properties being ascribed to
fish oil. More recent studies have also
discovered a new family of mediators
– E and D-resolvins – which are produced from EPA and DHA through the
action of cyclooxygenase-2 (COX-2),
and also appear to have anti-inflammatory properties. Calder emphasised the
Cont. on page 14
Kongress Berlin, 17.3.2007 | © ENA
13
Cont. of page 13
Interview mit Prof. Philip Calder
importance of ensuring the correct dietary ratio of omega-6 to omega-3 fatty
acids because both groups are not interchangeable. Therefore, an excessive
intake of linoleic acid leads to increased
arachidonic acid production, whilst the
synthesis of EPA and DHA is reduced.
However, since the diet in the Western
world is rich in omega-6 fatty acids, the
ratio of omega-6 to omega-3 fatty acids,
which, under optimal conditions should
be about 5:1, is nowadays about 10:1.
For example, a study carried out in a
population in Southern England showed
that the omega-6 fatty acid content in
the membrane of white blood cells accounted for 20 per cent of the total fatty
acid content, whereas the omega-3 fatty
acid content was only 3.5 per cent. The
best agent against arachidonic acid and
its pro-inflammatory mediators is an adequate intake of omega-3 fatty acids.
Ingestion of high amounts of omega-6
fatty acids (especially arachidonic acid)
can actually lead to a direct worsening
of inflammatory processes, whilst the
intake of long-chain omega-3 fatty acid
can be of clinical benefit to patients with
chronic inflammatory diseases. This assumption has been tested in many
clinical trials with fish oil supplements in
corresponding indications such as rheumatoid arthritis, inflammatory bowel disease or asthma. Studies in rheumatoid
arthritis demonstrated a significant success, whereas the evidence for asthma,
Crohn’s disease or ulcerative colitis has
so far been contradictory, and therefore
not yet so convincing. Further largescale studies are needed. In addition, it
has been shown that a good supply of
omega-3-fatty acids in pregnancy is not
only of elementary importance for brain
development and the visual capacity of
the child, but can also reduce the tendency to develop allergic diseases such
as neurodermatitis.
Professor Calder, Sie zeigten sehr beeindruckende Studienergebnisse mit
Omega-3-Fettsäuren, was entzündliche Erkrankungen wie die rheumatoide Arthritis betrifft. Besteht eine
Möglichkeit, das Auftreten solcher Erkrankungen durch die Einnahme von
Omega-3-Fettsäuren bei Personen mit
einer bestimmten genetischen Prädisposition zu verhindern oder zumindest
zu verzögern?
Wir können die Gene sicher nicht modifizieren. Diese Gene fördern jedoch immunologische Anomalien. Sie steuern
das Immunsystem auf einen bestimmten
Weg, wodurch automatisch eine Zerstörung von Gewebe verursacht wird. Ich
denke, dass es uns über die Modifizierung der zellulären Aktivitäten gelingen
kann, das Auftreten der Erkrankung zu
verhindern oder zu verzögern. Dies wurde jedoch bisher noch nicht untersucht.
Was die Dosis anbelangt, so sind – wie
aus meinem Vortrag ersichtlich wurde –
die Dosen, die therapeutisch eingesetzt
wurden, sehr hoch. Dies sind jedoch
Dosen, die bei Personen angewendet
werden, bei denen bereits eine aktive
Erkrankung vorliegt. Man verlangt von
den Fettsäuren also ein Verhalten wie
von einem Medikament, und es ist eine
hohe Dosis notwendig, um die Wirkung
herbeizuführen. Zur Prävention ist möglicherweise nur eine niedrigere Dosis
erforderlich (z.B. 1 g Omega-3-Fettsäuren/Tag), da man in erster Linie versucht,
die Zellen daran zu hindern, übermässig
aktiv zu werden.
14
Kongress Berlin, 17.3.2007 | © ENA
Ihre Anmerkungen dazu, welche Bedeutung und welche Wirkungen während
einer Schwangerschaft eingenommene
Omega-3-Fettsäuren auf das Immunsystem des ungeborenen Kindes haben,
waren ebenfalls sehr interessant. Sollte
dies nicht Teil der Grundprinzipien für
die Ernährung während der Schwan-
Prof. Philip Calder
gerschaft werden bzw. in die Ernährungsrichtlinien für schwangere Frauen
einbezogen werden?
Wir wissen, dass Omega-3-Fettsäuren,
vor allem DHA, von entscheidender Bedeutung für die Entwicklung von Auge
und Gehirn sind. Für Frühgeburten enthält die künstliche Säuglingsnahrung
bereits DHA, da man erkannt hat, dass
bei Frühgeborenen die Entwicklung von
Augen und Gehirn etwas zurückgeblieben sein kann. Aber auch die termingerecht geborenen Säuglinge benötigen offensichtlich DHA für Auge und
Gehirn, und sie erhalten es von ihren
Müttern noch vor der Geburt oder aus
der Muttermilch oder aus der Säuglingsnahrung. Ich denke jedoch, dass
sich zunehmend die Erkenntnis durchsetzt, dass diese Fettsäuren ein weitaus breiteres Spektrum von Wirkungen
aufweisen. Wenn sie tatsächlich eine
Rolle bei der Entwicklung des Immunsystems spielen, damit dies im späteren
Leben besser funktioniert, dann haben
Sie möglicherweise recht, dass der
Zeitpunkt kommt, zu dem man schwangeren Frauen die Zufuhr von Omega3-Fettsäuren empfehlen muss. Im Augenblick überzeugt die vorliegende
Evidenz nicht ausreichend, um solche
Empfehlungen zu geben. Dafür muss
erst eine wissenschaftliche Grundlage
geschaffen werden.
Fische gehören wahrscheinlich bald zu
den vom Aussterben bedrohten Spezies. Gibt es andere Quellen für Omega-3-Fettsäuren als den Konsum von
fetthaltigem Fisch?
Langkettige Omega-3-Fettsäuren finden sich in allen Meeresfrüchten, besonders reichhaltig jedoch in fetthaltigem Fisch. Eine weitere Quelle sind
Algen. Die Säuglingsnahrungsindustrie,
die Säuglingsnahrung mit DHA anreichert, verwendet Algen-DHA. Die Alge
produziert tatsächlich DHA, aber keine
grossen Mengen an EPA. Wenn DHA
die wichtige Fettsäure ist, dann gibt es
bereits Algenöle, die es liefern können.
Wenn andererseits EPA die wichtige
Fettsäure ist, dann muss man eine andere Algenart finden. Ich denke, dies
ist die Hauptstrategie. Die andere Strategie besteht darin, pflanzliche AlphaLinolensäure als Ersatz zu nutzen. Dabei
ist erforderlich, dass der Körper alphaLinolensäure zu EPA verstoffwechselt.
Dieser Prozess findet tatsächlich statt,
wird jedoch verstärkt, wenn man die
Zufuhr von Linolsäure gleichzeitig reduziert. Der Grund hierfür liegt darin,
dass Linolsäure und alpha-Linolensäure
in Stoffwechselkonkurrenz stehen. Eine
der Schwierigkeiten besteht darin, dass
Linolsäure auch aus billigen Pflanzenölen stammt, die in der Nahrungsmittelindustrie häufig verwendet werden.
Viele Nahrungsmittel, die Fett enthalten, wie Gebäck, Kekse oder Kuchen,
werden mit Pflanzenölen hergestellt, da
diese billig sind.
Die rheumatoide Erkrankung wird auch
den Autoimmunkrankheiten zugeordnet. Sind Omega-3-Fettsäuren auch gegen Autoimmunkrankheiten wirksam?
Was heute klar geworden ist: Die Entzündung wird über das Immunsystem
vermittelt, und bei diesen Erkrankungen
liegt offensichtlich eine Komponente
vor, bei der die Entzündung überaktiv
geworden ist. Dies wird jedoch teilweise
über das zellvermittelte Immunsystem
gesteuert, das sich ebenfalls abnorm
verhält. Es kommt also zur Präsentation
von Autoantigenen und zur Produktion
von Autoantikörpern. Das ist die Autoimmunkomponente. Ich denke, die
Omega-3-Fettsäuren sind wahrscheinlich aktiver, was den entzündlichen
Aspekt als was diesen rein immunologischen Aspekt betrifft.
Interview with
Prof. Philip Calder
Professor Calder, you showed very
impressive study results with omega3-fatty acids concerning inflammatory
diseases such as rheumatoid arthritis. Is
there a possibility to prevent or at least
delay the onset of such diseases by taking omega-3 fatty acids for people with
a certain genetic predisposition?
We can certainly not modify the genes.
But what these genes do is they promote the immunological abnormalities.
They drive the immune system along a
particular path which ultimately causes
destruction of the tissue. I think, by
modifying the cellular activities we may
be able to prevent or make the time longer until the disease becomes apparent.
But no one has investigated that yet. It is
also important to think about the dose
of omega-3s used. As you will have seen
from my talk, the doses that have been
used therapeutically are very high. But
these are doses used in people who already have established active disease.
So here you’re asking the fatty acids to
behave like a drug and you are requiring
a high dose to bring about the effect.
Prevention may require a lower dose
(e.g. 1 g omega-3 fatty acids/d) because
what you are trying to do is prevent the
cells from becoming excessively active
in the first place.
Your comments on the importance and
effects of omega-3 fatty acids taken
during pregnancy for the immune system of the unborn child were also very
interesting. Shouldn’t this form part of
the basic principles of nutrition during
pregnancy or be included in nutrition
guidelines for pregnant women?
One thing that we know is that omega-3
fatty acids, especially DHA, are vitally important for the development of eye and
brain. For preterm infants, the formulas
already contain DHA because it was recognized that if a baby is born preterm
it may suffer less well developed eyes
and brains. But obviously term infants
also need DHA for the eye and brain,
and they get it from their mother before
they are born, and after they are born
from the breast milk or the formulas. But
I think that it is becoming realized that
these fatty acids have a much more wide
range of activities. If they really do play a
role in setting up the immune system so
that it works better later on in life, then
may be you are right that we will come
to a time when we have to recommend
pregnant women to consume omega-3
fatty acids. Right now the evidence is
not strong enough to make such recommendations. We need to provide a
scientific basis for that first.
Fishes will probably soon belong to
the endangered species. Are there any
other sources of omega-3 fatty acids
than consuming oily fish?
Long chain omega-3 fatty acids are
found in all sea food but they are especially rich in oily fish. One other source
are algae. The infant formula industry
which puts DHA into infant formula uses algal DHA. The algae actually make
Cont. on page 16
Kongress Berlin, 17.3.2007 | © ENA
15
Cont. of page 15
DHA but they don’t make very much
EPA. If DHA is the important fatty acid,
then there are already algal oils that can
provide it. Alternatively if EPA is the important fatty acid we have to find some
other sort of algae. I think this is the
main strategy. The other strategy is to
use the plant alpha linolenic acid as a
substitute. What you are requiring here
is that the body converts alpha linolenic
acid to EPA through its own metabolism. That process does occur but it is
enhanced if you lower the linoleic acid
intake at the same time. The reason for
that is that linoleic acid and alpha linolenic acid are competing with one another
for metabolism. One of the difficulties is
that linoleic acid also comes from cheap
plant oils which are used very widely in
the food industry. Lots of things that
contain fat like pastries, cookies or cakes
are made using vegetable oils because
they are cheap.
Rheumatoid diseases are also said to
be autoimmune diseases. Are omega-3
fatty acids also effective against autoimmundiseases?
One of the things that comes out from
today is that inflammation is part of normal immune system activity and in these
diseases obviously there is a component
where inflammation has become overactive. But that is driven in part by the
cell mediated immune system also behaving abnormally. So you get presentation of selfantigens and production of
autoantibodies. That is the autoimmune
component. I think the omega-3 fatty
acids are probably more active in the
inflammatory side than in this true immunological side.
16
Kongress Berlin, 17.3.2007 | © ENA
Nutrazeutika in der Arztpraxis –
Möglichkeiten und Grenzen
Medizinrechtliche Besonderheiten in Deutschland
«Obwohl die Bedeutung von Nutrazeutika in Prävention und Therapiebegleitung wissenschaftlich immer besser
belegt ist, gibt es berufsrechtliche Hürden für einen Arzt in Deutschland, wenn
er seinen Patienten solche Produkte
empfiehlt», erklärt der Vorsitzende dieser Sitzung, Dr. Peter Prock, einleitend.
«In der derzeitigen Situation werden
dem Arzt in Deutschland dabei a priori merkantile Interessen unterschoben,
die das Vertrauen des Patienten untergraben würden. Vergessen wird dabei,
dass jeder Arzt bereits heute ständig
Dienstleistungen empfiehlt, an denen
er merkantile Vorteile hat, so zum Beispiel diagnostische und therapeutische
Massnahmen, von IGeL-Leistungen
ganz zu schweigen. Nur weil Nutrazeutika rechtlich als gewerbliche Produkte
definiert sind, wird in diesem Bereich
praktisch ein radikaler Strich gezogen.
Dies gilt es jedoch zu hinterfragen!», so
Prock weiter. Völlig zu verurteilen sei eine Quasi-Kriminalisierung, wie es zuletzt
vonseiten diverser Konsumentenschutzorganisationen in Deutschland geschehen sei. «Dies dient dem Patienten und
Konsumenten letztlich nicht wirklich!
Eine Klärung der Situation und eventuell Veränderungen in diesem Bereich
sind dringend notwendig», so Prock abschliessend, um zum letzten Vortrag des
Kongresses überzuleiten.
Rechtsanwältin Maria-Stephanie Buscher, Mainz-Finthen, informierte in
ihrem Vortrag über die berufs- und
steuerrechtlichen Besonderheiten, die
bei Einsatz von Nahrungsergänzungsmitteln zur Prophylaxe oder Therapie
in der ärztlichen Praxis eingehalten werden müssen. Möchte ein Arzt im Zusammenhang mit seiner ärztlichen Tätigkeit
Nahrungsergänzungsmittel einsetzen,
muss er besonders auf § 3 Abs. 2 der
Berufsordnung achten. Demnach ist es
Ärzten untersagt, in Zusammenhang
mit der Ausübung ihrer ärztlichen Tätigkeit Waren und andere Gegenstände
abzugeben oder unter ihrer Mitwirkung
abgeben zu lassen sowie gewerbliche
Dienstleistungen zu erbringen oder
erbringen zu lassen, soweit nicht die
Abgabe des Produkts oder die Dienstleistung wegen ihrer Besonderheiten
notwendiger Bestandteil der Therapie
sind. Diese Regelung dient der Trennung merkantiler Gesichtspunkte vom
Heilauftrag des Arztes, das heisst, der
Patient soll darauf vertrauen können,
dass der Arzt sich ausschliesslich von
therapeutischen Notwendigkeiten und
nicht von kommerziellen Interessen
leiten lässt, erklärte Buscher. Was aber
ist «notwendiger Bestandteil der Therapie»? Gemäss Rechtsprechung des
Bundesgerichtshofs von 2005, sei dieser Begriff grundsätzlich weit auszulegen. Hierbei ginge es vor allem darum,
langfristig negative Rückwirkungen auf
die medizinische Versorgung zu unterbinden und eine Kommerzialisierung
des Arztberufes zu verhindern. Auch
wenn der Patient den ausdrücklichen
Wunsch nach einem bestimmten Produkt äussert, ist darauf zu achten, dass
es «notwendiger Therapiebestandteil»
ist. Gewisse Ausnahmen sind gestattet (allerdings nur unter Einbezug von
Schulungen oder Einweisungsmassnahmen), für Nahrungsergänzungsmittel
ist die rechtliche Situation jedoch nicht
ausdrücklich geklärt. Ob Nahrungsergänzungsmittel auch als «notwendige
Therapiebestandteile» gelten können,
wird pauschal nicht zu begründen sein,
im Einzelfall kann es dagegen möglich
sein – immer vorausgesetzt, es handelt
sich um eine therapeutische und nicht
etwa um eine prophylaktische Massnahme. Fazit ist, dass man bei der Abgabe
von Nahrungsergänzungsmitteln in der
Arztpraxis zurückhaltend sein sollte.
«Kommt man jedoch im Einzelfall zu
der Auffassung, dass die Abgabe eine
Therapiemassnahme ist, sollte man dies
sorgfältig dokumentieren», rät die Anwältin.
Im Übrigen darf der Arzt einem Patienten
auch nicht ohne weiteres ein bestimmtes
Produkt oder einen bestimmten Anbieter empfehlen. Solche Empfehlungen
dürfen gemäss Berufsordnung (§ 34
Abs. 5) nur bei hinreichendem Grund
gegeben werden. «Hinreichende Gründe» sind gemäss Rechtsprechung des
OLG Celle (Dezember 2006; noch nicht
rechtskräftig): die Qualität des Produktes, das Vermeiden von Wegen bei
Gehbehinderten, schlechte Erfahrungen
mit anderen Anbietern, ein fachlich oder
wirtschaftlich besseres Angebot. Liegen
solche besonderen Umstände vor, darf
der Arzt eine ausdrückliche Empfehlung
geben, sollte den Vorgang allerdings
dokumentieren. Ist dies nicht der Fall,
dürfen auf Nachfrage des Patienten eine Produktepalette oder eine Auswahl
geeigneter Anbieter genannt werden,
gegebenenfalls auch der eigene Gesundheitsshop bzw. dessen Produkte.
Die freie Entscheidung des Patienten
muss jedoch ebenso erwähnt werden
wie die Tatsache, dass eine solche Leistung als Präventivmassnahme nicht von
der Krankenkasse übernommen wird.
Auch hier wird zu einer sorgfältigen
Dokumentation geraten.
Buscher verweist in diesem Zusammenhang auch darauf, dass ein neben
der Arztpraxis betriebener Gesundheitsshop wirtschaftlich, organisatorisch
und finanziell von der Arztpraxis getrennt und unabhängig sein muss, damit
eine «Infektion der über die Arztpraxis
erwirtschafteten Einkünfte mit der Gewerbesteuerpflicht» vermieden wird.
Nutraceuticals in medical practice –
opportunities and constraints
Peculiarities of the medicolegal situation
in Germany
In his introductory remarks, the Chairman of this session, Dr. Peter Prock
explained that, despite constant improvements in the scientific evidence
for the importance of nutraceuticals in
prevention and co-medication, when
recommending such products to his
or her patients, medical practitioners
in Germany face obstacles imposed by
their professional code of practice. In
the current situation, according to Dr.
Prock, doctors are imputed of putting
commercial interests first – which would
undermine patient trust. This ignores
the fact that nowadays, every doctor is
already continuously recommending
services in which he or she has a commercial interest, such as diagnostic and
therapeutic measures – to say nothing
of IGeL services. It is only because nutraceuticals are defined in legal terms as
commercial products, that in this area, a
more or less radical line is drawn. However, in Dr. Prock‘s view, this needs to
be closely examined. A quasi-criminalisation, such has recently occurred on
the part of various consumer protection
organisations in Germany, should be utterly condemned and would ultimately
prove a disservice to patients and consumers. Before handing over to the
next speaker, Dr. Prock concluded that
clarification of the situation and possible changes in this area are urgently
needed.
In her presentation, legal expert MariaStephanie Buscher, Mainz-Finthen, described the particular professional and
fiscal requirements to be observed in
a medical practice regarding the use
of food supplements for prevention
or treatment. If a medical practitioner
wishes to use a food supplement in con-
nection with his or her medical activities, then particular attention must be
paid to Section 3 Subsection 2 of the
Professional Code. This forbids doctors
to supply goods or other items associated with the exercise of their professional activities or to allow them to be
supplied under their cooperation, or to
provide commercial services or allow
them to be provided unless the delivery of the product or service is, due to
their particular nature, a necessary element of the treatment. The purpose
of this rule is to separate commercial
aspects from the doctor‘s task of healing, i.e. the patient should be confident
that the doctor is motivated exclusively
by therapeutic needs and not by commercial interests. But what constitutes a
“necessary element of the treatment”?
In its judgement of 2005, the Federal
Constitutional Court stated that this
term is to be interpreted widely. The
main concern here is to stop long-term
negative consequences on medical care
and prevent commercialisation of the
medical profession. Even if the patient
voices the express wish for a particular
product, care must be taken to ensure
that it is a “necessary element of treatment”. Certain exceptions are allowed
(however only on the inclusion of training
or introductory measures), but the legal
situation of nutritional supplements is
far from clear. As a group, they cannot
be flatly regarded as a “necessary element of treatment”, but it may however
be possible in an individual case – always provided it is a therapeutic and
not a preventative measure. The upshot
is that one should always approach the
Cont. on page 18
Kongress Berlin, 17.3.2007 | © ENA
17
Cont. of page 17
Interview mit Maria-Stephanie Buscher
subject of nutritional supplements in
medical practice with caution. However,
if in a particular case, one believes that
the provision is a therapeutic measure,
then this should be documented carefully, advised the lawyer.
In addition, the doctor may also not
just recommend a certain product or
a particular service provider. According
to the professional code (Section 34
Subsection 5), such recommendations
should be given only where there is adequate reason. “Adequate reasons” are,
according to the judgement of the OLG
(Higher Regional Court) Celle (December 2006; not yet final): the quality of the
product, or the patient’s access to the
distribution channel, bad experiences
with other service providers, a professionally or economically better offer. If
such special circumstances are present,
the doctor may give an express recommendation, but must document the
process. If this is not the case, then at
the patient‘s request, a range of products or a selection of suitable service
providers may be named, if applicable,
also the practice‘s own health shop or
its products. However, the patient’s free
decision must also be mentioned as well
as the fact that, as a preventive measure, such a service is not paid for by
the health insurance schemes. Here too,
careful documentation is advised.
Mrs Buscher also pointed out here that
a health shop adjacent to a medical
practice must be economically, organisationally and financially separate from
the medical practice, and independent
so that “an infection of the income generated from the practice with the business tax liability” is avoided. Accordingly, the products of the health shop
must also be stored separately from the
usual necessities of a medical practice.
Frau Buscher, Sie haben zwei Grund- Bestandteil der ärztlichen Therapie. Es
voraussetzungen genannt, die für die handelt sich dabei natürlich um EinzelAbgabe bzw. Empfehlung eines Nah- fallentscheidungen. Gerade im Bereich
rungsergänzungsmittels in der ärzt- der Nahrungsergänzungsmittel, deren
lichen Praxis in Deutschland erfüllt Einsatz ja von der Schulmedizin nicht
sein müssen: Im Falle der Abgabe eines klar definiert worden ist, empfiehlt es
Nahrungsergänzungsmittels muss die sich, in jedem Einzelfall gründlich zu doAbgabe ein notwendiger Bestandteil kumentieren, warum hier die therapeuder ärztlichen Therapie sein. Im Falle tische Notwendigkeit gegeben ist.
der Empfehlung eines
Wie ist das mit ProNahrungsergänzungsdukten, die der Arzt in
mittels in der ärztder Praxis abgibt?
lichen Praxis muss ein
Alles, was der Arzt in der
hinreichender Grund
Praxis abgibt, muss sich
existieren, damit ein
an § 3 Abs. 2 der Berufsbestimmtes Produkt
ordnung messen lassen.
bzw. ein bestimmter
Diese Regelungen der
Hersteller empfohlen
Berufsordnung sollen
werden darf. Besteht
verhindern, dass der
hier nicht die Gefahr,
Arztberuf kommerziadass jeder Arzt, der
lisiert und der Ruf des
sich darauf einlässt, ein
Arztes geschädigt wird.
bestimmtes NutrazeutiAus diesem Grund sollte
kum zu empfehlen bzw.
RA Maria-Stephanie Buscher
der Arzt also einen Gees aus seiner Schublade
sundheitsshop in getrennten Räumen
holt, prinzipiell angreifbar wird?
Das stimmt so nicht ganz. Der BGH hat betreiben, sofern es sich bei der Abgabe
ja in seinem Urteil (in dem es übrigens des Produktes nicht um einen notwenum Diabetesteststreifen ging) darge- digen Bestandteil der Therapie handelt.
legt, dass es nicht Sinn dieses § 3 Abs. Betreibt der Arzt einen Gesundheitsshop
2 der Berufsordnung ist, die ärztliche in getrennten Räumen, bleibt nur noch
Therapiefreiheit einzuschränken und die Frage, inwieweit er als Arzt auf diedurch die Ärztekammer kontrollierbar sen Gesundheitsshop verweisen darf
zu machen. Es ist nach wie vor Sache oder inwieweit er sich in seiner Tätigkeit
jedes Arztes, selbst zu entscheiden, in diesem Gesundheitsshop darauf bewie er therapiert. Allerdings ist der Arzt ziehen darf, dass er ja als Arzt die nötige
natürlich immer auf der sicheren Seite, Kompetenz hat.
wenn er sich einfach an die anerkannte Auf einen Gesundheitsshop verweisen
Schulmedizin hält. Hat er begründete darf der Arzt nach der neuen EntscheiAnhaltspunkte, beispielsweise durch dung des Oberlandesgericht Celle,
seine eigene Berufserfahrung und in wenn ein hinreichender Grund vorliegt,
diesem Zusammenhang auch gute Er- der nicht medizinischer Natur sein muss,
fahrungen durch die Behandlung ande- sondern sich auch auf die Qualität der
rer Patienten, dann kann er durchaus Versorgung, schlechte Erfahrungen mit
sagen: Im Rahmen meiner Therapiefrei- anderen Anbietern oder die Erreichbarheit ist die Abgabe eines Nahrungs- keit des Versorgungsweges durch den
ergänzungsmittels hier ein notwendiger Patienten beziehen kann.
18
Kongress Berlin, 17.3.2007 | © ENA
Das wäre doch sicher einfacher, wenn er
zusätzlich die Rolle eines Gesundheitscoachs übernehmen würde, der nicht
nur für die Therapie, sondern auch für
die Prävention von Erkrankungen, beispielsweise durch die richtige Ernährung, zuständig wäre?
Das ist richtig. Ein Arzt geniesst hohes
Ansehen bei den Patienten, wobei sicher nicht alle diesem Ansehen in ihrer
Kompetenz gerecht werden, weil Bereiche wie die Humanernährung noch
gar nicht umfassend Teil der Ausbildung
sind. Wenn ein Arzt sich in dieser Disziplin aber fortbildet und weitere Fachkompetenz erwirbt, dann ist das für
den Patienten die beste Möglichkeit,
um gesundheitlich rundum gut versorgt
zu werden. Zudem lässt sich dann für
den Arzt auch die therapeutische Notwendigkeit der Produktabgabe klar begründen.
Interview with
Maria-Stephanie Buscher
Ms Buscher, regarding the situation in
Germany: you mentioned two essential conditions which must be fulfilled
before dispensing or recommending
a nutritional supplement in medical
practice: on the one hand, taking the
supplement must be a vital element
of the treatment and, on the other,
there must be an adequate reason for
recommending a particular product
or a certain manufacturer. Is there not
the danger here that any doctor who
agrees to recommend a certain nutraceutical, or fetches it out of his drawer,
is principally open to attack?
That is not quite correct. In its verdict
(which incidentally concerned diabetes
test strips), the Federal High Court of
Justice explained that the purpose of
Section 3, Subsection 2 of the Professional Code is not to limit the doctor’s
liberty to practice medicine as he sees
fit or to subject him to checks by the
Medical Council. It is still very much up
to the doctor to decide how to treat a
patient. However, the doctor is always
on the safe side of course if he simply
practices orthodox medicine. Alternatively, if he has well-founded evidence,
for example by virtue of his own professional experience and patients have
also reported good experience, then
he certainly has the right to say: use
of a nutritional supplement is a necessary element of the medical treatment within the context of my liberty
to practice medicine. Of course, these
decisions have to be made on a caseto-case basis. Particularly in the area of
nutritional supplements – which have
not been clearly defined by orthodox
medicine – it is advisable to document
every single case thoroughly as to why
these are required for treatment.
What is the situation concerning products which the doctor dispenses at his
surgery?
The same again. Everything that the
doctor dispenses at his surgery must
comply with Section 3, Subsection 2 of
the Professional Code. These provisions
of the Professional Code are to prevent
commercialisation of the medical profession and damage to doctors’ reputations. For this reason, the doctor should
run a health shop in separate rooms.
The only remaining question then is to
what extent he refers his patients to this
health shop as a doctor, or to what extent he bases his activities in the health
shop on the fact that he is a doctor.
Surely it would be simpler if he could
take on the additional role of a health
coach who would not only be responsible for treatment, but also for the
prevention of diseases, for example by
advising on the correct diet?
You are quite right. A doctor enjoys high
esteem among his patients – although
the doctor’s competence does not always match his reputation because subjects such as human nutrition are not
part of medical studies. However, if a
doctor undergoes further training and
gains further expertise in this field, this
is the best possible opportunity for the
patient to be provided with all-round
care – and the therapeutic necessity is
also clearly justified as well.
Kongress Berlin, 17.3.2007 | © ENA
19
Wer ist die ENA?
Who is the ENA?
Die European Nutraceutical Association
(ENA) ist eine Fachgesellschaft, die sich
die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit Nahrungsergänzungsmitteln
zur Aufgabe gemacht hat.
Nahrungsergänzungsmittel werden
heute in Fachkreisen intensiv diskutiert.
Die ENA möchte dazu beitragen, eine
Beurteilung dieser Produktgruppe auf
der Grundlage von wissenschaftlichen
Kriterien zu ermöglichen.
Zu den zentralen Anliegen der ENA zählen daher die Durchführung von Fachtagungen und Fortbildungsveranstaltungen für Gesundheitsfachleute, die
Herausgabe eines wissenschaftlichen
Periodikums, die Förderung und Initiierung von Forschungsprojekten auf dem
Gebiet der Nutrazeutika und die Vergabe von Forschungspreisen.
Die ENA versteht sich als Partnergesellschaft zur American Nutraceutical
Association (ANA), die 1997 gegründet
wurde und die das gemeinsame Anliegen bereits vorbildlich umgesetzt hat.
Durch die enge Zusammenarbeit mit
der ANA soll das durch jahrelange, intensive Aktivitäten entstandene Wissen
auch in Europa zur Verfügung gestellt
werden.
The European Nutraceutical Association
(ENA) is a specialist association devoted
to creating a scientific platform for nutritional supplements.
Today nutritional supplements are discussed intensively among experts. The
ENA would like to contribute to this
by enabling a scientific-criteria-based
evaluation of this product group. The
central concerns of the ENA include the
organization of conferences and continuing education courses for health
care experts, the publication of a scientific periodical, the promotion and
initiation of research projects in the nutraceutical field, and the awarding of
research prizes.
The ENA considers itself as a partner association of the American Nutraceutical
Association (ANA), which was founded
in 1997, and which has already put into action the common concerns in an
exemplary manner. Close cooperation
with the ANA should enable the knowledge resulting from years of intensive
activities to be made available in Europe as well.
Impressum / Imprint
Herausgeber / Editor:
Werden Sie Mitglied
der ENA
Become a member
of the ENA
European Nutraceutical Association,
Centralbahnstr. 7, CH-4010 Basel, Switzerland
Tel. +49 351 410 66 88, Fax +49 351 410 67 67
E-Mail: [email protected], www.enaonline.org
Die European Nutraceutical Association
(ENA) ist offen für Fachleute, die sich in
Theorie und Praxis mit der Ernährung
in Prävention und Therapie auseinandersetzen.
The European Nutraceutical Association (ENA) is open to specialists working
in the field of the theory and practice of
nutrition in the prevention and therapy
of diseases.
Weitere Informationen über die ENA
und die Mitgliedschaft unter:
www.enaonline.org
For further information about the ENA
and membership see:
www.enaonline.org
Dr. Peter Prock (ViSdP)
Text + Redaktion / Editorial journalist:
Dr. Claudia Reinke
Verlag / Publisher:
Schaffhauserstr. 12, CH-8212 Neuhausen a. Rhf.
E-Mail: [email protected], www.rosenfluh.ch
Mit freundlicher Unterstützung von
20
Kongress Berlin, 17.3.2007 | © ENA
300060GR/04.07/092/10‘d
Rosenfluh Publikationen AG