Beispielsfälle zur Erbschaftssteuer
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Beispielsfälle zur Erbschaftssteuer
Anlage zum Vorlesungsbegleitenden Skript Erbrecht Beispielsfälle zur Erbschaftssteuer Beispiel 1: Der dem A von seinem Vater vererbte Nachlass hat einen Steuerwert von 1.000.000,- €. Hiervon sind 970.000 € Sparguthaben. Der Rest ergibt sich aus dem Wert des Hausrats (30.000 €). Wie hoch ist die Erbschaftssteuer? Steuerwert des Nachlasses 1.000.000 € - steuerfreier Hausrat: 30.000 € (nach § 13 I 1 Nr. 1 ErbStG) - 30.000 € - persönlicher Freibetrag (§ 16 I Nr. 2 ErbStG) steuerpflichtiger Erwerb - 205.000 € 765.000 € Erbschaftssteuer nach § 19 I ErbStG (19 %) 145.350 € Anmerkung: Die abzugsfähigen Beträge richten sich nach der jeweiligen Erbschaftssteuerklasse. Der Hausrat ist nach § 13 I 1 Nr. 1 ErbStG nur in Steuerklasse I bis 41.000 € abzugsfähig. Würde also zum Beispiel die Schwester des Verstorbenen erben (gem. § 15 I ErbStG Steuerklasse II), würde der Hausrat nur noch bis zu 10.300 € Berücksichtigung finden. Beispiel 2: A und B leben im gesetzlichen Güterstand. A hinterlässt seiner Ehefrau als alleiniger Erbin ein Vermögen, dessen Steuerwert 1.700.000 € beträgt. Vorüberlegung: Besonderheiten zum Beispiel 1 ergeben sich hier zunächst durch den höheren persönlichen Freibetrag sowie den Versorgungsfreibetrag nach § 17 I ErbStG. Zudem unterliegt die gesetzliche Ausgleichsforderung bei Zugewinngemeinschaft nicht der Erbschaftssteuer. Die Besonderheit ist aber, dass im Erbschaftssteuerrecht nicht einfach das als Ausgleich dienende Viertel nach § 1371 I BGB abzugsfähig ist. Es soll nach § 5 I ErbStG der Betrag steuerfrei bleiben, den der Ehegatte nach § 1371 II BGB als Ausgleich verlangen könnte. Aus Gründen der Übersichtlichkeit wurde von der Darstellung der Berechnung abgesehen. Eine Übersicht zur Ermittlung des nach § 5 I ErbStG steuerfreien Betrages finden Sie bei Haas/Christoffel, Erbrecht Erbschaftssteuer Schenkungssteuer, 2. Auflage 2005, S. 43 f. Die nach § 5 I ErbStG vorgenommene Berechnung des steuerfreien Betrages bei Zugewinngemeinschaft ergab 654.454 €. 1 Anlage zum Vorlesungsbegleitenden Skript Erbrecht Berechnung der Erbschaftssteuer Steuerwert des Nachlasses - 1.700.000 € Pauschalbetrag für Kosten im Zusammenhang mit dem Erbfall nach § 10 V Nr.3 ErbStG 10.300 € = - 1.689.700 € den nach § 5 I ErbStG zu ermittelnden steuerfreien Betrag bei Zugewinngemeinschaft 654.454 € - persönlicher Freibetrag nach § 16 I Nr. 1 ErbStG 307.000 € - Versorgungsfreibetrag (§ 17 I ErbStG) 256.000 € Steuerpflichtiger Erwerb 472.246 € abgerundet (§ 10 I 5 ErbStG) 472.200 € Erbschaftssteuer nach § 19 I ErbStG (15 %) 70.830 € Beispiel 3: Beispiel 1 und 2 werden nun zusammengeführt. A hinterlässt seine Ehefrau B und zwei Kinder, S und T. Der Steuerwert des Vermögens beträgt 1.700.000 €. Ein Testament findet sich nicht. B erbt gem. § 1931 I 1 1.HS BGB neben den Kindern, die Erben erster Ordnung sind, ¼. Dieser Anteil erhöht sich gem. § 1371 I BGB um ein weiteres Viertel als Zugewinnausgleich. B erhält also die Hälfte der Erbschaft. S und T erben jeweils ¼. Der steuerfreie Betrag für den Zugewinnausgleich richtet sich wieder nach § 5 I ErbStG und bleibt bei 654.454 €, . I. Berechnung des Nachlasswertes Steuerwert des Nachlasses - 1.700.000 € Pauschalbetrag für Kosten im Zusammenhang mit dem Erbfall = nach § 10 V Nr.3 ErbStG 10.300 € Steuerpflichtiger Erwerb 1.689.700 € 2 Anlage zum Vorlesungsbegleitenden Skript Erbrecht II. Berechnung der Erbschaftssteuer 1. Ehefrau B Anteil ¼ + ¼ aus 1.689.700 € - - 844.850 € den nach § 5 I ErbStG zu ermittelnden steuerfreien Betrag bei Zugewinngemeinschaft 654.454 € persönlicher Freibetrag nach § 16 I Nr. 1 ErbStG 307.000 € Versorgungsfreibetrag (§ 17 I ErbStG) 256.000 € Steuerpflichtiger Erwerb 0€ abgerundet (§ 10 I 5 ErbStG) 0€ Erbschaftssteuer nach § 19 I ErbStG 0€ 2. Kinder S und T Anteil ¼ aus 1.689.700 € 422.425 € - persönlicher Freibetrag (§ 16 I Nr.2 ErbStG) - 205.000 € Steuerpflichtiger Erwerb 217.425 € Abgerundet nach § 10 I 5 ErbStG 217.400 € Erbschaftssteuer nach § 19 I ErbStG (11 %) jeweils 23.914 € Beispiel 4 = Fall 46 des Vorlesungsbegleitenden Skripts - Erbrecht1: Am 14.06.2005 verstarb in Waldstadt der Witwer Fritz Sorge. Aus seiner Ehe stammen die Söhne Michael und Peter. Aus der Ehe von Peter sind die Enkelsöhne Patrick (9 Jahre) und Marc (7 Jahre) hervorgegangen. In seinem am 15.08.2003 verfassten rechtswirksamen Privattestament hatte der Erblasser über seinen Nachlass folgende Regelung getroffen: „Ich setze zu meinen alleinigen Erben ein: - meinen Sohn Michael zu ½ des Nachlasses 1 Der Fall ist dem Lehrbuch von Haas/Christoffel, Erbrecht Erbschaftssteuer Schenkungssteuer, 2. Auflage 2005, S. 31 f., 212 ff. entnommen. 3 Anlage zum Vorlesungsbegleitenden Skript Erbrecht - meine Enkelsöhne Patrick und Marc zu je ¼ des Nachlasses. Meinen Sohn Peter habe ich bei Erbeinsetzung bewusst übergangen, weil er sich mit seinen Eltern ständig im Streit befand.“ Der Nachlass umfasste am Todestag die folgenden Vermögenswerte: 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. Einfamilienhaus Waldstadt Grundbesitzwert zum Besteuerungszeitpunkt (Verkehrswert 450.000 €) Betriebsvermögen, Steuerwert auf den Todestag (Verkehrswert 2.250.000 €) Sparguthaben einschließlich Zinsen bis Todestag Wertpapierdepot, Kurswert am Todestag Beteiligung an der X-GmbH, ausgestattet mit einem Stammkapital von 600.000 €, 25 % anteiliges Stammkapital = 150.000 €, Wert der Anteile am Todestag = 240 % je 100 € Stammkapital => 150.000 € x 240 % Hausrat, Wert am Todestag Münzsammlung, Wert am Todestag Schulden: - Erblasserschulden - Bestattungs- und Nachlassregelungskosten 225.000 € 1.900.000 € 120.000 € 200.000 € 360.000 € 60.000 € 30.000 € 140.000 € 7.900 € Unmittelbar nach der Testamentseröffnung durch das Nachlassgericht Waldstadt hatte der enterbte Sohn Peter am 20.8.2005 gegenüber seinen beiden Kindern den Pflichtteil geltend gemacht. Anmerkung: Bei der Pflichtteilsberechnung sind die Verkehrswerte des Nachlasses zur Zeit des Erbfalls zugrunde zu legen. Die von den Erben getragenen Nachlassregelungsund Bestattungskosten sind bei der Wertermittlung für den Pflichtteil (§ 2311) abzusetzen. Nach geltender Rechtslage haben die Miterben Patrick und Marc Sorge, die Pflichtteilslast gegenüber ihrem Vater zu tragen. Der Erblasser hatte eine von den Erbquoten abweichende Aufteilung des Freibetrags für das Betriebsvermögen nach § 13 a I 1 Nr. 1 ErbStG nicht angeordnet. Berechnen Sie für die genannten Personen den steuerpflichtigen Erwerb und die zu zahlende Steuer! Lösung zu Fall 46: Nach der gesetzlichen Erbfolgeregelung in § 1924 IV erben die Abkömmlinge zu gleichen Teilen. Somit beträgt die gesetzliche Erbquote jeweils ½ für die Söhne Michael und Peter. 4 Anlage zum Vorlesungsbegleitenden Skript Erbrecht Für den Sohn Peter scheidet aufgrund der testamentarischen Erbeinsetzung die gesetzliche Erbfolge aus. Er ist allerdings gem. § 2303 I als Abkömmling pflichtteilsberechtigt. Der Pflichtteilsanspruch ist ein schuldrechtlicher Geldanspruch von Peter Sorge gegenüber seinen beiden Kindern in Höhe der Hälfte des Werts des gesetzlichen Erbteils (§ 2303 I 2). Die Wertermittlung der §§ 2311 ff. gilt auch für die Besteuerung und geht damit § 12 ErbStG vor. Der Pflichtteil beträgt die Hälfte der gesetzlichen Erbquote, also hier ¼ aus dem Wert des Nachlasses zur Zeit des Erbfalls, ermittelt nach Verkehrswerten. Es betragen: die Aktivwerte des Nachlasses die Passivwerte des Nachlasses abziehbare Verbindlichkeiten für Pflichtteilsberechnung Die Bemessungsgrundlage für den Pflichtteil beträgt Der Pflichtteilsanspruch beträgt ¼ der Bemessungsgrundlage 3.470.000 € - 140.000 € - 7.900 € 3.322.100 € 830.525 € Alle Erwerber sind gem. § 2 I Nr.1 lit. a ErbStG unbeschränkt erbschaftssteuerpflichtig, da der Erblasser seinen Wohnsitz im Inland hatte. Der Besteuerung unterliegt der gesamte Vermögensanfall. Gem. § 10 I 1 ErbStG gilt die Bereicherung des Erwerbers als steuerpflichtiger Erwerb, soweit keine Steuerfreiheit nach §§ 13, 13a, 16 und 17 ErbStG vorliegt. I. Berechnung des Nachlasswertes Aktivnachlass · Grundbesitz, Einfamilienhaus, Ansatz mit Grundbesitzwert (§ 12 III ErbStG) · Betriebsvermögen, Ansatz mit Steuerwert (§ 12 V ErbStG) · 1.900.000 € Sparguthaben, Ansatz mit Nennwert (§ 12 I ErbStG) · 120.000 € Wertpapiere, Ansatz mit Kurswert (§ 12 I ErbStG) · 200.000 € GmbH-Beteiligung, Ansatz mit dem gemeinen Wert (§ 12 II ErbStG) · 225.000 € 360.000 € Hausrat, Ansatz mit dem gemeinen Wert (§ 12 I ErbStG) 60.000 € 5 Anlage zum Vorlesungsbegleitenden Skript Erbrecht · Münzsammlung, Ansatz mit dem gemeinen Wert (§ 12 I ErbStG) 30.000 € Reinnachlass 2.897.000 € Passivnachlass · Erblasserschulden (§ 10 V Nr.1 ErbStG) · Erbfallkostenpauschalbetrag - 140.000 € (§ 10 V Nr.2 ErbStG) - 10.300 € Reinnachlass 2.744.700 € II. Berechnung der Erbschaftssteuer Der Wertermittlung für die Erbschaftssteuer sind nach § 11 ErbStG iVm § 9 I Nr.1 ErbStG die wertmäßigen Verhältnisse vom Todestag zugrunde zu legen. Da der Erblasser keine abweichende Aufteilung des Freibetrages auf die Erben verfügt hatte, steht jedem Erwerber der Freibetrag anteilig nach dessen Erbquote zu. 1. Peter Sorge Der Pflichtteilsanspruch unterliegt der Erbschaftsbesteuerung nach § 3 I Nr.1, Alt. 4 ErbStG. Wert des Pflichtteils - persönlicher Freibetrag (§ 16 I Nr.2 ErbStG) steuerpflichtiger Erwerb abgerundet (§ 10 I 5 ErbStG) 830.525 - 205.000 625.525 625.500 € € € € Erbschaftssteuer nach § 19 I ErbStG (19 %) 118.845 € 2. Die Erben Michael, Patrick und Marc Sorge (§ 3 I Nr. 1 ErbStG) Steuerwert des Nachlasses - Freibetrag für Betriebsvermögen nach § 13a I 1 Nr. 1 ErbStG - Bewertungsabschlag § 13a II ErbStG, 35 % 2.744.700 € steuerpflichtiger Erwerb 1.933.450 € a. Michael Sorge 6 - 225.000 € - 586.250 € Anlage zum Vorlesungsbegleitenden Skript Erbrecht Anteil ½ aus 1.933.450 € - (darin enthaltener Anteil am Hausrat ½ von 60.000 € = 30.000 €, davon steuerfrei nach § 13 I Nr.1 lit. a ErbStG 30.000 € - persönlicher Freibetrag (§ 16 I Nr.2 ErbStG) steuerpflichtiger Erwerb 966.725 € - 30.000 € - 205.000 € 731.700 € Erbschaftssteuer nach § 19 I ErbStG (19 %) 139.023 € b. Patrick + Marc Sorge Anteil ¼ aus 1.933.450 € - anteiliger Wert des geltend gemachten Pflichtteils ½ von 830.525 € - Freibetrag für Hausrat, enthaltener Anteil am Nachlasswert ¼ von 60.000 € = 15.000 €, davon steuerfrei nach § 13 I Nr. 1 lit. a ErbStG - persönlicher Freibetrag (§ 16 I Nr. 3 ErbStG) steuerpflichtiger Erwerb 483.363 € - 415.263 € - 15.000 € - 51.200 € 1.900 € Erbschaftssteuer nach § 19 I ErbStG (7 %) 133 € Anmerkung: Der Fall geht davon aus, dass entgegen der geltenden Rechtslage Patrick und Marc Sorge die Pflichtteilslast tragen sollen. Damit wird verdeutlicht, dass Nachlassverbindlichkeiten wie die Pflichtteilslast auch nur dann nach § 10 V Nr. 2 ErbStG abzugsfähig sind, wenn sie tatsächlich geltend gemacht werden. Beurteilt man den Fall nach geltender Rechtslage, hätten Patrick und Marc Sorge einen Ausgleichsanspruch (wegen der gesamtschuldnerischen Haftung mehrerer Miterben bei ungeteiltem Nachlass, vgl. §§ 1967 II, 2058 i.V.m. § 426 BGB) gegen Michael Sorge. Sofern Sie diesen geltend machen, ist der Pflichtteilslast entsprechend der Erbquote abzugsfähig. Dadurch ergäben sich folgende Veränderungen: 1. Peter Sorge Der Pflichtteilsanspruch unterliegt der Erbschaftsbesteuerung nach § 3 I Nr.1, Alt. 4 ErbStG. Wert des Pflichtteils - persönlicher Freibetrag (§ 16 I Nr.2 ErbStG) steuerpflichtiger Erwerb abgerundet (§ 10 I 5 ErbStG) 7 830.525 - 205.000 625.525 625.500 € € € € Anlage zum Vorlesungsbegleitenden Skript Erbrecht Erbschaftssteuer nach § 19 I ErbStG (19 %) 118.845 € Bei Peter Sorge bliebe somit alles gleich. 2. Die Erben Michael, Patrick und Marc Sorge (§ 3 I Nr. 1 ErbStG) Steuerwert des Nachlasses - Freibetrag für Betriebsvermögen nach § 13a I 1 Nr. 1 ErbStG - Bewertungsabschlag § 13a II ErbStG, 35 % 2.744.700 € steuerpflichtiger Erwerb 1.933.450 € - 225.000 € - 586.250 € a. Michael Sorge Anteil ½ aus 1.933.450 € - enthaltener Anteil am Hausrat ½ von 60.000 € = 30.000 €, davon steuerfrei nach § 13 I Nr.1 lit. a ErbStG 30.000 € - anteiliger Wert des geltend gemachten Pflichtteils ½ von 830.525 € - persönlicher Freibetrag (§ 16 I Nr.2 ErbStG) steuerpflichtiger Erwerb abgerundet (§ 10 I 5 ErbStG) 966.725 € - 30.000 € - 415.262,50 € - 205.000 € 316.437,50 € 316.400 € Erbschaftssteuer nach § 19 I ErbStG (15 %) 47.400 € b. Patrick + Marc Sorge Anteil ¼ aus 1.933.450 € - enthaltener Anteil am Hausrat ¼ von 60.000 € = 15.000 €, davon steuerfrei nach § 13 I Nr. 1 lit. a ErbStG - anteiliger Wert des geltend gemachten Pflichtteils ¼ von 830.525 € - persönlicher Freibetrag (§ 16 I Nr. 3 ErbStG) steuerpflichtiger Erwerb abgerundet (§ 10 I 5 ErbStG) 483.363 € - 15.000 € - 207.631,25 € - 51.200 € 209.531,75 € 209.500 € Erbschaftssteuer nach § 19 I ErbStG (11 %) 8 23.045 €