Begrüßung durch Prof. Weiß Sehr geehrte Damen und
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Begrüßung durch Prof. Weiß Sehr geehrte Damen und
Begrüßung durch Prof. Weiß Sehr geehrte Damen und Herren, ich möchte Sie alle sehr herzlich im BIBB begrüßen. Die heutige gemeinsame Fachtagung des Instituts für Medien- und Kompetenzforschung und des Bundesinstituts für Berufsbildung ist zumindest für das BIBB ein Novum. Novum deshalb, weil sie 1. Medienforscher/innen und Bildungsforscher/innen zu einem wissenschaftlichen Diskurs zusammenbringt. 2. Die inhaltliche Annäherung findet dabei über zwei Thesenpapiere statt, die die jeweilige Sicht im Hinblick auf den Einsatz Neuer Medien zu Information, Kommunikation und Lernen widerspiegeln. (Die beiden Thesenpapiere finden Sie in den Tagungsunterlagen.) 3. Die gemeinsame Zielstellung ist die Schaffung von Perspektiven für die Qualitätsentwicklung in der Berufsbildung. Lassen Sie mich diese drei Punkte näher betrachten. Zum ersten Punkt: Medienforschung und Bildungsforschung sind zunächst recht allgemeine Klassifizierungen. Sie unterscheiden sich in der Hauptsache darin, dass der jeweilige Untersuchungsgegenstand ein anderer ist.. Schon immer gab es dabei - auch im wörtlichen Sinne - eine gemeinsame Schnittmenge (Bildungsmedien bzw. Medien als Lehr-Lernmittel). Entwicklungen der letzten Jahrzehnte, hauptsächlich in den Bereichen der Informationstechnologien, der Lehr-Lernkonzepte und des lebenslangen Lernens im Kontext sich entwickelnder Bildungsanforderungen, schufen eine neue Situation. Grundsätzlich können wir sagen: Neue Medien verändern Lehr- und Lernmöglichkeiten und Lernverhalten. (vgl. Thesenpapiere) Zum Ausdruck kommt dies in einer wachsenden Bedeutung informellen Lernens und des Lernens in Arbeitszusammenhängen. Dabei werden zunehmend Medien genutzt, die nicht unmittelbar didaktisch gestaltet sind. Informelles E-Learning, Web 2.0 und Social-Web sind Begriffe, die diese Entwicklung charakterisieren. Häufig sind dies (netzgestützte) Angebote von Herstellern oder Arbeitgebern, die Produktmarketing mit Lernen koppeln.. Zu nennen sind hier zum Beispiel Betriebs-TV bei Großunternehmen wie Siemens; Daimler Chrysler oder der Deutschen Bahn, Lern- und Informationsplattformen sowie Online-Communities wie das friseurportal.de, das an Friseurinnen und Friseure adressiert ist und von der wella AG betrieben wird. Zwischenzeitlich werden solche Lernangebote sowohl durch die Bildungs- als auch die Medienforschung zur Kenntnis genommen. Eine engere Kooperation von Medien- und Bildungsforschung ist daher wünschenswert. Untersuchungsgeegenstände können hier z.B. die Bewertung von Medieninhalten im Hinblick auf Lernhaltigkeit und die Erfassung der Rezeptionsmotive von Nutzer/innen sein. Rückblickend erkennen wir ohne Zweifel, dass bei der Konzeption und Entwicklung von Lernangeboten in der beruflichen Bildung, die auf den Neuen Technologien basieren, eine engere Zusammenarbeit von Bildungsforschung und Medienforschung sicher schon früher lohnend gewesen wäre. Zum zweiten Punkt: Die vorliegenden Thesenpapiere dokumentieren zunächst eine relative Distanz zwischen Bildungs- und Medienforschung. Es kann der Eindruck entstehen, dass Medienforschung vor allem Massenmedien im Visier hat. Dieser wird sicher auch noch durch anerkannte Studien im Kontext der Medienforschung, wie z.B. die jährlich erscheinenden ARD-ZDF-OnlineStudien, die differenziert die Internetnutzung durch unterschiedliche Personengruppen untersuchen, dabei aber deren Lerngewohnheiten unberücksichtigt lassen, bestärkt. Denkbar wäre aber auch eine Medienforschung, die für die Bildungsforschung Erkenntnisse über Nutzergruppen und Nutzergewohnheiten liefert. Gerade das Institut für Medien- und Kompetenzforschung ist seit Jahren bekannt für Studien, die die Nutzung der Neuen Medien in Lern- und Arbeitszusammenhängen zum Gegenstand haben. Insofern wird dieser Brückenschlag zwischen Bildungsforschung und Medienforschung partiell praktiziert. So erwarten wir mit Spannung den Vortrag von Frau Flasdick, die Anwendungsfelder medienspezifischer Methoden in der Bildungsforschung vorstellt. Um zu untersuchen, wie der Einsatz der Neuen Medien die berufliche Bildung verändert, erscheint uns die Kooperation und der Austausch zwischen Bildungs- und Medienforschung, insbesondere auch zu forschungsmethodischen Ansätzen interessant und wichtig. Die Vorträge von Frau Feierabend und Herrn Prof. Gehrau stellen Methoden aus Sicht der Medienforschung vor, deren Anwendbarkeit für die Berufsbildung zu prüfen sein wird. Ich komme zum dritten Punkt: Der gemeinsamen Zielstellung zur Schaffung von Perspektiven für die Qualitätsentwicklung in der Berufsbildung. Hierzu möchte ich etwas ausholen: In einem kürzlich publizierten Diskussionspapier des BIBB zur Qualitätssicherung beruflicher Aus- und Weiterbildung wird, bezugnehmend auf die derzeitige Situation, konstatiert, dass sich der Stand der Qualitätssicherung und -entwicklung in der Berufsausbildung auf Ordnungsvorgaben und auf die Systemebene beschränkt und dass erhebliche Qualitätsunterschiede zwischen Betrieben unterschiedlicher Größe und Branche usw. bestehen.1 1 Qualitätssicherung beruflicher Aus- und Weiterbildung Hrsg. BIBB, Reihe Wissenschaftliche Diskussionspapiere Bd. 78; Bonn 2006 Und im Zusammenhang mit der Verabschiedung des Berufsbildungsreformgesetzes im Jahre 2005 fordert der Deutsche Bundestag dementsprechend „...die Bundesregierung auf, gemeinsam mit den Sozialpartnern und Ländern und mit Unterstützung des BIBB, Verfahren zur externen Evaluation der Qualitätssicherungspraxis in der beruflichen Aus- und Weiterbildungspraxis zu erarbeiten...“ mit dem Ziel, „...die an der Berufsbildung Beteiligten dabei zu unterstützen, die Praxis der Qualitätssicherung weiter zu entwickeln.“2 Angesichts einer Diversifizierung betrieblicher Ausbildungspraxen sind diese Instrumente für die Umsetzungspraxis wichtig und dringend nötig. Denn bei aller Unterschiedlichkeit der Gestaltung von Berufsbildungsprozessen muss eine gute Qualität im Hinblick auf Prozess und Ergebnis das gemeinsame Merkmal sein. Dafür ist eine anwendungsorientierte Forschung ein wichtiger Schritt. Um dieser Aufforderung des Bundestags Folge zu leisten und neben der Systemebene auch der Umsetzungsebene Instrumente zur Qualitätssicherung und -entwicklung an die Hand zu geben, müssen wir uns u.a. der Frage stellen, wie Medien im Kontext von Inhalten, Zielen und Methoden die Qualität der Bildungsprozesse mitbestimmen und weiterentwickeln. Zur Begründung: Zwar sind die Kategorien Medien und Methoden nicht in Ordnungsvorgaben auf Systemebene einbezogen. Jedoch wissen wir, dass Qualitätsmodelle, die auch auf die Umsetzungsebene anwendbar sind, wie etwa das Inputmodell der bereits Anfang der 1970er Jahre wirkenden Edding-Kommission sehr wohl unter der Rubrik Technik die Modernität der Medien, den Zustand, den Wert und das Alter der Ausbildungseinrichtungen und -mittel als qualitätsbestimmende Faktoren definiert hat. Bei der Betrachtung von Zielen, Inhalten und Methoden im Verbund mit dem Einsatz neuer Medien drängen sich Fragen auf wie: „Was heißt Qualitätsentwicklung durch den Einsatz neuer Medien?“ und „Gibt es überhaupt neue Lernkonzepte beim Lernen im virtuellen Raum?“ - Das sind gleichzeitig die Titel zweier Beiträge von Frau Prof. Meyer und Herrn Prof. Ludwig die uns, so hoffen wir, Impulse und Anregungen nicht nur für die Diskussion liefern werden. Meine sehr geehrten Damen und Herren, mit meinen Einführungen wollte ich verdeutlichen, die Qualitätsentwicklung der Berufsbildung ist für das Bundesinstitut für Berufsbildung eines der relevantesten Themen. Die Neuen Medien sind dabei wichtige Werkzeuge. Dabei sind - unserem gesetzlichen Auftrag und Selbstverständnis entsprechend - der Erkenntnisgewinn durch Forschung und die Entwicklung und Umsetzung bedarfsorientierter Praxiskonzepte zwei Grundelement unseres Wissenschafts- und Aufgabenverständnisses. Die heutige Veranstaltung ist wie bereits anfangs gesagt ein Novum, von dem wir uns positive Impulse für die weitere Arbeit und Kooperation erhoffen. Den Organisatoren und Initiatoren der Fachtagung möchte ich schon an dieser Stelle danken. Ich wünsche der Fachtagung einen guten Verlauf und beste Ergebnisse. 2 Drucksache 15-4752, S. 24-25