Sprachförderung – nötiger denn je PISA und PISA

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Sprachförderung – nötiger denn je PISA und PISA
Sprachförderung – nötiger denn je
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PISA und PISA-Massnahmen als Herausforderung
Urs Moser
Sehr geehrte Damen und Herren
Es sind beinahe zwei Jahre her, seit die PISA-Rangliste an einem Dezembermorgen über
die Medien verbreitet wurde und in der Schweiz eine noch nie da gewesene Diskussion
über die Qualität unseres Bildungswesens und unserer Schule auslöste. Während die
schlechten Ergebnisse der Schweizer Schülerinnen und Schüler in den Naturwissenschaften sozusagen lautlos weggesteckt werden konnten, reagierten Politik und Öffentlichkeit
doch eher geschockt auf die Tatsache, dass rund 20 Prozent unserer Jugendlichen nach
neun Jahren obligatorischer Schulbildung nicht einmal dazu fähig sind, einen einfachen
Text zu verstehen. Und auch der Anteil sehr guter Leserinnen und Leser ist in der Schweiz
vergleichsweise gering. Wenn man während den letzten beiden Jahren verfolgt hat, welche Massnahmen aus den PISA-Ergebnissen abgeleitet werden und für welche Zwecke
PISA benutzt wird, dann zeigt es sich, dass auch ein paar politisch und wissenschaftlich
tätige Personen unter einer Leseschwäche leiden, zumindest was das Lesen der PISABerichte mit den vielen Tabellen und Grafiken betrifft. Es gilt dabei allerdings zu berücksichtigen, dass das Lesen und Interpretieren der PISA-Ergebnisse tatsächlich nicht ganz
einfach ist und für die Wissenschaft wie für die Politik eine Herausforderung darstellt. Ich
werde diese Schwierigkeiten anhand der Beantwortung von vier Fragen aufzeigen.
1. Was ist PISA?
2. Wie wird PISA genutzt?
3. Wie steht es um die Schule in der Schweiz?
4. Welche bildungspolitischen Massnahmen sind zur Steigerung der Lesekompetenz angebracht?
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Bildung wohin? Vortragszyklus Hochschul-Forum Zug zu Facetten der Bildung. Inputreferat vom
20. Oktober 2003.
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1. Was ist PISA?
PISA ist ein internationaler Schulleistungsvergleich bei 15-jährigen Schülerinnen und Schülern, der am Ende der obligatorischen Schulzeit das Wissen und Können in den zentralen
Leistungsbereichen erfasst und international vergleicht. Wie ist das möglich? Die Schweiz
mit 26 Kantonen lässt sich wohl kaum vergleichen, sind wir da nicht etwa in eine gewaltige Falle getappt, wie ein bekannter Schweizer Psychologe vermutet?
«Unsere Schulen sind besser als ihr Ruf; die PISA-Befunde lenken von ihren eigentlichen Qualitäten ab. Zur Lesekompetenz: Die Art, in der sie erhoben wurde, entspricht angelsächsischen und skandinavischen Testmethoden. Wir sind hier Opfer
eines Kulturimperialismus. Natürlich gibt es auch andere Gründe: Zum Beispiel ist
Standarddeutsch bei uns eine Fremdsprache.»
Zitat A.G., Psychologe Zürich, «Brückenbauer», (10. 12. 2002)
PISA ist keine Falle, sondern ein wissenschaftliches Programm. Die Tests werden von internationalen Expertenteams entwickelt, in denen auch die Schweiz angemessen vertreten
ist. Es wird besonders darauf geachtet, dass die Tests keine kulturell verzerrten Aufgaben
enthalten. Doch wie wir in einer PISA-Vertiefungsstudie nachweisen konnten, gehört das
Lesen von Packungsbeilagen, von Tabellen und Grafiken, von Gebrauchsanleitungen oder
von mehrseitigen Texten in einer grossen Anzahl der Schweizer Schulen tatsächlich nicht
zur Kultur im Deutschunterricht (Moser & Berweger, 2003). So verstanden ist die Schweiz
tatsächlich in eine Falle getappt, allerdings mehr oder weniger bewusst, denn PISA hatte
von Beginn weg zum Ziel, den teilnehmenden Ländern eine Standortbestimmung in Bezug
auf jene Grundbildung zu ermöglichen, die zur erfolgreichen Bewältigung der Herausforderungen im beruflichen, gesellschaftlichen und privaten Alltag notwendig ist (OECD,
2000). Woraus diese Grundbildung besteht und wie sie gemessen wird, wurde von den
OECD-Ländern mehr oder weniger auf demokratischem Weg bestimmt: PISA ermöglicht
den Ländern eine Standortbestimmung aufgrund international festgelegter Benchmarks,
die weder von den USA noch von Skandinavien «frisiert» wurden.
PISA führt aber zu weit mehr als zu einer Standortbestimmung. PISA ist ein Programm, das
über Jahrzehnte dauern soll, und zugleich ein Produkt mit dem Ziel, die Diskussion über
Bildungsfragen in den teilnehmenden Ländern zu initiieren und die Entwicklung von Bildungssystemen und Schulen voranzutreiben. Die OECD, die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, veröffentlicht nicht nur Berichte mit Ranglisten
und weiteren interessanten Ergebnissen über den Zustand der Bildungssysteme (OECD,
2001), sondern sie kommuniziert das Produkt PISA und betreibt ein Marketing mit der
Botschaft: Wenn sie eine Frage über die Qualität der Schule haben, dann liefert ihnen PISA
Antworten. Die Politik erhält so scheinbar die lang ersehnte wissenschaftliche Grundlage,
mit der sie sowohl die geplanten als auch die unterlassenen Reformen legitimieren kann.
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2. Wie wird PISA genutzt?
Die mediengerechte Vermarktung der PISA-Ergebnissse löste in der Schweiz eine anhaltende Diskussion über Bildung aus, bei der allerdings die Komplexität und die Interdependenz der beteiligten Merkmale des Bildungssystems oft unterschätzt werden.
«Der PISA-Schock über die mittelmässige Wirksamkeit des schweizerischen Bildungssystems war insofern heilsam, als dass sich alle politischen Kräfte auf Bundes- und
Kantonsebene heute einig sind, dass wir wieder mehr in die Bildung, dem wichtigsten Rohstoff der Schweiz, investieren müssen. (…) Unser Bildungswesen braucht
Qualität und Finanzen – beides wird in Bundesbern (mit)gesteuert.»
A.F., Politikerin Basel-Stadt, «www.sp-bs.ch/gr/texte» (17. 10. 2003)
So einfach und linear schön kann Nachdenken über Bildungssysteme sein: Mehr Geld,
mehr Qualität, bessere Schülerinnen und Schüler. Obwohl die Schweiz im internationalen
Vergleich deutlich mehr ausgibt als die führenden Länder Finnland oder Australien, benötigt die Schweiz noch mehr Geld, damit sie in den wichtigen Rohstoff Bildung investieren
kann. Aufgrund des internationalen Vergleichs könnte man aber auch zum gegenteiligen
Schluss gelangen: die Schweiz muss die Bildungsausgaben senken. Länder, die deutlich
weniger Geld für Bildung ausgeben, erreichen klar bessere Ergebnisse (OECD, 2001). Die
PISA-Ergebnisse der Schweizer Jugendlichen werfen unmittelbar die Frage auf, weshalb
nicht bessere Ergebnisse erzielt werden, wenngleich im internationalen Vergleich so hohe
Kosten anfallen. Die Forderung nach mehr Geld ist verständlich und irgendwie auch sympathisch, sie lässt sich aber nur beschränkt mit den PISA-Ergebnisse begründen. Aufgrund
der PISA-Ergebnisse wäre nämlich viel eher die Frage angebracht, ob nicht einige Teilbereiche des Bildungssystems auf ihre Wirksamkeit hin überprüft werden müssten und die
vorhandenen Ressourcen allenfalls besser eingesetzt werden könnten. Die Begründung
der Notwendigkeit zusätzlicher Finanzen ist in der heutigen Zeit in der Tat kein einfaches
Unterfangen, doch auch konkrete bildungspolitische Massnahmen lassen sich aus den
PISA-Ergebnissen nicht ohne weiteres konsistent ableiten, wie ein zweites Beispiel zeigt:
Die schweizerische Steuergruppe des Projekts PISA hat aufgrund der PISA-Ergebnisse verschiedene Empfehlungen abgegeben (Buschor, Gilomen & McCluskey, 2003). Eine dieser
Empfehlungen bezieht sich auf die «Selektivität des Bildungssystems». Aufgrund der guten Ergebnisse von Ländern wie Finnland, Australien und Kanada, die sich alle durch ein
integratives Schulsystem mit zum Teil spätem Selektionszeitpunkt auszeichnen, wird vermehrte Durchlässigkeit zwischen den Schultypen der Sekundarstufe I sowie eine Diskussion über den Selektionszeitpunkt gefordert. Diese Forderung ist aufgrund des internationalen Vergleichs tatsächlich nachvollziehbar. Hätte die Steuergruppe ihren Blick jedoch auf
nationale PISA-Ergebnisse innerhalb von Deutschland und innerhalb der Schweiz gewor-
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fen, dann wäre sie zu anderen Schlüssen gezwungen worden. So schneiden in Deutschland Bayern und Baden-Württemberg mit dem klassischen dreiteiligen Schulsystem auf der
Sekundarstufe I (Hauptschule, Realschule und Gymnasium) merklich besser ab als Hessen,
Niedersachsen und das Schlusslicht Bremen, die integrative Schulmodelle oder gar Gesamtschulen auf der Sekundarstufe I realisieren, was in Deutschland zu folgendem Schluss
der CSU über die Selektivität des Bildungssystems geführt hat:
In allen drei getesteten Bereichen – Lesekompetenz, Mathematik, Naturwissenschaften – liegen sozialdemokratisch regierte Länder abgeschlagen am Schluss der Tabelle. Unionsregierte Länder bilden die Spitzengruppe. Spitzenreiter ist durchwegs Bayern vor Baden-Württemberg. Die Ergebnisse der PISA-Studie zeigen auch: das gegliederte Schulsystem in Bayern ist sozial gerechter als das Schulsystem in SPDregierten Ländern, in denen die Gesamtschule eine dominante Rolle spielt.
CSU, www.csu.de/home/Display/Politik/Themen/Bildung/pisastudie
Auch in der Deutschschweiz erreicht bei einem Vergleich der Kantone Bern, St. Gallen und
Zürich der Kanton St. Gallen mit ausschliesslich dreigliedrigem Schulsystem (Gymnasium,
Sekundarschule und Realschule) signifikant bessere Leistungen als der Kanton Bern mit
vorwiegend kooperativen oder integrativen Schulmodellen auf der Sekundarstufe I (Moser,
Ramseier & Berweger, 2002). Nun, beide Folgerungen – jene der Steuergruppe von PISA
wie auch jene der CSU in Deutschland – drängen sich aufgrund der PISA-Ergebnisse nicht
wirklich auf. Die Ursachen für die schlechten Lesekompetenzen sind kaum beim Schulsystem auf der Sekundarstufe I zu finden. Es gibt genügend überzeugende Studien zum
Thema, die vor allem eines zeigen: Schülerinnen und Schüler sind systemresistent (Moser
& Rhyn, 1999). Ob dreiteilige oder integrative Sekundarschule spielt für die Entwicklung
der Schulleistungen kaum eine Rolle. Vielmehr kommt es darauf an, was im täglichen Unterricht gemacht wird, und da zeigt sich, dass es einzelnen Schulen in der Schweiz durchaus gelingt, mit den besten Schulen der Welt mitzuhalten (Moser, 2003).
3. Wie steht es um die Schule in der Schweiz?
In Abbildung 1 sind die Mittelwerte in der Lesekompetenz und in der mathematischen
Grundbildung von Finnland und der Schweiz sowie von den teilnehmenden Sekundarschulen der Deutschschweiz dargestellt. Die internationalen Skalen zur Lesekompetenz
und zur mathematischen Grundbildung wurden je auf einen Mittelwert von 500 Punkten
mit einer Standardabweichung von 100 Punkten normiert.
Das blaue Quadrat zeigt den Mittelwert von Finnland. Finnland erreicht knapp 550 Punkte, sowohl im Lesen als auch in der Mathematik. Das rote Quadrat zeigt die Schweiz. Die
Schweiz liegt im Lesen deutlich hinter Finnland und erreicht weniger als 500 Punkte, in der
Mathematik liegt sie sehr nahe bei Finnland und erreicht beinahe 550 Punkte. Die Kreuze
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zeigen die Ergebnisse der Sekundarschulen der Deutschschweiz. Die durchschnittlichen
Ergebnisse der Sekundarschulen liegen in der Lesekompetenz selten, in der Mathematik
meist über den Mittelwerten von Finnland.
Abbildung 1: Lesekompetenz und mathematische Grundbildung in Finnland und in der
Schweiz sowie in den Sekundarschulen der Deutschschweiz
Mathematische Grundbildung
650
600
550
500
450
450
Sekundarschulen
Finnland
Schweiz
500
550
600
650
Lesekompetenz
Anmerkung:
Mittelwerte auf der internationalen PISA-Skala (internationaler Mittelwert
der OECD-Länder = 500 Punkte, Standardabweichung = 100 Punkte)
Was zeigt uns dieses Bild? Im Gegensatz zu den meisten Ländern gibt es in der Schweiz
grosse Unterschiede zwischen der durchschnittlichen Lesekompetenz und der durchschnittlichen mathematischen Grundbildung. Während das Ergebnis der Schweizer Jugendlichen im Lesen als eher schlecht bezeichnet werden kann, verdient es in der Mathematik das Prädikat «ausgezeichnet». Das Schweizer Bildungssystem lässt es also zu, dass
zumindest in einem Fachbereich internationale Spitzenleistungen erreicht werden.
Die beste der ausgewählten Sekundarschulen erreicht im Lesen rund 100 Punkte, in der
Mathematik rund 130 Punkte mehr als die schwächste. Die Differenzen zwischen den
Schulen sind sehr gross. Ein Teil der Schweizer Sekundarschulen erreicht Ergebnisse, die
weit besser sind als das durchschnittliche Ergebnis in Finnland. In der Schweiz ist es für
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eine Schule folglich möglich, eine sehr gute durchschnittliche mathematische Grundbildung und eine sehr gute durchschnittliche Lesekompetenz zu erreichen. Es wäre deshalb
kaum ratsam, beispielsweise das in Finnland praktizierte Gesamtschulmodell einfach auf
die Schweiz übertragen zu wollen mit dem Ziel, dadurch die Lesekompetenz der Schweizer Jugendlichen verbessern zu können. Doch was könnte die Schweiz trotzdem besser
machen?
4. Welche bildungspolitischen Massnahmen sind zur Steigerung der Lesekompetenz angebracht?
Ich konzentriere mich bei der Beantwortung dieser Frage auf vier allgemeine Punkte:
1. Die Tatsache, dass die Ergebnisse der Schweiz in der Mathematik sehr gut und vor
allem signifikant besser sind als im Lesen, deutet darauf hin, dass allgemeine Aussagen
über den Zustand des Schweizer Bildungssystems kaum angebracht sind. Trotz spätem
Schuleintritt gehört die Schweiz gemessen an den Mathematikleistungen der 15Jährigen zu den besten Ländern der Welt. Es gibt zudem in der Schweiz sehr gute
Schulen und auch weniger gute Schulen. Von daher hat der eingangs zitierte Psychologe mit der Aussage «Unsere Schulen sind besser als ihr Ruf» zumindest für einen Teil
der Schulen recht, allerdings nicht für alle. Wenn man sofort und ohne grossen Aufwand die Schule verbessern will, dann muss man beim Unterricht ansetzen. Ziel muss
sein, dass in Bezug auf die Lesekompetenzen und ganz allgemein auf die Grundbildung die Unterschiede zwischen den Schulen geringer werden und sämtliche Schülerinnen und Schüler die obligatorische Schulbildung mit einer ausreichenden Grundbildung in den Kernfächern Mathematik, Naturwissenschaften und Sprachen abschliessen.
2. Schulentwicklung ist mit dem Ziel der Leistungssteigerung vermutlich ohne Qualitätskontrolle nicht zu erreichen. Lehrpersonen haben Schwierigkeiten, die Leistungen der
Schülerinnen und Schüler zuverlässig zu beurteilen. Sie haben Mühe, die Lücken der
Kinder zu identifizieren und die Leistungsfähigkeit richtig einzuschätzen. Das von der
Schweizerischen Konferenz der kantonalen Erziehungsdirektoren (EDK) lancierte Projekt zur Harmonisierung der obligatorischen Schule (HarmoS) wird den Lehrpersonen
durch die Festlegung von verbindlich zu erreichenden Standards in den zentralen Bildungsbereichen hoffentlich ein nützliches Instrument zur Ausrichtung ihrer Anforderungen im Unterricht zur Verfügung stellen. Allerdings sollten nicht nur Standards fixiert, sondern den Lehrpersonen auch Instrumente zur Verfügung gestellt werden, mit
denen sie überprüfen können, wie gut die Standards von den Schülerinnen und Schülern erreicht werden.
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3. Lesefähigkeiten und Sprachentwicklung gehören zu den grundlegendsten Bereichen,
die die Primarschule zu fördern hat. Allerdings darf der Einfluss der Familie und des sozialen Kontexts nicht unterschätzt werden. Lesegewohnheiten und Lesefähigkeiten
werden auch nach der Einschulung zu einem grossen Teil durch das Elternhaus bestimmt und können nicht einfach auf den Unterricht zurückgeführt werden (Elley,
1994). Damit sollen die mittelmässigen Lesekompetenzen der Schweiz nicht einfach
entschuldigt und das Bildungssystem aus der Verantwortung entlassen werden. Vielmehr sollten im Vorschulbereich besondere Anstrengungen unternommen und die
Betreuung jener Kinder verbessert werden, die von zu Hause aus in ihrer Bildungslaufbahn nur wenig Unterstützung erhalten.
4. Obwohl PISA die Leistungen der Jugendlichen am Ende der obligatorischen Schulzeit
untersucht, sind Massnahmen eher im Vorschulbereich und auf der Primarschulstufe
anzusiedeln. So hat beispielsweise die bekannte Münchner Längsschnittstudie zur Genese individueller Kompetenzen (LOGIK) Effekte der Buchstabenkenntnis vor Schuleintritt auf die Leseleistungen in der Primarschule nachgewiesen. Auch Zähl- und Rechenleistungen im Vorschulalter hängen mit den Lese- und Sprachleistungen auf der Primarschulstufe zusammen (Hany, 1998, S. 398 ff.). Während sich private Kindergärten
solche Erkenntnisse schon längst zunutze machen, kämpft das schweizerische Bildungssystem auch heute noch teilweise mit grossen Vorbehalten der Bevölkerung gegenüber einer Verschulung des Kindergartens. Für eine gezielte Förderung der Lesekompetenzen ist aber vor allem eine bessere Nutzung des Vorschulbereichs und ein
neues Bewusstsein für den Lese- und den (Hoch-)Sprachunterricht ausschlaggebend.
Auch wenn es nicht einfach ist, die PISA-Ergebnisse adäquat zu interpretieren und die
zwingenden Schlüsse daraus zu ziehen, ist dank PISA ein enormer «Ruck» durch die Bildungspolitik gegangen. PISA wirkt für viele bereits initiierte Reformen als Katalysator. Dabei kann es kaum falsch sein, wenn man sich von Zeit zu Zeit wieder einmal überlegt, wie
die Freude am Lesen gesteigert und die Lesekompetenzen gefördert werden können, auch
wenn sich dies kaum auf das Lesen und Interpretieren von Tabellen und Ergebnissen wissenschaftlicher Studien durch die Bildungspolitik auswirken wird.
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Literatur
Buschor, E., Gilomen, H. & McCluskey (2003). PISA 2000: Synthese und Empfehlungen.
Bern und Neuenburg: Schweizerische Konferenz der kantonalen Erziehungsdirektoren und Bundesamt für Statistik.
Moser, U. (2003). Bildungsevaluation: ein wissenschaftliches Instrument zur Vermittlung
zwischen Politik und Praxis am Beispiel von PISA. In P. Grünenfelder,
J. Oelkers, K. Schedler, A. Schenker-Wicki & St. Widmer (Hrsg.), Reformen
und Bildung. Erneuerung aus Verantwortung (S. 333–353). Zürich: Verlag
Neue Zürcher Zeitung.
Moser, U. & Berweger, S. (2003). Lehrplan und Leistung. Thematischer Bericht der Erhebung PISA 2000. Neuchâtel: Bundesamt für Statistik.
Moser, U., Ramseier, E. & Berweger, S. (2002). Die Grundbildung in den drei Kantonen.
In Bundesamt für Statistik & Schweizerische Konferenz der kantonalen Erziehungsdirektoren (Hrsg.), Bern, St. Gallen, Zürich: Für das Leben gerüstet? Die Grundkompetenzen der Jugendlichen – Kantonaler Bericht der Erhebung PISA 2000, (S. 17–34). Neuchâtel: Bundesamt für Statistik.
Moser, U. & Rhyn, H. (1999). Schulmodelle im Vergleich. Eine Evaluation der Leistungen in
zwei Schulmodellen der Sekundarstufe I. Aarau: Sauerländer.
Organisation for Economic Co-Operation and Development (2000b). Schülerleistungen im
Vergleich. Eine neue Rahmenkonzeption für die Erfassung von Wissen und Fähigkeiten. Paris: Organisation for Economic Co-operation and Development.
Organisation for Economic Co-Operation and Development (2001). Lernen für das Leben.
Erste Ergebnisse von PISA 2000. Paris: Organisation for Economic Co-operation
and Development.
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