Der Kampf seines Lebens
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Der Kampf seines Lebens
34 | MM18, 2.5.2016 | MENSCHEN Arnold Gjergjaj Der Kampf seines Lebens Vor zwei Jahren erhielt er einen Preis für sein Engagement in der Jugendarbeit – jetzt steht Arnold «The Cobra» Gjergjaj vor dem wichtigsten Termin seiner bisherigen Karriere: Am 21. Mai tritt der aus dem Kosovo stammende Prattler gegen Weltklasseboxer David Haye an. Text: Claudia Langenegger A rnold Gjergjaj (31) misst fast zwei Meter, wiegt 111 Kilogramm, hat Schultern so breit wie ein Schrank und besiegt fast jeden Gegner mit einem K.O. Angst scheint dieser Boxer nie zu haben. Auch nicht vor dem nächsten Kampf? Er grinst schelmisch, lacht und stützt sich mit den Ellenbogen auf die Seile des Rings: «Man hat immer Angst. Nicht vor dem Kampf. Vor dem Verlieren», sagt es und wendet sich ab, um Seil zu springen. Der Ring boden schwingt unter seinem Kör pergewicht, das Seil schlägt für die nächsten zehn Minuten laut und regelmässig auf dem Boden auf. Arnold Gjergjaj, dessen Name man «Dscherdschai» ausspricht, tritt am 21. Mai in London gegen David Haye an. Haye – den Weltklassekämpfer? Ja, genau den. Der Engländer war mehrfacher Weltmeister im Schwer gewicht und stand bereits gegen prominente Grössen wie Wladimir Klitschko im Ring, die langjährige Nummer eins im Schwergewicht. Hat Arnold Gjergjaj da überhaupt eine Chance? «Sonst würde er nicht antreten», sagt Angelo Gallina (48), Präsident des Boxclubs Basel, der Gjergjajs Coach und auch Manager ist. «Auf diesen Moment haben wir sieben Jahre hingearbeitet», sagt der Mann mit der prägnanten schwarzen Brille. Er ist einer, der Box sport mit Kultur verbindet und nur Boxer mag, die auch etwas im Kopf und ein grosses Herz haben, nicht nur Bild: Matthias Willi Muckis. Arnold Gjergjaj ist einer von ihnen. 29 Profikämpfe hat er hinter sich und bisher jeden gewonnen. Mittlerweile hat Gjergjaj sich die schweren 18UnzenHandschuhe angezogen, und Gallina zieht sich die Pratzen über. Die «Schlagschule» be ginnt. Der Schwergewichtler schlägt dabei in die Lederpratzen seines Trainers und wird von ihm gnadenlos durch den Ring gejagt. Gjergjajs Schläge knallen in die Pratzen. Mit jeder Runde werden sie schneller, härter und lauter. Doch erst nach der fünften Runde atmet er hörbar wäh rend einer Pause, und erst zwei Run den später zeichnen sich auf seiner Stirn die ersten Schweissperlen ab. Essen darf er alles, auch Döner Als 14Jähriger kam Gjergjaj aus dem Kosovo in die Schweiz. Hier machte er den Schulabschluss, eine Lehre als Heizungsmonteur, und begann mit dem Boxen. Warum? «Kollegen von mir gingen ins Training. Sie sagten: Du bist stark, komm auch», erzählt er. Als Amateur wurde er drei Mal Schweizer Meister. Mit 25 Jahren wechselte Gjergjaj ins Profilager. Geld verdient er mit seinem Sport keins. Im Gegenteil. Kämpfe sind teu er, die Einnahmen mager. Hierzulan de kommt man nur mit Sponsoring weiter. Es gibt keine gebührenpflich tigen Fernsehübertragungen wie in England, wo Boxprofis ihren Lebens unterhalt mit Wettkämpfen verdie nen können. Zu Beginn seiner Sport lerkarriere arbeitete Gjergjaj Vollzeit auf dem Bau und später im Lebens mittelladen seines Bruders in Basel. Seit Januar ist der Boxer auch noch Besitzer des Clubs Arnold Boxfit in Pratteln BL. Am Feierabend Training, an den Wochenenden Kämpfe. Gjerg jaj hilft noch immer sonntags im Laden des Bruders aus – nur nicht jetzt, vor diesem wichtigen Kampf. Vor zwei Jahren wurde Gjergjaj mit dem Prattler Stern ausgezeichnet – als Anerkennung für sein soziales Engagement in der lokalen Jugend arbeit. Und der gebürtige Kosovo Albaner mit Schweizer Pass, der sich lange dafür schämte, dass er nicht perfekt Deutsch spricht, gilt als gutes Beispiel für geglückte Integration. Wenn der Ernst des Kampfs gilt, ist es mit Gjergjajs offensichtlicher Gutmütigkeit vorbei. Dann verwan delt er sich in den gnadenlosen Boxer mit dem Fightnamen «The Cobra» – flink wie eine Kobra lässt er, ohne zu zögern, seine Fäuste fliegen. «Im Ring erkennst du ihn nicht wieder», sagt Coach Angelo Gallina stolz. Nach eineinhalb Stunden ist das Nachmittagstraining vorbei. Gjergjaj freut sich auf das Poulet, das seine Frau Marta (24) für ihn gekocht hat. Auf sein Gewicht achten muss er nicht: «Ich habe im Moment das Idealge wicht, ich kann auch das essen», sagt er und zeigt auf ein Sponsorenplakat mit einem Döner. «Das ist das Prakti sche am Schwergewicht.» Und er lacht sein sympathisches Lachen. MM Weitere Infos: www.thecobra.ch; http://arnoldboxfit.ch MENSCHEN | MM18, 2.5.2016 | 35 Bereitet sich auf den Kampf gegen David Haye vor: Arnold Gjergjaj hat sieben Jahre auf diesen Moment gewartet.