Heft 02 / 2015 - Westfalenfleiß GmbH
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Heft 02 / 2015 - Westfalenfleiß GmbH
! n e b e l r e Magazin der Westfalenfleiß GmbH Arbeiten und Wohnen Jahreszeiten auf Gut Kinderhaus 2 | 2015 Am Max-Klemens-Kanal 19 48159 Münster 0251 92103-30 www.mds-muenster.de Das beliebte Ausflugsziel für die ganze Familie ! KUCHEN- UND FRÜHSTÜCKSBUFFET • HERZHAFTE SPEZIALITÄTEN HOFLADEN • BIERGARTEN • FAHRRADVERLEIH • KINDERSPIELPLATZ Öffnungszeiten: Di – Do: 12.00 – 20.00 Uhr Fr: 12.00 – 22.00 Uhr Sa + So: 10.00 – 22.00 Uhr Mo: Ruhetag Alles frisch vom Land! Obst, Gemüse, Eier, Honig, Konfitüren und vieles mehr ... Beet- und Balkonpflanzen Hofeigene Floristik Holzprodukte 90 90 5 1925 – 201 Halle Münsterland Jubiläumsball in der Die Eigenprodukte au s der WF-Manufaktur sind auch im Hofladen erhältlich. www.wf-manufaktur.d e Die DVD ! Zeitreise durch 90 Jahre Westfalenfleiß plus Film der Jubiläumsveranstaltung in der Halle Münsterland! Ab jetzt erhältlich ! € 12,- (Selbstkostenpreis) Am Max-Klemens-Kanal 19 48159 Münster · Hofladen: 0251 92103-34 VERKAUFSSTELLEN: Westfalenfleiß-Zentrale Kesslerweg, ISM Copyshop Rudolf-Diesel-Straße, Café Gut Kinderhaus „Ein Pionier der Inklusion in NRW“ Westfalenfleiß feiert: 1925 wurde das Unternehmen gegründet. Wie sehr sich Arbeiten, Wohnen und das gesamte Miteinander in 90 Jahren geändert haben, zeigt unser Schwerpunkt zum Jubiläum. Editorial Wir sind Westfalenfleiß! Westfalenfleiß-Kalender 2016 » Best of« Als Schwarz-Weiß-Druck in den Formaten DIN A2 für 12,00 € und DIN A3 für 10,00 € (zzgl. Versandkosten) erhältlich. Kontakt und Bestellung: Westfalenfleiß GmbH Martina Leifhelm Kesslerweg 38 48155 Münster Tel.: 0251 618 00-49 [email protected] Endlich keine Schule mehr – aber was kommt jetzt? Wir bieten Dir in unseren Werkstätten und in unserem Wohnverbund Stellen im Bundesfreiwilligendienst oder im Freiwilligen Sozialen Jahr. Du erhältst eine gute Einführung in Dein Arbeitsfeld und eine kontinuierliche fachliche Begleitung. Bist Du interessiert? Info und Kontakt: www.westfalenfleiss.de Wir freuen uns auf Dich! Liebe Leserinnen und Leser, das 90-jährige Bestehen der Westfalenfleiß GmbH hat uns dieses Jahr in Bann gehalten. So steht auch diese Ausgabe der „Westfalenfleiß erleben“ ganz im Zeichen unseres Firmenjubiläums. Den Auftakt zu unseren Feierlichkeiten bildete der offizielle Festakt mit rund 150 Gästen aus Politik und Verwaltung, Trägervertretern, Gremienmitgliedern, Vertretern anderer Einrichtungen der Behindertenhilfe und weiteren geladenen Personen. Als Botschafter der Landesregierung Nordrhein-Westfalen und als Festredner kam NRW-Justizminister Thomas Kutschaty. Lesen Sie auf den Seiten 8 bis 10, was dieses Fest zu einem unvergesslichen Ereignis machte. Rund 100 Unternehmensvertreter waren im Mai der Einladung der Westfalenfleiß GmbH zum „TreffPunkt - Tag des Kunden“ gefolgt. In einem Interview mit „Westfalenfleiß erleben“ berichten zwei Kunden exemplarisch, was sie besonders an der Zusammenarbeit mit unserem Unternehmen schätzen. Lesen Sie dazu die Seiten 11 bis 13. Der Höhepunkt des Jahres war unzweifelhaft unser großer Jubiläumsball in der Halle Münsterland im Juni. Rund 620 Beschäftigte der Werkstatt und Bewohner des Wohnverbundes, rund 460 Mitarbeitende der Westfalenfleiß und der MDS GmbH, rund 80 Ehrenamtliche, die als Gremienvertreter oder in der Begleitung von Men- schen mit Behinderung tätig sind, sowie die Mitglieder des Aufsichtsrates und der Gesellschafterversammlung feierten zusammen ein stimmungsvolles Fest. Es wurde herzlich gelacht und ausgelassen getanzt. Die Bilder auf Seite 14 und 15 zeigen, wie stimmungsvoll und gelungen dieser Abend war. Wie sich der Wohnverbund im Laufe der Jahre entwickelt hat und wie viele verschiedene und individuelle Wohnformen es heute gibt, lesen Sie ab Seite 18. Die Sozialraumorientierung ist ein wichtiger Bestandteil zur Verwirklichung der Teilhabe der Bewohner am Leben in der Gemeinschaft. Wie das umgesetzt wird, können Sie ab Seite 40 lesen. Dass uns die Mitwirkung von Menschen mit Behinderung schon immer ein großes Anliegen war und wie diese bei uns weiterhin mit Leben gefüllt wird, erfahren Sie auf den Seiten 23 und 24. Nach der Hochwasserkatastrophe im Juli vergangenen Jahres konnte im April das Café Gut Kinderhaus in neuem Glanz und mit verändertem Konzept, das alle Aktivitäten und Erzeugnisse des Hofs bündelt und Gut Kinderhaus zu einem lebendigen Ort der Begegnung werden lässt, neu eröffnen (Seite 34 bis 36). Und schließlich stellen wir Ihnen ab Seite 37 die Arbeit einiger Beschäftigter an einer tech- nisch anspruchsvollen Maschine vor. Das ist ein Beispiel dafür, dass Westfalenfleiß hochqualifizierte Arbeit leistet. Auch in Zukunft wollen wir unsere Ausrichtung an den Kompetenzen und Fähigkeiten unserer Beschäftigten und Bewohner/Nutzer weiter ausbauen. Die im Inklusionsgedanken aufgewachsene Generation von Menschen mit Behinderung fordert von uns eine stetige Anpassung unserer Assistenzangebote an die sich ändernde Gesellschaft und die neuesten technischen Entwicklungen. Diesen Weg wollen wir gerne gehen und sehen ihn als Leitgedanken für unsere Arbeit in den nächsten Jahrzehnten. Begleiten Sie uns dabei! Und nun wünsche ich Ihnen viel Spaß beim Lesen unserer Jubiläumsausgabe, in der Sie ganz nebenbei auch noch die Chronologie der Ereignisse bei Westfalenfleiß von der Gründung 1925 bis heute verfolgen können. Ihr Hubert Puder Sprecher der Geschäftsführung IMPRESSUM Westfalenfleiß erleben! erscheint vierteljährlich für Beschäftigte, Angehörige, Mitarbeiter, Förderer, Kunden und Freunde der Westfalenfleiß GmbH in Münster. Herausgeber: Westfalenfleiß GmbH Arbeiten und Wohnen Kesslerweg 38-42, 48155 Münster Telefon: 0251 61800-0 Telefax 0251 61800-55 E-Mail: [email protected] www.westfalenfleiss.de www.mds-muenster.de Verantwortlich: Geschäftsführung Westfalenfleiß GmbH Redaktion: Birgit Honsel-Ackermann, Pascal Hesse, Stefan Prott, Jörn-Jakob Surkemper, Oliver Mau, Tatjana Hetfeld, Tobias Mühlenschulte, Hubert Puder, Gerda Fockenbrock, Christoph Rietmann, Frank Szypior 6 IN DIESER AUSGABE ... Konzeption: AMB Kommunikation Leverkusener Straße 14, 45772 Marl Tel. 0 23 65 / 50 45 29 Fax 0 23 65 / 50 45 29 [email protected] DAS THEMA: 90 Jahre Westfalenfleiß Grafik / Layout: Peter Damm Der Weg: Der Mensch steht immer im Mittelpunkt........................................................... 6 Der Festakt: Viel Lob aus berufenem Munde................................................................... 8 Fotos: Birgit Honsel-Ackermann, Barbara Horwath, Caroline Seidel, Freiwilligenagentur Münster, Bistum Münster, Reiner Kruse, Marco Stepniak, Michael Sandner, Matthias Ahlke, Peter Leßmann, Westfalenfleiß GmbH Produktion: RDN Agentur für Public Relations GmbH & Co. KG Anton-Bauer-Weg 6, 45657 Recklinghausen Telefon: 02361 490491-10 Titelfoto: Peter Leßmann Der Tag des Kunden: Vertrauen und Qualität zahlen sich aus........................................... 11 Der Jubiläumsball: Impressionen............................................................................... 14 Der Wandel: So wohnt man heute ............................................................................. 16 14 Im Dialog: Frank Szypior und Christina Keller über Mitbestimmung bei Westfalenfleiß........... 23 Mein Standpunkt: Kommentar von Gerda Fockenbrock, Geschäftsführung.......................... 26 KURZ UND BÜNDIG Anzeigen: Westfalenfleiß GmbH Birgit Honsel-Ackermann Kesslerweg 38-42 48155 Münster [email protected] Nachrichten rund um Westfalenfleiß und die Tochterunternehmen .................................. 27 REPORTAGEN Druck: Griebsch & Rochol GmbH & Co. KG Gabelsbergerstraße 1, 59069 Hamm Ein Ort der Begegnung: Das neue Gut Kinderhaus.......................................................... 34 High-Tech bei Westfalenfleiß: Die Gruppe „Systempack 2-Skin“....................................... 37 Abo-Service: Die Zeitschrift Westfalenfleiß erleben! kann auch abonniert werden. Vier Ausgaben inklusive Versand kosten € 16,00. Einzelverkaufspreis: € 3,50 „Keine Insel“: Das Freiwilligenmanagement bringt Bewohner und Anwohner zusammen.... 41 KURZ UND BÜNDIG Ausgabe September 2015, Auflage: 4.500 Wir danken allen Unternehmen, die zur Finanzierung dieser Ausgabe beigetragen haben. Weitere Informationen unter www.westfalenfleiss.de 34 42 Besondere Arbeitsplätze bei Westfalenfleiß und Gewinnspiel ...........................................42 16 Wenn in den folgenden Texten im Interesse der besseren Lesbarkeit in der Regel die männliche Form gewählt wird, sind immer Männer und Frauen gemeint. 5 Der Mensch steht immer im Mittelpunkt 90 Von der Schwer erwerbsbeschädigtenwerkstatt zur „Beschüt zenden Werkstatt“, von der „Werkstatt für Behinderte“ zum modernen Integrations- und Inklusions unternehmen: In 90 Jahren Westfalenfleiß hat das Unter nehmen mehrfach einen Wandel vollzogen und dabei Umzüge, Wirtschaftskrisen, den Krieg und die Zerstörung der Werkstattgebäude gemeistert – mit Erfolg. Heute bietet die Westfalenfleiß GmbH mit einem breiten Spektrum an Wohn- und Arbeitsangeboten Menschen mit Behinderung ein Zuhause, eine Arbeit und einen Platz in der Gemeinschaft. Zum Jubiläum erfahren Sie auf den folgenden Seiten, warum Westfalenfleiß als Pionier der Inklusion in NRW gefeiert wird, was Kunden an dem Integrations unternehmen schätzen, wie modernes Wohnen bei Westfalenfleiß funktioniert und wie Christina Keller und Frank Szypior sich im Bewohnerbeirat bzw. im Werkstattrat engagieren. 7 „Ein Pionier der Inklusion in NRW“ 90 90 Jahre Westfalenfleiß – ein guter Anlass, das Erreichte zu würdigen und den Blick in die Zukunft zu wagen. Beim Festakt in der Stadthalle Hiltrup feierten 200 Gäste das Jubiläum. Es gab viel Lob aus berufenem Munde: „Westfalenfleiß ist ein Pionier der Inklusion in NRW“, lobte Justizminister Thomas Kutschaty. Schon die Gästeliste spiegelte das hohe Ansehen von Westfalenfleiß. Michael Scheffler (MdL) begrüßte als Vorsitzender der Gesellschafterversammlung die zahlreichen Vertreter aus Politik und Verwaltungen, aus den Trägervereinen und aus anderen Einrichtungen der Behindertenhilfe – sowie natürlich Bewohner und Beschäftigte von Westfalenfleiß. 1925 Das Stadtparlament Münster beschließt die Einrichtung einer Schwererwerbsbeschädigtenwerkstatt. Am 13. November gründen Kreditgemeinschaft KAGESO, Landesfürsorgeverband Provinz Westfalen (Vorläufer des LWL) und Stadt die Westfalenfleiß GmbH, Gemeinnützige Werkstätten Münster – nicht nur für 8 Oberbürgermeister Markus Lewe würdigte „ein starkes Unternehmen“ mit besonderem Auftrag: „Heimat und Zukunft verknüpfen, aber immer die Seelen der Menschen dahinter erkennen – dafür steht Westfalenfleiß“, so Lewe. Der OB zeigte hohe Wertschätzung für die Arbeit der Beschäftigten: „Hier entstehen Produkte, die wertvoll sind, län- ger halten, die gut sind – ich gehe gerne bei Ihnen einkaufen.“ Matthias Löb, Direktor des Landschaftsverbands WestfalenLippe, erinnerte daran, dass seine Institution in den Kindertagen eines der Elternteile von Westfalenfleiß war – bis sie ihre Anteile 1975 an die Arbeiterwohlfahrt abgab. Auch heute ist der LWL einer der wichtigsten Finanzi- Kriegsversehrte. Erste Produkte in der Werkstatt Am Katthagen sind Besen, Bürsten, Spulen und Schlaghölzer für die Textilindustrie sowie Korb- und Stuhlflechterzeugnisse. 1926 30 bis 40 Personen sind beschäftigt, die Werkstatt wird zum überregionalen Modell für Neugründungen anderer ers und Partner geblieben. „Lassen Sie uns im Refomprozess eng zusammenarbeiten“, bat Matthias Löb – um auch künftig „das richtige Verhältnis von fördernder und unterstützender Begleitung der Menschen zu gewährleisten.“ Einen Ausblick in die Zukunft gab NRW-Justizminister Thomas Kutschaty, der in Vertretung von Ministerpräsidentin Hannelore Kraft die Festrede hielt. „Es muss unser Ziel sein, allen Menschen unabhängig von Geschlecht, Herkunft, ob mit Behinderung oder ohne eine Teilhabe am Leben zu ermöglichen.“ Westfalenfleiß sei dabei weit vorangeschritten: „Aus Betroffenen Beteiligte zu machen – das gelingt hier: Westfalenleiß ist ein Pionier der Inklusion in NRW“, lobte der Minister. Auch wenn viele Beschäftigte in den Werkstätten besser aufgehoben seien als in der freien Wirtschaft, müsse man neue Wege der Inklusion prüfen: „Wir denken zum Beispiel an ein Budget für Lohnzuschüsse, das Beschäftigung im ersten Arbeitsmarkt ermöglicht.“ Kutschaty griff die Ziele des neuen Bundesteilhabegesetzes auf und schloss mit einem Appell: „Barrieren beseitigen beschränkt sich nicht auf Gebäude – es umfasst das gesamte gesellschaftliche Miteinander.“ Werkstätten im Land. Mögliche Beschäftigungen für die Hauptleidtragenden des Krieges: Radwächter vor Stadtverwaltung, Post, Badeanstalt. 1927 Umzug in das neue Gebäude am Münsteraner Hafen am Hafengrenzweg, das über fünf Jahrzehnte – bis zum Jahr 1981 – genutzt wurde. „Barrieren beseitigen – im gesamten Miteinander.“ „Für echte Mitbestimmung – die Zeit ist reif dafür.“ Thomas Kutschaty, NRW-Justizminister Frank Szypior, Vorsitzender Gesamt-Werkstattbeirat Im Namen des Gesamt-Werkstattrates und der Bewohnerbeiräte sprach Frank Szypior ein Grußwort, das zu den spannendesten Momenten des Tages gehörte. In aller Ruhe faltete Szypior vor den gut 200 Gästen seine Blätter mit dem Manuskript auseinander – und eröffnete formal perfekt mit der Anrede des Ministers. Den ungewöhnlichen Namen nutzte Szypior gleich für einen Gag: „Vielleicht habe ich Ihren Namen nicht ganz richtig ausgesprochen ... Frau Kraft wäre einfacher gewesen.“ Nach dem lockeren Einstieg wirkten Frank Szypiors Worte um so gewichtiger: „Inklusion und Integration werden bei Westfalenfleiß immer groß geschrieben – nach dem Motto: Hier steht der Mensch im Mittelpunkt.“ Szypior erinnerte daran, dass der erste Werkstattrat bereits 1991 installiert wurde und Mitwirkung lange vor der Gesetz gebung selbstverständlich war. An die Politiker im Saal richtete er eine Bitte: „Setzen Sie sich dafür ein, dass endlich aus der Mitwirkung eine echte Mitbestimmung wird – die Zeit ist reif dafür.“ Die Werkstatträte hätten längst bewiesen, dass sie Verantwortung tragen können, sagte Szypior – und erhielt viel Applaus. 1928 Westfalenfleiß beschäftigt erstmals neben Kriegsbeschädigten auch andere Menschen mit körperlichen oder geistigen Einschränkungen. Ende des Jahres sind über 100 Beschäftigte angestellt, darunter 12 Tischler, 4 Drechsler, 11 Stuhlflechter, 56 Einzieher, 2 Verkäufer, 4 Tankwarte und 16 Fahrradwächter. 9 Für den perfekten Abschluss des Festaktes sorgte der Gospelchor von Westfalenfleiß. Freude, Stolz, ein wenig Aufregung spiegelte sich in über 40 Gesichtern. Der Funke sprang schnell über: Nach Klassikern wie „He‘s got the Whole World“ hielt es spätestens bei „Atemlos“ niemanden mehr auf den Stühlen. Der Chor schuf eine wunderbar gelöste Stimmung – voller Lebensfreude, Respekt und herzlichem Miteinander. Typisch Westfalenfleiß! 1932 Wirtschaftskrise – Die Werkstatt steht vor dem Ruin. Es kommt zu größeren Entlassungen, nur 72 Beschäftigte können bleiben. Defizit: 24.000 Reichsmark 1933 Westfalenfleiß beschäftigt wieder 100 Personen. Neben Kriegsbeschä- 10 In einfachen Worten ... Westfalenfleiß ist 90 Jahre alt geworden. Zum Geburtstag sind viele wichtige Leute gekommen. Die Gäste haben Westfalenfleiß gratuliert und gelobt: Weil bei uns der Mensch im Mittelpunkt steht. Auch Frank Szypior war zufrieden. Er wünscht sich noch mehr Mitbestimmung für Menschen mit Behinderungen. digten und -hinterbliebenen gibt Geschäftsführer Blumensaat als „andere Behinderte“ an: Unfallbeschädigte, Sieche und Blinde. 1934 Das Nazi-„Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses“ führt in Münster zu 539 Zwangssterilisationen: Menschen mit Behinderung, angebliche Asoziale, Suchtkranke. Auch Westfalenfleiß-Beschäftigte sind betroffen. Der Geschäftsführer Blumensaat wurde von den Nazis offenbar akzeptiert und rettet das Unternehmen vorm Konkurs. 1935 Übernahme der KAGESO-Anteile durch den Provinzialverband. Fotos: Reiner Kruse Vertrauen und Qualität zahlen sich aus 90 Mehr als eineinhalb Jahrzehnte ist Matthias Goeke mit seiner Full-Service-Agentur Klick Design schon Kunde bei Westfalenfleiß – Werner Hähnel van Schrick, Abteilungsleiter Textilien bei der Westfalenstoffe AG, erst seit rund zwei Jahren. Eines haben sie gemeinsam: Sie verlassen sich auf die Leistungen der Westfalenfleiß GmbH – und das mit Erfolg. Was sie besonders an der Zusammenarbeit schätzen, haben sie beim Tag des Kunden am 8. Mai verraten. Der Designer Matthias Goeke ist seit 15 Jahren Kunde bei Westfalenfleiß und dem Industrie-Service Münster (ISM). Zustande kam der Kontakt durch die Empfehlung einer Druckerei, mit der Matthias Goeke und sein Team schon seit langem zusammenarbeiten. Zu den Hauptaufgabenfeldern der Firma gehört die Konfektionierung verschiedenster Artikel. Diese produziert Klick Design 1939 1941 Die „Euthanasie“Politik beginnt. zum Glück schützt der Status der Kriegsbeschädigten auch andere Westfalenfleiß-Beschäftigte vor der Ermordung. Viele Eltern bringen ihre Kinder tagsüber in die Werkstatt und holen sie abends wieder ab – so wird Westfalenfleiß zu einer rettenden Insel im Meer von Gefahr. Der Geschäftsführer Blumensaat stirbt, Albert Schluchtmann wird sein Nachfolger. Er organisiert den Vertrieb neu und erhält so die Produktion von Bürsten aufrecht. Die größten Abnehmer 1940/41: Reichswerke Hermann Göring, Beleuchtungskörperfabrik Wattenscheid, private Unternehmen. 11 „Ich bin immer wieder faszniniert davon, mit wieviel Liebe, Präzision und Sorgfalt diese Aufgaben ausgeführt werden.“ Werner Hähnel van Schrick Zahlen, bitte ... 100 Unternehmens vertreter waren der Einladung zum „TreffPunkt – Tag des Kunden“ gefolgt. 330 Unternehmen hatten zu dem im Vorfeld an einer Kun denbefragung teilgenommen. Das Ergebnis: 54 Prozent der befragten Kunden bewerteten die Ausführung der Arbeiten / Dienstleistungen von Westfalenfleiß mit „sehr gut“, 44 Prozent mit „gut“. hauptsächlich in kleinen und mittelgroßen Auflagen. „Aber wir stellen auch Einleger oder Musterverpackungen her, die zusammengebaut werden müssen. Die meisten dieser Arbeiten übernehmen schon seit vielen Jahren Mitarbeiter und Beschäftigte von Westfalenfleiß für uns. Auch unsere Lettershop-Arbeiten werden über Westfalenfleiß versendet“, erklärt Matthias Goeke. „Ein neuer Aufgabenbereich, der vor kurzem hinzugekommen ist, ist die Messeorganisation für unsere Kunden. Hierfür lassen wir in der Schreinerei von Westfalenfleiß die entsprechenden hochwertigen Messemöbel bauen“, erklärt der 44-Jährige. Zu Beginn der Zusammenarbeit mit Westfalenfleiß musste Matthias Goeke bei seinen Kunden etwas Überzeugungsarbeit leisten. „Es gab zunächst schon den einen oder anderen Vorbehalt und die Sorge, ob Qualitätsstandards gehalten werden können, wenn ein Integrationsunternehmen an den Arbeitsabläufen beteiligt ist“, erklärt der Designer. Doch die Bedenken ließen sich schnell restlos ausräumen. „Die Zuverlässigkeit und Sorgfalt, mit der die Mitarbeiter von Westfalenfleiß unsere Aufträge erfüllt, ist 1944 Ein Kreisauflageprogramm tritt in Kraft. Westfalenfleiß muss u.a. an die Kreisleitung der NSDAP spenden. Am 1. April wird die gesamte Fertigware beschlagnahmt, die Korbmacherei stillgelegt. Die zwölf Vertreter müssen entlassen werden. Beim Großangriff auf das Hafenviertel am 5. Oktober 1944 werden die Werk- 12 stattgebäude am Hafengrenzweg zu 70 Prozent zerstört. beeindruckend. Qualität ist mir und meinen Kunden wichtig, aber da hat uns Westfalenfleiß restlos überzeugt.“ Neben dem sozialen Charakter der Westfalenfleiß GmbH waren auch wirtschaftliche Gründe ein Faktor dafür, dass Matthias Goeke sich für eine Zusammenarbeit entschieden hat und dabei geblieben ist: „Ich war auf der Suche nach Im Bild (v. l. nach r.) Dr. Michael Kaven, Vorsitzender des Aufsichtsrates der Westfalenfleiß GmbH; Michael Scheffler, MdL, Vorsitzender der Gesellschafterver sammlung der Westfalenfleiß GmbH; Thomas Marquardt, MdL; Michael Kempf, Geschäftsbereichsleiter Produktion der Westfalenfleiß GmbH, Prof. Dr. Wolfgang Wiegard; Mitglied im Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaft lichen Entwicklung; Gerda Fockenbrock, Geschäftsführung der Westfalenfleiß GmbH, Hubert Puder, Sprecher der Geschäftsführung der Westfalenfleiß GmbH. einem verlässlichen, regionalen Partner, der ein exzellentes PreisLeistungs-Verhältnis bietet – und den habe ich in der Westfalenfleiß GmbH gefunden.“ Für die Westfalenstoffe AG ist „Made in Germany“ nicht nur ein bloßes Label, sondern Grundstein der Firmenphilosophie. „Wir sind bekannt dafür und stolz darauf, regional und qualitativ hochwertige Produkte zu produzieren“, erklärt Werner Hähnel van Schrick, Abteilungsleiter Textilien bei der Westfalenstoffe AG. „Wir weben Stoffe und konfektionieren sie in zwei bis sechs Meter Ballen für unsere Kunden. Diese Aufgabe übernehmen Mitarbeiter und Beschäftigte der Westfalenfleiß GmbH. Sie falten aber auch kleinere Stoffstücke für die Kundenpräsentation zu Fächern – und wählen dabei genau die Stoffe 1945 1947 „Die Zuverlässigkeit und Sorgfalt, mit der die Mitarbeiter von Westfalenfleiß unsere Aufträge erfüllen, ist beeindruckend.“ Matthias Goeke Wiederaufbau – Dach, Türen und Fenster werden wieder hergestellt, die Produktion kann jedoch nicht voll aufgenommen werden, weil das Hauptstromkabel noch nicht funktioniert. Die Beschäftigten – elf Bürstenmacher, sieben Holzverarbeiter, 20 Radwächter – leisten unterdessen wichtige Aufbauarbeit. aus, die perfekt zusammenpassen. Dabei bin ich immer wieder fasziiert davon, mit wieviel Liebe, Präzision und Sorgfalt diese Aufgaben ausgeführt werden“, erklärt der gebürtige Münsteraner. In einfachen Worten ... Westfalenfleiß hat viele Kunden. Einige sind sogar schon viele Jahre Kunden bei Westfalenfleiß. Zu ihnen gehören auch Werner Hähnel van Schrick und Matthias Goeke. Beide sind sehr zufrieden mit der Arbeit, die Beschäftigte und Mitarbeiter von Westfalenfleiß leisten. Westfalenfleiß tritt dem Verein der gemeinnützigen Werkstätten NRW bei. und neue Rehabilitationsmaßnahmen sinkt der Personalbestand bis 1960 auf 44 Betriebsangehörige. 1951 1962 Westfalenfleiß beschäftigt 68 Personen, darunter 11 Schwerkriegsgeschädigte und 43 Schwererwerbsbeschränkte. Durch die veränderte Behandlung der Kriegsbeschädigten Für das Unternehmen, das vor kurzem sein 90-jähriges Bestehen gefeiert hat, war es wichtig, einen regionalen und verlässlichen Partner zu finden – „und das ist uns mit Westfalenfleiß eindeutig gelungen“, sagt Werner Hähnel van Schrick. „Wenn wir unsere Stofffächer zum Beispiel auf Messen präsentieren, ist der Zuspruch von Kundenseite groß. Dann erkläre ich oft, dass wir dafür mit einem regionalen Integrationsunternehmen zusammenarbeiten – das finden die Menschen toll.“ Auch wenn die Zusammenarbeit erst seit zwei Jahren besteht, haben Qualität und Zuverlässigkeit überzeugt. In Zukunft sollen darum noch weitere Aufträge an die Westfalenfleiß GmbH übertragen werden. Die Stadt Münster macht sich Sorgen um Westfalenfleiß. In einem Bericht heißt es: „Das Liegenschaftsamt soll gebeten werden, in der Frage der Einrichtung von Rad- und Auto- wachen in der Stadt Münster der Westfalenfleiß GmbH besonderes Entgegenkommen zu zeigen.“ 13 Jubiläumsball 2015 / 1965 Joachim Herfert folgt Alfons Schluchtmann als Geschäftsführer. Westfalenfleiß genießt keine steuerlichen Vorteile und kämpft ums Überleben. Um das Unternehmen zu retten, steht die Intensivierung der Produktion im Mittelpunkt. Bürsten und Besen sollen mit maschineller Unterstützung hergestellt werden. 14 1970 1968 Ein Durchbruch: Im Mai erhält Westfalenfleiß die Anerkennung als „Beschützende Werkstatt“. Ziel ist es, Menschen mit Behinderung umfassend zu fördern und sie zu einer optimalen Entwicklung ihrer Persönlichkeit und ihrer Fähigkeiten zu bringen. 50 Arbeitsplätze werden fortan nach und nach besetzt. 1969 Pkw-Parkplatzbewachung: Erste Verträge mit der Stadt Münster. Durchführung erster Ferienfreizeiten. 1973 Aufnahme von Garten- und Anlagenpflegearbeiten als Arbeitsbereich der Werkstatt Westfalenfleiß. 1974 Aus der „Beschützenden Werkstatt“ wird eine „Werkstatt für Behinderte“ auf der Grundlage des Schwerbehindertengesetztes. 1975 Der Übergang zum freien Träger: Der LWL steigt als Gesellschafter aus und überträgt seine Anteile (5/8) an die Arbeiterwohlfahrt – das ermöglicht die Trennung zwischen Träger der Werkstatt und Kostenträger. Auch die Stadt Münster steigt aus, ihre Anteile (3/8) übernimmt die Lebenshilfe Münster. 15 So wohnt man heute ! Von der Heimunterbringung zum selbstbestimmten Wohnen 90 Einheitsunterwäsche, kein Eigentum, nachts verschlossene 3-Bett-Zimmer. Unglaublich, aber noch gar nicht so lange her. 1990 übernimmt Westfalenfleiß von der Westfälischen Klinik für Psychiatrie Münster das Gut Kinderhaus und findet diese Situation vor. Danach werden aus „Langzeitpatienten“ „Bewohner“. Westfalenfleiß setzt früh humanitäre Maßstäbe für das Wohnen von Menschen mit Behinderung: Das 1976 angemietete Haus Wolbeck muss als erstes gemischtgeschlechtliches und gemeindeorientiertes Wohnheim in Münster gegen Vorurteile ankämpfen. 1992 baut Westfalenfleiß die erste Außenwohngruppe. Ab 2002 w erden Doppelzimmer zu Einzelzimmern. Über die Jahre entstehen neue innovative Wohnformen, etwa das Dezentrale Stationäre Einzelwohnen in von Westfalenfleiß angemieteten Wohnungen, später das „Ambulant Unterstütze Wohnen“ und das integrative Wohnhaus Baumberger Hof. Individualität, geschützte Bereiche, Rückzugsmöglichkeiten, Intimsphäre und Selbstbestimmung werden selbstverständlich. Wie die Bewohner in diesen modernden Wohnformen leben, stellen wir auf den folgenden Seiten vor. 1976 Beginn des Bereichs Wohnen. Wegen akutem Platzmangel wird Haus Wolbeck mit 80 Arbeitsplätzen und 40 Wohnheimplätzen angemietet – das erste gemischtgeschlechtliche und gemeindeintegrierte Wohnheim in Münster. Bis dahin lebten Menschen mit Behinderung nach Geschlechtern getrennt 16 Die Wohnformen bei Westfalenfleiß sind vielfältig: Sascha Kästner etwa wohnt in einer von vier Wohngemeinschaften in einem ehemals besetzten Haus (Seite 19). auf Etagen, deren Türen nachts abgeschlossen wurden, damit „nichts passieren konnte“. 1980 Gründung Zweigwerkstatt in Telgte – mit Handwerk, serieller Aktenüberarbeitung, später Elektromontagen sowie serielle Montage- und Verpackungsarbeiten. 1982 Einzug und sukzessive Umzüge aus den Standorten Wolbeck, Buckstraße, Hafengrenzweg in das heutige Hauptgebäude der Westfalenfleiß GmbH am Kesslerweg. Eröffnungsfeier am 6. November. Beginn der Betreuung schwerstmehrfachbehinderter Menschen in einer Gruppe mit vier Beschäftigten. 1984 Neubau der Wohnstätte Haus Gremmendorf für 88 Bewohner in drei Reihenhausteilen (2/3 Doppelzimmer, 1/3 Einzelzimmer) 1985 Umbau von Haus Wolbeck zur Wohnstätte mit 67 Wohnplätzen. 17 So wohnt man heute ! So wohnt man heute ! Im CD-Ständer in Elmar Ottens Zimmer schmiegen sich Andy Borg, Roy Black, Udo Jürgens und Hans Albers aneinander. Seit 1995 wohnt der 65-Jährige in der Wohnstätte Gut Kinderhaus. Zusammen mit den anderen fünf Mitbewohnern seiner Wohngruppe nimmt er dort an der Tagessstruktur teil. Dazu gehört Sascha Kästner wohnt in einer Wohngemeinschaft. Vier WGs mit zusammen 19 Bewohnern leben in dem Haus an der Grevener Straße, das eigentlich abgerissen werden sollte. Doch Sascha Kästner und seine Mitbewohner haben sich gewehrt: „Durch Hausbesetzung haben wir den Abriss verhindert.“ An den Wänden stehen Sprüche zu sozialpolitischen Themen und die Hausgemeinschaft hat einen Verein gegründet: Das „Alternative Wohnprojekt Grevener Straße 31 – selbstverwaltet und selbstbestimmt „Am liebsten ruhe ich mich draußen auf meinem Lieblingsplatz aus. Das ist eine Bank auf dem Hof.“ Elmar Otten, len Leute zusammenzuwohnen.“ Nach der Arbeit in der Westfalenfleiß Werkstatt am Kesslerweg ruht der 29-Jährige sich erstmal aus. Dann räumt er das Geschirr aus der Spülmaschine und geht seinen Mitbewohnern beim Kochen zur Hand. Am Wochenende spielt die vegan lebende WG Gesellschaftsspiele. „Am liebsten Rummikub“, sagt Sasche Kästner. Der Fachdienst Ambulant Unterstütztes Wohnen assistiert ihm unter anderem beim Wäsche waschen und sortieren, beim Badputzen, bei Arztbesuchen, bei der Erkundung von neuen Wegen und Busverbindungen und bei seinen WG-Aufgaben wie zum Beispiel Altglas wegbringen und Müllentsorgung. Zahlen, bitte ... 56 Nutzer nehmen den Fachdienst Ambulant Unterstütztes Wohnen mit unterschiedlichen Leistungen und Fachleistungsstunden in Anspruch. Wohnstätte Gut Kinderhaus auch das Kochen. Elmar Otten kann seine linke Hand zwar nicht benutzen, packt aber trotzdem mit an. „Mit dem Nicer Dicer mache ich Möhren und Kartoffeln klein“, sagt er und holt das Küchenutensil aus dem Schrank. Auch das Tischdecken übernimmt Elmar Otten. Am liebsten aber ruht er sich aus. Auf einer Bank im Hof sieht er dann dem Treiben der Hofgäste zu. Oder er sitzt in seinem roten Sessel im Gemeinschaftsraum und sieht fern. Schon seit 1968 arbeitete er bei Westfa- lenfleiß bis zu seiner Rente. In seinem Zimmer mit Blick ins grüne Münsterland hängt eine Urkunde zum 25-jährigen Dienstjubiläum über dem Bett, daneben gemeinsame Fotos mit Mutter und Zwillingsschwester. Auf dem Regal gegenüber stehen einige Schneekugeln. Elmar Otten mag es behaglich. Jede der acht Wohngruppen der Wohnstätte Gut Kinderhaus verfügt über ein gemütliches Wohn- und Esszimmer und eine gut ausgestattete Küche. Zudem gibt es separate Räum- 1987 1989 Karl-Heinz Garbe löst Werner Schüßler als Geschäftsführer ab. 1988 Eröffnung einer Zweigwerkstatt für psychisch behinderte Menschen (40 Plätze) im Mai – der Betrieb wird ein Jahr später umbenannt in ISM – Industrie-Service Münster. 18 Eröffnung einer Zahnstation am Kesslerweg mit Behandlungszimmer. lichkeiten für Freizeitaktivitäten und tagesstrukturierende Angebote sowie einen Gemeinschaftsgarten. Zum Angebot der Wohnstätte gehört eine 24-StundenBegleitung inklusive Nachtwache. Zahlen, bitte ... 37 Einzelzimmer in acht Wohngruppen und ein Kurzzeitzimmer für ein vorüber gehendes Wohnangebot hat die Wohnstätte Gut Kinderhaus. 1990 Erster Vertrag zwischen Geschäftsführung und Beschäftigtenvertretung über Mitwirkung: Am 21. März tagt erstmals die Beschäftigtenvertretung als Vorläufer des Werkstattrates (Foto rechts). Westfalenfleiß installierte somit lange vor der gesetzlichen Pflicht (erst 2001) die Mitwirkung von Beschäftigten. „Ich bin zu Hause ausgezogen, weil ich unabhängig und selbstständig sein wollte. Das hat geklappt.“ Sascha Kästner, Wohngemeinschaft Grevener Straße wohnen in Münster“. Dieser Verein hat das Haus im April 2003 von der Stadt angemietet. 2013 ist Sascha Kästner aus Breckerfeld hergezogen, zu seiner Schwester, die im Stockwerk über ihm wohnt. „Ohne sie hätte ich den Schritt vermutlich nicht getan“, sagt er. Aber er hat sich schnell eingelebt: „Es ist toll, mit so vie- 1. April: Übernahme Gut Kinderhaus samt landwirtschaftlichem Betrieb und Wohnheimplätzen von der Westfälischen Klinik für Psychiatrie Münster. Hochzeit Werner Kohr und Maria Franke als erstes Ehepaar von Menschen mit Behinderung bei Westfalenfleiß. Ausgabe 0 der „ECHO“. 1991 19 So wohnt man heute ! So wohnt man heute ! Seit fünf Jahren wohnt Johannes Rademacher in einem von Westfalenfleiß angemieteten Reihenhaus, ganz in der Nähe der Wohnstätte Haus Gremmendorf, in einer Fünfer-WG. „Wenn man von der Arbeit zurückkommt, sitzt man erstmal mit den anderen zusammen in der Küche, unterhält sich, trinkt Kaffee“, erzählt der 29-Jährige. Bis zur Vorbereitung des „Als ich acht Jahre alt war, bin ich mit meinen Eltern von Münster nach Ahlen gezogen. Aber der Bezug zu Münster ist geblieben und irgendwann wollte ich zurück.“ Johannes Rademacher, Außenwohngruppe am Erich-Greffin-Weg Abendessens zieht er sich in sein Zimmer zurück. Dort informiert er sich am PC über das Weltgeschehen oder plant Urlaube. „Erst letzte Woche habe ich Urlaub an der Ostsee gemacht“, erzählt Johannes Rademacher. Im Oktober will er mit der Familienbildungsstätte für drei Tage nach Amsterdam fahren. 1992 Als zweite Geschäftsführerin für die Bereiche Wohnen und Soziales nimmt Gerda Fockenbrock ihre Tätigkeit auf. Westfalenfleiß geht beim Wohnen neue Wege und eröffnet am Gustav-Tweer-Weg die erste Außenwohngruppe für sechs Bewohner – Dezentrales Wohnen Haus Gremmendorf. 20 Wer in der WG für welche Aufgaben verantwortlich ist, wird in einem gemeinsamen Haushaltsplan festgehalten. Jeden Dienstagnachmittag gibt es ein Gruppengespräch. Das Angebot in der Wohngemeinschaft Erich-GreffinWeg ist vorwiegend auf berufstätige Personen ausgerichtet, die zwar keine Assistenz in der Nacht benötigen, bei Bedarf aber auf die Nachtwache in der nahegelegenen Wohnstätte zurückgreifen können. Johannes Rademacher möchte noch unabhängiger werden: „Ich möchte demnächst ins Ambulant Unterstützte Wohnen wechseln.“ Dann würde er stundenweise Unterstützung erhalten, etwa bei der Korrespondenz mit Behörden. Zahlen, bitte ... 5 Einzelzimmern auf drei Etagen, ein Wohn-/Ess zimmer, eine Küche und einen schönen Garten bietet die Außen wohngruppe am Erich-GreffinWeg. 1993 Dezentrales Wohnen im Haus Wolbeck; Fertigstellung Wohnstätte Telgte für 27 Bewohner. 1996 1997 Start Qualitätsmanagement Werkstatt. Erstes Dreschfest auf Gut Kinderhaus. Fareschta Sultanis Zimmer ist ein Traum in Pink und Violett. Überall finden sich Schmetterlinge: auf der Wand, auf der Uhr, als Lichterkette, aus Papier gebastelte Girlanden. Zweifelsohne: Die bunten Falter sind die Lieblingstiere der 29-Jährigen. „Weil sie fliegen können“, sagt sie. Fareschta Sultani kam als Jugendliche aus Afghanistan nach Deutschland. Vor drei Jahren war sie im Westfalenfleiß Foto-Kalender als orientalisches Model abgebildet. Das schöne Schwarz-Weiß-Foto hat sie sich über das Bett gehängt. „Bei meinem Freund Stefan im 1. Stock schaue ich am Wochenende DVDs. Mein Lieblingsfilm ist „High School Musical“. Ich habe alle drei Teile in der Schublade liegen.“ Farescha Sultani, Wohngemeinschaft am Oedingteich In der Regel steht sie an Werktagen um 6 Uhr morgens auf, ein Assistent unterstützt sie dabei. Um fünf nach sieben geht es zur Arbeit. Fareschta Sultani hat auch ein abwechslungsreiches Freizeitprogramm: montags Kochkurs. Dienstags bekommt ihre Wohngemeinschaft häufig Besuch von Realschülern, die den Sozialführerschein machen. Mittwochs Westfalenfleiß Gospelchor. Donnerstags stehen Übungen zur Förderung der Mobilität auf dem Programm, freitags Physiotherapie. In ihrem Zimmer hört Fareschta Sultani Bravo-Hits und Hörspiele von Hanni & Nanni. Oder sie liest: „Ich liebe Pferdebücher“, sagt die 29-Jährige. Am Wochenende schaut sie Filme mit ihrem Freund Stefan, der eine Etage über ihr wohnt – am liebsten „High School Musical“. In den Wohngemeinschaften von Westfalenfleiß wohnen Berufstätige, die eine Begleitung im Lebensbereich Wohnen und eine Nachtbereitschaft benötigen. Zahlen, bitte ... 12 Bewohner in zwei Wohngruppen auf zwei Etagen, ein Wohn-/Esszimmer eine gut ausgestattete Küche, ein großer Garten – das ist die Wohn gemeinschaft am Oedingteich. 1998 Erste TÜV-Zertifizierung der Werkstatt. Westfalenfleiß beteiligt sich an dem EU-Projekt „Nadeshda“ (1998 bis 2000) für 29 jüdische Flüchtlinge aus der ehemaligen Sowjetunion. 2001 Erste Außenarbeitsplätze: Beginn in der LVM-Spülküche mit 8 Beschäftigten. 21 So wohnt man heute ! „Wir wollen gemeinsam das Zusammenleben hier gestalten“ 90 „Mir gefällt eigentlich alles hier.“ Carolin Wuth, Wohngemeinschaft an der Meerwiese den Sportkeller.“ Mal allein, mal verabrede sie sich auch mit den anderen Mitbewohnern. Je fünf Personen leben insgesamt relativ selbstständig in den beiden Haushälften. Mindestens ein Assistent ist aber immer vor Ort. Am Wochenende werde gemeinsam gekocht. Und alle fünf Wochen habe immer einer für eine Woche Küchendienst. Carolin Wuth ist 2001 Die Umbenennung setzt Akzente: Aus der „Werkstatt für Behinderte“ wird die „Werkstatt für behinderte Menschen“. Westfalenfleiß geht online: www.westfalenfleiss.de - und die eigenen Kicker siegen: 1. Platz bei der Deutschen Fußballmeisterschaft der Werkstätten für Menschen mit Behinderung. 22 Heute gibt es zwei Werkstatträte – Westfalenfleiß und ISM (Industrie-Service Münster) – und einen Gesamt-Werkstattrat sowie fünf stadtteilbezogene Bewohnerbeiräte. Reicht das? Und wo konkret können Beschäftigte und Bewohner mitreden? Westfalenfleiß erleben sprach mit dem Gesamtwerkstattrats-Vorsitzenden Frank Szypior und mit Christina Keller, auch oft bei ihrem Freund auf Gut Kinderhaus unweit der WG. „Wir haben uns bei der Arbeit in der Werkstatt an der Rudolf-Diesel-Straße kennengelernt.“ Dorthin laufen sie nun jeden Tag zusammen. Seit 2007 wohnt sie nun schon an der Meerwiese und fühlt sich sehr wohl dort. Bewohner wohnen insgesamt in den beiden Haushälften an der Meerwiese. 2002 Ein Meilenstein im Bereich Wohnen – die Doppelzimmer werden aufgelöst. Der gesamte Wohnverbund differenziert sich: Es wird umgebaut, neu gebaut, Zimmer werden neu eingerichtet und es entstehen innovative Wohnformen: Wohngemeinschaft, Appartementhaus oder integratives Wohnhaus. Christina Keller: Mir macht es Spaß, Informationen weiterzugeben, wenn etwa ein Sommerfest ist. Oder Glückwunschkarten zu versenden, wenn jemand Geburts- 5 Zahlen, bitte ... 10 Schriftführerin im Bewohnerbeirat von Haus Gremmendorf. Frau Keller, Herr Szypior, warum engagieren Sie sich im Bewohnerbeirat und im Werkstattrat? Zahlen, bitte ... Fotos: Reiner Kruse Ein Bett, ein kleiner Schreibtisch, ein Kleiderschrank, zwei Regale. An der Metalltafel darüber hängen Fotos von einem rothaarigen Jungen im Kindergartenalter. „Das ist mein Patenkind“, sagt Carolin Wuth. Ihr WG-Zimmer hat sie nach ihren eigenen Vorstellungen eingerichtet. Dazu kann sie auch noch den Garten und die Gemeinschaftsräume des Hauses nutzen: Wohnzimmer, Küche, Sport- und Kreativraum. „Dort male ich, wenn ich sauer bin“, sagt die 34-Jährige. „Und wenn das nicht hilft, gehe ich radeln in Bei der Mitwirkung der Bewohner und Beschäftigten nahm Westfalenfleiß schon früh eine Vorreiterrolle ein. In den 1970er-Jahren fand sich in Haus Wolbeck der erste Heimbeirat (heute: Bewohnerbeirat) als Vertretung für die Bewohner der Wohnstätte zusammen. 1990 gründete sich in der Werkstatt die Beschäftigtenvertretung (heute: Werkstattrat) – lange bevor die Mitsprache 2001 gesetzlich verankert wurde. Bewohnerbeiräte, zwei Werkstatträte und ein GesamtWerkstattrat vertreten die Interessen der Bewohner und Beschäftigten bei Westfalenfleiß. Frank Szypior und Christina Keller vertreten Beschäftigte und Bewohner. 2003 Das Integrationsunternehmen Münsteraner Dienstleistungsservice MDS GmbH wird als 100-%ige Tochtergesellschaft der Westfalenfleiß gegründet. Eröffnung des Cafés Gut Kinderhaus. Der Fachdienst „Ambulant Unterstütztes Wohnen“ (AUW) wird eingerichtet. Gründung des Westfalenfleiß-Gospelchors. 23 Frank Szypior und Christina Keller engagieren sich für die Beschäftigen und Bewohner Frank Szypior ist seit 1984 bei Westfalenfleiß und seit 1988 im Werkstattrat vertreten. Seit 1993 ist er Vorsitzender des Werkstattrates Westfalenfleiß und seit zwei Jahren Vorsitzender im achtköpfigen Gesamtwerkstattrat, der für rund 900 Beschäftige spricht und alle vier Wochen tagt. Christina Keller lebt seit Mitte der 80er-Jahre im Wohnverbund von Westfalenfleiß. Im fünfköpfigen Bewohnerbeirat von Haus Gremmendorf vertritt sie seit Ende der 80er-Jahre die Interessen der rund 58 Bewohner im Haupthaus und 18 Nutzer im Dezentralen Einzelwohnen. Die Bewohnerbeiräte tagen alle zwei Wochen. Mitglieder des Werkstattrates oder Bewohnerbeirates erhalten regelmäßig Schulungen. So gibt es 2015 beispielsweise für die Mitglieder der Bewohnerbeiräte zwei Schulungstage, die von den Assistenten der Beiräte vorbereitet werden. Beim ersten Termin im Mai ging es zunächst um das gegenseitige Kennenlernen und die Aufgaben der Beiräte, da durch die diesjährigen Neuwahlen einige neue Mitglieder hinzugekommen sind. Ein zweiter Schulungstag findet im Herbst zum Thema Beschwerdemanagement statt. Der Werkstattrat hat im August dieses Jahres eine Schulung zum Thema Öffentlichkeitsarbeit absolviert. Bewohnerbeiräte und Werkstatträte werden alle vier Jahre gewählt. Abschluss der ersten FAB-Absolventen: Fünf Westfalenfleiß-Gruppenleiter qualifizieren sich erfolgreich als staatlich anerkannte „Fachkraft zur Arbeits- und Berufsförderung“ (FAB) Gründung Förderverein „Kultur und Freizeit“ zur Fortsetzung und Erwei- 24 tag hat. Außerdem schreibe ich gerne Protokoll. Frank Szypior: Mir ist wichtig, für die Beschäftigten da zu sein und ihnen helfen zu können. Was machen Sie im Bewohnerbeirat und im Werkstattrat? An welchen Entscheidungen sind Sie beteiligt? Frank Szypior: Ein großes Thema ist in der Werkstatt immer das Mittagessen. Wenn es Beschwerden gibt, nehmen wir die auf, diskutieren darüber und geben das an die Geschäftsführung weiter. Einmal im Monat haben wir ein Treffen mit unserem Geschäftsführer, Herrn Puder. Auch wenn es Unstimmigkeiten zwischen Beschäftigten und Mitarbeitern oder unter den Beschäftigten gibt, kümmern wir uns Gab es Fälle, wo Sie sich auch gegen die Geschäftsführung durchsetzen mussten? „Wenn es Unstimmigkeiten gibt, kümmern wir uns darum und suchen gemeinsam nach einer Lösung.“ Frank Szypior Beginn des Projektes „Sozialführerschein“ in Münster. terung der kulturellen Angebote und Freizeitaktivitäten für Menschen mit Behinderung bei Westfalenfleiß. Frank Szypior: Ja, mit dem Vorgänger von Herrn Puder gab es mal eine Auseinandersetzung darüber, dass unser Resturlaub mit Ablauf eines Jahres verfallen sollte. Wir haben dann erreicht, dass wir ihn weiterhin noch im Januar des Folgejahres nehmen können. Das war ein hartes Stück Arbeit. Reicht die Mitbestimmung, oder würden Sie gerne noch mehr mitreden können? Frank Szypior: Es kommt vor, dass ich einen Bereichsleiter auf dem Flur treffe, der mir nebenbei erzählt, das und das wollen wir machen. Ich sage dann immer: „Es wäre schön, wenn wir vorher informiert und gefragt würden.“ Es wird Zeit, dass wir bei der Mitwirkung einen Schritt weiter gehen und die gleichen Rechte bekommen wie etwa ein Betriebsrat. Also nicht nur ein Mitspracherecht, sondern ein echtes Mitbestimmungsrecht. Das müsste aber erst einmal gesetzlich verankert werden, sodass man wirklich sagen könnte: Ohne uns geht nichts mehr. Dabei wollen wir nichts boykottieren. Wir wollen gemeinsam das Zusammenleben hier gestalten und nicht gegeneinander arbeiten. Vielen Dank für das Gespräch! In einfachen Worten ... 2009 2004 2005 „Wir sind Ansprechpartner für alle Sorgen und Nöte der Bewohner.“ Christina Keller darum und suchen gemeinsam nach einer Lösung. Christina Keller: Wenn zum Beispiel neue Mitarbeiter eingestellt werden, werden wir auch dazu angehört. Wenn er oder sie nicht zu den Bewohnern passt, können wir dies sagen. Ansonsten sind wir Ansprechpartner für alle Sorgen und Nöte der Bewohner. Zweimal im Jahr organisieren wir eine Vollversammlung mit allen Bewohnern des jeweiligen Bewohnerbeirates. Wenn es Streit gibt oder das Essen nicht schmeckt, können sich Bewohner von Westfalenfleiß an den Bewohnerbeirat wenden. Beschäftigte in den Werkstätten können sich an den Werkstattrat wenden. Westfalenfleiß ist es wichtig, was Bewohner und Beschäftigte wollen und sagen. Der Vorsitzende des Werkstattrates ist Frank Szypior. Er findet, dass Beschäftigte noch mehr mitreden können sollten. 2010 Gründung der Landesarbeitsgemeinschaft der Werkstatträte mit Frank Szypior als AWO-Delegiertem. Eröffnung des integrativen Wohnhauses „Baumberger Hof“. 2015 Westfalenfleiß feiert seinen 90. Geburtstag mit einer Reihe von Festen. 25 kurz und bündig Kommentar Mietkostenzuschuss für den Westfalenfleiß-Copyshop Mein Standpunkt. Von Gerda Fockenbrock, Geschäftsführerin der Westfalenfleiß GmbH in Münster Die Geschichte der Westfalenfleiß GmbH ist die Geschichte vieler Menschen, mit und ohne Behinderungen, die sich über Jahrzehnte mit diesem Unternehmen identifiziert und damit zu seiner Erfolgsgeschichte beigetragen haben. Das 90-jährige Jubiläum veranlasst uns innezuhalten und genauer zu betrachten, wie diese gemeinnützige Gesellschaft sich zu dem entwickelt hat, was die Westfalenfleiß GmbH von heute ausmacht. Von Anfang an ging es darum, dass dieser Betrieb Menschen mit Handicaps die Teilhabe an der Gesellschaft ermöglichen sollte, zunächst im Lebensbereich Arbeit und seit 1976 auch in den Lebensbereichen Wohnen und Freizeit. Zunächst waren es kriegsversehrte Menschen, denen Westfalenfleiß eine Beschäftigung bot. Aufgrund Ihres Einsatzes im Krieg genossen sie damals ein hohes Ansehen. Für Menschen mit einer geistigen oder mehrfachen Behinderung war die Situation bis zur Verabschiedung des Bundessozialhilfegesetzes (BSHG) eine andere. Sie galten als nicht bildbar und hat- 26 ten somit weder auf Schulbildung noch auf Arbeit einen gesetzlichen Anspruch. Das BSHG sicherte Ihnen seit den 1960-iger Jahren erstmalig das Recht auf Teilnahme am Leben in der Gesellschaft zu. Ein Meilenstein für Menschen mit Behinderungen, ihre Angehörigen und auch für die Westfalenfleiß GmbH, die 1968 die Anerkennung als „beschützende Werkstatt“ erhielt. Als Folge der Psychiatrie – Enquete 1975 und der daraus resultierenden sozialpolitischen Entwicklung nehmen seit den 1980-iger Jahren auch Menschen mit einer psychischen Erkrankung die Angebote des Bereichs Arbeit in Anspruch. Heute bietet der Arbeitsbereich rund 900 Menschen mit Behinderungen bzw. psychischen Erkrankungen an verschiedenen Standorten und auf Außenarbeitsplätzen berufliche Rehabilitation. Im Integrationsunternehmen MDS, dem Tochterunternehmen der Westfalenfleiß GmbH, arbeiten darüber hinaus rund 130 Menschen mit und ohne Behinderung. Im Bereich des Wohnens findet seit 1976 ebenfalls eine kontinuierliche Weiterentwicklung statt: Der Wohnverbund bietet im stationären Bereich seit 2003 in den verschiedenen Wohnformen 272 Bewohnern ausschließlich Einzelzimmer in kleinen Wohngruppen an. Darüber hinaus assistiert der Fachdienst des Ambulant Unterstützten Wohnens rund 60 Nutzern in ihren eigenen Wohnungen. Seit Einführung des Bundessozialhilfegesetzes haben in unserem Land Menschen mit Behinderungen als Nachteilsausgleich einen Rechtsanspruch auf Eingliederungshilfe. Heute gilt es, sich dafür einzusetzen, dass auch weiterhin die erforderlichen Ressourcen zur Verfügung gestellt werden, damit Menschen mit Behinderungen am gesellschaftlichen Leben uneingeschränkt teilhaben können. Hierfür wird sich die Westfalenfleiß GmbH auch in Zukunft mit ganzer Kraft einsetzen. Ihre Gerda Fockenbrock Geschäftsführerin Der Westfalenfleiß-Copyshop an der Rudolf-Diesel-Straße bietet Arbeitsmöglichkeiten für rund 90 Menschen mit psychischer Erkrankung. „Wir haben uns bewusst für diesen Standort in einem ehemaligen Autohaus entschieden. Die Räumlichkeiten sind mit den vielen Fensterfronten hell und haben eine gute Verkehrsanbindung. Das hat in Münster seinen Preis. Deshalb freuen wir uns sehr, dass der Landschaftsverband WestfalenLippe uns mit einem Mietkostenzuschuss unterstützt“, erklärt Hubert Puder, Sprecher der Geschäftsführung der Westfalenfleiß GmbH. Ansgar Wischnewski, Beschäftigter im Copyshop, bestätigt: „Ich arbeite hier gern. Wir haben viel Platz und die Atmosphäre ist freundlich. Ich fühle mich hier sehr wohl.“ Seit 2004 fördert der LWL die 1.800 Quadratmeter große Werkstattfläche und hat den Zuschuss nun für weitere fünf Jahre bewilligt. „Wir planen einen Umbau, damit wir noch mehr Möglichkeiten für Einzelarbeitsplätze schaffen können“, erläutert der Leiter des Copyshops, Robin Perrefort. „Ab Ende 2015 werden wir einen Kartenscanner für Architektenpläne sowie eine Kuvertier- und Falzmaschine für größere Mailing-Aktionen einsetzen.“ Die Papiersorte sei bereits auf öko-effizientes Eukalyptuspapier umgestellt worden. Der Copyshop habe damit ein nachhaltiges und noch breiteres Leistungsspektrum – vom Kopieren und Scannen über das Falten, Kuvertieren und Versenden bis hin zum Konfektionieren. Abgerundet wird das Angebot durch den integrierten DHL-Shop. Sieger waren am Ende alle – integratives Badmintonturnier bei Westfalenfleiß Ausgepowert, aber voller Stolz präsentierten sich die Teilnehmer der Westfalenfleiß-Badmintongruppe nach ihrem ersten Wettkampf. „In den letzten Monaten kam die Idee auf, sich mit einer anderen Mannschaft zu treffen und ein Turnier zu veranstalten“, berichtet Grup- penleiter Raimund Plieth. Mit seinem Kollegen Sebastian Stahl leitet er ehrenamtlich das Training der Badminton-Gruppe, die schon Ende der 90er Jahre ins Leben gerufen wurde. Etwa zwölf Teilnehmer treffen sich jeden Donnerstag von 16 bis 18 Uhr in der Sporthalle, um ihr gemeinsames Hobby auszuüben. „Da es aber offenbar in der näheren Umgebung keine andere Werkstatt mit einer BadmintonSportgruppe gibt, habe ich im letzten Jahr Kontakt aufgenommen mit der Jugendabteilung des TV Friesen Telgte. Die Idee eines gemeinsamen (integrativen) Turniers wurde dort sehr positiv aufgenommen und im April war es dann endlich so weit“, erklärt Raimund Plieth. Mit acht Spielern und zwei Trainerinnen rückten die Telgter in der Sporthalle am Kesslerweg an, um sich mit den Münsteranern zu messen. Alle Partien wurden im Doppel ausgetragen und im Verlauf des Nachmittags hatte jeder mit unterschiedlichen Gegnern zu tun. Am Ende aber gab es nur einen Sieger: Alle! Die Reaktionen der Spieler waren allesamt positiv. So positiv, dass es noch in diesem Herbst ein Wiedersehen in Telgte geben soll. 27 kurz und bündig kurz und bündig Dankeschön für Hochwasserhelfer auf Gut Kinderhaus „Ihr Engagement ist für mich hoch beeindruckend und ich bin stolz, dass wir eine so gute Gemeinschaft haben“, eröffnete Dr. Michael Kaven, Vorsitzender des Aufsichtsrates im Namen der Gesellschafter der Westfalenfleiß GmbH seine Dankesrede. Gerichtet war sie an die Mitarbeiter, die bei dem verheerenden Hochwasser im Juli 2014 alles stehen und liegen gelassen hatten, um die Folgen des Jahrhundert-Unwetters auf Gut Kinderhaus zu beseitigen. „Die betroffenen Menschen mit Behinderung konnten sich nur in sehr eingeschränktem Maße selbst helfen. Da war es für Sie selbstverständlich, spontan und ohne große Aufforderung zum Gut Kinderhaus zu kommen und mit anzupacken, wo es nötig war“, so Dr. Kaven weiter. Fünf Mitarbeiter vom Gut Kinderhaus hatten mit höchstem Einsatz in der ganzen Nacht des großen Regens dafür Sorge getragen, dass die Bewohner evakuiert und am nächsten Morgen in anderen Häusern untergebracht wurden. Am Tag nach dem Unwetter kamen noch weitere 32 Mitarbeiter vom Gut Kinderhaus und aus verschiedenen anderen Bereichen der Westfalenfleiß hinzu, um die durchnässten Möbel, Einrichtungsgegenstände und Kleidung der Betroffenen aus den Zimmern zu räumen. Inzwischen sind alle Bewohner in ihre frisch renovierten Zimmer zurückgezogen, auch das Café Gut Kinderhaus erstrahlt in neuem Glanz. Der Alltag ist wieder eingekehrt. WestfalenfleißLaufgruppe startet beim Leonardo Campus Run 4.000 Teilnehmer haben sich beim diesjährigen „Leonardo-Campus-Run“ beteiligt. Bei dem vom Hochschulsport jährlich organisierten Sportevent können Profi- und Hobbyläufer in verschiedenen Laufdistanzen von 555 Metern bis zehn Kilometern in verschiedenen Altersklassen an den Start gehen. Auch die Laufgruppe der Westfalenfleiß GmbH war wieder mit dabei. Sechs Beschäftigte und ihre Begleiter gingen zusammen mit einigen Läufern Mensch-ärgere-Dich-nicht-Turnier im Wohnverbund Aufgeregtes Treiben herrschte im Saal der Wohnstätte Haus Gremmendorf beim großen Mensch-ärgereDich-nicht-Turnier, das Christel Burmeister, Marianne Cherouny, Ernst Raneberg und Renate Homann vom Beirat Wohnen in Zusammenarbeit mit Anja Kinzinger und Anita Heitmann vom Freundeskreis der St. Ida-Pfarre ausgerichtet hatten. Rund 25 Spielbegeisterte aus dem Westfalenfleiß-Wohnverbund würfelten und setzten was das Zeug hielt. Neben bunten Pokalen gab es Taschen, Blumenvasen, Kerzenleuchter, Armbanduhren und viele weitere kleine Preise zu gewinnen, die Christel Burmeister, Vorsitzende des Beirats Wohnen, mit finanzieller Unterstützung durch den Förderverein Kultur und Freizeit sowie durch Spenden der Firma Werner Voss aus Nienberge, der Firma Selectric Nachrichtensysteme, der Volksbank Münster und der Westfälischen Nachrichten zusammengetragen hatte. Christel Arand belegte letztlich den ersten Platz, dicht gefolgt von Jochen Mühlbauer (2. Platz) und Christoph Cherouny (3. Platz). Musik kennt keine Grenzen – Gospelchor in der Erlöserkirche Mit einer musikalischen Reise durch Länder und Zeiten hat der Gospelchor unter der Leitung von Leo Michalke das Publikum beim 28. Westfalenfleiß-Konzert begeistert. Dabei traf klassische Musik auf Pop, Musical Evergreens und Gospellieder. Auf dem Programm standen die „Habanera“ aus „Carmen“, spanische Lieder von de Falla, Musical-Highlights wie „Memory“ und „Don`t cry for me Argentina“ neben populären Schlagern und Gospelsongs wie „Eviva Espana“, „Frei wie der Wind“, „Over in the Glory Land“ und „Amazing Grace“. Von den gekonnt vorgetragenen Liedern und der guten Stimmung des Chors mitgerissen, sangen die Gäste aus kräftiger Kehle mit. Bereichert wurde das Konzert durch die Mitwirkung der Sopranistin Heike 28 Hallaschka und des Pianisten Clemens Rave, die mit brillant gespielten und gesungenen Soloeinlagen sowie in gemeinsamen Auftritten mit dem Chor das Publikum in ihren Bann zogen. Abgerundet wurde das Klangerlebnis durch das Stück „Over in the Gloryland“, virtuos gespielt von Christine Amendinck am Keyboard. des Vereins Blau-Weiß-Aasee in verschiedenen Distanzen an den Start. Die Fünf-Kilometerroute wurde von vier Westfalenfleiß-Sportlern bewältigt, und zwei schafften sogar zehn Kilometer. „Da die Strecke meistenteils über Kopfsteinpflaster geht, ist das Laufen eher beschwerlich“, erklärte Sportlehrerin Konni Hüsing. „Umso stolzer waren wir, dass alle die Ziellinie erreicht haben.“ „Mir geht es gar nicht darum, einen Pokal zu gewinnen. Der Spaß am Mitmachen steht an diesem Tag im Vordergrund. Dabei sein ist schließlich alles“, ergänzte 10 km-Läufer Bernd Witte. Alle sind sich einig: „Im nächsten Jahr sind wir wieder dabei!“ 29 kurz und bündig kurz und bündig Gelungene Theater-Premiere der „Maniacs Integrationsunternehmen MDS bildet aus Die Premiere des inklusiven Theaterprojekts „Maniacs“, aufgeführt im „Kleinen Bühnenboden“ an der Schillerstraße, war ein voller Erfolg. Das kleine Theater war bei der Aufführung des Stücks „Spiegelsplitter“ bis auf den letzten Platz besetzt. Das Publikum honorierte die Leistungen der Schauspieler mit Szenenapplaus, am Ende gab es stehende Ovationen. „Mich haben die Schauspieler mit ihren unterschiedlichen Talenten und der Inhalt des Stücks sehr beeindruckt“, so eine Zuschauerin. Und: „Schließlich wurde auch uns als Publikum ein Spiegel vorge- Gleich vier neue Auszubildende haben ihre berufliche Karriere bei der MDS GmbH gestartet. Drei junge Menschen absolvieren eine Ausbildung als „Fachpraktiker Küche“ und eine junge Frau eine Ausbildung zur Hauswirtschafterin. „Alle Azubis werden erst einmal an unserem Hauptstandort am Gustav-Stresemann-Weg eingearbeitet“, berichtet Manfred Dreyer, Fachbereichsleitung Küche, Bistros und Betriebs- halten. Ich habe mich in so mancher Szene selbst wiedererkannt.“ „Theater Maniacs“ ist eine inklusive Theatergruppe von Menschen mit und ohne Behinderung. Einige von ihnen arbeiten in der Werkstatt für Menschen mit Behinderung oder auf einem Außenarbeitsplatz der Westfalenfleiß GmbH. Initiiert wurde das Projekt von einigen Teilnehmern, die 2011 anlässlich eines Seminars bei Westfalenfleiß theaterpädagogische Elemente kennenlernten. Organisatorin des Projekts ist die Westfalenfleiß-Mitarbeiterin Hildegard Wilken. Seit Mitte 2014 arbeitet die Gruppe mit dem Regisseur und Schauspieler Bart Hogenboom zusammen. Das Stück „Spiegelsplitter“ wurde teilweise von den Teilnehmern selbst erarbeitet, teilweise gab es vom Regisseur vorgegebene Szenen, die einstudiert wurden. 30 brock für sein Engagement: „Manfred Nosthoff hat die Maßnahmen der Arbeitssicherheit im Wohnver- bund maßgeblich vorangebracht und dafür möchte ich ihm meine große Anerkennung aussprechen.“ Antwerpener Straße 2 • 48163 Münster Telefon: 02501-929555 • Fax: 02501-929556 Antwerpener Straße 2 • 48163 Münster Telefon: 02501-929555 • Fax: 02501-929556 Antwerpener Straße 2 • 48163 Münster Start in das Berufsleben bei Westfalenfleiß der Hauswirtschaft. Bestandteile der Ausbildung waren u. a. das Hubwagentraining, die Kundenbetreuung, die Kommunikation im Berufsleben, der Umgang mit Geld, das Erlernen oder Verfestigen von Kulturtechniken und Übungen zur Körperwahrnehmung Das Ende ihrer beruflichen Bildungszeit feierten die Teilnehmer zusammen mit Michael Sandner, Henning Schlüter vom Sozia- um uns. Es ist toll, dass ich jetzt hier meine Ausbildung machen kann.“ Neue Fachkraft für Arbeitssicherheit im Wohnverbund Nach erfolgreichem Abschluss seiner berufsbegleitenden Ausbildung zur „Fachkraft für Arbeitssicherheit“ präsentiert Gerd Winter stolz sein Zertifikat von der Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege (BGW). „Die Ausbildung beinhaltete über einen Zeitraum von zwei Jahren fünf Präsenzwochen in Dresden und zwischendurch Selbstlernphasen“, berichtet 18 junge Menschen mit Behinderung haben ihre zweijährige Berufsbildungsmaßnahme bei der Westfalenfleiß GmbH abgeschlossen. Stolz nahmen sie von Michael Sandner, Geschäftsbereichsleitung Begleitende Dienste & Qualifizierung, ihre Zertifikate entgegen. Die Qualifizierung erfolgte in verschiedenen Berufen, z. B. Helfer in der Elektromontage, Verpackungshelfer, Montagehelfer oder Helfer in gastronomie der MDS GmbH. „Danach werden sie aber auch an anderen Standorten der MDS zum Einsatz kommen, um alle Bereiche der Küche und der Bistros kennen zu lernen.“ Franziska Muhle freut sich: „Ich habe im Rahmen von Schulpraktika sechs verschiedene Küchen kennengelernt und hier bei MDS hat es mir am besten gefallen. Alle sind sehr freundlich und kümmern sich Telefon: 02501-929555 • Fax: 02501-929556 len Dienst und den Bildungsbegleitern Gertrud Büter und Manfred Damer. Das Beste: Für alle Absolventen geht es bei Westfalenfleiß beruflich weiter. „Wir konnten jeden unserer Maßnahmeteilnehmer auf einem qualifikationspassenden Arbeitsplatz in unseren Werkstätten übernehmen“ freut sich Michael Sandner. Gerd Winter. „Das war schon aufwändig, aber es hat sich gelohnt.“ Der Meinung ist auch Geschäftsführerin Gerda Fockenbrock. Sie hat ihm nun die Verantwortung für die Arbeitssicherheit im Wohnverbund übertragen. Seinem Vorgänger, Manfred Nosthoff, dankte Focken- Busreisen: Busreisen: Reiseziele: Busreisen: Reiseziele: Reiseziele: eine komfortable, bequeme und exklusive Art des Reisens eine komfortable, bequeme und ohne Massentourismus Kultur und exklusive Art des Reisens eine komfortable, und Geschichte eines bequeme Landes erleben ohne Massentourismus Kultur und exklusive Art des Reisens Geschichte eines Landes erleben ohne Massentourismus Kultur und Geschichte eines Landes erleben www.theos-reisen.de www.reisephilosoph.de www.theos-reisen.de www.reisephilosoph.de www.theos-reisen.de www.reisephilosoph.de 31 kurz und bündig kurz und bündig Petri heil – Angeln verbindet Menschen „Als das Wort Inklusion noch überhaupt niemand kannte, haben Sie und Ihre Vereinsmitglieder ganz praktisch gezeigt, wie gelebte Inklusion funktioniert“, lobte Westfalenfleiß Geschäftsführerin Gerda Fockenbrock anlässlich des 50-jährigen Bestehens des Angelsportvereins Telgte das Engagement des Vereins im Hinblick auf die Integra- 32 tion von Menschen mit Behinderung. Insbesondere sprach sie ihren Dank an den Vorsitzenden des Vereins, Karl Kinzinger aus: „Heute feiern wir nicht nur das 50-jährige Jubiläum ihres Vereins, sondern auch die seit 35 Jahren bestehende Kooperation mit Westfalenfleiß. Seit 1980 lädt der Angelsportverein Telgte Bewohner des Westfalenfleiß-Wohnverbundes zweimal im Jahr zum Angeln ein. Zu Beginn waren es nur die Bewohner der Wohnstätte Wolbeck, später kamen immer mehr Personen aus anderen Häusern hinzu, die dieses Angebot begeistert in Anspruch nahmen. Im Anfang waren es nur sieben oder acht Bewohner, die zum Angeln kamen. Die Zahl wuchs auf heute rund 30 Personen aus dem gesamten Wohnverbund. letzten Monaten ihre Tätigkeit im Wohnverbund oder in der Werkstatt aufgenommen haben. Auch Tobias Koop, neuer Mitarbeiter im Sozialen Dienst, hat sich bewusst für Westfalenfleiß entschieden: „Ich habe gezielt eine Stelle in einer Werkstatt für Menschen mit Behinderung gesucht und hatte das große Glück, dass Westfalenfleiß gerade eine Stelle ausgeschrieben hatte.“ „Es zeichnet uns aus, dass wir stets die Menschen mit Behinderung in den Vordergrund stellen und die besonderen Fähigkeiten unserer Mitarbeiter schätzen. Wir sind stolz auf das, was wir tun und zeigen auch, mit wem wir das tun“, erklärte Hubert Puder beim Einführungsnachmittag für neue Mitarbeiter. Sein Appell: „Sie haben hier bei uns den Auftrag, die Teilhabe der Menschen mit Behinderung zu fördern. Tragen Sie diese Botschaft auch als Multiplikatoren weiter!“ Auch Wohnbereichsleiterin Rebecca Schäfer nutzte das Treffen, um die Wohnformen des Wohnverbundes vorzustellen. Michael Sandner, Geschäftsbereichsleitung Begleitende Dienste & Qualifizierung, stellte die Werkstattstandorte sowie die Arbeitsangebote für Menschen mit Behinderung bei der Westfalenfleiß GmbH und beim Münsteraner Dienstleistungsservice, MDS GmbH, näher vor. Team schaffen wir es, wenn die Arbeit aufgeteilt wird und jeder das macht, was er gut kann.“ Das Seminar, an dem die Beschäftigten der Westfalenfleiß GmbH teilnehmen konnten, fand im Rahmen der persönlichen beruflichen Qualifizierung statt. Ein halbes Jahr lang hatte es regelmäßige Treffen gegeben, um Schlüsselqualifikationen für die Ausübung einer möglichen späteren Tätigkeit auf einem Außenarbeitsplatz oder für den Übergang auf den allgemeinen Arbeitsmarkt zu vermitteln. Das Konzept KuKuK Plus ist ange- lehnt an das Projekt des Hamburger Arbeitsassistenten. Die drei „K“ stehen für: Kommunikation – Konfliktbewältigung – Kooperation. Das Plus steht für Kundenkontakte. Reden mit und ohne Worte? Wie kann ich mich in Konfliktsituationen noch fair verhalten? Was ist wichtig, wenn ich Kundenkontakte habe? Diese und weitere Themen wurden von Hildegard Wilken, Fachkraft für Übergangsprozesse, und Marlies Autering, Bildungsbegleiterin im Berufsbildungsbereich des Hauptbetriebes, aus dem Programm des Hamburger Arbeitsassistenten für die Beschäftigten der Westfalenfleiß GmbH entwickelt und durch eigene Erlebnisse der Teilnehmer erfahrbar gemacht. MDS betreibt neues Beresa-Bistro Der Umzug des Autohauses Beresa von Mecklenbeck in die Loddenheide freut nicht nur die Geschäftsführung des Unternehmens, bieten sich doch nun mit einer Grundfläche in der Größe von eineinhalb Fußballfeldern ganz neue Möglichkeiten und Wettbewerbsvorteile. Auch Manfred Dreyer, Fachbereichsleitung Küche, Bistros und Betriebsgastronomie der MDS GmbH, hat Grund zur Freude: „Seit dem 31. August sind wir als Betreiber des Beresa-Bistros im Verwaltungsgebäude am neuen Standort tätig. Zwei unserer Mitarbeiter werden dauerhaft dort fest eingesetzt. Wir freuen uns sehr auf die Zusammenarbeit.“ Das Bistro hat werkstags von 9 bis 15 Uhr geöffnet. Morgens gibt es frisch belegte Brötchen und Getränke, mittags drei Hauptgerichte, Salatbuffet und Dessert. Auch Beresa-Geschäftsführer Marcus Herkenhoff schaut der Kooperation mit Freude entgegen: „Es ist schön, dass wir eine im wahrsten Sinne des Wortes naheliegende Lösung für das Catering gefunden haben. MDS produziert die Gerichte ebenfalls am Standort Loddenheide, so sind die Wege kurz und die Speisen frisch. Außerdem entspricht es unserer Firmenphilosophie, mit einem Integrationsunternehmen zu kooperieren.“ Dass noch weitere Unternehmen so denken, wünscht sich Manfred Dreyer für die Zukunft: „Unser Ziel ist es, noch mehr Betriebsobjekte in der freien Wirtschaft als Caterer zu beliefern.“ 20 neue Mitarbeiter bei Westfalenfleiß „Ich bin gelernter Grafiker, wollte aber auch immer schon im sozialen Bereich arbeiten – so kann ich jetzt beides sinnvoll miteinander kombinieren“, erklärte Robin Perrefort seine Motivation, sich als neuer Bereichsleiter des ISM-Copyshops an der Rudolf-Diesel-Straße zu engagieren. Er ist einer der insgesamt 20 neuen Mitarbeiter, die in den „Gemeinsam in einem Boot“ Was dieses Motto bedeutet, haben die Teilnehmer aus dem Seminar „KuKuK Plus“ bei einem Gedankenexperiment erfahren, in dem sie mit einem Boot auf einer einsamen Insel strandeten. Das Fazit: „Als 33 Reportage Fotos: Reiner Kruse Reportage und ohne Behinderung machen“, sagt Hubert Puder, Sprecher der Geschäftsführung von Westfalenfleiß. Für junge Familien hat sich Gut Kinderhaus daher etwas ganz Besonderes einfallen lassen: Im Rahmen einer Tauf- oder Geburtsfeier auf dem Hof können Eltern oder Verwandte für den neuen Erdenbürger die Patenschaft für einen neu gepflanzten Walnussbaum übernehmen und sich sechs Jahre lang auf frische Walnüsse freuen. Besiegelt wird die Patenschaft mit der Anbringung eines Vogelhäuschens am Baum, das den Namen des Kindes trägt. Eine Handvoll Walnussbäume ist bereits gepflanzt, ein Dutzend weitere sollen folgen. Nur 150 Euro kostet dieses ganz persönliche und sicher köstliche Geschenk. Neben dieser sind viele weitere Aktionen für junge Familien, Fahrradfahrer oder Spaziergänger geplant. Dreh- und Angelpunkt ist dabei oft das umgebaute Café Gut Kinderhaus, das mit seiner modernen Theke und der gemütlichen Sitzreihe am großen Kamin jetzt viel freundlicher und großzügiger wirkt. Doch nicht nur der Umbau ist neu – auch die Speisekarte, die je nach Jahreszeit eine kleine Auswahl an frischen Gerichten bietet. Und damit die Gäste nach dem Blumenpflücken oder dem Stöbern im Hofladen im Biergarten in Ruhe entspannen können, hat das Café Gut Kinderhaus auch seine Öffnungszeiten im Sommer verlängert. Von Dienstag bis Donnerstag hat es bis 20 Uhr und von Freitag bis Sonntag bis 22 Uhr geöffnet. „Früher haben die Gäste meist nur Kuchen bei uns geges- Ein Ort der Begegnung Neben Blumen und Früchten sollen auf Gut Kinderhaus nun auch Walnussbäume wachsen. Dafür können Besucher eine Patenschaft übernehmen. Frühling, Sommer, Herbst und Winter – jede Jahreszeit fühlt und schmeckt man ab sofort auf Gut Kinderhaus. Denn mit dem Umbau des Cafés wurde gleichzeitig ein neues Konzept geschaffen, das alle Aktivitäten und Erzeugnisse des Hofs bündelt und Gut Kinderhaus zu einem lebendigen Ort der Begegnung werden lässt. Es duftet nach Erdbeeren und frischen Blumen, aus dem Biergarten erklingen leise Stimmen und in der Ferne ertönt das Lachen eines Kindes. Ein Hauch von Sommer liegt in der Luft – und das ist kein Zufall. Denn passend zur Jahreszeit dreht sich auf Gut Kinderhaus alles um die schönste Zeit 34 des Jahres. Im Café gibt es leichte Speisen und fruchtigen Kuchen, im Hofladen die Früchte der Saison und etwas abseits des Weges können Besucher frische Himbeeren oder Blumen pflücken. All das ist Teil des neuen Konzeptes, das unter dem Namen „Jahreszeiten auf Gut Kinderhaus“ die besonderen Stärken und Vorzüge des Hofes hervorheben und noch mehr Gäste ansprechen soll. „Wir möchten die bei uns vorbeischauenden Familien und Reisegruppen zum Verweilen einladen, ihnen ihre Berührungsängste nehmen und Gut Kinderhaus zu einem Ort der Begegnung für Menschen mit Zahlen, bitte ... 80 Fühlen sich mit dem neuen Gut Kinderhaus auf dem richtigen Weg: Hubert Puder, Sprecher der Geschäftsführung der Westfalenfleiß GmbH, Nicole Gellings, Leiterin des Café Gut Kinderhaus und Thorsten Groß, Beschäftiger im Café. Hektar Land mit Getreide-, Mais- und Rapsanbau und sieben Hek tar Grünland gibt es auf Gut Kinderhaus. Dazu noch: 7.500 Apfelbäume 100 Süßkirschbäu me. 12.000 Erdbeerpflanzen, 5.000 Himbeerruten, 300 Brombeerruten, 360 Schweine, 10 Pferde und diverse Kleintiere sowie Ziervögel. 35 Reportage Reportage Obwohl es gerade erst ins Leben gerufen wurde, trägt das Konzept auf Gut Kinderhaus bereits Früchte. Wie es bei den Besuchern ankommen wird, lässt sich jetzt noch nicht sagen, doch bei den Mitarbeitern wird In einfachen Worten ... Das Café von Gut Kinderhaus wurde umgebaut. Es sieht jetzt ganz toll aus. Es gibt neue Gerichte und die Küche hat länger auf. Damit mehr Menschen zu Besuch kommen, gibt es viele schöne Angebote. Zum Beispiel kann man Blumen und Himbeeren pflücken oder eine Taufe auf Gut Kinderhaus feiern. Die Mitarbeiter finden das super. Kulinarische Vielfalt aus Münster Gemeinschaftsverpflegung Gesund essen – von klein auf ... für Schulen, Kindertageseinrichtungen und Seniorenzentren Fotos: Caroline Seidel sen, da für ein Abendessen bis zum Ladenschluss zu wenig Zeit blieb“, erklärt Nicole Gellings, Leiterin des Café Gut Kinderhaus. Auch Fußballfreunde können sich freuen: In Kürze wird Sky eingerichtet und so können spannende Spiele auf einem großen Flachbild-Fernseher übertragen werden. Damit ist der anerkannte Ausbildungsbetrieb jetzt rundum gut aufgestellt. es schon gelebt. „Ich finde es toll, wie sehr sich die Mitarbeiter, Beschäftigten und Bewohner mit dem Konzept verbunden fühlen. Das zeigt, dass wir auf dem richtigen Weg sind“, so Hubert Puder. Westfalenfleiß kann auch High-Tech In der Westfalenfleiß-Werkstatt an der Rudolf-Diesel-Straße in Münster helfen Beschäftigte einer hochentwickelten Maschine auf die Sprünge. Denn so ausgeklügelt und modern das Gerät auch sein mag: Was Markus Ostermann, Bernd Witte und andere Mitglieder der Gruppe „Systempack 2-Skin“ können, das kann die Maschine nicht. Betriebsgastronomie ... damit die Arbeit schmeckt ! Rundum-Verpflegung für Ihre Mitarbeiter: abwechslungsreich, ausgewogen, wirtschaftlich. Bistro am Friedenspark Reiche Auswahl, moderate Preise ! Gustav-Stresemann-Weg 25 · 48155 Münster Öffnungszeiten: Mo.-Do: 12:00 - 14:30 Uhr Fr.: 12:00 - 13:30 Uhr Grill-Buffet „All you can eat“ Jeden Dienstag & Donnerstag im Bistro ! pro Person, inklusive Salate vom Buffet und Dessert-Varianten! 6.50 Catering und Events MDS macht Ihre Feier zu einem unvergesslichen Erlebnis ! www.mds-muenster.de 36 Bei zwei von insgesamt acht Arbeitsschritten ist nämlich menschliches Fingerspitzengefühl gefragt. Heraus kommen dann am Ende Adapter für englische Steckdosen – rund 300.000 pro Jahr. Damit können deutsche Geräte in Ländern, die das UK-System haben, ans Stromnetz angeschlossen werden. Die Arbeiten werden an der Rudolf-Diesel-Straße im Team ausgeführt. Markus Ostermann und Bernhard Witte gehören dazu. Eigentlich muss Markus Ostermann gar nicht mehr hinschauen, wenn er an der UK-Einschießmaschine arbeitet. Als hätte er nie etwas anderes getan, greift der Beschäftigte mit seiner linken und rechten Hand in die gefüllte Schale vor sich. Bruchteile von Sekunden später hält er zwei kleine Kupferkontakte – nicht 37 Reportage Reportage Unersetzlich: das Fingerspitzengefühl des Teams „Systempack 2-Skin“ Zahlen, bitte ... 12.000 Stecker für Steck dosen englischer Bauweise kann das Produktionsteam Systempack 2-Skin in der Werkstatt an der Rudolf-DieselStraße in fünf Werktagen fertigen. 38 größer als ein Fingernagel – zwischen Daumen- und Fingerkuppen. Die dünnen Kontakte setzt Markus Ostermann zielsicher auf eine Sockelvorrichtung – eine links, eine rechts, gleichzeitig. Für den ganzen Vorgang hat er genau fünf Sekunden Zeit. Dann dreht der Teller der Maschine sich weiter. Dieses Zeitfenster reicht dem Beschäftigten jedoch ganz locker. Wahrscheinlich könnte er sogar zwei Sockel bestücken, so schnell ist er. Dennoch: „Man ist hier mehr gefordert als bei den anderen Arbeiten“, sagt er lachend. „Aber die Herausforderung ist toll!“ Am Arbeitsplatz neben ihm sitzt Bernd Witte. Ihm geht die Arbeit nicht ganz so schnell von der Hand wie seinem Kollegen, aber nicht weniger routiniert. Seine Aufgabe ist es, ein schwarzes Kunststoffgehäuse auf die beiden Kupferkontakte zu stecken, die Markus Ostermann zuvor auf dem Sockel des Drehtellers platziert hat. „Das sieht locker aus, aber von der Motorik her ist es nicht einfach“, sagt Gruppenleiterin Stefanie Franke-Hameke. Die Kunst besteht darin, das Plastik links und rechts gleichmäßig aufzudrücken, denn sonst kann es sich verkanten. Seit Juli 2009 ist Bernd Witte im Team Systempack 2-Skin. „Ich musste mich erst an die Maschine gewöhnen“, sagt er. „Sie war mir am Anfang zu schnell, aber dann ging es. Da ist man hinterher dann stolz.“ Marion Esser, Fachbereichsleitung Produktion Nord, unterstreicht die anspruchsvolle Bedienung des Automaten: „Es ist eine große Herausforderung für Menschen mit Behinderung, an getakteten Maschinen zu arbeiten.“ Umso bemerkenswerter ist da die Tatsache, dass die Taktung der Maschine erst langsamer war und stetig bis auf fünf Sekunden erhöht wurde, wie Stefanie Franke-Hameke berichtet. „Da sind wir nah dran am ersten Arbeitsmarkt“, ergänzt Manfred Nosthoff, Fachbereichsleitung Produktion Süd. „2,5 Sekunden sind es dort.“ Seit Juni 2009 ist die Maschine bei Westfalenfleiß in Betrieb. „Die Maschine wird uns zur Verfügung gestellt von der Firma FRIWO Gerätebau GmbH aus Ostbevern, mit der wir schon seit über 25 Jahren hervorragend kooperieren“, erklärt Manfred Nosthoff. Im Prinzip wäre es auch für eine Maschine möglich, die zwei Arbeitsschritte von Markus Ostermann und Bernd Witte zu erledigen. Das wäre dann aber nicht mehr rentabel. „Die Kontakte greifen und drehen – der Aufwand wäre enorm“, sagt Manfred Nosthoff. Ein bisschen Arbeit bleibt der Maschine dennoch: Gehäuse prüfen, Stifte einsetzen, Stifte festdrücken, das Ganze drehen, verstemmen und nochmal überprüfen. Zum Schluss ist nochmal menschliches Geschick gefragt: Zwei Beschäftigte verschließen die Adaptergehäuse mit Plastikplättchen. In der Westfalenfleiß-Werkstatt in Telgte werden die Teile schließlich verschweißt, überprüft und freigegeben. Bis zu sechs Stunden am Tag arbeiten Markus Ostermann und Bernd Witte an dem Drehteller. Aber auch andere Beschäftigte der Produktionsgruppe bedienen die Maschine. „Wir versuchen, Rotation reinzukriegen“, sagt die Gruppenleiterin. „Je mehr Leute es können, desto besser.“ Und so verlerne auch niemand die Tätigkeit. Die Arbeiter an der Maschine können jederzeit eine Pause einlegen und auf den großen roten Knopf drücken. Dann hält die Maschine augenblicklich an und der Drehteller steht still. Aber nicht lange, dann geht es schon wieder weiter. In einfachen Worten ... In der Westfalenfleiß-Werkstatt arbeiten Menschen an einer Maschine. Sie stecken dabei ganz kleine Teile in andere, größere Teile. Das kann die Maschine nicht selbst machen. Obwohl sie ganz modern und teuer ist. SWIN LACKSYSTEME 39 Reportage Fotos: Marco Stepniak Reportage „Wir wollen keine Insel sein“ Westfalenfleiß bringt verstärkt Menschen mit und ohne Behinderung in den Stadteilen zusammen. Derzeit wandert eine Sitzbank durch neun Wohneinrichtungen, die Freiwillige und Bewohner gemeinsam gestalten – als Symbol für die Begegnung. Schuhe hat die Bank schon, und auch die Armlehnen sind mit bunten Häkeleien verziert. „Das haben die Bewohner der ersten beiden Stationen im Baumberger Hof und Albersloher Weg gemacht“, sagt Anne Schulte. Sie ist als Koordinatorin für das Frei- Zahlen, bitte ... 130 Etwa 130 Freiwillige unternehmen regel mäßig etwas mit den Bewohnern von Westfalenfleiß. 40 willigenmanagement und den Sozialführerschein bei Westfalenfleiß zuständig. „Heute sind die Kissen dran.“ Die Bank steht am Ende des Cafés im Erdgeschoss von Haus Gremmendorf. Fast alle anderen Plätze sind bereits besetzt. An einem Tisch liegen weiße Kissenbezüge, daneben Farbe, Pinsel und Stempel. Ludger Komnik legt den Kopf etwas schräg, presst einen der Stempel in die grüne Farbe. Dann steht er auf, nimmt Maß und platziert ihn kraftvoll auf dem weißen Stoff. Die Umrisse eines Blat- tes bleiben zurück. Der schlanke 57-Jährige strahlt über das ganze Gesicht. Neben ihm lächelt eine freundliche Frau. Sie hatte die Farbe zuvor in eine alte Frischkäsepackung gefüllt und Komniks Hand ein wenig geführt. Lucie Havermann kommt seit drei Jahren zweimal wöchentlich in die Wohnstätte, liest vor, geht mit den Bewohnern spazieren oder spielt mit ihnen „Mensch ärgere dich nicht!“. „Die Menschen freuen sich, und ich habe die Zeit“, begründet die 79-Jährige ihr Engagement. Von einem Bekann- ten erfuhr sie, dass Westfalenfleiß Freiwillige für Aktivitäten mit den Bewohnern sucht. Das Angebot sei schon recht vielfältig, sagt Anne Schulte. Es reiche von Ausflügen über den Hundebesuchsdienst bis zum begleiteten Stadionbesuch bei Preußen Münster, den eine Fangruppe seit einiger Zeit anbiete. Zu der Veranstaltung heute hatte Schulte im Stadtteil großflächig Flyer ausgelegt – in Läden, Apotheken und Bäckereien. Erste Reaktionen gibt es schon: Einer der Besucher könnte sich vorstellen, mit Bewohnern ins Museum zu fahren. „Bei den anderen beiden Veranstaltungen hatten wir auch sehr interessante Angebote“, so Schulte. Darunter neben Ausflügen auch Besonderheiten wie Theaterspielen oder das Herstellen von Klangschalen. 2011 hatte Westfalenfleiß das Freiwilligen-Management eingeführt, in das der Sozialführerschein integriert ist. „Wir wollen keine Insel sein, sondern Teil des Stadtteils“, sagt Marija Olbrich, die heute ebenfalls vor Ort ist. „Sozialraumorientierung“ sei ein wichtiger konzeptioneller Bestandteil im Wohnverbund. Die Wohnbereichsleiterin hatte die Projektleitung in der dreijährigen, von der Stiftung Wohlfahrtspflege unterstützten Modellphase. Rund 480 Westfalenfleiß-Bewohner wurden damals nach ihren Wünschen für zusätzliche Freizeitaktivitäten befragt. Die Ergebnisse wurden in eine Datenbank eingepflegt, die regelmäßig aktualisiert werde. „So können wir Anforderungsprofile für neue freiwillige Mitarbeiter entwickeln, um geeignete und interessierte Personen mit den passenden Tätigkeiten und den jeweiligen Einsatzbereichen passgenau zusammenzubringen“, so Olbrich. Nach der Modellphase wurden das Freiwilligenmanagement und der Sozialführerschein als feste Strukturelemente im Wohnverbund verankert. Seit Beginn des Jahres hat Wohnbereichsleiter Christian Schlief die Verantwortung für dieses Strukturelement von Marija Wohnbereichsleiter Christian Schlief und Freiwilligenkoordinatorin Anne Schulte informieren über freiwilliges Engagment. Olbrich übernommen. „Ein wichtiger Effekt des Freiwilligenengagements ist auch, dass im Stadtteil Grußbekanntschaften entstehen“, erklärt Schlief. „Die Bewohner werden als Menschen wie du und ich wahrgenommen.“ Die Ehrenamtler seien zugleich Multiplikatoren zum Abbau von Vorurteilen und Klischees, die noch immer über Menschen mit Behinderung bestehen. In Haus Gremmendorf haben Bewohner Ludger Komnik und die freiwillige Mitarbeiterin Lucie Havermann derweil auf der Bank Platz genommen. „Wir haben uns heute erst kennengelernt und prompt gut verstanden“, sagt die Rentnerin. Ludger Komnik könnte sich gut vorstellen, demnächst auch einmal mit spazieren zu gehen. Außerdem wolle er gerne lernen, was er mit seinem Laptop alles machen kann. Wie gut, dass sich kürzlich ein Freiwilliger gemeldet hat, der Computerkurse anbietet. In einfachen Worten ... Viele Bewohner von Westfalenfleiß würden in ihrer Freizeit gerne noch mehr unternehmen. Mal ins Kino oder zum Fußball gehen oder Radfahren. Dafür sucht Westfalenfleiß Freiwillige, die die Bewohner dabei begleiten. In Haus Gremmendorf haben Freiwillige zusammen mit Bewohnern eine Sitzbank verschönert. Neue Freiwillige und Bewohner sollen sich dabei besser kennenlernen. Die Sitzbank kommt nun in weitere Häuser von Westfalenfleiß. 41 Foto: Reiner Kruse Mitraten und Gewinnen! Wo ist denn das zu sehen? Auch für diese Ausgabe haben wir uns wieder ein Suchspiel für Sie überlegt. Sie müssen dafür wie üblich einen Fotoausschnitt finden. Also, von welcher Seite in diesem Westfalenfleiß erleben-Heft stammt der Ausschnitt? Haben Sie das Bild gefunden? Dann schicken Sie Ihre Antwort bis zum 16. Oktober 2015 mit dem Betreff „Bilderrätsel 2-2015“ entweder per Mail an [email protected] oder per Postkarte mit der Adresse und Telefonnummer des Absenders an: Westfalenfleiß, Birgit HonselAckermann, Kesslerweg 38-42, 48155 Münster. Unter allen richtigen Einsendungen verlosen wir einen Gutschein über 40 Euro für das Restaurant / Bistro A2 am See. Wir drücken allen Teilnehmern die Daumen! Gewinner des Rätsels aus Heft 1/2015 ist Jan Hesselbarth. Er hat zwei Tribünenkarten für die laufende Saison des Fußballvereins SC Preußen Münster gewonnen. Herzlichen Glückwunsch! Anzeige Besondere Arbeitsplätze bei Westfalenfleiß Folierungen für den mobilen Straßenverkehr Burkhard Lübke sitzt an seiner Werkbank in der zentralen Westfalenfleiß-Werkstatt und umrahmt ein Blechschild in NeonOrange mit schwarzem Kedernband als Schutzkante. „Das ist ein 11K-Blech“, erklärt der 34-Jährige. Als Warnschild für Gefahrenstoffe bei LKWs werde das eingesetzt. Er greift in das Regal hinter sich und holt ein anderes Blech hervor. Auf dem sind zusätzlich schwarze Nummern eingestanzt. Auch hierfür kennt Lübke die Bezeichnung: 16D, heiße dieses Blech. Seit zehn Jahren macht er diese anspruchsvolle Tätigkeit im Team mit anderen Beschäftigten, die die Schilder stanzen und vernieten. „Ich habe damals gefragt, ob ich nicht mal was anderes machen kann, und die Arbeit gefiel mir.“ So ist Burkhardt Lübke, der 1999 zu Westfalenfleiß kam und dort unter anderem schon in der Arbeitsgruppe Metall eingesetzt war, einfach dabeigeblieben. Die Zukunft gestalten Wir bringen Ihnen Systemlösungen in den Bereichen: .Telekommunikation .Lichtrufsysteme .Brandmeldeanlagen . Desorientierten Schutzsysteme OSMO Anlagenbau GmbH & Co. KG Kommunikationstechnik Bielefelder Straße 10 · 49124 GMHütte Tel.: 0 54 01/858-300 · Fax: 0 54 01/858-103 www.osmo-kommunikation.de 42