Reisebericht

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Reisebericht
Reisebericht
Volare cantare...
mit Franz Josef‘s Flügeln gen Süden
von Monika Wersche
Wo einst Domenico Modugno zum musikalischen Höhenßug
ansetzte und mit seinem Schlager „volare cantare“ eine Weltkarriere begann, wo Emanuela Villa mit ihrer Stimme den kleinen Dorfplatz in „großes Italien“ verwandelt, da liegt heute ein
ganz besonderer „sound“ in der Luft.
Zwei Flugmotoren, mit je 250 PS ausgestattet, zeigen, was in
ihnen steckt.- Don Pino, Chef der Bar L‘Amicizia, läßt seine berühmten Kuchenplatten fallen, Umberto vom Camping La Roccia schreckt aus seiner Siesta hoch; doch schon ist der Spuk
vorbei: The „one and only“ DO 28 aus Germania ist soeben auf
Lampedusa gelandet.
Die Mannschaft der örtlichen Feuerwehr steht bereit, Pepuccio
vom Turm eilt uns entgegen; ciao Johannes (landesgemäß in
Giovanni umbenannt), ciao Ansmut(o), ciao Monika, benvenuti
all‘Isola di Lampedusa!
Lampedusa? Cool, wo is‘n das?
Genau das haben wir bis vor zehn Jahren auch nicht gewußt.
Aber dann gab‘s auf der Aero in Friedrichshafen eine Europakarte, und wir machten darauf eine Entdeckungsreise mit dem
Finger... eben bis nach Lampedusa.
Südlichster Punkt Europas; Italien oder doch schon Afrika?
Malta, Libyen nicht weit entfernt, höchst spannend. Und das
Wichtigste für uns: die Insel hat einen Flugplatz!
Und wie sieht es dort aus? ENIT, das staatliche italienische Fremdenverkehrsamt in Frankfurt, gab (oder hatte) keine
Informationen, einziger Kommentar: Lampedusa? Is‘ schönes
Insel...
Reiseführer gekauft, geblättert. Lampedusa, früher Gefangeneninsel, heute Schafzucht, Weinanbau, ein Dorf, eine
Radarstation.
Käse, Wein, ein Horchposten zu GhaddaÞ? Warum nicht, und
ßiegerisch sicher eine tolle Sache.
Also auf nach Lampedusa!
Halt, Stop, so weit sind wir noch nicht. Es blieb für einige Jahre
bei dem Traum.
Eine „Schönheit mit Vergangenheit“
Nun aber ein paar Worte zu unserer DO 28 A: sie ßog bis
vor 10 Jahren unter einer ganz anderen Flagge bis zu ihrer
Heimkehr nach Deutschland, „eine Schönheit mit Vergangenheit”.- Anfang der 60er Jahre freute sich F.J. Strauß, der die
DO, Bj. 61, als sein persönliches Reiseßugzeug bevorzugte,
über das Paradestück. Dann folgte ein Umzug zu den „Preiß‘n“
von Rhein Braun als Vermessungsßugzeug. Anschließend
verÞel die D-ILPB in einen langjährigen Dornröschenschlaf in
Belgien. Von einem isländischen Flugkapitän wurde sie wieder
zum Leben erweckt, ßog über Gletscher und Geysire, aber Eigentümer Harald fand die nächst größere DO und war deshalb
bereit, die TF-DOV an uns zu verkaufen. Es ist jetzt die einzige
in Deutschland noch ßiegende DO 28 A.
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Reisebericht
Pronto a rullare
Ja, wir waren bereit zum Rollen und, das große Hoch kam
wie bestellt. Ende Mai ging die kleine Mannschaft an Bord. Es
konnte losgehen, die Schwimmwesten waren gezählt, und für
die Strecke über Trier nach Luxemburg stellte „Giovanni“ die
beiden roten Hebel auf „laut“ (so ein durstiger Vogel, ca. 80-90
l/Std., freut sich besonders über ßiegerfreundliche Preise, wie
z. B. in Luxemburg). Unsere DO ist mit Avionik nicht sehr reich
ausgestattet, also zauberte unser Co Ansmut(o) sein kleines
GPS aus der Tasche hervor. Der nächste Flugplan war schnell
gemacht, und weiter ging‘s bis zum Tagesziel Südfrankreich.
Zur Vereinfachung der Navigation war ein Wochenende
bewußt gewählt, es ging so problemlos durch die vielen französischen Lufträume bis ans Mittelmeer. Starker Gegenwind
über der Rhône ließ uns dann nach fast dreieinhalb Stunden
im Bereich der Küste nach einem Landeplatz Ausschau halten.
Das gastliche Carpentras erwies sich als gut gewählt. Freundliche Mitglieder des örtlichen Aero-Clubs halfen uns bei allem:
Schließen des Flugplans, dessen Ziel eigentlich Cannes hieß,
Sichern des Fluzeugs, Vermitteln eines Hotels, dessen Inhaber
uns auch noch vom Platz abholte. Und das Ganze ohne Landeund Abstellgebühr. Im Clubhaus stand dafür eine Kaffeekasse,
über die wir den herzlichen Empfang etwas ausgleichen konnten.
Kurzes Gespräch, wo geht‘s denn hin? Und großes Erstaunen,
als wir gegenseitig entdeckten, daß nicht nur wir, sondern auch
unsere drei neuen Freunde Lampedusa anßiegen wollten.
Nach einer guten Nacht in dem ausgezeichneten Hotel (über
das Restaurant wollen wir hößich hinwegßiegen) brachen wir
am Morgen auf zu einem Flug von 20 Minuten nach Cannes.
Tanken und Abwicklung freundlich und schnell, nur den Flugplan nach Cagliari, unserer nächsten Station, hätten wir in
einen Computer hämmern müssen; nichts für uns „Oldtimer“,
also vom Abstellplatz mit dem Handy Bremen angerufen und
Flugplan gemacht. Wetter und Wind stimmten, nach 2 Stunden
und 20 Minuten Landung auf Sardinien. - Nun sollte sich‘s
zeigen: ist es in Italien für den Kleinßieger so ungemütlich wie
oft beschrieben? Così, così, wir haben die Erfahrung gemacht,
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daß man einen umständlicheren Papierkrieg als in Nordeuropa
akzeptieren muß. Aber, und das kam uns zugute, schon mit
geringen italienischen Sprachkenntnissen und dem Eingehen
auf den freundlichen italienischen Alltagston, der schließlich
auch auf dem Flugplatz herrscht, kann man diese Hürden leicht
überspringen. An allen von uns angeßogenen Plätzen gab es
Benzin, hier in Cagliari aber nur einen Tankwagenfahrer, der
mit zwei Airlinern beschäftigt war, doch pünktlich nach der versprochenen halben Stunde erschien.
Nun kleine Mannschaftskonferenz. Sollten wir von hieraus
etwa direkt nach Lampedusa ßiegen? Wir wußten, auf der Insel
gab es kein Benzin, und in den Tanks müßten sich noch Reserven für den Rückßug nach Sizilien beÞnden. Die Rechnung
ergab: Es paßt!
Etwas aufregend war er schon, der Start zur letzten Etappe.
Endlich, nach den Jahren des Träumens, sollte er nun wahr
werden, der Flug nach Lampedusa.
Mit einem kleinen Haken um den tunesischen Luftraum herum
lag Pantelleria am Wege, schließlich kam nach 2 Stunden und
24 Minuten Lampedusa in Sicht. Landung, s. o.
Auf allen Wasserstrecken haben wir übrigens problemlos FL 75
bekommen, eine doch etwas beruhigende Höhe. Seit Jahren
bereisten wir die Insel per Schiff oder mit den umständlichen
und teils unzuverlässigen Linienßugverbindungen, diesmal sah
das Vertraute durch zwei kleine Flugzeugschlüssel in der Tasche etwas anders aus. Und unsere Freunde auf Lampedusa
hatten es schon gar nicht mehr geglaubt, daß wir unsere jahrelange Ankündigung, mit der DO anzureisen, einmal realisieren
würden.
Lampedusa - Isola del sole
Die Insel ist ca. 21 Quadratkilometer groß und wird durch
ihre Lage auch “italienischen Tropen” genannt, eine schöne
Beschreibung für die einzigartige Mischung aus der Erdplatte
und dem Klima Nordafrikas und der Kulturgeschichte Europas.
Diese Atmosphäre blieb bis heute erhalten, besonders, da die
Insel vom industrialisierten Pauschaltourismus verschont blieb,
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für den es auf allen Ebenen auch keine Infrastruktur gibt. In den
drei Sommermonaten besuchen fast ausschließlich Norditaliener Lampedusa und füllen die wenigen und nicht großen, dafür
aber recht kostspieligen Hotels.
Leider wurde die Insel im 19. Jahrhundert abgeholzt, ist bis
heute recht karg, hat jedoch Traumstrände, einzigartige
Tauchgründe und eine woanders kaum zu Þndende Wasserqualität. Nur, von dem, was der Reiseführer “versprach”, Þndet
der Tourist zwar die Radarstation, aber den wenigen Käse und
die paar Flaschen Wein aus kleinen Privatgärten genießen
die Insulaner selbst. Doch alte Freunde bekommen stets eine
Probe von beidem, nicht ohne zuvor an der Familientafel mit
Bergen von Pasta, Scampi, ThunÞsch, SchwertÞsch, verwöhnt
worden zu sein.
Flieger-Archäologie leicht gemacht: auf dem Flugplatz
von Lampedusa steht in noch erkennbarem Zustand eine
Grumman Albatros als Erinnerung an die Sanitätsßüge in der
Nachkriegszeit für die Bewohner, die kein Krankenhaus haben;
heute ist die ärztliche Nothilfe durch einen modernen Hubschrauber gewährleistet. Wir fanden durch einen glücklichen
Umstand unsere zweite Heimat auf Lampedusa bei dem Tausendsassa Umberto, Erbauer des Villaggio Turistico “LA ROCCIA”, direkt an der Südküste. Nur in seinem grünen Paradies ist
rund ums Jahr Saison, und der Preis stimmt auch.
Nach erfüllten Wochen mit den beschriebenen “Zutaten”
Wechsel in der Position des Copiloten. Unser Ansmut mußte
schon nach wenigen Tagen dienstlich in die Heimat zurück,
so schwebte Georg(io), ein Lampedusa-Vielßieger, per Linie
ein. Sonst einmotorig unterwegs, ging er voll Begeisterung mit
uns auf den Rückßug.
Geplant war Catania, aber wegen eines Instrumentenausfalls
wurde daraus zur Sicherheit zunächst Malta. Den Stop haben
wir intensiv genutzt; ein Höhepunkt war der Besuch im rasch
wachsenden Luftfahrt-Museum am stillgelegten Flugplatz
Ta’Qali. Der Weiterßug ging dann über Lamezia, Neapel, Portoroz, Oberpfaffenhofen und Karlsbad zurück nach Rotenburg/
Wümme, unserem Startplatz.
Die Benzinpreise in Frankreich und Italien sind bekannt hoch,
wenngleich auch günstiger als in unserem von Ökosteuer
geplagten Land. Angaben über Flughafengebühren in diesem
Bericht sind für Lampedusa-Nachßieger ohne Bedeutung, da
unser Fall eines VFR-Fluges mit 2,5t MTOW äußerst selten
vorkommt. Für uns kam sogar noch die böse Überraschung,
daß über 2 Tonnen von Italien und Kroatien Streckengebühren
verlangt wurden.
Nach diesen wirtschaftlichen Anmerkungen zurück zur Isola
del sole.- In seinem Historienroman “Der stille Gott der Wölfe”
läßt der Autor Andreas Englisch Jesus von Nazareth nicht die
Kreuzigung erleiden, die Römer wagten dieses mit dem Volkshelden nicht, sondern sie deportierten ihn nach Lampedusa,
wo er sein Leben als Schafhirte beendete.- Wer weiß das so
genau. Aber der Lampedusa-Besucher kann fühlen, daß in
dieser Erde etwas Besonderes verborgen ist.
PS: Für Fragen rund um “unsere” Insel und Details zum
Flug stehen wir gerne zur Verfügung. Vielleicht hier noch
die Tel.-Nr. des erwähnten Villaggio Turistico “LA ROCCIA” : +39 0922 970055. Der Inhaber Umberto spricht perfekt
deutsch, seine Frau Andrea englisch. Unsere email-Adresse:
[email protected] , Tel.: 08191/970895
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AOPA-Letter 4/2003
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