ISAE 3402 und SSAE 16
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ISAE 3402 und SSAE 16
PwC Financial Services* Banken . Fonds . Real Estate . Versicherungen Ausgabe 60, Juli/August 2010 Die neuen Prüfungsstandards bei Auslagerung: ISAE 3402 und SSAE 16 *connectedthinking Die neuen Prüfungsstandards bei Auslagerung: ISAE 3402 und SSAE 16 Das interne Kontrollsystem (IKS) einer Dienstleistungsorganisation kann auch Gegenstand der Abschlussprüfung bei deren Kunden sein. Der Abschlussprüfer einer Organisation, welche wesentliche Systeme und betriebliche Funktionen ausgelagert hat, ist dazu verpflichtet, die Auswirkung dieser Auslagerung auf die Wirksamkeit des IKS der auslagernden Organisation zu beurteilen. Auch das Management ist in die Pflicht genommen und kann die Verantwortung über das IKS der ausgelagerten Funktionen nicht abgeben. Für diese spezielle Prüfungssituation (eine Dienstleistungsorganisation – viele Kunden) wurde in den USA Anfang der 1990er ein Audit-Standard geschaffen: Statement on Auditing Standards (SAS) No. 70 Service Organizations. Mittlerweile gibt es in den meisten Ländern lokale Standards, die sich daran orientieren, so auch in Österreich mit der Richtlinie iwp PE 14 Prüfung bei ausgelagerten Funktionen. Die Anwendungssituation für SAS 70 ist daher zusammenfassend wie folgt: • Nur bei Auslagerung • Nur hinsichtlich Finanzberichterstattung • Nur dienstleistungsbezogenes IKS • Immer dann, wenn das dienstleistungsbezogenen IKS beim Dienstleister relevant und wesentlich für die Rechnungslegung des Auslagernden ist • Ursprünglich: Auditor zu Auditor-Kommunikation • Heute: Qualitätsmerkmal Soll Assurance liefern Wirtschaftsprüfer Prüft und bestätigt die Aussage zum IKS Erstellt IKS Beschreibung und bittet um eine Bestätigung Dienstleistungsorganisation Stellt Prüfbericht allen Kunden zur Verfügung Möchte etwas über die Wirksamkeit des IKS wissen Interessent (z.B. auslagernde Organisation, Abschlussprüfer) Verwendet Prüfbericht für seine Zwecke Der SAS 70 Standard ist jedoch in die Jahre gekommen. Auch ist er ein US-amerikanischer Standard, obwohl er weltweit eingesetzt wird. Die Notwendigkeit für eine Erneuerung war gekommen: Daher wurde erstmals ein internationaler Standard, der International Standard on Assurance Engagements (ISAE) 3402 Assurance Reports on Controls at a Service Organization, geschaffen. Darauf basierend wurden in Folge auch die Anforderungen und Vorgaben für die Prüfung und Berichterstattung der US-amerikanischen Prüfer von Dienstleistungsorganisationen angepasst: Statement on Standards for Attestation Engagements (SSAE) No. 16 Reporting 2 on Controls at a Service Organization wird SAS 70 ersetzen. Der internationale Standard ISAE 3402 stellt eine Berichterstattungsmöglichkeit für Dienstleistungsorganisationen mit einem weltweit einheitlichen Berichtsaufbau dar. Obwohl die anfänglichen Diskussionen über diese neuen Standards die Erweiterung des Umfangs der Prüfung berücksichtigten, liegt der Schwerpunkt der beiden endgültigen Standards wieder auf jenen Kontrollen bei den Dienstleistungsorganisationen, die in erster Linie für das rechnungslegungsbezogene IKS des Kunden relevant sind. Jedoch werden zusätzliche andere Kriterien wie Compliance- und Qualitätsanforderungen als Bewertungsmaßstäbe für die Prüfung nicht ausgeschlossen. Das bedeutet, dass sich die zuvor geschilderte Anwendungssituation praktisch nicht ändert (siehe Grafik links). Weiterhin wird es zwei Arten von Berichten geben: Typ-1 Berichte betreffen die Beurteilung der Eignung der Kontrollen, die Kontrollziele zu erreichen. Typ-2 Berichte decken ergänzend die Wirksamkeit der eingerichteten Kontrollen ab. Beide Berichte sind von einem unabhängigen Dienstleistungsprüfer (Wirtschaftsprüfer) zu erstellen. Die neuen Standards gelten für Berichte über Perioden, die am oder nach dem 15. Juni 2011 enden, und dürfen auch sofort angewendet werden. Wir erwarten, dass ISAE 3402 zum bevorzugten Standard für alle nicht-US-amerikanischen Unternehmen (Dienstleistungsorganisationen als auch deren Kunden) wird. SSAE 16 wird primär von US-amerikanischen Unternehmen eingesetzt werden. SSAE 16 und ISAE 3402 unterscheiden sich untereinander nur geringfügig, gegenüber dem alten SAS 70 Standard in machen Punkten jedoch deutlich. Im Folgenden möchte ich Ihnen die Änderungen der neuen Standards gegenüber dem bisherigen SAS 70, einschließlich Erläuterungen zu den Auswirkungen dieser Neuerungen auf Dienstleistungsorganisationen, darstellen. Erklärung der Unternehmensleitung Gemäß der neuen Standards hat die Dienstleistungsorganisation einige zusätzliche Verantwortlichkeiten, vor allem die Pflicht, eine formale schriftliche Erklärung („assertion“) abzugeben, die besagt, dass das Kontrollsystem angemessen dargestellt ist sowie die Kontrollen während des gesamten Prüfungszeitraumes geeignet und (bei Typ-2 Berichten) wirksam waren, die angegebenen Kontrollziele zu erreichen. Die Erklärung der Unternehmensleitung wird der Beschreibung des Kontrollsystems durch die Unternehmensleitung beigefügt und ist zwingender Bestandteil des Berichts. Damit wird die Unternehmensleitung in Ihrer Verantwortung für das dienstleistungsbezogene IKS noch viel stärker in die Pflicht genommen als bisher. PwC Financial Services Newsletter Ausgabe 60, Juli/August 2010 Die Unternehmensleitung sollte daher über eine hinreichend sichere Grundlage für ihre Erklärung verfügen, die üblicherweise durch eine Kombination von laufenden Überwachungstätigkeiten und fallweisen Überprüfungen erreicht werden kann, welche den Nachweis für die Eignung und Wirksamkeit der Kontrollen liefern. Unterschied zu SAS 70 hoch Aufwand mittel Beschreibung des Kontrollsystems Zusätzlich zu einer schriftlichen Erklärung ist die Unternehmensleitung für die Erstellung einer Beschreibung Ihres Kontrollsystems verantwortlich. Das Kontrollsystem ist definiert als die von der Unternehmensleitung ausgestalteten, umgesetzten und dokumentierten Grundsätze und Vorgehensweisen, um den Kunden jene Dienstleistungen zu liefern, die von dem Bericht des Dienstleistungsprüfers erfasst sind. Die Beschreibung sollte Folgendes enthalten (sofern zutreffend): • geprüfte Dienstleistungen, • Zeitraum, auf den sich der Bericht bezieht, • Beschreibung der abgewickelten Geschäftsvorfälle, Kontrollziele und zugehörige Kontrollen, • ergänzende Kontrollen der Kunden, • von der Sub-Dienstleistungsorganisation durchgeführte Kontrollen („inclusive method“), • der bei der Erstellung von Kundenreports angewandte Prozess, sowie • Änderungen des Systems während des geprüften Zeitraums. Weiters Teil der Beschreibung sind andere Aspekte der Kontrollumgebung, des Risikobeurteilungsprozesses, der Informations- und Kommunikationssysteme sowie die Überwachung der Kontrollen der Dienstleistungsorganisation, wie im COSO-Modell für interne Kontrollen definiert, welche für auslagernde Organisationen relevant sein könnten. In vielen Fällen ist die Mehrzahl der Elemente, die in die Beschreibung des Kontrollsystems durch die Unternehmensleitung gemäß neuer Standards aufzunehmen sind, bereits in bestehenden SAS-70-Berichten enthalten. In solchen Fällen sollte kein wesentlicher Mehraufwand für die Dienstleistungsorganisation erforderlich sein. Unternehmensleitung sollte die Risiken identifizieren, die die Erreichung der in der Kontrollsystembeschreibung angeführten Kontrollziele gefährden. Die neuen Standards ermöglichen der Unternehmensleitung, einen formellen oder informellen Prozess zur Identifizierung der relevanten Risiken zu haben, und verlangen von der Unternehmensleitung nicht, derartige Risiken explizit in den Bericht aufzunehmen. Unsere Ansicht ist jedoch, dass die Unternehmensleitung eine Berücksichtigung der relevanten Risiken durchführt und formal dokumentiert. Da viele Unternehmen diese Risikobeurteilung bereits als Teil der Festlegung von Kontrollzielen und Kontrollaktivitäten für ihre bisherigen SAS70-Bemühungen durchgeführt haben, sollte die Identifizierung der relevanten Risiken keinen wesentlichen zusätzlichen Arbeitsaufwand darstellen. Unterschied zu SAS 70 gering Aufwand gering Sub-Dienstleistungsorganisationen Entsprechend dem vorherigen Standard ermöglichen ISAE 3402 und SSAE 16 der Dienstleistungsorganisation, den Einsatz von Sub-Dienstleistungsorganisationen entweder mittels der „inclusive“ oder „carve-out“-Darstellungsmethode zu beschreiben. „inclusive“ bedeutet, dass Kontrollziele und Kontrollen bei der Sub-Dienstleistungsorganisation in die Berichterstattung miteinbezogen werden, während bei „carve-out“ die Services der Sub-Dienstleistungsorganisation unberücksichtigt bleiben. Bei Anwendung der „inclusive method“ sollte die Beschreibung des Kontrollsystems durch die Unternehmensleitung eine Beschreibung und klare Abgrenzung der von der Sub-Dienstleistungsorganisation erbrachten Dienstleistungen beinhalten. Zudem unterliegt die Sub-Dienstleistungsorganisation denselben Anforderungen wie die Dienstleistungsorganisation. Die Anforderung, dass die Sub-Dienstleistungsorganisation bei Anwendung der „inclusive method“ eine schriftliche Erklärung beizubringen hat, dürfte die größte Herausforderung darstellen, die die Unternehmensleitung lange vor einer Beauftragung eines Dienstleistungsprüfers proaktiv koordinieren sollte. Unterschied zu SAS 70 gering Unterschied zu SAS 70 Aufwand gering Aufwand hoch mittel Identifizierung von Risiken zur Erreichung der Kontrollziele Ähnlich der Vorgaben gemäß SAS 70 sollte die Beschreibung des Kontrollsystems durch die Unternehmensleitung die Kontrollziele und die dazugehörigen Kontrollen genau auflisten. Die PwC Financial Services Newsletter Ausgabe 60, Juli/August 2010 Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass die Auswirkung der Änderungen auf die Dienstleistungsorganisationen nicht wesentlich sein wird. PwC ist gerne bereit, Sie bei der aktiven Vorbereitung auf die neuen Standards zu unterstützen. 3 Zum Autor Markus Ramoser Mag. Markus Ramoser ist als Senior Manager in der Gruppe Systems & Process Assurance (SPA) seit rund zehn Jahren tätig. Er ist bei PwC verantwortlich für den Aufbau, die Verbesserung und die Prüfung interner Kontrollsysteme (IKS) sowie für die Prüfung von Dienstleistungsorganisationen. Ein Schwerpunkt liegt in der Beratung und Prüfung von Rechenzentren der Finanzindustrie. Als Experte für ITKontrollen und CobiT ist er auch Mitglied in der Arbeitsgruppe „Serviceorganisationen“ des iwp sowie im Fachsenat für Datenverarbeitung der KWT. Markus Ramoser ist CISA (Certified Information Systems Auditor) und CIA (Certified Internal Auditor). Tipps Themenvorschau Nützliche Links Thema der nächsten Ausgabe Foreign Account Tax Compliance Act (FATCA) American Insitute of CPAs (Certified Public Accountants) http://www.aicpa.org Home > Interest Areas > Accounting & Auditing > Resources > Audit and Attest Services > Standards International Federation of Accountants www.ifac.org Publications & Resources > International Auditing and Assurance Standards Board Finanzinstitute sehen sich aktuell mit neuen Herausforderungen im Bereich der Kundenidentifikation und Kundendokumentation konfrontiert, die sich aus dem amerikanischen Foreign Account Tax Compliance Act (FATCA) ergeben. Betroffen sind in erster Linie US-Kunden und Investitionen in US-Wertpapiere, wobei die neuen Regelungen wesentlich weiter gehen als das bisherige Qualified Intermediary (QI)-System. Obwohl die Änderungen im Wesentlichen erst im Jahr 2013 in Kraft treten, gilt es bereits jetzt strategische Geschäftsentscheidungen durch gezielte Analyse der Kundenstruktur und des Geschäftsmodells vorzubereiten, um eine zeitgerechte Anpassung der Systeme zu ermöglichen. www.pwc.at Medieninhaber und Herausgeber: PwC PricewaterhouseCoopers, Erdbergstraße 200, 1030 Wien Für den Inhalt verantwortlich: StB Mag. Dieter Habersack, [email protected] Für Änderungen der Zustellung verantwortlich: Michaela Pail, [email protected], Tel.: +43 1 501 88-3707, Fax: +43 1 501 88-73707 Der Inhalt dieses Newsletters wurde sorgfältig ausgearbeitet. Er enthält jedoch lediglich allgemeine Informationen und spiegelt die persönliche Meinung des Autors wider, daher kann er eine individuelle Beratung im Einzelfall nicht ersetzen. PwC übernimmt keine Haftung und Gewährleistung für die Vollständigkeit und Richtigkeit der enthaltenden Informationen und weist darauf hin, dass der Newsletter nicht als Entscheidungsgrundlage für konkrete Sachverhalte geeignet ist. PwC lehnt daher den Ersatz von Schäden welcher Art auch immer, die aus der Verwendung dieser Informationen resultieren, ab. Mit PricewaterhouseCoopers wird das Netz der Mitgliedsunternehmen von PricewaterhouseCoopers International Limited bezeichnet. Jedes Mitgliedsunternehmen ist eine eigenständige und unabhängige juristische Person. *connectedthinking ist eine Schutzmarke von PricewaterhouseCoopers.