Historische Entwicklung von Venture Capital in den USA und
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Historische Entwicklung von Venture Capital in den USA und
Norman Röchert Venture Capital in Deutschland- Wagniskapital für Existenzgründer Institut für Deutsches und Internationales Bank- und Kapitalmarktrecht an der Universität Leipzig Autor: Norman Röchert Stand der Arbeit: Januar 2001 Veranstaltung: Rechtsfragen der Finanzierung von Existenzgründungen Seminar an der Ostdeutschen Sparkassenakademie Potsdam vom 31. Januar bis 2. Februar 2001 Herausgeber: Institut für Deutsches und Internationales Bank- und Kapitalmarktrecht Burgstraße 27 (Petersbogen) 04109 Leipzig Direktoren: Prof. Dr. Franz Häuser / Prof. Dr. Reinhard Welter Zitiervorschlag: Röchert, Norman, Venture Capital in Deutschland- Wagniskapital für Existenzgründer, http://www.unileipzig.de/bankinstitut/dokumente/2001-02-01-01.pdf Umsetzung: Stephan Dulitz / Sebastian Taschke / Gunther Thomas http://www.uni-leipzig.de/bankinstitut/ -ILITERATURVERZEICHNIS Bell, Markus G. Venture Capital oder Angel-Welcher Kapitalgeber stiftet den größeren Nutzen, Die Bank 06/99, S.371ff. Breuer, Rolf- E. Venture Capital- Besseres Umfeld ist notwendig, Die Bank 06/97 S.324ff. Brockhaus, Marco Auf dem Venture-Capital-Markt kehrt Realismus ein, Handelsblatt 217/2000, S. B3 Broschinski, Gregor Venture capital goes public, Die Bank 03/2000, S.158ff. Bygrave, W. D./ Timmons Venture Capital at the Crossroads, Boston 1992 Dezes, Matthias Steuerreform behindert Kapitalvergabe von Privatanlegern, Financial Times Deutschland, 16.08.2000 Fleischhauer, Uwe Deutscher Wagniskapitalmarkt könnte sich verfünffachen, Handelsblatt 217/2000, S.B2 Hehn, Elisabeth Innovative Kapitalanlagekonzepte, div. Bearbeiter, Wiesbaden 2000 Heilmann, Dirk-Hinrich Investoren auf dem Sprung nach Europa, Handelsblatt 217/2000, S. B1 Heilmann, Dirk-Hinrich Sieben Trends auf dem Wagniskapitalmark, Handelsblatt 217/2000, S.B1 Jäger, Axel VC-Gesellschaften in Deutschland- Bestandsaufnahme und Perspektiven nach dem 3. FFG, NZG 1998, S.833ff. Leopold, G. / Frommann, H. Eigenkapital für den Mittelstand- Venture Capital im In- und Ausland, München 1998 Mc Summit, B./ Martin, J. Die Silicon Valley-Story, München 1990 Nittka, Isabella Informelles Venture Capital am Beispiel von Business Angels, Stuttgart 2000 Payome, Thea Schach dem kleinen Gründer, Netinvestor 11/00, S. 38 ff. Richards, Andrew Wer nicht wagt, der nicht gewinnt, Who´s Who EM 08/1999, S.62ff. - II Richards, Andrew Beteiligungskapital in Deutschland, Merchers & Acquisitions Review 03/99 Schulte, Frank Die hohe Kunst einen Goldesel zu melken, VDI-Nachrichten 20.10.2000, S.25 Schüppen, M./ Ehlermann, Corporate Venture capital, Köln 2000 C. Weitnauer, Wolfgang Handbuch Venture Capital, München 2000 - III GLIEDERUNG A. HISTORISCHE ENTWICKLUNG VON VENTURE CAPITAL IN DEN USA UND DEUTSCHLAND .........................................................................................................1 I. II. Einleitung ..................................................................................................................1 Die Entwicklung in den USA .....................................................................................2 1. Historie ..................................................................................................................2 a) Die Anfänge .......................................................................................................2 (1) Ausgangssituation ......................................................................................2 (2) Gründungsväter ..........................................................................................2 b) Die Entwicklung in den 60er und 70er Jahren....................................................3 (1) Die SBCJ´s .................................................................................................3 (2) Aufbruchstimmung......................................................................................4 c) Die Entwicklung in den 80er und 90er Jahren....................................................4 (1) Der einsetzende Boom ...............................................................................4 (2) Der Crash von 1987 und seine Auswirkungen............................................5 (3) Stetiges Wachstum in den 90ern ................................................................6 (4) Ausblick ......................................................................................................6 2. Die Rahmenbedingungen in den USA...................................................................6 a) Einleitung ...........................................................................................................6 (1) Gesetzgebung ............................................................................................7 (2) Amerikanische Mentalität............................................................................7 (3) Forschungseinrichtungen............................................................................7 (4) Größe des Marktes und Exit- Bedingungen ................................................8 b) Zusammenfassung ............................................................................................8 III. Die Entwicklung in Deutschland ................................................................................9 1. Historie ..................................................................................................................9 a) Die Anfänge .......................................................................................................9 (1) Ausgangssituation ......................................................................................9 (2) Erste Modelle und Gesellschaftsgründungen .............................................9 (3) ERP- Beteiligungsprogramm ....................................................................10 b) Die Entwicklung in den 70ern...........................................................................10 (1) Allmähliche Weiterentwicklung .................................................................10 (2) Die Deutsche Wagnisfinanzierungs-Gesellschaft mbH.............................11 c) Die Entwicklung in den 80ern...........................................................................11 (1) Der erste bedeutende Wachstumsschub ..................................................11 (2) Neuerliches Befassen des Staates ...........................................................12 (a) UBBG ....................................................................................................12 (b) InvestmentG..........................................................................................13 (3) Herausbildung von Interessenverbänden .................................................13 d) Neue wirtschaftliche Schwerpunkte Anfang der 90er.......................................13 e) Zwischenbilanz ................................................................................................14 f) Der Durchbruch ab der Mitte der 90er Jahre....................................................14 (1) Das 3. FFG ...............................................................................................14 (a) UBBG ....................................................................................................15 (b) KAGG....................................................................................................15 (2) KapAEG und KonTraG .............................................................................15 (3) HGB-Reform .............................................................................................16 (4) Belebung der Aktienmärkte.......................................................................16 (5) Einsetzende Verbesserung der steuerlichen Rahmenbedingungen .........16 - IV B. GEGENWÄRTIGE LAGE DES VC- MARKTES IN DEUTSCHLAND .......................18 1. 2. C. Auswirkungen der Turbulenzen an den Kapitalmärkten ......................................18 Chancen und Ausblick.........................................................................................18 ALLGEMEINE STRUKTUREN VON VC ...................................................................20 1. Arten von VC-Finanzierungen .............................................................................20 Formelles VC ...................................................................................................20 (1) Institutionelles VC .....................................................................................20 (2) Corporate VC............................................................................................20 (3) VC und die öffentliche Hand .....................................................................21 b) Informelles VC .................................................................................................21 (1) Passive Investoren ...................................................................................21 (2) Business Angel .........................................................................................21 2. Klassifizierung von VC nach Investitionsphasen .................................................21 a) Early Stage ......................................................................................................22 b) Expansion Stage..............................................................................................22 c) Late Stage........................................................................................................22 d) Turnaround ......................................................................................................22 a) -1- A. Historische Entwicklung von Venture Capital in den USA und Deutschland I. Einleitung Dem Phänomen einer neuen technologieorientierten Gründerwelle, die nach den USA nun auch die Bundesrepublik erfasst hat, hat sich die Presse unter Schlagzeilen wie „Die neue Gründerzeit“1 oder „Geld wie Heu“2 angenommen. Der englische Begriff „Venture Capital“ wird, wörtlich ins Deutsche übersetzt, mit Wagnisoder Risikokapital gleichgesetzt. Auch kommen Übersetzungen als Chancen-, Innovationsoder schlicht Beteiligungskapital, Private Equity, zum tragen3. Die Verwendung der wohl naheliegendsten und üblichsten Übersetzung als Wagniskapital sollte jedoch nicht zwingend den negativen Charakter des Risikos unterstreichen, sondern auch die dahinterstehenden Chancen auf einen Erfolg meinen4, da „venture“ im angelsächsischen Raum auch Unternehmen, Unterfangen, Projekt, Abenteuer und Glück bedeutet.5 Jedenfalls ist Venture Capital haftendes Eigenkapital, welches vom sog. VC-Geber zur Entwicklung und Vermarktung von innovativen Produkten, Produktionsmethoden und Dienstleistungen zu verschiedenen Phasen derselben zur Verfügung gestellt wird, mit dem Ziel eine möglichst hohe Rendite zu erwirtschaften. Der sog. VC-Nehmer ist hierdurch in der Lage seinen besonderen Eigenkapitalbedarf, der aus Anlass grundlegender unternehmensstrategischer Entscheidungen entsteht, zu befriedigen. Aber ohne dabei, wie bei klassischem Fremdkapitalfinanzierungen, Sicherheiten stellen zu müssen bzw. Zins- und Tilgungsverpflichtungen eingehen zu müssen6. Dies wird durch die Einforderung von Kontroll- und Mitspracherechten unterschiedlichster Intensität durch den VC-Geber kompensiert7. 1 Der Spiegel 3/1997, S. 82ff. Focus 19/1997, S. 277ff. 3 vgl.: Weitnauer, VC, Rn.4; Nittka, Informelles VC, S.33F. 4 vgl. auch: Jäger, NZG 1998, 833.; Breuer, Die Bank 6/97, S. 326 5 vgl.: Nittka, aaO, S. 34 6 vgl.: Deutsche Bundesbank, Monatsbericht Okt.2000, S.17 7 vgl.: Weitnauer, aaO, Rn.4f.; Leopold/ Frommann, EigenK, S. 3f. 2 -2- II. Die Entwicklung in den USA 1. Historie a) Die Anfänge (1) Ausgangssituation Die angloamerikanischen Termini bieten einen Anhaltspunkt für die Herkunft dieses Finanzierungsmittels. Vorläufer desselben finden sich in den Ende des vorigen Jahrhunderts entwickelnden Investmentbanken der USA, die schon damals Finanzierungen von Innovationen kannten. Gleiches gilt für eine Reihe vermögender Familien, die in risikoreiche und innovative Unternehmen investierten, zum einen under Renditegesichtspunkten, zum anderen um Einfluss auf neue, profitable Geschäftsfelder zu gewinnen. Eben jene gelten als Basis der us-amerikanisch-typischen “Business Angels”-Kultur, die entscheidend dazu beitrug ein institutionelles VC8 zu entwickeln. Nur exemplarisch seien dabei die Familien Rockefeller („Venrock Associates“), Phipps („Bessemer Venture Partners“) oder Whitney („J. H. Whitney & Co.“) genannt. Der informelle Markt der USA wird heute auf ca. drei Millionen Business- Angels mit einer Kapitalsisierung von US $ 60 Mrd. geschätzt9. Schon in den 20er Jahren gab es staatliche Finanzierungshilfen auf Bundesstaatenebene, sog. „Development Corporations“, die der Sicherung des Bestandes an kleinen und mittleren Unternehmen dienten.10 Unmittelbar nach dem 2. Weltkrieg und der folgenden Herausbildung moderner Volkswirtschaften stellte sich die Frage nach geeigneten Finanzierungsmitteln für insbesondere kleine und mittelständische junge Unternehmen. Eben jene hatten kaum Eigenkapital, noch bestand der Zugang zum Kapitalmarkt für die Beschaffung von haftendem Eigenkapital. Dies ist auf die fehlende Publizität der Unternehmen sowie der Ausgestaltung des Kapitalmarktes an sich zurückzuführen. Den Unternehmungen blieb nur der Weg der Fremdfinanzierung, mit der gängigen Folge der Verschuldung und damit einhergehend, der Reinvestiotion erwirtschafteter Gewinne und Rücklagen zu Tilgungszwecken. Hierauf reagierte dann auch die Finanzwirtschaft in der Entwicklung neuer Produkte: „Venture Capital“ oder „Private Equity“11. (2) Gründungsväter Wenngleich mehreren Personen die Urheberschaft des VC mehr oder weniger intensiv zugesprochen wird12, so ist doch davon auszugehen, dass die Institutionalisierung desselben in der Gründung der „American Research and Development Corp.“, ARD durch den Harvard Professor Doriot und den Präsidenten der Federal Reserve Bank Boston Flanders zu 8 VC= Venture Capital Deutsche Bundesbank, Monatsbericht Oktober 2000, S. 23 10 Leopold/ Frommann, aaO, S.219 11 vgl.: Leopold/ Frommann, aaO, S.3 12 vgl.: Weitnauer, aaO, Rn.22 9 -3erachten ist13. Jene stellten Kapital für junge Technologieunternehmen im Raum Boston zur Verfügung. Der Fond hatte eine Größenordnung von US$ 5 Mio, investiert in 8 Beteiligungen, davon 6 start-ups!14 Größter Erfolg der ARD ist wohl bis heute die Beteiligung an der 1957 gegründeten Digital Equipment Corp.15 mit US$ 70.000, welche bereits 1969 US$ 555 Mio. wert war.16 1957 suchte eine Gruppe von Ingenieuren, unter ihnen ein gewisser Arthur Rock, nach Kapitalgebern für die Vermarktung ihrer Idee des Silicon Transitors. Nach 35 vergeblichen Versuchen fand sich ein gewisser Sherman Fairchild, der sich mit US$ 1.5 Mio. beteiligte. Das erste Halbleiterunternehmen namens Fairchild Semiconducter wurde gegründet. Wenig später beteiligte sich Rock mit US$ 300.000 an einem Ableger von Fairchild Semiconductor, der Intel Corp.17 und in der Folge mit US$ 57.000 an einer anderen ganz jungen Firma namens Apple.18 Jene Erfolgsgeschichten ließen sich fortsetzen, doch auch solche bei denen Investments kläglich scheitereten bzw. nur „living-deads“, also kaum profitable Unternehmungen, entstanden. So, die ersten Investments von Thomas J. Perkins, Mitbegründer von Kleiner, Perkins, Caufield & Byers, einer der später größten und erfolgreichsten VC-Gesellschaften der USA.19 Schon damals lag der Schwerpunkt der Investments auf dem sog. „Cherry Picking“, d. h. in der Entwicklung einzelner, besonders innovativer und erfolgsträchtiger Unternehmungen, zu einer sehr frühen Phase derselben20. Eine Tendenz die sich fortsetzen sollte. b) Die Entwicklung in den 60er und 70er Jahren (1) Die SBCJ´s Auch staatlicherseits wurde das Problem der Finanzierungsbeschaffung für junge Unternehmen relativ frühzeitig erkannt, so wurden in den 60er Jahren Garantie- und Darlehensprogramme der SBA, Small Buisiness Administration auferlegt, die zinsgünstige staatlich garantierte Finanzierungen und steuerliche Erleichterungen für sog.: SBJC´s, also Small Buisiness Investment Companies vorsahen. Bis heute sind hierdurch rund US$ 10 Mrd. in 70.000 Unternehmen geflossen, die ca. 570.000 Arbeitsplätze darstellen. Als Beispiele seien hierfür Firmen wie Apple, Federal Express, Intel, Gray Research oder Staples genannt.21 Allerdings ergaben sich in dieser Entwicklung zunehmend Probleme, die nicht selten in 13 Weitnauer, aaO, Rn.22; Leopold/ Frommann, aaO, S.219 Leopold/ Frommann, aaO, S.220 15 mittlerweile übernommen von Compaq Inc. 16 vgl. hierzu: Weitnauer, aaO, Rn.22 17 1994 belief sich der Wert dieser Beteiligung auf ca. US$ 1,65 Mrd. 18 1994 stellte dieser Anteil einen Wert von ca. US$ 770 Mio. 19 Weitnauer, aaO, Rn.23 20 Leopold/ Frommann, aaO, S. 216f. 14 -4Pleiten einer immer größer werdenden Zahl solcher SBJC´s resultierten. Neben Missmanagement, Unerfahrenheit sowohl der Unternehmer als auch der Behörden, werden als Gründe auch Darlehensgebung für Unternehmen genannt, deren Portfolios sehr schwer zu bewerten waren, und die in der Folge vom Markt ausschieden22. Dies führte dazu, die SBJC´s stärker zu kontrollieren, sowie deren Zahl zu beschränken. Die somit entstehenden Lücken boten privaten VC-Gesellschaften neue Räume. (2) Aufbruchstimmung In den 70er Jahren bildeten sich die Wirtschaftszentren des Silicon Valley und entlang der Route 128 in der Gegend von Boston heraus. Es entwickelte sich der viel beschriebene und mehrfach zu kopieren versuchte Humus aus unternehmerischem Elan, neuen innovativen Ideen und einer exorbitanten wissenschaftlichen Unterstützung desselben, durch Universitäten wie Stanford oder der University of California.23 In eben jene Situation, wohl auch begünstigt durch die Probleme der Staatlichen Förderung, passte auch der durch immerwiederkehrende Geschichten von Traumrenditen geschürte, finanzielle Wagemut potenter Investoren. Auch im privat finanzierten Bereich jedoch, kam es zu einer erheblichen Anzahl von Misserfolgen, die auch hier auf Unerfahrenheit und/ oder zu hohem Erwartungsdruck und Hektik bei Investoren wie VC-Managern zurückzuführen waren. Doch gerade auch diese Zeit brachte neue Erfolgsstories hervor, welche der Branche neue Impulse verschaffte. Abermals nur exemplarisch seien Investments von Kleiner, Perkins, Caufield & Byers zu nennen, die 1975 in Tandem Computers US$ 1.45 Mio. investierten. Zehn Jahre später hatte diese Beteiligung einen Wert von US$ 166 Mio. Eine weitere Investition von US$ 200.000 in Genentech Inc. erreichte nach zehn Jahren ebenfalls einen Wert von US$ 160 Mio.24 c) Die Entwicklung in den 80er und 90er Jahren (1) Der einsetzende Boom Zunächst zeigte sich aufgrund der Probleme um die SBJC´s auf der einen, der Aufbruchstimmung um die „Silicon Valley´s“ auf der anderen Seite, dass sich der Anteil eben jener SBJC´s von 21 % in 1978 auf nur 1% in 1989 verringerte. Doch blieb der Staat nicht untätig, sondern erkannte den nahenden bzw. möglich erscheinenden Boom der USWirtschaft offensichtlich sehr wohl. So wurde in 1978 der Steuersatz für 21 Leopold/ Frommann, aaO, S. 221 vgl.: Leopold/ Frommann, aaO, S. 221f. 23 vgl.: Leopold/ Frommann, aaO, S. 222 24 Weitnauer, aaO, Rn.23 22 -5Veräußerungsgewinne aus Unternehmensbeteiligungen von 49% auf 28% und nur zwei Jahre später um weitere 8% auf 20% gesenkt.25 Hinzukamen staatlicherseits die „Prudent Man Rule“ und die „Safe Harbor Regulation“ im Rahmen des „ERISA“26, welche dazu führten den Spielraum für Pensionsfonds als Kapitalgeber für VC-Fonds erheblich zu erweitern. Mithin soweit, dass bis zum heutigen Tage die wichtigste Kapitalquelle für VC in den USA eben jene Pensionfonds sind. So stieg der Anteil von Mitteln aus Pensionsfonds im VC-Bereich von 15% in 1978 auf 59% in 1993. Um das Potential dieser Fonds zu verdeutlichen, ist zu bemerken, dass sie in 1996 ein Vermögen von US$ 4.765,5 Mrd.besaßen, von dem 5.5% in “alternative investments”, also in Beteiligigunskapital angelegt waren27. Gleichermaßen Ergebnisse und Gründe dieser Entwicklung sind eine enorme konjungturelle Belebung des US-amerikanischen Marktes in der ersten Hälfte der 80er Jahre, ein diese Entwicklung förderndes niedriges Zinsniveau und ein überaus freundliches Börsenklima. Die jährlichen “capital commitments” erhöhten sich innerhalb der Jahre 1977 bis 1987 um das 50fache auf fast US$ 5 Mrd.; der Beteiligungserwerb stieg von 1979 mit 375 Fällen und einer Summe von US$ 460 Mio. bis 1987 auf 1729 Fälle mit einer Summe von US$ 3,94 Mrd.28 Mithin benötigte aber auch der US-amerikanische Markt gut 30 Jahre um das zu werden, was heute von vielen mit leuchtenden Augen bestaunt wird29. (2) Der Crash von 1987 und seine Auswirkungen Zwar hielt dieser Trend bis in die 90er Jahre hinein an, doch erlebte die Branche einen, auch an Zahlen sichtbaren, Rückschlag mit dem Börsencrash 1987. So fiel das investierte VC von ca. US$ 4 Mrd. in 1987 auf ein 10-Jahres-Tief von US$ 1,27 Mrd. in 1991. Entsprechend sank die Zahl von VC-finanzierten IPO´s von 81 in 1987 auf 36 in 1988. Allerdings erholte sich dieser Bereich schneller, so dass bereits 1990 wieder 122 solcher IPO´s zu verzeichnen waren30. Auch kam es zu einem enormen Anstieg der trade sales, also dem Verkauf der Unternehmen an Dritte bzw. andere Unternehmen31, infolge der gesunkenen IPO-Zahlen. Ein prominenter Player dieses Geschäftsfeldes ist Cisco Systems, die insgesamt ca.25 startup-Unternehmen mit wichtigen Technologien aufkauften. 1993 erhielten Investoren neue Investitionsanreize inform einer Steuersenkung auf 50% bei Veräußerungsgewinnen aus sog. “Qualified Small Business Stocks”, also mehrjährigen Beteiligungen an Unternehmen mit einer Kapitalisierung unter US$ 50 Mio., die mind. 80% ihres Kapitals für Forschung und start-up Aktivitäten einsetzen. Steuerfrei wurden in 1997 25 vgl.: Leopold/ Frommann, aaO, S. 222f. Employement Retirement Income Security Act 27 Weitnauer, aaO, Rn.28 28 Bygrave/Timmons, Venture Capital at the Crossroads, S.25F. 29 vgl. hierzu: Leopold/ Frommann, aaO, S.222f. 30 Weitnauer, aaO, Rn.30 31 vgl.: Breuer, aaO, S. 327 26 -6jene Investoren gestellt, die ihre Gewinne aus “QSBS ” in neue “QSBS” investierten, sofern gewisse Haltefristen gegeben waren32. (3) Stetiges Wachstum in den 90ern Der Zuwachs an investiertem Kapital blieb im Prinzip ungebrochen, so waren es allein1998 US$ 14,27 Mrd. Allerdings änderten sich auch in den USA die Strukturen. Es floss immer mehr Geld, in immer weniger, dafür umso größere Fonds. Betrug die durchschnittliche Fondgröße 1997 noch US$ 91 Mio., waren es in 1998 schon US$ 134 Mio. Zu erklären ist diese Entwicklung mit dem allmählichen Absehen von US-amerikanisch-typischen seedFinanzierungen, hin zu weniger renditestarken, aber sichereren und größeren later-stageFinanzierungen33. (4) Ausblick Bislang scheint der Boom kein Ende zu nehmen, nach einer Wachstumsrate von 150% in 1999 stand in den ersten drei Quartalen 2000 wieder ein Plus von 137% von in VC investiertem Kapital zu Buche34. Es muss jedoch davon ausgegangen werden, dass die Entwicklung der Weltbörsen, insbesondere aber der Verlust der Technologie-und Wachstumsbörse NASDAQ von über 40% in 2000, mindestens genauso intensive Auswirkungen auf den VC-Markt haben wird, wie dies 1987 der Fall war. Wenngleich zuletzt noch immer von marktüblichen und notwendigen Korrekturen die Rede war und der Terminus des “Crash´s” wohl bewusst ausgespart wurde, ist damit zu rechnen, eine relativ starke Ernüchterung, vorallem auch auf dem VC- Markt zu spüren. Sichtbar ist dies zunächst in den Investitionszahlen des 3. Quartals 2000, welche deutlich unter denen des ersten Halbjahres lagen.35 2. Die Rahmenbedingungen in den USA a) Einleitung Wenngleich vorstehend verschiedentlich schon erwähnt, erscheint eine zusammenfassende Aufstellung der, für den bisherigen Erfolg des VC in den USA, grundlegenden Rahmenbedingungen sinnvoll. Entgegen Vorstellungen, der Erfolg bestünde darin, dass in den USA relativ mehr Mittel für VC mobilisiert würden, ist dem nicht der Fall. Das Fund raising hat beispielsweise sowohl in Großbritannien, als auch in Frankeich oder in den Niederlanden einen höheren Anteil am Bruttoinlandsprodukt als in den USA.36 Auch besteht der Erfolg von VC in den USA nicht etwa in einer wesentlich schnelleren Entwicklung, wie 32 vgl.. Weitnauer, aaO, Rn.29 Weitnauer, aaO, Rn.32 34 Heilmann, Handelsblatt 217/2000, S. B1 35 vgl. Fn. 33 36 Leopold/ Frommann, aaO, S.223 33 -7bereits erwähnt (vgl.: II. 1. c) (1)). Der US-amerikanische Erfolg ist vielmehr auf eine Mehrzahl von ineinandergreifenden Faktoren zurückzuführen. (1) Gesetzgebung Entscheidend zur Entwicklung dieses VC-Marktes hat zunächst der amerikanische Kongress durch dessen Gesetzgebung beigetragen. Vornehmlich seien dabei die Kombination von steuersenkenden Gesetzgebungsakten mit der Deregulierung von Investitionsbeschränkungen, insbesondere der kapitalkräftigen Pensionsfonds, genannt. Jene Gesetzteswerke scheinen den zeittypischen Anforderungen mehr oder weniger entsprochen zu haben, wie die oben beschriebene Wirkung der selben zeigt. Nochmals genannt sein daher also der 1978 in Kraft getretene “Revenue Act” zur Steuersenkung auf Veräußerungsgewinne, sowie eine Fortführung dessen durch den “Economic Recovery Tax Act” von 1981(vgl. oben: II. c) (1) ); die Neugestaltung der Investionsvorgaben für Pensionsfonds durch die “Prudent Man Rule” im Rahmen des “ERISA”und die, 1993 in Kraft getretene, sec. 1202 des “Internal Revenue Codes” . Jene enthielt differenzierte Steuervergünstigungen für Investoren in QSBS und wurde durch die, 1997 eingeführte, sec. 1045 des “Internal Revenue Codes” (vgl. oben: II. c) (2) )nochmals ergänzt. (2) Amerikanische Mentalität Eine weitere Säule des Erfolges stellt die Mentalität der Menschen dar. Die Ausprägung unternehmerischen Denkens und Handelns, verbunden mit einer daraus resultieren Risikound Entscheidungsbereitschaft bilden die eigentliche Grundlage der “Venture Capital Culture”. Hinzu kommt, dass eben jenes Recht des Menschen nach seinem persönlichen “Glück”, welches gegebenfalls eben auch in materieller Verwirklichung bestehen kann, zu streben, als Verfassungsgrundsatz verankert ist und von den Bürgern angenommen wird37. So ist das Streben nach Profit in der US-amerikanischen Gesellschaft außergewöhnlich positiviert und erfährt weniger Restriktionen. (3) Forschungseinrichtungen Nicht zu vernachlässigen ist die Rolle der Wissenschaft. Nicht zufällig entstanden und entstehen die meisten VC-Gesellschaften in den Forschungszentren der USA. Eben dort sind renomierte Einrichtungen wie die “Stanford University”, die “University of California”, die “Harvard University” oder das “Massachusetts Institute of Technology” ansässig. Zum einen waren es Absolventen dieser Einrichtungen die High-Tech-Unternehmen gründeten und somit VC anzogen. Es entfielen in den 80er Jahren 75% aller Investments auf Neuengland und 50% auf Kalifornien38. So findet sich kein anderes Land mit einer vergleichbar langen und beeindruckenden Anzahl von Erfolgsstories über “venture capital backed companies”, 37 38 vgl. hierzu: Leopold/ Frommann, aaO, S.224 Weitnauer, aaO, Rn.25 -8die es von der Garagenfirma zum Weltmarktführer gebracht haben. Wiederum nur beispielhaft seien Unternehmen wie Microsoft, Cisco, Compaq, Apple, Sun, Oracle oder Intel genannt39. Zum anderen war die Verbindung zwischen Wissenschaft und Wirtschaft an sich schon immer überdurchschnittlich stark ausgeprägt. Aufgrund eines Urheberrechts, dass auch sowohl für Wissenschaftler, wie für Universitäten einen enormen finaziellen Anreiz darstellt, entstanden immense Forschungsparks mit Beteiligung der Wirtschaft- ein regelmäßiges Geben und Nehmen war die äußert produktive Folge40. Um nur ein prominetes Beispiel zu nennen, ging aus dem in den 50er Jahren geschaffenen “Research Park” der “Stanford University” der Hardware-Spezialist Hewlett Packard hervor41. (4) Größe des Marktes und Exit- Bedingungen Die USA stellen mit rund 270 Mio. Einwohnern, einem Bruttoinlandsprodukt von US$ 6,6 Billionen den größten zusammenhängenden Markt der Wekt dar. Entsprechend ist die Kapitalkraft dieses Marktes. Allein ins VC-Geschäft wurden in 1998 US$ 14,27 Mrd. investiert, als absoluter Betrag eine weltweit einzigartige Größenordnung (in relativer, am Bruttoinlandsprodukt gemessener, Höhe jedoch, z. B. von Großbritanien erheblich übertroffen ( vgl.: a)).42 Das jene Dimensionen und vielschichtigen Möglichkeiten ebenfalls Baustein der Erfolgsgeschichte sind, ist unstreitig. Gleichermaßen bedeutsam,und hieraus resultierend sind die zumindest bis in die 90er Jahre und wohl auch noch heute unübertroffen guten Exit-Möglichkeiten durch die veilfältige und gewachsene Börsenlandschaft der USA. Besonderer Augenmerk gilt im Hinblick auf VC- Gesellschaften natürlich der, 1971 gegründeten, Technologiebörse NASDAQ. Die Erfolgsgeschichte dieser Börse ist ebenso einzigartig, wie die vieler Unternehmen selbst. In den letzten 25 Jahren wurden über diesen Exit-Kanal ca. 3000 VC-finanzierte Unternehmen an die Börse gebracht43. b) Zusammenfassung Maßgeblich für den Erfolg ist also das Wirken des Staates mit Steuerprivelegierungen und Deregulierungsmaßnahmen, die Keimzellenwirkung der Forschungseinrichtungen, die gewachsene amerikanische Mentalität, sowohl auf Seiten der Unternehmer, als auch auf Investorenseite und das frühe Vorhandensein (1971) eines, für VC-Gesellschaften, optimalen Exitkanals, der NASDAQ. 39 Leopold/ Frommann, aaO, S.232 vgl.: Leopold/ Frommann, aaO, S.225 41 McSummit/Martin, Die Silicon Valley Story, S.59ff. 42 vgl.: Leopold/ Frommann, aaO, S. 225ff. 43 vgl.: Weitnauer, aaO, Rn.30; Leopold/Frommann, aaO, S,227ff. 40 -9- III. Die Entwicklung in Deutschland 1. Historie a) Die Anfänge (1) Ausgangssituation Im Gegensatz zu den USA ist setzte die Entwicklung von VC in Deutschland erst in den 60er Jahren ein. Angesichts fehlendem Börsenzugangs mittelständischer Unternehmen und des Trends der Ersparnisbildung der privaten Haushalte wurde die Notwendigkeit zur Schaffung von Institutionen für die Eigenkapitalversorgung kleiner und mittlerer Unternehmen generell bejaht. So befassten sich in der Folge sowohl Politik, als auch Wirtschaft und Wissenschaft mit dieser Frage, ohne jedoch zu einer wirklichen Einigung zu gelangen44. Höchste Priorität wurde von Anfang an der Sicherung der unternehmerischen Unabhängikeit zugemessen. So mündeten die Sorgen um die Unabhängigkeit von “fremden Kapitalgebern” schon im Vorstadium entstehender Kapitalbeteiligungsgesellschaften (KBG) vornehmlich in diesbezüglichen Fragen. So verwundert es auch nicht, dass sich fast generell die Vorstellung manifestierte, KBG´n müssten idR zeitlich recht eng begrenzt sein, wobei das Ende der Beteiligung regelmäßig durch Rückkauf durch den Altgesellschafter gesehen wurde. Ferner ging man, der Sicherung der unternehmerischen Unabhänigkeit wegen, von einer stillen Gesellschaft als Beteiligungsform aus. Die Interessen der gedachten KBG´n glaubte man ausreichend berücksichtigt, wenn eine Renditeerzielung möglich sei, die leicht über dem Zinssatz für langfristige Kapitalmarktpapiere lag.45 (2) Erste Modelle und Gesellschaftsgründungen a) Aus vorstehenden Grundüberlegungen entwickelte Herrman j. Perse´ einen ersten umfassenden Modellvorschlag im Prinzip der Risikostreuung nach Art eines deutschen Investmentfonds. Als Beteiligungsform wurde die Stille Beteiligung vorgesehen, um Mitwirkungsrechte der KBG auf reine Beratungsfunktionen zu beschränken. Aus eben jener wenig unternehmerischen Annäherung an das Thema resultiert wohl auch die, vorwegzunehmende, über Jahre nur sehr zögernde Entwicklung46 b) 1965 gründeten sich die ersten VC- Gesellschaften im heutigen Sinn, in Deutschland von Anfang an als KBG bezeichnet. Bis Anfang der 70er Jahre brachte man es auf eine Zahl von 33 Gesellschaften, welche zu 2/3 deutschen Kreditinstituten entsprangen. Bis zum heutigen Zeitpunkt ist sinniger Weise nur eine der Gesellschaften tätig, der Bedeutung am Markt 44 vgl.: Leopold/ Frommann, aaO, S.39f. vgl.: Leopold/ Frommann, aaO, S.40f. 46 Breuer, aaO, S.326; Leopold/ Frommann, aaO, S.42 45 - 10 zuzusprechen ist; die der Deutschen Bank Gruppe zugehörige Deutsche Beteiligungsgesellschaft mbH (DBG)47. (3) ERP- Beteiligungsprogramm Ende der 60er Jahre erstellte Prof. Karl Hax ein Gutachten zum Problem der Eigenkapitalbeschaffung der kleinen und mittleren Unternehemen und inwiefern dies durch bestehende KBG´n zu bewerkstelligen sei. Hax verneinte dies mit Blick auf die Unwirtschaftlichkeit der Beteiligungen unter den gegeben Bedingungen und prognostizierte eine Aufbauzeit von 5-10 Jahren für ca. 400 in Betracht kommende Beteilgungen mit Investitionen zwischen 0,5 und 1 Mio. DM pro Beteiligung48. Das im weiteren Sinne as Ergebnis zu erachtende, 1970 verabschiedete ERP- Beteiligungsprogramm sollte der Förderung von KMU49 dienen. Durch staatliche Mittel sollten Refinanzierungen verbilligt und Verlustrisiken reduziert werden. Da hiermit jedoch ein allumfassender Auflagenkatalog einher ging und vorgegebene Beteiligungsformen, als echte Mitgesellschafter, mit dem eigentlichen Ziel kaum vereinbar waren, gab es kaum KBG´s die hiervon Gebrauch machten. Auch zeitliche Begrenzungen der Beteilgungen auf maximal 10 Jahre standen dem Charakter haftenden Eigenkapitals in unverträglicher Weise entgegen. Jedenfalls waren die Maßnahmen nicht von Erfolg gekrönt. Weitere Maßnahmen zur Verbesserung der Situation der KMU wurden z. B. durch das Eigenkapitalhilfe-Programm50 getroffen. Allerdings als Gewährung eines eigenkapitalersetzenden Darlehens über die Deutsche Ausgleichsbank, also kein wirklicher Lösungsansatz des eigentlichen Problems, der Verbesserung der Eigenkapitalausstattung. Vielmehr war hierin “nur” eine weitere staatliche Hilfe zu sehen. b) Die Entwicklung in den 70ern (1) Allmähliche Weiterentwicklung Wenngleich relativ stetig, ging die die Entwicklung doch sehr langsam voran. Erste Erhebungen zeigen, dass insgesamt ca, 370 Mio. DM in das Geschäftsfeld investiert wurden. Auffällig ist die Verteilung von je ca. 40% auf die Gesellschaften der Privatbanken und Sparkassen und ca. 10% auf die nach dem ERP-Programm-arbeitenden Gesellschaften51. Diese Strukturen blieben erhalten, das investierte Kapital betrug Ende der 70er ca. 560 Mio. DM. Dennoch war eine allmähliche Annäherung an diesen Bereich der Finanzwirtschaft zu vermerken. Natürlich vornehmlich aus dem Sektor der Banken und Sparkassen. Aufgrund 47 Nittka, aaO, S.31; Leopold/ Frommann, aaO, S.47 vgl. Leopold/ Formmann, aaO, S.48f. 49 Kleine und Mittlere Unternehmen 50 „Eigenkapitalhilfe-Programm zur Förderung selbständiger Existenzen“ 51 vgl.: Leopold/ Frommann, aaO, S.53f. 48 - 11 unterschiedlicher Voraussetzungen, z. B. im Vergleich zu den USA, ist dies aber quasi zwingend gewesen. Denn in Deutschland gab es infolge zweier Weltkriege und der resultierenden wirtschaftlichen Situation kaum große anlagesuchende Privatvermögen. Auch ein System großer, am Markt suchender Pensionsfonds war nicht vorhanden. Hätten sich also auch die Kreditinstitute dem Thema nicht angenommen, wäre wohl bis auf weiteres gar nichts passiert52. So kam es denn auch zu einer allmählichen Proffesionalisierung in Deutschland. Erste Konsortialgeschäfte unter den KBG´n kamen zustande. Ziel der Beteiligungen waren erstmals “Going Public” 53anstelle eines bis dato mehr oder weniger üblichen “Buy Back´s”. Schon damals zeigte sich der Trend, dass deutsche KBG´n wenig zur Finanzierung von Innovationen oder Gründungen neigten, sondern meist in späteren Phasen der Unternehmensentwicklung zu investieren bereit waren54. (2) Die Deutsche Wagnisfinanzierungs-Gesellschaft mbH 1975 wurde somit durch das Bundesministerium für Forschung und Technologie, das Bundesministerium für Wirtschaft, sowie durch den Verband der deutschen Industrie die WFG55 gegründet, die als Aufgabe Frühphasen-, also, Innovationsfinanzierungen hatte56. 27 Kreditinstitute zeichneten Anteile an jener Gesellschaft mit einem anfänglichen Stammkapital von 10 Mio. DM. Gegenstand der Vereinbarungen war eine Verlustübernahme durch den Bund in den ersten 15 Jahren bis zu einer Obergrenze von 50 Mio. DM. Da auch hier die Maximalbeteiligungsdauer zu kurz und die Defizite des Managements im Umgang mit VC in diesen fühen Phasen der Beteiligung zu groß waren, erzielte dieses Projekt keine nennenswerten wirtschaftlichen Erfolge. Dennoch wird jener WFG relative große Bedeutung im Sinne einer Stimmulationswirkung für die Entwicklung von VC in Deutschland beigemessen57. c) Die Entwicklung in den 80ern (1) Der erste bedeutende Wachstumsschub Infolge der Vorbereitungen auf den europäischen Binnenmarkt und damit einhergehendem steigendem Kapitalbedarf für Investitionen und Markterschließung, sowie einem immer häufiger werdenden Generationenwechsel innerhalb KMU, der strukturiert und finanziert werden musste, setzte Anfang der 80er Jahre ein Wachstumsschub auch des VC-Marktes in Deutschland ein. Hinzu kamen ein wachsendes Eigenkapitalbewußtsein auf Seiten der 52 Leopold/ Frommann, aaO, S.57 so z. B.: Beteiligung der DBG an der Leffers AG, die durch die Deutsche Bank als Konsortialführer erfolgreich an der Börse eingeführt wurde 54 vgl.: Leopold/ Frommann, aaO, S.58f. 55 Deutsche Wagnisfinanzierungs-Gesellschaft mbH 56 Nittka, aaO, S.32 57 Leopold/ Frommann, aaO, S.61; Nittka, aaO, S.32 53 - 12 Industrie und der Kreditinstitute. Nachdem der Eigenkapitalanteil in den vergangenen 20 Jahren bei KMU auf unter 20% zurückgegangen war58. Auch die zunehmende Auseinandersetzung mit Erfolgsgeschichten aus den USA gab dem Markt neue Impulse. So wurde 1982 erstmals eine Anzahl von 1000 Beteiligungsfällen überschritten mit einer Gesamtinvestitionssumme von ca. 600 Mio. DM59. 1985 schließlich wurde erstmals, nach ca. zwei Jahrzehnten, ein Portfolio von 1 Mrd. DM erreicht. Bemerkenswert für die plötzlich einsetzende Dynamik ist, dass sich dieser Bestand in weniger als 10 weiteren Jahren versechsfachen sollte60. Sowohl Grund als auch Ergebnis der Entwicklung ist eine Reihe bedeutender Neugründungen von VC- Gesellschaften, durch in- und ausländische Initiatoren, die nunmehr auch in das Geschäftsfeld der Innovationsfinanzierung zielen sollten. Jene legten infolge dessen auch Wert auf die Feststellung, dass es sich nicht mehr um die in Deutschland bekannten KBG´n handelte, sondern um “echte” VC- Gesellschaften61. Beispielhaft seien genannt Atlas Venture GmbH, Baring Venture Partners, Citicorp, 3i Deutschland, Matuschka oder Suez Finanzberatung. (2) Neuerliches Befassen des Staates (a) UBBG Das gerade die Ausrichtung der Gesellschaften auf Innovationsfinanzierungen in Seed und First- Stage- Phasen jedoch schon Mitte der 80er durch Totalausfälle und Pleiten- so zum Beispiel, der als besonders innovativ geltende, Matuschka- Fond62- wieder ins Stocken geriet, rief erneut den Gesetzgeber auf den Plan. 1987 trat das UBBG63 in Kraft. Zielsetzung war die Förderung der Eigenkapitalbeschaffung von KMU durch indirekten Zugang zum Kapitalmarkt via Schaffung eines neuen Typs von Aktiengesellschaft, genannt UBG. Die in den vorangegangenen Hearings am intensivsten geforderte Steuerbefreiung von Veräußerungsgewinnen64 konnte nicht erreicht werden. Damit wurde von vornherein eine, für den Erfolg des Vorhabens für wesentlich gehaltene Voraussetzung aufgegeben, nämlich die durch UBG´n zu ermöglichende indirekte Beteiligung an KMU steuerlich nicht schlechter zu stellen als direkte Beteiligungen65. Statt dessen wurde ein umfangreicher Restriktionskatalog über die Gestaltung der Geschäfte einer UBG auf den Weg gebracht. Jener reichte von der Beschränkung auf Beteiligungen innerhalb der BRD, dem Verbot des Erwerbs börsennotierter Aktien, über eine Beteiligungsbeschränkung von max. 20% des 58 vgl.: Leopold/ Frommann, aaO, S.62f. vgl.: Leopold/ Frommann, aaO, S.62 60 vgl. Fn.58 61 vgl.: Leopold/ Frommann, aaO, S.65 62 Leopold/ Frommann, aaO, S.66 63 Gesetz über Unternehmensbeteiligungen 64 Leopold/ Frommann, aaO, S.67 65 vgl.: Weitnauer, aaO, Rn.52; Leopold/ Formmann, aaO, S.67 59 - 13 Eigenkapitals der UBG, bis hin zu einer unzureichenden Absicherung § 32a GmbHG betreffend66. Mit der Konsequenz das Kredite der Gründerbanken im Insolvenzfall kapitalersetzende Darlehen werden konnten67. Jene werden wie Eigenkapital der Gesellschaft behandelt, mit der Folge das ein Rückzahlungsanspruch im Insolvenzfall im Rang hinter allen anderen Forderungen zurückfällt und gem. § 32a GmbHG ein Auszahlungsverbot greift68. Infolge dessen hielt sich die Resonanz der Branche in Grenzen, wenngleich einige Gründungen zu verzeichnen waren. “Prominentestes” Beispiel, ist die seit 1997 börsennotierte DBAG69 . (b) InvestmentG Darüberhinaus versuchte der Gesetzgeber in der Änderung des Investmentgesetzes. Dies blieb allerdings ohne Wirkung, da bis dato keine Investmentgesellschaft von den gebotenen Möglichkeiten Gebrauch machte70 (3) Herausbildung von Interessenverbänden Infolge des Wachsens des Wirtschaftszweiges bildete sich auch das Bedürfnis nach einer Interessenvertretung der Branche. Nach längerem “Tauziehen” kam es 1989 schließlich zur Verschmelzung der beiden großen Verbände DVCV71 und BVK72 zum BVK, der seitdem “Lobby-Aufgaben” der deutschen VC- Branche übernimmt. d) Neue wirtschaftliche Schwerpunkte Anfang der 90er Mit der Wiedervereinigung verlagerte sich der witrschaftspolitische Schwerpunkt auf eben jene, darausfolgenden Probleme. Steuerprivilegien wurden etwa durch Sonderabschreibungen in den NBL73 geschaffen; der VC- Markt politischer Seits etwas “vernachlässigt”. Dennoch kam es auch in den NBL zu Beteiligungsprojekten. Aufgrund des durchweg maroden Zustands einer durch real existierenden Sozialismus geprägten Wirtschaft, ist es mehr als ein bloßer Achtungserfolg, das die Summe aller Beietiligungen in den NBL 1995 bereits 743 Mio. DM erreicht hatte74. Das Gesamtgeschäft jedoch pegelte sich seinerzeit auf einem relativ gleichbleibenden Niveau der Investititionen von ca. 1 Mrd. DM per anno ein. Eine gewisse Stagnation infolge einer sich abschwächenden gesamtdeutschen Konjunktur schien einzusetzen75. 66 Weitnauer, aaO, Rn.52 vgl.: BGH Z 81, 311(315); BGH, DB 1988, 2141 68 vgl.: BGH Z 76, 326 69 Deutsche Beteiligungs Aktiengesellschaft 70 Leopold/ Frommann, aaO, S.68 71 Deutscher Venture Capital Verband 72 Bundesverband deutscher Kapitalbeteiligungsgesellschaften 73 Die Neuen Bundesländer 74 Leopold/ Frommann, aaO, S.77 75 Leopold/ Frommann, aaO, S.78 67 - 14 e) Zwischenbilanz Bis in die Mitte der 90er Jahre hatte also auch der deutsche VC- Markt beachtliche Wachstumsraten verbucht, jedoch war es nicht gelungen an die US-amerikanische Erfolgsstorry anzuknüpfen. a) Im Gegensatz zu den USA, dominierte in Deutschland eine risikoaverse Haltung sowohl der Unternehmer als auch der Investoren. Nie ganz abgelegt werden konnte auf Unternehmer- Seite das sog. “Herr-im-Hause”-Denken, dass zur Ablehnung externer Einflussnahmen und übertriebener Sicherung der viel beschworenen unternehmerischen Unabhängigkeit führte (vgl.: a) (1); (2) ).76 b) Wie vorstehend ausgeführt, erwiesen sich die Gesetzgebungsakte als nicht besonders stimmulierend für die Entwicklung von VC, insbesondere sie Systematik der Unternehmensbesteuerung , die Beschränkungen die neuen Gesellschaftsformen auferlegt worden sind (vgl.: a) (3); b) (2); c) (2) ), steuerliche Privilegierungen alternativer Investitionen(vgl.: d) (1) ), sowie die Subventionierung aussterbender Industriezweige seien hierbei nochmals genannt77. c) Des weiteren werden als Gründe angeführt, eine bis dato unterentwickelte deutsche Börsenlandschaft78, also insbesondere fehlende attraktive Exit- Möglichkeiten, wie dies in den USA durch das Vorhandensein der NASDAQ der Fall war. d) Außerdem ist zu nennen, ein Ausbildungsdefizit bei Unternehmern, insbesondere in Bereichen wie Marketing, Vertrieb und Controling79; aber auch auf Seiten der Investoren, denen bis in die 80er Jahre wirkliche VC- Professionals fehlten80. f) Der Durchbruch ab der Mitte der 90er Jahre Der einsetzenden Stagnation zu Mitte der 90er Jahre versuchte abermals der Gesetzgeber entgegenzuwirken. 1994 mit ersten vorsichtigen Korrekturen durch das 2. FFG81, nachdrücklicher und wirkungsintensiver durch das am 01.04.1998 in Kraft getretene 3. FFG82, sowie durch die unmittelbar folgenden KapAEG83 und KonTraG84. (1) Das 3. FFG Jenes Artikelgesetz enthielt neben einer grundlegenden Novellierung des UBGG und des KAGG, auch eine Anpassung der steuerlichen Vorgaben im EstG, wonach UBG´n gem. § 6 76 vgl.: Breuer, aaO, S.326; Leopold/ Frommann, aaO, S.39f., 96 Weitnauer, aaO, Rn.37 78 Weitnauer, aaO, Rn.37 79 Breuer, aaO, S.327 80 Leopold/ Frommann, aaO, S.56f. 81 Finanzmarkförderungsgesetz, vom 15.06.1994 82 „Gesetz zur weiteren Fortentwicklung des Finanzplatzes Deutschland“ 83 Kapitalaufnahmeerleichterungsgesetz, vom 24.04.1998 84 Gesetz zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich, vom 01.05.1998 77 - 15 b Abs.4, S.1, Nr.2 EstG Beteiligungen schon nach einem Jahr steuerbegünstigt veräußert werden konnten. Ebenfalls eingeführt wurde, die dem Gedanken des sec. 1045 IRC für QSBS (vgl.: II. 1. c) (2) ) in den USA ähnliche, Steuerbefreiung für Reinvestitionen unter bestimmten Voraussetzungen85. (a) UBBG Während bisher UBG´n nur in Form einer AG betrieben werden konnten, waren nunmehr als Rechtsformen auch die der GmbH, der KG und der KGaA zugelassen. Außerdem wurden die Anlagemöglichkeiten der UBG erheblich erweitert. Mehrheitsbeteiligungen konnten nun bis zu 8 Jahren gehalten werden, die Summe der Beteiligungen durfte 30 % des Eigenkapitals betragen, der Erwerb börsennotierter Beteiligungen wurde gestattet und auch Beteiligungen außerhalb des EWR waren nunmehr leichter zu erwerben86. Mithin die Änderung jener Regelungen, die beim Inkkrafttreten des UBBG 1987 (vgl.: c) 2) (a) ) kritisiert wurden. Ebenfalls bedeutend war § 24 UBGG, wonach die Regelung über eigenkapitalersetzende Darlehen nunmehr keine Anwendung bei UBG´n finden sollte, was eine Entschärfung der Problematik § 32 a GmbHG bedeutete (vgl.: c) 2) (a) ). Insgesamt führten die umfangreichen Maßnahmen zu einer enormen Verbesserung der Attraktivität von UBG´n87. (b) KAGG Durch die Zulassung neuer Fondstypen, der Neuorientierung der rechtlichen Voraussetzungen für geschlossene Fonds, sowie der Eröffnung neuer Handlungsspielräume für die bestehenden Fonds erzielte man durch die Novellierung der betreffenden Vorschriften des KAGG ebenfalls Erfolge, das Angebot, die Flexibilität und Rentabilität betreffend88. (2) KapAEG und KonTraG Mit Inkrafttreten des KapAEG und des KonTraG modifizierte man das Eigenkapitalersatzrecht. § 32 a GmbHG entheilt nunmehr ein Sanierungsprivileg, außerdem entfallen Kleinbeteiligungen von weniger als 10% dem Anwendungsbereich89. Auch das Aktienrecht erfuhr hierdurch Neuerungen, insbesondere Deregulierungsmaßnahmen, Gründungserleicherterungen und Entbürokratiesierungsregeln90. Vornehmlich um die Wahrung der Anlegerinteressen ging es im KonTraG im Hinblick auf Konkretisierungen von Sorgfaltspflichten und Berichtspflichten, was zu einer erhöhten Transpenz führen sollte. 85 vgl.: Weitnauer, aaO, Rn.60 vgl.: Jäger, aaO, 838 87 Jäger, aaO, 838 88 Weitnauer, aaO, Rn.55 89 vgl.: Weitnauer, aaO Rn.42 90 vgl. hierzu: Weitnauer, aaO, Rn.43f. 86 - 16 (3) HGB-Reform Ebenfalls 1998 trat das Handelsrechtsreformgesetz in Kraft, welches durch Liberalisierungsvorschriften Wettbewerbsnachteile deutscher Unternehmen beseitigen sollte. (4) Belebung der Aktienmärkte Zu diesem gesetzgeberischen Wirken kam die Einrichtung der Neuen Märkte in ganz Europa hinzu. Diese, bislang insbesondere für VC fehlenden, Exitmöglichkeiten eröffneten der Branche neue Dimensionen. In Deutschland kam es im März 97 zur Einrichtung des sog. Neuen Markt, der sich zunächst als Renditetreiber und Triebfeder für den deutschen VCMarkt schlechthin erweisen sollte. So waren bis Anfang 99, 52 von 103 am neuen Markt gelisteten Unternehmen VC-Gesellschaften. (5) Einsetzende Verbesserung der steuerlichen Rahmenbedingungen Die Anpassung, insbesondere der steuerlichen, Rahmenbedingungen durch den Staat, gehörte und gehört wohl noch immer zu den häufigsten Forderungen91, als Grundlage für ein Erstarken des VC-Marktes in Deutschland. Durch das Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/2002 sind hierfür wichtige Grundlagen auf den Weg gebracht, die nichts desto trotz ausbaufähig erscheinen92. Nur exemplarisch sein genannt: die Reduktion des Körperschaftsteuerthesaurierungssatzes, der im Vergleich zu den USA aber noch immer mehr als das Doppelte beträgt, die steuerfreie Reinvestitionsmöglichkeit bei UBG`n (vgl.: f) (1) ) und insbesondere die für 2002 für Kapitalgesellschaften in Aussicht gestellte Steuerfreiheit bei Gewinnen aus Beteiligungsveräußerungen93. Als störend werden hingegen insbesondere die Beteiligungsgrenze von 10% für Privatanleger94, die Verlängerung der Spekulationsfrist oder auch die Streichung des § 6 b EstG empfunden. Diese Aspekte und deren Ineinandergreifen schlagen sich seit 1996 in den Zahlen des deutschen VC-Marktes nieder. Die Bruttoinvestitionen vervielfachten sich von bis dahin ca. 1 Mrd. per anno auf 2,6 Mrd. DM in 1997; 3,8 Mrd. DM in 1998 bis auf 6,7 Mrd. DM in 199995. Auch der Exit in Form des Going-Public ist in 1998 erstmals sprunghaft auf ca.20% gegenüber ca.4% in 1997 angestiegen.96 Das Gesamtportfolio der Investitionen der Mitglieder des BVK stieg von 7 Mrd. DM in 97 auf 13,5 Mrd. DM in 99, mithin eine Verdopplung97. Zum Ende der 90er also hatte sich VC, durch die Entwicklung einer neuen Gründergeneration in Deutschland, durch die Schaffung akzeptabler Rahmenbedingungen 91 vgl.: Breuer, aaO, 328; Jäger, aaO, 839; Weitnauer, aaO, Rn.57ff.,76 vgl.: Weitnauer, aaO, Rn.56ff. 93 Monatsbericht Deutsche Bundesbank Okt.2000, S.29; Weitnauer, aaO Rn.61 94 Dezes, FTD, 16.08.2000 95 Broschinski, Die Bank 03/2000, 158 96 vgl.: Weitnauer, aaO, Rn. 38ff.; Deutsche Bundesbank Monatsbericht Okt., S.20,25f. 97 Cramer in Hehn, Innovative KAnlagekonzepte, 163(167) 92 - 17 durch die politischen Entscheidungsträger und die Belebung der europäischen Börsen konstituiert. - 18 - B. Gegenwärtige Lage des VC- Marktes in Deutschland 1. Auswirkungen der Turbulenzen an den Kapitalmärkten Nach dem Boom der vergangenen Jahre, einhergehend mit der Aktieneuphorie und einem ungesunden “Konzept-IPO”, wo Anleger quasi blind bereit waren, jede Neuemission zu zeichnen ist es nicht verwunderlich, dass in Deutschland insbesondere die Early-StageFinanzierungen im Mittelpunkt standen. In eben jenem Geschäftsfeld aber, sind die Auswirkungen der “Fallenden Börsen” aber besonders deutlich zu verspüren. Da sich schnelle Exitwege nicht mehr so leicht ergeben, haben es junge Unternehmen zunehmend schwerer Finanziers zu finden98. Viele Investoren, aber auch Beteiligungsgesellschaften haben im vergangenen Jahr viel Geld verloren. “Die Spreu wird sich vom Weizen trennen” lautet die wohl meist strapazierte Metapher, das Thema VC betreffend99. Doch auch für etablierte Gesellschaften ist die Krise der New Economy ein Problem. Denn sinken die Renditen könnte das Vertrauen der institutionellen Investoren erschüttert werden. 2. Chancen und Ausblick a) Andererseits eröffnen die jüngsten Entwicklungen auch neue Potientiale. Zum einen ist davon auszugehen, dass Unternehmen und Konzepte wieder nach rationaleren Kriterien selektiert werden, Qualitätsanforderungen in jeder Hinsicht steigen werden und auch die Finanzierungsrunden bis zum IPO wieder länger und stetiger sein werden100. Zum anderen werden verstärkt Later-Stage-Finanzierungen zum Tragen kommen. Einerseits werden erfolgreiche Frühphasenfinanzierungen der vergangenen Jahre weitergeführt und ausgebaut101, zum anderen ist von einer “Vertrauensverschiebung” hin zu etablierteren Unternehmungen oder Spinn-Offs auszugehen. Jenen sind Vorteile bereits bestehender Markenbekanntheit, eventueller Kundenbindung oder eingespielter Logistik einzuräumen. Man sucht innerhalb der Branche nunmehr weniger nach B-to-B, sondern nach “P-to-P”, was soviel heißt wie “Path-to-Profibilitiy”102. b) Auf dem deutschen VC-Markt sind daneben einige grundlegende Trends auszumachen. In Anlehnung an das amerikanische Vorbild werden sich die VC-Firmen weiter professionalisieren und spezialisieren. Auch eine Entwicklung hin zu einer höheren Konzentration und weniger Unübersichtlichkeit ist zu vermerken. Jüngstes Beispiel ist der 98 Brockhaus, Handelsblatt, 217/2000, S.B3; Payome, Netinvestor 11/00, S.38(39f.); Schulte, VDINachrichten 20.10.00, S.25 99 vgl.: Heilmann, Handelsblatt 217/2000, S.B1 100 Brockhaus, Handelsblatt, 217/2000, S.B3 101 Fleischhauer, Handelsblatt, 217/2000, S.B2 102 Payome, Netinvestor 11/00, S.38(44) - 19 Kauf der Technologieholding durch 3i103. Außerdem werden die investierten Volumina steigen104, größere Deals sind die Folge. Im Rahmen der Globalisierung werden sowohl vermehrt ausländische Investoren und VC-Gesellschaften in den deutschen Markt drängen, als auch deutsche Gesellschaften ins Ausland gehen. Neue Geschäftsfelder, aber auch größerer Wettbewerb werden hieraus resultieren. c) Grundsätzlich bleibt Deutschland, wie andere europäische Länder auch, wohl ein lukrativer Markt für VC. Der anhaltende Umbau von Großkonzernen, Umstrukturierungen im Mittelstand, damit eihergehende Spinn-Offs, sowie eine innovative Gründerkultur, die auch erste Ansätze einer “Kultur des Scheiterns” beinhaltet105, bieten die Grundlage hierfür106. Sollten sich Hemmnisse, in der deutschen Mentalität bestehend, weiterhin vermindern, der Staat an den eingeschlagenen Wegen festhalten, die Forschungseinrichtungen ihren Beitrag zu leisten bereit sein und sich das Klima der internationalen Finanzmärkte wieder verbessern, stehen einer erfolgreichen Weiterentwicklung von VC in Deutschland keine unüberwindbaren Hindernisse im Weg. Für 2000 geht man von Bruttoinvestitionen von 5,6 Mrd. Euro aus. Vergleiche zum US-amerikanischen Markt ergeben, dass der deutsche Markt etwa drei bis fünfmal so groß werden könnte, wie er heute ist. Für die Bruttoinvestitionen bedeutet dies eine Prognose von 17 bis 28 Mrd. Euro in 2005107 103 Heilmann, Handelsblatt 217/2000, S.B1 Frommann in Payome, Netinvestor 11/00, 38(40) 105 Fleischhauer, Handelsblatt 217/2000, S.B2 106 vgl.: Richards, M&A Review 3/99, S.1; ders. in: Who´s Who EM, 62(65) 107 Fleischhauer, Handelsblatt 217/2000, S.B2 104 - 20 - C. Allgemeine Strukturen von VC Im Sinne eines Überblicks, sollen abschließend einmal die allgemeinen Strukturen, im Hinblick auf die Arten von VC, und die Phasen in den VC durch Unternehmen benötigt wird, kurz dargestellt werden. 1. Arten von VC-Finanzierungen a) Formelles VC Formelles VC meint indirekt bereitgestelltes Kapital, durch Zwischenschaltung einer VCGesellschaft realisiert. Dies geschieht durch Kreditinstitute, Versicherungen, Industrieunternehmen, VC-Gesellschaften oder durch den Staat. Dabei kann zwischen projekt-und fondsorientierten Beteiligungen unterschieden werden. Bei ersterem wird ein gesonderter Finanzintermediär für das jeweilige Projekt ins Leben gerufen. Die Abwicklung findet hauptsächlich über Abschreibungs- und Maklergesellschaften statt. Größere Bedeutung ist den fondsorientierten Beteiligungen zuzumessen. Dank im Allgemeinen größerer Investitionen, wird in verschiedenen Unternehmen verschiedener Branchen und in unterschiedlichen Phasen der Unternehmensentwicklung investiert. (1) Institutionelles VC Bei der wohl klassischsten der Form von VC zeichnen die VC-Geber in der Regel Anteile an einem Fond, der von einer VC- Gesellschaft betreut wird. Der Fond investiert in Unternehmen, die von der VC- Gesellschaft ausgesucht und betreut werden. Hierfür wird jene mit einer Managementgebühr vergütet. Am Ende der Laufzeit werden die Beteiligungen auf verschiedene Art und Weise veräußert und der realisierte Wertzuwachs an die Investoren ausgeschüttet. VC- Fonds können selbständig bestehen, meist sind dies aber Tochtergesellschaften etablierter Finanzinstitute. So stellten die Kreditinstitute 1998 50% der Mittel des gesamten Fondsvolumens, eine im Vergleich zu den Vorjahren zwar rückläufige, im internationalen Vergleich aber enorm hohe Quote108. (2) Corporate VC Hierbei stellen große Industrieunternehmen VC zur Verfügung. Neben der Finanzbereitstellung nimmt das Unternehmen bei dieser Finanzierungsform häufig Beraterfunktionen wahr. Nicht selten werden Reputation, Kontakte und Absatzkänale zur Verfügung gestellt. Das kapitalgebende Unternehmen partizipiert neben dem möglichen Investitionserlös an neuen innovativen Ideen und Entwicklungen, sichert sich somit neue Absatz- und Beschaffungsmärkte und erweitert gegebenenfalls Geschäftsfelder109. 108 109 vgl.: Schüppen/ Ehlermann, Corporate VC, Rn.14, Nittka, aaO, 2.5.4 vgl.: Schüppen/ Ehlermann, Corporate VC, Rn.16ff. - 21 (3) VC und die öffentliche Hand Auch der Staat ist als VC-Geber aktiv. Im Gegensatz zu vorstehenden Modellen, liegt der Schwerpunkt dieser Tätigkeit aber nicht in einer möglichst hohen Renditeerzielung, sondern um die Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen und um Stimmulationseffekte für den Markt zu erzielen; so geschehen bei der deutschen WFG (vgl.: II. 1) b) (2) ). Ob die staatlichen Programme immer dem Begriff des VC unterfallen ist streitig110, zudem abhängig von der jeweiligen VC-Definition und mag an dieser Stelle dahingestellt bleiben. b) Informelles VC Bei dieser Form des VC, investiert der VC- Geber direkt, d. h. ohne Zwischenschaltung eines Mediärs o. ä., in das Kapital suchende Unternehmen. (1) Passive Investoren Hierunter zu subsumieren ist auch die Gruppe sog. Passiver Investoren, die direkt in die Unternehmung investieren, allerdings ohne Managmentunterstützung zu leisten. (2) Business Angel Ebenfalls informelle Investoren sind die sog. Business Angels. Jene zeichnen sich durch eine aktive Beteiligung, also eine Bündelung von Kapital und Know-how aus. Hinzu kommt die zur Verfügungstellung enorm wichtiger Kontakte zu Banken, Juristen oder Geschäftspartnern. Charakteristisch ist die Bereitschaft, in sehr junge, risikoreiche Unternehmungen zu investieren. Hierin ist begründet, dass die durchschnittliche Investitionssumme durch Business Angels im Vergleich zu institutionellem VC zwar relativ gering ist, aufgrund der Signal, Informations- und Insiderwirkung111, die Bedeutung der Business Angels für einen intakten VC-Markt aber nicht unterschätzt werden darf112. In den USA wird von ca. 3 Mio. Business Angels mit einer Kapitalisierung von ca. US $ 60Mrd. ausgegangen. In Deutschland steht diese Kultur mit ca. 27 000 aktiven Angels und ca. 1 Mrd. DM investiertem Kapital noch am Anfang113 . Zusammenschlüsse von Business Angels gibt es in Form von BA-Syndikaten oder auch BAFonds. 2. Klassifizierung von VC nach Investitionsphasen Ebenfalls zu unterschieden ist VC nach den Phasen, in denen VC zur Verfügung gestellt wird. 110 vgl.. Nittka, aaO 2.4.4 m.w.N. Monatsbericht Deutsche Bundesbank, aaO, S.19 112 vgl.: Nittka, aaO, 3.1 113 Monatsbericht Deutsche Bundesbank, aaO, S.23 111 - 22 a) Early Stage Diese erste Phase setzt sich zusammen aus der Seed- und der Start-up-Phase. In der Seed-Phase werden zunächst nur Grundlagenentwicklungen und Marktanalysen vorgenommen. Einnahmen seitens der Unternehmen werden nicht erziehlt. Die überwiegende Finanzierung erfolgt durch Eigenmittel der Gründer114. Lediglich BusinessAngels investieren schon vermehrt in dieser frühen Phase. In der Start-up-Phase werden Vermarktungs- und Produktkonzepte auf Grundlage bestehender Prototypen erstellt115. Da kaum Einnahmen entstehen ist das Unternehmen auf Kapitalzufuhr angewiesen. Neben Business Angels investiert auch instituionelles VC, wenngleich der Anteil der in dieser Phase investierten Mittel in Deutschland 1999 erstmals ca. 25% betrug, und sich damit im Vergleich zu den Vorjahren verdoppelte116. b) Expansion Stage In diesem Abschnitt ist in der Regel mit Produktion und Vermarktung begonnen worden. Kapital ist insbesondere für Produktions- und Absatzausweitung nötig. Die Investitionen während dieser Phase betrugen 1999 in Deutschland ca.35% der aufgebrachten Mittel117. c) Late Stage In das relativ weite Feld dieser Phase gehören sowohl Überbrückungsfinanzierungen in Vorbereitung eines Börsengangs oder zur Überbrückung von Wachstumsschwellen, als auch Finanzierungen, die dem Erwerb von Unternehmen oder Unternehmensteilen durch das vorhandene oder ein neues Management dienen. Sog. Management Buy-out (MBO) bzw. Management Buy-in (MBI)118. Auf diese Phase entfielen in den letzten Jahren durchschnittlich 40 % der investierten Mittel119. d) Turnaround Ebenfalls zur Bereitstellung von VC kommt es in sog. Turnaround-Phasen von Unternehmen, also wenn sich selbige nach Umstrukturierungen etc. aus einer Verlustphase sanieren. 114 Schüppen/ Ehlermann, aaO, Rn.8 Bell, Die Bank 06/99, S.372(373) 116 Weitnauer, aaO, Rn.38 117 Weitnauer, aaO, Rn.38 118 vgl. hierzu: Schüppen / Ehlermann, aaO, Rn.10 119 Schüppen/ Ehlermann, aaO, Rn.11 115