Betrieb und Prüfung von Druckbehältern beim Zweckverband
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Betrieb und Prüfung von Druckbehältern beim Zweckverband
Markus Glaub Betrieb und Prüfung von Druckbehältern beim Zweckverband Bodensee-Wasserversorgung Die Bodensee-Wasserversorgung betreibt insgesamt ca. 260 Druckbehälter. Davon unterliegen 131 der Prüfpflicht (das heißt, dass sie regelmäßig geprüft werden müssen). In diesem Artikel soll - ausgehend von den gesetzlichen Grundlagen - erläutert werden, welche Pflichten die Betreiber von Druckbehältern in der Wasserversorgung haben und was bei der Umsetzung zu beachten ist. Dabei wird auch dargestellt, wie die Bodensee-Wasserversorgung diese Vorschriften praktisch umsetzt. I. Arten von Druckbehälter bei der Bodensee- Wasserversorgung Die Druckbehälter bei der Bodensee-Wasserversorgung haben verschiedene Funktionen und unterschiedliche Bauweisen. Die Mehrzahl der prüfpflichtigen Druckbehälter sind Windkessel. Diese können auf der Saugoder Druckseite von Pumpen angeordnet sein und haben die Funktion, Druckstöße zu vermeiden beziehungsweise zu begrenzen. Meistens handelt es sich dabei um Druckwasserbehälter, die mit einem Luftposter überlagert sind (Abb. 1). Kleinere Behälter, die überwie- gend in Hauswasseranlagen eingesetzt werden, sind meistens als Membranbehälter ausgeführt. In diesen sind Wasser und Gas (meistens Stickstoff) durch eine flexible Membran getrennt (Abb. 2). Außerdem ist die Bodensee-Wasserversorgung mit Druckluftbehälter ausgestattet, die meistens Bestandteil von Kompressor-Anlagen sind (Abb. 3). Die Bodensee-Wasserversorgung hat auch viele kleine Druckbehälter als Bestandteil des ölhydraulischen Systems von Fallgewichtsarmaturen. Sie sind mit Hydrauliköl und Stickstoff gefüllt und durch eine Membran getrennt (Abb. 4). Die meisten dieser Behälter sind aufgrund Ihrer geringen Größe und des daraus resultierenden geringen Gefährdungspotentials nicht prüfpflichtig. Einige der bei der Bodensee-Wasserversorgung verwendeten Druckbehälter haben besondere Funktionen und unterscheiden sich daher in der Bauart und auch in den Prüfmöglichkeiten und Prüfanforderungen deutlich von den vorgenannten Druckbehältern. Beispiele hierfür sind: Ozoneure (Abb. 5), Autoklaven und Hydraulikspeicher in Elektroanlagen. II. Richtlinien, Gesetze und Vorschriften und ihre Bedeutung für die Wasserversorgung Für die Herstellung und den Betrieb von Druckbehältern gibt es verschiedene Richtlinien, Gesetze und Vorschriften, die nachfolgend genauer erläutert werden. (siehe Tabelle 1 auf der rechten Seite) 1. Druckgeräterichtlinie - Richtlinie 97/23/EG (DGRL) Die Druckgeräterichtlinie gilt für die Auslegung, Fertigung und Konformitätsbewertung von Druckgeräten und Baugruppen mit einem maximal zulässigen Druck von über 0,5 bar. Im Bereich Trinkwasser gilt sie nicht für Rohrleitungen, sondern nur für Behälter. Abb. 1: Windkessel Pumpwerk Villingen 32 Beim Kauf von Druckbehältern ist sicherzustellen, dass sie in Übereinstimmung mit dieser Richtlinie gefertigt wurden. Die in der Druckgeräterichtlinie vorgenommene Klassifizierung der Druckbehälter ist auch für die Prüfung von Druckbehältern wichtig. Wissensdurst | Heft 6 · 2011 Abb. 2: Hauswasseranlage Hochbehälter Ecken Abb. 3: Kompressor Werkstatt Hochbehälter Rohr Bezeichnung Abkürzung Druckgeräterichtline - Richtlinie 97/23/EG DGRL Richtlinie über einfache Druckbehälter - Richtlinie 2009/105/EG GPSG Betriebssicherheitsverordnung BetrSichV und sicherheitstechnische Bewertung Technische Regel für Betriebssicherheit: Prüfungen bei Gefähr dungen durch Druck und Dampf Technische Regel für Betriebssicherheit: Befähigte Personen Technische Regel für Betriebssicherheit: Gefährdungen durch Dampf und Druck - Allgemeine Anforderungen Arbeitsschutzgesetz Amtsblatt EU Nr. L181 vom 9.7.1997 S. 1: zuletzt geändert am 31.10.2003 Amtsblatt EU Nr. L264 vom 08.10.2009 S. 12 Geräte- und Produktsicherheitsgesetz Technische Regel für Betriebssicherheit: Gefährdungsbeurteilung Quelle Bundesgesetzblatt I Nr. 70 vom 02.10.2002 S. 3777, zuletzt geändert am 26.11.2010 Bundesgesetzblatt I Nr. 1 vom 09.01.2004 S. 2 zuletzt geändert am 07.03.2011 TRBS 1111 Bundesanzeiger Nr. 232a vom 09.12.2006 S. 3 TRBS 1201 Teil 2 Gemeinsames Ministerialblatt Nr. 50 vom 20.10.2008 S.1042 TRBS 1203 Bundesanzeiger Nr. 797 vom 18.11.2004 S. 23 TRBS 2141 ArbSchG Gemeinsames Ministerialblatt Nr. 15 vom 23.03.2007 S. 310 (327) Bundesgesetzblatt I Nr. 43 vom 20.08.1996 S. 1246, zuletzt geändert am 05.02.2009 Tabelle 1: Richtlinien, Gesetze und Vorschriften für Druckbehälter Wissensdurst | Heft 6 · 2011 33 2. Richtlinie über einfache Druckbehälter – Richt linie 2009/105/EG Diese Richtlinie gilt für „einfache Druckbehälter“ (für diese gilt die Druckgeräterichtlinie nicht). Einfache Druckbehälter sind bestimmte (bezüglich Form und Werkstoffen näher definierte) geschweißte Druckbehälter für Luft oder Stickstoff mit einem maximalen Betriebsdruck von 30 bar und einem Druckinhaltsprodukt von maximal 10.000 bar x Liter. In der Wasserversorgung ist diese Richtlinie nur für kleine Druckluftbehälter anwendbar, sofern die Behälter nach dieser Richtlinie gefertigt wurden. 3. Gesetz über technische Arbeitsmittel und Ver- braucherprodukte - Geräte und Produktsicher- heitsgesetz (GPSG) Durch das Geräte- und Produktsicherheitsgesetz werden die Druckgeräterichtlinie und die Richtlinie über einfache Druckbehälter in nationales Recht umgesetzt. Es enthält jedoch für Druckbehälter keine konkreten Vorschriften, sondern ist die gesetzliche Grundlage für den Erlass der Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV) und von Technischen Regeln für Betriebssicherheit (TRBS). 4. Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV) Abb. 4: Rohrbruchsicherung Schönaich Durch die Betriebssicherheitsverordnung erfolgt die praktische Umsetzung der Druckgeräterichtlinie und der Richtlinie über einfache Druckbehälter. Die Betriebssicherheitsverordnung trat am 1.1.2003 in Kraft, gleichzeitig verlor die bis dahin für Druckbehälter geltende Druckbehälterverordnung ihre Gültigkeit. Die Betriebssicherheitsverordnung besteht aus folgenden 4 Abschnitten und den Anhängen 1 - 5: • Abschnitt 1 (§§ 1 und 2) Allgemeine Vorschriften: Anwendungsbereich und Begriffsbestimmungen • Abschnitt 2 (§§ 3 - 11) Gemeinsame Vorschriften für Arbeitsmittel • Abschnitt 3 (§§ 12 - 23) Besondere Vorschriften für überwachungsbedürftige Anlagen • Abschnitt 4 (§§ 24 - 27): Gemeinsame Vorschriften, Schlussvorschriften Abb. 5: Ozoneure Sipplinger Berg 34 Für Druckbehälter ist vor allem Abschnitt 3 wichtig, da Druckbehälter zu den überwachungspflichtigen Anlagen gehören; außerdem Teile des Anhangs 5, der die Prüfung besonderer Druckgeräte regelt. Wissensdurst | Heft 6 · 2011 Die Betriebssicherheitsverordnung regelt die Pflichten des Betreibers. Hervorzuheben sind vor allem folgende Punkte: • Erstellung einer Gefährdungsbeurteilung (§ 3) – dies wird im Abschnitt IV näher erläutert • Unterrichtung und Unterweisung der Beschäftigten, dazu gehört die Erstellung von Betriebsanweisungen (§ 9) • Montage und Installation nach dem Stand der Technik (§ 12) • Die Anlage muss in ordnungsgemäßem Zustand gehalten und überwacht werden; notwendige Instandsetzungs- und Wartungsmaßnahmen müssen unverzüglich durchgeführt werden (§ 12) • Prüfung vor Inbetriebnahme (§ 14) - siehe auch Abschnitte III + V • Erstellung einer sicherheitstechnischen Bewertung und wiederkehrende Prüfungen (§ 15) - siehe auch Abschnitte III - V • Unfall- und Schadensanzeige an die zuständige Behörde (§ 18) 5. Technische Regeln für Betriebssicherheit (TRBS) Die Technischen Regeln für Betriebssicherheit konkretisieren die Betriebssicherheitsverordnung. Für den Bereich Druckbehälter sind dies vor allem die TRBS 1111 (Gefährdungsbeurteilung und sicherheitstechnische Bewertung), die TRBS 1201 Teil 2 (Prüfungen bei Gefährdungen durch Dampf und Druck), die TRBS 1203 (Befähigte Personen) und die TRBS 2141 (Gefährdungen durch Dampf und Druck). 6. Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) Das Arbeitsschutzgesetz dient dazu, Sicherheit und Gesundheitsschutz der Beschäftigten bei der Arbeit durch Maßnahmen des Arbeitsschutzes zu sichern und zu verbessern. Daraus resultiert die Notwendigkeit, für Druckbehälter eine Gefährdungsbeurteilung zu erstellen (siehe Abschnitt IV.). III. Zuständigkeiten für Prüfungen vor Inbetrieb- nahme (IB) und wiederkehrende Prüfungen Abhängig von Inhalt, maximalem Betriebsdruck und Medium müssen diese Prüfungen durch eine zugelassene Überwachungsstelle (ZÜS) oder durch eine befähigte Person (bP) durchgeführt werden. Zugelassene Überwachungsstellen werden von der zuständigen Landesbehörde nach einem Akkreditierungsverfahren Wissensdurst | Heft 6 · 2011 benannt. Das sind z. B. Beispiel der TÜV und die Dekra. Befähigte Personen müssen über Fachkenntnisse verfügen, die sie durch Berufsausbildung, Berufserfahrung und zeitnahe berufliche Tätigkeit erworben haben (Technische Regeln für Betriebssicherheit TRBS 1203). Befähigte Person kann man auch durch die Absolvierung eines entsprechenden Lehrgangs werden. Diese Lehrgänge werden von verschiedenen zugelassenen Überwachungsstellen angeboten. Die Druckgeräterichtlinie (DGRL) teilt die Druckbehälter in verschieden Gruppen ein, die von folgenden Parametern abhängen: • Aggregatzustand des Fluids (flüssig oder gasförmig) • Gefährlichkeit des Fluids (siehe Artikel 9 Absatz 2 DGRL): Gruppe 1 (gefährliche Fluide) oder Gruppe 2 (ungefährliche Fluide) • Inhalt des Druckbehälters in Liter • maximaler Betriebsdruck in bar • Druckinhaltsprodukt in bar x Liter Gefährlichkeit und Aggregatzustand des Fluids ergeben nach Artikel 3 Absatz 1 DGRL die Zuordnung zu den Diagrammen im Anhang II der DGRL. Sind mehrere Fluide in einem Behälter (z. B. Wasser mit Luftpolster) wird nach dem Fluid eingeordnet, das die höchste Kategorie erfordert. Dies gilt auch, wenn die Medien durch eine flexible Membran getrennt sind (Membranbehälter; Artikel 9 Absatz 3 DGRL). Das bedeutet in der Praxis, dass in der Wasserversorgung meistens Diagramm 2 im Anhang II der Druckgeräterichtlinie (Gase bzw. Flüssigkeiten mit Gaspolster; Fluidgruppe 2) gilt. In den Diagrammen erfolgt die Einteilung in die Kategorien I, II, III und IV. Auf diese Kategorien nehmen §§ 14 und 15 der Betriebssicherheitsverordnung Bezug und legen so fest, wer die Prüfungen durchzuführen hat. Selbstverständlich dürfen Behälter, die durch eine befähigte Person zu prüfen sind, auch durch eine zugelassene Überwachungsstelle geprüft werden. Die folgende Tabelle auf der nächsten Seite zeigt, wer Druckbehälter zu prüfen hat, für die Diagramm 2 Anwendung findet. Ist in einem Feld „-" eingetragen, gelten diese Behälter nicht als überwachungspflichtige Anlagen, sondern als Arbeitsmittel. Prüfungen gemäß §§ 14 und 15 der Betriebssicherheitsverordnung sind somit nicht erforderlich. 35 Volumen V [Liter] Druck p [bar] Druckinhaltsprodukt p x V [bar x Liter] Prüfungen vor Inbetriebnahme wiederkehrende Prüfungen alle ≤ 0,5 alle - - alle - - alle ≤ 50 - - 0,5 < p ≤ 1 > 50 befähigte Person befähigte Person 50 < p x V ≤ 200 befähigte Person befähigte Person 200 < p x V ≤ 1000 zugelassene Überwachungsstelle befähigte Person > 1000 zugelassene Überwachungsstelle zugelassene Überwachungsstelle alle zugelassene Überwachungsstelle zugelassene Überwachungsstelle ≤1 >1 ≤ 1000 1 < p ≤ 1000 alle > 1000 Tabelle 2: Prüfzuständigkeiten für Druckbehälter gemäß DGRL, Anhang II‚ Diagramm 2 Für einfache Druckbehälter nach Richtlinie 2009/105/EG gelten geringfügig abweichende Zuordnungen. Tabelle 2 zeigt, dass auch bei relativ kleinen Behältern Prüfungen vor Inbetriebnahme und wiederkehrende Prüfungen durchzuführen sind. Gegenüber der bis 2002 gültigen Druckbehälterverordnung kam es hier teilweise zu einer Verschärfung der Anforderungen. Dadurch wurden am 1.1.2008 (bis dahin galt eine Übergangsfrist) manche bestehende Druckbehälter prüfpflichtig, die bisher von der Prüfpflicht ausgenommen waren. Beispiele aus der Praxis der BodenseeWasserversorgung A. Eine Druckerhöhungsanlage mit einem Membrandruckbehälter mit 8 Liter Inhalt und einem maximalen Betriebsdruck von 10 bar hat ein Druckinhaltsprodukt von 80 bar x Liter und muss daher vor Inbetriebnahme und wiederkehrend durch eine befähigte Person geprüft werden. B. Ein Kompressor mit einem Druckbehälter mit 100 Liter Inhalt und einem maximalen Betriebsdruck von 10 bar ist vom Hersteller als „nicht TÜV-pflichtig“ gekennzeichnet. Man könnte denken, dass hier keine Prüfungen notwendig seien. Das ist aber nicht richtig: Der Behälter hat ein Druckinhaltsprodukt von 1000 bar x Liter. Das bedeutet, dass die Prüfung vor Inbetriebnahme durch eine zugelassene 36 Überwachungsstelle durchgeführt werden muss. Auch wiederkehrende Prüfungen sind erforderlich. Allerdings können diese durch eine befähigte Person durchgeführt werden. C. Ein Druckspeicher (Hydrauliköl und Stickstoff, durch eine Membran getrennt) an einer Armatur mit Fallgewichtsantrieb mit einem Volumen von 1,4 Liter und einem maximalen Betriebsdruck von 250 bar hat ein Druckinhaltsprodukt von 350 bar x Liter und muss daher vor Inbetriebnahme durch eine zugelassene Überwachungsstelle und wiederkehrend durch eine befähigte Person geprüft werden. In diesem Fall ist beim Kauf der Armatur zu prüfen, ob nicht ein Druckspeicher mit einem Inhalt von 1 Liter ausreichend ist. Dann würde die Prüfpflicht entfallen. Für Diagramm 4 gemäß Anhang II der Druckgeräterichtlinie-Druckbehälter für Flüssigkeiten (ohne Gaspolster); Fluidgruppe 2 (ungefährlich) gelten weitaus höhere Grenzen. Erst ab einem Druck > 10 bar und einem Druckinhaltsprodukt von > 10.000 bar x Liter oder einem Druck von > 1.000 bar gelten diese Behälter als überwachungspflichtige Anlagen. Die Prüfungen vor Inbetriebnahme und die wiederkehrenden Prüfungen werden bei der Bodensee-Wasserversorgung durch den TÜV Süd Abteilung Dampf- und Drucktechnik durchgeführt. Ungefähr ein Viertel der Behälter könnte gemäß § 15 Betriebssicherheitsverordnung durch eine befähigte Person (bP) geprüft werden. Wissensdurst | Heft 6 · 2011 Der Ersparnis für Prüfgebühren stehen jedoch Kosten für die Schulung und Nachschulungen der befähigten Person sowie Arbeitskosten und aufgrund des großen Netzes der Bodensee-Wasserversorgung auch erhebliche Fahrtkosten gegenüber, so dass entschieden wurde, auch diese Behälter von einer zugelassene Überwachungsstelle, in diesem Fall dem TÜV Süd prüfen zu lassen. Zwischen dem TÜV Süd und der BodenseeWasserversorgung wurde dazu ein Rahmenvertrag abgeschlossen. Beim TÜV Süd gibt es für die BodenseeWasserversorgung eine zentrale Ansprechperson, die jeweils am Jahresanfang eine Liste mit den in diesem Jahr zu prüfenden Druckbehältern erstellt. Die Beauftragung erfolgt zentral, die Terminabsprachen erfolgen zwischen der jeweils zuständigen TÜV-Niederlassung und der entsprechenden Betriebsstelle der BodenseeWasserversorgung. Die Gesamtkoordination und Pflege von Listen wird bei der Bodensee-Wasserversorgung vom Verfasser dieses Artikels durchgeführt. Dieser hat über das Internet auch Einblick in das vom TÜV erstellte virtuelle Prüfbuch, in dem sämtliche Prüfbescheinigungen für Druckbehälter der Bodensee-Wasserversorgung abrufbar sind. IV. Prüffristen, sicherheitstechnische Bewertung, und Gefährdungsbeurteilung Die Prüffristen für die wiederkehrenden Prüfungen der Druckbehälter sind vom Betreiber auf der Grundlage einer sicherheitstechnischen Bewertung zu ermitteln. Wenn die wiederkehrenden Prüfungen nur durch eine zugelassene Überwachungsstelle durchgeführt werden dürfen, müssen die vom Betreiber ermittelten Prüffristen durch eine zugelassene Überwachungsstelle überprüft werden. Die sicherheitstechnische Bewertung kann auch im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung vorgenommen werden. Bei Druckbehältern, die von befähigten Personen geprüft werden können, werden die Prüffristen aufgrund der Herstellerinformation sowie der Erfahrung mit Betriebsweise und Beschickungsgut vom Betreiber festgelegt. Die sicherheitstechnischen Bewertungen werden bei der Bodensee-Wasserversorgung für sämtliche Druckbehälter durch den TÜV Süd erstellt. Welche Prüffristen festzulegen sind, ist abhängig von folgenden Faktoren (siehe hierzu „Leitfaden zur Ermittlung von Prüffristen für Druckgeräte“ des Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit, Ausschuss für Betriebssicherheit, Unterausschuss 7 Druckanlagen, Arbeitskreis 2): Wissensdurst | Heft 6 · 2011 • • • • Auslegung und Fertigung Dokumentierte Qualität Ergebnisse aus der Prüfung vor Inbetriebnahme Betriebsbedingte Einflüsse auf die Lebensdauer Maximale Prüffristen Innere Prüfung 5 Jahre Festigkeitsprüfung 10 Jahre Äußere Prüfung2 Jahre (nur bei beheizten Druck- behältern wie z. B. Autoklaven) Bei Behältern, die von einer befähigten Person geprüft werden können, sind eventuell auch längere Fristen möglich. Für besondere Druckbehälter gemäß Anhang 5 der Betriebssicherheitsverordnung gelten zum Teil abweichende Fristen (z. B. für Druckbehälter mit Hydrauliköl und Stickstoff: innere Prüfung nur alle 10 Jahre). Während die sicherheitstechnische Bewertung nur den Druckbehälter bzw. das Druckgerät beurteilt, sind in der durch § 3 der Betriebssicherheitsverordnung geforderten Gefährdungsbeurteilung auch die Arbeitsumgebung des Druckbehälters (z. B. Zugänglichkeit) und Wechselwirkungen mit anderen Arbeitsmitteln zu berücksichtigen. Es geht dabei um den Schutz der Beschäftigten gemäß § 5 Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG). Bei der Bodensee-Wasserversorgung werden die Gefährdungsbeurteilungen von der Fachkraft für Arbeitssicherheit zusammen mit den Betriebsstellenleitern erstellt. Dabei wird nicht für jeden Druckbehälter eine eigene Gefährdungsbeurteilung erstellt, sondern für gleichartige Druckbehälter am selben Ort oder unter gleichartigen Bedingungen werden die Gefährdungsbeurteilungen zusammengefasst (gemäß Arbeitsschutzgesetz § 5 Absatz 2 und Technische Regel für Betriebssicherheit [TRBS] 1111 Punkt 3.3.8). V. Durchführung und Dokumentation der Prüfungen Bei der Prüfung vor Inbetriebnahme wird der Druckbehälter incl. Ausrüstung (z. B. Sicherheitsventile) auf seinen ordnungsgemäßen Zustand hinsichtlich der Montage, der Installation, den Aufstellungsbedingungen und der sicheren Funktion geprüft. Die wiederkehrenden Prüfungen bestehen aus einer Ordnungsprüfung und einer technischen Prüfung (siehe auch TRBS 1201 Teil 2, Punkt 2.2). 37 Bei der Ordnungsprüfung wird u. a. geprüft, ob die erforderlichen Unterlagen vorhanden sind und mit der Ausführung übereinstimmen und ob Beschaffenheit oder Betriebsbedingungen seit der letzten Prüfung geändert wurden. Die innere Prüfung ist in der Regel eine Besichtigung. Die Festigkeitsprüfung ist in der Regel eine Druckprüfung mit Wasser mit 1,3-fachem Betriebsdruck. Bei inneren Prüfungen können Besichtigungen durch andere gleichwertige Verfahren ersetzt werden, wenn die Durchführung aus Gründen der Bauart nicht möglich ist (kleine Behälter ohne Mannloch und Kopfloch, z. B. Druckbehälter von Kompressoranlagen) oder aus Gründen der Betriebsweise nicht zweckdienlich ist (z. B. bei Membranbehältern). Mögliche gleichwertige Verfahren sind z. B. die Prüfung mit einem Endoskop oder bei Membranbehältern die äußere Prüfung mit Ultraschall-Wanddickenmessung an verschiedenen Stellen des Behälters. Entsprechend können bei Festigkeitsprüfungen die statischen Druckproben durch gleichwertige zerstörungsfreie Verfahren ersetzt werden. Die Prüfungen kann um bis zu 2 Monate vor oder nach dem Fälligkeitsmonat durchgeführt werden, ohne dass sich dadurch die folgenden Prüftermine verschieben. Über die Prüfungen werden von der zugelassenen Überwachungsstelle Prüfbescheinigungen ausgestellt. Bei Prüfungen durch befähigte Personen ist das Ergebnis aufzuzeichnen. Prüfbescheinigungen und Aufzeichnungen sind am Betriebsort des Druckbehälters aufzubewahren und der zuständigen Behörde auf Verlangen vorzuzeigen (§ 19 Betriebssicherheitsverordnung). Anschrift des Autors: Dipl.-Ing. (FH) Markus Glaub Maschinen- und Rohrsysteme Zweckverband Bodensee-Wasserversorgung Hauptstr. 163 70563 Stuttgart Telefon: 0711/973-2321 E-Mail: [email protected] 38 Wissensdurst | Heft 6 · 2011 Wissensdurst | Heft 6 · 2011 39