Das Besondere " Spezial Frankereich " - Barbarie-Ente

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Das Besondere " Spezial Frankereich " - Barbarie-Ente
L ÄNDERREPORT
FRANKREICH
LZ 39 1. Oktober 2010
Geflügel 60
L.D.C. startet Freilandhähnchen-Alternative. Soulard und Euralis zeigen ihre
Stärken bei Barbarie und Foie-Gras.
Molkereiprodukte 64
Die Laiteries H. Triballat zieht den Hattrick mit Desserts, Faisselle und Ziegenkäse.
Lebensmittel Zeitung
Feinkost 68
Fleury Michon setzt auf Surimi, Pierre
Schmidt auf Flammkuchen, Aoste auf
Snackings und Alliance Charcutière auf
Rillettes.
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Wein/Champagner 71
Ob von der Loire, aus dem Languedoc
oder Roussillon, die Kellereien haben
sich neu aufgestellt, Bio ist Thema. Thienot präsentiert Canard Duchêne.
Sial 2010 ruft zum
Branchentreff
Paris. Von Sonntag, 17. Oktober, bis
Donnerstag, 21., wird in diesem
Jahr wieder der Pariser Sial auf dem
Ausstellungsgelände Paris Nord
Villepinte internationaler Treffpunkt der Lebensmittelindustrie
sein. Die Messeleitung rechnet mit
rund 148 000 Fachbesuchern, daüber die Hälfte internationale Gäste
aus 185 Ländern. Der Sial 2010 versteht sich als weltweit wichtigster
Branchentreff der Ernährungswirtschaft in diesem Jahr und Referenz
für Einkäufer auf der Suche nach
französischen und internationalen
Lieferanten und Partnern genauso
wie für alle Marktakteure aus den
Bereichen Vertrieb, Außer-HausMarkt, Import-Export und Industrie. Das Trend- und Innovationsforum Observatoire Tendances &
Innovations (Halle 6) wird als ein
Muss für die Besucher ausgelobt,
geht es dort doch um aktuelle und
künftige Konsumtrends sowie die
Möglichkeit, 985 innovative Produkte der Aussteller kennenzulernen, welche im Vorfeld der Messe
von Innovations- und Food-Spezialisten ausgewählt wurden. Im Observatoire Tendances & Innovations
gibt es zudem erstmals täglich Vortragsveranstaltungen, vor allem für
Händler, die sich für Innovationen
bei Handelsmarken, Konsumtrends, Innovationsanalysen nach
Land und Produktkategorien und
Innovationen in der Gastronomie
interessieren. Auch wird es wieder
den Sial d’Or geben – mit 39 internationalen Erfolgen.
js lz 39-10
Frankreichs Nahrungsmittelproduzenten stellen Wertebwusstsein in den Dienst der Vermarktung ihrer Produkte |
Paris/Düsseldorf. Mit einem Exportvolumen von 5,6 Mrd. Euro
und einem Anteil von 13 Prozent
war Deutschland 2009 der erste Absatzmarkt für französische Lebensmittel, vor Belgien und Italien. Pro
Jahr werden 2,5 Mio. hl Wein und
Spirituosen, 126 000 t Käse,
390 000 t Gemüse und 180 000 t
Obst aus französischer Produktion
nach Deutschland exportiert. Weltweit ist Frankreich drittgrößter Exporteur für Lebensmittel. Diese
Zahlen nennt die Sopexa S.A.
Deutschland in Düsseldorf auf Anfrage. In Frankreich hat die Landwirtschaft eine lange Tradition. Das
Land gilt als größter Agrarproduzent Westeuropas. Mit insgesamt
30 Mio. ha wird mehr als die Hälfte
der gesamten Landesfläche landwirtschaftlich genutzt. js/lz 39-10
F I R MEN
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L.B.C./Alliance
L.D.C./Procanar
Lab. Oenol. Thiollet
Maille/Unilever
Nayandei
Pierre Schmidt
Prince de Bretagne
Rians
Sopexa
Soulard
Syndicat Neufchâtel
Triballat
Val d’Orbieu
Vignerons Caractère
Vignerons Catalans
Vign. Rivesaltais
Wilms/Impuls
VIGNERONS DE C ARACTÈRE, L.D.C., J. SCHALINSKI
Mit neuen Konzepten an den Markt
Deutschland bleibt
Hauptabsatzmarkt
Advini
AIVB-LR
Aoste / CFG
Brianchon
Canard-Duchêne
Cave de Tain
Cazes
Chapoutier
Charbonneaux
Cicar
CIVR
Dom Brial
Euralis/Rougié
Fleury Michon
Fromi
Groupe Thiénot
Inter Oc
Mehr als Spezialitäten: Die Klassiker
der französischen Tischkultur suchen
neue qualiätsbewusste Verbraucher.
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Ü
ber Nachhaltigkeit ist schon
viel geschrieben worden; es
ist ein globales Thema. Diesem kann sich keine Branche entziehen, niemand, zumal mittlerweile
ein Klimawandel Platz greift, von
dessen Ausmaß wir uns seit wenigen
Jahren erst eine Vorstellung machen,
Wissenschaftler indes schon sehr genau das Szenario voraussagen können. Erschwerend kommt hinzu,
dass aufgrund des rasanten Weltbevölkerungswachstums auch die
Nachfrage nach Rohstoffen steigt.
Das ist die eine Seite.
Auf der anderen belastet weiterhin
die globale Finanzkrise die Wirtschaft. Die Auswirkungen gerade auf
die Entwicklung der Nachfrage nach
Lebensmitteln lässt sich nicht von der
Hand weisen. Der Druck auf die Hersteller wächst sogar noch, weil Überkapazitäten sich negativ auf die Preise
und mithin die Gewinne auswirken.
Das bekommen auch Frankreichs
Nahrungsmittelproduzenten deutlich zu spüren, zumal im Export nach
Deutschland, wo die Verbraucher besonders preisbewusst sind und für
Lebensmittel den geringsten Teil ihres Budgets ausgeben. Der vorliegende Länderreport will aufzeigen, wie
die französischen Produzenten in der
aktuellen Situation agieren. Gehen
sie ein auf die sich ändernde Haltung
der deutschen Verbraucher und die
Reaktion des Handels auf die geänderten Wünsche, passen sie sich an
oder mit welchen Konzepten versuchen sie, ihre Erzeugnisse trotzdem
erfolgreich zu vermarkten? Und land sehr begrenzt ist, weil sich die
Mentalität, das Geschmacksempfinwenn, wie gelingt ihnen das?
Im Zuge der Recherche – und das den und die Verzehrgewohnheiten
wollen die folgenden Seiten zeigen – der Deutschen eben doch stark von
stellte sich heraus: Frankreichs Nah- denen der Franzosen unterscheiden.
Ein anderes Beispiel belegt, dass
rungsmittelproduzenten haben ein
sehr feines Gespür für die Themen, Käse aus Frankreich beim deutschen
auf die deutsche Konsumenten an- Verbraucher nach wie vor großes Insprechen. Die Bandbreite reicht von teresse findet und die ProbierleidenUmweltschutz über Bio-Produkte, schaft weckt. Diese Erfahrungen
regionale und traditionelle Erzeug- macht der Importeur Fromi, über den
nisse, bis hin zu Corporate Social Re- ein Großteil der französischen Käsesponsibility sowie Güte- und Quali- Spezialitäten auf den deutschen
tätssiegeln. Nicht zu vergessen das Markt kommen. Einer seiner LiefeWohlergehen der Tiere während ihrer ranten, die Laiteries H. Triballat in
Aufzucht. All das wird gerne berück- Rians, hat sich deshalb entschieden,
deutsche Konsusichtigt, auch wenn
menten mit gleich
sich die Hersteller
drei verschiedenen
bei der Vermark- „Der Verbraucher ist die
neuen Produkten
tung oft schwer tun. permanente Täuschung
für sich zu gewinEin
positives durch industrielle
nen: mit einem oriBeispiel ist gewiss Produkte satt.“
ginal-französischen
der Ansatz der GeFaisselle,
zwei
flügelproduzenten. Eric Gasparini, AdVini
AOP-Ziegenkäsen
Die Groupe L.D.C.
sowie mit einer Reibietet dem deutschen Handel ganz aktuell, nämlich he von Desserts wie Créme Brûlée.
Ein drittes Beispiel liefern Frankab Oktober, ein Janzé-Hähnchen aus
Freilandhaltung an, das aufgrund sei- reichs Weinkellereien, die sich über
ner kürzeren Aufzucht von nurmehr neue Strukturen wettbewerbsfähiger
56 Tagen als preisgünstige, aber hö- denn je präsentieren. Sie setzen nicht
herwertige Alternative zum deut- nur auf klassische Anbauregionen,
schen Industriehähnchen mit 33 Ta- Rebsorten und Terroir, sie haben
gen das Interesse des Verbrauchers mittlerweile auch die entsprechenwecken soll. Die bisherige Erfahrung den Kapazitäten aufgebaut, um Marmit der hochpreisigen Loué-Spitzen- kenweine für größere Handelsunterqualität aus bäuerlicher Freilandauf- nehmen zu liefern, ohne den Wettbezucht über mindestens 84 Tage und werb mit Preis-Einstiegs-Angeboten
mit Label Rouge hatte gezeigt, dass aus den Weinländern der Neuen Welt
der Absatzmarkt hierfür in Deutsch- zu suchen. Zudem sind inzwischen
Von Joachim Schalinski
nahezu alle besuchten Kellereien,
ob privat oder genossenschaftlich,
zumindest teilweise in die Produktion von Bio- und sogar biodynamischen Weinen eingestiegen, und das
nicht aus Marketinggründen, sondern aus voller Überzeugung. Das
Haus Cazes, um einen hervorzuheben, ist heute mit über 220 ha Reben
sogar der größte Weinerzeuger in
Biodynamie weltweit.
Erstaunlich ist, dass sich in Frankreich branchenübergreifend ein sehr
eindeutiges Bekenntnis zu wesentlichen Werten feststellen lässt, die in
den Mittelpunkt der Kommunikation
sowohl mit dem Endverbraucher wie
auch mit dem Handel gestellt werden: Respekt gegenüber der Umwelt,
umweltfreundliche Produktion, Verantwortung, Qualität, Genuss, Innovation, traditioneller Geschmack,
Ehrlichkeit. Vor diesem Hintergrund
stehen auch die meisten Investitionen, die heute im Bereich Forschung
und Entwicklung getätigt werden.
Eric Gasparini, der kaufmännische Direktor für Europa bei AdVini, bringt es auf den Punkt: „Der Verbraucher ist die permanente Täuschung durch industrielle Produkte
satt.“ Dies gelte für den Lebensmittelbereich wie für den Weinbereich.
Statt belogen zu werden, wolle der
Konsument heute genau wissen, was
er zu sich nimmt und was für Menschen dahinter stehen.
Übrigens präsentiert sich auch der
kommende SIAL unter dem Thema
Nachhaltige Entwicklung.
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FRANKREICH
Lebensmittel Zeitung
LZ 39 1. Oktober 2010
Ganzjähriger Lieferant für Gemüse
Obst / Gemüse
Nachdem die europäischen Obst- und
Gemüseerzeuger bereits 2009 ein
schwieriges Jahr hinter sich gebracht
haben, weil für die meisten Produkte
nicht die Preise erzielt werden konnten, die kostendeckend gewesen wären, stellt sich das aktuelle Jahr kein
bisschen besser dar. Laut Produzenten
und Importeuren ist der Absatz 2010
weiterhin rückläufig und der Druck auf
die Preise hat noch zugenommen. Für
2009 hatte das GfK Haushaltspanel
einen Konsumrückgang von 1,3 Prozent und einen Preisverfall von rund 7
Prozent konstatiert. Dieses Thema
setzt sich offensichtlich 2010 fort, zudem wirkt sich der schlechte Euro/
Dollar-Kurs negativ für die Importeure
aus. Ob aufgrund schlechterer Qualitäten oder sensibilisiert durch andere
Faktoren, kaufen die Verbraucher immer weniger Obst und Gemüse.
Prince de Bretagne verhilft 2 500 Erzeugern und 20 000 Beschäftigten zu geregeltem Einkommen
Saint-Pol-De-Léon. Prince de Bretagne sieht seine Zukunft in weiterer
Qualitätsverbesserung, noch mehr
Kundennähe und in Nachhaltigkeit.
dem 30 km breiten Küstenstreifen der
Nordbretagne, schaffen die zahlreichen Sonnenstunden und die lösshaltigen Böden ideale Bedingungen für
den Anbau von Frühgemüse.“ So wer-
F O TO S : J . S C H A L I N S K I
Ausgefeilt: Die Versteigerungsuhr ist für
Prince de Bretagne seit 40 Jahren die
beste Möglichkeit, marktnah zu produzieren.
Berlin. Auf der Fruit Logistica und
Freshconex im vergangenen Februar
in Berlin stellte Frankreich unter dem
Dach der „Espace France“ Stände das
drittgrößte Ausstellerland mit insgesamt 181 Firmen und Absatzförderungsverbänden. Damit waren rund
85 Prozent mehr französische Aussteller nach Berlin gekommen als noch vor
drei Jahren. Neben kleinen und mittelständischen Unternehmen aus den
In der Bretagne herrscht ganzjährig
ein gemäßigtes, ozeanisches Klima. Im
Winter gibt es kaum Frost, im Sommer
selten längere Hitzeperioden. Eléonore Faucher, Produktmanagerin Kohl
bei der 2 500 Erzeuger vereinenden
Genossenschaft Prince de Bretagne in
Saint-Pol-de-Léon, kennt die Vorzüge
dieses Landstrichs genau: „Hier, in
Hartes Geschäft: „Wir müssen von Jahr zu Jahr mehr kämpfen, um uns zu halten und
unsere Position etwas auszubauen“, wissen Marc-Eric Pavillard und Eléonore Faucher.
HINTERGRUND
St. Léon. Mit rund 27 000 t Artischocken der klassischen dunkelgrünen Sorte Camus und einem
Durchschnittsgewicht von 500 g, aber
auch mit den seit 1991 vermarkteten
inzwischen rund 6 000 t der kleinen,
150 g schweren Lila Artischocken hat
sich Prince de Bretagne zu einem
namhaften Lieferanten der Märkte
entwickelt. Hinzu kommt seit 1995
eine Sorte Castel, die mittlerweile mit
einer Jahresmenge von 12 000 t sogar
an zweiter Stelle hinter der Camus
rangiert und die bretonische Gesamtproduktion auf rund 45 000 t Artischocken steigert. Die Produzenten
allerdings wünschten sich dringend
bessere Preise, ist an der Annahmestelle zu hören.
Dabei gilt die
distelartige Kulturpflanze zu den
besonders wertvollen Nahrungsmitteln, enthält sie
doch unter anderem Flavonoide
und andere Bitterstoffe, denen eine
positive Wirkung
auf den Fettstoffwechsel nachgesagt wird. Auch
sollen sie die
Blutfettwerte
senken. js/lz 39-10
J. SCHALINSKI
J. SCHALINSKI
Artischocken – ein bretonischer Klassiker
traditionellen Anbaugebieten wie dem
Loiretal und der Bretagne bildeten
auch Hersteller von Convenience-Waren und zahlreiche Produzenten, die
ganz oder teilweise Öko-Landwirtschaft betreiben, einen Schwerpunkt.
Auf der Parallelmesse Freshconex für
den Fresh-Cut-Convenience-Sektor
waren drei französische Firmen vertreten. Unter den Neuheiten, die den
Trend nach gesunder und ausgewogener Ernährung mit frischen und convenienten Produkten aufgriffen, waren Rote-Bete-Würfel in Bio-Qualität
sowie vorgegarte, gewürzte Kartoffelspalten von Lunor, vorgereinigter
Feldsalat im Flowpack von Fleuron
d’Anjou, Kinderäpfel von Pom’Evasion und gebrauchsfertige Fruchtpürees
und -soßen von Ponthier. js/lz 39-10
den heute auf rund 38 000 ha jährlich
rund 650 000 t Frischgemüse produziert, davon 300 000 t für den Export.
Das war nicht immer so. Marc-Eric Pavillard erinnert sich: „1961 haben wir
gerade 5 Gemüse angebaut: Weißkohl,
Artischocken, Kartoffeln, Zwiebeln
und Karotten. 2010 kommen wir auf
über 25 verschiedene Gemüsesorten,
eine Vielzahl anderer kleiner Produkte
sowie ein Tomaten-Sortiment von 25
Referenzen und seit rund zehn Jahren
Sylvain Rouchy, Deutschland-Direktor der Sopexa S.A., Düsseldorf
Frankreich glänzte
auf Fruit Logistica
Kartoffelinnovationen: Pom’ Alliance
zeigte vielfältige Sorten aus Frankreich.
Aus Tradition
nachhaltig?
Saison: Artischocken aus der Bretagne.
auch eine Anzahl Bio-Gemüse. Alles
für mittlerweile weltweit 102 Länder.“
Doch über die Jahre hat sich auch
der Wettbewerb gewaltig verändert: Es
sind nicht nur weniger, dafür größere
Produzenten und Anbieter am Markt;
gleichzeitig haben sich manche früheren traditionellen Abnehmer selbst zu
Erzeugern entwickelt und fallen als
Abnehmer von einst großen Mengen
aus. So war Deutschland nach den
Worten des 53-jährigen Marc-Eric Pavillard noch vor zehn Jahren mit ca.
20 000 Köpfen Eisbergsalat größter
Kunde von Prince de Bretagne. Mittlerweile erzeuge man hier jedoch
selbst rund 300 Mio. Köpfe im Jahr.
Damit blieben den Bretonen gerade
noch 10 Mio. Köpfe. Ein ähnliches Bild
liefere Schweden, das heute über eine
eigene Tomatenproduktion verfüge.
„Nur Artischocken haben sie keine.“
Erschwerend kommt hinzu, beklagen die beiden in Saint-Pol-de-Léon,
dass der Handel mehr und mehr auf
Eigenmarken umschwenkt, während
es doch das Interesse der Erzeugergemeinschaft Prince de Bretagne sei,
möglichst ihre eigene Marke voranzutreiben. Auf eine möglichst maximale
Frische bedacht, ärgert sie, wie der
Handel mit diesen „lebenden Produkten“ verfahre. Meist zähle nur noch
der Preis, nicht der Respekt für die erbrachte Leistung.
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Elementare Wirtschaft
Vom Gemüseanbau auf 38 000 ha in
der landwirtschaftlich geprägten
Bretagne leben rund 2 500 Familien
und weitere 20 000 Beschäftigte,
alle geeint durch die Vermarktungsgenossenschaft Prince de Bretagne.
Der mit ca. 650 000 t Gemüse
generierte Jahresumsatz erreicht 450
Mio. Euro. Den Löwenanteil stellen
160 Mio. Köpfe Blumenkohl
(288 000 t), 1,2 Mio. Köpfe grüner
Blumenkohl (1 643 t), 1,8 Mio. Köpfe
Romanesco, 7 000 t Brokkoli, 80 000
t Tomaten, 45 000 t Artischocken,
20 000 t Kartoffeln, 32 000 t traditionelle Echalotten, 2 500 t rosa
Roscoff-Zwiebeln, 9 000 t Chicorée,
2 800 t Porrée, 75 000 Colis MiniGemüse; exportiert werden 55 Prozent der Produktion. Auf maximale
Frische bedacht, ärgert die Bretonen,
dass für den Handel meist nur der
Preis zählt.
Warum engagieren sich Frankreichs Produzenten gerade bei
Nachhaltigkeit besonders?
Das Thema steht bei deutschen
Verbrauchern aktuell hoch im Kurs.
Laut einer Studie spielt unternehmerische Nachhaltigkeit bei der Kaufentscheidung eine immer größere
Rolle. Da in Frankreich die Landwirtschaft von jeher sehr bedeutend war
und lange Zeit die zentrale Lebensgrundlage bildete, hat sich dort eine
landwirtschaftliche Struktur entwickelt, die von Anfang an auf
nachhaltige Nutzung setzte. Regionale Anbaumodelle und lokale
Kooperativen herrschen bis heute
vor. Um die eigene Lebensgrundlage
bestmöglich zu erhalten, bemüht
man sich um ressourcenschonende
Anbauweisen. Aus diesem Modell
heraus entwickelten sich schon früh
verschiedenste Konzepte, die auf
qualitative Lebensmittel setzen, die
wiederum nur durch nachhaltige
Produktion entstehen können. Bekannte Beispiele sind das Label
Rouge-Gütesiegel für tierische Produkte oder die Produktion nach dem
Terroir-Prinzip, die in Frankreich eine
große Bedeutung hat. Auch das
Wirken der französischen Institution
Agence Bio zeigt das ständige Bestreben der Produzenten und des
Landwirtschaftsministeriums, auf
Qualität und Nachhaltigkeit zu
setzen. Viele Branchen engagieren
sich aktuell für nachhaltige Produktion und Klimaschutz. Auch
gegenüber dem Endverbraucher zeigt
sich Frankreich vorausschauend. Die
ab 2011 geplante CO2-Kennzeichnung auf Lebensmitteln wird beispielsweise in Frankreich schon jetzt
freiwillig aufgeführt, um die Endverbraucher bewusst für dieses Thema
zu sensibilisieren.
Wie beurteilen Sie die Aktivitäten
der französischen Firmen im deutschen Handel?
Der Absatz französischer Lebensmittel nach Deutschland ist im
Krisenjahr 2009 stabil geblieben,
was im Vergleich zu anderen Absatzentwicklungen eine positive Nachricht ist. Mit Blick auf die aktuelle
Marktentwicklung in Deutschland,
die ein vermehrtes Bewusstsein für
Qualität erkennen lässt, ist Frankreich in einer guten Position. Die
französischen Lebensmittelproduzenten, die seit jeher auf Qualität,
Geschmack und Innovation setzen,
bieten dem deutschen Handel heute
genau die Vielfalt, auf die es ankommt. Positive Resonanz und größere Nachfrage auf Kundenseite sind
das Ergebnis. Zudem hat Frankreich
in den letzten Jahren besondere
Anstrengungen unternommen, um
sich noch besser auf die Erwartungen der deutschen Verbraucher
einzustellen und bietet heute eine
vielfältige und zugängliche Produktpalette für alle Bedürfnisse.
Ganz aktuell zeigten die französischen Produzenten erneut ihre Kompetenz auf den Fachmessen InterMeat, InterMopro und InterCool. Besonders der Tiefkühl- und Convenience-Bereich waren stark vertreten.
Immer mehr Aussteller greifen auch
den Bio-Trend auf.
Lebensmittel Zeitung
Geflügel
Den Mengendruck des Geflügelangebots, unter dem der deutsche Markt
steht, spüren auch die französischen
Anbieter. Hochpreisige Ware tut sich
sehr schwer im Handel.
Die aktuellen Schlachtstatistiken aus
maßgeblichen EU-Staaten belegen
die weiterhin steigende Bedeutung
der Hähnchenproduktion. Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes
übertrafen in den ersten sieben Monaten 2010 die Hähnchenschlachtungen
in Deutschland mit 457 791 t das Vorjahresergebnis um 7 Prozent. In Frankreich fiel der Zuwachs gegenüber dem
Vergleichszeitraum 2009 laut MEG
(Marktinfo Eier & Geflügel) mit 4 Prozent weniger deutlich aus. Die stärkste
Zunahme verzeichnete man in Großbritannien (plus 8 Prozent). Bei Putenschlachtungen liegt Deutschland
vorn, während sie sich in den meisten
EU-Staaten zurückentwickelt.
FRANKREICH
LZ 39 1. Oktober 2010
Gemeinsame Anstrengungen für die Zukunft
L.D.C. und die Geflügelbauern von Loué investieren in Qualität und Nachhaltigkeit
Sablé-sur-Sarthe. Frankreichs führender Geflügelverarbeiter, L.D.C. in
Sablé-sur-Sarthe, und seine Züchter
der Genossenschaft von Loué präparieren sich für die Herausforderungen der nächsten Jahre.
L.D.C. (Lambert-Dodart-Chancereul)
hat das Jahr 2009 nach einem schwierigen Vorjahr mit einem Umsatz von über
2 Mrd. Euro abgeschlossen. Für das laufende Jahr 2010 ist ein Überschreiten
der Zielmarke von 2,5 Mrd. Euro angepeilt, nachdem zu Beginn des Jahres die
beiden Betriebe Marie und Arrivé übernommen wurden. Die Groupe Arrivé
mit den Marken Maître Coq, Landes St
Sever, Challans, Bocage Vendéen, Auvergne war bis dahin die Nummer 4
hinter L.D.C., Doux und Gastronome,
während die Groupe Marie, zuletzt im
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60
Freilandhaltung:
Jocelin Hug und
sein Sohn Xavier
ziehen in Rouez
(Departement
Sarthe) nur Label
Rouge Puten groß:
2 500 Tiere insgesamt, zur Hälfte
Truthähne. Anfangs
hat jedes Tier 6,5
m2 freien Auslauf,
zum Schluss 12 m2.
Die Qualität zeigt
sich in einem
kräftigen Skelettaufbau und einem
glänzenden Gefieder. Die Tiere
werden 14 kg
schwer.
Guter Geschmack:
Die Werbe-Slogans
der letzten Jahre
zieren den Neubau
der L.D.C. Gruppe
in Coulans-sur-Gée
(Departement
Sarthe). Im Mittelpunkt stehen stets
die Schlüsselwörter
Getreide, Freiheit,
Natur, Genuss und
Geselligkeit.
Flachbau: Der neue L.D.C. Betrieb
in Coulans-sur-Gée (Departement
Sarthe), unweit von Le Mans. Von
hier aus wird die gesamte Produktion gesteuert.
Besitz der britischen Groupe Uniq, auf
Traiteur-Produkte sowie frische und
tiefgekühlte Fertiggerichte spezialisiert
ist und mit 6 Werken und 1 400 Beschäftigten über 265 Mio. Euro Umsatz
erzielte. Laut Zeitungsmeldungen tätigte Marie 54 Prozent des Umsatzes
mit TK-Produkten.
Den gewachsenen Strukturen ebenso wie den Herausforderungen der
nächsten Jahre Rechnung tragend, bezog die L.D.C. Gruppe im Januar ihr
neues, hochmodern ausgestattetes Gebäude in Coulans-sur-Gée (Departement Sarthe). Das liegt 15 km von Le
Mans entfernt in Richtung Laval. Hier
befindet sich jetzt nicht nur das Schulungszentrum, von hier aus erfolgt auch
die Organisation und Steuerung der gesamten Produktion: von der Brüterei
über die Aufzucht samt Futtermittelfabrik bis zum Schlachtbetrieb. Das beinhaltet auch die Begleitung durch entsprechend ausgebildetes Fachpersonal
in den Bereichen Technik und Hygiene
(Techniker und Veterinäre). Künftig
soll an diesem Platz überdies eine Versuchsaufzucht von Bio-Geflügel zu
Schulungs- und Demonstrationszwecken entstehen. Ein eigenes Labor zur
Untersuchung auf Salmonellen nach
den internationalen Anforderungsnor-
men von COFRAC existiert bereits.
Hier lassen sich auch mehr als 5 000
Autopsien pro Jahr vornehmen. Über
die Informationszentrale können jederzeit alle rund 1 000 Geflügelproduzenten, die für die Gruppe L.D.C. arbeiten
und ca. 2 500 Stallungen unterhalten,
unmittelbar und ohne Zeitverzug erreicht werden.
„Für uns ist ‚GMO-frei’
eine landwirtschaftliche
Ausrichtung und keine
Marketingentscheidung.“
Pascal Vaugarny
Als einen „immensen Vorteil“ bezeichnet Pascal Vaugarny, Beauftragter
der
Loué-Freiland-Geflügelzüchter
(Les Fermiers de Loué), die komplette
Autonomie bezüglich der Versorgung
mit Stroh, Getreide und Mais aus der
Region Sarthe. Ausgerichtet auf eine
nachhaltige Unternehmensführung,
bekomme damit auch die Landwirtschaft vor Ort zusätzlichen Auftrieb.
Außerdem gewinne das Thema GMOfreies Futter eine völlig andere Dimension, da man direkt Einfluss auf den Anbau speziell von Mais habe und GMOFreiheit von vornherein sicherstellen
könne. Laut Pascal Vaugarny nimmt
man das Thema Genfreiheit sehr ernst:
„Für uns ist das keine Marketing-Entscheidung, sondern eine grundsätzliche
landwirtschaftliche Ausrichtung, für
die wir uns entschieden haben. Und das
zählt, schließlich sind unsere Geflügelzüchter auch Landwirte, die Zerealien
anbauen. Sie selbst haben diesen Weg
gewählt.“ Wie der 45-jährige ausführt,
ist es allerdings logisch, wenn man den
Anspruch verfolgt, ein Super-Qualitätsgeflügel zu produzieren. „Da kann man
nicht gleichzeitig auf GMO gehen mit
all seiner Problematik.“
Loué produziert im Jahr rund 28
Millionen Tiere, darunter ca. 25 Mio.
Hähnchen. Alles andere sind Perlhühner, Puten, Gänse, Kapaune und Poularden.
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Forschung & Entwicklung
L.D.C., Sablé, beschäftigt 10 Mitarbeiter in
ihren R & D Abteilungen. Laut Jacques
Popot, Manager Forschung & Entwicklung,
konzentrieren sich seit mehreren Jahren
alle R & D Anstrengungen auf vier Bereiche: Reduzierung der Zusatzstoffe in
den Produkten der Marke „le Gaulois“, so
etwa 2008 die Markteinführung der
panierten Schnitzel ohne Zusatzstoffe,
2009 Snacks und Bratenteile. Ein anderes
Feld ist die Verbesserung der Nahrungsqualitäten, weniger Fett und Salz. Dann
Produktinnovationen: „La belle escalope“
(das schöne Schnitzel) 2009 und „Tendre
Marinade“ (sanft marinierte Geflügelspezialitäten) 2010. Und: Reduzierung der
Verpackung, Recherche von „Bio“ und
wiederverwertbare Verpackungen.
Die Macher: Dominique Eckert, Exportleiter Procanar/Celtys; Pascal Vaugarny, Beauftragter der Loué-Geflügelzüchter; Ottmar Krause, Verkaufsleiter Deutschland/Österreich;
Martin Clarenbeek, Exportleiter L.D.C. (v.l.).
FRANKREICH
HINTERGRUND
Geflügelbranche nimmt
Nachhaltigkeit ernst
Coulans-sur-Gée (Sarthe). Unter dem
Nachhaltigkeitsaspekt investieren die
Loué-Bauern derzeit massiv in erneuerbare Energie mit dem Ziel,
soviel Strom selbst zu erzeugen wie
sie insgesamt verbrauchen. 130
Geflügelzüchter installierten bereits
Solardächer auf ihren Stallungen.
Zudem – das erste genehmigte
Projekt im Departement Sarthe –
wurden vier Windturbinen aufgestellt. Kostenpunkt: 15 Mio. Euro.
„Für uns ist das ein Vermögen“, so
Pascal Vaugarny, Beauftragter der
Loué-Freiland-Geflügelzüchter (Les
Fermiers de Loué) in Coulans-sur-Gée.
Ähnliche Wege geht der Geflügelvermarkter L.D.C., Sablé. Vorstandsvorsitzender Denis Lambert fordert,
die Führungs- und Wettbewerbsfähigkeit zu verbessern, „aber nie auf
Kosten der Qualität, der Umwelt und
der Sicherheit der Menschen“. Es
gelte erneuerbare Ressourcen zu
nutzen und die Prozesse durch weitere Spezialisierung zu optimieren.
Angeführt werden Beispiele wie:
Heizung mit Biomasse statt Gas;
Reduzierung des Wasserverbrauchs;
Sammlung von Kunststoffen (über
2,4 t wurden zu Dämmstoffen, neuen
Verpackungen oder Kanistern verarbeitet); Minderung der Treibhausgasemissionen durch verbesserte
LKW-Beladung; Umwandlung von
Bio-Gas in Strom dank Methanisierung von Abwässern; Verwertung von
Nebenprodukten (Entenfedern,
-füße); Wiederherstellung von Kalorien (Wärmeaustauscher); Solardächer
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(1 400 m2 in Agis).
Lebensmittel Zeitung
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Die Hähnchen-Alternative für Deutschland
L.D.C. kommt mit „Natur & Respekt“ – Ein Markenkonzept für 56 Tage altes Freiland-Geflügel aus Frankreich
Sablé-sur-Sarthe. Frankreichs Nummer Eins, die Groupe L.D.C. in Sablésur-Sarthe, bringt exklusiv für den
deutschen Einzelhandel 56 Tage alte Freilandhähnchen als Alternative
zum 84 Tage alten Label Rouge-Geflügel aus Loué auf den Markt.
Lastenheft:
Wie in Frankreich
üblich, sind die
Produktionsbedingungen klar geregelt. Ihre Einhaltung wird streng
überwacht. Dazu
gehören auch regelmäßige Inspektionen
und Besprechungen
vor Ort.
Die 56 Tage alten Hähnchen aus Freilandhaltung stellen nach den Worten
von L.D.C. Exportleiter Martin Clarenbeek und seinem Kollegen Dominique Eckert, Exportleiter Procanar/Celtys, eine „gezielte Alternative“ zum
teureren 84 Tage alten Loué-Geflügel
Klares Konzept:
Die Marke „Natur &
Respekt“ steht für
Aufzucht unter
Berücksichtigung
von Tier, Mensch
und Natur. Sie setzt
auf natürliche
Werte, grossräumigen Auslauf im
Freien, eine Aufzuchtdichte von 13
m2 pro Tier, 56
Tage Mindestalter
und 100 Prozent
pflanzliches Futter.
F O TO S : J . S C H A L I N S K I
LZ 39 1. Oktober 2010
mit Label Rouge dar, das sich – anders
als in Frankreich – in Deutschland nur
schwer verkaufen lasse. Die für die
Aufzucht verwendeten Tiere entstammen einer alten, langsam wachsenden
Rasse, die sich „Janzé“ nennt und als
Poulet de Janzé in der Bretagne zwischen Rennes und Vitré (Departement
Ille-et-Vilaine) beheimatet ist.
Die Markteinführung unter der
Marke „Natur und Respekt“ ist für Oktober geplant, sowohl als frisches
Hähnchen als auch tiefgefroren. Die
Vermarktung über die Tiefkühltruhe
wurde gewählt, so Martin Clarenbeek,
um zu den dort verkauften 40 bis 50
Tage alten Hähnchen eine höherwertige Alternative aus Freilandhaltung mit
bäuerlicher Aufzucht anzubieten.
Dass sich die Janzé-Bauern der
L.D.C.-Gruppe vor einem Jahr vertraglich angeschlossen haben, hatte
seinen Grund, wie es heißt, in der Unzufriedenheit mit dem früheren Abnehmer Doux, der ihnen trotz Mischfutter-Preiserhöhung nicht mehr be-
zahlen wollte. L.D.C. freut sich insofern besonders, als sie mit dem JanzéHähnchen noch breiter aufgestellt
sind und den deutschen Verbrauchern
nun ein französisches Freilandprodukt
anbieten können, das zum einen ihrem Geschmack entgegenkomme:
Sein Fleisch sei nicht so fest wie das
des Loué. Und zum anderen nicht so
teuer. „Wir wollen ja nach Deutschland exportieren. Insofern haben wir
mit Janzé eine Antwort auf den Preisdruck des Handels.“
js/lz 39-10
Richtlinien von Natur & Respekt
Die Natur: Auf dem Bauernhof
Der Respekt: Den lebenden Tieren
gegenüber (Wohlbefinden beim Züchter), den Menschen gegenüber, Verbrauchern wie Züchtern (Normen und
Kontrolle), der Umwelt gegenüber.
Das SB-Sortiment: Ganze Tiere, Teile
unter Atmosphäre; GV-Bereich: Lose
mit Etikett
FRANKREICH
62 Lebensmittel Zeitung
WARENKUNDE
Die Entenzucht
ist klar geregelt
LZ 39 1. Oktober 2010
Delikatessen nicht nur für Franzosen
Ernest Soulard führt mit Barbarie-Enten und verteidigt das nationale und gastronomische Kulturerbe
J. SCHALINSKI
Kräftig und gesund: Für den
Züchter ist das Wohlbefinden der
Tiere wichtig.
artspezifische Aufzuchtbedingungen
und arbeiten mit Lastenheften. Das
Wohlbefinden der Tiere steht allerdings auch bei den Züchtern an oberster Stelle, wissen sie doch, dass davon
die Qualität, aber auch ihr eigener
wirtschaftlicher Erfolg abhängen. So
befinden sich die Enten je nach Rasse
10 bis 14 Wochen beim Aufzüchter.
Um ein qualitativ hochwertiges Fleisch
zu erzeugen, werden die Tiere in speziellen, gut gelüfteten Ställen gehalten, die über einen begrünten
Freiland-Auslauf verfügen. Frankreichs
Züchter weisen darauf hin, dass „das
importierte Gros der Peking-Enten
dagegen in Batterien aufwächst“. Als
Futter dient pflanzliche Nahrung. Die
Aufzucht erfolgt unter Einhaltung der
strengsten Hygienevorschriften und
Umweltnormen.
js/lz 39-10
L’Oie (Vendée). Ernest Soulard S.A.
„Les Landes“, im Westen Frankreichs
im Departement Vendée in der Gemeinde L’Oie ansässig, kämpft mit
Teilen des deutschen Handels;
Streitpunkt ist die Stopfleber.
Wie praktisch alle französischen Anbieter von Enten- und Gänsestopfleberprodukten steht auch der Betrieb
von Ernest Soulard auf der „Schwarzen Liste“ von Tierschutzorganisationen wie Peta oder Vier Pfoten. Ob-
F O TO S : J . S C H A L I N S K I
Les Herbiers / L’Oie. In Frankreich
werden vor allem zwei, aber sehr
unterschiedliche Sorten von Enten
gezüchtet. Dabei dominiert die reinrassige Barbarie-Ente mit annähernd
75 bis 80 Prozent die Produktion. Die
von einer südamerikanischen Wildrasse abstammende Entenart wurde im
16. Jahrhundert domestiziert und von
Christoph Kolumbus in Europa eingeführt. Die Barbarie-Ente ist robust und
anspruchslos in der Haltung. Sie zeichnet sich durch eine hohe Fleischfülle
und ein fettarmes Fleisch aus, daher
wird sie im französischen Sprachraum
auch als „Magerfleischente“ bezeichnet. Als typische Merkmale gelten ein
häufig mehrteiliger Höcker an der
Schnabelwurzel. Die Mulard-Ente
dagegen ist eine Kreuzung aus einem
Barbarie-Erpel und einer weiblichen
Pekingente und einfach zu halten. Sie
eignet sich vornehmlich für die Stopflebererzeugung, zeichnet sich zugleich
aber auch durch ein besonders köstliches Fleisch aus. Typische Merkmale
der Mulard-Ente sind ein oft schwarz
gefleckter Kopf und Schwanz. Große
Vermarkter wie Soulard oder Euralis
achten mit Argusaugen auf optimale,
Für Klarheit: Roland Tonarelli
schon die Stopfleber im Jahr 2005 von
der französischen Nationalversammlung in einem Zusatz zum Landwirtschaftsgesetz zum „nationalen und
gastronomischen Kulturerbe“ erklärt
wurde und so von französischen Tierschutzgesetzen ausgenommen ist, haben alle Anbieter keine Mühen gescheut, in umfangreichen Studien und
Dokumentationen den Beweis anzutreten, dass sie allergrößten Wert auf
das Wohlbefinden („le bien-être“) der
Tiere legen und diesen durch das Stopfen keine Qualen zugefügt werden.
Auch haben sich alle Produzenten verpflichtet, die Käfighaltung den EURichtlinien gemäß bis 2015 komplett
umzustellen. Doch Teile des deutschen Handels, berichtet Soulard Generaldirektor Roland Tonarelli, haben
„Angst, ihren Namen im Fernsehen zu
sehen“ und weigern sich, die Entenstopfleber-Spezialitäten in ihren Geschäften zu führen. Für den Franzosen
in L’Oie letztlich völlig unverständlich, weiß er doch, dass die gleichen
Gesprächspartner, wenn sie denn bei
ihm zu Besuch erscheinen, ihre Ablehnung der Foie Gras sofort vergessen
und als erste danach verlangen.
Wie Ernest Soulard setzen alle
französischen Entenstopfleberproduzenten inzwischen ihre Hoffnung auf
die beiden Fachverbände CICAR und
CIFOG. Diese sollen nun entsprechend Aufklärung betreiben und Handel wie auch die allgemeine Öffentlichkeit über die Realitäten der Aufzucht und Haltung sowie das Stopfen
aufklären, damit die Nachfrage nach
den schmackhaften Spezialitäten dieses französischen, gastronomischen
Kulturerbes ohne jedes schlechte Gewissen wieder steigen kann.
Auf die Produktion von Barbarieund Mulard-Enten spezialisiert, arbeitet das 1936 gegründete Familienunternehmen seit einigen Jahren voll integriert. Somit verfügt Soulard sowohl
über eine eigene Brüterei als auch ein
eigenes Futtermittelwerk und einen
hochmodernen Schlachtbetrieb, der
ein 15 000 m2 großes Areal umfasst.
Die Enten selbst – Ernest Soulard
schlachtet und zerlegt durchschnittlich 100 000 Tiere in der Woche, da-
Gelungene Sache:
Im Elternhaus an
der Hauptstraße im
1 200 Einwohner
großen Ort L’Oie
hat Joël Soulard im
Dezember 2009
eine kleine Boutique eröffnet. Sie
wird geleitet von
seinem Sohn Gregory (33), der sich
über die Absatzentwicklung erstaunt zeigt: „Wir
sind mehr als
zufrieden.“ So
kauften auch viele
Touristen hier ein.
mer, es ist auch unfallfreier und hält
die Ausfallquote gering.“
Ernest Soulard sieht sich als einer
der führenden Vermarkter von Barbarie-Enten und als Repräsentant für
französische Qualität im Ausland.
Dort ist das Unternehmen neben
Deutschland, einem seiner größten
Absatzmärkte zusammen mit Dänemark und Japan, auch in zahlreichen
anderen Ländern mit seinen Produkten vertreten, so in Holland, Belgien,
Investition: Um
sicher zu gehen,
hat das auf GenFreiheit bedachte
Unternehmen
Soulard erneut viel
Geld in die Hand
genommen und die
Speicherkapazität
für sein selbst
erzeugtes Futter
durch neue Silos
erweitert.
runter 75 000 Barbarie- und 25 000
Mulard-Enten – werden von 250 Vertragszüchtern in der Region großgezogen. Die Produktpalette umfasst neben Enten in den verschiedensten Varianten (Magret, Filet, Keule, Oberflügel, und weitere) auch das Spitzenprodukt des Hauses: Entenstopfleber –
roh, vorbereitet, gewürzt, frisch, tiefgefroren oder als Schnitzel („escaloppe“ bezeichnet). Auf gewissenhaftes
Arbeiten und mithin eine unbestechliche Qualität der Produkte größten
Wert legend, laufen bei Ernest Soulard
alle Bänder in der Zerlegung besonders langsam. Den Nebeneffekt charakterisiert Roland Tonarelli so: „Das
ist nicht nur für die Arbeiter angeneh-
Luxemburg, Italien,
Schweiz,
England, Irland,
Spanien, Griechenland, Tschechien, Russland, China (Hongkong) und neuerdings auch
in Dubai. Insgesamt tätigt Soulard
rund die Hälfte seines Umsatzes mit
dem Ausland.
Die Zucht- und Verarbeitungseinrichtungen werden regelmäßig von internen, speziell geschulten Mitarbeitern weiterentwickelt. 1996 bekam das
Unternehmen die HACCP Anerkennung, 2000 und 2004 die Auszeichung
für 100-prozentig pflanzliche, mineral- und vitaminreiche Fütterung sowie überdies die IFS-Zertifizierung
Version 5. Lückenlose Rückverfolgbarkeit aller Produkte ist ebenfalls
Standard. Das Unternehmen beschäftigt 300 Menschen.
js/lz 39-10
Mehr Umsatz
mit Barbarie?
Gilles Le Pottier, Délégué Général,
C.I.C.A.R. Comité Interprofessionnel
du Canard à Rôtir, Mordelles
Was spricht unter dem Aspekt der
Nachhaltigkeit für die französische Barbarie-Ente?
Dieses Prunkstück der französischen
Gastronomie basiert auf einem organisierten Berufsstand, bestrebt ein
Savoir-faire zu erhalten, das alle Garantien mit sich bringt, die unsere
moderne Gesellschaft verlangt: sanitäre Kontrollen, Rückverfolgbarkeit,
Beachtung der in Lastenheften vorgegebenen Bedingungen hinsichtlich
der Aufzucht, Produktion und Verarbeitung. Wir haben in einen Ansatz
CO2-Footprint für die Produktion von
Bratenten investiert, der den Erwartungen der Verbraucher Rechnung trägt.
Man muss in der Tat dabei berücksichtigen, dass die Landwirtschaft
immer mehr durch den politischen
Willen im Kampf gegen den Klimawandel eingebunden ist. So engagiert
sich auch unser Dachverband Cicar
mit einer Studie zum objektiven Vergleich von verschiedenen Aufzuchtmöglichkeiten zur Reduzierung der
CO2-Emissionen.
Sagen Sie den EU-subventionierten und unsicheren, oft zweifelhaften Importqualitäten zu Dumpingpreisen aus Brasilien und
Thailand den Kampf an?
Die französische Barbarie-Ente steht
nicht im Wettbewerb mit Importprodukten der Dritten Welt. Dennoch
bleiben wir aufmerksam gegenüber
den Präsentationen dieser Länder auf
dem europäischen Markt ebenso wie
gegenüber ihren Preispraktiken. Denn
die Auswirkung der Handarbeit auf
die immer stärker veredelten Produkte
müssen Berücksichtigung finden,
wenn wir in die Zukunft schauen
wollen.
Gibt es ernsthafte Bestrebungen
Ihres Verbandes, für hochwertiges
Geflügel aus Frankreich auf dem
deutschen Markt Verbraucheraufklärung zu betreiben und die
Werbetrommel zu rühren?
Die Barbarie-Ente wird stark identifiziert mit der berühmten französischen
Lebensart. Ihr in der ganzen Welt hoch
geschätztes Fleisch verbindet sich mit
der Gastronomie, der Freude am
Kochen und Ausprobieren der unterschiedlichsten Rezepte sowie dem
Empfang von Gästen. Der Verband
Cicar beabsichtigt, bestimmte medienwirksame Hebel zu nutzen, um die
Barbarie-Ente als französische Spezialität der Spitzenklasse zu positionieren,
die das ganze Jahr über gegessen
werden kann. Wir denken an eine
generische Kommunikation, um ihre
Vorteile bekannt zu machen. Der
Aufruf „Zu Tisch!“ soll mit der französischen Barbarie-Ente ein echter Genuss werden.
Wie lautet Ihre Kernbotschaft an
den deutschen LEH?
Wir haben die Kapazität, Qualitätsprodukte zu garantieren und wir
halten die Verpflichtungen ein, die wir
mit unseren Handelspartnern eingegangen sind. Von daher wünschen wir
uns die Entwicklung von wirtschaftlichen Beziehungen in einem vertrauensvollen Klima. Handel ist eine
Win-Win-Partnerschaft.
FRANKREICH
Lebensmittel Zeitung
Fokus auf Transparenz
Stopfleber gibt es in verschiedenen Qualitäten
Euralis Gastronomie intensiviert die eigene Kommunikation
Les Herbiers. Die Groupe Euralis
Gastronomie schlachtet im Jahr
rund 11Mio. Tiere, hauptsächlich Enten. Wegen ihrer Stopfleberprodukte immer wieder Zielscheibe von
Tierschutzorganisationen, setzt das
Unternehmen verstärkt auf offensive Kommunikation.
„Wir arbeiten mit Prävention,
statt im Nachhinein Lösungen finden zu müssen.“
Patrick Pageard
A L L E F O TO S : J . S C H A L I N S K I
In Frankreichs Top-Gastronomie mit
einem Marktanteil von 30 Prozent, international mit 25 Prozent, vertreten,
reklamiert die von der Genossenschaftsgruppe Euralis Gastronomie
mit Sitz in Lescar vertriebene Marke
„Rougié“ die Marktführerschaft bei
Enten- und Gänsestopfleberprodukten für sich. Gleichermaßen erfolgreich ist die Gruppe aus Frankreichs
Südwesten auch im französischen
LEH, wo sie ihre Produkte unter der
Marke „Montfort“ über das Kühlregal
vermarktet und die qualitative Spit-
Foie Gras Entier nennt sich
ein zubereitetes Produkt
bestehend aus einer oder
mehreren ganzen Stopflebern;
im Französischen spricht man
von „lobe“ beziehungsweise
in der Mehrzahl „lobes“ und
meint damit den gesamten
Leberlappen. Unter Foie
Gras versteht man eine
Zubereitung aus mehreren
Stopfleberstücken, die auch
von verschiedenen anderen
Tieren stammen können. Bloc
de Foie Gras bezeichnet
indessen eine Blockleber, die
rekonstituiert wurde aus
Kleinteilen der Stopfleber und
je nach dem beispielsweise
wenigstens 75 Prozent Leberanteil aufweist. Daneben wird
unterschieden nach Foie
Gras Cru, rohe Stopfleber,
biers (Vendée/Pays de la Loire). Dort
wurden in den vergangenen zehn Jahren nach den Worten von Patrick Pageard mehr als 150 Mio. Euro in den
Ausbau und die Modernisierung investiert. So ist volle Rückverfolgbarkeit für das IFS higher level (95,6 Pro-
Ideale Auslaufmöglichkeiten: Zu jedem Aufzuchtgebäude gehören 4 ha Weidefläche.
Der Betrieb in Legé (Loire Atlantique) produziert 50 000 bis 55 000 Enten pro Jahr.
zenposition für sich reklamiert.
Für das Wohlbefinden der Tiere
(„le bien-être de l’animal“) bei Euralis
verantwortlich ist Patrick Pageard, der
zugleich im französischen Geflügelfachverband CIFOG, der Interprofession Foie Gras Française (Comité Interprofessionnel des Palmipèdes à Foie
Gras), arbeitet. Sein Anliegen ist es,
der Öffentlichkeit und vor allem dem
Handel klar zu machen, mit welchen
Anstrengungen seine Gruppe dafür
Sorge trägt, dass Kritiker keinen Anlass finden. Dabei erstreckt sich sein
Arbeitsradius von der Aufzucht bis zur
Verarbeitung – rein geographisch
schon ein beeindruckend großes Gebiet. Mit 350 Züchtern in Frankreich
zusammenarbeitend, unterhält Euralis Verarbeitungsbetriebe sowohl im
Südwesten des Landes als auch in den
Pays de la Loire und in der Bretagne.
Wie der 46-jährige berichtet, produziert die Gruppe gut vier Fünftel ihrer Küken selbst. Für klare Bedingungen in der Aufzucht sorgen auch eigene Futtermittelfabriken. Lastenhefte
begleiten zudem alle Produktionsstufen, während regelmäßige Kontrollen
und Analysen die nötige Sicherheit gewährleisten. Zu den Vorzeigebetrieben Frankreichs zählt unter anderem
der Euralis-Tochterbetrieb in Les Her-
zent) zertifizierte Unternehmen eine
Selbstverständlichkeit. Der Betrieb
schlachtet und verarbeitet heute nach
eigenem Bekunden rund 3 000 Enten
in der Stunde oder 20 000 am Tag.
Weil sich jede Form von Stress für
das Tier auf die Qualität des späteren
Produktes negativ auswirkt, hat sich
Euralis höchste Anforderungen auferlegt. Dies gilt nicht nur bei der Anlieferung der Tiere am Schlachthof, wo die
Abläufe auf kürzeste Zeiten reduziert
wurden. Auch das Wohlbefinden der
Tiere während der Aufzucht, vor allem
in der letzten Phase der zehntägigen
Mast, orientiert sich nach den modernsten, wissenschaftlich untermauerten Kriterien. Mit Blick auf die künftige EU-Regelung, wonach die Verwendung von Einzelkäfigen 2015 nicht
mehr erlaubt ist, werden derzeit alle
Ställe umgebaut. Die Kosten beziffert
Patrick Pageard auf 30 bis 40 Euro pro
Entenplatz gegenüber 15 Euro bislang.
„Qualität kostet Geld, aber der Verzicht auf Qualität kommt am Ende
noch teurer“, resümiert Patrick Pageard
wissend, dass sich mittlerweile auch in
Frankreich viele Verbraucher scheuen,
den Preis für Label Rouge zu bezahlen.
Es wäre Aufgabe des Handels, meint er,
doch der pusche die Umsätze nur über
den Preis.
js/lz 39-10
G ROUPE EURAL IS
Die Gruppe, Marktführer bei Enten- und
Gänsestopfleber sowie Enten- und Gänsefleisch in Frankreich, schlachtet nach
eigenen Angaben im Jahr rund 11 Mio.
Tiere, davon in Les Herbiers 5 Mio., im
Südwesten Frankreichs 4,5 Mio. (überwiegend Enten, nur 100 000 Gänse), in
China 40 000, in Kanada 200 000 und in
Bulgarien knapp 1 Mio. Tiere. Allein in
Frankreich betreibt die Gruppe rund 20
Produktionsstätten, die übers Jahr vorliegenden Angaben zufolge rund 6 000 t
Stopfleber, 7 000 t Magret de Canard
(Entenbrust) und 8 000 t Schenkel produzieren. Der Gruppenumsatz 2008/2009
erreichte 1,29 Mrd. Euro (und lag damit
unverändert auf dem Niveau des Vorjahres,
wo noch + 25,7 Prozent Steigerung gegenüber 2007/2008 erzielt worden waren).
Im Export, der in den letzten Jahren für
Euralis „viel schwieriger“ geworden ist,
wurden 2007/2008 rund 213 Mio. Euro
(16,5 Prozent des Gruppenumsatzes)
realisiert. Insgesamt beschäftigt die Gruppe über 5 000 Mitarbeiter. Voll zertifiziert
gehört es zum Standard der Gruppe, das
für die Geflügelaufzucht in den eigenen
Futtermühlen hergestellte Tierfutter bei
voller Rückverfolgbarkeit mindestens 6
Monate lang aufzubewahren.
Foie Gras en Semi-Conserve oder Mi-Cuit, also
eine Halbkonserve, und Foie
Gras en Conserve, was
soviel bedeutet wie eine
Vollkonserve, die sich bei 10
bis 15 ° Celsius über mehrere
Jahre hält. Eine Foie Gras
Truffe garantiert zum Beispiel mindestens 3 Prozent
Trüffelanteil, während ein
Parfait de Foie Gras mindestens 75 Prozent Stopfleber
enthalten muss. Auf eine
hohe Qualität bedacht, werden die Enten in gut gelüfteten Ställen gehalten, die
zugleich über einen begrünten Freiland-Auslauf
verfügen. Die Ernährung der
Tiere ist rein pflanzlich. Ihre
Aufzucht erfolgt unter Einhaltung strengster Hygiene-
63
WARENKUNDE
Foie Gras: Entenstopfleber in der
meisterlichen
Zubereitung durch
einen Spitzenkoch,
angeboten in den
Lyoner Paul Bocuse
Markthallen.
J. SCHALINSKI
LZ 39 1. Oktober 2010
vorschriften und Umweltnormen. Da sich die Zahl der
Feinkostgeschäfte in
Deutschland in den vergangenen Jahren stark
dezimiert hat, dürften nach
Ansicht französischer Produzenten große Handelsunternehmen heute eine
weit bessere Chance haben,
sich mit Enten- und Gänsestopfleber in einer eigenen
Feinkostabteilung neues
Profil aufzubauen und
dabei gute Margen zu
realisieren. Laut Patrick
Pageard von der Groupe
Euralis zählt Stopfleber wie
Rotwein zu den „French
Paradox“: Ihr Verzehr
verspreche nicht nur Genuss, sondern verstehe sich
auch als Teil einer gesunden Ernährung. js/lz 39-10
64
Lebensmittel Zeitung
FRANKREICH
LZ 39 1. Oktober 2010
Käse
Charolais-Käse erhält
das 46. AOC-Siegel
Paris. Seit Anfang des Jahres 2010 darf
sich der Rohmilch-Ziegenkäse Charolais als 46. Käse mit dem begehrten
französischen Ursprungssiegel AOC
(Appellation d’Origine Contrôlée)
schmücken. Die Herkunftsregion des
zwischen 250 und 310 Gramm wiegenden Ziegenkäses sind das Charolais
und das Brionnais, sanfte Hügel- und
Plateaulandschaften im Burgund, die
schon das Charolais-Rind berühmt gemacht haben. Mit dem AOC-Siegel
wird offiziell festgelegt, dass die gesamte Produktion und Verarbeitung
eines Produktes in einer exakt definierten Ursprungsregion erfolgen
muss. Beim AOC Charolais ist folglich
die Milcherzeugung, Herstellung und
Reifung auf genau 252 Gemeinden in
dieser Region begrenzt. Die Bekanntheit, heißt es in einer Veröffentlichung
der Sopexa, beschränkte sich lange
Zeit nur auf die umliegenden Gemeinden. Erst seit den 70er Jahren ist er
auch einem Liebhaberpublikum bekannt. Bis heute wird dieser Ziegenkäse ausschließlich in bäuerlicher Produktion hergestellt. In der gekennzeichneten Ursprungsregion finden
sich daher nur 16 bäuerliche Betriebe,
die jährlich 59 t Käse aus 1 171 000 Litern Ziegenmilch produzieren. Die daraus gefertigten 210 723 Käse reifen im
Anschluss bei einem einzigen Affineur
vor Ort. Gegenwärtig wird geprüft, ob
der Charolais neben dem AOC-Prädikat auch das europäische Pendant für
Produkte mit geschützter Ursprungsbezeichnung (g.U., französisch AOP)
erhält.
js/lz 39-10
F O TO S : J . S C H A L I N S K I
Rund 19 Prozent der französischen Käseausfuhren gelangten 2009 nach
CNIEL-Informationen in deutsche Käsetheken und -regale. Das entspricht
einem Marktanteil von 18,7 Prozent
respektive Platz 2 nach den holländischen Käsen im ausländischen Käseangebot. Insgesamt bezog Deutschland aus Frankreich 2009 ca. 153 000
t* Käse Damit konnten die Franzosen
trotz der allgemeinen Wirtschaftskrise ihre Deutschland-Lieferungen relativ stabil halten. Frankreichs Gesamtproduktion an Käse belief sich 2009
unterdessen nach Informationen der
Sopexa auf knapp 1,9 Mio. t und
nimmt damit hinter Deutschland den
zweiten Platz unter den Käseherstellern ein. Bezüglich der Sortenvielfalt
bleiben die Franzosen indes mit mehr
als 1 000 Sorten die unangefochtenen Spitzenreiter. (Quelle der Zahlen:
CNIEL) *Seit 2001 wird ein großer Teil
der französischen Käse über ein Großlager in Luxemburg nach Deutschland
exportiert; diese Zahlen müssen hinzugerechnet werden.
Auf dem Weg in
den Discount?
Christophe Février, Export Manager,
Laiteries H. Triballat (LHT), Rians
Absolute Hygiene: Im Dessert-Werk von Rians wird mit Nachdruck auf die Einhaltung höchster Sicherheitsstandards geachtet.
Start mit Desserts und Faisselle
Laiteries H. Triballat legt Wert auf eine 100-prozentige Natürlichkeit
Rians. Die Laiteries H. Triballat
(LHT) in Rians wollen mit hochwertigen Desserts und Faisselle, einer original französischen Frischkäse-Spezialität, den deutschen Markt für
sich erschließen.
Die Milchwerke des Familienunternehmens Triballat, die Laiteries H.
Triballat (LHT), befinden sich in
Rians, dem Geburtsort des Firmengründers und inzwischen 84-jährigen
Seniorchefs Hubert Triballat. Der kleine Ort im Department Cher mit seiner
gallo-romanischen Geschichte liegt
rund 230 km südlich von Paris im Herzen von Berry, unweit von Bourges.
1952 gegründet, hat sich aus der
Keimzelle in der Zwischenzeit eine
riesige, hochmoderne Fabrikanlage
entwickelt, die ausschließlich auf die
Verarbeitung von Milch zu Frischkäse,
darunter 40 000 t Faisselle, und Desserts ausgerichtet ist. Bei den Desserts
erreicht die Jahresproduktion mit vier
Linien einen Ausstoß von gut 7 000 t.
Ob Île Flottante, Crème Brûlée à la
Vanille Bourbon, Crème aux Spéculoos, Fondant Noir, Fondant au Caramel, Profiterole oder Café Onctueux, alles wird nur mit natürlichen
Zutaten hergestellt, basierend auf ausgewählten Rezepturen mit Bezug auf
Laiteries H. Triballat
Triballat verarbeitet rund 100 Mio.
Liter Kuhmilch, 50 Mio. Liter Ziegenmilch und 1 Million Liter Schafmilch
im Jahr. Der Gruppenumsatz 2009
beläuft sich auf 265 Mio. Euro, davon
kommen 25 Prozent von den ausländischen Töchtern. Ziel ist eine Ausweitung des Auslandsgeschäfts im
Laufe der nächsten fünf Jahre auf 40
Prozent. Die internationale Ausrichtung habe strategische Priorität.
Dessertfabrik:
Hochtechnologisierte Anlagen
erlauben Triballat,
in der Stunde
zwischen 8 000
und 12 000 Desserts à 200 gr zu
produzieren.
„die gute alte Zeit“ und im Ofen gebacken. Keine Konservierungsstoffe,
keine Addititve. Eine Créme Brûlée
beispielsweise aus dem Hause Triballat – eigentlich sagt man hier lieber
„Rians“, weil alle Produkte ausschließlich unter dieser Dachmarke
vermarktet werden – enthält weder
Milch noch Gelatine noch Stärke, wie
Christophe Février eigens hervorhebt.
Verwendet werden ausschließlich
Sahne, Vanille und Zucker. Ihre Besonderheit, so der Exportmanager, erfahren die Desserts dadurch, dass der
Endverbraucher immer noch etwas
zur Abrundung dazugeben muss, also
dem Produkt seine ganz persönliche
Note verleihen kann.
Rians, sprich Triballat, ist heute
noch stolz darauf, der erste in Frankreich gewesen zu sein, der 1992 eine
„authentische“ Crème Brûlée herausgebracht hat. Inzwischen gebe es viele
Kopien auf dem Markt, doch keine reiche an die hier produzierte Qualität
heran, sagt Christophe Février. Seine
Anmerkung: „Es genügt nicht, einen
Stern auf der Motorhaube zu haben,
um ein Mercedes zu sein.“
Dass die Franzosen pro Kopf im
Jahr durchschnittlich nur drei Crème
Brûlées kaufen, hält auch der 39-jährige für wenig, insgesamt aber sei das
konsumierte Volumen groß. Der Directeur Commercial Export und Vater
dreier Kinder: „Unsere Desserts werden dann gekauft und gegessen, wenn
man Lust verspürt, sich eine Freude zu
bereiten und dabei den höchsten Genuss sucht, qualitativ wie geschmacklich. Unsere Desserts liegen auf der Linie von Slow Food.“
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Triballat ist eine Privatmolkerei in
der zweiten Generation, die neben
acht Produktionsstätten in Frankreich noch je ein Werk in Argentinien, USA und neuerdings auch in
Spanien hat. Welche Ziele verfolgt
Ihre Unternehmensgruppe?
Unser Ziel ist in Frankreich wie im
Export das gleiche: Wir wollen die
einwandfreie Qualität unserer Produkte vermarkten, das heißt unsere
Erfahrung, die wir bei Desserts,
Joghurt, Frischkäse und gereiftem,
affinierten Käse geltend machen
können, sei es aus Kuhmilch, Ziegenoder Schafmilch. Unsere Produkte
stehen für gesunde, ausgewogene
Ernährung, Genuss und Umweltverantwortung. Dabei bleibt der deutsche Markt für uns eine der allerersten Prioritäten, was den Ausbau
unserer Position anbetrifft, auch
wenn der Markt von sehr hartem
Wettbewerb gekennzeichnet ist und
der Harddiscount zweieinhalbmal so
bedeutend ist wie in Frankreich.
Bislang gehört der Discount nicht
zu Ihren Vertriebskanälen. Könnte
sich das ändern?
Unsere bahnbrechenden Produkte
sind ja Faisselle, Crème Brulée, Le
Roulé und eine Reihe von Ziegenkäsen, die wir alle unter der Dachmarke
„Rians“ vermarkten. Darüber hinaus
haben wir im Export die Marke „Germain“ für geschmackvolle Kuhmilchkäse wie Époisses, Langres und Saint
Marcellin. Für uns zählen ganz entscheidend die Werte Respekt, Innovation, Liebe zur Arbeit und zu den
Rezepten, Natur und Einfachheit. Es
ist absehbar, dass wir unsere Produkte in Kürze auch über den Harddiscount anbieten werden. Die Erwartungen der Verbraucher im Harddiscount richten sich nicht ausschließlich auf den Preis. Ihr Standort, die
begrenzte Fläche, die kleinere Auswahl verkürzen den Einkauf und Zeit
ist heute Geld. Die Handelsmarke
kann dann entsprechend der Anforderung seitens des Handelsunternehmens aus Kostengründen weniger
veredelte Inhaltsstoffe haben.
Triballat bekundet einen hohen
ethischen Anspruch als Produzent
und bezieht dabei all seine Produktionsstufen ebenso ein wie den
Konsumenten. Gleiches verlangen
Sie auch vom Handel.
Ja, wir glauben, dass auch der Distributeur so denkt. Was die Vermarktung unserer Produkte angeht,
ob als Marke oder Handelsmarke,
laden wir alle Distributeure ein, uns
zu besuchen und sich vor Ort seriös
und professionell von unserer Arbeitsweise und dem Engagement
unserer Mitarbeiter zu überzeugen.
Unsere Flexibilität und Reaktionsfähigkeit erlaubt uns jeden Auftrag
abzuwickeln, egal wie groß er ist.
Unsere eigene LKW-Flotte für die
Sammlung und den Transport der
Milch steigert unsere Geschmeidigkeit. Es gibt keinen kleinen Kunden.
Wir freuen uns sehr, neue Kunden
bei ihren Geschäften begleiten zu
dürfen und ihnen zu helfen, diese
auszubauen. Das gleiche gilt auch
für die Entwicklung von Handelsmarken mit Jahresvolumen.
FRANKREICH
Vielfalt und keine
elitären Produkte
Faisselle – eine ureigene französische Spezialität
Düsseldorf. Crottin de Chavignol,
Neufchâtel, Roquefort und Beaufort
sind nur vier von über 1 000 verschiedenen Käsesorten in Frankreich, wovon 46 das begehrte AOP-Siegel tragen. Diese Abkürzung steht für Appellation d’Origine Protégée, sprich geschützte Ursprungsbezeichnung, und
hat nach der neuen europaweit in Kraft
getretenen Gütesiegel-Regelung die
bekannte französische Ursprungsbezeichnung AOC (Appellation d’Origine Contrôlée) abgelöst, welche für
kontrollierte Herkunft stand. In
Deutschland bleibt es weiterhin beim
„g.U.“, der Abkürzung für geschützte
Ursprungsbezeichnung, während Produkte mit geschützter geografischer
Angabe hierzulande mit „g.g.A.“ gekennzeichnet sind, was wiederum auf
der französischen Seite ein „IGP“-Siegel bekommt und sich Indication
Géografique Protégée liest. Vorliegenden Zahlen zufolge produzieren in
Frankreich etwa 28 000 Betriebe jährlich rund 196 000 t Käse mit g.U., also
AOP, und erzielen damit rund 2,1 Mrd.
Euro Umsatz. Um den deutschen Verbrauchern Frankreichs Käsevielfalt näherzubringen („Französische Käse
sind keine elitären Produkte“), startete
2009 der Berufsverband der französischen Milchwirtschaft CNIEL (Centre
National Interprofessionnel de l’Economie Laitière) zusammen mit den
82 000 Milchproduzenten und etwa
300 Kooperativen und Unternehmen
sowie der nationalen Organisation für
Landwirtschafts- und Fischereiprodukte FranceAgriMer eine Kommunikationskampagne. Bestärkt durch die
ersten Ergebnisse, wird diese Kampagne nun laut CNIEL noch zwei Jahre
weitergeführt.
js/lz 39-10
Rians. Eine klare Definition
von Faisselle zu geben, fällt
schwer, da es kein Äquivalent zu diesem traditionellen
französischen Frischkäseprodukt in Deutschland gibt. Es
erinnert an eine Mischung
aus Schichtkäse und Quark
und befindet sich in einem
Becher mit kleinen Löchern,
durch die das Serum abtropft und sich am Becherboden sammelt. Hergestellt
wird Faisselle ausschließlich
aus frischer Kuh-, Schaf- oder
Ziegenmilch, die zu Dickmilch geworden ist und nur
kurz abtropfen durfte. Danach wird diese Masse von
Hand mit einer Kelle, „à la
louche“ genannt, in eine
Form geschöpft. Anstelle des
einst aus gebranntem Ton
bestehenden Gefäßes, das
ursprünglich selbst „Faisselle“ hieß und dem Produkt
seinen Namen gab, wird
Lebensmittel Zeitung
WARENKUNDE
einem Fruchtpüree als Dessert, oder aber gesalzen, mit
grobem Pfeffer, frischen
Schalotten, Knoblauch und
verschiedenen Kräutern. Sein
Nährwert ist hoch; enthalten
sind alle natürlichen Proteine der Milch sowie Kalzium, Phosphor und die wasserlöslichen Vitamine B2
und B12. Kenner trinken
selbst das sich am Becherboden absetzende Serum mit
js/lz 39-10
Genuss.
Handgeschöpft: Die Laiteries H. Triballat produzieren
Faisselle noch heute auf
traditionelle Art.
heute ein Plastikbecher
verwendet. Extrem mild, aber
erfrischend schmeckend,
eignet sich Faisselle sowohl
zum puren Verzehr als auch
gesüßt mit Zucker oder
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Fromi erstmals mit
Key-Account-Manager
Kehl-Auenheim. Der bedeutendste
Vermarkter von französischen Käsespezialitäten in Deutschland, die Fromi GmbH in Kehl-Auenheim, hat das
Krisenjahr 2009 mit einem leichten
Plus von 1,2 Prozent abgeschlossen
und das 1. Halbjahr 2010 stabil. Zur
Freude der Geschäftsleitung entwickelt sich mittlerweile auch der Feinkosthandel wieder positiv. Guillaume
Dehaye auf dem an allen Tagen auch
diesmal wieder extrem stark besuchten Intermopro-Stand: „Jetzt interessieren sich die Leute wieder und freuen sich über jede Neuheit, wir haben
eine Entwicklung von ca. 15 Prozent.“
Gesucht würden Markenprodukte.
Und ganz verrückt seien die Kunden
auf den neuen Weihnachtskatalog.
Auch Bio-Käsespezialitäten gewönnen
an Bedeutung. Ein Beispiel für besonders erfolgreiches wie kreatives Marketing, berichtet der Fromi-Geschäftsführer, sei ein belgischer Abnehmer,
der seiner Kundschaft „Doppel-Käseplatten“ anbietet: eine auf Standardniveau und eine VIP-Selektion aus ganz
hochwertigen Klassikern und den neuesten und exklusivsten Spezialitäten.
„Das läuft!“ Unterdessen hat Fromi
(Gruppenumsatz: 50 Mio. Euro) seine
Verkaufsmannschaft neu organisiert,
das heißt bundesweit aufgeteilt nach
Kundschaften, und mit Jochen Neuninger (von Bongrain kommend) erstmals einen nationalen Key-AccountManager für den LEH eingestellt. Für
den Fachhandel ist Cyril Mota verantwortlich, für Gastronomie und Bio ist
es Cendrine Stahr. Unterstützt werden
sie von jeweils drei Außendienstmitarbeitern. Für den Verkauf zuständiger
Geschäftsführer der Fromi GmbH ist
Laurent Beck.
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FRANKREICH
Lebensmittel Zeitung
In der Tradition französischer Kultur
WARENKUNDE
AOC-Ziegenkäse mit
Spezialitäten-Charakter
Anjouin. Die Fromagerie d’Anjouin,
Tochterunternehmen der Laiteries
H. Triballat, ist Spezialist für Ziegenkäse mit Fokus auf dem runden AOP
Selles-sur-Cher und dem Pyramidenkäse AOP Valençay.
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„à la louche“. Das AOC-Prädikat
bekam der käse 1998. AOC Sellessur-Cher nennt sich ein in der Region Berry, Sologne und Vallée du
Cher hergestellter Ziegenweichkäse,
dessen runde Form an einen Camembert erinnert. Die Oberfläche ist mit
einem feinen Gemisch aus Holzkohlepulver und Salz bedeckt. Während sein Inneres stets weiß, angenehm mild und feinnussig bleibt,
zeigt sich im Zuge seiner Reifung auf
der Oberfläche ein fein-bleulicher
Edelpilz, wie ihn Kenner gerne mögen. Auch dieser in der Regel aus
Ziegenrohmilch gewonnene AOC
Selles-sur-Cher wird wie der AOCValençay mit der Kelle von Hand geschöpft – „à la louche“. Zur Vermarktung kommt er frühestens 10
Tage nach seiner Affinage. Dieser
Ziegenkäse bekam die AOC-Krone
1970. Die Jahresproduktion beläuft
sich auf rund 750 t.
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AOC Selles-sur-Cher: Ein runder Weichkäse mit geaschter Oberfläche.
AOC-Produkte
sind gefragt
Fromagerie d’Anjouin hat sich auf feine Ziegenkäse mit AOP spezialisiert und produziert 650 t/Jahr
Der AOC Valençay ist ein Ziegenkäse in Pyramidenform mit abgehackter Spitze, so lautet zumindest
die korrekte Übersetzung ins Deutsche; in Frankreich heißt es einfach
„Pyramide tronquée“. Er wird in der
Regel aus roher Ziegenvollmilch
hergestellt, hat eine graublaue,
aschfarbene Außenfläche und unterliegt einer „Affinage“ bezeichneten
Reifezeit von 11 Tagen in . Die von
21 Milchbauern, 47 Milchlieferanten,
6 Molkereien und einem Affineur
erzeugte Jahresproduktion der Appellation Valençay wird vom Verband
Association des Vins et Fromages
d’Appellation Valençay mit 350 t
angegeben. Der AOC Valençay wird
mit der Kelle von Hand geschöpft –
AOC Valençay: Typisch für diesen Ziegenkäse ist die Pyramidenform.
LZ 39 1. Oktober 2010
Jacques Delort leitet die auf Ziegenkäse ausgelegte Produktionsstätte, die
unter der Firmierung Fromagerie
d’Anjouin ihren Sitz in Anjouin (Centre) hat, knapp 70 km nordwestlich
von Bourges. Der Betrieb mit einer
Jahresproduktion von 650 t gehört zu
der in Familienbesitz befindlichen
Unternehmensgruppe Laiteries H.
Triballat (LHT) in Rians, die insgesamt rund 1 410 Mitarbeiter beschäftigt und 12 Produktionsstätten betreibt, drei davon
außerhalb Frankreichs, nämlich in
Argentinien, USA
und Spanien.
„Wir stehen ganz
in der Tradition der
französischen Ziegenkäse und Frankreich hat eine sehr
alte
Käsekultur“,
sagt der 50-jährige
beim
Rundgang
durch den Betrieb.
Mit diesem Hinweis ist bereits alles gesagt, erklärt sich doch damit fast schon
von selbst, warum die Ziegenkäse
auch heute noch in aller Regel kleine
Käse sind: Eine Ziege gibt weniger
Milch als eine Kuh, gerade mal 2,5 bis
3,6 Liter am Tag und die Milch musste
früher tagesfrisch verarbeitet werden.
Dem nationalen kulinarischen Kulturerbe verpflichtet, hält die Käserei
Anjouin auch an der traditionellen Rezeptur zur Herstellung fest, wenngleich sich die Maßstäbe im Laufe der
Zeit den heutigen Anforderungen angepasst haben und die produzierten
Mengen längst auf die Belieferung größerer Handelsketten ausgerichtet wurden. Mit diesem Ansatz werden auch
viele weitere AOP-Käsespezialitäten in
der Gruppe hergestellt, darunter der
Époisses, Langres, Chaource, Crottin
de Chavignol, Rocamadour, Picodon,
Sainte Maure de Touraine und der
Pouligny St. Pierre. Letzterer, verrät
Christophe Février, der Export Manager der Laiteries H. Triballat, sei für
seinen Geschmack der absolute
„Rolls“ (Rolls-Royce) unter den Ziegenkäsen, „le nec plus ultra“.
Vor kurzem hat Triballat nun einen
neuen Ziegenkäse mit 20 gr auf den
Markt gebracht. Er eignet sich zum
Aufbacken in der Mikrowelle ebenso
wie im Ofen: „100 Prozent Ziegenmilch und 100 Prozent natürlich, wie
unsere Kunden das von uns erwarten.“
So Christophe Février
Ihren Milchbauern zahlt die Privatmolkerei einen deutlich höheren
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Paris. Frankreichs AOC-Milchprodukte
– das sind 46 Käse (29 aus Kuhmilch, 14
aus Ziegenmilch und 3 aus Schafmilch)
sowie 2 Butter und 1 Sahne – erzielten
2009 1,5 Mrd. Euro Umsatz (ab Fabrik). Sie schnitten damit laut Fachverband CNAOL Conseil National des Appellations d’Origine Laitières in Paris
im Krisenjahr besser ab als andere
Milchprodukte. So zeigten diese zwar
ein leichtes Minus von 2,7 Prozent, die
Gesamtbranche jedoch ein Minus von
3,1 Prozent. AOC-Butter legte sogar 0,8
Prozent an Wert zu, während die übrige
Butter 2 Prozent verlor. Bezogen auf
den im Verkauf auf den Märkten realisierten Umsatz lagen die AOC-Produkte um 2,6 Prozent über Vorjahresniveau, die Nicht-AOC-Produkte um 0,5
Prozent darunter. Das Gesamtmarktvo-
Gourmand: Für
Jacques Delort, den
Direktor der Fromageries d’Anjouin, zählen der
runde Selles-surCher und die Valençay-Pyramide zu
den besten Ziegenkäsen der französischen Käsekultur.
Preis als allgemein in Frankreich üblich. „Für uns steht außer Frage, jeder in seinem Bereich muss würdig
leben können: der Milchproduzent
wie der Verarbeiter und der Distributeur.“ Ein Zukauf von Milch von außerhalb des Landes scheidet für die
Laiteries H. Triballat grundsätzlich
aus. „Ein Transport über größere
Nachhaltigkeit
Für die Groupe Triballat ist Nachhaltigkeit eine ökonomische wie soziale Realität, die aber nur in einem Teil
unseres Planeten als wichtig angesehen werde. Europa, die USA und
Japan zeigten sich sehr besorgt. Ebenso Triballat. Rians werde in zwei Jahren in Frankreich wie in seinem Werk
in den USA viel weiter sein auf diesem
Gebiet als der Wettbewerb, sagt Christophe Février und weist auf die Nutzung von nachwachsenden Ressourcen
wie Holz und Sonnenenergie hin.
Distanzen“, sagt Christophe Février,
„verbietet sich schon aus Umweltund Kostengründen.“ Dem Thema
Nachhaltigkeit trägt die Unternehmensgruppe ansonsten mit vielen Investitionen Rechnung. Aktuell steht
die Reduzierung des CO2-Ausstoßes
auf dem Programm. Mit der daraus
gewonnenen Produktivität ließen
sich die Bemühungen in Punkto Innovationen und Produktionsqualität
intensivieren.
Für den strategischen Akteur Rians, formuliert der Export Manager,
spielten in erster Linie Umwelt, Qualität, Genuss und gesunde Ernährung
eine Schlüsselrolle. Und obschon sich
der deutsche Markt aus Sicht der Privatmolkerei gerade auf dem Nahrungsmittelsektor derzeit als schwierig darstellt, investiert das Unternehmen in die Promotion seiner Produkte, namentlich Roulé, Crème Brûlée
und Picandine. 2011 ist für die Marke
Picandou ein eigener Internetauftritt
mit Rezepten geplant. Für TV-Werbung sei es noch zu früh. js/lz 39-10
lumen aller 2009 abgesetzten AOCMilchprodukte stieg auf 219 659 t, das
ist ein Zuwachs von knapp 5 Prozent im
Laufe der letzten 10 Jahre. Doch weist
der CNAOL darauf hin, dass dieses Ergebnis um 2,3 Prozent unter dem Vorjahr blieb. Der AOC-Käse-Absatz – ihr
EVP liegt 53 Prozent über den NichtAOC-Käse – schrumpfte 2009 um 2,7
Prozent auf 187 598 t, blieb aber gemessen am Tiefstand von 1999 um 4
Prozent darüber. Der Anteil der aus
Rohmilch erzeugten AOC-Käse beläuft
sich auf 71,6 Prozent; aus bäuerlicher
Produktion (fabrications fermières)
stammen allerdings nur 7,8 Prozent,
dahinter stehen gleichwohl 1 450 bäuerliche Betriebe. Der für die AOCMilchprodukte 2009 benötigte Teil des
französischen Milchaufkommens beziffert sich auf ca. 9,1 Prozent Kuh-, 12
Prozent Ziegen- und 44,5 Prozent
Schafmilch. 70 Prozent der AOCMilchprodukte stammen ganz oder
teilweise aus Bergzonen.
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FRANKREICH
Der AOC Neufchâtel
behauptet sich
Familienbetrieb hält Tradition hoch
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Gaec Brianchon setzt auf den wahren Geschmack – 100 Kühe für einen AOC-Käse
Nesle Hodeng. Die normannische
Käserei Gaec Brianchon in Nesle
Hodeng vermarktet ausschließlich
die Milch ihrer rund 100 Kühe als
Weichkäse unter der Bezeichnung
Neufchâtel Fermier.
„Es wird langsam wieder mehr
Rohmilchkäse verlangt.“
Alain Brianchon
Inzwischen ist Alain Brianchon, Eigentümer der Käserei Gaec Brianchon
in Nesle Hodeng (Departement SeineMaritime/Haute-Normandie) und zugleich Präsident des Fachverbandes
Syndicat de Défense et de Qualité du
Fromage Neufchâtel, 62 Jahre und
denkt ans vollständige Aussteigen. „In
Frankreich geht man normalerweise
mit 55 in den Ruhestand, in England
mit 67 Jahren“, sagt er. Den Milchhof
mit den rund 100 Kühen der rotweissen Rasse Normande samt Käserei führen inzwischen bereits sein 39-jähriger
Sohn und seine 31-jährige Tochter.
Insgesamt sind es fünf junge Menschen zwischen 22 und 39 Jahren, darunter vier Frauen, die den Familien-
betrieb am Laufen halten und hier ihren Broterwerb finden. 70 t Käse produzieren sie übers Jahr nach artisanaler Art. Ihr Lab, traditionell hergestellt, wie Betriebsleiterin Amélie Bordesseulle betont, beziehen sie von einem Labor. Leicht gesalzen („unter 2 g
pro 100 g Käse“) und mit Penicillium
camemberti geimpft, kommt der Käsebruch in die Formen zum 12-stündigen
Abtropfen. Danach wandern die Käse
in die Reiferäume. Schon nach zwei,
drei, vier Tagen sind sie „schön cremig, ohne zu laufen“ und von einem
„wunderbaren Geschmack“.
Das Salz, erklärt Alain Brianchon,
habe früher alles übertönt, heute werde mild gesalzen. Dies sei aber nur
deshalb möglich geworden, weil die
Hygieneanforderungen entsprechend
gewachsen seien und die Milch unter
ganz anderen Bedingungen produziert
und verarbeitet werde. „Wir haben
jetzt zum Beispiel eine weitaus bessere
Temperaturführung und Hygrometrie
als seinerzeit.“ Nicht ohne Stolz zeigt
er seinen modernen Betrieb mit den
Kühen, die frei im Stall laufen können
und nicht wie einst angebunden im
Gitter stehen mussten. Auch können
sie gleich hinter dem Stall frei weiden
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Neufchâtel. Etwa 50 km nordöstlich
von Rouen in der Normandie, der Heimat des wohl weltweit berühmtesten
Weißschimmelkäses Camembert, liegt
Neufchâtel, ein größeres Städtchen
mit rund 5 300 Einwohnern im Departement Neufchâtel en Bray. Nach dieser benannt, trägt als zweiter Käse in
der Normandie der „Neufchâtel“ seit
1969 den AOC-Status. Heute produziert die Region bei einem Kuhmilchaufkommen von insgesamt ca. 2 Mio.
Litern im Jahr gut 1 500 t Käse mit der
geschützten Ursprungsbezeichnung,
vor zehn Jahren waren es gerade 625 t.
Wie Jean-Louis Bloquel vom Syndicat
de Défense et de Qualité du Fromage
Neufchatel mit Sitz in Neufchâtel en
Bray, berichtet, leiden die knapp zwei
Dutzend Produzenten unter starkem
Preisdruck. „Noch vor drei Jahren
konnten wir 1 534 t absetzen“, so der
Direktor. Im vergangenen Jahr wäre es
aber fast noch schlimmer gekommen,
nachdem die Käserei Les Cateliers in
Buchy ihren Vertrag mit Lidl über 400 t
nicht voll habe erfüllen können und
aufgrund der nur gelieferten 340 t ausgelistet worden sei. Dank großer Anstrengungen habe man es allerdings
dennoch geschafft, den Absatz in
Frankreich um 14 Prozent zu steigern
und somit den Verlust auszugleichen.
Deutschland, größter Abnehmer von
Neufchâtel, bezog 2009 laut Syndikat
ca. 85 t. Die übrigen im Export abgesetzten 25 t verteilen sich auf Kunden
in den USA, China, Japan, Großbritannien, Schweiz und Belgien. Für den
Neufchâtel-Weichkäse, hergestellt aus
roher, thermisierter oder pasteurisierter Milch, werden statt anfangs 6 g Salz
auf 100 g Käse mittlerweile weniger als
2 g verarbeitet.
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Lebensmittel Zeitung
Vorzeigebetrieb: Modern und doch in der guten alten Tradition präsentiert sich die
AOC-Neufchâtel-Käserei Gaec Brianchon in Nesle Hodeng in der Normandie.
und natürlich spiele die Futterqualität
eine ganz wesentliche Rolle. So erreichen Monsieur Brionchons Kühe eine
Jahresleistung von rund 10 000 Litern
Milch. Er beklagt, dass immer weniger
Leute heute noch genussvoll zu essen
verstehen und die Jungen meist überhaupt nicht mehr.
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68 Lebensmittel Zeitung
FRANKREICH
LZ 39 1. Oktober 2010
Flammkuchen für das Frischeregal
Wenn sich französische Feinkosthersteller, auch von Traiteur-Produkten, an
der Entwicklung bayerischer Spezialitäten orientieren, haben sie jeden Grund
optimistisch zu sein, was die Chancen
anbetrifft, mit eigenen regionalen Stärken und Marken (nicht nur) den deutschen Markt erobern zu können. Auch
der französischen Senfmarke Maille gelang es über ihren Importeur Wilms/
Impuls, sich im Laufe der Jahre in
Deutschland eine marktführende Position im Bereich Dijon-Senf zu erarbeiten. Das Potential für Spezialitäten mit
französischem Savoir-faire, zumal für
Traiteur-Produkte, erscheint zumal insofern besonders groß, als dieser Sektor
von Frankreich noch lange nicht in vergleichbarem Ausmaß genutzt wird wie
etwa von Italien.
WARENKUNDE
Pierre Schmidt will die Produkte zu größerer Bekanntheit führen – Distribution soll erweitert werden
Weyersheim. Die elsässische Groupe
Pierre Schmidt in Weyersheim konzentriert sich auf den Ausbau des
Exportgeschäfts. Im Mittelpunkt
steht der Flammkuchen.
Perspektive:
Flammkuchen,
obschon aus Herstellersicht außerhalb Frankreichs
noch immer relativ
unbekannt, soll
sich künftig als
Alternative zur
Pizza verkaufen.
dem Flammkuchen gegenüber zeigten
als Deutschland.
Alain Jansen wünschte sich, könnte
er seinen Flammkuchen – wie in
Frankreich üblich – auch im deutschen Handel dort verkaufen, wo Pizza angeboten wird. Da genau liege aber
das Problem: „In Deutschland wird
Pizza fast nur als Tiefkühl-Ware angeboten, und in Frankreich wird der
Markt der Flammkuchen durch die frischen Pizzen im Kühlregal gezogen.“
In Punkto Nachhaltigkeit setzt die
Unternehmensgruppe eigenem Bekunden zufolge auf die Senkung ihres
Energieverbrauchs,
beispielsweise
F O TO S : J . S C H A L I N S K I
Feinkost
„Verbraucher verlangen
heute immer natürlichere
Produkte.“
Alain Jansen
Flammkuchen
Weyersheim. Diese elsässische Spezialität – von den Einheimischen
„Flammekueche“ genannt – ist ein
herzhafter Kuchen, der aus einem
dünnen, knusprigen Teig und einem
Belag aus einer cremigen Mischung
von Quark und Crème fraîche sowie
geräuchertem Speck und Zwiebeln
besteht. In früheren Zeiten pflegten
die elsässischen Bauern vor dem
Ausfegen des Backofens zum Brotbacken etwas mit Quark bestrichenen
Brotteig, belegt mit Speck und Zwiebeln, in den Ofen zu schieben, in
dem noch die Flammen loderten.
Dieser „Flammkuchen“ wurde dann
in geselliger Runde geteilt. Heute
spricht man in Frankreich von „la
tarte flambée traditionnelle d’Alsace“ und weiß nur noch selten, dass
dieser raffinierte Backkuchen bereits
rund 200 Jahre alt ist. Was sich
geändert haben mag, ist vielleicht
die Rezeptur, gibt es den Flammkuchen heutzutage doch in vielerlei
Variationen: Als Campagne (wie auf
dem Land), oder mit Champignons,
oder Raclette beispielsweise. Das
Gesamtmarktvolumen der Tartes
Flambées beziffert die Firma für
Frankreich auf 3 850 t respektive 34
Mio. Euro. Unter Bezug auf IRIMarkterhebungen (IRI Cam P0709)
für Hypermärkte und Supermärkte
liegt der Höchstertrag pro Regalmeter in der Woche bei 144 Euro, im
Durchschnitt bei 113 Euro. Vorliegenden Informationen zufolge entscheiden sich 19 Prozent der Verbraucher derzeit für einen Flammkuchen und 52 Prozent für eine
Pizza. Bezogen auf die Häufigkeit
der Einkäufe pro Jahr, fällt die Entscheidung 2,5 mal auf Flammkuchen
und 5,8 mal auf Pizza.
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Die anhaltende Finanz- und Wirtschaftskrise spürt auch der Flammkuchen-Hersteller aus dem Elsass, Pierre
Schmidt SAS in Weyersheim. Wie der
für den Export zuständige Alain Jansen (Compte Clé Export) ausführt, erhöht sich der Mengendruck vor allem
in Deutschland, Österreich, der
Schweiz und in Belgien. Gleichzeitig
überlegten allerdings die Verbraucher
heute viel länger, bevor sie sich zum
Kauf eines Produktes entschieden.
Aus der Sicht des Herstellers ist dies
ein Phänomen, das er auch als „eine
Bestrafung für uns“ wertet. Dennoch
sei es dem Unternehmen 2009 gelungen, mit dem Traiteur-Flaggschiffprodukt Flammkuchen, elsässisch „Tarte
Flambée“, den Umsatz zweistellig zu
steigern. Einziger Wermutstropfen, so
der Manager: Das Gros der Produkte
verkauft sich unter Eigenmarken des
Handels, nur zu einem geringen Teil
dagegen unter der Hersteller-Marke.
Nach den Beobachtungen des Produzenten nehmen die Eigenmarken
des Handels, in Frankreich MDD
(Marques des Distributeurs) genannt,
derzeit besonders stark zu. Dies gelte
vor allem für solche Produkte, die einen starken Bekanntheitsgrad aufgrund ihrer Regionalität oder ihrer
Pierre Schmidt
2009 erwirtschaftete die Groupe
Pierre Schmidt (Pierre Schmidt und
Stoeffler) mit 730 Beschäftigten ca.
170 Mio. Euro Umsatz. Dahinter steht
eine Produktion von 30 000 t. Auf
Flammkuchen, einem der drei wichtigsten Standbeine der Gruppe neben
Sauerkraut und Charcuterie, entfielen
allein 6 700 t. Mit dieser Menge sieht
sich Pierre Schmidt als „europaweiter
Marktführer“ in diesem Segment.
Historie hätten. Aber: Die Entwicklung der Eigenmarken für „eine Strategie des Handels und nicht der Industrie“ begreifend, folgt Pierre Schmidt
den Wünschen seiner Kunden, wie
Alain Jansen ausführt. Auf Steigerung
seines Bekanntheitsgrades bedacht,
investiert das Unternehmen unterdessen in Animationen am POS, speziell
auf dem deutschen Markt.
Schlüsselwort für die Gesamtpalette des Hauses bleibt explizit die Qualität. Hierbei bezieht sich der seit 2009
IFS 98 Prozent higher level zertifizierte Fabrikant auf seine regionalen Produkte, die auf einem klaren handwerklichen elsässischen Können basierten
und – obschon sie zu 100 Prozent industriell hergestellt würden – genau
dem Original entsprächen.
Pierre Schmidt hat sich das Ziel
„Clean label“ auf die Fahne geschrieben. Mit anderen Worten: Man folgt
dem Trend „zurück zur Natur“ und
setzt folglich auf natürliche Zutaten,
die der Verbraucher kennt und als solche ansieht. Wie ernst man das Thema
in Weyersheim nimmt, erhellt aus der
Tatsache, dass allein in der Abteilung
Forschung & Entwicklung sechs Mitarbeiter beschäftigt werden. Sie sind
für die Entwicklung neuer Rezepturen
Botschaftsträger:
Aktuell dominieren
Handelsmarken das
Geschäft des Elsässer FlammkuchenHerstellers.
und Produkte zuständig, um den spezifischen Anforderungen der Märkte
und Länder Rechnung zu tragen.
Nach den Worten von Alain Jansen
bleibt das Hauptinteresse des Unternehmens weiterhin auf den Export
und insbesondere Deutschland gerichtet, wo die Produkte zu größerer Bekanntheit geführt werden sollen. Ziel
ist eine stärkere Diversifizierung der
Kunden. „Es ist nach wie vor unser Bestreben, unser Savoir faire, also unser
Können, und die Qualität unserer Produkte in den Vordergrund zu stellen
und so zusätzlichen Umsatz in den
Produktkategorien zu generieren, die
bislang wenig oder gar nicht entwickelt sind.“
Der 38-jährige Exportmanager bedauert, dass der deutsche Markt für
frische Traiteur-Produkte – abgesehen
von einigen frischen Teigwaren und
Kuchen – noch immer erst sehr wenig
entwickelt sei. In Frankreich zum Vergleich habe der Traiteur-Bereich ein
beinahe ähnlich
großes Volumen
wie Charcuterie
oder Käse. Zu
den anderen neuen Absatzmärkten, von denen
man sich in Weyersheim in Zukunft viel verspricht, zählen
Spanien
und
Großbritannien,
die eine viel größere
Aufgeschlossenheit
Gas. Die Kühlanlagen wurden vor Jahren bereits – wie vom Gesetzgeber vorgeschrieben – von Frion auf neue umweltfreundliche Kühltechnologie umgestellt. Genutzt wird auch die Abwärme aus der Produktion, etwa in den
Umkleideräumen. Weitere Einsparanstrengungen laufen auf dem Gebiet der
Verpackungen, zumal speziell hier die
Verbraucher besonders sensibel reagierten. Schmidt setzt deshalb mehr
auf Karton anstelle von Plastik und
verringert zugleich die Stärke seiner
Verpackungsfolien.
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HINTERGRUND
Das Elsass
Weyersheim. Frankreich ist weltweit
für seine Kochkunst berühmt. „In
dieser einzigartigen gastronomischen
Landschaft“, sagt Alain Jansen von
der Groupe Pierre Schmidt, „ist das
Elsass eine unumgängliche Region,
um das französische Terroir, ergänzt
durch einen Hauch Originalität, zu
endecken.“ So wendet sich das Elsass
an alle Feinschmecker, die anspruchsvollsten vor allem. Kennzeichnend für
die elsässische Küche ist ein großes
Know-how sowie die Vorliebe für die
berühmten Flammkuchen und Sauerkrautgerichte. Die Speisen spiegeln
wider, was die Elsässer am meisten
lieben: Gute Dinge mit einander
teilen. So achten sie die Tradition der
französischen Gastlichkeit. Belohnt
werden sie durch Millionen von
Besuchern, die alljährlich in die
Region kommen und sich von ihren
Reizen und Spezialitäten verzaubern
lassen. 2009 zählte die elsässische
Tourismusbehörde rund 11 Millionen
Gäste, darunter waren 40 Prozent
Franzosen, 11 Prozent Deutsche, 10
Prozent Belgier, 5 Prozent Niederländer, 4 Prozent Spanier, 3 Prozent
Österreicher und 2 Prozent Schweizer.
Nach den Gründen ihres Kommens
befragt, kristallisierten sich vor allem
vier Punkte heraus: Die Region zu
besichtigen, die regionalen Produkte
zu genießen, die elsässischen Weine
zu probieren, und die Weihnachtsmärkte zu besichtigen. So verdient
die „Winstub“, im Elsass eine regelrechte Institution, besondere.Erwähnung, genießt man hier doch
eben all die Gerichte und dazu den
Wein, die für eine Gaststätte dieser
Gegend geradezu typisch sind. Dass
darunter auch Flammkuchen und
Sauerkraut sind, ist dann schon
selbstverständlich.
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LZ 39 1. Oktober 2010
FRANKREICH
Bretagne mit großem
Auftritt in Paris
200 Tonnen Surimi pro Tag
Fleury Michon produziert in Pouzauges Traiteur-de-la-Mer-Produkte im 24-Stunden-Takt
Pouzauges. Mit Surimi hat sich Fleury Michon S.A. Traiteur de la Mer ein
Standbein erarbeitet, das jährlich
neue Zuwachsraten generiert. In
Pouzauges (Vendée) laufen acht Linien rund um die Uhr mit einem Tagesausstoß von ca. 200 t.
nnets (Stäbchen), die MSC-Zertifizierung. Der begrenzte Einsatz von
Zusätzen gemäß der firmeneigenen
Nahrungsmittel-Charta rundet das
Nachhaltigkeitsengagement des sich
als Pionier auf dem Gebiet von Fertigprodukten und heute Surimi verstehenden Herstellers ab. Vermittelt
werden die Aktivitäten auf diesem
Gebiet eigenen Angaben zufolge auf
unterschiedlichen Wegen, sei es über
ein Label, über öffentliche Reportagen in der Presse oder Plakate. Matthieu Roussel: „Es handelt sich um einen Ansatz von Grund auf, der Zeit
braucht, bevor wir vom Verbraucher
wahrgenommen
werden.“
Wie der exportverantwortliche Direktor ausführt, ist Fleury Michon
mit einer Innovation, den
Bâtonnets Nature (Stäbchen Natur), heute europaweit der einzige Anbieter. Bei diesem Produkt
habe man die Rezeptur
soweit verbessern können, dass bei ihrer Herstellung auf PolyphosphaSurimi-Anhängerin: Magali Boucard, Produktchefin Fleury Michon Traiteur de la Mer in Pouzauges.
te, Sorbitol und Glutamat
Fleury Michon sieht sich durch IRI-Er- Robuchon ins Haus geholt. Als Frank- verzichtet werden könne.
Die Groupe Fleury Michon hat ihhebungen in Frankreich als Marktfüh- reichs Spitzenkoch trägt dieser überrer in drei Bereichen bestätigt: einmal dies den Titel „Koch des Jahrhun- ren Umsatz 2009 wertmäßig um 6 Prozent auf 532 Mio. Euro gesteigert. Laut
mit Surimi, frisch, mit 23,9 Prozent derts“.
Auf Nachhaltigkeit bedacht, legt Matthieu Roussel sind es die Qualität
Marktanteil Ende Mai 2010, das sind
plus 13 Prozent zum Vergleichszeit- die Gruppe im Produktbereich Surimi der Produkte sowie permanente Innoraum davor; dann mit Charcuterie und vor allem Wert auf Einsparungen im vationen, die es dem Unternehmen er45 Prozent Marktanteil bei Geflügel- Verpackungsbereich und ständige laubten, schneller zu wachsen als der
schinken und 20 Prozent Anteil bei technologische Verbesserungen im Markt und der Wettbewerb. In
Schweineschinken (12/09); und drit- Hinblick auf die Umwelt. Außerdem Deutschland läuft der Exklusivvertens mit Fertiggerichten (Plats Cui- gibt es für einige in Frankreich ver- trieb über die Uplegger food company
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sinés), wo das Unternehmen 31 Pro- kaufte Surimi-Produkte, die Bâto- GmbH, Langenhagen.
zent Marktanteil hält (12/09). Nach
den Worten ihres Exportmanagers
Matthieu Roussel verfolgt die Groupe
Fleury Michon eine internationale
Strategie mit insgesamt elf Produktionsstätten in Spanien, Kanada, Slovenien und Italien. Dabei gelte das Interesse im Export vor allem dem beschleunigten Wachstum unter der eigenen Marke. Seit etwa zehn Jahren
sei das Unternehmen bestrebt, so
weit wie irgend möglich auf jedwede
Zusätze in der Produktion zu verzichten oder doch zumindest zu reduzieren. Für Ratschläge wurde der Nahrungsexperte und Grand Chef Joël
F O TO S : J . S C H A L I N S K I
Paris / Rennes. Die Bretagne ist die im
Bereich Landwirtschaft und Lebensmittelindustrie stärkste französische
Region. Die Branche zählt rund
68 000 Angestellte und verzeichnet einen Jahresumsatz in Höhe von 17 Mrd.
Euro, so die Pressemitteilung von Ubifrance unter Bezug auf das Conseil
Régional de Bretagne in Rennes im
Hinblick auf den kommenden Sial.
Auf der vom 17. bis 21. Oktober in Paris stattfindenden internationalen Lebensmittelmesse wird die Region
durch rund einhundert Unternehmen
vertreten sein. Sie stellen ihre Neuentwicklungen und Trends für Produkte,
Verpackungen, Verarbeitung und
Dienstleistungen vor. Insgesamt werden über 50 neue Produkte gezeigt
und zur Verkostung angeboten. Dabei
verteilen sich die Aussteller auf verschiedene Messepavillons. Die von
den Bretonen abgedeckten Produktsparten umfassen sowohl Getränke,
Gebäck und Süßwaren, Feinkost und
Meeresprodukte als auch Lebensmittelzwischenprodukte, Fleisch- und
Wurstwaren, Geflügel und Tiefkühlprodukte und in Halle 8 überdies BioProdukte und Feinkost. Auf dem Regionalstand „Bretagne – Trends & Innovationen“(Halle 5 A) lassen sich vier
große Trendbereiche erkennen: Ernährung und Wohlbefinden, Convenience-Food und Snacks, Neuer Biergenuss, und Kleine Gaumenfreuden. Der
Pavillon „Bretagne – Trends & Innovationen“ wird unterstützt vom Regionalrat der Bretagne, der Konferenz der
Wirtschaftskammern der Bretagne
(COCEB), dem Kompetenzzentrum
Valorial, der regionalen Agentur „Bretagne Innovation“ und dem Verein
„Produit en Bretagne“.
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Lebensmittel Zeitung
69
Alliance strebt
mehr Absatz an
Changé. Die Bongrain-Tochter Alliance Charcutière in Changé bei Le
Mans, zuständig für den Vertrieb von
Fleisch- und Wurstwaren der Werke
Luissier Bordeau Chesnel (L.B.C.) und
Souchon d’Auvergne in Yssingeaux,
hält fest an ihrer Absicht, den deutschen Markt für sich zu erschliessen
und die Distribution auszuweiten.
Laut Olivier Michonneau ist das Unternehmen, das in Frankreich mit 45
Verkäufern unterwegs ist, in Deutschland bislang erst bei Globus und HitMarkt gelistet, mit einigen weiteren
Handelsunternehmen und Distributeuren aber aktuell im Gespräch. Der
Exportdirektor ist überzeugt, dass sich
das Engagement langfristig lohnt,
auch wenn Deutschland ein „nach wie
vor komplizierter Markt, speziell im
Charcuterie-Bereich“, sei. Er weist darauf hin, dass es in den Geschäften, in
denen man bereits mit seinen Produkten vertreten sei, gut laufe. Unter Hinweis auf luftgetrocknete Wurst wie
Délice de Saint Agaûne und Doucette,
aber auch Rillettes (Brotaufstriche)
wie Poulet Rôti und feingeschnittenen
SB-Schinken, lautet seine Botschaft an
die Einkäufer: „Unser Sortiment ist
original französisch, auch ist unsere
Premium-Qualität preislich gut positioniert.“ Die Alliance Charcuterière
erzielte den Angaben zufolge 2009 einen Umsatz in Höhe von ca. 100 Mio.
Euro, davon entfielen rund 3 Mio. Euro auf das Exportgeschäft. Mit Rillettes
ist L.B.C. in Frankreich Marktführer,
das Gesamtmarktvolumen beziffert
Olivier Michonneau auf 13 000 bis
14 000 t – Tendenz zunehmend. Gefragt seien vor allem fettreduzierte Varianten.
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70 Lebensmittel Zeitung
FRANKREICH
LZ 39 1. Oktober 2010
Charbonneaux
stärkt Kapazitäten
Wertzuwachs trotz Absatzeinbußen
Reims. 2009 war trotz Wirtschaftskrise
für Frankreichs größten Hersteller
speziell von Essig, aber auch Senf,
Charbonneaux-Brabant SA mit Hauptsitz in Reims, ein gutes Jahr. JeanChristoph Ruiz, Directeur Commercial
& Marketing: „Wir glauben, dass das
Segment, in dem wir uns bewegen, für
die Verbraucher unproblematisch ist,
da unsere Produkte nicht hochpreisig
sind.“ Das größte Wachstum verzeichnete das Unternehmen mit seinen Essigen im Niedrigpreissegment, da die
Kunden verstärkt preisgünstige Produkte kauften. Aber auch die Bio-Produkte von Charbonneaux-Brabant
konnten den Angaben zufolge 15 Prozent zulegen. Christoph Ruiz: „Da wir
ein sehr breites Produktportfolio haben, gibt es bei uns in den verschiedenen Segmenten immer Potenzial für
Wachstum.“
So stieg in den vergangenen Jahren
nicht nur die Inlandsnachfrage nach
Senf und Essig, sondern auch im Ausland. Dies gilt insbesondere für
Deutschland, wo der Vertrieb seit
mittlerweile gut einem Jahr über das
Importhaus Wilms / Impus, Walluf,
läuft und sich alles auf die beiden
Kernprodukte „Original französischer
Senf körnig“ und „Original französischer Dijon-Senf scharf“ konzentriert.
Seit 1797 in Familienbesitz, betreibt das Unternehmen (Hauptmarke
„Beaufor“) in Frankreich fünf Essigund Senf-Fabriken, allesamt nach ISO
14001 zertifiziert, mit rund 270 Beschäftigten und einem Jahresumsatz
2009 von gut 60 Mio. Euro. Nach sehr
starken Investitionen in die Entwicklung und Installation von Sicherheitsund Rückverfolgungssystemen gilt das
momentane Interesse erklärtermaßen
dem Ausbau der Produktionskapazitäten. Zugleich arbeitet die Qualitätssicherung an den Zertifizierungsvoraussetzungen für IFS und BRC.
Darüber hinaus, betont Jean-Christoph Ruiz, sei auch das Thema Nachhaltigkeit für sein Haus sehr wichtig
und werde auch künftig, nicht zuletzt
für seine Kunden, ein zentraler Punkt
bleiben. „Wir legen größten Wert auf
umweltfreundliche Verpackung und
Müllentsorgung“, so der Verkaufsund Marketingdirektor. Und für die
Mitarbeiter habe man ein spezielles
Programm zur Gesundheisförderung
entwickelt. Der Fabrikant ist überzeugt, dass sich das Thema Nachhaltigkeit sehr gut in der Kommunikation
nutzen lässt und dass es immer wichtiger wird. „Unsere Kunden sind sehr
stark daran interessiert, deshalb müssen wir uns auch permanent um Umweltaspekte und die Erhaltung der Gesundheit unserer Mitarbeiter kümmern.“ Die Tatsache, dass alle Werke
ISO 14001 zertifiziert sind, beweise,
dass Charbonneaux-Brabant Umweltund Qualitätsaspekte sehr wichtig
nehme.
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Essen. Die französisch-mediterrane
Positionierung der Marke „Aoste“
und die zentralen Markenwerte wie
Authentizität, Qualität und Genuss
sollen laut CFG Deutschland GmbH
noch klarer für den Konsumenten
herausgestellt werden.
CFG-Deutschland fokussiert noch schärfer auf die Positionierung der Marke „Aoste“ und ihre Werte
Das Unternehmen Aoste wurde 1976 in
einem kleinen Ort am Fuße der französischen Alpen gegründet. Inzwischen hat
sich die Fertigungsstätte zum größten
Produktionsstandort für Rohschinken in
Europa entwickelt. Aoste ist Marktführer
in Frankreich. In Europa und anderen
Ländern rund um den Globus ist die
Marke vielerorts erfolgreich präsent. Das
Portfolio umfasst sowohl gekochte
Schinken- und Wurstwaren als auch
luftgetrocknete Rohschinken und Salami.
Die CFG Deutschland GmbH ist für den
Vertrieb und das Marketing des SBPortfolios der Marken Aoste, Campofrio
und Weight Watchers im deutschen
Markt verantwortlich. Die Unternehmen
gehören zur Campofrio Food Group, die
mit einem Umsatz von über 1,8 Mrd.
Euro und einem EBITDA von 144 Mio.
Euro das führende Fleischverarbeitungsunternehmen in Europa und einer der
fünf größten Hersteller weltweit ist. Die
Campofrio Food Group mit Sitz in Madrid beschäftigt fast 11 000 Mitarbeiter
in acht Ländern.
führt. Für weitere Kaufanreize sorgen
eine Erweiterung der Snackrange
Stickado um neue Trend-Produkte
und saisonale Artikel wie Feigen-Walnuss Salami. Im Herbst sollen gezielte
Marketing-Maßnahmen wie TV-Kommunikation für Luftig Fein sowie PR,
Sponsoring und kontinuierliche Promotions den Abverkauf im Handel unterstützen. „Unser Ziel ist es, die französisch-mediterrane Positionierung
der Marke Aoste und die zentralen
Markenwerte, wie Authentizität, Qualität und Genuss noch klarer für den
Konsumenten herauszustellen“ so die
Marketingdirektorin.
Im Retailbereich konzentriert sich
„Aoste-Produkte bieten eine
hohe Wertschöpfung.“
Petra Follmann
Darüber hinaus werde eine schnelle
Umsetzung von Neulistungen angestrebt. Die Aufmerksamkeit gelte aber
auch den Verkaufstreibern „Visibility“, die optimale Platzierung im Regal
und als Display, sowie Preis und Promotion. Über die konsequente Fortsetzung der 2009 eingeführten Marketing-Strategie gibt sich CFG „sehr zuversichtlich“, die diesjährigen Ziele
bei Absatz und Umsatz zu erreichen.
Die Erlös-Erwartungen im Geschäftsjahr 2009 konnte das Unternehmen laut Petra Follmann trotz
wirtschaftlich schwierigem Umfeld
mit einem leichten Plus erfüllen. Als
einen wesentlichen Grund hierfür
nennt sie die Nutzung von Synergien
und damit verbundene Einsparungen
im Zuge der vorangegangenen Fusion.
Nach dem Zusammenschluss der fran-
zösischen Groupe Smithfield und der
spanischen Campofrio zur europäischen Campofrio Food Group (CFG)
Ende 2008 war die CFG Deutschland
GmbH neu strukturiert worden. Der
bezogen auf die Marke „Aoste“ 2009
durchgeführte Relaunch der Produktlinien „Luftig Fein“ und „Stickado“
samt kompletter Umgestaltung des
POS-Auftritts führte bereits zu ersten
sichtbaren Erfolgen: Sowohl der Absatz der Linie Luftig Fein als auch von
Stickado zeigt verglichen mit dem Vorjahreszeitraum ein Wachstum.
Indessen musste die CFG Deutschland trotz verschiedener Erfolge unter
der Marke „Aoste“ in den zurückliegenden 12 Monaten Juni 2009 bis Mai
2010 Jahr insgesamt dennoch der allgemein schwierigen konjunkturellen
Lage Tribut zollen. Nach den Worten
von Marketingdirektorin Petra Follmann schrumpfte das Absatzvolumen
um 4 Prozent, während es wertmäßig
zu einem Minus von 2 Prozent kam.
Die Campofrio Food Group als
Muttergesellschaft der CFG Deutschland GmbH hat ein klar definiertes
Nachhaltigkeits-Programm. Die Verantwortlichkeit im Bereich Nachhaltigkeit wird dokumentiert durch die Teilnahme an verschiedensten Projekten,
z. B. dem 2041 Antartica Project und
zahlreichen Initiativen wie dem Aufbau eines Energy Efficiency Plans und
Packungs-Optimierung. . js/lz 39-10
Lebensfreude mit Genuss
Die Kombination aus bewährten
Rezepturen, handwerklichem Können
und höchsten Ansprüchen an die
Qualität der Zutaten machen die
Aoste-Produkte den Angaben der CFG
Deutschland GmbH zufolge zu etwas
Besonderem. Nach dieser Philosophie
stellt Aoste nicht nur seine Geflügelspezialitäten und Kochschinken her,
sondern auch seine luftgetrockneten
Spezialitäten: den Aoste Rohschinken
und die Aoste Salamis. „Unser Ziel ist
es mit unseren Produkten dem Verbraucher ‚Lebensfreude mit Genuss’ zu
bieten“, so Petra Follmann.
Erstmals TV-Kampagne für Maille
Wilms / Impuls freut sich über erneute Zuwachsraten mit dem französischen Marken-Senf aus Dijon
Walluf. Das Importhaus Wilms / Impuls GmbH & Co. KG, Walluf, startet
2010 erstmals für Maille mit einer
TV-Kampagne in den reichweitenstärksten deutschen Privatsendern.
Maille konnte auch 2009, wie in den
Vorjahren, in Deutschland weitere
Marktanteile (plus 2,4 Prozentpunkte)
für sich gewinnen und seine absolute
Marktführerschaft im Segment DijonSenf erneut ausbauen. So liegt der
wertmäßige Marktanteil bei 82,2 Prozent. Mailles Umsatz wuchs unterdessen um 9,8 Prozent, der Absatz um 9,1
Prozent. Damit entwickelt sich die
Marke überproportional zum Gesamtmarkt Dijon-Senf (zum Vgl. plus 6,6
Prozent Wert, plus 4,8 Prozent Menge). (Quelle: AC Nielsen, LEH - ohne
Aldi / Lidl / Norma - und DM, MAT
KW 13.10 vs. VP)
Wie Jörg Saalwächter, der neue
Marketingdirektor bei Wilms/Impuls,
berichtet, investiert das Importhaus in
diesem Jahr erstmals für Maille in eine
massive Endverbraucher-Kampagne.
So soll die Marke zu den Saison-Höhepunkten mittels TV-Spot in den reichweitenstärksten deutschen Privatsendern Pro 7, RTL, SAT 1, Super RTL,
J. SCHALINSKI
AO S T E / C FG DEUT SCH L A N D
USP: Die französische Herkunft der
Marke ‚Aoste’ ist
ein Wettbewerbsvorteil und Alleinstellungsmerkmal
im größtenteils
national geprägten
Wurstmarkt.
F O TO S : C F G D E U T S C H L A N D
Nach der 2009 erfolgten Weichenstellung für 2010 will die in Essen ansässige CFG Deutschland GmbH mit weiteren Aktivitäten ihr Wachstum vorantreiben. Das Augenmerk gilt vor allem
der Marke „Aoste“, so Petra Follmann.
Die Marktingdirektorin erwartet sich
hohe Abverkaufsimpulse vom jeweiligen Relaunch der Stücksalami wie
auch der Produktlinie Tradition sowie
von verschiedenen Neueinführungen.
Im April wurde zum Beispiel mit
dem Mediterranen Landschinken das
erste luftgetrocknete Schinkenstück in
Marken-Qualität im Handel einge-
CFG Deutschland unterdessen auf die
Sales Driver, die das Geschäft am POS
positiv beeinflussen. Petra Follmann:
„Wir möchten ein organisches Wachstum generieren, Out-of-Stocks vermeiden und damit Umsatzeinbußen
für die Handelspartner ausschließen.“
„Es sind aktuell keine Preiserhöhungen geplant.“
Jörg Saalwächter
Tele 5, VOX und Kabel eins beworben
werden und 230 Mio. Verbraucherkontakte generieren.
Mit dem in diesem Jahr um drei
Fertigsaucen erweiterten Sortiment
kommt Wilms/Impuls nach den Worten von Jörg Saalwächter der verstärkten Nachfrage des Handels und der
Konsumenten nach Convenience-Produkten nach. Seit Mai 2010 stehen die
Saucen „Tartare“, „Béarnaise“ und
„Bourguignonne“ neu im Regal, jeweils erhältlich im 200-g-Glas zum
Preis von 2,39 Euro.
Nach Einführung der drei neuen
Feinkost-Saucen soll sich der Fokus im
zweiten Halbjahr auf die Top-Produkte des Sortiments richten. „Zwei innovative Rezeptpromotions, Gartenparty
und kulinarische Anregungen für festliche Gerichte“, so der Marketingdirektor, „zeigen außergewöhnliche Verwendungsmöglichkeiten auf, um die
Markenbekanntheit von Maille weiter
auszubauen und dem Handel attraktive Abverkaufsimpulse zu liefern.“ Für
beide Aktionen stellt das Importhaus
dem Handel Zweitplatzierungsdisplays zur Verfügung.
Die seit den 90er Jahren exklusiv
vom Importhaus Wilms/Impuls
GmbH & Co. KG, Walluf, vertriebenen „Maille“-Produkte werden sowohl in Frankreich als auch hier regelmäßig durch unabhängige Institute geprüft und kontrolliert. Sie sind
laut Zertifikat von Unilever GMOfrei; jedes einzelne Glas kann anhand der Chargennummer zurückverfolgt werden.
Das 1747 von Antoine Maille gegründete Unternehmen gehört seit
2000 zur Unilever-Gruppe. Produziert
werden ausschließlich Dijon-Senfspezialitäten, Essig und Sauerkonserven.
Sie werden in über 60 Ländern rund
um den Globus verkauft, seit 1948
auch in Deutschland.
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Der Konsum von Weinen ist in Frankreich in den vergangenen zehn Jahren deutlich zurückgegangen. Heute
wird weniger, aber besser, anspruchsvoller getrunken. Eine wirkliche Veränderung im Einkaufsverhalten spüren die Kellereien indessen erst seit
dem vergangenen Jahr offenbar unter dem Einfluss der Finanzkrise, ohne dass sich aber an der Qualität der
getätigten Käufe selbst etwas getan
hat. Wenn sich die französische Weinwirtschaft, zumal im LanguedocRoussillon, dennoch schwertut, dann
hat das nach Auffassung großer Player im Markt eher historische Gründe,
die mit der Belieferung der USA und
Australien begannen und später
nach deren eigenem Einstieg in den
Export von Weinen zu einem Überangebot und Dumpingpreisen auf
breiter Front geführt haben.
AOC Côtes du Rhône
an zweiter Stelle
Avignon. Der Weinfachverband InterRhône (Interprofession des Vins
A.O.C. Côtes du Rhône & Vallée du
Rhône) mit Sitz in Avignon repräsentiert nach Bordeaux Frankreichs
zweitgrößtes AOC-Weinanbaugebiet.
Dieses erstreckt sich über eine Länge
von gut 580 km zwischen Vienne im
Norden und Nîmes im Süden des Landes. Auf seinen insgesamt rund
76 330 ha, von denen inzwischen
28 180 ha auf biologische Bewirtschaftung umgestellt wurden oder aber sich
derzeit in Umstellung befinden, gibt
es rund 6 000 Betriebe beziehungsweise 1 556 Privatkellereien, 96 Genossenschaftskellereien, 55 Handelshäuser und 6 Produzenten-Unionen,
die laut Inter-Rhône-Angaben im vergangenen Jahr (2009) über 2,9 Mio. hl
Wein erzeugt haben. Die im Geschäftsjahr 2008/2009 abgesetzte
Menge belief sich auf 399 Mio. Flaschen im Wert von (bislang erst geschätzten) 703 Mio. Euro. Auf den Export entfielen insgesamt 97 Mio. Flaschen, verteilt auf weltweit 143 Länder; die Schlüsselmärkte (in Klammern der Prozentanteil): Großbritannien (21), Belgien/Luxemburg (16),
Niederlande (8), Schweiz (9),
Deutschland (9), Dänemark (7), Skandinavische Länder (2), übriges Europa
(3), ferner die USA (12), Kanada (6),
Japan (2), Asien (3) und alle übrigen
(3). Die Appellation Côtes du Rhône
umfasst 171 Gemeinden in 6 Departements. Côtes du Rhône Villages Weine
werden in 90 Gemeinden produziert,
sowohl mit als auch ohne geografische
Bezeichnung. Darüber hinaus gibt es
15 Crus-Lagen.
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Lebensmittel Zeitung
71
Wegweiser im nördlichen Rhonetal
Cave de Tain steht für 85 Prozent aller Weine der Appellationen Hermitage, Crozes Hermitage, Saint Joseph, Cornas und Saint Péray
Tain-l’Hermitage. Die Genossenschaftskellerei Cave de Tain publiziert alljährlich einen Nachhaltigkeitsbericht, von ihrem Engagement
kündet zudem ein eigenes Logo auf
allen Flaschen und Kartons.
Die 330 Mitglieder der Winzergenossenschaft Cave de Tain in Tain-l’Hermitage sehen sich mit einer Rebfläche von
1 000 ha und mehr als der Hälfte aller
im Norden des Rhonetals produzierten
Lagenweine nicht nur als Hauptproduzent und Spezialist der Appellation Crozes Hermitage, vor allem mit der Rebsorte Syrah, sondern auch als Pionier in
Sachen Nachhaltigkeit. „Bereits Anfang
2000 haben wir erkannt, dass wir die
Kellerei mit dem Anspruch auf Exzellenz positionieren müssen, wenn wir
die Führung in unserem Bereich beanspruchen wollen und dass unser Erfolg
zwei Fundamente einbeziehen muss:
den Respekt für das Individuum und die
Umwelt“, sagt Anne-Marie Chaudier
von der Exportabteilung. Hierbei sei ihnen die genossenschaftliche Struktur
des Unternehmens zugute gekommen,
fuße diese doch auf der Solidarität. Und
so habe man das Thema Nachhaltigkeit
bei allen Entscheidungen mit berücksichtigt, sei es im sozialen, wirtschaftlichen oder Umweltbereich.
Nach zehn Jahren signifikanter Investitionen im Weinberg wie im Keller,
berichtet Anne-Marie Chaudier, nehme
Cave de Tain heute die führende Rolle
in ihrer Region ein, die man seinerzeit
angestrebt habe. Dazu gehöre, dass
mittlerweile die gesamte Rebfläche ausgerichtet wurde auf eine „agriculture
raisonnée“, eine durchdachte Bewirtschaftung der Anbauflächen, und darüber hinaus auch schon die Umstellung auf biologische Bewirtschaftung
erfolgt. Zugleich sei es gelungen, den
Vorzeigemodell:
Mit immensen Investitionen und der
rückhaltlosen Unterstützung der Winzer
hat es Cave de Tain
geschafft, sich als
eine der ersten
Adressen für RhoneWeine zu etablieren.
Daniel Brissot ist
einer von zwei für
den Weinanbau
Verantwortlichen.
Cave de Tain
Die 1937 gegründete Genossenschaftskellerei bewirtschaftet mit 330
Mitgliedern 1 000 ha Reben, darunter
5 Appellationen mit einer Jahresproduktion von 47 000 hl. Von hier
kommt fast die Hälfte aller im Norden
des Rhone-Tals erzeugten AOC-Weine.
Zur Kellerei gehören 25 ha renommierter Domänen, darunter 22 ha in
der Appellation Hermitage. Umsatz
2009/2010 (31.07.): ca. 20 Mio. Euro
Hermitage und Croze Hermitage
Tain. Zwei Appellationen vor
allem sind es, die für die
Weine der nördlichen Rhône
stehen: Hermitage und Croze
Hermitage. Zugleich sind
beide in erster Linie RotweinProduzenten. Der HermitageHügel, berühmt für seine
hervorragende Südlage, befindet sich nordöstlich von Tainl’Hermitage. Seine Anbaufläche erstreckt sich nur über 131
ha. Ist es Quarzsand im Westen und mithin ein idealer
Boden für die Erzeugung von
Rotweinen (im Durchschnitt
4 500 hl), so herrschen in den
östlichen und südlichen Teilen
Geröll und Lössböden vor,
welche sich besonders für die
Weißweinerzeugung (rund
1 100 hl) eignen. Die dominanten Rebsorten sind Syrah
für die Rotweine und Roussanne und Marsanne für die
Weißweine. Große Weine
dieser AOC müssen fünf bis
zehn, teilweise zwanzig Jahre
lagern, bevor sie ihren Zenit
erreichen. Die Appellation
Wasserverbrauch gegenüber vor zehn
Jahren auf ein Zehntel zu reduzieren.
Außerdem befasse man sich gezielt mit
der Verringerung der Umweltbelastung, sei es über die Verwendung leichterer Flaschen oder die systematische
Rückführung von Abfällen in einen
Kreislauf.
Kennzeichnend für die auf modernstem Niveau sich präsentierende
Genossenschaftskellerei bleibt in allererster Linie ihre Aktivität als Weinproduzent: Cave de Tain steht für 85 Prozent aller Weine der Appellationen Her-
mitage, Crozes Hermitage, Saint Joseph, Cornas und Saint Péray, sowie 15
Prozent aller Rotweine der Rebsorte Syrah beziehungsweise Weißweine der
Rebsorte Marsanne. Belegt wird die hohe Qualität der hier erzeugten Weine regelmäßig durch die Top Ten sowie über
50 Auszeichnungen und Medaillen im
Jahr.
Rückverfolgbarkeit von der Parzelle im Weinberg bis zum Glas gewährleistet ein GPS-kartografiertes Management inclusive informatisierten Lastenheft für den Winzer. Zu den weiteren Sicherheitsstandards gehören
die Zertifizierungen mit IFS und BRC
sowie ISO 9001. Auch das Nachhaltigkeitsengagement (Solidarité et Responsabilité Sociale et Environnementale“) wird alle zwei Jahre durch
das ICV Institut Coopératif du Vin anhand von 37 Referenzen auditiert und
zertifiziert. Die Hauptlast allerdings
schultern nach wie vor 330 Winzer mit
ihrer Kenntnis und Erfahrung, die von
zwei Technikern für den Weinberg
und zwei Önologen unterstützt werden. Generelles Bestreben der Cave de
Tain ist es, ihre Weine zu einem Preis
zu vermarkten, der für die Konsumenten erschwinglich ist. Preiserhöhungen werden nur zur Deckung gestiegener Kosten und mit Bezug auf die Inflation vorgenommen.
Aufgrund der Erfahrungen mit den
großen Handelsunternehmen in Frankreich, wo 70 Prozent des Umsatzes getätigt werden, aber auch in anderen
Ländern der EU, namentlich Großbritannien, strebt die Kellerei eine Ausweitung ihrer Absatzmöglichkeiten über eine intensivere Bearbeitung der Märkte
an. Speziell in Deutschland möchte
man sich als unverzichtbarer Qualitätsweinlieferant aus dem nördlichen Tal
der Rhone und als Syrah-Spezialist
etablieren.
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WARENKUNDE
Croze Hermitage hebt sich
von der AOC Hermitage insbesondere dadurch ab, dass
ihre Reblagen einfacher zu
bearbeiten sind. Auch ist sie
mit rund 1 450 ha, davon ca.
500 ha Hanglagen, das größte
Anbaugebiet der Appellationen im nördlichen Bereich.
Ihre Produktion beziffert sich
im Durchschnitt auf ca.
60 000 hl, davon 56 500 hl
Rotweine. Die Rebsorten sind
die gleichen wie in Hermitage.
js/lz 39-10 Top-Lage: Die berühmten Hermitage-Terrassen nordöstlich von Tain.
J. SCHALINSKI
Wein
FRANKREICH
F O TO S : J . S C H A L I N S K I
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72
FRANKREICH
Lebensmittel Zeitung
Chapoutier bringt
erste Weine für LEH
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In Vacqueyras ist eine neue Ära angebrochen
Die Cave des Vignerons de Caractère überraschen mit hochwertigen Weinen und modernstem Ambiente – Kosmopoliten als Zielgruppe
Kritisch: Odile Misery würde
einen Fehlton sofort erkennen.
360 ha unter Ertrag in Frankreich, Australien und Portugal, wobei allein 34 ha
auf die AOC Hermitage entfallen. Die
Jahresproduktion wird mit 5 Mio. Flaschen angegeben. Rund die Hälfte davon findet ihren Absatz im Export. Zu
den Hauptabnehmerländern gehören
neben Frankreich (50 Prozent) vor allem Großbritannien (10 Prozent), Japan (4 Prozent), USA (4 Prozent) und
Kanada (2 Prozent) sowie 90 weitere
Länder. Michel Chapoutier machte
erstmals von sich reden, als er 1988 das
Weingut von seinem Vater übernahm
und komplett auf eine biodynamische
Kultivierung umstellte. In Deutschland werden die Chapoutier-Weine seit
Mitte des Jahres von Reidemeister &
Ulrichs Domaines & Châteaux, Bremen, vertrieben.
js/lz 39-10
Vacqueyras. Die Investitionen der
Vignerons de Caractère in Vacqueyras in die Verbesserung der Weinqualitäten zahlen sich aus, Nachhaltigkeit wird gelebt, ein neuer Geist
empfängt die Kunden.
F O TO S : J . S C H A L I N S K I
Die Vignerons de Caractère haben sich
in wenigen Jahren zu einer der modernsten Genossenschaftskellereien in
Europa entwickelt. Allein der Ausbau
und die Modernisierung verschlangen
rund 12 Mio. Euro. Doch beeindruckt
Vignerons de Caractère
Gegründet 1957, zählt die Genossenschaftskellerei heute 80 Winzerfamilien zu ihren Mitgliedern. Die Rebfläche
erstreckt sich über 1 000 ha. Das
Durchschnittslater der Reben liegt bei
50 Jahren. Abgedeckt werden die
Appellationen Vacqueyras, Gigondas,
Beaumes-de-Venise, Côtes-du-Rhône
und Muscat de Beaumes-de-Venise,
das heißt 70 Prozent der Trauben
haben ihren Ursprung im Rhonetal.
Der Umsatz 2009 beziffert sich auf
fast 14 Mio. Euro (über 13 Mio. Euro
im Vorjahr). Dahinter steht eine Produktion von 33 401 hl, davon 53
Prozent Vacqueyras. Der Absatz 2009
stieg zum um 4 Prozent auf 3,4 Mio.
Flaschen. 40 Prozent hiervon entfallen
auf den Export in 4 Kontinente respektive 30 Länder. Die Vignerons de
Caractère sind zertifiziert mit ISO
9001, ISO 14001, IFS und BRC.
zeigt sich der Besucher nicht erst bei
der Besichtigung der Kellereianlagen,
insbesondere den auf mächtigen Betonsäulen lastenden Tanks aus V2AStahl. Bereits die lichtdurchflutete, in
kräftigen Orange-, Gelb-, Grün- und
Rottönen gehaltene 500 m2 große Verkaufsboutique spiegelt in bislang unbekannter Weise einen neuen Zeitgeist von moderner Innenarchitektur,
der wohl jeden Kunden faszinieren
oder zumindest überrascht neugierig
werden lassen dürfte. Hinzu kommt
eine halbe Treppe tiefer ein Gastronomie-Angebot in nicht minder ausgefallenem Design und Ambiente, wo
Weinliebhaber ihre Favoriten gleich
mit den dazu passenden Speisen ser-
Frischer Wind: in Vacqueyras,
zwischen Carpentras und Vaison la
Romaine im Departement Vaucluse
gelegen, überrascht die Cave des
Vignerons de Caractère mit einem
hochwertigen Angebot.
viert bekommen können.
„Im Zeitalter globaler Vernetzung“, erklärt Michaël Benadouda,
der kaufmännische Assistent für den
Export, „wollen wir natürlich ein kos-
mopolitisches Publikum erreichen.“
Das dürfte gelingen. Schon heute bekommt die Genossenschaftskellerei
pro Monat bis zu 3 000 Zuschriften per
Internet. Wer jetzt glauben möchte,
alles sei nur Marketing und auf die Optik ausgerichtet, muss sich spätestens
bei der Verkostung der hier erzeugten
Weine sagen: Auch da zeigt sich der
Anspruch der Vignerons de Caractère
auf hohem Niveau. So gewinnt denn
auch die neue Namensgebung ihren
Sinn. Vorbei die Zeiten, als sich die
Kellerei noch nach einem der berühmtesten Minnesänger Frankreichs, dem
1155 in Vacqueyras geborenen Troubadour Raimbaud, in Cave des Vignerons
Les Vins du Troubadour S.C.A. benannt hatte. Auch die Umstellung der
ersten Rebflächen auf biologischen
Anbau wurde in Angriff genommen, so
wie das Thema Nachhaltigkeit hier
sehr ernst genommen wird. js/lz 39-10
„Der Markt kommt uns heute entgegen“
AdVini intensiviert Anstrengungen zur Erschließung qualifizierter Absatzkanäle in Deutschland
Saint Félix de Lodez. AdVini, 2010
hervorgegangen aus der Fusion der
seit fünf Generationen im Weingeschäft tätigen Familien Jean-Jean
und Laroche, möchte sich auf dem
deutschen Markt in der Sprache der
Fachhändler gezielt neue Absatzkanäle im qualifizierten LEH und C+CBereich, auch GAMs, erschließen.
„Wir sind überzeugt, dass unser Erfolg
vom Boden, vom Terroir wieder ausstrahlen muss, das ist unser Vermögen,
unser Reichtum, hier gilt es neue Vermarktungsideen zu entwickeln“, sagt
in gutem Deutsch Eric Gasparini, der
seit zehn Jahren in Saint Félix de Lodez
bei Jean-Jean, heute als AdVini firmierend, arbeitet und als kaufmännischer
Direktor für Europa verantwortlich ist.
Das Konzept erläuternd, verweist der
44-jährige auf Menschen, Investoren
und Kapitalbesitzer in der Unternehmensgruppe, deren Visionen von langfristigen Zielen geprägt seien, „um
auch künftig zu existieren“.
Ein Erfolg auf dem deutschen
Markt über den Fachhandel hinaus ist
nach Überzeugung von Eric Gasparini
wesentlich von der Wahl der Vertriebspartner abhängig: „Um als Franzose in
Deutschland erfolgreich zu sein,
braucht man erfolgreiche, etablierte
Partner vor Ort, die uns helfen.“ Diese
habe man gefunden: Weinstrasse
Adolph GmbH in Köln und Wein Wolf
J. SCHALINSKI
J. SCHALINSKI
Tain l’Hermitage. Das Maison M. Chapoutier, Tain l’Hermitage, bringt erstmals zwei Weine für den deutschen
LEH heraus, gedacht für junge Leute.
Laut Export Managerin Odile Misery
handelt es sich bei dem neuen Weinkonzept um einen Weiß- und einen
Rotwein, beide fruchtig, frisch und
leicht aus dem Pays d’Oc mit Angabe
der Rebsorte zum EVP von 4,99 Euro
unter der Bezeichnung „Marius by Michel Chapoutier“. Das 1808 gegründete, an der Rhône gelegene Maison Chapoutier in Tain l’Hermitage zählt zu
den führenden Weinhandelshäusern.
Gleichzeitig ist es der größte Weinproduzent in Hermitage. Eigenen Angaben zufolge besitzt das heute in siebter
Generation von Michel Chapoutier geführte Familienunternehmen weltweit
insgesamt 700 ha Reben; davon stehen
„Jetzt zeigt sich, unsere Investitionen zahlen sich aus.“
Eric Gasparini
Import GmbH & CO. Vertriebs KG in
Bonn. Zusätzlich wurde unlängst Boris
Blary mit Sitz in Düsseldorf zur Bearbeitung des deutschen Marktes eingestellt.
AdVini (Jahresumsatz 2009: 190
Mio. Euro, davon 43 Prozent im Export) bewirtschaftet in der Gruppe
weltweit rund 1 700 ha Reben, das betrifft Anpflanzungen in Frankreich
ebenso wie in Südafrika und Chile. Den
Vorteil dieser Größe sieht Eric Gasparini im Rationalisierungspotential. „Bei
allen Fusionen stand stets der Gedanke
Pate, die Geschichte der Menschen und
ihr Knowhow zu integrieren, wohingegen die Arbeit vor Ort, das Terroir, die
Beschaffung, Vinifizierung der Weine,
der Umgang mit der lokalen Umwelt
weiterhin dezentral gehandhabt wer-
den.“ Dieser Gedanke spiegelt sich
auch im Firmenlogo, das den Respekt
der Menschen und den Respekt der Natur als sich gegenseitig bedingende zentrale Werte in den Vordergrund stellt:
„Des Vignobles & des Hommes“.
Während bereits einige Domänen
der Gruppe von der konventionellen
Weinwirtschaft auf eine biologische,
teilweise auch bio-dynamische umgestellt werden, sollen es langfristig alle
Rebflächen und Vinifizierungen sein.
„Aus unserer Sicht reicht eine ‚Viticulture raisonnée’ heute nicht mehr aus“,
sagt Eric Gasparini. Seine Ausführungen zu Ehrlichkeit, Terroir und Nachhaltigkeit gipfeln in dem Satz: „Der
Verbraucher ist die permanente Täuschung durch industrielle Produkte
satt.“ Dies gelte für den Lebensmittelbereich genauso wie für den Weinbereich. Statt belogen zu werden, wolle
der Konsument heute genau wissen,
was er trinkt und zu sich nimmt und
was für Menschen dahinter stehen.
„Das ist der springende Punkt.“
Seinen Angaben zufolge explodiert
mittlerweile die Nachfrage nach BioWeinen in Frankreich. Ebenso interessierten sich maßgebliche Importeure aus anderen Ländern wie England und USA für Vertriebsabkommen. Eric Gasparini: „Jetzt zeigt sich,
dass sich unsere Investitionen auszahlen. Das hat uns viele Jahre nur Geld
gekostet, aber nun kommt der Markt
uns entgegen.“
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FRANKREICH
Millésime Bio bringt
Besucherrekord
Aktion mit Weinführer
Lebensmittel Zeitung
Inter Oc freut sich über gute Absatzentwicklung im Krisenjahr
Lattes. In diesen Tagen bringt Inter
Oc zur Steigerung von Bekanntheitsgrad und Nachfrage seiner Vins de
Pays d’Oc einen Weinführer heraus,
der 80 Kreszenzen präsentiert.
Viel Information: Die Produzenten standen allen Fragen Rede und Antwort.
F O TO S : J . S C H A L I N S K I
Großes Angebot: Die Besucher hatten
die Möglichkeit, alle Weine zu verkosten.
Für den Dachverband der Pays-d’OcWeine mit IGP-Angabe Inter Oc (Interprofession des Vins de Pays d’Oc) in
Lattes (bei Montpellier) stehen der
Qualitätsgedanke, die Garantie sowie
der Schutz des Verbrauchers als auch
die Rückverfolgbarkeit vor dem Preis.
Mit diesem Konzept hat sich die Region auch 2009 erfolgreich auf den
Märkten behauptet. Entgegen der allgemeinen Tendenz legten die Vins
Pays d’Oc IGP im Krisenjahr sogar zu.
Zusammen mit
den Weinen der
AOC Provence
verzeichneten sie
als einzige eingetragene französische Herkunft eine Mengensteigerung um 2,4 Prozent und eine Zunahme im Wert
um 5,8 Prozent.
„Nichts
belegt
eindeutiger als
diese
Zahlen,
dass sich die Verbraucher für die
höherwertigen
Pays d’Oc IGP
Weine entscheiden.“ So Linda
Filone, die beim Anlaufstelle: Der Inter Oc Dachverband der Pays d’Oc Weine mit
Dachverband für IGP-Angabe in der Domaine de Manse in Lattes.
Kommunikation
und Verkaufsförderung Verantwortli- ben der Rebsortenstrategie mit Veranche. Auf Deutschland als größter Ab- kerung im Anbaugebiet Pays d’Oc die
nehmer entfielen 23 Prozent der Aus- Wiedererkennbarkeit für den Verbraufuhren: Das entspricht einem Men- cher sowie ihre Vielfalt hinsichtlich
genplus zum Vorjahr um 3,1 Prozent Rebsorten, Assemblages, Ausstattung
und Preispositionierung. js/lz 39-10
und 7,5 Prozent im Wert.
Einziger deutscher Teilnehmer: Das
Weingut Wilhelm Zähringer, Heitersheim
HINTERGRUND
Lattes. Mit der „Via Domitia“ hat das
Pays d’Oc als Frankreichs größter
Produzent von Rebsortenweinen ein
Marketinginstrument entdeckt, das
sämtliche 1 800 Kellereien der Mittelmeerregion nutzen. Die historische
Wegstrecke, 118 v. Chr. vom römischen
Prokonsul Domitius Ahenobarbus
erbaut, verbindet die Rhône mit den
Pyrenäen. Als eine der damals bereits
wichtigsten Handelsstraßen zwischen
Italien und Spanien hatte gerade sie
zur Ausbreitung des Weinbaus im
INTER’OC
Stein-Diskus markiert Qualitätskellereien
Süden Frankreichs geführt.
Die „Voie
Do“-DiskusMünze aus
dem Stein von
Castries dient
heute als Qualitätsauszeichnung für
die Kellereien, die auf dem DomitiaWeg liegen. Ursprünglich wurde der
Stein zum Bau von Peyrou in Montpellier und der Kathedrale von Maguejs/lz 39-10
lone verwandt.
F O TO S : J . S C H A L I N S K I
Zur weiteren Steigerung des Absatzes auf dem deutschen Markt hat Inter
Oc soeben einen Weinführer mit dem
Titel „In 80 Weinen durch das Pays
d’Oc“ herausgebracht. Er soll ab September über die Zeitschrift „Essen &
Trinken“ sowie ausgewählte Unternehmen und ihre Distributeure die
Endverbraucher erreichen. Im Handel
werden die Weine über eine orangefarbene Halskrause mit entsprechendem Hinweis erkennbar sein. Parallel
dazu soll in den Kalenderwochen 45
bis 47 in Mainz im Französischen Kulturinstitut eine zeitgenössische Kunstausstellung laufen, bei der auch die
Pays d’Oc Weine präsentiert werden.
Zu den Kernstärken der Vins de
Pays d’Oc zählen laut Linda Filone ne-
Stabilität: Aus Sicht von Estelle Laurent (Marketing), Régine Raynaud (Export) und
France Villa (Qualität) ist Val d’Orbieu auf langfristige Zusammenarbeit ausgelegt (v.l).
Preiseinstieg als Trumpf
Val d’Orbieu baut auf Cuvée Mythique und Umweltfreundlichkeit
Narbonne. Val d’Orbieu möchte
2010 die Distribution ihres Markenweins „Cuvée Mythique“ vor allem
in Deutschland und Asien ausweiten, die Kapazitäten bei Schraubverschlussflaschen steigern und noch
mehr Tetra Pak und BIB produzieren.
J. SCHALINSKI
Montpellier. Die Bio-Weinwelt kennt
keine Krise, vielmehr kennzeichnet Optimismus die Perspektiven in einem sich
weiter spaltenden Markt, der zwischen
Massenware und Nischenprodukten oszilliert. Dies ist das Ergebnis der 17.
Millésime Bio, die Ende Januar drei Tage
lang im südfranzösischen Montpellier
stattfand. 490 Winzerbetriebe (350 im
Vorjahr) aus 12 Ländern, überwiegend
aus Frankreich (250), Italien (51) und
Spanien (46), waren zu Europas größter
Bio-Weinfachmesse angereist, um ihre
Kreszenzen einem anspruchsvollen internationalen Fachpublikum zu präsentieren. 35 Bewerber mussten aus Platzgründen abgewiesen werden. Der Veranstalter L’AIVB-LR zählte 2 700 Besucher, mehr als doppelt so viele wie im
Vorjahr (1 700), aus 26 Ländern, darunter Deutschland, Belgien, Argentinien,
Kanada, USA, Hong-Kong, Japan, Polen
und Skandinavien. Veranstalter wie
Aussteller zeigten sich überwältigt vom
Echo, das die Messe trotz Finanzkrise
fand. 2011 läuft die Millésime Bio vom
24. bis 26. Januar.
js/lz 39-10
73
Die 1967 gegründete Genossenschaftskellerei-Gruppe Val d’Orbieu
in Narbonne vermarktet heute mit
rund 1 100 Mitgliedern, 11 Genossenschaftskellereien und 60 Privatkellereien über 600 000 hl Wein im Jahr,
davon je ein Drittel AOC Qualitätsweine, Landweine (Vins de Pays) und
Rebsortenweine (Vin de Cépages).
Der Gruppenumsatz 2009 wird auf 162
Mio. Euro beziffert, hiervon stammten
44 Prozent aus dem Exportgeschäft.
Laut Marketingchefin Estelle Laurent verfügt die Gruppe über zwei leistungsfähige Abfüllbetriebe mit einer
Jahreskapazität von ca. 170 Mio. Flaschen. Als bedeutender Akteur im
Preiseinstiegssegment ebenso wie mit
Handelsmarken (in Frankreich MDD
genannt – Marques des Distributeurs),
sieht sich Val d’Orbieu für alle Marktsegmente als ein wettbewerbsfähiger
Anbieter. Aushängeschild und Flaggschiff-Produkt im Premium-Segment
ist „La Cuvée Mythique“. Ihr zur Seite
präsentiert sich inzwischen mit „Mythique Languedoc“ ein weiteres Marken-Produkt. Beide Marken haben für
das Unternehmen einen Stellenwert
erster Ordnung. Dazu kommen zahlreiche Domänen- und Château-Weine.
Zertifiziert nach den Richtlinien
für ISO 14001 seit 2000, IFS und BRC
sowie Bio und demnächst ISO 22000
liegen die Stärken der Gruppe, so
Estelle Laurent, vor allem im BIB-Bereich, was nicht nur umweltfreundliche Vorteile bietet, sondern auch beträchtliche Kosteneinsparungen. 2009
verzeichnete Val d’Orbieu auf dem
Hochleistung: Val d’Orbieu kann auf den
Anlagen 170 Mio. Flaschen im Jahr füllen.
heimischen Markt einen deutlichen
Absatzanstieg, der die Einbußen im
Export gerade kompensierte. Wie die
Marketingmanagerin ausführt, zeigt
vor allem der britische Markt einen
empfindlichen Rückgang im Absatz,
was sich jedoch wieder wettmachen
ließ durch einen starken Anstieg der
Nachfrage in Asien und dem Inlandsmarkt Frankreich selbst.
Für 2010 geplant sind eine Rückgewinnung des britischen Marktes über
ein relevantes Preiseinstiegssortiment
mit „Vin de France“ (St Martin), der
Ausbau der Marken „La Cuvée Mythique“ und „Mythique Languedoc“, die
Einführung einer transversalen Marke
für die eigenen Domänen- und Châteaux-Weine sowie speziell auf dem
deutschen und asiatischen Markt die
Ausweitung der Distribution von
Cuvée Mythique. Weitere Investitionen umfassen einen ElektrodialyseApparat, die Kapazitätserweiterung
bei der Abfüllung von Schraubverschlussflaschen sowie noch mehr Tetra Pak und BIB.
js/lz 39-10
HINTERGRUND
Die Stärke der
Süßweine
Perpignan. Aushängeschild des Roussillons sind einmal die Vins Doux
Naturels, natürliche Süßweine, der
Appellationen Banyuls, Maury, Rivesaltes und Muscat de Rivesaltes, zum
anderen die „trockenen“ Stillweine
der Appellationen Côtes du Roussillon,
Côtes du Roussillon Villages und
Collioure, aber auch Vins de Pays mit
einem besonders günstigen Preis-/
Qualitätsverhältnis. Zu ihren größten
Abnehmern im Ausland zählen die
Niederlande, Belgien, Deutschland,
Großbritannien, Kanada, Schweiz,
Dänemark, USA, Schweden und Japan.
Nach Informationen des CIVR (Comité
Interprofessionnel des Vins du Roussillon) in Perpignan belegen
die Pyrénées-Orientales den 9. Rang
unter den weinproduzierenden Departements Frankreichs. Hier werden 2
Prozent des nationalen Produktionsvolumens hergestellt, aber 80 Prozent
der natürlichen Süssweine Frankreichs.
Es gehört zur Besonderheit dieser
Region, dass die AOC/AOP Vins Doux
Naturels aus einem auf die „edlen“
Rebsorten beschränkten Sortenbestand produziert werden: Grenaches,
Macabeu, Malvoisie du Roussillon,
Muscat d’Alexandrie und Muscat à
petits grains. Dem gegenüber werden
für die AOC/AOP Vins Secs, die trockenen Weine, folgende Rebsorten
verwendet: Grenaches, Carignan Noir,
Syrah, Mourvèdre, Cinsault, Lladoner
Pelut, Macabeu, Malvoisie du Roussillon, Roussanne, Marsanne und Vermentino.
Was als „natürliche Süßweine“ auf den
Markt kommt, sind eigentlich „gespritete“ Weine, das heißt mit Alkohol
versetzte Weine. Durch das Zufügen
von reinem Alkohol im Verhältnis von
5 bis 10 Prozent des Traubenmostvolumens wird der Gärprozess der Weine
gestoppt, so dass ein Teil des unvergorenen Zuckers, die natürliche Süße,
und die natürlichen Aromen der Traube erhalten bleiben. Dieser Vorgang, in
Frankreich „mutage“ bezeichnet,
wurde im Jahr 1285 von Arnau de
Vilanova, Rektor der Universität
Montpellier und Hofarzt der Könige
von Mallorca, in Perpignan entdeckt.
„Arnaud de Villeneuve“, interpretiert
Marie Luce Gozes, die Directrice Commerciale der Kellerei Vignobles du
Rivesaltais, „ist folglich für den Süßwein, was Dom Pérignon für den
Champagner ist.“
Abgesehen von den Muscats und den
früh abgefüllten Rotweinen, die jung
getrunken werden sollen, werden die
Vins Doux Naturels im allgemeinen
mit Luftkontakt in Holzfässern, Tanks
oder Flaschen ausgebaut, zwischen 30
Monaten und 20 Jahren oder bisweilen noch länger. Der Ausbau im Holz
erfolgt in großen Fässern (ab 1 000 l),
Demi-Muids (650 l) oder Barriques.
Gelegentlich werden die Weine in
dicken Glasflaschen oder Demi-Muids
an der freien Luft gelagert und so den
Temperaturschwankungen und der
Sonneneinstrahlung ausgesetzt, die
den „Alterungs“-Prozess beschleunigen.
Sie verbleiben hier 9 bis 12 Monate
lang, bevor sie in Flaschen abgefüllt
oder im Keller anderen, in Tanks oder
im Holz gelagerten Weinen hinzugefügt werden und teils über Jahrzehnte
langsam weiterreifen.
js/lz 39-10
FRANKREICH
LZ 39 1. Oktober 2010
Kleinod wünscht sich mehr Interesse
Stimmt die
Richtung noch?
Das Roussillon in Frankreichs Südwesten setzt auf Mini-Ausstellungen und Sommelier-Treffen
Perpignan. Ob trockene Weine mit
Appellation oder Vins de Pays mit
einem besonders günstigen Preis-/
Qualitätsverhältnis, oder die Palette
der Vins Doux Naturels, das Roussillon produziert ein faszinierendes
Angebot bis hin zu Bio-Qualitäten.
Das Roussillon gilt als „Kleinod“ unter
den französischen Weinbaugebieten. Es
ist ein besonders kleines, das durch seine Lage, seine Böden und die nach wie
vor dominanten autochthonen Rebsorten eine Vielzahl ganz eigener Weintypen zumeist noch artisanal erzeugt:
markante Terroir-Gewächse, aber auch
moderne Markenweine, ohne der „absolute“ Volumenplayer zu sein. Statt
Mainstream stehen hier noch immer die
Menschen im Vordergrund, und an ihrer
liebenswürdigen „bäuerlichen Halsstarrigkeit“, wie oft gesagt wird, beißen sich
nur wirkliche Weinliebhaber fest.
So konserviert sich die Charakteristik und mit ihr die Identität der für die
Region typischen Weine weiterhin.
Zum Glück; Massenware gibt es reichlich am Markt und selbst diese tut sich
schwer. Für die Erzeuger im Roussillon
ist es indes kein einfaches Wirtschaften.
35 Hektoliter pro Hektar – das macht im
Schnitt zwischen 800 000 und 880 000
hl pro Ernte aus – kommt zwar auf erstaunliche Qualitäten, kann diese aber
nur unter größten Aufwendungen vermarkten, da den Konsumenten meist
die nötigen Informationen fehlen, um
ihre Wertigkeit zu erfassen. So erklärt
Fabrice Rieu, Président CIVR Conseil
Interprofessionnel Des Vins du
Roussillon, Perpignan
Cazes bewirtschaftet mit über 220 ha die größte Rebfläche unter Biodynamie weltweit.
Rivesaltais: Marie
Luce Goze, Directrice Commerciale
von Les Vignobles
du Rivesaltais
(Arnaud de Villeneuve), ist mit
Absatz zufrieden.
Gerne würden die Winzer mehr Aufmerksamkeit für ihre Weine im Ausland
erzielen, zumal auf dem deutschen
Markt, den sie seit Jahren pflegen. Aber
mangels Budget sind ihnen ziemlich die
Hände gebunden. Große Anbaugebiete,
meinen sie, hätten es da leichter. Das
Roussillon mit seinen 29 220 ha Reben
und einem Ertrag von gerade mal 32 bis
Dom Brial: Christophe Lemort
freut sich, die Kellerei bekam
vergangenes Jahr 48 Medaillen.
fen. „Auch der Handel muss sich profilieren, um im Wettbewerb zu bestehen“, glauben sie und erinnern an die
Stärken ihrer Weine. Immerhin wurden
auch in diesem Jahr wieder 20 Bestnoten in 16 Kategorien vergeben und 19
Kellereien mit dem berühmten „Saint
Bacchus 2010“ ausgezeichnet.
F O TO S : J . S C H A L I N S K I
74 Lebensmittel Zeitung
sich, warum diese Weine nach wie vor
den Nimbus des Geheimtipps tragen
und hauptsächlich über den Fachhandel
Vermarktung finden. Der Einzelhandel
täte gut daran, so die Auffassung der
Kellereien, Roussillon-Weine in größerem Ausmass in sein Regal zu nehmen
und diese zu einem angemessenen Preis
anzubieten. Doch das ist leichter gesagt
als getan, wissen auch sie; eine Flasche
verkauft sich nicht von allein und das
Überangebot drückt auf die Preise.
Dennoch haben die Winzer in Perpignan, Rivesaltes, Maury, Collioure
und Banyuls die Hoffnung, es zu schaf-
Eric Aracil vom Fachverband CIVR
(Comité Interprofessionnel des Vins du
Roussillon) in Perpignan hält die Fahne
hoch: „Traditionelle Rebsorten“, erinnert er, „das außergewöhnliche Terroir
und der Ehrgeiz der passionierten Winzer, das Beste an den Markt zu bringen,
lohnen jeden Versuch.“ Er sieht sich von
den Erfolgen bestätigt, die das Roussillon in den vergangenen Jahren mit seinen Mini-Ausstellungen in ausgewählten
deutschen
Städten erzielen
konnte. Für ihn ist
dieser persönliche
Kontakt zwischen
Winzer und Vermarkter die ideale
Möglichkeit,
nachhaltig
gemeinsame Wege
zu beschreiten.
„Und wer einmal
in unserer Region
war und die Weine
kennengelernt
hat, begreift, welche Schätze wir
produzieren.“ Dafür müsse ein
Winzer im Roussillon zwar zehnmal mehr arbeiten
als in jedem anderen Weinbaugebiet, für ihn zähle
aber nur das Ergebnis. Deswegen
sein schönes Land, in das sonst nur Urlauber kommen, aufzugeben und anderswohin zu ziehen, käme für ihn
überhaupt nicht in Betracht.
Eric Aracil in seiner Funktion als
Kommunikationsleiter des CIVR (siehe:
www.info-roussillonweine.de) freut sich
über die Zusammenarbeit mit dem
deutschen Verband der Sommeliers. So
empfängt er regelmäßig an die 100 bis
150 interessierte, sachverständige Sommeliers im Jahr. Derartige Treffen, sagt
er, auch wenn es ein „Ameisenpfad“ sei,
blieben nicht ohne Wirkung. „Das bringt
echte Synergieeffekte.“
js/lz 39-10
Ihr Verband veranstaltet seit
einigen Jahren Mini-Ausstellungen
in ausgewählten deutschen Städten, in diesem Jahr am 4. Oktober
in Berlin und am 5. Oktober in
Hamburg. Wie kommen Sie voran?
Ich muss sagen, das macht sehr viel
Sinn. Ich habe mir im vergangenen
Jahr erstmals selbst einen Eindruck
verschaffen können und war überrascht von der Vielzahl der Fachbesucher. Über einhundert waren
jedes Mal gekommen, das finde ich
unglaublich. Auch unsere 17 teilnehmenden Kellereien haben sich
über das Ergebnis sehr zufrieden
geäußert. Alle Degustationen haben
gezeigt, dass gerade unsere Rotweine
aus dem Roussillon enorm gut in
Deutschland ankommen. Dasselbe gilt
für unsere Vins Doux Naturels, obschon sie hier erst sehr wenig bekannt
sind. Ich habe keinen einzigen Besucher getroffen, der diese Weine
nicht gemocht hätte. Für mich war das
wirklich eine Überraschung.
Nun hat das Roussillon eine außergewöhnliche Vielfalt an Weinen zu
bieten. Wirkt sich das nicht nachteilig auf die Vermarktung aus?
Es stimmt, es ist nicht einfach, diese
Diversität an Weinen immer zu kommunizieren. Dennoch ist es ein besonderes Gut, da jeder Weinliebhaber
seinen Typ finden kann, der ihm
besonders gefällt. Außerdem entwickelt sich der Geschmack mit zunehmender Erfahrung und das fördert die
Neugier auf andere Weine der Region.
Nein, wir wollen an unserer Partikularität und damit an der Ausrichtung auf unser Terroir auch in
Zukunft festhalten. Die Schlacht der
industriellen Weine aus dem Languedoc mit denen aus den Ländern der
Neuen Welt ging doch verloren, seit
diese genauso gute, aber billigere
Weine produzieren.
Wie stehen Sie zu einem Club wie
„La Renaissance des Appellations“, der 2001 von dem biodynamischen Winzer Nicolas Joly von
der Loire gegründet wurde und
dem sich inzwischen knapp 200
Winzer aus über 13 Ländern angeschlossen haben?
Nicolas Joly hat mit dieser Idee einen
Diskurs angestoßen, der von vielen
Menschen noch nicht immer richtig
verstanden wird. Ich kann nur sagen,
ein vor 15 oder 20 Jahren geernteter
Wein von Joly’s Clos de la Coulée de
Serrant ist heute ganz außergewöhnlich gut, das bewundere ich. Heute
denke ich, man darf sich nicht verschließen und sollte die Dinge offen
angehen.
Halten Sie Bio für ein Verkaufsargument?
Nein! Trotzdem haben wir eine ganze
Reihe von Winzern im Roussillon, die
alle biodynamisch arbeiten, so wie auch
in anderen französischen Anbaugebieten. Das wichtigste Argument für uns ist
aber stets das Terroir und die Singularität unseres Service. Allerdings gibt es
eine Mode und eine Hinwendung zu
Bio, die sogar sehr bedeutend ist, drückt
sie doch ein starkes Bedürfnis nach
Rückkehr zur Natürlichkeit aus.
LZ 39 1. Oktober 2010
Ein Säbel für die
Champagne?
FRANKREICH
Lebensmittel Zeitung
Erblüht im Reigen der Groupe Thiénot
Canard-Duchêne blickt mittlerweile auf einen Jahresabsatz von über 3 Millionen Flaschen Champagner
Was noch verleiht dem Unternehmen eine Alleinstellung unter den
Champagner-Häusern?
Unsere geografische Identität. Während etwa 90 Prozent der Grandes
Marques in Reims oder Épernay
angesiedelt sind, hat Champagne
Duchêne seinen Sitz nach wie vor im
Herzen der Champagne, das heißt
mitten in den Weinbergen der Montagne de Reims, von wo wir rund die
Hälfte unserer Pinot Noir Trauben
beziehen. Hier begrüßen wir auch
unsere Gäste, was etwas anderes ist
als in der Stadt. Wir halten diese
Lokalität allein schon deshalb für
wichtig, weil sich die Champagne
immer mehr auf das Universum der
Luxusparfüme ausrichtet anstatt auf
ihre geografische Lage und den
Ursprung des Champagners.
Entscheidend bleibt aber doch
wohl auch für Ihr Haus die Positionierung am Markt. Wo sehen
Sie da Ihre Marke?
Wir betrachten Canard Duchêne als
Grande Marque von sehr guter
Qualität, aber auf einem erreichbaren Preisniveau. Auf dem französischen Markt beispielsweise liegen
wir mit unserer Marke im mittleren
Preissegment der Super-PremiumKategorie, das zwischen 20 und 25
Euro angesiedelt ist, bei etwa 21
Euro. Wir sind überzeugt, in diesem
Segment das Beste anzubieten, was
die Qualität, das Prestige und den
Preis anbetrifft.
Und wie aufgefächert versteht
sich die Angebotspalette?
Für den gehobenen LEH führen wir
unter Canard Duchêne vier Champagner-Cuvées mit der Signatur
„Charles VII“, dem historischen
Bezug auf den Wiederhersteller des
französischen Königreichs: einen
Blanc de Blanc, einen Blanc de Noir,
einen Brut und einen Rosé. Die
Gastronomie und den traditionellen
Fachhandel beliefern wir weltweit
mit einem auf diesen Absatzkanal
eigens abgestimmten Sortiment
unter der Marke „Léonie Duchêne“,
so benannt nach der Mitbegründerin
des Unternehmens.
Vitalität spiegelt Qualität
los Siete (Mendoza/Argentinien).
Über die Eigenschaften einzigartig,
innovativ und wettbewerbsfähig
möchte Alain Thiénot, Gründer und
Président Directeur Général (PDG)
der Groupe Thiénot in Reims, der Welt
der feinen Weine den eigenen Stempel
als Unternehmer und kreativer Schöpfer aufdrücken und trotzdem in jeder
Hinsicht ein Maison de Maisons bleiben, ein Haus der Häuser. Dabei kann
sich der mittlerweile 69-jährige auf
seine Tochter Garance Thiénot-Barbier und seinen Sohn Stanislas
Thiénot stützen, die heute beide in leitender Funktion in der Unternehmensgruppe tätig sind.
js/lz 39-10
Ehrgeizig: Alain
Thiénot, PDG der
Groupe Thiénot mit
Sitz in Reims
Die Champagne
Die Champagne zählt 35 000 ha Reben
mit kontrollierter Herkunftsbezeichnung
AOC (Appellation d’Origine Contrôlée).
Es werden vier Bereiche unterschieden,
die den Rebsorten ihren Charakter
verleihen. Die Montagne de Reims ist
eine weite Hochebene mit nur geringen
Erhebungen oberhalb des kreidehaltigen
Flachlands und erstreckt sich vom
Nordwesten von Reims bis nach Épernay. Dominierende Rebsorte ist hier
Pinot Noir. Das Vallée de la Marne ist
eine Tallandschaft mit Mergel-, Lehmoder Sandböden, die östlich von Épernay bis westlich von Château-Thierry
verläuft und wo vor allem Pinot Meunier angebaut wird. Das dritte Gebiet
nennt sich Côte des Blancs, südlich von
Épernay gelegen. Hier, zwischen Sézanne und Vitriy le François, sind die Böden
kreidehaltig. Auf ihnen wächst vor allem
Chardonnay. Als Côte des Bar wird die
Gegend in der Umgebung von Troyes
bezeichnet, die sich von Montgueux bis
Bar-sur-Seine und Bar-sur-Aube ausdehnt und wo überwiegend Pinot Noir
angebaut wird. Laut Informationsbüro
Champagne, Stuttgart, haben sich die
Winzer, Genossenschaften und Häuser
der Champagne für die diesjährige
Weinlese 2010 auf einen maximalen
Ertrag von 10 500 kg pro Hektar geeinigt. Das entspricht 66,9 hl/ha.
Dieser Höchstertrag bedeutet eine
Steigerung der verfügbaren Traubenmenge um ca. 9 Prozent zum Vorjahr.
Einblicke: In
den Kellergewölben des Champagner-Hauses
Canard-Duchêne
in Ludes lagern
auf einer Gesamtlänge von 6 km
rund 12 Mio.
Flaschen. Die
Champagne setzte
im vorigen Jahr
weltweit 293,3
Mio. Flaschen
Champagner ab.
Der deutsche
Markt als drittgrößter Exportmarkt war daran
mit rund 10,9 Mio.
Flaschen beteiligt.
Pescadoire. In der Welt der bildschaffenden Methoden zur qualitativen Bewertung der Vitalität respektive Schwächen
eines lebenden Produkts ist Dr. Margarethe Chapelle, die technische Leiterin des
Laboratoire Oenologique Thiollet in dem
134 Einwohner zählenden Örtchen Pescadoire (im Departement Lot), 23 km
nordwestlich von Cahors gelegen, keine
Unbekannte. Und in ihrer Tätigkeit als
Qualitätsprüfer und Ratgeber wird sie
immer häufiger angefragt.
Anfang des Jahres trat sie zuletzt sogar
gleich zweimal in Deutschland auf: Einmal auf den Fränkischen Weinbautagen
im Februar in Veitshöchheim (bei Würzburg), wo sie unter dem Thema „Nachhaltigkeit – Denken und Handeln in einem ganzheitlichen Weinbau“ mit Bezug auf die biologischen und mikrobiologischen Aspekte des Klimawandels in
Verbindung auf das Terroir ihre Erfahrungen anhand von Beispielen aufzeigte. Und kurz darauf, Anfang März, auf
dem Ecovin-Fachseminar im Kloster St.
Ulrich, Bollschweil (südlich von Freiburg) zum Thema „Biodynamische Verfahren im ökologischen Weinbau – neue
Perspektiven für Mensch, Umwelt und
Wein“. Dr. Chapelles Erfahrungen bele-
DR. CHAPELLE/ZÄHRINGER
Welches sind die kulturellen Werte, die der Marke „Canard
Duchêne“ heute zu einem besonderen Platz im deutschen
Markt verhelfen sollten?
Zum einen blickt das Haus Canard
Duchêne auf eine fast 150-jährige
Firmengeschichte: Es wurde 1868 in
Ludes ganz in der Tradition der
Großen Marken von dem Küfer Victor
Canard und der Winzerstochter
Léonie Duchêne gegründet, die acht
Jahre zuvor geheiratet hatten. Das
Unternehmen wuchs zu internationaler Reputation und wurde Hoflieferant des russischen Zaren Nikolaus II, woran heute noch das russische Wappen im Firmenemblem
erinnert, das später um den Säbel als
intimes Bekenntnis zur Champagne
erweitert wurde. Canard Duchêne,
heute die fünftgrößte Marke in
Frankreich, engagierte sich auch
anlässlich der Zweihundertjahrfeiern
der Französischen Revolution 1989.
Die Marke „Canard-Duchêne“ ist laut
Angabe ihres Produzenten volumenmäßig die Nummer Eins unter den familiengeführten Gruppen und über
den französischen Heimatmarkt hinaus in mittlerweile über 40 Ländern
vertreten. Ihr Jahresabsatz beziffert
sich auf mehr als 3 Mio. Flaschen.
Unterdessen zählt sich die Groupe
Thiénot mit Sitz in Reims mit 218 Mio.
Euro Umsatz 2009, davon zur Hälfte
über das Exportgeschäft erlöst, heute
zu den Hauptakteuren auf dem internationalen Weinmarkt. Gleichzeitig
reklamiert die Unternehmensgruppe
bedeutende Positionen für sich „in allen Segmenten der Prestige-Gastronomie, der selektiven Distribution und
des qualitativen Lebensmittelhandels
in Europa und weltweit“.
Als Unternehmer bewegt sich Alain
Thiénot vorliegenden Quellen zufolge
seit mehr als 30 Jahren in den Häusern
der Champagne und den Châteaux des
Bordelais, von wo er auch seine Inspirationen bezieht. So umfasst sein nach
wie vor familiengeführtes Imperium
mittlerweile weit über das Champagnerhaus Thiénot hinaus neben zahlreichen Rebflächen in Bordeaux (allein die Châteaux de Ricaud, Bahoul
und Haut Gros Caillou zählen 120 ha)
die Weinhäuser CVBG Grands Crus,
Canard Duchêne, Dourthe, Joseph
Perrier, Kressmann, Château de Sérame sowie in der Neuen Welt Clos de
F O TO S : G R O U P E T H I É N O T, J . S C H A L I N S K I
Ludes. Vor sieben Jahren (2003) von
der Gruppe Thiénot erworben, zählt
Canard-Duchêne heute mit jährlich
über 3 Mio. abgesetzten Flaschen zu
den international tonangebenden
Häusern der Champagne.
Alexis Petit-Gats, International
Sales Director, Champagne CanardDuchêne, Ludes
75
Eindeutig: Die Lebenskräfte im
Wein, dargestellt per KupferchloridKristallisation von Dr. Chapelle.
gen etwas ganz Erstaunliches: Jedes Mal,
wenn die visualisierten, also sichtbar gemachten, Energien intensiv sind, handelt
es sich um ein Produkt, das nicht durch
die Chemie der Menschen denaturiert
wurde.
Durch zahllose Ergebnisse ihrer 25-jährigen Forschungen zu der Überzeugung
gekommen, dass die Intensivbewirtschaftung den Menschen mehr vergiftet als
ernährt, ist die Wissenschaftlerin inzwischen eine „totale Anhängerin der Biodynamie“ geworden. Die Anfänge der Methode gehen auf den deutschen Chemiker
Ehrenfried Pfeiffer zurück, der sie vor über
80 Jahren in der Schweiz entwickelte und
später in die USA ging.
js/lz 39-10