Automatisches Nichtautofahren

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Automatisches Nichtautofahren
horxkolumne
Automatisches
Nichtautofahren
Foto: Klaus Vyhnalek; Illustration: Benedikt Rugar
Zukunftsforscher Matthias Horx über falsche Kontexte,
Dominanz und die stille Macht der Hormone rund ums Auto-Auto
Matthias Horx ist
Gründer des
Zukunftsinstituts
und Herausgeber
des Trend Update
Werden wir wirklich steuerlos in Autos
durch die Gegend gleiten? Vielleicht. Aber
wahrscheinlich doch eher anders, als es
heute aussieht.
Zur Kategorie der Muss-unbedingtkommen-Zukunft gehört das automatische
­Autofahren. Kein Technik-Feuilleton,
keine Farbbeilage, kein Filmbericht über
Zukunftstechnik, in dem nicht stolze Ingenieure hinter sich automatisch drehenden Steuer­
rädern gezeigt werden, während sich ihre
Autos selbsttätig auf Landstraßen oder durch
die Stadt bewegen. Autonomes Fahren ist
zum Utopismus einer gigantischen Branche
geworden, die nicht mehr genau weiß, wohin
sie will, aber immer schnell da sein möchte.
Warum bin ich – vor dem Hintergrund von
25 Jahren Zukunftsforschung – skeptisch, was
das automatische Auto angeht? Technisch
ist das alles kein Problem mehr. Doch in der
Vision vom fahrerlosen Fahren liegen viele
Fehler, die daraus entstehen, dass der Kontext
nicht berücksichtigt wird:
Erstens ist Autofahren etwas ganz anderes
als Mobilität. In der autonomen Fahr-Utopie
wird behauptet, es ginge lediglich darum,
komfortabel von A nach B zu kommen. Wer
jedoch das Verhalten von Autofans einmal aus
der Nähe betrachtet – etwa auf Automessen –,
weiß, dass es beim Fahren auf vier Rädern um
ganz andere humane Kategorien geht: Macht.
Status. Dominanz. Kontrolle. Hormone.
Zweitens ist unser gesamtes ökonomisches
System „Verkehr“ auf der Eigenverantwortung
des Fahrers aufgebaut. Okay, das kann man
vielleicht versicherungstechnisch lösen. Aber
wie lange wird eine solche Veränderung
fundamentaler Gesetzgebung dauern? Technologien scheitern oft an Rechtssystemen.
Drittens gerät das automatische Auto in die
„Vergleichsfalle“. Ein Drittel der Autofahrer
kann sich, so die Umfragen, autonomes Fahren
vorstellen. Aber ein weiteres Drittel sagt:
„Wieso? Warum dann nicht den Zug nehmen
– womöglich mit besseren Abteilen?“
Das „Auto-Auto“ ist ein gutes Beispiel dafür,
was ich in meinem Buch „Technolution“ (2008)
einen „Running Future Gag“ genannt habe.
Genauso wie das Flugauto, der automatische
Kühlschrank, intelligente Kleidung oder
sprechende Pflegeroboter handelt es sich um
eine ewige Utopie, die immer wieder weiter
in die Zukunft verschoben wird. Das heißt
nicht, dass es gar nicht kommen wird. Aber
wahrscheinlich ganz anders, als wir meinen:
In einigen Großstädten wird man in zehn,
zwanzig Jahren ein „Pod-System“ einführen.
Kleine halbtransparente Kapseln im niedrigen
Geschwindigkeitsbereich. Das geht, und wäre
tatsächlich ein neues Angebot.
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