FuZo-Dreckslampen
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FuZo-Dreckslampen
Nr. 5 Oktober 2006 30 Cent für freie Presse Hiendl kürzt Löhne 2500 Mitarbeiter sauer Feinstaub & Verkehr ECE gibt uns den Rest Das rabattwütige Möbelhaus stößt seine Beschäftigten vor den Kopf: Verzicht auf Weihnachts- und Urlaubsgeld! Wer nicht zustimmt, riskiert seinen Job. Bericht Seite 4 Der geplante Einkaufsriese muss täglich mehrere Tausend Kunden aus dem Umland in die Stadt locken, damit das Geschäft floriert. Für Passau bedeutet das noch dickere Luft. Bericht Seite 7 Sparen bei Top-Herstellern unserer Heimat Alle Adressen zum Fabrikverkauf Ein Familienausflug kann zum Spartrip werden. Mit Bürgerblick lernen Sie die wichtigsten Hersteller unserer Heimat kennen, die ihre Produkte auch im Werksverkauf anbieten. Wer sich auch mit zweiter Wahl und einer kleineren Auswahl zufrieden gibt, kann sich über bis zu 50 Prozent niedrigere Preise freuen. Mehr Infos auf Seite 5 FuZo-Dreckslampen Warum putzt sie keiner? Bericht Seite 7 Oktober 2006 ANZEIGEN 2 Oktober 2006 BLICK IN DIE STADT Erlebnisse eines Fremden im Passauer Nahverkehr Erst falsches Ticket verkauft, dann aus dem Bus geworfen Nahverkehrssysteme müssen einfach und überschaubar sein, damit sie gut angenommen werden. Bei uns scheitert dies schon am fehlenden einheitlichen Tarifsystem: Stadtwerke (SWP), Regionalbus Ostbayern (RBO), Verkehrsgemeinschaft Landkreis Passau (VLP) – Unternehmen mit verschiedenen Tickets, die aber teilweise dieselben Strecken bedienen. Das Chaos bekam ein ausländischer Student zu spüren. Die einen verkauften ihm das falsche Ticket, die anderen setzen ihn auf die Straße. Aidos, 24, ein Wirtschaftsstudent aus Koblenz, ist für sechs Monate Werksstudent an der Zahnradfabrik. Gleich bei Ankunft besorgte er sich eine Monatskarte. Die Dame am Bahnhofsschalter schickte ihn zum Automaten. Der spuckte für 31,30 Euro eine Monatskarte vom VLP aus – von Passau Hauptbahnhof nach Passau, Wabe 500, Preisstufe 1. „Von Linienbussen der Stadtwerke hat mir niemand erzählt“, sagt Aidos. Wie auch? Am Passauer Hauptbahnhof liegt vom wichtigsten städtischen Verkehrsunternehmen kein einziger Prospekt aus. Der junge Student konnte nicht ahnen, dass er mit diesem Ticket beim Stadtwerkebus, der auch nach Patriching pendelt, zum Schwarzfahrer wird. Am vierten Tag warf ihn die Busfahrerin vor der Heimfahrt raus. Keine Zeit für Erklärungen, keine Nachsicht. Aidos ging 10 Kilometer zu Fuß nach Hause. Kulanz zeigte die Bahn. Das Ticket wurde, obwohl schon fast eine Woche alt, anstandslos erstattet. „Das ist unser Ein VLP-Sprecher sagte: „So ein Ticket gibt‘s nicht.“ Hier der Fotobeweis. Die Bahn hat es wegen „Fehlbedienung“ erstattet. Tanktourismus Warum sogar unsere Stadtbusse? Deshalb fasst man sich bei diesem Foto an den Kopf: Sogar die Passauer Stadtbusse fahren über die Grenze, um an den billigsten Diesel zu kommen! Der Schnappschuss vom 25. September zeigt den Busfahrer der Linie 4 beim Ta n k s t o p p in Achleiten. Bürgerblick wollte von Stadtwerkebetriebsleiter Wilhelm Fritz wissen, warum wir im Ausland Erwischt! Der rote Stadtbus mit Zankl-Wer- tanken. Eine bung geht beim Tanken in Österreich fremd. klare Antwort Tanktourismus schadet unserer Wirtschaft und verstopft den Verkehr. Nach den Lippenbekenntnissen der Rathauspolitiker müsste alles unternommen werden, um das Grenzlandproblem zu lösen. gab es nicht, nur so viel: Man beschäftige Subunternehmer, für die man nicht verantwortlich sei. Wer diesen Bus betreibt, sei für die Öffentlichkeit nicht von Interesse. „Fragen Sie doch bei der Polizei nach“, sagte der Stadtwerke-Mann entnervt. Aber: Kann es im Sinne der Stadt und ihrer Bürger sein, wenn ein städtisches Unternehmen wie ein blinder Pfennigfuchser handelt? Politische Argumente aus dem Rathaus verlieren ihre Glaubwürdigkeit. Und: Für Geschäftsbetriebe wie die Stadtwerke GmbH rechnet sich Tanktourismus nicht, denn die österreichische Mehrwertsteuer wird, im Gegensatz zur deutschen, nicht zurückerstattet. 3 Fehler“, sagte der freundliche Herr am Schalter und fügte an, dass er sich auch über das Passauer Bussystem ärgere. Sein Sohn habe als Schüler da auch schon Sachen erlebt. Warum bemüht man sich nicht um ein einheitliches Tarifsystem? Die Unternehmen befürchten, sie könnten beim Zusammenschluss mit den Stadtwerken finanzielle Verluste machen. „Wir können und dürfen kein Defizit produzieren“, so Günther Neumaier (49), der Geschäftsstellenleiter der RBO in Passau. Die Stadtwerke tun so, als gäbe es die anderen Betreiber gar nicht. „VPL? VLP? Was meinen Sie…“, sagt der Mann von der Stadtwerkeauskunft.. Warum erfahren Besucher am Bahnhof nicht wenigstens über das Liniennetz der Stadtwerke? „Entweder wir haben das vergessen, oder wir sind dort unerwünscht“, rätselt er weiter. Warum hat die Busfahrerin in Patriching den Studenten nicht wie einen Kunden höflich behandelt? „Das ist wie bei den Brauereien. Sie können nicht bei der einen einkaufen und bei der anderen dafür Freibier verlangen.“ Jedoch: Beim Biertrinken schätzt der Kunde verschiedene Marken, beim Busfahren hätte er es gerne einfach. Autofrei – oder freie Fahrt für ECE? Ordnungsamtschef und Verkehrsplaner Josef Zacher verkündete im Sommer als Erfolg: Das neue Nadelöhr Ludwigsplatz funktioniert, weil der Durchgangsverkehr von 40.000 auf 20.000 Fahrzeuge verringert werden konnte. „Wenn nur 20 Prozent der verdrängten Autos zurückkommen würden, ist das Chaos perfekt“, warnte er die Initiatoren eines Bürgerbegehrens gegen das Verkehrskonzept. Er hätte genauso gut vor ECE warnen können. Denn der Kommerzkasten von Kaufhauskönig Otto aus Hamburg beschert uns eine neue Autokarawane: 4.400 mehr Fahrzeuge täglich! Was geflissentlich verschwiegen wird: Die ärgerlichen Verkehrssperren der Neuen Mitte wurden geschaffen, um den Durchgangsverkehr hinauszudrängen, damit die Stadt den neuen Zustrom durch ECE verkraften kann. Bestenfalls wird Drecksschleuder ECE zum Zünglein an der Waage, damit striktere Maßnahmen für eine bessere Passauer Luft getroffen werden. Zum Beispiel eine autofreie Innenstadt. Dann würden vielleicht selbst die größten Grantler die Verkehrssperren in Kauf nehmen, die sie heute nicht einsehen wollen. Hubert Denk ■ Leerstände ■ Bürgerbegehren In einem der kleinen Läden öffnete ein Reisebüro. Edgar Krickel (42), seit 20 Jahren in der Branche tätig, wechselte von Freyung nach Passau. „Wegen des Überangebotes sind in Passau die Mietpreise im Keller“, sagt er. Ein Kohlbrucker Immobilienbüro sucht noch Nachfolger für großen Pustet und Rest. Was ist aus dem geplanten Bürgerbegehren gegen das Verkehrskonzept geworden? Andrea Zaretzky und ihre Mitstreiter zögern noch. „Wir wollen den Wortlaut der Fragestellung von Anwälten genau überprüfen lassen.“ Der kleinste Fehler könne den Vorstoß gefährden. ■ Pressefreiheit OB gegen BB Pustet-Nachfolger? Tankstellen - Boykott OB Zankl mag uns wirklich nicht: Als ein Tankstellenpächter am Kachlet seinem Wunsch nicht nachkam, den Verkauf des Bürgerblicks zu unterlassen, kündigten er und der Malerbetrieb seiner Frau die Geschäftsbeziehung. Protest mit Bedacht ■ Rechtsstreit Am 7. Dezember treffen sich Bürgerblick und Stadt Passau in letzter Runde vor dem Landgericht. Es geht um eine Unterlassungserklärung und 6000 Euro. Zum selben Inhalt ermittelt die Staatsanwaltschaft noch immer gegen einen Rathaussprecher. BLICK AUF DEN BRENNPUNKT 4 5 Kleidung, Kerzen, Konfekt, Kristall,... Lohnkürzungen für 2500 Möbelhaus-Mitarbeiter Da Hiendl is a Geizhois Spar-Wegweiser zum Werksverkauf - mehr sog i net! Die sieben wichtigsten Adressen 25 Prozent Jubiläumsrabatt, Finanzierungen auf drei Jahre zinsfrei, zwei Euro für ein komplettes Frühstück. Wenn es darum geht, Kunden anzulocken, zeigt sich Möbel Hiendl großzügig. Wenn es um die Mitarbeiter geht, wird der Chef zum Geizhals. Gerade werden sie gezwungen, mehr zu arbeiten und auf Urlaubs- und Weihnachtsgeld zu verzichten. „Wer nicht unterschreibt, riskiert seinen Job“, sagt der Passauer Verkaufsleiter Thomas Unrecht. Insgesamt sind in den sechs Niederlassungen rund 2500 Beschäftigte betroffen. Das brisante Schreiben der Geschäftsleitung flatterte den Hiendl-Mitarbeitern in der letzten Septemberwoche ins Haus. Es sorgte für schlechte Stimmung und schlimme Gerüchte. Sollen wir an die Konkurrenz verkauft werden? „Alles Blödsinn!“, bschwichtigt Unrecht. Wegen der Rabattschlachten der Möbelriesen um die Kunden seien große Gewinne nicht mehr drin. Hiendl setze jetzt nur die Sparpolitik um, die bereits 2003 angekündigt war. Der aggressivste Konkurrent in Süddeutschland ist für das Pas- Für die Kunden gibt‘s gefüllte Teller, den Mitarbeitern nimmt man die Butter vom Brot. F.: Hiendl-Prospekt sauer Unternehmen der österreichische Möbelgigant XXXLutz (mit 2,2 Milliarden Euro Umsatz weltweit Platz 2 hinter Ikea). Der Verzicht bedeutet für die Beschäftigten eine Lohnkürzung von etwa 10 Prozent. Manche haben einen Rechtsanwalt eingeschaltet, andere zunächst ihre Unterschrift verweigert. „Dann haben sich die Gemüter schnell beruhigt“, behauptet Unrecht. Man werde zum Ausgleich Prämien ausschütten. Bürgerblick-Reporter bekamen etwas anderes mit. Als sie sich im Möbelhaus in Neustift mit der Betriebssprecherin unterhalten wollten, wurde von einer übereifrigen Verkäuferin der Jugendzimmerabteilung sofort die Geschäftsleitung alarmiert. „Keine Angst, ich werde nichts sagen“, versprach die Betriebssprecherin im breiten Sächsisch dem Chef am Telefon. Der Maulkorb verrät, dass die Sache noch lange nicht ausgestanden ist. Die Käufer sollten sich allerdings von Rabatten und Prozenten nicht blenden lassen – egal was abgezogen wird, es wird immer vorher draufgeschlagen. Heizkosten-Horror IMPRESSUM Herausgeber und Verantwortlicher Redakteur: Hubert J. Denk Kapuzinerstr. 19, 94032 Passau Telefon (0851) 93 46 649 Fax (0851) 93 46 801 Internet: www.buergerblick.de E-Mail: [email protected] Redaktion: Dorothea Killer, Daniel Neumann Tamara Schmidt (Text) Raphael Geiger, Tim Lilling, Florian Stern (Foto) Produktion und Anzeigen: Florian Stern Vertrieb: Sebastian Neumeier Druck: Tutte Druckerei GmbH, Salzweg Aufwachen oder blechen! Eigentümer, Mieter und die Energiekosten. Für die einen sind sie so hoch, als müssten sie plötzlich Miete zahlen, für die anderen so teuer wie eine zweite Miete. Nur wer sich kümmert, kann sich wehren. Methode I: Die höheren Abschlagszahlungen boykottieren und die Entscheidung der Gerich- te abwarten, ob die Preise recht und billig sind. Eine Handvoll Stadtwerke-Kunden gehört seit fast einem Jahr zu den Rebellen. Mahnungen gab es keine, der Termin vorm Amtsgericht steht noch aus. Methode II: Wer nicht so starke Nerven hat, holt sich lieber einen Energieberater. Der kostet zwar ein paar hundert Euro, aber: Mit staatlich geförderten Darlehen lassen sich alte Gebäude günstig sanieren. www.kfw.de (Förderbank). Energieberater: Johann Doppelhammer (Ilzstadt), Peter Ga- Auch Holz wird knapp murar (Heining), Thomas Schmid (Innstadt) Wie wärs mit einem Ausflug mit Freunden und Familie, der lehrreich ist und Geld spart? Beim Werksverkauf erfahren Sie was alles in unserer Heimat produziert wird und können bis zu 50 Prozent günstiger einkaufen. Ob Kleidung, Kerzen, Konfekt oder Kristall – Bürgerblick-Reporterin Dorothea Killer hat hier sieben interessante Adressen zusammengetragen. Süße Träume Es gibt immer einen Grund zum Naschen. Weißbierschokolade, Schokolade mit Chili und Pfeffer. Hier finden Sie das verrückteste Naschwerk und Kerzen kiloweise Festliche Beleuchtung kann man immer brauchen. Kerzenlicht macht warm ums Herz. Hier gibt es die günstigsten: Kerzenfabrik Kopschitz, Rotthalmünster, 36 km von Passau Tipp: Kilo-Ware in allen Größen für zwei Euro Öffnungszeiten: Werktags 9 bis18 Uhr, Samstags bis12 Uhr. Internet: www.kopschitz.de Telefon: 08533-201-22 lernen den Schöpfer kennen: sweetfactory,Anzenkirchen, 48 km Tipp: Nikoläuse aus Zuckerguss, die wie in den Nachkriegsjahren aus alten Eisenformen gegossen wurden. Öffnungszeiten: Dienstag bis Freitag 9 bis 12.30 Uhr und 14 bis 18 Uhr, samstags bis 12 Uhr, montags geschlossen Internet: www.sweetfactory.com Telefon: 08562-2923 (Laden), 08562-963356 (ab 18 Uhr) Bequeme Schuhe Unsere oberösterreichischen Nachbarn im Sauwald wissen, was den Füßen gut tut. Die Marke Think! steht für natürliche Materialien und solides Schuhhandwerk: Schuhfabrik Think! by Marko, Kopfing, 25 km Tipp: 30 Prozent günstiger als im Handel Öffnungszeiten: werktags 9 bis 12 und 14 bis 18 Uhr, samstags bis 12 Uhr Internet: www.thinkshoes.com Telefon: +43 (0) 7763 2208-0 Kunst aus Glas Gläser aus dem Bayerischen Wald sind begehrt in aller Welt. 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Weil auch immer mehr junge Leute und auch unsere norddeutsche Studenten darauf abfahren, hat diese Fabrik sogar neue Designer eingestellt: MarJo Trachten- und Ledermoden, Obernzell, 17 km Öffnungszeiten: werktags 9 bis 16 Uhr, samstags bis 13 Uhr Internet: www.marjo.de Telefon: 08591-90010 8-18 Die Hamburger Geschäftsmänner schwärmen von der knitterfreien Qualität. Sie sprechen die Marke „Itörna“ aus, als wäre es ein englisches Edelprodukt. Aber Eterna kommt aus Passau und steckt voller Ideen: das erste Hemd mit Geruchs-Stopper aus Schweizer Garn. Herrenhemden, Damenblusen, Krawatten: eterna Mode AG, Passau - Sperrwies. Tipp: Herrenhemden für 33 Euro (statt 50 im Modeladen) Öffnungszeiten: werktags 9 bis 17 Uhr, samstags 10 bis 14 Uhr Internet: www.eterna.de/content/ Telefon: 0851-98160 Planung und Wirklichkeit in der Spitalhofstraße. Ein Stockwerk geht hinterher immer noch! Am Ende der Spitalhofstrasse thront auf einem Hügel ein Granitbau mit mächtigem Chorturm – die Stadtpfarrkirche St. Josef in Auerbach (erbaut 1927). Ein betongraues Verlags- und Einkaufszentrum stockte auf und versperrt jetzt den Blick auf das erhabene Gotteshaus. Die ursprünglichen Baupläne für das Pawo-Center sahen anders aus. Wer hat die Erlaubnis erteilt? Bruttogeschossflächenraffgier Verbaute Blicke Der anerkannte Architekturkritiker Gerhard Matzig beschrieb das Krankheitsbild der Neuen Mitte in der Süddeutschen Zeitung als „Bruttogeschossflächenraffgier“. Dieses Wortungetüm steht für geldgeile Bauherren und verbaute Blicke. Unsere schönsten Ansichten gehen verloren, weil die Passauer Behörden zu selten den Riegel vorschieben. Eterna – in eigener Sache Der Beitrag über den Werksverkauf des namhaften Hemdenherstellers Eterna hat uns viel Nerven und 30 Euro gekostet. Denn die Hemden-Chefs meinten, dies sei kein Thema für die Zeitung. Sie untersagten uns die Veröffentlichung, drohten mit Unterlassungsklage und erteilten auf dem Werksgelände Fotografierverbot. Dabei wollten wir nur ein Eterna-Foto mit einer hübschen Verkäuferin. Zum Schluss mussten wir selbst drei Hemden kaufen und hatten als Fotomodell nur unseren scheuen Flo. Liebe Eterna-Fachhändler, wir sind die Bösen. Ein schräggestellter Wohnblock hat an der Innstraße den Fernblick ausradiert. Hinter dem Gasthaus „Apfelkoch“ gab ehemals die Innstrasse den Blick frei auf Flusstal, unverbaute österreichische Ufer und das Kraftwerk Ingling. Jetzt hat sich dort ein Wohnklotz in die Straße geschoben. Der Querschläger bringt dem Bauherren bessere Preise, den Mietern eine bessere Aussicht – den Spaziergängern und Joggern wurde sie genommen. Oktober 2006 ANZEIGEN 6 BLICK AUF DIE STADT Oktober 2006 7 Unsere alte Fußgängerzone Wie schön sie wird, wie hässlich sie bleibt FuZo fatal: Teerflicken, Stolpersteine, Löcher. FuZo-Lampen: Mehr dreckig als häßlich. In die umstrittene Neue Mitte werden Millionen gesteckt, die alte hat das Nachsehen. So ist das Gerede. Es stimmt nicht ganz. Denn eine unermüdliche, dynamische Frau an der Spitze des City Marketing sammelt fleißig im Auftrag der Stadt Geld, damit das Herzstück wieder attraktiver wird. Was in der Ludwigstraße und der Großen Klingergasse alles besser werden soll, erzählt Christiane Kickum (37) im Gespräch mit Bürgerblick-Reporterin Tamara Schmidt. Was alles hässlich bleibt und längst zu reparieren wäre erkennt jeder, der mit offenen Augen auch ab- seits der sogenannten 1a-Lagen durch die Gassen geht. Beim Blick nach oben kommt einem das Grausen. Die Kugellampen aus den Siebzigern sind nicht nur stillos, sondern versifft mit dem Dreck von Jahren. Nachts kämpft sich das Licht durch Vogelkot und Insektenschmutz. Frühestens in sechs Monaten kommen sie weg. Ein Putzlappen würde genügen, damit sie den Weihnachtsglanz nicht mehr trüben. Blicken wir lieber nach unten, damit wir nicht stolpern. Das alte Kopfsteinpflaster gerät aus den Fugen. Lücken so groß, dass auch breite Schuhabsätze hängen bleiben. Der Asphalt ein Flickwerk wie beim Niedergang der DDR. Bürgerblick-Fotograf Florian Stern sammelte Motive auf dem Weg von der Roßtränke durch die Kleine Klingergasse zum Bratfischwinkel. Es ist der erste Eindruck, den Touristen und Kunden bekommen, die vom Schanzl-Parkplatz kommen. Die Chefin des City Marketing Passau sieht diese Schattenseiten zur Zeit nicht. Sie ist geblendet vom Erfolg ihrer Betteltour bei den Hausbesitzern der Hauptstraßen. Rund eine Million Euro muss sie sammeln, damit das Projekt „Leben findet innen Stadt“ umgesetzt werden kann. „Schon dreiviertel der 37 Hauseigentümer der Hauptsraßen (Ludwigsstraße und der großen Klingergasse) haben zugestimmt und beteiligen sich am Umbau der Fußgängerzone“, freut sie sich. Bei der Auswahl der Architekten dürfen die privaten Geldgeber mitreden. „Die alte Fußgängerzone muss vor allem entrümpelt werden“, sagt Frau Kickum. Straßenlampen, Tröge, Schilder und Fahnen kommen raus. Neues Licht spielt die größte Rolle. Die prachtvollen Fassaden werden betont. Wie auf der Theaterbühne wird die Kulisse mit Scheinwerfern von oben bestrahlt. „Kunst, Kinder und Erholung“, nennt Kickum weitere Schwerpunkte. Sitzgruppen mit einer kleinen Baumgruppe vor der Sparkasse. Spielecken und Skulpturen in der Großen Klingergasse und im Heuwinkel. Zum Thema grün: Die beiden großen alten Bäume (Heuwinkel und Große Klingergasse) sollen bleiben, die schattenspendende, große Robinie am Eingang der Ludwigsstraße wird offensichtlich fallen. Der Umbau beginnt voraussichtlich nächsten März und dauert angeblich nur drei Monate. Wenigstens die Große Klingergasse, die noch großteils geteert ist, bekommt ein neues Pflaster. Drecksschleuder ECE 4.400 Autos: mehr Abgase, Lärm und Stau Der Bayerische Wald, drei Flüsse und grüne Hügel – kein Fremder würde bei Passau an schlechte Luft denken. Aber: Die zweitgrößte Stadt in Niederbayern leidet unter Feinstaub. 35 Tage pro Jahr dürfen die Grenzwerte überschritten werden. Wir haben heuer bereits 33. Damit teilen wir uns unter 380 deutschen Messstationen mit Berlin-Neukölln Rang 27. Ein erschreckendes Ergebnis, wenn man weiß, dass die Messstation im Vorjahr von der Innenstadt an den Stadtrand verbannt wurde. Mit ECE, dem gigantischen Einkaufszentrum, holen wir uns eine neue Drecksschleuder. Die dicke Luft ist eine der wichtigsten Argumente, mit denen Passauer Kläger gegen die Baugenehmigung des ECE ECE-Kunden aus Österreich müssen über die Innbrücke. kämpfen. „Unser Widerspruch, befasst sich auch mit Lärm und Abgasen“, sagt der Münchener Fachanwalt Karl Schwab. Der Jurist befasste sich vor allem mit dem verordneten Luftreinhalteplan. Er kritisiert: „Geschickt wurde die Frage ausgeklammert, ob mit neuem Verkehrskonzept o h n e ECE die Luft in Passau nicht wirkungsvoller verbessert werden kann.“ Laut Investor zieht ECE (500 Parkplätze) täglich 4.400 Fahrzeuge mehr in die City. Schwab: „Es ist bewiesen, dass beim Starten die giftigsten Abgase entstehen.“ Katalysatoren wirken erst nach einigen Minuten. Die Regierung von Niederbayern hat den 20-seitigen Widerspruch des Münchener Anwalts an die Stadt Passau weitergeleitet Oktober 2006 RÜCKBLICK Damals duckte sich die Nibelungenhalle vor der schönen Stadtkulisse... 8 4. Februar 2004 Foto: Tim Lilling ... heute dominiert Beton statt Barock 6. Oktober 2006 Foto: Hubert Denk