Kombiniertes Monitoring-System Provista
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Kombiniertes Monitoring-System Provista
PIPELINETECHNIK / GASVERSORGUNG Fachbericht Kombiniertes Monitoring-System Provista: Pipelineüberwachung mit Glasfaser und Drohnen Die Auffassung, dass es gegenwärtig kein ideales Überwachungssystem für Pipelines gibt, ist allgemein verbreitet [1]. Das bedeutet, dass die Lösung für einen komplexen Schutz der Erdöl-, Erdölprodukte- und Erdgastransportadern vor diversen Gefahren immer ein Kompromisses zwischen technischen, ökonomischen und politischen Faktoren ist. Daher soll im Folgenden ein kombinierter Monitoringansatz vorgestellt werden, der die spezifischen Vorteile verschiedener Technologien miteinander verbindet. In den letzten Jahrzehnten nahm der Einsatz von Drohnen bei der Überwachung von Pipelines und anderen längeren Objekten immer weiter zu. Das russische staatliche Unternehmen für den Transport von Erdöl und Erdölprodukten „Transneft“, das mit 73.000 km Pipelines operiert, verwendet solche Apparate z. B. für den Schutz der Fernerdölleitungen im Ostsibirischen Raum. Mini-Flugzeuge, die mit Photo- und Videokameras mit mehrfacher optischer Vergrößerung ausgerüstet sind, übertragen das Bild in Echtzeit auf Monitore der Bodenleitungsstation. Das GPS-System der Koordinaten erlaubt eine sehr sensible Ortung in einem Radius von 25-30 km um die Station und bis zu einer Höhe von 500 m [2]. Neben der Drohnenüberwachung wurde aber auch vermehrt auf die Glasfaser-Technologie zurückgegriffen, die für das Monitoring, z. B. bei der Lecküberwachung, eine wichtige Rolle spielt. Unter anderem rüstete das Moskauer Unternehmen PetroLight über die 2010 gemeinsam mit Transneft gegründete OMEGA Company über 5500 km Rohrleitung mit dem Leak Detection und Activity Control System (LDACS OMEGA) aus [3]. Das System basiert auf der Verwendung des längs der Rohrleitung verlegten faseroptischen Kabels als Sensor. LDACS Omega spürt geringste vibroakustische und thermische Veränderungen in und in unmittelbarer Nähe der Pipeline. Der Betreiber erhält so direkt und schnell Online-Informationen über Leckagen sowie über potentiell gefährliche Aktivitäten in der Schutzzone (Tabelle 1). Vorteile verbinden: Drohnentechnologie und Glasfasertechnologie Bei der Erstellung eines „neuen“ Monitoring-Systems sollen die Vorteile der beiden oben beschriebenen Ansätze verbunden werden. Dafür sollen einige Hauptvorteile des LDACS Omega beschrieben werden. Der faseroptische Sensor kann relativ leicht und kostengünstig installiert werden – im Vergleich zu ganzen Apparatkomplexen wie bei vielen konventionellen Überwachungssystemen. Der Sensor ist dabei unsichtbar und erfordert keine Verlegung des elektrischen Kabels längs der Pipeline, was auch in Bezug auf die Sicherheit des Rohres ein großer Vorteil ist. Der optische Tabelle 1: Technische Daten des Omega-Systems 28 Äußerer Durchmesser des faseroptischen Kabels 16 mm Baulänge des faseroptischen Kabels 4 - 6 km Maße abgeschirmter Schrank für das logische Modul Max. 800x800x2100 mm Zulässige Arbeitstemperatur des faseroptischen Kabels Von -40 bis +60 °C Zulässige Arbeitstemperatur des logischen Moduls Von +1 bis +40 °C Zeit des Ansprechens des vibroakustischen Kanals Max. 10 s Zeit des Ansprechens des Kanals der Registrierung der Temperaturänderung bei 2°C Max. 60 min Frequenzbereich der zu registrierenden Signale 150 - 500 Hz Spannung und Frequenz des Versorgungsnetzes 220 ± 37 V, 50 Hz Einsatzzeit bei unterbrochener Stromversorgung Mind. 3 h Lineares Auflösungsvermögen 2-5m 10-11 | 2015 Fachbericht PIPELINETECHNIK / GASVERSORGUNG Bild 1: Die Verlegung des faseroptischen Sensors des Leak Detection und Activity Control Systems (LDACS) OMEGA in der Fernerdölleitung „PurPe – Samotlor“ Bild 2: Das neue Modell des Logischen Moduls wird im Prüflabor von Dmitrij Pleschkow, Geschäftsführer der Firma OMEGA, präsentiert Sensor ist in elektromagnetischer Hinsicht passiv und eignet sich dadurch auch für aggressivste Medien [4]. Das System LDACS basiert auf der Verwendung des akustischen Sensors (Distributed Acoustic Sensor, DAS), der unter anderem die Signale vom thermalen Sensor (DTS) bestätigt. Der OMEGA-DAS kann das tatsächliche akustische Signal bis zu 50 km im Leitungsabschnitt zurückverfolgen und zwar in beide Gegenrichtungen von der Auswerteeinheit. Die Ergebnisse werden für den Betreiber in der Messwarte reproduziert und bewertet. Die Einheit sendet ein optisches Signal in das Glasfaserkabel und analysiert die natürlich auftretenden Schwingungen bzw. Reflektionen, die entlang des installierten Glasfaserkabels zurückgestreut werden. Die Empfindlichkeit der Phasenumwandlung beträgt dabei 0,1 bis 0,2 Radiant und die Bandbreite der analysierten Fre- quenzen reicht von 1 bis 500 Hz bei einer Impulsfolge von 1 kHz. Ähnlich wie beim verteilten Vibrationssensor (DVS) verwendet die OMEGA DAS-Architektur die faseroptischen Sensoren als virtuelle Mikrophone sowie als Übertragungsmedium für Messinformationen. DAS verwendet Coherent Optical Time Domain Reflectometry (COTDR), um die Rückstrahlung von Rayleigh-gestreutem Licht zu analysieren und um Vibrationen in virtuellen Kanälen aufzuzeichnen [5]. LDACS Omega ist also ein Kontroll- und Messkomplex, ein hocheffektives und „kluges“ Signalsystem, das dem Betreiber Informationen über ein herannahendes gefährliches Ereignis anzeigt oder ein bereits eingetroffenes meldet. Der Betreiber muss dann entscheiden, was zu tun ist. Die Entsendung einer Notgruppe an die ermittelte Position kann eine Lösung sein. Allerdings ist die technische Ausrüs- AUFLÖSUNG 115 Bild 3: Lokale Änderungen des Reflektogramms zeigen externe vibroakustische Einwirkungen. Mit Drohnen kann dies schnell überprüft werden 10-11 | 2015 29 PIPELINETECHNIK / GASVERSORGUNG Fachbericht Bild 4: Prinzipielles Arbeitsschema des Systems PROVISTA: vom Signal des optischen Sensors bis zur Luftbildaufnahme und Beschlussfassung tung, die man in einer solchen „schnellen Engreiftruppe“ vorhalten muss, teuer. Außerdem ist die Entsendung von Technikern in teils unwegsames Gelände auch eine logistische Herausforderung. Das Monitoring-System Provista Das komplexe Monitoring-System Provista, dessen Konzeption von den russischen Firmen PetroLight und Omega und der schweizerischen Aratos-Swiss Homeland Security AG (5) ausgearbeitet wurde, ist eine Antwort auf diese Herausforderung. Das Wesen der in diesem Jahr konzipierten und vorgestellten Entwicklung besteht darin, dass die primäre Analyse eines möglichen Vorfalls an der Pipeline (sowie an dem besonders bewachten Perimeter, einer Eisenbahnlinie oder einer Stromtrassen-Querung) auf der Grundlage einer Luftbildaufnahme, die von Drohnen operativ gemacht wird, durchgeführt wird. Wenn z. B. am automatisierten Arbeitsplatz des LDACSOperators Informationen einlaufen, dass an einem der virtuellen 5-Meter-Abschnitte, in die die Strecke eingeteilt ist, eine für diesen Ort nicht charakteristische physische Aktivität erkannt wird, kann der Ort des wahrscheinlichen Ereignisses weit entfernt sein – ein logisches LDACSModul bedient bis zu 50 Kilometer in jede Richtung. Das Steuerungsprogramm der Drohnen, das automatisch gestartet wird, verbindet durch die Geolokalisation dann sofort die Stelle des wahrscheinlichen Ereignisses mit der Geländekarte und der jüngsten Aufnahme, die während des Routineabfliegens einer Drohne gemacht wurde. Es gibt dank der hohen Auflösung die Möglichkeit, den Punkt POI (Point of Interest) im Detail zu sehen. Der Dispatcher kann dann ggf. veranlassen, ein unbemanntes Flugzeug zum POI zu senden. Der Operator des PROVISTA-Systems sieht parallel automatische Handlungsempfehlungen – einschließlich der Indexbezeichnung der Stelle, wo ein Hubschrauber landen kann, und die eventuelle Bewegungsroute zum POI. Der Flugkörper, der mit Akkus oder Kerosin betrieben wird, hat eine Reichweite von bis zu 100 km. Das heißt, dass er den entferntesten Punkt, der von dem Logischen 30 Modul bedient wird, erreichen kann. Die Drohne übermittelt dabei ständig Foto- und Videoaufnahmen. Dies passiert nicht nur bei menschlichem, kriminellen Eingriff in die Schutzzone einer Pipeline, sondern auch bei Leckagen: auch diese werden von DTS, DAS und speziellen Aufnahmetechniken der Drohne erkannt. Die Drohne kann neben dem manuellen Modus auch im Half-Control- und Circle-Modus arbeiten. Im ersten Fall kann ein speziell ausgebildeter Operator die Drohne mit Hilfe eines gewöhnlichen Joysticks steuern und den Flug des Apparats lenken, um bessere Bilder zu bekommen. Im Half-Control-Modus kreist die Drohne um den POI herum und behält ihn ständig im Visier ihrer Kameras. Somit können die Handlungen möglicher Täter verfolgt und dokumentiert werden. Der Flugkörper kann auch Transportmittel mit einer Geschwindigkeit von 120 km/h verfolgen und mit Hilfe einer speziellen Software Gesichter erkennen, die sich am POI befinden. Tabelle 2: Technische Daten der Drohne D-18, die im ProvistaSystem verwendet werden kann Spannweite 1,8 m Länge des Rumpfes 1,2 m Kreuzergeschwindigkeit 50 km/h Maximale Geschwindigkeit 80 km/h Start – Landung Vom Arm des Operators oder vom Katapult. Erste Anfragen und Einsätze für Provista Pipeline-Betreiber sowie Schutzbehörden einiger Regionen der Welt haben bereits Interesse für den praktischen Einsatz des Provista-Systems gezeigt. Im Sommer 2015 hat Aratos-Swiss das System in Nigeria und Algerien erfolgreich präsentiert. Im August 2015 wurde dieses integrierte Pipeline-Überwachungssystem ein Dialogthema während des Moskau-Besuches einer Shell-Delegation bei Omega. 10-11 | 2015 Fachbericht PIPELINETECHNIK / GASVERSORGUNG Bild 5: Aleksej Turbin von der OMEGA Company bei einem Test der Drohnen in der Stadt Izhevsk, Russland Bild 6: OMEGA-Ingenieure zeigen den Vertretern von öltransportierenden Gesellschaften aus Zentraleuropa das Fernzugriffsverfahren an einer 5000 km entfernten TransneftPipeline in der Nähe der sibirischen Stadt Irkutsk Vor kurzem, am 5.September, wurde Provista den Partnergesellschaften von Transneft – der tschechischen MERO, der slowakischen Transpetrol und der ungarischen MOL – ebenfalls in Moskau vorgestellt. Dieses Interesse ist auf eine Reihe von Vorteilen zurückzuführen, die vor allem wirtschaftlicher Art sind. So kann der teure Einsatz einer Notgruppe oft überflüssig sein, hingegen man mit einer Drohne den POI wesentlich effizienter überwachen kann. Die Ausstattung mit dem Provista-System kann sogar die Notwendigkeit der Entsendung einer bewaffneten Notgruppe zum Tatort vermeiden, falls »» sich das Ereignis am POI als nicht gefährlich zeigt, »» eine weitere Kontrolle durch Routineinspektionen möglich ist oder »» bereits vorhandene Foto- bzw. Videoaufnahmen ausreichend für die Planung eines Sicherheitseinsatzes oder Gerichtsverfahren sind. Das System Provista eröffnet Pipelinebetreibern neue wirtschaftliche Möglichkeiten für den technologischen Schutz wichtiger Infrastrukturobjekte. Literatur [1] Psel, N.; Pleshkov, D.; Akhmedov E.; Turbin, A.: OMEGA-LDACS: Safer Detection with the Distributed Acoustic Sensor, in: 3R, Technical Journal for Piping System Integrity and Efficiency. Pipeline Special 2013, S. 43-46. [2] Klintsewitsch, L.; Kisseljow, G.: Das innovative Monotoringsystem kann Leckagen aus der Pipeline “hören” und potentiell gefährliche Ereignisse lokalisieren, in: Zeitschrift “Ekologitscheskij Westnik Rossii”, Mai 2014, S.20-22. [3] Psel, N.; Turbin, A.: Innovative Response to Technologic and Anthropogenic Challenges: Omega’s Fibre-Optic Cable-Based Monitoring System for Pipelines, in: Pipelines International Digest, 11/2012, pp.18-19. 10-11 | 2015 [4] Internet-Review UAS Vision. http://www.uasvision. com/2014/08/05/integrated-pipeline-border-monitoringsolution/#more-32676/ . [5] Psöl, N.; Pleschkow, D.; Achmedow, E.: LDACSLeckerkennungssystem: Mehr Sicherheit durch verteilte akustische Sensoren, in: 3R 10/2013, S.86-89. SCHLAGWÖRTER: Pipelinetechnik, Online-Monitoring, Drohnen AUTOREN Dr. STANISLAWA WASJUTINSKAJA Moskauer Staatsuniversität für Geodäsie und Kartographie Tel. +7 499 2621953 [email protected] WIKTORIA MALKINA Moskauer Gubkin-Staatsuniversität für Erdol und Erdgas Tel. +7 495 6182983 [email protected] Dr. HANS-CHRISTIAN STUBER ARATOS-SWISS Homeland Security AG Tel. +41 792504744 [email protected] 31