Barrierefreie Zugänge in Brandschutzabschnitten
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Barrierefreie Zugänge in Brandschutzabschnitten
TRENDS Barrierefreie Zugänge in Brandschutzabschnitten Fotos: DORMA Foto: ????? Barrierefreiheit: Türen stellen im Alltag oft eine Barriere für schutzbedürftige Personen wie Kinder, ältere Menschen oder Menschen mit körperlichen Einschränkungen dar. Auch sie müssen sich in öffentlichen oder privaten Gebäuden frei bewegen und diese auch ungehindert betreten und verlassen können. Der folgende Beitrag beschreibt, wie barrierefreies Bauen mit dem Brandschutz in Einklang gebracht werden kann. André Hugendick Abb. 1: Drehflügeltürantriebe öffnen in der täglichen Nutzung die Türen automatisch und sichern den kontrollierten Schließablauf. D ass Brandschutz in Gebäuden in der Vergangenheit häufig eine eingeschränkte Barrierefreiheit bedingte, liegt an den seit langen Jahren gültigen Brandschutzbestimmungen für die zu verwendenden Feuer- und Rauchschutztüren. Für diese gilt grundsätzlich, dass sie selbstschließend sein müssen, damit im Brandfall das Eindringen von Rauch und Feuer verhindert wird. Dadurch werden solche Türen schnell zu Barrieren, weil Kinder, ältere oder behinderte Menschen häufig nicht die Kraft haben, schwere Brandschutztüren ohne fremde Hilfe zu öffnen. Personen, die Gehhilfen oder einen Rollstuhl brauchen, 20 Abb. 2: Türschließer aus der Serie TS 93 mit Easy-Open-Technologie ermöglichen mit ihren stark abfallenden Öffnungsmomenten eine leichte Türbegehung. sind hierdurch in ihrer Bewegungsfreiheit zusätzlich eingeschränkt. Grundlagen des Brandschutzes und Normenlage Die Normenreihe DIN 4102 ist in allen Bundesländern geltendes Baurecht für den vorbeugenden baulichen Brandschutz. Sie definiert Brandschutztüren und -tore als Feuerschutzabschlüsse, d. h. als selbstschließende Abschlüsse, die dazu bestimmt sind, den Durchtritt eines Feuers durch Öffnungen in Wänden zu verhindern. Üblicherweise werden in diesen Türen nach DIN EN 1154 zugelassene Türschließer eingesetzt. Oft werden diese Feuerschutzabschlüsse auch mit Feststellanlagen betrieben. Dies bedeutet, dass die jeweilige Tür für die tägliche Nutzung elektromagnetisch offen gehalten wird. Im Brandfall schließt sie jedoch selbsttätig über eine zugelassene Auslösevorrichtung, die von einem eigensicheren Brandmelder angesteuert wird. Rauchschutztüren müssen gemäß DIN 18095 ebenfalls selbstschließend sein. Als geeignete Schließmittel, die Türen selbsttätig schließen, gelten i.d.R. Türschließer und immer häufiger auch Drehflügeltürantriebe (s. Abbildung 1), die nach folgenden Normen/Richtlinien zertifiziert sind: FeuerTRUTZ Spezial Feuerschutzabschlüsse 2013 TRENDS Gemäß MBO müssen Feuerschutzabschlüsse selbstschließend sein. Dies wird in den Zulassungsverfahren des DIBt entsprechend geprüft. DIN EN 1154 thematisiert Türschließmittel mit kontrolliertem Schließablauf. Die Berechnung des erforderlichen Schließmoments ist hier definiert. Im Kern heißt es: Je breiter und schwerer eine Tür ist, desto höher ist das erforderliche Schließmoment und damit auch die aufzubringende Öffnungskraft. DIN EN 14637 behandelt elektrisch gesteuerte Feststellanlagen für Feuer-/ Rauchschutztüren. Sie ist seit Januar 2009 Bestandteil der Bauregelliste A Teil 1. DIN 18263-4 behandelt Türschließer mit hydraulischer Dämpfung, speziell Türschließer mit Öffnungsautomatik (Drehflügeltürantriebe). Drehflügeltürantriebe sichern einerseits den kontrollierten Schließablauf, andererseits öffnen sie in der täglichen Nutzung Türen automatisch. Nach Auslösen der Feststellung wird der Antrieb stromlos und öffnet die Türen nicht mehr automatisch. Sie sind dann schwergängiger zu handhaben. Wie die meisten anderen Normen rund um den Brandschutz behandelt auch die DIN EN 14637 größtenteils die Funktion einer elektrisch gesteuerten Feststellanlage mit Türschließern und automatischen Türantrieben. Bei Feststellanlagen mit automatischen Drehflügeltürantrieben müssen bei einem Feuer oder bei Störungen die Einleitung der automatischen Öffnung der Tür durch elektrisch wirkende Schutzeinrichtungen oder automatische Impulsgeber sowie jegliche Feststell- und Schließverzögerungsfunktionen eines automatischen Türantriebs abgeschaltet werden (DIN EN 14637 5.5.4). Antriebssysteme für automatische Feuer-/ Rauchschutztürsysteme (automatische Türantriebe) dürfen die wesentliche Feuerschutzfunktion und/oder Rauchschutzeigenschaft einer Türanlage nicht beeinträchtigen. Abb. 3: Großzügige Barrierefreiheit bieten Drehflügeltürantriebe an Doppelflügeltüren. erfasst, sondern werden nach DIN 18040 und DIN SPEC 1104 ab Schließergröße EN 3 für barrierefreie Türen empfohlen. Freilauftürschließer, wie z. B. Türschließmittel mit elektrisch betriebener Feststellvorrichtung und Freilaufgestänge, dürfen dort eingesetzt werden, wo Feuer-/Rauchschutztüren frei beweglich bleiben müssen – in der Funktion vergleichbar mit Türen ohne Türschließer. Eine konstante Feststellung der Tür ist also nicht möglich (DIN EN 14637, A.4.2.5). Niedrigenergie-Antriebe/kraftunterstützte Antriebe dürfen, wenn sie nicht als Feststellanlage geplant sind, die kraftunterstützte Öffnungsfunktion dieser Geräte im Brandfall nicht unterbrechen oder automatisch abschalten, damit der erleichterte Ausgang für die Gebäudebenutzer so lange wie möglich erhalten bleibt. Aus diesem Grund werden derartige Geräte nicht als Komponenten einer Feststellanlage angesehen. Die Funktion muss in der Installationsanleitung deutlich angegeben sein, ❯❯ Barrierefreie Begehung bei vollem Brandschutz Mit der DIN EN 14637 kann erstmals aus einer Norm heraus das Thema barrierefreies Bauen mit Brandschutz in Einklang gebracht werden. So sind z. B. Türschließer mit Freilauffunktion nicht nur in der DIN EN 14637 FeuerTRUTZ Spezial Feuerschutzabschlüsse 2013 Ob in schmalen oder breiten Durchgängen: Mit der richtigen Türausrüstung sind Brandschutz und Barrierefreiheit kein Widerspruch. 21 Trends Abb. 6: Für Bereiche, in denen ein leichtes Begehen der Tür ermöglicht werden soll und große Türbreiten mit hohem Gewicht bewegt werden müssen, ist der Türschließer ITS 96 FL geeignet. Seine Freilauffunktion bietet ab einem Türöffnungswinkel von >0 Grad ein nahezu widerstandsloses Begehen von Brandschutztüren. so dass der Gebrauch jeglicher elektrisch wirkender Schutzeinrichtungen und/oder automatischer Impulsgeber ausgeschlossen ist (DIN EN 14637 5.5.5). Solche Türen können also manuell geöffnet und leicht begangen werden, wobei der Niedrigenergieantrieb die Öffnung unterstützt und der eingebaute Türschließer im Antriebssystem sicherstellt, dass die Tür nach den Brandschutzbestimmungen selbstschließend bleibt. Mit Aufnahme der DIN EN 14637 in die Bauregelliste wird normenseitig explizit auf ein leichtes Begehen von Brandschutztüren hingewiesen. Barrierefrei Bauen ist eine gesellschaftliche Verantwortung für alle. Vorausschauend geplante Gebäude stehen allen Menschen offen und sind damit für jedermann nutzbar – ohne fremde Hilfe und Einschränkung. Die festgelegten Normen und Standards sind für barrierefreies Bauen eine wichtige Basis. Die Teile 1 (öffentlich zugängliche Gebäude) und 2 (Wohnungen) der DIN 18040 beschreiben insbesondere die Anforderungen für Türen. Lösungen für die Praxis Durch frühzeitige Zusammenarbeit der Planer und Architekten mit Experten und Herstellern kann der Konflikt zwischen Brandschutz und Barrierefreiheit für viele Situationen schon frühzeitig gelöst werden. Besonders hilfreich sind Produktlösungen, die den kombinierten Anforderungen an Brandschutz und Barrierefreiheit in ansprechendem Design begegnen. Türschließer mit einem stark abfallenden Öffnungsmoment (z. B. DORMA TS 93 mit Easy Open Technologie – s. Abbildung 2) ermöglichen eine leichte Türbegehung nach DIN 18040 und DIN SPEC1104. Türschließer mit einer Freilauffunktion erlauben bereits ab 0°-Türöffnungswinkel ein nahezu widerstandsloses Begehen von Türen. Wenn die Brandschutzbestimmungen für Türen bis 1400 mm Türblattbreite nach den Richtlinien für Feststellanlagen und Literatur DIN 4102 „Brandverhalten von Baustoffen und Bauteilen“ (Normenreihe) DIN 18095 „Türen; Rauchschutztüren“ (Normenreihe) DIN EN 1154 „Türschließmittel mit kontrolliertem Schließablauf“ DIN EN 14637 „Schlösser und Baubeschläge – Elektrisch gesteuerte Feststellanlagen für Feuer-/ Rauchschutztüren“ – Anforderungen, Prüfverfahren, Anwendung und Wartung“ DIN 18263-4 „Schlösser und Baubeschläge – Türschließer mit hydraulischer Dämpfung – Teil 4: Türschließer mit Öffnungsautomatik (Drehflügelantrieb)“ DIN 18040 „Barrierefreies Bauen – Planungsgrundlagen – Teil 1: Öffentlich zugängliche Gebäude; Teil 2: Wohnungen“ DIN SPEC 1104 „Schlösser und Baubeschläge – Türbeschläge zur Nutzung durch Kinder, ältere und behinderte Personen in privaten und öffentlichen Gebäuden – Ein Leitfaden für Planer“ 22 DIN 18263-4 erfüllt werden, können auch Drehflügeltürantriebe (z. B. DORMA ED 100 / ED 250) als zugelassene Feststellanlage an Feuer- und Rauchschutztüren eingesetzt werden. Im Türschließer-Modus sind diese Drehflügeltürantriebe dann für die manuelle Bedienung optimiert. Die DORMA Power-Assist-Funktion unterstützt zusätzlich das Öffnen der Tür von Hand. Mit dieser Funktion kann die Drehflügeltür in allen vorgesehenen Größen barrierefrei nach DIN 18040 und DIN SPEC 1104 begangen werden. Mittels Taster kann die Tür im Türschließer-Modus außerdem vollautomatisch geöffnet werden. Eine Weiterentwicklung der Servo-Unterstützung für Drehflügeltüren (z. B. bei ED 100 / ED 250) zielt auf die Individualität der Nutzer hin. Hier wird die aufgewendete Kraft erkannt und die notwendige Unterstützung entsprechend angepasst. Jeder Nutzer hat somit das positive Gefühl, die Tür leicht begehen zu können. Um im Brandfall diese Funktion weiter nutzen zu können, werden z. B. die Drehflügeltürantriebe ED 100 / ED 250 nach DIN EN 14637 vorbereitet, so dass sie die kraftunterstützte Öffnungsfunktion im Brandfall nicht unterbrechen oder automatisch abschalten. Damit bleibt der erleichterte Ausgang für die Gebäudebenutzer erhalten. Wenn Türen nicht automatisiert werden sollen, können Türschließer mit Freilauffunktion (z. B. DORMA TS 99 FL / TS 99 FLR) oder entsprechende integrierte Türschließer (z. B. DORMA ITS 96 FL) den barrierefreien Durchgang einer Feuer- und Rauchschutztür ermöglichen. Schließer mit Freilauffunktion sind somit gleichzeitig für das Barrierefreie Bauen und für den vorbeugenden Brandschutz geeignet. ■ Schlagworte für das Online-Archiv unter www.feuertrutz.de Barrierefreiheit, Brandschutztüren Autor André Hugendick Product Marketing Manager bei DORMA Automatic GmbH + Co. KG Ennepetal; Fachgebiete: automatische Türsysteme, Türlösungen, Brandschutz sowie barrierefreies Bauen FeuerTRUTZ Spezial Feuerschutzabschlüsse 2013