Scharfe Minenjagd

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Scharfe Minenjagd
Scharfe Minenjagd
Totenstille auf dem Minenjagdboot KULMBACH - es herrscht Geräuschdisziplin. Die Stauung ist
gesperrt. Die Ruhebereiche der Freiwache sind die Messen, geschlafen wird in Kriegsmarschanzug
(mit angelegter Schwimmweste). Das Boot befindet sich in einem Dauerbereitschaftszustand.
Was hier auf dem Minenjagdboot KULMBACH passiert, nennt
man scharfe Minenjagd. Im Rahmen der Operation OPEN
SPIRIT 08 suchen sechs Minenjagdboote nach Altlasten aus
dem Ersten und Zweiten Weltkrieg. Aber wie jagt man etwas,
dass seit 90 beziehungsweise 60 Jahren auf dem Grund der
Ostsee liegt?
Der hauptsächliche Unterschied zum normalen Bootsbetrieb
besteht zunächst darin, dass die KULMBACH bei der
Minenjagd nicht mehr von der Brücke, sondern aus der
Operationszentrale (OPZ) gefahren wird. Hier, in der sich im Schiffsinnern befindlichen OPZ, befindet
sich das Steuerpult der Sonaranlage sowie die Steuerungseinrichtung für die bordeigenen Drohnen,
die SEEFÜCHSE.
„Bei der Minenjagd bekommt man bestimmte Gebiete zugewiesen, die sich in sogenannte Tracks
aufteilen. Um nun Minen zu finden, fahren wir diese vorgegebenen Linien langsam ab, um den
Meeresboden mit dem Sonar nach Besonderheiten, wie zum Beispiel Unebenheiten abzutasten“
erklärt Frau Oberleutnant zur See Melanie Riedel-Kirmes, eine der drei Wachoffiziere an Bord.
Der Kontakt
Hat das Sonar nun einen Kontakt aufgespürt, muss zunächst
geprüft werden, ob es sich tatsächlich um eine Mine handelt
und nicht etwa um einen Stein oder ein Schiffswrack. Hierbei
wird die vermeidliche Mine gegebenenfalls von einer anderen
Seite angefahren, um vom Sonar einen anderen Blickwinkel zu
bekommen.
Die Anspannung des Personals in der OPZ steigt. Gibt das
Sonar nun immer noch das Bild einer möglichen Mine wieder, werden die nächsten Schritte zur
Identifizierung eingeleitet. Der Kommandant der KULMBACH, Kapitänleutnant Daniel Prenzel, gibt
nun die Anweisung zum Klarmachen einer der SEEFUCHS-Drohnen vom Typ India (für Identifikation).
Dieses vom Boot mittels Lichtwellenleiter ferngesteuerte Fahrzeug, ausgestattet mit Kamera,
Scheinwerfer und Sonar, wird nun zum Ort des Kontaktes gelenkt. In der OPZ wird angespannt auf
den Bildschirm geschaut, auf dem die Bilder der Drohne übertragen werden. Jetzt ist auch der letzte
Zweifel behoben. „Es handelt sich hier um eine Ankertaumine vom Typ M 12“, bestätigt der
Kommandant und gibt den Befehl, die Mehrwegdrohne zurück an Bord zu holen.
SEEFUCHS Charlie
An Oberdeck der KULMBACH wird nun der zur Sprengung
vorgesehene SEEFUCHS des Typs Charlie zum Abschuss
vorbereitet. „Es ist vom Prinzip die gleiche Drohne, nur dass
der SEEFUCHS-Charlie mit einer Sprengladung versehen ist
und nicht wieder zurückkehren wird“, erklärt Riedel-Kirmes.
„SEEFUCHS-Abschuss!“, befiehlt Kapitänleutnant Daniel
Prenzel, und die Drohne macht sich auf den Weg zur Mine
vom Typ M 12. Die Anspannung in der OPZ steigt, ist fast greifbar. „Jetzt wird die Drohne direkt zur
Mine navigiert und dort dann mit Schwung gegen die Mine gefahren“, erklärt Melanie Kirmes-Riedel.
„Beim Aufprall des SEEFUCHSES auf das Minengefäß wird dann ein sich ballistisch ausformender
Stachel von dem SEEFUCHS in die Mine geschossen, welcher den Sprengstoff der Mine zur
Detonation bringt und die gefährliche Altlast aus dem Ersten Weltkrieg beseitigt.“
Text: Julian Schnaedelbach