Rezension von A. Meteling et al.: „Previously on …“.
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Rezension von A. Meteling et al.: „Previously on …“.
tv diskurs 55 aus House M. D. und Gilmore vorlage wie auch ähnlichen Pro- Girls arbeitet Kay Kirchmann tagonisten anderer Filme und Dass Fernsehserien den Alltag verschiedene Ebenen einer Fernsehserien darin, dass sich in ihres Publikums zeitlich struktu- intertextuellen Zitatstruktur der Figur Dexters letztlich nichts rieren, ist bekannt. Ausgangs- heraus, mit der – mal mehr, mal anderes spiegelt als die eigene punkt des vorliegenden Sam- weniger leicht decodierbar – Zeit-Erfahrung des Zuschauers melbandes ist die Annahme, auf bekannte Werke der Film- (S. 201). dass diese gesellschaftliche geschichte angespielt wird. Am präzisesten nehmen die Synchronisierungsfunktion seit Um „Temporale Formatierun- Beiträge der vierten Sektion Mitte der 1990er-Jahre vor allem gen“ an den Rändern exempla- „Komplexe Zeiten“ die tempo- mit Blick auf US-Serien wie 24, risch analysierter Serien geht es ralen Binnenstrukturen einzelner TV-Serien Lost oder The Sopranos eine im zweiten Teil des Buches. Serien wie u. a. The Simpsons neue Qualität gewonnen hat. Neben einer kritischen Würdi- (Oliver Fahle) und House M. D. Dieser neue Umgang mit Zeit- gung fortgeführter literarischer (Isabell Otto) in den Blick. Allen lichkeit, so die These der Her- Erzähltraditionen der Science- voran Gabriele Schabachers in ausgeber, bilde das konstitutive Fiction, durch die Babylon 5 sich zwei Teilen präsentierte Unter- Moment einer neuen Serien- aus dem Gros jüngerer TV- suchung zu Lost, die überzeu- ästhetik im Zeitalter von Kabel-/ Serien dieses Genres hervor- gend jene besondere „dritte Satelliten-TV, Internet und DVD, hebt (Tobias Haupts), stehen Zeitdimension“ im Übergang die sich „zu entscheidenden hier zwei Beiträge zu Gestal- zwischen Erzählzeit und erzähl- Teilen den gegenüber der Fern- tungsmitteln und Funktionen ter Zeit, Text und Kontext zu sehausstrahlung in Hinsicht auf von Serien-, Staffel- bzw. Episo- extrapolieren versteht, die sie Zugriff, Relektüre und transme- denanfängen (Judith Lehmann) für den Erfolg der in dieser diale Vernetztheit erweiterten sowie der Erzähltechnik des Hinsicht wohl komplexesten und veränderten Möglichkeiten Cliffhangers (Tanja Weber/Chris- aller bisherigen US-Serien ver- dieser neuen medialen Orte“ tian Junklewitz). Aufschlussreich antwortlich macht. verdanke (S. 9). an Letzterem ist nicht zuletzt der Gleich mehrere Autoren ziehen Die Beiträge positionieren sich ländervergleichende Ansatz, im Verlauf ihrer Argumentation zu dieser These durchaus unter- durch den nachvollziehbar wird, die kulturelle Neuartigkeit und schiedlich. Im ersten Teil („Kon- weshalb Deutschland aufgrund das ästhetische Innovations- junkturen der TV-Serie“) des einer national spezifischen Prä- potenzial aktueller US-Serien Buches stehen Fragen des histo- ferenz bei Sendeanstalten und unter Hinweis auf frühere Bei- rischen Rückbezugs aktueller Publikum bis heute als „Cliffhan- spiele, die ähnliche Merkmale Entwicklungen im Mittelpunkt. ger-Entwicklungsland“ (S. 119) und Funktionen bereits in den Gabriele Schabacher bietet gelten muss. 1960er-, spätestens aber seit einen konzisen Einstieg in die Aspekte des intermedialen den 1980er-Jahren aufweisen, Ökonomie und Ästhetik seriel- Vergleichs werden im dritten durchaus in Zweifel und konter- len Erzählens und fächert die Teil des Buches unter dem Titel karieren damit etwas den ei- prägenden Charakteristiken der „Intermediales Gedächtnis“ gentlichen Ansatzpunkt des Bu- neuen Quality-TV-Serien im vertieft. Hier zieht Harun Maye ches. Insgesamt überwiegt aber Kontext sich verändernder Pro- kulturgeschichtliche Parallelen die Lust an der Beschreibung duktions- und Rezeptionsbedin- zwischen den „Übersetzungs- und Deutung einer zunehmend gungen auf. Irmela Schneider fabriken“ der Kolportagelitera- anspruchsvollen Serienästhetik, geht bis in die 1930er-Jahre tur um 1800 und den „Schreib- die sich dem Leser nachhaltig zurück, um den am Beispiel fabriken“ der TV-Soap-Opera. mitteilt, wenn auch das eigent- aktueller TV-Serien in Anschlag Arno Meteling vergleicht das liche Phänomen der Zeitlichkeit gebrachten Medien-Begriff auf Figurenkonzept von Heroes mit dabei mitunter aus dem Fokus entsprechende Vorprägungen den Superhelden des Comic- gerät. zurückzuführen, wie sie schon Genres und betont die ungleich der Untersuchung von Daytime höhere Alltagsnähe der TV-Figu- Radio Serials im Rahmen des ren. Michael Cuntz erkennt die Princeton Radio Research Pro- Eigenart des Serienmörders ject zugrunde gelegen haben. Dexter aus der gleichnamigen Am Beispiel je einer Episode TV-Serie gegenüber der Roman- 1 | 2011 | 15. Jg. L I T E R AT U R Arno Meteling/Isabell Otto/ Gabriele Schabacher (Hrsg.): „Previously on …“. Zur Ästhetik der Zeitlichkeit neuerer TV-Serien. München 2010: Wilhelm Fink Verlag. 285 Seiten, 37,90 Euro Prof. Dr. Michael Wedel 97