Rechtliche Grundlagen der Verkehrssicherung an Bahnübergängen
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Rechtliche Grundlagen der Verkehrssicherung an Bahnübergängen
Klaus-Dieter Wittenberg Rechtliche Grundlagen der Verkehrssicherung an Bahnübergängen und Grundsätze des Eisenbahnkreuzungsrechts Vortrag im Rahmen der Fachtagung „Bahnübergänge“, einer Gemeinschaftsveranstaltung der Brandenburgischen Technischen Universität Cottbus (BTU) und der Vereinigung der Straßenbau- und Verkehrsingenieure in Berlin-Brandenburg e. V. (VSVI) am 11. März 2008 in Cottbus ... Klaus-Dieter Wittenberg Inhalt I. Rechtliche Grundlagen der Verkehrssicherung an Bahnübergängen 1. Bahnübergänge im Blickpunkt der Öffentlichkeit 2. Das Grundgesetz 3. Das Verwaltungsverfahrensgesetz 4. Das Bürgerliche Gesetzbuch 5. Straf- und Haftpflichtgesetze 6. Das Allgemeine Eisenbahngesetz 7. Die Eisenbahn-Bau- und Betriebsordnung 8. Die Straßenverkehrsordnung 9. Das Eisenbahnkreuzungsgesetz 10. Die Verkehrssicherungspflicht 11. Leitfaden zur Durchführung von Bahnübergangsschauen 12. Zusammenfassung Anlage: § 11 Eisenbahn-Bau- und Betriebsordnung II. Grundsätze des Eisenbahnkreuzungsrechts A. Einführung 1. Geschichtlicher Hintergrund 2. Begriffe / Definitionen B. Kreuzungsaktivitäten 1. Herstellen einer neuen Kreuzung 2. Maßnahmen an bestehenden Kreuzungen 3. Erhaltungsmaßnahmen 4. Beseitigungsmaßnahmen C. Duldungspflichten der Beteiligten D. Kostenermittlung 1. Kostenermittlung bei Herstellung bzw. Änderung einer Kreuzung 2. Kostenermittlung bei Erhaltungsmaßnahmen 3. Kostenermittlung bei Beseitigung von Kreuzungsanlagen E. Kostentragung (einschließlich Fragen der Finanzierung) 1. Kostentragung bei Herstellung bzw. Änderung einer Kreuzung 2. Kostentragung bei Erhaltungsmaßnahmen 3. Kostentragung bei Beseitigung von Kreuzungsanlagen F. Vereinbarungen 1. Vereinbarungen nach § 2 und § 3 EKrG 2. Vereinbarungen außerhalb des EKrG 3. Vereinbarungen nach § 14a EKrG G. Meinungsverschiedenheiten/Strittige Fragen 1. Kreuzungsrechtsverfahren 2. Verwaltungsgerichtsverfahren Literatur Klaus-Dieter Wittenberg 11. März 2008 ... -2- I. Rechtliche Grundlagen der Verkehrssicherung an Bahnübergängen 1. Bahnübergänge im Blickpunkt der Öffentlichkeit Safety first – Sicherheit zuerst: es dürfte kein Zufall sein, dass wir diese Worte aus dem Englischen übernommen haben, aus dem Ursprungsland der technischen Revolution, der Dampfmaschine, des mechanischen Webstuhls und – der Eisenbahn. Die mit den neuen Techniken verbundenen Gefahren waren offenkundig; sie ergaben sich vor allem aus dem explosionsgefährdeten Dampfkessel und den mit der „erschreckenden“ Geschwindigkeit von 40 Stundenkilometern und mehr bewegten großen Massen. Heute fahren wir mit erheblich höheren Geschwindigkeiten als damals, sowohl auf der Straße als auch auf der Schiene. Als Folge der Mobilität haben wir ein dichtes Straßenund Eisenbahnnetz in der Bundesrepublik Deutschland. An zahlreichen Punkten kreuzen sich beide Verkehrswege, teils höhenfrei durch Brücken getrennt in zwei Ebenen, teils höhengleich als Bahnübergänge. Von letzteren soll hier die Rede sein Noch heute gibt es bei der DB Netz AG rund 21500 Bahnübergänge, an denen Züge und Kraftfahrzeuge zusammenprallen können. Hinzu kommen rd. 7500 Bahnübergänge bei den nichtbundeseigenen Eisenbahnen (NE) des öffentlichen Verkehrs, soweit diese im Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) organisiert sind. Die Zahl der Bahnübergänge der übrigen, nicht im VDV organisierten Eisenbahnen des öffentlichen und des nichtöffentlichen Verkehrs ist nicht bekannt, dürfte aber bei bis zu 10000 liegen, so dass eine Gesamtzahl von fast 40000 Bahnübergängen erreicht wird. Rund 230 Bahnübergangsunfälle mit 65 Toten und 213 Verletzten im Jahr (2007) allein bei der DB Netz AG führen dazu, dass dieses Thema immer wieder nicht nur bei den Beteiligten Baulastträgern, sondern auch in der Öffentlichkeit diskutiert wird. Dabei wird gelegentlich außer acht gelassen, dass in der ganz überwiegenden Zahl der Unfälle kein Verschulden der Eisenbahn, sondern Fehlverhalten der Straßenverkehrsteilnehmer vorliegt. Um dies zu verhindern und um den Straßenverkehr wie auch den Eisenbahnverkehr zu schützen, bedarf es gesetzlicher Vorschriften, die das Verhalten der Beteiligten regeln. Dies hat der Staat frühzeitig erkannt. Deshalb ist es nicht verwunderlich, dass das erste deutsche, das Preußische Eisenbahngesetz vom 03. November 18381 in seinem § 24 die Eisenbahngesellschaft verpflichtete, „die Bahn nebst den Transport-Anstalten fortwährend in solchem Zustand zu erhalten, dass die Beförderung mit Sicherheit und auf die der Bestimmung des Unternehmens entsprechende Weise erfolgen könne, sie kann hierzu im Verwaltungswege angehalten werden.“ Außerdem verpflichtete das Gesetz die Eisenbahngesellschaft im § 25 „zum Ersatz für alle Schäden, welcher bei der Beförderung auf der Bahn, an den auf derselben beförderten Personen und Gütern, oder auch an anderen Personen entsteht und sie kann sich von dieser Verpflichtung nur durch den Beweis befreien, dass der Schaden entweder durch die eigene Schuld des Beschädigten oder durch einen unabwendbaren äußeren Zufall bewirkt worden ist. Die gefährliche 1 Fritsch, Eisenbahngesetzgebung im Deutschen Reiche und in Preußen, Dritte Auflage, 1930 Klaus-Dieter Wittenberg 11. März 2008 ... -3- Natur der Unternehmung selbst, ist als ein solcher, von dem Schadensersatz befreiender, Zufall nicht zu beachten“. Damit war in zwei wesentlichen Punkten (Sicherheit, Schadenersatz) die noch heute bestehende Rechtslage vorgezeichnet: 2. Das Grundgesetz Alle gesetzlichen Regelungen haben heute letztlich ihren Ursprung in der Verfassungsnorm des Art. 2 Absatz 2 Grundgesetz. Danach hat der Einzelne ein Grundrecht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Soweit die Zerstörung oder Beschädigung von Sachen in Betracht kommt, hat er ein Recht auf die Gewährleistung des Eigentums nach Art. 14. Bei der Erfüllung der Schutzpflicht hat der Staat einen erheblichen Spielraum2. Der Staat ist seiner Schutzpflicht durch Erlass entsprechender materieller Vorschriften nachgekommen und hat Verwaltungs- und Genehmigungsverfahren vorgeschrieben, um die Sicherheit zu gewährleisten. 3. Das Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG) Die Verfassungsnorm wird u. a. im Verwaltungsverfahrensrecht umgesetzt. Aus dem Planungsrecht ergibt sich die öffentlich-rechtliche Verpflichtung, Vorkehrungen oder Anlagen vorzusehen, die zum Wohl der Allgemeinheit und zur Vermeidung nachteiliger Wirkungen auf Rechte anderer erforderlich sind (§ 74 Abs. 2 Satz 2 VwVfG). Die Begriffe der Vorkehrungen und Anlagen sind weit auszulegen. Sie umfassen alles, was in Form aktiver oder passiver Maßnahmen geeignet ist, die Auswirkungen des Vorhabens auf die Belange der Allgemeinheit oder Rechte Dritter aufzuheben oder zu mindern3. Dazu gehören selbstverständlich auch Maßnahmen, die der Sicherheit dienen. 4. Das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) Der Reisende, der die Eisenbahn benutzt, hat einen zivilrechtlichen Anspruch auf eine sichere Beförderung. Damit besteht die Pflicht der Eisenbahn als Schuldner der Transportleistung, die im Verkehr erforderliche Sorgfalt walten zu lassen (§ 276 BGB). Von Bedeutung sind die Bestimmungen des BGB über die Ansprüche von Geschädigten aus unerlaubter Handlung (§§ 823ff). Hierzu haben die Gerichte unter dem Begriff der „Verkehrssicherungspflicht“ eine Vielzahl von Entscheidungen getroffen, die die Sicherheitspflichten der Beteiligten konkretisieren (siehe unten). 5. Straf- und Haftpflichtgesetze Mittelbar beeinflussen Gesetze die Sicherheit, die bei Verstößen gegen die Sicherheitspflicht Strafen oder Bußen androhen und den Anspruch des Geschädigten auf Schadenersatz regeln. Unabhängig davon, ob Sicherheitspflichten verletzt worden sind, haftet der Eisenbahnunternehmer aus der Gefährdungshaftung, die das Haftpflichtgesetz (HPflG) vom 04.01.19784 regelt. Die Eisenbahn ist von der Haftung befreit, wenn sie nachweist, dass der Unfall auf höhere Gewalt zurückzuführen ist. Ein Mitverschulden des Verletzten ist entsprechend den Vorschriften des § 254 BGB zu berücksichtigen. Hat ausschließlich das 2 3 4 Jarass/Pieroth, Grundgesetz, 4. Auflage, Art 2 Rn 51 Stelkens/Bonk/Sachs, Verwaltungsverfahrensgesetz, 5. Auflage, § 74 Rn 88 zuletzt geändert durch das Zweite Gesetz zur Änderung schadensersatzrechtlicher Vorschriften vom 19. Juli 2002 Klaus-Dieter Wittenberg 11. März 2008 ... -4- Verschulden des Verletzten zu dem Unfall geführt, so kann dadurch die Haftung des Betriebsunternehmers aus der Betriebsgefahr völlig in den Hintergrund gedrängt werden. Jedoch kommt es hier auf den Grad des Verschuldens an (leicht fahrlässig, fahrlässig, grob fahrlässig, vorsätzlich). Es obliegt dem Verletzten, den Nachweis dafür zu erbringen, dass der Schaden beim Betrieb der Eisenbahn entstanden ist. Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass die Gefährdungshaftung nicht auf den Bereich des Eisenbahnbetriebes beschränkt ist. Aus Gefährdung haften in ähnlicher Weise z. B. - der Betreiber eines Kraftfahrzeuges - der Inhaber einer Energieanlage - der Inhaber bestimmter Anlagen gemäß Umwelthaftungsgesetz. Als strafrechtliche Vorschriften kommen insbesondere in Betracht Sanktionen bei gefährlichen Eingriffen in den Bahnverkehr gemäß § 315 StGB, Fahrlässige Tötung (§ 222), Körperverletzung (§ 223). Aus der Rechtsberatung ist bekannt, dass die für die Sicherheit Verantwortlichen auch aus diesem Grund besorgt sind, das für die Sicherheit Notwendige zu tun. 6. Das Allgemeine Eisenbahngesetz (AEG)5 Für die Eisenbahnen sind die Sicherheitspflichten in der Generalklausel des § 4 Abs. 1 AEG normiert. Danach sind die Eisenbahnen verpflichtet, ihren Betrieb sicher zu führen und die Eisenbahninfrastruktur, die Fahrzeuge und das Zubehör sicher zu bauen und in betriebssicherem Zustand zu halten. Die Vorschrift entspricht im Wesentlichen dem früheren § 4 Bundesbahngesetz. Eine entsprechende Regelung enthalten die Landeseisenbahngesetze. 7. Die Eisenbahn-Bau- und Betriebsordnung (EBO) Wir kommen jetzt zu der konkreten eisenbahnrechtlichen Norm, die die Sicherheit an Bahnübergängen regelt. Es ist die Eisenbahn-Bau- und Betriebsordnung vom 08. Mai 1967.6 5 Allgemeines Eisenbahngesetz (AEG) vom 27. Dezember 1993 (BGBl. I S. 2396, ber. 1994 I S. 2439), geändert durch Art. 43 der Verordnung vom 21. September 1997 (BGBl. I S. 2390), durch Art. 1 des Gesetzes zur Änderung eisenbahnrechtlicher Vorschriften vom 11. Februar 1998 (BGBl. I S. 342), durch Art. 4 des Gesetzes vom 25. Juni 1998 (BGBl. I S. 1588), durch Art. 1 des Gesetzes vom 25. August 1998 (BGBl. I S. 2431), durch Art. 2 Abs. 5 des Gesetzes vom 26. August 1998 (BGBl. I S. 2521), durch Art. 14 des Gesetzes vom 27. Juli 2001 (BGBl. I S. 2016), durch Art. 256 Zuständigkeitsanpassungsgesetz vom 29. Oktober 2001 (BGBl. I S. 2842), durch Art. 1 des Zweiten Gesetzes zur Änderung eisenbahnrechtlicher Vorschriften vom 21. Juni 2002 (BGBl. I S. 2191), Art. 235 der Verordnung vom 25. November 2003 (BGBl. I S. 2304, Art. 4 des Gesetzes zur Neuregelung des Rechts der Verkehrstatistik vom 12. Dezember 2003 (BGBl I S. 2518), durch Art. 26 des Haushaltsbegleitgesetzes 2004 vom 29. Dezember 2003 (BGBl. I S. 3076), durch Art. 1 des Gesetzes zur Änderung eisenbahnrechtlicher Vorschriften hinsichtlich der Regelung der Interoperabilität vom 27. Dezember 2004 (BGBl. I S. 3833), durch Art. 1 des Dritten Gesetzes zur Änderung eisenbahnrechtlicher Vorschriften vom 27. April 2005 (BGBl. I S. 1138), durch Art. 2 Abs. 8 des Siebten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen vom 7. Juli 2005 (BGBl. I S. 1954, durch Art. 3 Abs. 50 des Zweiten Gesetzes zur Neuregelung des Energiewirtschaftsrechts vom 7. Juli 2005 (BGBl. I S. 1970), durch Art. 1 des Vierten Gesetzes zur Änderung eisenbahnrechtlicher Vorschriften vom 3. August 2005 (BGBl. I S. 2270), durch Berichtigung des Vierten Gesetzes zur Änderung eisenbahnrechtlicher Vorschriften vom 11. August 2005 (BGBl. I S. 2420), durch Art. 299 der Neunten Zuständigkeitsanpassungsverordnung vom 31. Oktober 2006 (BGBl. I S. 2407, 2446). durch Art. 1 des Gesetzes zur Beschleunigung von Planungsverfahren für Infrastrukturvorhaben vom 9. Dezember 2006 (BGBl. I S 2833), zuletzt geändert durch Art. 1 des Ersten Gesetzes zur Änderung des Allgemeinen Eisenbahngesetzes vom 13. Dezember 2006 (BGBl. I S. 2919), durch Art. 1 des Fünften Gesetzes zur Änderung eisenbahnrechtlicher Vorschriften vom 16. April 2007 (BGBl. I S. 522), durch das Zweite Gesetz zur Änderung des Allgemeinen Eisenbahngesetzes vom 16. Juli 2007 (BGBl. I S. 1383), zuletzt geändert durch das Dritte Gesetz zur Änderung des Allgemeinen Eisenbahngesetzes vom 8. November 2007 (BGBl. I S. 2566) 6 zuletzt geändert durch Artikel 499 der Neunten Zuständigkeitsanpassungsverordnung vom 31. Oktober 2006 (BGBl. I S. 2407, 2470) Klaus-Dieter Wittenberg 11. März 2008 ... -5- Die höhengleichen Kreuzungen von Eisenbahnen und Straßen sind Gegenstand umfangreicher und vielgestaltiger Bestimmungen im § 11 (Anlage). Zunächst wird der Begriff „Bahnübergang“ definiert und abgegrenzt. Es muss sich um eine höhengleiche Kreuzung handeln, d.h. die unterschiedlichen Verkehrswege treffen aufeinander und gehen unmittelbar danach wieder auseinander. Wenn Eisenbahn und Straße eine Strecke lang den gleichen Verkehrsraum benutzen, z.B. bei der gemeinsamen Benutzung einer Brücke, kann von einer Kreuzung selbst dann nicht gesprochen werden, wenn sie dabei die Seiten wechseln. Die dabei auftauchenden Sicherheitsfragen werden nach den Umständen des Einzelfalls entweder entsprechend den Bahnübergangs-Sicherungen oder eigenständig zu lösen sein. Abweichend vom Eisenbahnkreuzungsgesetz, das nur für die öffentlichen (gewidmeten) Straßen, Wege etc. gilt, kommt es nach der EBO nur darauf an, dass die kreuzenden Flächen tatsächlichen Verkehr aufweisen. Auch ein durch tatsächlichen Gebrauch entstandener Weg wäre EBO-gerecht zu sichern, wenn er geduldet würde. Kernaussage im § 11 ist die Regelung des Vorrangs der Eisenbahn: „Auf Bahnübergängen hat der Eisenbahnverkehr Vorrang vor dem Straßenverkehr. Der Vorrang ist durch Aufstellen von Andreaskreuzen zu kennzeichnen. Dies ist nicht erforderlich an Bahnübergängen von 1. 2. 3. 4. Feld- und Waldwegen, wenn die Bahnübergänge ausreichend erkennbar sind, Fußwegen, Privatwegen ohne öffentlichen Verkehr, die als solche gekennzeichnet sind, anderen Straßen und Wegen über Nebengleise, wenn die Bahnübergänge für das Befahren mit Eisenbahnfahrzeugen durch Posten vom Straßenverkehr freigehalten werden.“ Dieser Vorrang wird von den Teilnehmern am Straßenverkehr sehr häufig nicht beachtet. Durch die Kennzeichnung der Bahnübergänge mit dem Andreaskreuz wird der Verkehrsteilnehmer in die Lage versetzt, den Vorrang zu beachten. Im Ausland werden vielfach an beschrankten Bahnübergängen keine Andreaskreuze aufgestellt, davon ausgehend, dass die auffälligen Schrankenbäume die Aufgabe des Andreaskreuzes übernehmen können. Die Festlegung im Absatz 3 Satz 1 über den Vorrang des Eisenbahnverkehrs ist das Gegenstück zu § 19 Absatz 1 der Straßenverkehrsordnung. Dort werden die Straßenverkehrsteilnehmer als Normadressaten, hier die Eisenbahnen angesprochen. Der Vorrang vor dem Straßenverkehr gilt wegen der technischen Besonderheiten des Eisenbahnbetriebs ohne jede Ausnahme, d.h. auch gegenüber Straßenfahrzeugen mit Sonderrechten (z.B. Feuerwehr, Polizei, Rettungsdienste). Der Vorrang des Schienenverkehrs auf Bahnübergängen ist durch die technischen Besonderheiten des Eisenbahnbetriebs (Bewegung großer Massen, lange Bremswege, Spurgebundenheit) bedingt. Dieser Vorrang soll den Straßenverkehrsteilnehmern durch das Andreaskreuz deutlich gemacht werden. Das ist jedoch nicht erforderlich an Bahnübergängen von Wegen minderer Verkehrsbedeutung; auch an diesen Bahnübergängen Klaus-Dieter Wittenberg 11. März 2008 ... -6- besteht - schon nach geltendem Recht - der Vorrang. Die Triebfahrzeugführer dürfen mit der Beachtung dieses Vorrangs durch die Wegebenutzer rechnen. Sie sind auf Bahnübergängen nicht Teilnehmer am Straßenverkehr im Sinne der StVO, sondern nur den eisenbahnrechtlichen Vorschriften unterworfen. Die weiteren, in insgesamt 19 Absätzen geregelten Vorschriften des § 11 decken nicht alle denkbaren Möglichkeiten zur Sicherung von Bahnübergängen ab. Außerdem bestimmen sie nur in einem sehr groben Raster, welche Maßnahmen unbedingt notwendig sind. Die EBO stellt somit nur Mindestanforderungen auf, die vor allem durch das Regelwerk der Bahnen fallspezifisch unter Beachtung der Verkehrssicherungspflicht konkretisiert werden (siehe Ziff. 10). Mit diesen weitergehenden Sicherungsmaßnahmen wird der Verpflichtung Rechnung getragen, den Gefahren des Eisenbahnbetriebes mit allen technisch möglichen und zumutbaren Mitteln zu begegnen.7 Dabei ist der Eisenbahnunternehmer selbst dafür verantwortlich, dass die Bahnübergänge „entsprechend der besonderen Eigenart der Anlage den Erfordernissen des dort herrschenden Verkehrs angepasst und ausreichend gesichert werden“.8 Die Sicherheit am Bahnübergang wird im Wesentlichen durch drei Faktoren gewährleistet: a) Ankündigung und besondere Kennzeichnung des Bahnübergangs für den Verkehrsteilnehmer durch Verkehrszeichen, b) Sicherung des Bahnübergangs, c) Richtiges Verhalten der Verkehrsteilnehmer und der Bahnmitarbeiter. Zu a) und c) enthält, soweit es die Verkehrsteilnehmer angeht, die Straßenverkehrsordnung (StVO) entsprechende Vorschriften. Davon ausgenommen ist das Verhalten an Bahnübergängen im Zuge von Privatwegen ohne öffentlichen Verkehr (§ 62 Abs. 3 EBO), weil dort die StVO nicht gilt. Der in der EBO verwendete Begriff des „Sicherns“ beinhaltet nicht nur das Vorhalten bestimmter Bahnübergangs-Sicherungen, sondern auch ihr richtiges Funktionieren und Handhaben. Unter „sichern“ der Bahnübergänge im engeren Sinne dieses Paragraphen ist die Ankündigung eines Eisenbahnfahrzeugs an die Wegebenutzer zu verstehen. Der Ankündigung dienen Blinklichter, Schranken und Lichtzeichen, sofern sie in Abhängigkeit vom Zuglauf bedient oder gesteuert werden (technische Sicherung), und Posten, ferner hörbare Signale der Eisenbahnfahrzeuge. Außerdem dient der Ankündigung die Gewährleistung der Übersicht auf die Bahnstrecke, weil sie den Wegebenutzern ermöglicht, ein sich näherndes Eisenbahnfahrzeug unmittelbar wahrzunehmen. In der EBO nicht erwähnt ist die sehr erfolgreiche Maßnahme, die Schranken von Bahnübergängen signalabhängig zu machen. Das bedeutet, zur Vermeidung menschlichen Fehlverhaltens technische Vorrichtungen einzubauen, die verhindern, dass ein den Bahnübergang schützendes Signal auf Fahrt gestellt wird, bevor die Schranke geschlossen ist, und die verhindern, dass die Schranke geöffnet werden kann, obwohl sich ein Zug nähert. Es ist wahrscheinlich, dass die bei der Deutschen Bundesbahn von 1970 bis 1975 zu verzeichnende sehr beachtliche Verringerung der Unfälle an Bahnübergängen zum größten Teil auf den vermehrten Einbau solcher Anlagen zurückzuführen ist. 7 8 BGH, Urteil vom 10. Oktober 1978 – VI ZR 98/99/77 -, VRS 1978, S. 1163 BGH, Urteil vom 21. November 1953, BGHZ 11, S. 175 ff Klaus-Dieter Wittenberg 11. März 2008 ... -7- Die Vorschriften für Mitarbeiter der Bahn sind im Wesentlichen in internen Weisungen, z.B. den „Fahrdienstvorschriften“ (jetzt „Züge fahren und Rangieren“) und den Richtlinien für Bahnübergänge enthalten. In der Verwaltungspraxis des Eisenbahn-Bundesamtes und der Eisenbahnaufsichtsbehörden der Länder werden die im UIC-Kodex und in den internen Regelungen der Eisenbahnen niedergeschriebenen technischen Sachverhalte weitgehend als anerkannte Regeln der Technik behandelt (ebenso wie z. B. Maßgaben des VDV, des DIN, des DIBT, des VDE). Die anerkannten Regeln der Technik sind nach § 2 Abs. 1 EBO zu beachten, soweit die EBO keine ausdrückliche Vorschrift enthält; beim Abweichen von diesen Regeln ist mindestens die gleiche Sicherheit nachzuweisen (§ 2 Abs. 2 EBO). 8. Die Straßenverkehrsordnung (StVO) Das Verhalten von Verkehrsteilnehmern an Bahnübergängen ist nicht mehr – wie ursprünglich - Gegenstand des Eisenbahnrechts, sondern in § 19, § 49 Abs. 1 Nr. 19 StVO i. V. m. § 24 StVG geregelt. Im § 19 ist die der EBO entsprechende Vorrangregelung für die Schienenbahnen – mithin z. B. auch für Straßenbahnen auf eigenem Gleiskörper - an Bahnübergängen geregelt. Der Straßenverkehr darf sich Bahnübergängen nur mit mäßiger Geschwindigkeit nähern; hierbei handelt es sich um eine sog. Weltregel an Bahnübergängen gemäß Art. 19 des Wiener Übereinkommens von 1968. Sie dient der Verkehrssicherheit, auch bei guten Sichtverhältnissen, da solches Fahrverhalten dem Fahrzeugführer die gründliche Beobachtung der Bahnstrecke ermöglicht. Wer den Verkehr an Bahnübergängen beobachtet weiß, dass gerade diese Regel von den Straßenverkehrsteilnehmern häufig verletzt wird. Das führt dazu, dass die Beteiligten an der Kreuzung, nämlich Straßenbaulastträger und Eisenbahnunternehmen, zu immer umfangreicheren Sicherungsmaßnahmen aufgrund der allgemeinen Verkehrssicherungspflicht herangezogen werden. Das Andreaskreuz ist in der StVO § 41 als Vorschriftzeichen, und zwar nach Absatz 2, 1 a) als Warte- und Haltgebot an Bahnübergängen - Zeichen 201 -, eingereiht. 9. Das Eisenbahnkreuzungsgesetz (EKrG) Das Kreuzungsrecht dient dazu, die aus dem Verhältnis der Beteiligten an einer Kreuzung „Schiene – Straße“ entstehenden Rechtsverhältnisse zu regeln. Diese Rechtsbeziehungen sind im EKrG vom 14. August 19639 geregelt (Einzelheiten siehe unten II. Grundsätze des Eisenbahnkreuzungsrechts). 10. Die Verkehrssicherungspflicht 10.1 Allgemeines Von praktisch sehr großer Bedeutung bei der Beurteilung von Sicherheitsfragen durch das Eisenbahnunternehmen ist die Rechtsprechung zur Verkehrssicherungspflicht. Ein Eisenbahnunternehmer schafft durch seinen Eisenbahnbetrieb naturgemäß ganz erhebliche Gefahren. Daraus erwächst seine Verpflichtung, diesen Gefahren mit allen technisch möglichen und zumutbaren Mitteln zu begegnen. Jedoch ist Verkehrssicherheit, die jede Gefahr ausschließt, nicht erreichbar. Folglich muss und kann nicht für alle denkbaren 9 zuletzt geändert durch die Neunte Zuständigkeitsanpassungsverordnung vom 31. Oktober 2006 (BGBl I S. 2407, 2444) Klaus-Dieter Wittenberg 11. März 2008 ... -8- Möglichkeiten eines Schadenseintritts Vorsorge getroffen werden. Eine mögliche Gefahr, die sich in einem Schadensereignis verwirklicht hat, wird erst dann haftungsbegründend, wenn sich vorausschauend für ein sachverständiges Urteil die nicht nur theoretische Möglichkeit ergibt, dass Rechtsgüter anderer verletzt werden. Der Bahnunternehmer hat deshalb diejenigen Sicherheitsvorkehrungen zu treffen, die er nach dem jeweiligen Stand der Technik als verständiger, umsichtiger, vorsichtiger und gewissenhafter Fachmann für das Eisenbahnwesen für ausreichend halten darf, um andere Personen vor Schäden zu bewahren, und die den Umständen nach zumutbar sind.10 Die Unterscheidung zwischen Verpflichtungen, die sich aus der unternehmerischen Verkehrssicherungspflicht oder solchen, die sich aus öffentlichen-rechtlichen Normen ergeben, ist überwiegend für die Aufsichtsbehörden im Hinblick auf den Grundsatz des Vorbehalts eines Gesetzes beachtlich. Deren Aufgabe ist es, die Einhaltung von öffentlichrechtlichen Verpflichtungen durch die Unternehmer sicherzustellen. Allein darauf beschränkt sich ihre Befugnis, dies auch mit Mitteln des Verwaltungszwangs durchzusetzen.11 Maßgaben der ordentlichen Gerichtsbarkeit können demnach nicht unmittelbar als öffentlich-rechtliche Verpflichtung gegenüber den Unternehmen durchgesetzt werden. Allerdings können Entscheidungen der ordentlichen Gerichtsbarkeit im Rahmen der Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriffs „Sicherheit“ nutzbar gemacht werden. 10.2. Rechtsprechung Hier konkrete Beispiele aus der Rechtsprechung: Das OLG Frankfurt am Main hat entschieden,12 dass in dem zu entscheidenden Fall nicht davon ausgegangen werden konnte, "dass die Erfüllung des § 11 EBO, nämlich die Anbringung von Andreaskreuz und Blinklicht sowie des Läutewerks, eine ausreichende Sicherheitsmaßnahme darstellte". Das Gericht begründete dies im Einzelnen wie folgt: - Die Einhaltung der Sicherungsbestimmungen der EBO und der Druckschrift 815 für die Sicherung der Bahnübergänge stellte keine ausreichende Erfüllung der Verkehrssicherungspflicht dar, da die Kreuzung besonders gefährlich war, weil zwei parallel zum Bahnkörper verlaufende Straßen im Bahnübergangsbereich in die den Bahnübergang kreuzende Straße einmündeten. - Der Bahnübergang war unübersichtlich. Es gab keine Vorwarnzeichen. Durch einen unweit gelegenen Einkaufsmarkt herrschte im Bahnübergangsbereich aus allen Richtungen starker Verkehr. Das OLG Oldenburg geht davon aus,13 dass die DB AG auch bei Einhaltung der in der EBO vorgegebenen Sicherung gehalten sei, Bahnübergänge den Erfordernissen des dort herrschenden Verkehrs anzupassen und ausreichend zu sichern. Bei einer besonderen örtlichen Situation – hier insbesondere erheblicher landwirtschaftlicher Verkehr – und einer in mehreren Unfällen zum Ausdruck gekommenen (besonderen) Gefährlichkeit eines Bahnübergangs habe die DB AG – jedenfalls in dem vom Gericht entschiedenen Fall – nicht mehr davon ausgehen dürfen, dass die vorhandene Sicherung des Bahnübergangs den tatsächlichen Bedürfnissen entsprach. Die Eisenbahn kann sich nicht dadurch entlasten, dass eine Vereinbarung nach dem EKrG mit dem Straßenbaulastträger nicht zustande gekommen ist. Wenn sie die beabsichtigte Maßnahme nicht von sich aus durchführen will, kann sie andere Maßnahmen ergreifen, die die Gefährdung Dritter herabmindert. Oh10 BGH, Urteil vom 10. Oktober 1978 – VI ZR 98/99/77 -, VRS 1978, S. 1163 vgl. Heinrichs, Speyerer Forschungsberichte 1996, Bd. 175 S. 307 12 Urteil vom 04. Mai 1994 – 7 U 133/92; BGH, Nichtannahmebeschluss vom 31.01.95 13 Urteil vom 26. März 1999 – 13 U 1/99 11 Klaus-Dieter Wittenberg 11. März 2008 ... -9- ne die Zustimmung Dritter hätte die Bahn z. B. die zulässige Geschwindigkeit herabsetzen können. Nach einer Entscheidung des OLG Hamm14 ist die DB wegen der Verletzung der Verkehrssicherungspflicht in Bezug auf die Freihaltung von Sichtflächen zu Schadenersatzzahlungen verurteilt worden. Dazu hat das Gericht folgende Feststellungen getroffen: Die DB hat an Bahnübergängen die Verkehrssicherungspflicht. Sie muss deshalb die Entwicklung des Verkehrs sorgfältig überwachen und kann sich nicht auf eine frühere Genehmigung durch die Aufsichtsbehörde berufen (BGHZ 11, 175). Diese Überwachungspflicht erstreckt sich auch auf die Umstände der Sicherung, also die Übersicht. Sie muss gewährleistet sein. Wenn die Sicherheit eines Bahnübergangs durch besondere Umstände bedroht wird, muss die DB eigene Verkehrssicherungsmaßnahmen veranlassen. Die DB darf sich nicht mit Hinweisen an den Straßenbaulastträger begnügen. Zwar trifft nach § 14 EKrG den Straßenbaulastträger die Verantwortlichkeit für die Freihaltung der Sichtflächen. Das EKrG regelt aber nur die Zuständigkeit unter beiden am Bahnübergang beteiligten Baulastträgern und hat auf die sich aus § 4 Bundesbahngesetz (jetzt § 4 Abs. 1 AEG) (Betriebssicherheit), § 17 Abs. 2 EBO (Überwachung gefährdeter Stellen) und § 823 BGB (Allgemeine Verkehrssicherungspflicht) ergebende Verkehrssicherungspflicht der DB keinen Einfluss. Die DB muss zum Zeitpunkt der akuten Beeinträchtigung der Sichtfläche eigene Verkehrssicherungsmaßnahmen ergreifen. In einem anderen Fall zur Haftung von Eisenbahn und Träger der Straßenverkehrssicherungspflicht bei einem Unfall an einem Bahnübergang, der durch pflanzenwuchsbedingter Einschränkung der Sichtbarkeit von Warnzeichen verursacht worden ist, hat der BGH15 entschieden, dass die beklagte Eisenbahn zwar nicht selbst verpflichtet war, die Hindernisse für die Sichtbarkeit der aufgestellten Warnzeichen zu beseitigen, falls diese sich nicht auf zur Bahn gehörendem Gelände befanden. Sie war aber verpflichtet, darauf hinzuwirken, dass die beklagte Stadt diese Hindernisse beseitigte. Die Sicherungspflicht der Straße erstreckt sich nicht nur auf den Zustand der Fahrbahn selbst, sondern auch darauf, dass der Verkehr auf ihr gefahrlos abgewickelt werden kann. Zur Verkehrssicherungspflicht gehört die Sorge dafür, dass die Verkehrseinrichtungen für einen Verkehrsteilnehmer mit durchschnittlicher Aufmerksamkeit durch einen beiläufigen, nicht durch Bäume, Hecken behinderten Blick deutlich erkennbar sind. Die Verkehrssicherungspflicht ist im Interesse der Verkehrsteilnehmer sofort zu erfüllen und ein evtl. Zuständigkeitsstreit anschließend beim Kostenregress auszutragen. Anzumerken ist, dass die DB Anspruch auf Ersatz der Aufwendungen nach den Bestimmungen über die Geschäftsführung ohne Auftrag (§§ 679, 683 BGB) hat, wenn sie anstelle des untätig bleibenden Straßenbaulastträgers Maßnahmen veranlasst. Die Rechtsprechung bestätigt, dass es wichtig ist, die Verkehrsentwicklung sowie die Erkennbarkeit und Wirksamkeit der Warnzeichen am Bahnübergang und im Umfeld regelmäßig zu beobachten. Dem dienen die ca. alle zwei Jahre regelmäßig von Straßenbaulastträger und Eisenbahnen durchzuführenden Verkehrsschauen, bei denen zu prüfen ist, ob sich die Sicherheitslage verändert hat und evtl. zusätzliche Sicherungsmaßnahmen erforderlich sind. Darüber hinaus schreibt die DB-Richtlinie für Bahnübergänge planmäßige Inspektionen vor, die bei Bahnübergängen ohne technische Sicherung 3 mal jährlich und bei solchen mit technischer Sicherung 2 mal jährlich durchzuführen sind. Kommen die Verantwortlichen ihrer Verpflichtung nicht nach, kann dies zivil- und strafrechtliche Folgen haben. 14 15 Urteil vom 27. März 1981 – 9 U 234/78 Urteil vom 18. November 1993 – III ZR 178/92 -; MDR 10/94 S. 992 Klaus-Dieter Wittenberg 11. März 2008 ... - 10 - 10.3 Verantwortlichkeit der Eisenbahninfrastrukturunternehmen im Verhältnis zum Straßenbaulastträger Anlässlich der regelmäßig vorzunehmenden Prüfung der Bahnübergänge durch den Anlagenverantwortlichen stellt sich die Frage, inwieweit die DB Netz AG verpflichtet ist, Bahnübergänge auch unter Berücksichtigung der Straßenanlagen auf Ihre Sicherheit zu prüfen. Unstrittig ist die uneingeschränkte Verantwortung der DB Netz AG für die technische Funktionsfähigkeit und Sicherheit der Eisenbahnanlagen. 10.4 Zuordnung der jeweiligen Anlagen, Einrichtungen Nach § 14 EKrG hat die DB AG die Eisenbahnanlagen, der Straßenbaulastträger die Straßenanlagen zu erhalten, zu unterhalten und in Betrieb zu halten. Dementsprechend hat der jeweilige Baulastträger nicht für die technische Funktionsfähigkeit der Anlagen des anderen Kreuzungsbeteiligten einzustehen.16 § 14 EKrG ordnet nur klärend öffentliche (Bau-) Lasten zu, nicht aber auch die zugehörige (Verkehrs-) Sicherungspflicht. Das EKrG gilt nur für öffentlich gewidmete Straßen, Wege und Plätze (§ 1 Abs. 4 EKrG); vgl. Ziff. 9. Ob eine solche öffentliche Widmung vorliegt, ist nach den jeweiligen landesrechtlichen Regelungen (Straßen- und Wegegesetze) zu beurteilen. Die EBO (vgl. Ziff. 7) hingegen gilt für sämtliche Bahnübergänge, höhengleiche Kreuzungen, auch wenn diese nicht öffentlich gewidmet sind! Die (Verkehrs-) Sicherungspflicht für Verkehrswege (damit die Verantwortung für deren Zustand und Haftung im Schadensfalle) obliegt demjenigen, der eine Gefahr veranlasst, einen gefährlichen Verkehr eröffnet oder der über den räumlichen Bereich, aus dem die Gefahr stammt, rechtlich und tatsächlich zu bestimmen hat. Sicherungspflichten können mithin auch in Verkehrsräumen bestehen, in denen einem anderen Träger die Unterhaltslast obliegt. Normen, die nur die Unterhaltungspflicht festlegen oder zuweisen (z.B. EKrG), sind nicht geeignet, den Träger der (Verkehrs-) Sicherungspflicht abschließend unter Ausschluss möglicher anderer Verantwortlicher zu bestimmen. Sie geben lediglich einen Hinweis auf die Bestimmungsgewalt über den Zustand eines Anlagenteils, nicht jedoch eine abschließende Entscheidung unter Ausschluss anderer, möglicher Sicherungspflichtiger. 17 Aus der Zuordnung der einzelnen Anlagenteile eines BÜ nach EKrG kann keine Verantwortlichkeit für den technischen Zustand ausschließlich für eigene Anlagen und Einrichtungen hergeleitet werden. 10.5 Überwachungs- und Prüfungspflichten auch für Anlagen des anderen Kreuzungsbeteiligten a) Grundlagen Nach § 4 Abs. 1 AEG obliegt den Eisenbahnen u. a. die Verpflichtung zur sicheren Betriebsführung und zur Instandhaltung der Infrastruktur in einem betriebssicheren Zustand. 16 17 BGH, Urteil vom 18. November 1993, VRS Bd. 87/94, S. 6 BGH, Urteil vom 18. November 1993, VRS Bd. 87/94, S. 8/9 Klaus-Dieter Wittenberg 11. März 2008 ... - 11 - Das Gesetz unterscheidet hier zwischen der Verantwortung für den technischen Zustand der Bahnanlagen (technische Sicherheit) einerseits und der Verantwortung für die sichere Betriebsführung (Betriebssicherheit) andererseits. aa) Technische Sicherheit Nach § 2 Abs. 1 EBO müssen Bahnanlagen den Anforderungen an die Sicherheit und Ordnung genügen. Hierzu gehört nach § 17 Abs. 1 EBO auch die planmäßige Untersuchung der Bahnanlagen auf ihre ordnungsgemäße technische Beschaffenheit. Aufgrund der Zuordnung nach § 14 EKrG obliegt allein dem jeweiligen Baulastträger das Bestimmungsrecht für seine Anlagen und Einrichtungen. Die Eisenbahnen haben daher nur für die Einhaltung und Umsetzung der geltenden Sicherheitsvorschriften und technischen Anforderungen ihrer Anlagen und Einrichtungen einzustehen. Für Anlagen und Einrichtungen außerhalb ihres Verantwortungsbereiches besteht keine diesbezügliche Verpflichtung.18 Entspricht der Kreuzungsbereich unter Berücksichtigung der örtlichen Verhältnisse den Vorschriften der EBO, ist die Eisenbahn zu weiteren Sicherungsmaßnahmen nicht verpflichtet.19 bb) Betriebssicherheit Neben der Verpflichtung nach § 4 Abs. 1 AEG hat die Eisenbahn nach § 17 Abs. 2 EBO gefährdete Stellen zu überwachen, damit Betriebsgefährdungen rechtzeitig erkannt und Gegenmaßnahmen getroffen werden können. Diese Überwachung hat überall dort einzusetzen, wo aufgrund von Umständen und Erfahrungen mit einer Gefährdung des Eisenbahnbetriebes zu rechnen ist.20 Die Überwachung hat sich insoweit nicht nur auf Umstände innerhalb des eigentlichen Bahnbetriebes zu beschränken, sondern betrifft alle Gefahren, die auch von außen auf die Betriebssicherheit einwirken können.21 Wenn die Sicherheit eines BÜ durch besondere Umstände bedroht wird, muss die Eisenbahn eigene (Verkehrs-) Sicherungsmaßnahmen veranlassen. Sie darf sich hierbei nicht mit Hinweisen an den Straßenbaulastträger begnügen.22 Die Betriebssicherheit erfordert deshalb eine Überwachung, die sich nicht nur auf die eigenen Sicherungseinrichtungen der Eisenbahn in ihrem Verantwortungsbereich beschränkt. b) Umfang der Prüfungs- und Überwachungspflicht Nach § 2 EBO sind die Sicherheitsanforderungen erfüllt, wenn die Anlagen den Vorschriften der EBO entsprechen.23 18 19 20 21 22 23 BGH, Urteil vom 18. November 1993, VRS Bd. 87/94, S. 4 BGH, Beschluss vom 28. September 1993, VRS Bd. 86/94, S. 256f Wittenberg/Heinrichs/Mittmann/Mallikat, EBO, 5. Auflage, 2006, § 17 EBO, Rn 9 BGH, Urteil vom 28. September 1993 VRS, Bd. 86/94, S. 256f m. w. N.; BGHZ 37;165 Schreiben HVB vom 30.07.81 - 6.863 Raw 12 -; BGH, U. v. 21.11.53, BHGZ 11, 175ff BGH, Beschluss vom 28. September 1993, VRS Bd. 86/94, S. 256f. Klaus-Dieter Wittenberg 11. März 2008 ... - 12 - Die Eisenbahn hat daher planmäßig zu überprüfen, ob ihre Sicherheitseinrichtungen den aktuellen Verkehrserfordernissen entsprechen (z.B. auch Zunahme des Straßenverkehrs). Die Überwachung und Prüfung hat sich auf die vorgegebenen (genehmigten) Sicherungsmaßnahmen und darauf zu erstrecken, ob die Art der Sicherung noch den Verkehrserfordernissen genügt. Da § 11 EBO nur allgemeine Hinweise auf die Art der Sicherung normiert, sind hinsichtlich deren Ausgestaltung die Regeln der Technik heranzuziehen. Dienstvorschriften der Eisenbahnen sind nicht zwangsläufig anerkannte Regeln der Technik, sondern nur, wenn sie Erkenntnisse und Erfahrungen wiedergeben, deren Befolgung notwendig ist, um Gefahren auszuschließen, und die in den betreffenden Fachkreisen bekannt und als richtig anerkannt sind.24 Insoweit stellt die Richtlinie 815 Regeln der Technik auf, die gemäß § 2 EBO zu beachten sind, sofern sie die technische Ausgestaltung von BÜ-Sicherungen regeln. Hinsichtlich weiterer Bestimmungen, wie z.B. Prüfungsumfang, kann dahingestellt bleiben, ob die Richtlinie 815 als anerkannte Regel der Technik anzusehen ist. Die diesbezüglichen Regelungen in der Richtlinie stellen jedenfalls im Innenverhältnis verbindliche Arbeitsanweisungen dar. Die EBO ist für die Eisenbahnen die Richtschnur, an der die Überwachungs- und Prüfungspflicht zu messen ist. Straßenanlagen bzw. Einrichtungen nach der StVO bzw. den Straßen- und Wegegesetzen sind nicht Gegenstand der EBO, mithin nicht von den Eisenbahnen zu erstellen, zu überwachen und zu prüfen (Ausnahme: Andreaskreuze). Dies obliegt allein dem Straßenbaulastträger bzw. der Straßenverkehrsbehörde. Lediglich wenn offensichtliche Mängel vorhandener Straßen(verkehrs-)anlagen ohne fachspezifische Kenntnisse erkennbar sind (z. B. keine oder eingeschränkte Sichtflächen, verdeckte Straßenverkehrszeichen, Erhöhung des Verkehrsaufkommens), kann auch der Eisenbahnunternehmer hieraus für den Eisenbahnbetrieb drohende Gefahren erkennen und hat deren Beseitigung vornehmen. Eine Verpflichtung der Eisenbahnen zur umfassenden Prüfung sämtlicher dem Straßenverkehr dienenden Sicherungseinrichtungen kann daraus nicht abgeleitet werden. Zusammenfassend ist daher festzustellen, dass die Eisenbahnen verpflichtet sind, die Einhaltung der Vorgaben der EBO, in technischer Hinsicht ergänzt durch die Richtlinie 815, an die Sicherheit und Ordnung der Sicherheitseinrichtungen der Eisenbahn sicherzustellen, diese laufend zu überprüfen und ggf. an veränderte Verhältnisse anzupassen. 10.6 Vorgehen bei festgestellten Mängeln an Anlagen und Einrichtungen des Straßenverkehrs bei öffentlichen Straßen, Wegen a) Tätigwerden der DB Netz AG Für die Eisenbahn besteht die Mindestverpflichtung, den Straßenbaulastträger auf festgestellte Mängel hinzuweisen und deren Beseitigung ggf. unter Fristsetzung zu verlangen. Bestehen aufgrund festgestellter Mängel Gefahren für den Eisenbahnbetrieb und werden diese von dem verantwortlichen Straßenbaulastträger nicht oder nicht rechtzeitig beseitigt, 24 Wittenberg/Heinrichs/Mittmann/Mallikat, EBO, 5. Auflage 2006, § 2 Rn 8 Klaus-Dieter Wittenberg 11. März 2008 ... - 13 - hat die Eisenbahn aus ihrer (Betriebs-) Sicherheitspflicht heraus sofort zu reagieren und ihren Betrieb entsprechend auszurichten bzw. eigene, andere Sicherungsmaßnahmen zu ergreifen (z.B. Postensicherung, Langsamfahrstellen, BÜ-Sperrung) oder die Mängel selbst zu beseitigen. Besteht eine konkrete, unmittelbare Gefahrensituation (z.B. überwachsene Sichtflächen mit hoher Unfallgefahr, fehlende Räumstrecken oder Schleppkurven) muss die Eisenbahn selbst tätig werden, wenn und soweit dies zur Abwendung der drohenden Gefahr (auf tatsächlichen Umständen gegründete Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts) erforderlich ist. Die Eisenbahn ist von ihrer Verkehrssicherungspflicht für den sicheren Eisenbahnbetrieb und der Vornahme entsprechender Maßnahmen nicht deshalb befreit, weil eine andere Stelle (Straßenbaulastträger, Straßenverkehrsbehörde) ebenfalls einzuschreiten hätte.25 b) Tätigwerden des EBA Nachdem das EBA lediglich die Aufsicht über die Eisenbahnen ausübt, also weitergehende hoheitliche Befugnisse Dritten gegenüber nicht bestehen, kann das EBA grundsätzlich rechtlich wirksam nur gegenüber der DB Netz AG handeln und entsprechende Anordnungen zur Sicherstellung der Betriebssicherheit erlassen. In § 3 Abs. 8 der Verwaltungsvorschrift über die technische Aufsicht im Ingenieurbau, Oberbau und Hochbau (TAU) hat das EBA geeignete Maßnahmen zu ergreifen, wenn durch bauliche Anlagen, die keine Bahnanlagen sind, Gefahren für die Sicherheit des Eisenbahnbetriebes ausgehen. Dies ist in der Regel die Information der zuständigen Behörde. Nach dieser verwaltungsinternen Regelung, auf deren Durchführung die Eisenbahn keinen Rechtsanspruch hat, haben die Mitarbeiter des EBA auch die jeweils zuständigen Behörden von sich aus zu informieren. Dies schließt aber gleichzeitige Maßnahmen gegenüber der Eisenbahn nicht aus. c) Regressmöglichkeiten der Eisenbahn bei eigenem Tätigwerden Trifft die Eisenbahn eigene, betriebliche Maßnahmen (z. B. Posten, Langsamfahrstellen, Sperrung des Bü) um die Betriebssicherheit zu gewährleisten, steht ihr grundsätzlich kein Anspruch auf Ersatz der entstandenen Kosten zu. Eine Geschäftsführung ohne Auftrag mit Anspruch auf Aufwendungsersatz liegt nicht vor, da betriebliche Maßnahmen ein eigenes Geschäft der DB Netz AG darstellen. Die DB Netz AG erfüllt eigene Verpflichtungen aus § 4 Abs. 1 AEG, § 17 EBO, führt also kein fremdes Geschäft.26 Anders ist die Rechtslage zu beurteilen, wenn die Eisenbahn Maßnahmen an Anlagen und Einrichtungen durchführt, die dem Straßenbaulastträger nach § 14 EKrG zugeordnet sind (z.B. Freischneiden von Sichtflächen oder Verkehrszeichen). Diese Maßnahmen stellen ein Geschäft des Straßenbaulastträgers dar, das die DB Netz AG durchführt. Mithin kann sie Ersatz ihrer diesbezüglichen Aufwendungen verlangen. 10.7 Bahnübergänge an Privatwegen (nicht gewidmeten Straßen, Wegen) 25 26 BGH, Urteil. vom 18. November 1993, VRS Bd. 87/94, S. 7 BVerwG, Urteil vom 11. September 1991, DVBl 91, 1156ff Klaus-Dieter Wittenberg 11. März 2008 ... - 14 - Obige Ausführungen gelten nur bei öffentlichen (gewidmeten) Straßen und Wegen (nach Landesgesetz zu beurteilen, nicht entscheidend ist in aller Regel, ob tatsächlich öffentlicher Verkehr stattfindet!). Der Berechtigte ist für die Sicherheit des Straßen-, Wegeverkehrs verantwortlich, wenn vertragliche oder planfestgestellte Duldungs- oder Handlungspflichten bestehen oder die Straße / der Weg erst nach Eröffnung des Eisenbahnbetriebs hergestellt wurde. Nur in diesen Fällen, kann bei Selbstvornahme durch die Eisenbahn nach Aufforderung und Mahnung ein Kostenerstattungsanspruch gegen den berechtigten Benutzer geltend gemacht werden. Auf Fremdgrund dürfen Arbeiten nur durchgeführt werden, wenn entsprechende vertragliche oder Duldungs- oder Handlungspflichten des Grundstückseigentümers existieren oder dessen Zustimmung vorliegt. Bestehen keine Pflichten des Grundstückseigentümers und/oder der berechtigten Wegebenutzer, ist die Eisenbahn allein für die Sicherheit auch des Straßenverkehrs verantwortlich. 11. Leitfaden zur Durchführung von Bahnübergangsschauen Zur Verbesserung der Sicherheit an Bahnübergängen ist es erforderlich, dass alle Beteiligten Unternehmen und Behörden eng und vertrauensvoll zusammenarbeiten. Dem dient der „Leitfaden zur Durchführung von Bahnübergangsschauen“.27 Der Leitfaden enthält insbesondere Empfehlungen für die straßenseitige Sicherung von Bahnübergängen, die Organisation und Durchführung von Bahnübergangsschauen sowie Verfahrensregelungen, z. B. für den Fall von Meinungsverschiedenheiten zwischen den Beteiligten. Eine umfangreiche Prüfliste mit Fragestellungen im Umfeld von Bahnübergängen und Regelpläne mit Vorschlägen, wie Bahnübergänge und Straßen in Standardsituationen einheitlich beschildert und markiert werden sollen, ergänzen den Leitfaden. 12. Zusammenfassung - Die höhengleichen Kreuzungen von Eisenbahnen und Straßen sind besonders gefahrenträchtig und deshalb Gegenstand umfassender gesetzlicher Vorschriften, die durch interne Regelungen der Eisenbahnen und der Baulastträger der Straße sowie durch die Rechtsprechung ergänzt werden. - Bei Nichtbeachtung dieser Regeln bestehen erhebliche zivil- und strafrechtliche Haftungsrisiken für die Verantwortlichen. - Wenn die Sicherheit eines Bahnübergangs durch besondere Umstände bedroht wird, muss die DB eigene Verkehrssicherungsmaßnahmen veranlassen. Sie kann sich nicht darauf berufen, dass es zu keiner Vereinbarung mit dem Straßenbaulastträger gekommen ist. 27 Der Leitfaden wurde bundesweit vom Bund-Länder Fachausschuss „Straßenverkehrsordnung“ (BLFA) und vom Bundesministerium für Verkehr, Bau und Wohnungswesen zur Einführung empfohlen. Er wurde unter Federführung des MWVLW Rheinland-Pfalz unter Beteiligung aller Fachkreise erarbeitet und ist für den Bereich der Eisenbahnen des Bundes vom EBA eingeführt. Die Länder Bayern und Rheinland-Pfalz haben den Leitfaden für Ihren Bereich eingeführt. Ob weitere Länder gefolgt sind, ist hier nicht bekannt. Es ist zu wünschen, dass alle Länder kurzfristig folgen werden. Der Leitfaden kann unentgeltlich aus dem Internet heruntergeladen werden. Hierzu Freystein/Menge/Ruhs, Sicherheit an Bahnübergängen – Stand und aktuelle Initiativen in Deutschland und Europa, ETR 52 (2003), H. 12, S. 771 Klaus-Dieter Wittenberg 11. März 2008 ... - 15 - - Veranlasst die DB anstelle eines untätig bleibenden Straßenbaulastträgers Maßnahmen, hat sie Anspruch auf Ersatz der Aufwendungen nach den Bestimmungen über die Geschäftsführung ohne Auftrag (§§ 679, 683 BGB). - Die aktuelle Rechtsprechung lässt einen Trend zur Verschärfung der Anforderungen an die Verkehrssicherungspflicht erkennen. Klaus-Dieter Wittenberg 11. März 2008 ... - 16 - Anlage § 11 EBO Bahnübergänge (1) Bahnübergänge sind höhengleiche Kreuzungen von Eisenbahnen mit Straßen, Wegen und Plätzen. Übergänge, die nur dem innerdienstlichen Verkehr dienen, und Übergänge für Reisende gelten nicht als Bahnübergänge. (2) Auf Strecken mit einer zugelassenen Geschwindigkeit von mehr als 160km/h sind Bahnübergänge unzulässig. (3) Auf Bahnübergängen hat der Eisenbahnverkehr Vorrang vor dem Straßenverkehr. Der Vorrang ist durch Aufstellen von Andreaskreuzen (Anlage 5 Bild 1) zu kennzeichnen. Dies ist nicht erforderlich an Bahnübergängen von 1. Feld- und Waldwegen, wenn die Bahnübergänge ausreichend erkennbar sind, 2. Fußwegen, 3. Privatwegen ohne öffentlichen Verkehr, die als solche gekennzeichnet sind, 4. anderen Straßen und Wegen über Nebengleise, wenn die Bahnübergänge für das Befahren mit Eisenbahnfahrzeugen durch Posten vom Straßenverkehr freigehalten werden. (4) Die Andreaskreuze sind an den Stellen anzubringen, vor denen Straßenfahrzeuge und Tiere angehalten werden müssen, wenn der Bahnübergang nicht überquert werden darf. (5) An Bahnübergängen in Hafen- und Industriegebieten darf auf das Aufstellen von Andreaskreuzen verzichtet werden, wenn an den Einfahrten Andreaskreuze mit dem Zusatzschild „Hafengebiet, Schienenfahrzeuge haben Vorrang“ oder „Industriegebiet, Schienenfahrzeuge haben Vorrang“ angebracht sind. Dies gilt nicht für Bahnübergänge, die nach Absatz 6 technisch gesichert sind. (6) Bahnübergänge sind durch 1. 2. Lichtzeichen (Anlage 5 Bild 2) oder Blinklichter (Anlage 5 Bild 4) oder Lichtzeichen mit Halbschranken (Anlage 5 Bild 3) oder Blinklichter mit Halbschranken (Anlage 5 Bild 5) oder Lichtzeichen mit Schranken (Anlage 5 Bild 3) oder Schranken 3. 4. technisch zu sichern, soweit nachstehend keine andere Sicherung zugelassen ist. Als neue technische Sicherungen sollen Blinklichter und Blinklichter mit Halbschranken nicht mehr verwendet werden. (7) Bahnübergänge dürfen gesichert werden 1. bei schwachem Verkehr (Absatz 13) durch die Übersicht auf die Bahn strecke (Absatz 12) bei fehlender Übersicht auf die Bahnstrecke an eingleisigen Bahnen durch hörbare Signale der Eisenbahnfahrzeuge (Absatz 18), wenn die Geschwindigkeit der Eisenbahnfahrzeuge am Bahnübergang höchstens 20km/h — an Bahnübergängen von Feld- und Waldwegen höchstens 60km/h - beträgt; 2. bei mäßigem Verkehr (Absatz 13) und eingleisigen Bahnen durch die Übersicht auf die Bahnstrecke in Verbindung mit hörbaren Signalen der Eisenbahnfahrzeuge (Absatz 18) oder bei fehlender Übersicht auf die Bahnstrecke - mit besonderer Genehmigung (§3 Abs. 2) - durch hörbare Signale der Eisenbahnfahrzeuge, wenn die Geschwindigkeit der Eisenbahnfahrzeuge am Bahnübergang höchstens 20km/h - an Bahnübergängen von Feld- und Waldwegen höchstens 60km/h - beträgt. (8) Bahnübergänge über Nebengleise dürfen wie Bahnübergänge über Nebenbahnen (Absatz 7) gesichert werden. Klaus-Dieter Wittenberg 11. März 2008 ... - 17 - (9) Bahnübergänge von Fuß- und Radwegen dürfen durch die Übersicht auf die Bahnstrecke (Absatz 12) oder durch hörbare Signale der Eisenbahnfahrzeuge (Absatz 18) gesichert werden. Außerdem müssen dürfen Umlaufsperren oder ähnlich wirkende Einrichtungen angebracht sein. (10) Bahnübergänge von Privatwegen Ohne öffentlichen Verkehr, die als solche gekennzeichnet sind, dürfen gesichert werden bei einer Geschwindigkeit der Eisenbahnfahrzeuge am Bahnübergang von höchstens 140km/h a) durch die Übersicht auf die Bahnstrecke (Absatz 12) und Abschlüsse oder b) durch Abschlüsse in Verbindung mit einer Sprechanlage zum zuständigen Betriebsbeamten. 1.ohne öffentlichen Verkehr, die als solche gekennzeichnet sind, dürfen gesichert werden a) durch die Übersicht auf die Bahnstrecke (Absatz 12) oder b) durch hörbare Signale der Eisenbahnfahrzeuge (Absatz 18), wenn ihre Geschwindigkeit am Bahnübergang höchstens 60km/h beträgt, oder durch Abschlüsse in Verbindung mit einer Sprechanlage zum zu ständigen Betriebsbeamten oder c) - mit besonderer Genehmigung (§ 3 Abs. 2) – durch Abschlüsse; 2.mit öffentlichem Verkehr in Hafen und Industriegebieten dürfen bei schwachem und mäßigem Verkehr (Absatz 13) gesichert werden a) durch die Übersicht oder b) durch Abschlüsse, wenn die Geschwindigkeit der Eisenbahnfahrzeuge am Bahnübergang höchstens 20km/h beträgt Abschlüsse (z.B. Sperrbalken, Tore) sind von demjenigen, dem die Verkehrssicherungspflicht obliegt, verschlossen, mit besonderer Genehmigung (§ 3 Abs. 2) nur geschlossen zu halten. (11) Eine Sicherung nach den Absätzen 6 bis 10 ist nicht erforderlich, wenn der Bahnübergang durch Posten gesichert wird. Der Posten hat die Wegebenutzer so lange durch Zeichen anzuhalten, bis das erste Eisenbahnfahrzeug etwa die Straßenmitte erreicht hat. (12) Die Übersicht auf die Bahnstrecke ist vorhanden, wenn die Wegebenutzer bei richtigem Verhalten auf Grund der Sichtverhältnisse die Bahnstrecke so weit und in einem solchen Abstand übersehen können, daß sie bei Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt den Bahnübergang ungefährdet überqueren oder vor ihm anhalten können. (13) Bahnübergänge haben 1.schwachen Verkehr, wenn sie neben anderem Verkehr in der Regel innerhalb eines Tages von höchstens 100 Kraftfahrzeugen überquert werden, 2. mäßigen Verkehr, wenn sie neben anderem Verkehr in der Regel innerhalb eines Tages von mehr als 100 bis 2500 Kraftfahrzeugen überquert werden, 3. starken Verkehr, wenn sie neben anderem Verkehr in der Regel innerhalb eines Tages von mehr als 2500 Kraftfahrzeugen überquert werden. (14) Weisen Bahnübergänge während bestimmter Jahreszeiten oder an bestimmten Tagen abweichend von der Einstufung nach Absatz 13 eine höhere Verkehrsstärke auf, so müssen sie, haben sie eine niedrigere Verkehrsstärke, so dürfen sie während dieser Zeiten entsprechend gesichert werden. (15) Das Schließen der Schranken - ausgenommen Anrufschranken (Absatz 17) - ist auf den Straßenverkehr abzustimmen 1. durch Lichtzeichen oder 2. durch mittelbare oder unmittelbare Sicht des Schrankenwärters oder 3. bei schwachem oder mäßigem Verkehr durch hörbare Zeichen. (16) Bahnübergänge mit Schranken - ausgenommen Anrufschranken (Absatz 17) und Schranken an Fuß- und Radwegen - müssen von der Bedienungsstelle aus mittelbar oder unmittelbar eingesehen werden können. Dies ist nicht erforderlich, wenn das Schließen der Schranken durch Lichtzeichen auf den Straßenverkehr abgestimmt und das Freisein des Bahnüberganges durch technische Einrichtungen festgestellt wird. (17) Anrufschranken sind Schranken, die ständig oder während bestimmter Zeiten geschlossen gehalten und auf Verlangen des Wegebenutzers, wenn dies ohne Gefahr möglich ist, geöffnet werden. Anrufschranken sind mit einer Sprechanlage auszurüsten, wenn der Schrankenwärter den Bahnübergang von der Bedienungsstelle aus nicht einsehen kann. Klaus-Dieter Wittenberg 11. März 2008 ... - 18 - (18) Vor Bahnübergängen, vor denen nach den Absätzen 7 bis 10 hörbare Signale der Eisenbahnfahrzeuge gegeben werden müssen, sind Signaltafeln aufzustellen. (19) Ein Bahnübergang, dessen technische Sicherung ausgefallen ist, muss - außer bei Hilfszügen nach § 40 Abs. 6 - durch Posten nach Absatz 11 gesichert werden. Ein Zug, der mit dem Triebfahrzeugführer allein besetzt ist, darf, nachdem er angehalten hat und die Wegebenutzer durch Achtung-Signal gewarnt sind, den Bahnübergang ohne Sicherung durch Posten befahren. Klaus-Dieter Wittenberg 11. März 2008 ... - 19 - II. Grundsätze des Eisenbahnkreuzungsrechts A. Einführung 1. Geschichtlicher Hintergrund Die früheren Eisenbahn- und Wegerechtsgesetze enthielten meist nur vereinzelte und bruchstückweise Regelungen für Kreuzungen zwischen Eisenbahnen und Straßen. Seit Eröffnung der ersten deutschen Eisenbahn im Jahre 1835 wurden die Eisenbahnen als Veranlasser einer neuen Kreuzung behandelt und damit entweder durch vertragliche Vereinbarungen oder Planfeststellungs- oder Konzessionsbescheide dazu verpflichtet, die erforderlichen Kreuzungsanlagen zu erstellen und zu unterhalten oder zumindest dem Wegebaulastträger die Mehrkosten für die Unterhaltung des Kreuzungsbauwerks zu erstatten, soweit dieser die Unterhaltung übernommen hatte. Eine Regelung über die Kostentragung bei späteren Änderungen an den vorhandenen Kreuzungsanlagen wurde meist nicht getroffen. Erste gesetzliche Regelungen über die Rechtsverhältnisse an Kreuzungen zwischen Eisenbahnen und Straßen finden sich bereits seit 1840 (etwa in Schleswig und Holstein, Preußen, Bayern, Baden und Hessen). Hiernach hatte die Eisenbahn als diejenige, die den Bau eines Kreuzungsbauwerks veranlasst hat, die Kosten für Bau und Unterhaltung zu tragen. § 39 des Reichsbahngesetzes - RbG - von 1924 sah vor, dass die Kosten für die Änderung einer bestehenden Kreuzung durch denjenigen zu tragen sind, der diese Änderung veranlasst hat. Bei einer beiderseitigen Veranlassung sollten demnach die Kosten angemessen verteilt werden. Damit regelte § 39 RbG nicht das gesamte Kreuzungsrecht, sondern nur die Kostenteilung bei Kreuzungsänderungen. Mit der Änderung des RbG 1930 wurde erstmals der Vorteilsausgleich eingeführt. Schließlich wurde 1939 das Kreuzungsgesetz - KrG - geschaffen, dessen wesentliche Neuerung insbesondere darin bestand, beide beteiligten Verkehrswege als grundsätzlich gleichwertig anzusehen. Deswegen hat das KrG die Kosten für die Änderung eines Kreuzungsbauwerks ohne Rücksicht auf Veranlassung und Interesse je zur Hälfte den beiden Baulastträgern auferlegt. Aufgrund der enormen Zunahme des Straßenverkehrs nach dem Zweiten Weltkrieg war es erforderlich, in großem Umfang vorhandene Kreuzungen zu ändern. Das Interesse hierzu lag überwiegend auf der Seite des Straßenverkehrs, während sich die Eisenbahnen zunehmend dagegen sträubten, Kosten für die Verbesserung des mit ihnen konkurrierenden Straßenverkehrs zu übernehmen. So kam es 1957 zu einer Vereinbarung zwischen der Deutschen Bundesbahn und dem Bundesministerium für Verkehr (BMV), mit der die hälftige Kostenteilung des KrG 1939 außer Kraft gesetzt und durch eine Wiedereinführung des Verlanlasserprinzips - ähnlich der Regelung des heutigen § 12 EKrG - ersetzt wurde. Klaus-Dieter Wittenberg 11. März 2008 ... - 20 - Schließlich wurde am 14.08.1963 das Gesetz über Kreuzungen von Eisenbahnen und Straßen (Eisenbahnkreuzungsgesetz) - EKrG - erlassen. Das Gesetz trat am 01. Januar 1964 in Kraft. 1970 hatte das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) Teile des EKrG 1963 für verfassungswidrig erklärt, u. a. die Bestimmung, wonach bis dahin die Länder bei Änderung eines Bahnübergangs ein Drittel oder ein Sechstel der Kosten zu tragen hatten. Da außerdem das EKrG 1963 keine Regelungen für die Stilllegung von Eisenbahnstrecken und die Einziehung von Straßen enthielt, wurde das EKrG im Jahre 1971 neu gefasst und zum 21. März 1971 bekannt gemacht. Seither wurde das Gesetz mehrfach geändert, so u. a. durch Gesetz vom 09.09.1998, mit dem § 19 um einen 3. Absatz ergänzt wurde. Der Gesetzgeber regelte hierbei rückwirkend zum 01.01.94 die Anforderungen an den Erhaltungszustand für die aufgrund Art. 6 Abs. 106 Nr. 4 ENeuOG auf die Straßenbaulastträger (Gemeinden, Kreise) übergegangenen Straßenbrücken. Letzte Änderung durch die Neunte Zuständigkeitsanpassungsverordnung vom 31.10.2006 (BGBl. I S. 2407, 2444). 2. Begriffe/Definitionen a) „Kreuzungen“ Kreuzungen i. S. des EKrG liegen nur dann vor, wenn • der Verkehrsweg einer dem öffentlichen Verkehr dienenden Eisenbahn oder einer Anschlussbahn (= nichtöffentliche Eisenbahn, deren Betriebsmittel auf Eisenbahnen des öffentlichen Verkehrs übergehen können) • eine öffentliche Straße, einen öffentlichen Weg oder Platz oder eine Straßenbahn, die nicht im Verkehrsraum einer öffentlichen Straße liegt, kreuzt (§ 1 EKrG). Keine Kreuzung im Sinne des EKrG liegt vor, wenn - bezogen auf die Vertikale - zwischen den beiden Verkehrswegen ein natürlich gewachsener Boden bestehen bleibt und soweit keine gegenseitige Rücksichtnahme erforderlich ist (vgl. etwa in den Berg getriebener Eisenbahntunnel und auf dem Bergrücken verlaufende Straße). Ob eine Straße, ein Weg oder ein Platz „öffentlich“ in diesem Sinne ist, bestimmt sich alleine nach deren öffentlich-rechtlicher Widmung nach dem Bundesfernstraßengesetz (FStrG) oder den Straßen- und Wegegesetzen der Länder. Damit kommen insbesondere in Betracht: Bundesfernstraßen Staatsstraßen (in Bayern und Sachsen) bzw. Landesstraßen/Landstraßen in den übrigen Bundesländern Kreisstraßen Gemeindestraßen Sonstige öffentliche Straßen (öffentliche Feld- und Waldwege, beschränkt-öffentliche Wege wie Friedhofs-, Kirchen- oder Schulwege, Wanderwege, Rad- und Fußwege). Nicht als „öffentliche“ Straßen, Wege und Plätze gelten damit solche, auf denen mit Duldung des Eigentümers lediglich tatsächlich öffentlicher Verkehr stattfindet, die aber nicht hierfür gewidmet sind. Klaus-Dieter Wittenberg 11. März 2008 ... - 21 - Kreuzungen im oben genannten Sinne können entweder höhengleich - als Bahnübergänge, § 1 Abs. 2 1. Alternative - oder nicht höhengleich - als Überführungen, § 1 Abs. 2 2. Alternative - ausgeführt sein. Beteiligte an solchen Kreuzungen sind die Träger der Baulast (siehe nachfolgend c)) der kreuzenden Verkehrswege, § 1 Abs. 6 EKrG. Keine Kreuzungen i. S. d. des EKrG sind Leitungsquerungen (Gas-, Wasser-, Abwasser-, Telekommunikationsleitungen oder Leitungen der Energieversorgungsunternehmen). Ebenso gilt das EKrG nicht für Kreuzungen mit Wasserstraßen; für Kreuzungen mit Bundeswasserstraßen gilt § 41 des Bundeswasserstraßengesetzes (WaStrG). b) „Überführungen“ bzw. „Straßen- und Eisenbahnbrücken“ Eine „Überführung“ ist ein Bauwerk, mit dem ein Verkehrsweg höhenfrei über einen anderen hinweggeführt wird. Als „Straßenbrücke“ werden diejenigen Brücken - z.B. über eine Eisenbahn hinweg - bezeichnet, auf denen der Straßenverkehr stattfindet. Demgegenüber sind „Eisenbahnbrücken“ solche, auf denen die Eisenbahn über einen anderen Verkehrsträger geführt wird. c) „Baulast“ und „Baulastträger“ Die „Baulast“ umfasst alle mit dem (Neu-) Bau und der Unterhaltung von öffentlichen Anlagen (hier insbesondere öffentlichen Verkehrswegen) zusammenhängenden Aufgaben. Wer „Träger der Baulast“ (§ 1 Abs. 6 EKrG) bzw. „Baulastträger“ ist, bestimmt sich für die Straßen i. S. d. EKrG nach den Vorschriften des FStrG bzw. den Straßen- und Wegegesetzen der Länder. Bei den Eisenbahnen ist dies der Träger der Baulast für den Schienenweg. B. Kreuzungsaktivitäten Es sind folgende Kreuzungsaktivitäten zu unterscheiden: 1. Herstellung einer (neuen) Kreuzung, § 2 EKrG 2. Maßnahmen an bestehenden Kreuzungen: a) Maßnahmen i. S. v. § 3 EKrG b) Maßnahmen außerhalb des EKrG 3. Erhaltungs- und Unterhaltungsmaßnahmen 4. Beseitigung einer Kreuzung 1. Herstellen einer neuen Kreuzung Klaus-Dieter Wittenberg 11. März 2008 ... - 22 - Neue Kreuzungen von Eisenbahnen und Straßen, die nach der Beschaffenheit ihrer Fahrbahn geeignet und dazu bestimmt sind, einen allgemeinen Kraftfahrzeugverkehr aufzunehmen, sind als Überführungen herzustellen, § 2 Abs. 1 EKrG. Eine Kreuzung ist dann neu i. S. v. § 2 Abs. 1 EKrG, wenn einer der beiden Verkehrswege oder beide Verkehrswege neu angelegt werden. Damit liegt z. B. dann keine „neue“ Kreuzung i. S. v. § 2 Abs. 1 EKrG vor, wenn eine schon bisher vorhandene Kreuzung lediglich aus kreuzungsbedingten Gründen verlegt wird und die bisherige Kreuzung an der alten Stelle entfällt - jedenfalls so lange nicht über die Kreuzung an neuer Stelle wesentlich andere Verkehrsströme als bisher fließen (Beispiel für eine neue Kreuzung: die bisherige Kreuzung eines Fußwegs mit der Eisenbahn wird verlegt und zur kraftfahrzeugfähigen Straße ausgebaut). Die Herstellung einer neuen höhengleichen Kreuzung ist nur zulässig, wenn entweder • der kreuzende Weg nach der Beschaffenheit seiner Fahrbahn nicht dazu geeignet und bestimmt ist, einen allgemeinen Kraftfahrzeugverkehr aufzunehmen (§ 2 Abs. 1) oder • die Anordnungsbehörde eine Ausnahme zulässt (§ 2 Abs. 2). Die Ausnahme wird nur auf Antrag erteilt, sie kann befristet werden. Zuständige Anordnungsbehörde ist bei Beteiligung einer Eisenbahn des Bundes der Bundesminister für Verkehr (§ 8 Abs. 1), i. Ü. die von der jeweiligen Landesregierung bestimmte Behörde (§ 8 Abs. 2). Die Ausnahme kann - als Ermessensentscheidung, ohne Rechtsanspruch des Antragstellers - insbesondere erteilt werden, wenn auf beiden Verkehrswegen „schwacher Verkehr“ herrscht. Was darunter zu verstehen ist, wird vom EKrG nicht definiert; Anhaltspunkt dafür ist die Zahl der möglichen Begegnungen. Die Richtzahlen für schwachen Verkehr an Bahnübergängen gemäß § 11 Abs. 13 EBO beziehen sich nur auf den Kraftfahrzeugverkehr und lassen den Fußgänger- und Radverkehr, insbesondere aber auch den Schienenverkehr, außer Betracht. Ist auf einem oder beiden Verkehrswegen kein „schwacher Verkehr“ vorhanden, so kommt eine Ausnahme nur unter sehr engen Voraussetzungen und unter umfassender Würdigung des konkreten Einzelfalls in Betracht. Maßgebliche Kriterien hierfür können neben der Zahl der möglichen Begegnungen z.B. auch der Natur- und Landschaftsschutz, unverhältnismäßige Mehrkosten für eine höhenfreie Lösung oder die Tatsache sein, dass die Kreuzung nur für einen absehbaren engen Zeitraum benutzt werden wird. Zur Kostentragung siehe unten E. (es gilt § 11 Abs. 1, danach hat derjenige Beteiligte die Kosten zu tragen, dessen Verkehrsweg neu hinzukommt). 2. Maßnahmen an bestehenden Kreuzungen Hier ist zu unterscheiden zwischen solchen Maßnahmen nach dem EKrG und sonstigen Maßnahmen: Klaus-Dieter Wittenberg 11. März 2008 ... - 23 - a) Maßnahmen i. S. v. § 3 EKrG Als Maßnahmen kommen (u. a.) in Betracht: • Beseitigung von Kreuzungen, § 3 Nr. 1 • Baumaßnahmen, die der Verminderung oder Entlastung des Verkehrs an der Kreuzung dienen (z.B. Bau von Ersatzwegen), § 3 Nr. 2 • Ersatz von Bahnübergängen durch den Bau von Überführungen, § 3 Nr. 3, 1. Alternative • Einrichtung technischer Sicherungen, insbesondere von Schranken oder Lichtsignalen (z.B. Nachbau von Halbschranken bei Blinklichtanlagen, Signalabhängigmachung usw.), § 3 Nr. 3, 2. Alternative • (Erstmalige) Herstellung von Sichtflächen, § 3 Nr. 3, 3. Alternative • Änderungen in sonstiger Weise (z.B. Verbreiterung, Erhöhung der Tragkraft), § 3 Nr. 3, 4. Alternative Maßnahmen nach § 3 EKrG liegen nur dann vor und sind nur insoweit durchzuführen, wenn sie wegen der Sicherheit und/oder Abwicklung des (Eisenbahn- und/oder Straßen-) Verkehrs unter Berücksichtigung der übersehbaren Verkehrsentwicklung erforderlich sind. Erforderlichkeit i. S. der Rechtsprechung des BVerwG liegt nicht erst bei Unausweichlichkeit vor, sondern wenn das Vorhaben vernünftigerweise geboten ist. Voraussetzung dafür, dass eine Änderungsmaßnahme nach § 3 EKrG (mit den Kostenfolgen nach § 13 EKrG) anzusehen ist, ist das objektive Erfordernis, um den Verkehr unter Berücksichtigung der übersehbaren Verkehrsentwicklung auf einem oder beiden Verkehrswegen (überhaupt) abwickeln zu können oder die Sicherheit des Verkehrs auf einem oder beiden Verkehrswegen zu erhöhen. Ob und in wie weit das Erfordernis „Sicherheit oder Abwicklung des Verkehrs“ erfüllt ist, liegt zunächst in der alleinigen Verantwortung der Kreuzungsbeteiligten; lediglich im Falle von Meinungsverschiedenheiten zwischen den Kreuzungsbeteiligten kann auf Antrag eines Kreuzungsbeteiligten von der Anordnungsbehörde im Kreuzungsrechtsverfahren entschieden werden bzw. kann ein Kreuzungsbeteiligter auch ohne Durchführung des Kreuzungsrechtsverfahrens unmittelbar Klage vor dem Verwaltungsgericht erheben (vgl. Erlass StB 17/78.10.20/14 Va 93 vom 15. Juli 1993 = Allgemeines Rundschreiben Straßenbau Nr. 17/1993). Das „Erfordernis“ ist i. Ü. als unbestimmter Rechtsbegriff von den Gerichten voll nachprüfbar. Als „übersehbare Verkehrsentwicklung“ wird vom EBA gemäß EBA-Handbuch grundsätzlich ein Zeitraum bis zu 10 Jahren anerkannt. Konkrete Anzeichen für die Verkehrsentwicklung sind z.B. der Bedarfsplan für Bundesfernstraßen, die Linienbestimmung nach § 16 Bundesfernstraßengesetz (FStrG), die Bauleitplanung usw.. Die übersehbare Verkehrsentwicklung muss zum Zeitpunkt der Entscheidung bzw. Realisierung plausibel sein und von den Beteiligten begründet werden. Wenn die prognostizierte Verkehrsentwicklung dennoch nicht eintritt (z. B. der Bau einer zweiten Fahrbahn, auf die bei Herstellung der EBR Rücksicht genommen wurde, unterbleibt wg. geänderter planerischer Vorstellungen), so besteht nach dem EBA-Handbuch kein Rückzahlungsanspruch des belasteten Kreuzungsbeteiligten bezüglich der Mehraufwendungen (Quelle: EBA-Handbuch, Stichwort „Berücksichtigung der vorhersehbaren Verkehrsentwicklung“). Klaus-Dieter Wittenberg 11. März 2008 ... - 24 - Zur Kostentragung siehe außerdem insbesondere unten E. (§ 13: Kostendrittelung). b) Maßnahmen an Kreuzungen außerhalb des EKrG : Soll eine Änderungsmaßnahme an einer Kreuzung durchgeführt werden, die nicht wegen der Sicherheit oder Abwicklung des Verkehrs erforderlich ist, liegt eine Maßnahme außerhalb des EKrG vor, auf die insbesondere die Kostenfolge des § 13 EKrG nicht anwendbar ist. Derartige Maßnahmen sind insbesondere Rationalisierungsmaßnahmen oder „Schönheitsreparaturen“. Maßnahmen, die zugleich aus Gründen der Sicherheit oder Abwicklung des Verkehrs erforderlich sind und bei denen sich gleichzeitig ein Rationalisierungseffekt ergibt, sind nach Auffassung der DB AG Maßnahmen nach § 3 EKrG, wenn der Rationalisierungseffekt sich als Folge „zufällig“ ergibt. Das EBA regelt im EBA-Handbuch (Stichwort „Abgrenzung von Maßnahmen nach §§ 3, 13 EKrG und Rationalisierungsmaßnahmen“, Ziffer 1, Seite 2 oben), dass auf Fälle, bei denen eine Maßnahme nach § 3 EKrG vorliegt und gleichzeitig auch eine Ersatz/Rationalisierungsmaßnahme durchgeführt werden soll, das EKrG nicht auf die gesamte Maßnahme angewendet werden kann, sondern nur für den Anteil, der aus Gründen der Sicherheit oder Abwicklung des kreuzenden Verkehrs erforderlich wird. Die anfallende Kostenmasse für den EKrG-Anteil ist in diesen Fällen ggf. mittels eines Fiktiventwurfs zu bestimmen. Fallbeispiele: • Ersatz von wärterbedienten Vollschranken durch Lichtzeichen mit Halbschranken und ggf. zusätzlichen Gehwegschranken: Es handelt sich hier in der Regel um reine Rationalisierungsmaßnahmen der Eisenbahn, die nicht unter § 3 EKrG fallen (Näheres siehe EBA-Handbuch a. a. O.). • Ersatz von Anrufschranken durch Lichtzeichen mit Halbschranken: Hier liegt grundsätzlich eine reine Rationalisierungsmaßnahme vor, da keine Verbesserung der Sicherheit am BÜ eintritt. Eine Maßnahme nach §§ 3, 13 EKrG liegt dann vor, wenn der Straßenverkehr derart zugenommen hat, dass aus Gründen der Verkehrsabwicklung die in Grundstellung geschlossenen Anrufschranken nicht mehr hinnehmbar sind und deshalb eine Änderung der BÜ-Sicherung erforderlich ist (Näheres siehe EBA-Handbuch a. a. O.). • Änderung bestehender Anrufschranken durch „Selbstbedienung“ : Diese seinerzeit von der DB entwickelte (und nach § 11 EBO mittels Ausnahme zugelassene) Maßnahme wird heute grundsätzlich nicht mehr eingebaut. Soweit diese Maßnahmen heute gleichwohl realisiert werden soll - etwa zur Auflösung noch vorhandener Lagerbestände -, handelt es sich grundsätzlich nicht um Maßnahmen nach §§ 3,13 EKrG (Näheres siehe EBA-Handbuch a. a. O.). • Anpassung der Sicherungsanlagen im Bereich der ehem. Deutschen Reichsbahn an die EBO : Hier handelt es sich grundsätzlich um Maßnahmen nach §§ 3, 13 EKrG, die für die Sicherheit des Verkehrs erforderlich sind (Weitere Unterfälle und Näheres siehe EBAHandbuch a. a. O.). Klaus-Dieter Wittenberg 11. März 2008 ... - 25 - Im Gegensatz zu den allgemeinen Baulastvorschriften, die dem Baulastträger einen weiten Entscheidungsspielraum zugestehen, sind die Kreuzungsbeteiligten zur Änderung auch verpflichtet, wenn und soweit es die Sicherheit oder Abwicklung des Verkehrs erfordert. Der Baulastträger ist danach grundsätzlich verpflichtet, die Verkehrsanlage durch bauliche Maßnahmen so zu gestalten, dass sie dem regelmäßigen Verkehrsbedürfnis genügt. Der Einwand mangelnder Leistungsfähigkeit ist den Baulastträgern abgeschnitten. Ist der Baulastträger aus finanziellen Gründen nicht in der Lage, Vorsorge dafür zu treffen, dass sich sämtliche Anlagen, für die er verantwortlich ist, jederzeit in einen vollkommen einwandfreien Zustand befinden, so darf er sich damit begnügen, durch Verkehrszeichen auf den die Verkehrssicherheit gefährdenden Zustand hinzuweisen (vgl. z. B. § 9 Abs. 1 Satz 2 NStrG).28 3. Erhaltungsmaßnahmen a) Grundsatz Die Anlagen an Kreuzungen, soweit sie Eisenbahnanlagen sind, hat der Eisenbahnunternehmer, soweit sie Straßenanlagen sind, der Träger der Straßenbaulast auf seine Kosten zu erhalten und bei Bahnübergängen auch in Betrieb zu halten, § 14 Abs. 1 Satz 1 EKrG. Die Erhaltung umfasst die laufende Unterhaltung und die Erneuerung, § 14 Abs. 1 Satz 2 EKrG. Zu den Eisenbahnanlagen gehören damit insbesondere • die Eisenbahnüberführungen und Schutzerdungsanlagen (§ 14 Abs. 3) • an Bahnübergängen das sowohl dem Eisenbahnverkehr als auch dem Straßenverkehr dienende Kreuzungsstück, begrenzt durch einen Abstand von 2,25 m von der äußeren Schiene und parallel zu ihr verlaufend, ferner die Schranken, Warnkreuze (Andreaskreuze) und Blinklichter sowie andere der Sicherung des sich kreuzenden Verkehrs dienende Eisenbahnzeichen und -einrichtungen (§ 14 Abs. 2 Nr. 1 EKrG). Zu den Straßenanlagen gehören • die Straßenüberführungen (§ 14 Abs. 3 EKrG) • an Bahnübergängen die Sichtflächen, die Warnzeichen und Merktafeln (Baken) sowie andere der Sicherung des sich kreuzenden Verkehrs dienende Straßenverkehrszeichen und -einrichtungen (§ 14 Abs. 2 Nr. 2 EKrG). Folge dieser Regelung ist u. a., dass die Freihaltung der Sichtflächen an BÜ dem Straßenbaulastträger obliegt, soweit das EKrG anwendbar ist. Kommt der Straßenbaulastträger dieser Verpflichtung nicht nach, so kann sich die Eisenbahn - aufgrund ihrer eigenen Sicherheitspflicht nach § 4 Abs. 1 AEG - nicht durch die Untätigkeit des Straßenbaulastträgers entlasten, da im Falle eines auf fehlende Sicht am BÜ zurückzuführenden Unfalls neben der verschuldensunabhängigen Haftung der Eisenbahn nach dem Haftpflichtgesetz auch eine solche wegen eigenen (Mit-) Verschuldens der Eisenbahn in Betracht kommt. 28 BVerwG, Urteil vom 14.04.1992 – 4 C 28.90 -, NVwZ-RR 1993, 286 (Leitsatz) Klaus-Dieter Wittenberg 11. März 2008 ... - 26 - b) Sonderproblem: Kommunale Straßenbrücken Nach der alten Regelung des § 19 Absatz 1 Satz 3 EKrG befanden sich bis zum Inkrafttreten des Eisenbahn-Neuordnungsgesetzes (ENeuOG) am 01.01.94 in den alten Bundesländern noch ca. 2.500 Straßenbrücken in der (Sonder-) Baulast der Eisenbahn. Die Erhaltungslast ging nach der alten Regelung erst auf den - an sich nach § 14 Abs. 3 EKrG zuständigen - Straßenbaulastträger (hier: Gemeinde/Kreis) über, wenn und soweit eine „wesentliche Änderung oder Ergänzung“ der Kreuzung durchgeführt wurde (§ 19 Absatz 1 Satz 3 in der bis zum 31.12.1993 geltenden Fassung). Zum 01.01.1994 (Inkrafttreten des ENeuOG) wurde § 19 neu gefasst, insbesondere entfiel die Regelung des § 19 Abs. 1 Satz 3 EKrG, so dass die Straßenbrücken kraft Gesetzes zum 01.01.1994 in die Baulast des Straßenbaulastträgers (Gemeinde) übergingen (§ 14 Abs. 3 EKrG). Diese Regelung gab Anlass zu Streitigkeiten zwischen den kommunalen Straßenbaulastträgern und der DB AG über die Frage, ob und in wie weit die DB (AG) für eine ordnungsgemäße Unterhaltung der Brücken einzustehen hat, wenn – wie von den Straßenbaulastträgern behauptet – wegen nicht ausreichender Instandhaltungsmaßnahmen der Bahn zusätzliche Kosten auf die Straßenbaulastträger zukommen. Unter dem Eindruck dieser Auseinandersetzungen hat der Gesetzgeber mit Gesetz vom 18.09.1998 (in Kraft getreten am 19.09.1998) § 19 EKrG um folgenden Absatz 3 ergänzt: „Soweit aufgrund von Artikel 6 Abs. 106 Nr. 4 des Eisenbahnneuordnungsgesetzes die Erhaltungslast für eine Straßenüberführung auf den Straßenbaulastträger übergegangen ist, hat der Eisenbahnunternehmer dafür einzustehen, dass er die Straßenüberführung in dem durch die Verkehrsbedeutung gebotenen Umfang ordnungsgemäß erhalten und den erforderlichen Grunderwerb durchgeführt hat. Als ordnungsgemäßer Erhaltungszustand gilt eine entsprechend seinen Vorschriften durchgeführte Unterhaltung der Straßenüberführung bis zum Zeitpunkt des gesetzlichen Übergangs der Baulast.“ Nach der Entschließung des Bundesrates zur Änderung des § 19 EKrG (vgl. BundesratsDrucksache 597/98 vom 10.07.98) liegt eine ordnungsgemäße Erhaltung dann vor, wenn folgende Kriterien erfüllt sind: Bauwerksprüfungen wurden vorschriftsgemäß durchgeführt; Schäden, die Einfluss auf die Verkehrssicherheit, Betriebssicherheit und Standsicherheit haben, wurden beseitigt; die Straßenüberführung ist, bezogen auf die ursprüngliche Brückenklasse, voll belastbar; die theoretische Restnutzungsdauer der Straßenüberführung kann durch die durchgeführten Unterhaltungsarbeiten erreicht werden. Ist die theoretische Nutzungsdauer annähernd erreicht oder überschritten, dürfen die Verkehrssicherheit, Betriebssicherheit und Standsicherheit weder gefährdet sein noch darf eine Gefahr unmittelbar drohen. Gegebenenfalls ist bei abgängigen Bauwerken eine Erhaltung durch Neubau notwendig. Während der Instandsetzungsarbeiten sind von der Deutschen Bahn AG die Streckensicherung, Betriebserschwernisse und Verkehrssicherungsmaßnahmen als Eigenleistungen zu tragen. Klaus-Dieter Wittenberg 11. März 2008 ... - 27 - Nach - etwas hiervon abweichender - Auffassung der Bundesregierung (vgl. Protokoll zur 728. Sitzung des Bundesrates am 10.07.1998, Seite 379 ff) sind die Brücken dann ordnungsgemäß erhalten, wenn folgende Kriterien erfüllt sind: 1. Bauwerksprüfungen gemäß den technischen Vorschriften DS 803 oder DIN 1076 wurden ordnungsgemäß durchgeführt. 2. Schäden, die Einfluss auf die Verkehrssicherheit, Betriebssicherheit und Standsicherheit haben, wurden termingerecht beseitigt. 3. Unterhaltungsarbeiten, Aufwendungen, die im wesentlichen notwendig sind, damit das Bauwerk bzw. seine Bauwerksteile die theoretische Nutzungsdauer erreichen können und nicht vorzeitig wegen Unterhaltungsrückständen erneuert oder ganz ersetzt werden müssen, wurden ausgeführt. Bei alten Bauwerken, die die theoretische Nutzungsdauer annähernd erreicht haben, ist ein ordnungsgemäßer Zustand so lange gegeben, bis Schäden die Verkehrs-, Betriebs- und/oder Standsicherheit gefährden. Dieser Fall darf nicht eintreten; die Schäden müssen vorher beseitigt werden. 4. Das Bauwerk muss im Regelfall, sofern keine anderslautenden Vereinbarungen mit den Kommunen bestehen, bezogen auf die ursprüngliche Brückenklasse, voll belastbar sein. Diese Definition umfasst zudem die Beseitigung von Erhaltungsrückständen zum Zeitpunkt des Baulastübergangs sowie folgende Eigenleistungen der Deutschen Bahn AG während der Instandhaltungsarbeiten: Streckensicherungen, Betriebserschwernisse und Verkehrssicherungsmaßnahmen. Damit hat die DB AG insbesondere dafür einzustehen, dass die übergegangenen Straßenbrücken zum 01.01.1994 voll belastbar waren, keine Schäden aufwiesen, die Einfluss auf die Verkehrs-, Betriebs- oder Standsicherheit haben und die theoretische Restnutzungsdauer der Straßenbrücke erreicht werden kann. c) Fortdauer der Erhaltungspflicht, § 14a Abs. 1 EKrG Für den Fall, dass eine Straße eingezogen oder der Betrieb einer Eisenbahn dauernd eingestellt wird, bleiben die schon bisher zur Erhaltung und Inbetriebhaltung verpflichteten Beteiligten weiterhin verpflichtet, die Kreuzungsanlagen zu unterhalten und in Betrieb zu halten. Die Anlagen sind jedoch nur noch in dem Umfange zu unterhalten und in Betrieb zu halten, wie es die Sicherheit und/oder Abwicklung des Verkehrs auf dem bleibenden Verkehrsweg erfordert (§ 14a Abs. 1 EKrG). Im Falle der Veräußerung einer Eisenbahnbrücke (im Rahmen der Veräußerung einer ganzen Strecke) an einen Dritten gehen die öffentlich-rechtlichen Verpflichtungen – sowohl diejenigen aufgrund des EKrG wie auch diejenigen aufgrund der bestehenden Kreuzungsvereinbarung – nur dann auf den Erwerber über, wenn der Kreuzungspartner (Straßenbaulastträger) zustimmt. Bei einer vertraglichen Regelung ohne Zustimmung des Kreuzungspartner (Straßenbaulastträgers) verbleibt die Verpflichtung zur ordnungsgemäßen Erhaltung des Kreuzungsbauwerks bei der DB AG.29 29 OVG Koblenz, Urteil vom 13.02.97 – 1 A 13249/95 - Seite 10 Klaus-Dieter Wittenberg 11. März 2008 ... - 28 - Im Falle der Veräußerung von Strecken sind daher stets die Kreuzungspartner zu beteiligen und deren Zustimmung zur Übertragung der öffentlich-rechtlichen Verpflichtungen auf den Erwerber einzuholen. 4. Beseitigungsmaßnahmen Wenn und soweit es die Sicherheit und/oder Abwicklung des Verkehrs auf dem bleibenden Verkehrsweg erfordert, kann die Beseitigung ehemaliger Kreuzungsanlagen verlangt werden, § 14a Abs. 2 EKrG. Die Kosten hierfür haben die Beteiligten jeweils zur Hälfte zu tragen, lediglich die Kosten für Maßnahmen, die darüber hinaus für den bleibenden Verkehrsweg zu treffen sind, hat der Baulastträger des bleibenden Verkehrswegs zu tragen, § 14a Abs. 2 Satz 2 und 3 EKrG. Soweit die Kreuzungsanlagen beseitigt sind, erlöschen die Verpflichtungen der weichenden Beteiligten, § 14a Abs. 3 EKrG. C. Duldungspflichten der Beteiligten Erfordert die Linienführung einer neu zu bauenden Straße oder Eisenbahn eine (neue) Kreuzung, so hat der andere Beteiligte die Kreuzungsanlage - entschädigungslos - zu dulden, wobei dessen verkehrliche und betriebliche Belange angemessen zu berücksichtigen sind, § 4 Abs. 1 EKrG. Das Gleiche gilt, soweit eine Kreuzungsanlage nach § 3 aus Gründen der Sicherheit oder Abwicklung des Verkehrs geändert werden muss, § 4 Abs. 2 EKrG. Ebenfalls hat der andere Kreuzungsbeteiligte eine Beseitigung nach § 14a EKrG zu dulden, soweit und sobald sie wegen der Sicherheit und Abwicklung des Verkehrs auf dem bleibenden Verkehrsweg erforderlich ist, § 14a Abs. 2 Satz 4 EKrG. Daraus folgt, dass der Bestand der Kreuzungsanlage im Zeitraum zwischen der Herstellung und ihrer Beseitigung von den Beteiligten zu dulden ist. D. Kostenermittlung 1. Kostenermittlung bei Herstellung bzw. Änderung einer Kreuzung Bei Maßnahmen nach den §§ 2, 3 EKrG (also Neubau oder Änderung) sind die Kosten nach der „Verordnung über die Kosten von Maßnahmen nach dem Eisenbahnkreuzungsgesetz (1. Eisenbahnkreuzungsverordnung - 1. EKrV)“ zu ermitteln, § 1 Abs. 1 der 1. EKrV. Danach umfasst die Kostenmasse die Aufwendungen für alle Maßnahmen an den sich kreuzenden Verkehrswegen, die unter Berücksichtigung der anerkannten Regeln der Technik notwendig sind, damit die Kreuzung den Anforderungen der Sicherheit und Abwicklung des Verkehrs genügt, § 1 Abs. 1 der 1. EKrV. Zur Kostenmasse gehören auch Aufwendungen für Klaus-Dieter Wittenberg 11. März 2008 ... - 29 - 1. diejenigen Maßnahmen, die zur Berücksichtigung der übersehbaren Verkehrsentwicklung auf den sich kreuzenden Verkehrswegen erforderlich sind, 2. diejenigen Maßnahmen, die infolge der Herstellung oder Änderung einer Kreuzung an Anlagen erforderlich werden, die nicht zu den sich kreuzenden Verkehrswegen der Beteiligten gehören (Folgekosten), 3. den Ersatz von Schäden, die bei der Durchführung einer Maßnahme den Beteiligten oder Dritten entstanden sind, es sei denn, dass die Schäden auf Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit eines Beteiligten oder seiner Bediensteten beruhen (§ 1 Abs. 2 der 1. EKrV), sowie 4. diejenigen Maßnahmen, die wegen der angemessenen Berücksichtigung der verkehrlichen und betrieblichen Belange des anderen Beteiligten anfallen, § 4 Abs. 1 und 2 EKrG. Wird eine Kreuzung durch Änderung der Linienführung des Verkehrsweges eines Beteiligten verlegt oder beseitigt, obwohl an der bisherigen Kreuzungsstelle eine Maßnahme nach § 3 EKrG mit geringeren Kosten verkehrsgerecht möglich wäre, so ist die Kostenmasse auf die Höhe dieser Kosten beschränkt, § 1 Abs. 3 der 1. EKrV. Wird zur verkehrlichen Entlastung eines BÜ ohne dessen Änderung eine Baumaßnahme nach § 3 Nr. 2 EKrG durchgeführt, durch die sich eine sonst notwendige Änderung des BÜ erübrigt, so gehören nur die Kosten zur Kostenmasse, die sich bei Vornahme der ersparten Änderung ergeben würden, § 13 Abs. 2 EKrG. Die Kostenmasse setzt sich gemäß § 2 der 1. EKrV zusammen aus den 1. Grunderwerbskosten (§ 3 der 1. EKrV) 2. Baukosten (§ 4 der 1. EKrV) 3. Verwaltungskosten (§ 5 der 1. EKrV) Zu den Grunderwerbskosten gehören demnach 1. alle Aufwendungen im Zusammenhang mit dem Erwerb von Grundstücken und Rechten, 2. Entschädigungen für die durch die Kreuzung bedingten Wertminderungen fremder Grundstücke jeweils unter Abzug des Erlöses aus der Veräußerung oder des Verkehrswertes der für die Kreuzung nicht oder nicht mehr benötigten Grundstücke, § 3 der 1. EKrV. Die Baukosten umfassen insbesondere (also nicht abschließend) die in § 4 der 1. EKrV genannten Positionen, wobei ein Beteiligter bei Erbringung von Eigenleistungen einen Zuschlag von 100 % bei Angestellten und 120 % bei Beamten in Ansatz bringen kann. Zusätzlich kann jeder Beteiligte eine Verwaltungskostenpauschale i.H.v. 10 % der von ihm aufgewandten Grunderwerbs- und Baukosten in Rechnung stellen, vgl. die - nicht abschließende - Aufzählung in § 5 der 1. EKrV. 2. Kostenermittlung bei Erhaltungsmaßnahmen (§§ 15, 11, 12 EKrG) Bei der Durchführung von Kreuzungsmaßnahmen sind die hierdurch anfallenden vermehrten oder verminderten Erhaltungskosten nur dann zu berechnen, wenn sie als Erhaltungs(mehr)kosten bzw. Vorteile dem anderen Kreuzungsbeteiligten abzulösen bzw. auszugleichen sind (§§ 15, 11, 12 EKrG). Klaus-Dieter Wittenberg 11. März 2008 ... - 30 - Die Berechnung erfolgt nach den Ablöserichtlinien des Bundes. Danach werden die Ablösungsbeträge im Allgemeinen aus der Differenz der kapitalisierten Erhaltungslast des ursprünglichen und des neuen bzw. geänderten Bauwerks ermittelt (X = Ea - En). 3. Kostenermittlung bei Beseitigung von Kreuzungsanlagen (§ 14a EKrG) Die 1. EKrV gilt gemäß § 16 EKrG und § 1 Abs. 1 der 1. EKrV nur für die Kostenermittlung bei Maßnahmen nach §§ 2, 3 EKrG. Es bestehen allerdings keine Bedenken, wenn aus Gründen der Praktikabilität auch im Falle des § 14a EKrG die (teilweise) Anwendung der 1. EKrV vereinbart wird. E. Kostentragung 1. Kostentragung bei Herstellung bzw. Änderung der Kreuzung a) Kostentragung bei Herstellung einer neuen Kreuzung (§ 11 EKrG) Die Kosten für die Herstellung einer neuen Kreuzung trägt derjenige Beteiligte, dessen Verkehrsweg neu hinzukommt (§ 11 Abs. 1 EKrG: Veranlassungsprinzip). Werden eine Eisenbahn und eine Straße gleichzeitig neu hergestellt, so haben die Beteiligten die Kosten je zur Hälfte zu tragen (§ 11 Abs. 2 EKrG: Äquivalenzprinzip). b) Kostentragung bei Maßnahmen nach § 3 EKrG an einer bestehenden Kreuzung aa) Maßnahmen an einem Bahnübergang (§ 13 EKrG) Wird an einem BÜ eine Maßnahme nach § 3 EKrG durchgeführt, so tragen die Beteiligten je ein Drittel der Kosten. Das letzte Drittel trägt bei Kreuzungen mit einem Schienenweg der DB AG der Bund, in allen sonstigen Fällen das Land (§ 13 EKrG). Wird an einem BÜ ohne dessen Änderung eine Entlastungsmaßnahme durchgeführt, durch die sich die sonst notwendige Änderung des BÜ erübrigt, so gehören zur teilungsfähigen Kostenmasse nur die Kosten, die sich bei Vornahme der ersparten Änderung ergeben würden. Die übrigen Kosten trägt derjenige Beteiligte alleine, an dessen Verkehrsweg die Baumaßnahme durchgeführt wird. bb) Maßnahmen an einer Überführung (§ 12 EKrG) Hier hat die Kosten derjenige Beteiligte zu tragen, der die Änderung verlangt oder sie im Falle einer Anordnung hätte verlangen müssen (§ 12 EKrG). Haben beide Beteiligte Änderungen verlangt oder verlangen müssen, so tragen sie die Gesamtkosten in dem Verhältnis, in dem die Kosten bei getrennter Durchführung der Änderung zueinander stehen würden. Ein Verlangen oder Verlangenmüssen i.S.v. § 12 EKrG liegt vor, wenn für das Verlangte oder das Verlangenmüssen die Voraussetzungen des § 3 EKrG erfüllt sind. Klaus-Dieter Wittenberg 11. März 2008 ... - 31 - Ein Verlangenmüssen des anderen Kreuzungsbeteiligten ist nach der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts – BVerwG -30 stets dann gegeben, wenn er bei eigener Durchführung der Maßnahme die Änderung seines Verkehrsweges zur ordnungsgemäßen Wahrnehmung seiner Baulast seinerseits, z.B. aus Gründen der Sicherheit (EBO, UVV, Gründe der Statik usw.) gemäß § 3 EKrG, hätte verlangen müssen. Dies bedeutet gemäß EBA-Handbuch jedoch nicht, dass etwa alle Vorgaben, die in den Richtlinien der DB AG enthalten sind, bereits ein „Verlangenmüssen“ auslösen. Beispiele (nach EBA-Handbuch. Stichwort „hätte verlangen müssen“) : • Der Straßenbaulastträger ändert eine vorhandene Straßenbrücke, der Abstand von Gleismitte bis Widerlager beträgt 3,00 m. Die DB AG kann einen Abstand von 3,50 m fordern, wenn es sich z.B. um eine stark befahrene Strecke handelt und spätere Arbeiten am Widerlager/Lager ohne Behinderung des Betriebs durchgeführt werden sollen. Die DB AG ist dann ebenfalls Verlangender, die Kosten werden nach § 12 Abs. 2 EKrG geteilt. Reicht der DB AG der Abstand von 3.00 m aus, weil es sich z.B. um eine mäßig befahrene Strecke handelt und für Arbeiten am Widerlager/Lager die Strecke jederzeit gesperrt werden kann, kann der Straßenbaulastträger kein „Verlangenmüssen“ ableiten. Der Straßenbaulastträger ist dann alleiniger Veranlasser und Kostenträger nach § 12 Abs. 1 EKrG. • Der Straßenbaulastträger ändert eine vorhandene Straßenbrücke, der Abstand von Gleismitte bis Widerlager beträgt 2,30 m. Hier wird ein „Verlangenmüssen“ ausgelöst, da nach EBO der Abstand von Gleismitte bis zum festen Gegenstand 2,50 m betragen muss. c) Weitere Kostentragungsgesichtspunkte Neben den Kostenteilungsvorschriften der §§ 11, 12 und 13 EKrG sind folgende Kostentragungsgesichtspunkte zu beachten: Maßnahmen, die aa) mit der übersehbaren Verkehrsentwicklung (§ 3 EKrG, § 1 Abs. 2 Nr.1 der 1. EKrV), bb) mit der Berücksichtigung der anerkannten Regeln der Technik (§ 1 Abs. 1 der 1. EKrV) oder cc) mit der angemessenen Berücksichtigung der verkehrlichen und betrieblichen Belange (§ 4 EKrG) begründet sind, müssen durchgeführt werden. Die hierdurch entstehenden Kosten gehören zur kreuzungsbedingten Kostenmasse und sind von den Beteiligten nach §§ 11, 12 oder 13 zu tragen. D.h. bei Maßnahmen nach • § 11 Abs. 1 EKrG sind die Kosten vom Baulastträger des neuen Verkehrswegs, 30 Urteil vom 28.02.75 - IV C 37.72 = BayVBl 76, 375 Klaus-Dieter Wittenberg 11. März 2008 ... - 32 - • § 11 Abs. 2 EKrG sind die Kosten von beiden Kreuzungsbeteiligten je zur Hälfte, • § 13 EKrG sind die Kosten von den Kreuzungsbeteiligten und vom Bund zu je einem Drittel zu tragen. Bei Maßnahmen nach § 3 EKrG mit der Rechtsfolge des § 12 EKrG stellen Forderungen, die mit der übersehbaren Verkehrsentwicklung, den anerkannten Regeln der Technik oder der Berücksichtigung der verkehrlichen und betrieblichen Belange begründet werden, ein Verlangen bzw. Verlangenmüssen i.S.d. § 12 EKrG dar. Die vorgenannten Begründungen haben keine eigenen kostenrechtlichen Auswirkungen. Die Kostentragung bei Maßnahmen nach § 3 EKrG an Überführungen wird ausschließlich durch § 12 EKrG geregelt. Die Begründungen stellen dabei nur das Motiv für ein Verlangen oder Verlangenmüssen und die Grundlage für die Verpflichtung zur Erfüllung dieser Verlangen dar. Kosten für Maßnahmen an bestehenden Kreuzungen, die nicht aus Gründen der Sicherheit oder Abwicklung des Verkehrs erforderlich werden (nicht kreuzungsbedingte Kosten): Kosten für eine Rationalisierungsmaßnahme hat derjenige zu tragen, der die Durchführung der Maßnahme fordert. Bei Maßnahmen, die als Nebeneffekt auch der Rationalisierung dienen, aber gleichzeitig die Voraussetzungen des § 3 EKrG erfüllen, ist grundsätzlich die im EKrG vorgesehene Kostentragung anzuwenden. Bei Maßnahmen, bei denen nur für einen Teil die Voraussetzungen des § 3 EKrG erfüllt sind, ist die Gesamtkostenmasse (mit Fiktiventwürfen oder dgl.) in kreuzungsbedingte und nicht kreuzungsbedingte Kosten aufzuteilen. Die kreuzungsbedingten Kosten sind nach dem EKrG (§§ 11, 12 und 13), die nicht kreuzungsbedingten Kosten von demjenigen zu tragen, der sie verursacht. Bei Maßnahmen an Überführungen, die ein Beteiligter nicht gemäß § 3 EKrG aus Gründen der Sicherheit oder Abwicklung des Verkehrs verlangt und auch nicht verlangen muss, aber gerne mit durchgeführt sähe, hat der Veranlasser die durch seinen „Wunsch“ evtl. entstehenden Mehrkosten als nicht kreuzungsbedingte Kosten zu tragen (diese Auffassung ist nicht unbestritten). Die Erfüllung eines Wunsches erfolgt auf freiwilliger Basis, § 4 EKrG (Duldungspflicht) kommt nicht zum Tragen. Jeder Wunsch ist - bevor er als solcher akzeptiert werden kann - daraufhin zu überprüfen, ob er nicht tatsächlich ein (förmliches) Verlangen oder ein Verlangenmüssen mit den sich daran knüpfenden Kostentragungsregeln auslöst, weil die Erfüllung des „Wunsches“ für den Wünschenden zumeist geringere Kosten verursacht als der Kostenanteil bei einem Verlangen nach § 12 Nr. 2 EKrG. Kostentragung beim Zusammentreffen von Erneuerungsmaßnahmen nach § 14 EKrG mit Änderungen nach §§ 3, 12 EKrG : Klaus-Dieter Wittenberg 11. März 2008 ... - 33 - Treffen die Erneuerung eines Überführungsbauwerkes und ein diese Maßnahme überholendes Verlangen des anderen Kreuzungsbeteiligten zusammen, so trägt der die Änderung verlangende Beteiligte die Änderungskosten gemäß § 12 Nr. 1 EKrG. Die Erneuerung durch den Träger der Erhaltungslast ist kein Verlangen i. S. v. § 12 EKrG. Sie findet regelmäßig im Vorteilsausgleich ihren Niederschlag. 2. Kostentragung bei Erhaltungsmaßnahmen (§§ 14, 15, 12 EKrG) Die Erhaltungskosten trägt derjenige Beteiligte, der nach § 14 die Erhaltungslast hat. Dabei ist zu beachten, dass die durch die Herstellung bzw. Veränderung der Kreuzung verursachten Erhaltungs(mehr)kosten und/oder Vorteile evtl. dem anderen Beteiligten zu erstatten bzw. abzulösen sind. Falls eine Ablösung der Erhaltungs(mehr)kosten bzw. der Vorteile geregelt ist, wird der Ablösebetrag mit Hilfe der Ablösungsrichtlinien des Bundes ermittelt. Im Einzelnen gilt Folgendes: Bei Herstellung einer Kreuzung hat a) im Falle des § 11 Abs. 1 EKrG derjenige Beteiligte, dessen Verkehrsweg neu hinzukommt, die hierdurch verursachten Erhaltungskosten (En) und Betriebskosten (B) dem anderen Beteiligten zu erstatten bzw. abzulösen (§ 15 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 EKrG), . x = En + B b) im Falle des § 11 Abs. 2 EKrG jeder Beteiligte seine Erhaltungs- und Betriebskosten ohne Ausgleich zu tragen (§ 15 Abs. 1 Satz 2 EKrG), x=0 Wird an einem BÜ eine Maßnahme nach § 3 EKrG durchgeführt, so hat jeder Beteiligte seine veränderten Erhaltungs- und Betriebskosten ohne Ausgleich zu tragen (§ 15 Abs. 3 EKrG). x=0 Wird an einer Überführung eine Maßnahme nach § 3 EKrG durchgeführt, so hat der Beteiligte, der nach § 12 EKrG eine Maßnahme verlangt oder sie im Falle einer Anordnung hätte verlangen müssen, dem anderen die hierdurch verursachten Erhaltungskosten zu erstatten bzw. abzulösen (§ 15 Abs. 2, Abs. 4 EKrG). Gleichzeitig sind aber auch die Vorteile, die dem anderen durch die Änderung erwachsen, auszugleichen (§ 12 EKrG). x = Ea - En En = Kapitalisierte Erhaltungslast des „neuen“ Bauwerks Ea = Kapitalisierte Erhaltungslast des „alten“ Bauwerks Klaus-Dieter Wittenberg 11. März 2008 ... - 34 - Wird eine Straße eingezogen oder der Betrieb der Eisenbahn dauernd eingestellt, so bleiben die schon bisher zur Erhaltung und Inbetriebhaltung Verpflichteten auch weiterhin (allerdings in dem oben genannten reduzierten Umfang) verpflichtet, die Kreuzungsanlagen zu unterhalten und in Betrieb zu halten. Die Verpflichtungen der DB AG aus § 14a EKrG (Unterhaltung, Beteiligung an den Beseitigungskosten) können außer durch Beseitigung der ehemaligen Kreuzungsanlagen oder durch die Ablösung der Unterhaltungs- und Beseitigungslast auch durch schuldbefreiende Übernahme dieser Verpflichtungen durch einen Dritten beendet werden. Die DB AG wird dabei von ihren öffentlich-rechtlichen Verpflichtungen (aufgrund § 14a EKrG wie auch aufgrund der evtl. bestehenden Kreuzungsvereinbarung) nur befreit, wenn der Kreuzungspartner (Straßenbaulastträger) dem Übergang dieser Verpflichtungen ausdrücklich zustimmt.31 3. Kostentragung bei Beseitigungsmaßnahmen (§ 14a EKrG) Wird eine Kreuzungsanlage beseitigt, weil es die Sicherheit oder Abwicklung des Verkehrs auf dem bleibenden Verkehrsweg erfordert, sind die hierfür anfallenden Kosten von den Beteiligten je zur Hälfte zu tragen (§ 14a Abs. 2 Satz 2 EKrG). Kosten für Maßnahmen, die über die Beseitigungsmaßnahmen hinaus für den bleibenden Verkehrsweg zu treffen sind (z.B. Verlegung der Trasse, Verbreiterung der Fahrbahn, verbesserter Unterbau etc.) sind vom Baulastträger des bleibenden Verkehrswegs zu tragen (§ 14a Abs. 2 Satz 3 EKrG). Kosten für i. S. des § 14a Abs. 2 Satz 1 EKrG nicht erforderliche Beseitigungsmaßnahmen, die jedoch im Zusammenhang mit einer erforderlichen Beseitigungsmaßnahme durchgeführt werden (z.B. Rückbau der Überwachungssignale, der Indusimagnete, der LfSignale, evtl. des Schrankenwärtergebäudes etc.) trägt derjenige, der die Durchführung der Maßnahme verlangt. Bei einer vorzeitigen Beseitigung hat der Beseitigende die Kosten selbst zu tragen, es sei denn, dass sich der andere Beteiligte freiwillig an der Kostentragung beteiligt. F. Vereinbarungen 1. Vereinbarungen nach §§ 2, 3 EKrG Über Art, Umfang und Durchführung der nach § 2 oder § 3 EKrG durchzuführenden Maßnahmen sowie über die Verteilung der Kosten sollen die Beteiligten eine Kreuzungsvereinbarung abschließen (§ 5 EKrG). Für den Bereich der DB Netz AG ist der Abschluss derartiger Vereinbarungen verbindlich geregelt. Bei einer Kostenbeteiligung des Bundes nach § 13 EKrG bedarf die Vereinbarung grundsätzlich der Genehmigung des Bundes. Als Grundlage für den Abschluss der Vereinbarungen sind Mustervereinbarungen zu verwenden. Abweichungen von den Mustervereinbarungen sind nur aus zwingenden, aktenkundig zu machenden Gründen zulässig. 31 OVG Koblenz, Urteil vom 13.02.97 – 1 A 13249/95 – siehe außerdem oben B.3.c) Klaus-Dieter Wittenberg 11. März 2008 ... - 35 - 2. Vereinbarungen außerhalb des EKrG Über Maßnahmen außerhalb des EKrG sind „freie Vereinbarungen“ abzuschließen. Werden Maßnahmen außerhalb des EKrG im untrennbaren Zusammenhang mit solchen nach dem EKrG durchgeführt, so sind die o. g. Mustervereinbarungen nach dem EKrG zu verwenden (nicht kreuzungsbedingte Kosten). 3. Vereinbarungen nach § 14a EKrG Bei Maßnahmen nach § 14a EKrG sind a) für die Ablösung der Unterhaltungs- und Beseitigungskosten und b) für die Beseitigung der Kreuzungsanlagen Vereinbarungen zu schließen. Ablösevereinbarungen sollten nur abgeschlossen werden, wenn ihr Abschluss wirtschaftlich sinnvoll ist. In der Ablösevereinbarung sollte im Allgemeinen nicht nur die Ablösung der bis zur Beseitigung anfallenden Unterhaltungskosten, sondern auch die Ablösung der Beseitigungslast mit geregelt werden. Durch die Ablösung soll erreicht werden, dass der Beteiligte von allen künftigen, ihm evtl. aus § 14a EKrG erwachsenden Verpflichtungen befreit ist. In der Beseitigungsvereinbarung sind zumindest Umfang und Durchführung der Beseitigungsmaßnahme, die Grundlage der Kostenermittlung und die Kostentragung zu regeln. G. Meinungsverschiedenheiten/Strittige Fragen 1. Kreuzungsrechtsverfahren Kommt bei Maßnahmen nach §§ 2, 3 EKrG keine Einigung über Art, Umfang, Duldungspflicht oder Kostentragung zustande, so kann jeder Beteiligte eine Anordnung im Kreuzungsrechtsverfahren beantragen (§ 6 EKrG). Für die DB Netz AG wird der Antrag auf Anstoß der jeweiligen Regionalbereiche in der Regel von der Rechtsabteilung gestellt. Falls zwischen den Beteiligten keine gütliche Einigung zustande kommt, erlässt das BMVBS eine Anordnung nach § 10 EKrG; hiergegen besteht die Möglichkeit der Anfechtung vor den Verwaltungsgerichten. 2. Verwaltungsgerichtsverfahren Streitigkeiten, die sich in Fragen der Erhaltung und bei Beseitigungsmaßnahmen i. S. v. § 14a EKrG ergeben, sind durch verwaltungsgerichtliche Klage zu klären. Außerdem ist es zulässig, etwa den Kostenanteil eines Kreuzungsbeteiligten bei Maßnahmen nach §§ 3, 13 EKrG im Wege der verwaltungsgerichtlichen Klage geltend zu machen. Zur Erhebung der verwaltungsgerichtlichen Klage ist es nicht erforderlich, dass vorher ein Kreuzungsrechtsverfahren nach § 6 EKrG durchgeführt wurde. Klaus-Dieter Wittenberg 11. März 2008 ... - 36 - Literatur • Wittenberg/Heinrichs/Mittmann/Mallikat, EBO, Kommentar, 5. Auflage 2006, Eurailpress • Marschall/Schweinsberg, Eisenbahnkreuzungsgesetz, Kommentar, 5. Auflage 2000, Heymanns Verlag, Köln/Berlin/Bonn/München • Heinze, Erläuterungen zum EKrG in: Kunz (Hrsg.), Eisenbahnrecht, Systematische Sammlung mit Erläuterungen der deutschen, europäischen und internationalen Vorschriften, Loseblattsammlung, NomosVerlag, Baden-Baden, Klaus-Dieter Wittenberg 11. März 2008 - 37 -