Abschlussbericht

Transcrição

Abschlussbericht
Abschlussbericht
Auftragnehmer: Fraunhofer IWM
Auftragsbezeichnung:
Kennzeichen: 2-4332.62-IWM/6
Entwicklung abriebtoleranter Multilayer-DLC-Schichten für
den
Maschinen- und Werkzeugbau" (AT-DLC)
Auftraggeber:
Wirtschaftsministerium Baden-Württemberg (WM)
Postfach 10 34 51
70029 Stuttgart
(Theodor-Heuss-Str. 4, 70174 Stuttgart)
Programm:
Verbundvorhaben:
Projekt der Landesstiftung Baden-Württemberg GmbH im
Rahmen der „Zukunftsoffensive IV Innovation und Exzellenz“:
Laufzeit des Auftrags:
Berichtszeitraum:
1
01.01.2008 bis 31.12.2010
01.01.2008 – 31.12.2010
Zielsetzung
Die Kombination aus niedrigem Reibwert, niedrigem Verschleiß und hoher Haftfestigkeit
auch in Gegenwart von Verschleißprodukten oder Fremdteilchen soll in diesem Projekt
über einen Schichtaufbau mit vielen, zum Teil nanoskaligen Zwischenschichten erreicht
werden, wie er schon von kristallinen Hartstoffschichten bekannt ist.
In diesem Projekt sollen Multilayer-DLC-Schichten auf Basis von Fe, Si, B, SiOx und (amorphen bzw. hexagonalem) BN entwickelt werden. Diese sollen die positiven DLCEigenschaften (niedriger Reibwert, hohe Verschleißfestigkeit) mit den positiven Eigenschaften der jeweiligen Zwischenschichten kombinieren. So soll die Verschleißfestigkeit und die
Temperaturbeständigkeit durch Einbringung von hochverschleißfesten (amorphen bzw.
hexagonalen) Bornitrid-Layern erhöht werden. Silizium dotierte DLC-Interlayer sollen als
Rissstoppschichten die Haft- und Überrollfestigkeit erhöhen, da Si-dotierte DLC-Layer eine
deutlich höhere Risszähigkeit als undotiertes DLC besitzen. Zusätzlich bilden SiliciumoxidInterlayer thermische und elektrische Barriereschichten. Die Reduktion der Druckeigenspannungen erfolgt durch einen Kombination von DLC-Layern mit höheren (gute tribologische Eigenschaften) und niedrigeren Druckeigenspannungen (weniger gute tribologische
Eigenschaften), so dass die Belastung des Interfaces deutlich reduziert wird.
2
Arbeiten und Ergebnisse im Berichtszeitraum
Für den Berichtszeitraum wurden entsprechend des Arbeitsplans folgende Arbeitspakete
bearbeitet:
AP 1: Beschichtungstechnologie
AP 2: Schichtcharakterisierung
AP 3: Musterteilbeschichtung
AP 4: Musterteilprüfung
AP 5: Schichtoptimierung
AP 6: Modellbildung, Simulation
Die mit Beginn des Projekts aufgetretenen Verzögerungen entstanden hauptsächlich durch
Verzögerungen im Aufbau einer Siliziumquelle (Silanverdampfer) aufgrund der strengen
Gefahrstoffverordnungen. Ein für dieses Projekt wesentlicher Typ von Multilagenschichten
konnte daher erst mit etwas Verspätung hergestellt werden. Auf die Art und die Form der
Arbeitspakete und die Meilensteinplanung hatte dies inhaltlich aber keine Auswirkungen..
Nach Anpassung des zeitlichen Ablaufs wurden alle Arbeitspakete erfolgreich und letztendlich auch planmäßig abgeschlossen.
2
Arbeitsplan des Gesamtvorhabens
Jahr 1
AP
Q1 Q2 Q3 Q4 Q1 Q2 Q3 Q4 Q1 Q2 Q3 Q4
1
1.1
1.2
1.3
2
2.1
2.2
3
3.1
3.2
3.3
3.4
3.5
3.6
4
4.1
4.2
4.3
4.4
4.5
5
5.1
5.2
6
6.1
6.2
7
7.1
7.2
Jahr 2
Jahr 3
Beschichtungstechnologie
Anpassung der Anlagentechnik
Anpassung der Gasaufbereitung
Schichtentwicklung Multilayer
Schichtcharakterisierung
Charakterisierung der Einzelschichten
Charakterisierung des Multilayer-Schichtsystems
Musterteilbeschichtung
Fertigung von Musterteilaufnahmen
Musterteilbeschichtung-G.A.S
Musterteilbeschichtung-Stepper
Musterteilbeschichtung-Mewatec
Musterteilbeschichtung-Lederle
Musterteilbeschichtung-Eckerle
Musterteilprüfung
Aufbau / Anpassung der Prüfstände
Definition Versuchsprogramm
Voruntersuchungen zur Verifizierung der
Schichteigenschaften
Durchführung der Versuche an den jeweiligen Musterteilen
Analyse von Musterteil- und Schichtverhalten
Schichtoptimierung
Auswahl der Schichttypen
Musterteilbeschichtung mit optimierten Schichten
Modellbildung, Simulation
Ermittlung der Schichtdaten
Simulation, Modellbildung
Projektleitung
Projektbegleitung
Dokumentation
Abb.1: Arbeitsplan, geändert
AP 1 - Beschichtungstechnologie:
Im Rahmen dieses Arbeitspakets wurden neuartige Plasma- und Gasführungssysteme erprobt. Diese wurden gebaut und anschließend in die IWM-Labor-PECVD-Anlage integriert.
Dieser Prozess war ein iterativer Vorgang, da die geänderten Anlagensysteme auf ihre Prozesstauglichkeit hin überprüft werden mussten. In Zusammenhang mit der durch sie erzeugten Schichtqualität wurden neue Lösungen erarbeitet und entsprechend der jeweils
herrschenden Randbedingungen für die IWM-Labor-PECVD-Anlage angepasst.
Aufgrund dieser besonderen Rahmenbedingungen welche die IWM-PACVD-Technologie
als eigenständige Technologie darstellt, konnte diese nicht zugekauft werden. Mit Beginn
dieses Projektes wurde eine induktive Quellenform favorisiert (Abb.2) und diese in die Anlagentechnik integriert.
3
Abb. 2: IWM-PECVD-Prototyp mit zweiter induktiv gekoppelter Plasmaquelle
Im Laufe des ersten Projektjahres stellten sich aber verschiedene Probleme bei der Anpassung der induktiv angekoppelten Plasmaquelle (ICP) heraus, so dass es als zu großes Risiko
für den Erfolg des Projekts erschien, ausschließlich diese Quellenform weiter zu verfolgen.
Bis zum Endes des ersten Projektjahres war ein symmetrischer Betrieb der ICP noch nicht
möglich. Dies hatte die unangenehme Begleiterscheinung, dass Teile des Prozessgasplasmas in den inerten Teil der Anlage gelangten und Diesen verschmutzten. Auch war die
zusätzlich im Prozessgasbereich generierte Plasmadichte nicht ausreichend hoch genug.
Trotz intensiver Arbeiten an dem dafür nötigen induktiven Übertrager konnten die Probleme nicht zufriedenstellend gelöst werden.
Daher wurde sich auf die Entwicklung einer mikrowellenbasierten Plasmaquelle konzentriert, welche als zusätzliche Plasmquelle zwischen dem Inert- und Reaktivgaskessel der
IWM-Laboranlage in das patentierte Anlagenkonzept integriert wurde.
Die Integration der neuen Plasmaquellentechnik in das Anlagenkonzept der IWM-PACVD
konnte erfolgreich abgeschlossen werden.
4
Abb 3: links: MW-Plasmaquelle; rechts: IWM-PECVD-Laboranlage
Um ein wichtiges Ziel der Qualitätssicherung zu erfüllen, sollte diese Anlagentechnik sich
weitestgehend selbstständig an die Plasmazustände anpassen. Zu diesem Zweck wurde ein
ECO-Tuner (automatischer Dreistifthohlleitertuner) beschafft. Dieser gewährleistet eine automatische Impendanzanpassung des Mikrowellenaplikators während des Plasmaprozesses.
Abb.4: ECO-Tuner zur automatischen Impendanzanpassung des Mikrowellenaplikators
Ein weiterer Arbeitsschwerpunkt galt der Installation der für den Multilagenschichtaufbau
notwendigen Precursor-Gase.
Zur Herstellung der Bornitrid-Zwischenschichten wurde der Precursor Borazin installiert. Der
Aufwand hierzu war beträchtlich, da Borazin temperaturempfindlich ist und sich unterhalb
einer Temperaturschwelle von 0°C zersetzt (Abb. 5).
5
Abb. 5: Installierte Gasversorgung für Borazin
Mit diesem borhaltigen Precursor und den vorhandenen Gasen (Edelgase, TMS, Toluol,
Acetylen, Wasserstoff,…) wurden Multilagenschichten erfolgreich hergestellt und untersucht.
Neben einfachen Schichtabfolgen wurden mit diesem Precursor komplexere bornitrid- und
kohlenstoffbasierte Multilagenschichtsysteme generiert.
Abb. 6: Mehrfach-Multilagen-Schichtsysteme:
Zur Herstellung kohlenstofffreier Zwischenschichten und Haftschichten aus Silizium, Siliziumnitrid (Six(H)Ny) wurde die Installation des Gases Silan notwendig. Die Installation dieser
Gasstrecke konnte erst Anfang 2009 in Betrieb genommen werden. Die Verzögerung ging
auf enge und strenge Auflagen bei den Sicherheitsbestimmungen zurück, welche beispielsweise die Installation eines Panzerschranks vorsahen.
6
-
Sicherheitsauflagen zur Handhabung und Nutzung von Silan als Beschichtungsprecursor erfüllt
-
Explosionsgeschützter Schrank für Silan Aufbewahrung installiert
-
Gasversorgung der Beschichtungsanlagen angepasst
Abb. 7: Installierte Gasversorgung für Silan:
Mit Hilfe dieser Maßnahmen konnten die im Projekt angestrebten Multilagenschichten mit
Si-Haftschichten, BN-Zwischenschichten und DLC-Funktionsschichten hergestellt werden.
Anschließend wurden zahlreiche Versuche durchgeführt, durch welche Schichtfolge, Materialdaten (Härte, E-Modul) und Schichtdicken variiert wurden.
Bild 7: Multilayerschicht mit Si-Haftschicht, BN-Zwischenschicht und DLC-Funktionsschicht
AP 2 - Schichtcharakterisierung:
7
Die verschiedenenen abgeschiedenen Multilayer Beschichtungskombinationen aus DLC,
amorphem Bornitrid und BCN wurden bei unterschiedlichen Temperaturen auf ihre tribologischen Eigenschaften hin untersucht. So wurde der Temperatureinfluss auf den Reibwert, den Verschleiß und die mechanischen Eigenschaften untersucht. Je nach Schichtzusammensetzung und Schichtkombination reagierten die Multilayerschichten unterschiedlich
auf den Temperatureinfluss und die Art der tribologischen Belastung. Abb. 8 zeigt den
Reibwert für verschiedene DLC, BCN und BN Kombinationen in einem reversierenden Gleitverschleißtribometer (SRV III) in Abhängigkeit der Temperatur. Die Bandbreite der Reibwerte reicht von extrem hohen Reibwerten bis hin sehr niedrigen Reibwerte. Der beste Reibwert wies eine relativ harte DLC Grundschicht in Kombination mit einer sehr weichen DLC
Deckschicht auf.
1,6
1,4
1_576
1_577
1_578
1_579
1_602
1_603
1_604
1_605
1_614
1_615
1_616
1_618
1_619
1_620
Reibwert
1,2
1,0
0,8
0,6
0,4
0,2
0,0
0
50
100
150
Temperatur
Abb. 8: Reibwerte unterschiedliche Schichtsysteme in Abhängigkeit der Temperaturen.
Die Temperatur hat dabei auf die verschiedenen Schichtsysteme ganz unterschiedliche Auswirkungen. Bei Temperaturen zwischen 100 und 150°C finden viele Phasenumwandlungen in den einzelnen Schichtsystemen statt. Bild 9 zeigt exemplarisch die Phasenveränderung einer Stickstoffdotierten DLC - BCN Kombinationsschicht. Bei Temperaturen um 100°C lösen sich erste sp3 Bindungen
auf, wobei hauptsächlich C-H Bindungen aufbrechen. Bei 150 °C brechen dann viele der CH Bindungen auf, der Wasserstoff lagert sich dafür an den Bor Atomen an, der B-H Mode wird deutlich
stärker.
8
1_620
normierte Intensität
RT
100°C
150°C
BCN
10000
8000
B-H Mode
CN Mode
6000
4000
2000
0
CH Mode
0
500
1000
1500
2000
2500
3000
Raman Verschiebung in cm
-1
Abb. 9: Chemische Veränderung einer N- DLC – BCN Kombinationsschicht unter Tempertur in der Raman Spektroskopie.
Diese Phasenänderungen der Schichten haben natürlich deutlichen Einfluss sowohl auf den
Reibwert als auch auf die Härte. Während die Härte einiger Schichten bei höheren Temperaturen sogar noch ansteigt, fällt bei den meisten Schichten die Härte bei höheren Tempe-
Härte HV
raturen stark ab (siehe Bild 10)
1300
1200
1100
1000
900
800
700
600
500
400
300
200
1_576
1_577
1_578
1_579
1_602
1_603
1_604
1_605
1_614
1_615
1_616
1_618
1_619
1_620
0
50
100
150
Temperatur in °C
Abb. 10: Härte unterschiedlicher Schichtsysteme in Abhängigkeit der Temperaturen.
9
Nach Auswertung aller Versuche stellte sich heraus, dass nicht nur die Schichtzusammensetzung im speziellen die Schichteigenschaften bestimmen, sondern das durch sie beeinflusste Zusammenwirken von Härte und E-Modul.
Die Darstellungen in Bild 11 zeigen den Effekt des E/H-Verhältnisses auf den Reibungskoeffizienten von verschiedenen DLC-Schichtsystemen.
0.030
0.062
0.028
0.058
0.056
0.054
1.49% Fe
5.59% Fe
10.3% Fe
10.3% Fe
0.052
0.050
7
8
9
10
E/H
Reibwert
Reibwert
0.060
0.026
0.024
Reibwert
0.022
7
8
9
10
E/H
Abb. 11: Links: eisenhaltiges DLC, Rechts: DLC ohne Zusatzelemente.
Interessanterweise ist das Verhältnis von E/H nicht nur für den sich einstellenden Reibwert
wesentlich, sondern bestimmt auch das Verschleißverhalten und damit die Lebensdauer
des Schichtsystems. DLC-Schichten kommerzieller Hersteller haben in der Regel einen E/HWert von 8 bis 10. Obwohl der Einfluss von Zusatzelementen auf das E/H-Verhältnis nachweisbar ist, ist der Einfluss der Prozessparameter dennoch wesentlich größer, wie beispielhaft in Bild 12 zu sehen ist.
Abb. 12: Standard-DLC hergestellt bei unterschiedlichen Prozessparametern. Die Nummern
bezeichnen die verschiedenen Chargen.
10
Das beste Reibverhalten innerhalb einer Schichtklasse (Zusatzelemente) zeigte immer das
Schichtsystem mit dem geringsten E/H-Verhältnis.
Als besonders Vorteilhaft was Reibung und Verschleiß angeht hat sich dabei eine Multilagenschicht aus 2 Layern heraus gestellt: Eine relativ harte DLC Grundschicht kombiniert mit
einer sehr weichen DLC Deckschicht (siehe Bild 13). Sowohl die Simulation (siehe AP 6) als
auch die Vorversuche (siehe Bild 8) sagen für eine solche Schichtkombination beste tribologische Eigenschaften voraus. Aus diesem Grund wurde ein solches Schichtsystem intensiv
untersucht und mit Standard DLC Schichten verglichen.
weiches DLC
E = 50 GPa, HV = 775 HV
Standard DLC
E = 105 GPa, HV = 1500 HV
Abb. 13: Aufbau der in der Simulation besten Multilagenschicht
Im statischen Kugeldrucktest, der die Zugfestigkeit der Schichten testet, schneidet die
Kombinationsschicht etwas schlechter als die Standard- Schicht. Auch in dem zyklischen
Kugeldrucktest, der die Ermüdungsfestigkeit der Schicht testet, schneiden bei Schichtsysteme in etwa gleich gut ab (siehe Bild 14)
Probe 2-1343c
7000
9,0
gut
7,0
Prüfkraft in kN
kritische Last in N
8,0
6000
5000
4000
schlecht
6,0
5,0
4,0
3,0
2,0
3000
1,0
0,0
2000
0
Standard
Standard + weich
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
11
Zyklenzahl in Mio
Abb. 14: statischer und zyklischer Kugeldruckversuch der Multilagenschicht
11
Dafür schneidet die Multilayer Schicht in Überrolltest unter moderaten Belastungen sehr
viel besser als die Standard Schicht ab. Die Lebensdauer verlängert sich um einen Faktor 4
auf 32 Mio Überrollungen durch die Aufbringung einer weichen Deckschicht an (siehe Bild
15). Der Versagensmechanismus ist in beiden Fällen eine Ermüdung des Interfaces mit einer folgenden Delamination der Schicht. Wählt man allerdings sehr hohe Lasten, so nivelliert sich der Vorteil der Kombinationsschicht fast wieder.
Überrollungen in Mio
40
30
20
10
0
Standard
Standard + weich
Abb. 15: Überrollversuch der Multilagenschicht
Neben der Lebensdauer zeigt die Kombinationsschicht vor allem deutlich Vorteile bei dem
Reibwert (siehe Bild 16 links) und dem Verschleiß (siehe Bild 16 rechts). Hauptvorteil beim
Reibwert besteht in der Vermeidung des typischen DLC Einlaufverhaltens. DLC Schichten
weisen üblicherweise in der Anfangszeit einen relativ hohen Reibwert auf, der sich dann
über die Zeit auf einem niedrigeren Niveau einpendelt. Mit Hilfe der weichen Deckschicht
hat die Schicht am Anfang einen extrem niedrigen Reibwert, der im Laufe der Zeit ansteigt.
Dabei liegt die Kombinationsschicht im Überrollversuch dauerhaft im Reibwert ca. 20 – 50
% unter der Standard DLC Schicht. Dies spiegelt sich auch im Verschleißverhalten der
Kombinationsschicht wider, diese hat einen um 50 % reduzierten Verschleiß gegenüber
der Standard DLC Schicht.
12
delaminiert
Standard DLC Schicht
Standard + weiche DLC Schicht
Reibwert
0,10
delaminiert
0,05
0,00
0
10000
20000
30000
40000
50000
Zeit in min
Verschleiss in µm/Mio Überollungen
0,15
0,14
0,12
0,10
0,08
0,06
Standard
DLC + weich
Abb. 16: Reibwert und Verschleiß der Multilagenschichten
AP 3, 4, 5 - Musterteilbeschichtung. Prüfung, Optimierung
Während des Projekts wurden die ausgewählten Musterteile der Projektpartner beschichtet
und getestet.
Zum Beispiel wurden verschieden Typen von Multilagenschichten auf Ventilsteuerschiebern
abgeschieden und getestet. Um die unterschiedlichen Schichttypen quantifizieren zu können, wurden die Steuerschieber am IWM auf einem speziell eingerichteten Gleitverschleißprüfstand getestet.
Abb. 17: Beschichteter Steuerschieber eines Versuchsventils
Für
einen
anderen
Anwendungsfall
wurden
Muster
einer
Schneidstem-
pel/Matrizenkombination beschichtet. Erwartungsgemäß konnten auch die modifizierten
amorphen Schichtsysteme den Belastungen eines Schneid- Umformprozesses nicht standhalten. Da es neben den Schneid- und Prägeanwendungen in den Werkzeugen der Firma
Stepper auch Bauteile gab, die der Kraftumlenkung in den Werkzeugen dienen, die eben-
13
falls einem starken Verschleiß unterliegen, wurde ein Wippengelenk, das mit einer Linienlast von 5000 N belastet wird beschichtet. Für solche Bauteile, die der Kraftumlenkung in
den Werkzeugen dienen (Wippengelenke) und mit hohen Linienlasten konfrontiert wurden, konnte mit den neuartigen Multilagenschichten praktisch Verschleißfreiheit realisiert
werden.
Abb. 18: Beschichtetes Wippengelenk, das eine Linienlast von 5000N umlenkt
Für die denkbare Anwendung in Chemiepumpen wurden Muster von Lagerbuchsen und
Axialscheiben aus austenitischem Stahl einer Spaltrohrpumpe beschichtet. Durch die Multilagen-DLC-Beschichtung der Stahlbuchsen können diese in chemisch aggressiven Medien
eingesetzt werden, in denen die Standardvarianten mit flammgespritzten Hartstoffschichten stark korrodieren und dadurch eine sehr kurze Lebensdauer besitzen.
Ein weiterer Vorteil der beschichteten Stahlbuchsen gegenüber keramischen Ausführungen
liegt im Versagensbild. Beim beispielhaften Versagen einer SiC-Buchse entstehen viele
Bruchstücke, die die Pumpe und das angeschlossene System kontaminieren und zu Folgeschäden führen können. Ein weiterer Vorteil, der für die DLC-Beschichtung spricht, ist der
verminderte Herstellungsaufwand und die damit verbundene Kostenersparnis, da das Aufbringen, aber vor allem die Nachbearbeitung von flammgespritzen Hartstoffschichten im
Vergleich zu einer DLC-Beschichtung kostenaufwendiger sind.
Da ein bauteilnaher Test der beschichteten Buchsen am IWM nicht realisiert werden konnte, wurden die Musterteile in einer Testpumpe bei einem Kunden der Firma Hermetic unter
14
„realen“ Bedingungen getestet. Ein Ausfall wurde bis zur Fertigstellung dieses Berichts
nicht gemeldet. Die Aussage des Anwenders ist hier eindeutig: No news is good news.
Abb. 19: Beschichtete Lagerbuchsen aus einem austenitischen Stahl zum Einsatz in chemisch aggressiven Medien
In Bild 20 sind Axiallagerscheiben und ein Solargetriebe der Firma Eckerle abgebildet, die als
Musterteile einer Versuchspumpe für die Beschichtungsversuche zur Verfügung standen. Das
Hauptaugenmerk lag auf der Beschichtung der Axialscheiben, da das Grundmaterial der Teile
(CuSn6-Legierung) bisher als kritisch für eine Beschichtung galt. Durch die Anpassung des
Schichtsystems konnten auch diese Teile erfolgreich beschichtet werden. Die Tests der beschichten Komponenten in einer Versuchspumpe ergaben einen bis zu 5% höheren Wirkungsgrad.
Abb. 20: links: Beschichtete Axiallagerscheiben aus CuSn6 rechts: Beschichtetes Solargetriebe
15
AP 6 - Modellbildung, Simulation:
Im Rahmen dieses Arbeitspakets wurden im Wesentlichen zwei Fragestellungen verfolgt:
Eine „optimale“ Multilayerschichtkombination zu finden, sowie ein Verschleißmodell zur
Simulation von Schichten zu entwickeln.
Im ersten Teil wurde eine Multilayer-Schichtkombination gesucht, welche für die betrachteten Anwendungen theoretisch eine möglichst optimale Lösung bietet. Dazu wurde ein
Überrollversuch mit Hilfe eines halbanalytischen Ansatzes mit Hilfe von Finiten – Elementen
simuliert und dann verschiedene Schichtsysteme und Schichtstapelfolgen untersucht. Bild
21 zeigt links die von Mises Spannungen einer einfachen Standard DLC Schicht und rechts
eine komplexe Kombination aus 10 verschiedenen Schichten mit unterschiedlichen
Schichteigenschaften unter einer Rollbelastung (Überrolltest).
Bild 21: von Mises Spannungen für eine reine DLC Schicht (links) und eine Multilayerschicht
aus 10 unterschiedlichen Stapellayern (DLC + BCN)
Bild 22 links zeigt die Scherspannungen in einem solchen Versuch. Bild 14 rechts zeigt die
Scherspannungen am Interface in Abhängigkeit von verschiedenen Schichtabfolgen. Dabei
zeigt sich, dass die Scherspannungen einerseits durch die mechanischen Eigenschaften der
interfacenahen Schicht (Scherspannungen durch Unterschiede im E-Modul zum Substrat),
aber auch stark durch die mechanischen Eigenschaften der Deckschicht bestimmt sind.
Durch die Wahl der richtigen Schichtkombination kann die Belastung des Interfaces um 30
% gesenkt werden.
16
Scherspannungen am Interface in GPa
0,65
0,60
0,55
0,50
0,45
BABABABABA BBBBBAAAAA AAAAABBBBB AAAAAAAAAA BBBBBBBBB ABABABABAB
Bild 22: Scherspannungen am Interface für verschiedene Multilayerkombinationen
Neben Delamination durch Interfaceversagen tritt auch Zugspannungsversagen ausgehend
von der Oberfläche auf. Bild 23 zeigt die Zugspannungen an der Schichtoberfläche für verschiedene ausgewählte Schichtabfolgen.
Bild 23: Zugspannungen an der Oberfläche (E=110 GPa, H= 1500 HV) mit weicher Deckschicht (E=50 GPa, H= 750 HV)
Aus den verschiedenen Berechnungen hat sich ergeben, dass für eine optimale Mulitlayerschicht unter diesen Überrollbelastungen keine komplizierten Multilagensysteme notwendig sind, sondern ein einfaches 2 – Schichtsystem aus einer relativ harten Grundschicht und
einer weichen Deckschicht optimal ist. Ein solches Schichtsystem wurde daraufhin abgeschieden und untersucht (siehe AP 2). Es hat sich tatsächlich als deutlich Überlegen in fast
17
allen Eigenschaften (Lebensdauer, Reibwert, Einlaufverhalten, Verschleiß) gegenüber den
bisher verwendeten Standard-Monolayerschichtsystemen herausgestellt.
Als zweiter Hauptarbeitspunkt wurde ein Verschleißmodell in Abaqus implementiert. Zur
Simulation des Verschleißes wurde ein Archard Modell in Abaqus integriert, mit dem der
Verschleiß der Schichten inklusive der Verformung simuliert werden kann. Bild 24 zeigt das
3D Modell des Optimol Verschleißversuches (SRV III), das zur Kalibrierung und Validierung
des Verschleißmodells verwendet wurde.
Bild 24: Modell zur Verschleißberechnung, 3D-Model: Teilkugel auf Platte, Belastungsdauer: 270.000 Zyklen, Verschleißgesetz: Archard angepasst
Bild 25 zeigt den Schnitt durch die 3D – Kontaktzone der Kugel am Anfang und nach Verschleiß. Die Knoten werden dabei in Abhängigkeit der Kontaktbelastung spannungsfrei
verschoben, so dass sich eine dauerhafte Verformung der Kugel (und der Platte) ergibt. Da
sich realitische Versuche auf Grund der hohen Rechenzeiten nicht rechnen lassen, wurden
die Verschleißkoeffizienten mit der entsprechenden Zyklenzahlen skaliert (ein Zyklus in der
Rechnung entspricht 1000 Zyklen in der Realität). Die Verschleißkoeffizienten wurden
durch reale Versuche ermittelt.
18
Bild 25: Schnitt durch das 3D – Modell zur Verschleißsimulation. Deutlich ist die Abplattung der Kugel durch den Verschleiß zu sehen (oben: Ausgangsgeometrie, unten: Verschleiß)
Der Vergleich der realen Verschleißtiefen mit den simulierten Versuchen (siehe Bild 26)
zeigt, dass nach dem Einlaufen der Schicht das Verschleißverhalten durch das Modell sehr
gut wiedergegeben wird. Einzig das Einlaufverhalten kann bisher nicht mit einem Archard
Modell angenähert werden. Hier muss das Modell noch um eine Einlaufkomponente erweitert werden.
10
Verschleiß in µm
8
6
4
2
0
Simulation
Experiment
0
20
40
60
80
100
Zeit in min
Bild 26: Vergleich von Simulation und Experiment in der Verschleißsimulation an einer
Standard DLC Schicht
19
Ein Hauptproblem des Modells ist allerdings die Rechenzeit. Vor allem bei komplexeren
Problemen muss über sehr lange Zeiträume gerechnet werden. Eine einfache Skalierung
des Verschleißkoeffizienten ist hier oft aus Konvergenzgründen nicht möglich. So konnte
die prinzipielle Funktionsfähigkeit eines solchen Verschleißmodells auch in 3D gezeigt werden, allerdings ist eine allgemeingültige Übertragbarkeit dieses Ansatzes auf Grund der
hohen Rechenzeiten derzeit oft noch nicht gegeben.
Zusammenfassung
Mit Hilfe von Simulationen konnte im Rahmen dieses Projekts das Modell eines Schichtsystems erarbeitet werden, welches im Rahmen der geforderten Anforderungsprofile als optimal gelten kann.
Die speziellen Design-Vorgaben konnten durch eine modifizierte Anlagentechnik in die
Praxis umgesetzt werden. Die Funktion des Schichtsystems wurde anschließend durch den
Test beschichteter Versuchsmuster bei den Projektpartnern nachgewiesen.
Veröffentlichungen
Die Ergebnisse aus diesem Projekt wurden im Beitrag von M. Scherge, S. Meier und B. Blug 'Kann
DLC wirklich Reibung minimieren' im VDI-Bericht Nr. 215 (2010) sowie in einem Vortrag von S.
Schnakenberg und S. Meier zum Thema 'Plasmabeschichtung’ am 11. Oktober 2011 im Rahmen
des Seminars des Wirtschaftsverbandes Industrieller Unternehmen Baden e.V. (WVIB) in Neuenburg
und einem Vortrag am 28. Oktober 2011 auf der Konferenz 'Friction, Wear and Wear Protection
2011' in Karlsruhe von B. Blug, M. Hörner, S. Schnakenberg, S. Meier mit dem Thema 'Improving
the Tribological Properties of DLC Coatings by Using a Multilayer Approach' einer breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht.
20