BS-P - Weiterbildung für Berufskraftfahrer (Modul 2, Sozialvorschriften)

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BS-P - Weiterbildung für Berufskraftfahrer (Modul 2, Sozialvorschriften)
kulke
R E C H T S A N WÄ LT E
Rechtsanwalt Marian Kulke
Sozialvorschriften
Lenk- und Ruhezeiten
Arbeitszeitgesetz
Kontrollen von Polizei und Behörden
Bußgeldvorschriften
N O TA R
Sozialvorschriften
Europäische Rechtsgrundlagen
EU-Verordnung (EG) 561/2006
Harmonisierung bestimmter Sozialvorschriften im
Straßenverkehr
EU-Richtlinie 2006/22/EG
Sozialvorschriften für Tätigkeiten im Straßenverkehr
(„Überwachungs- und Kontrollrichtlinie“)
AETR-Übereinkommen
Regelungen für grenzüberschreitenden Verkehr
(AETR-Vertragsstaaten: Alle EU- und EWR-Staaten, sowie Andorra, Polen, Aserbaidschan, Rumänien, Bosnien-Herzegowina, Russische Föderation, Bulgarien, Schweiz, Estland, Slowakische Republik, Jugoslawien, Slowenien, Kasachstan, Tschechische Republik, Kroatien, Turkmenistan, Lettland, Türkei, Litauen,
Ungarn, Mazedonien, Usbekistan, Moldawien, Weißrussland (Belarus))
Sozialvorschriften
Nationale Rechtsgrundlagen
Fahrpersonalgesetz (FPersG)
Ausführungsvorschriften zu den Verordnungen
(EG) 561/2006, (EWG) Nr. 3812/85, sowie AETR,
Bußgeldvorschriften
Fahrpersonalverordnung (FPersV)
Durchführungsverordnung zum FPersG, enthält
Begriffsbestimmungen, steckt Anwendungsbereiche ab und definiert Ordnungswidrigkeiten
FPersG-Bußgeldrichtlinie
Arbeitszeitgesetz
Arbeitszeitregelungen, Definitionen und Bußgeldvorschriften. Gilt nur für abhängig Beschäftigte!
Lenk- und Ruhezeiten
Ein Überblick (Anwendungsbereich)
Art. 2 Abs. 1 Verordnung (EG) 561/2006
Güterbeförderung mit Fahrzeugen, deren zulässige Höchstmasse einschließlich Anhänger oder Sattelanhänger 3,5 t übersteigen
Anwendung innerhalb EU/EWG und AETR-Staaten
Erweiterung durch FPersV
In Deutschland gilt Verordnung (EG) 561/2006 auch
für Fahrzeuge einer zGM von 2,8 t bis 3,5 t
Lenk- und Ruhezeiten
Begriffsbestimmungen - Art. 4 (EG) 561/2006
Fahrtunterbrechung
Ruhepause
tägliche Ruhezeit
wöchentliche Ruhezeit
Lenkzeit
Tageslenkzeit
Wochenlenkzeit
Lenk- und Ruhezeiten
Besonderheiten und Ausnahmen
Mehr-Fahrer-Betrieb
Notstandsregelung - Art. 12 Verordnung (EG) 561/2006
Ausnahmen bestimmter Fahrzeuge
- Linienverkehr mit Linienstrecke bis 50 km
- Fahrzeuge mit zulässiger Höchstgeschwindigkeit von 40 km/h
- spezielle Pannenhilfefahrzeuge (bis 100 km Umkreis)
- Fahrzeuge bis 7,5 t in der nichtgewerblichen Güterbeförderung
- § 18 FPersV (Behördenfahrzeuge, Fahrzeuge von Gartenbau-,
Forstwirtschaft und Landwirtschaftsunternehmen, Postdienstleister)
- Sylt, Föhr und Norderney
Lenk- und Ruhezeiten
Notstandsregelung Art. 12 VO (EG) 561/2006
Notstandsregelung Art. 12 VO (EG) 561/2006
- Verderb empfindlicher Ladung durch plötzlichen Stau wg. eines Unfalls
- Ausfall der Kühlung oder Heizung von Thermofahrzeugen
- Defekt, der zur Einhaltung fester Liefertermine dringend repariert
werden muß
- Parkplatzmangel
- extreme Wetterbedingungen
...
Voraussetzung ist
außergewöhnliche Situation, die unerwartet während der Fahrt eintritt.
Fahrer sieht sich mit außergewöhnlicher Schwierigkeit konfrontiert, die von seinem Willen
unabhängig, anscheinend unvermeidbar und selbst bei gebotener Sorgfalt unvorhersehbar ist.
Lenk- und Ruhezeiten
Notstandsregelung Art. 12 VO (EG) 561/2006
Behördliche oder gerichtliche Prüfung der Notstandssituation
- es werden sämtliche Umstände des Einzelfalles sorgfältig überprüft:
- frühere Aufzeichnungen über Lenkzeiten,
- um den üblichen Arbeitsrhythmus zu ermitteln,
- um auszuschließen, daß sich der Fahrer generell nicht an
Lenk- und Ruhezeiten hält.
Praxistip:
Bei Geltendmachung einer Notstandslage immer Aufzeichnungen über
die Lenk- und Ruhezeiten der letzten Wochen einsehen und prüfen, ob
schwerwiegende Verstöße vorliegen, die die Behörde nicht kennt.
Lenk- und Ruhezeiten
Notstandsregelung Art. 12 VO (EG) 561/2006
Notstandsregelung - Pflichten des Fahrers
Art. 12 Satz 2 VO (EG) 561/2006
- Grund für den Notstand ist auf dem Schaublatt des Kontrollgeräts,
einem Ausdruck aus dem Kontrollgerät oder im Arbeitszeitplan zu
vermerken.
- Bei Verstoß: Ordnungswidrigkeit nach § 8 a Abs. 2 Nr. 3 FPersG
Praxistip
Polizei/BAG behandeln Fehlen des Vermerks oft so, als habe es keine Notstandssituation gegeben!
Folge: Überschreitung der höchstzulässigen Tageslenkzeit oder die Nichteinhaltung der erforderlichen Tagesruhezeit oder Nichteinlegen einer Lenkzeitunterbrechung, obwohl lediglich eine OWi
wegen Nichtbeschriften bzw. unvollständiges oder unrichtes Beschriften der Schaublätter vorliegt!
Arbeitszeitgesetz
§ 21 a ArbZG
gilt unabhängig vom zulässigen Gesamtgewicht des Fahrzeugs für alle
abhängig beschäftigten Mitglieder des Fahrpersonals
Zentrale Vorschrift seit 2006 ist § 21 a ArbZG
- wöchentliche Arbeitszeit grds. 48 Stunden, maximal 60 Stunden
- Art. 6 Abs. 2 VO (EG) 561/2006: wöchentliche Lenkzeit 56 Stunden
Beachte:
Arbeitszeit nicht zwingend identisch mit der Lenkzeit!
Arbeitszeit umfaßt neben dem Fahren auch Wartezeiten beim Be- und
Entladen, Wartung des Fahrzeugs, sowie administrative Tätigkeiten
Bereitschaftszeiten sind keine Arbeitszeit, aber Fahrtunterbrechungen
sind keine Ruhezeiten
Kontrollen der Behörden
EU-Richtlinie 2006/22/EG
umgesetzt in deutsches Recht durch die Verkehrsblatt-Verlautbarung des
Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung v. 02.02.2007
Art. 2 Abs. 3 EU-RiLi 2006/22/EG (Kontrollen)
- ab 01.05.2006: 1 % der Arbeitstage von Fahrern
- ab 01.01.2008: 2 % der Arbeitstage von Fahrern
- ab 01.01.2010: 3 % der Arbeitstage von Fahrern
- ab 01.01.2012: 4 % der Arbeitstage von Fahrern
(wenn 90 % aller kontrollierten Fahrzeuge mit einem digitalen
Fahrtenschreiber ausgerüstet sind)
Mindestens 30 % aller überprüften Arbeitstage werden bei
Straßenkontrollen und mindestens 50 % bei Kontrollen auf dem
Betriebsgelände von Unternehmen geprüft!
Kontrollen der Behörden
EU-Richtlinie 2006/22/EG
Deutsche Besonderheit in der Verkehrsblatt-Verlautbarung ist das
Risikoeinstufungssystem!
Danach werden Unternehmen mit Sitz im Inland im Hinblick auf das Risiko
von Verstößen gegen die Verordnungen klassifiziert.
Je höher die Risikoeinstufung eines Unternehmens ausfällt, desto häufiger
und strenger hat eine Kontrolle stattzufinden!
Kontrollen der Behörden
Straßenkontrollen
nach Punkt 4 der Verkehrsblatt-Verlautbarung werden Straßenkontrollen
- an verschiedenen Orten,
- zu beliebigen Zeiten,
- in einem Teil des Straßennetzes (Straßen, Tankstellen und Autohöfe),
- der so groß ist, daß eine Umgehung der Kontrollposten schwierig ist
durchgeführt.
Wichtig:
Polizei/BAG ist angewiesen folgendes zu kontrollieren:
- tägliche/wöchentliche Lenkzeiten
- Fahrtzeitunterbrechungen
- Ruhepausen/Ruhezeiten
- Bescheinigungen (arbeitsfreie
- Geschwindigkeit der letzten 24h
Tage, etc.)
Kontrollen der Behörden
Straßenkontrollen (Verhalten gegenüber Polizei/BAG)
Welche Angaben soll/muß ich gegenüber der Polizei/BAG machen?
Welche Pflichten hat das Fahrpersonal?
Vorzulegen sind:
- Führerschein und Fahrzeugpapiere,
- Frachtpapiere, Lieferscheine
- ggf. Tachoscheibe
- Fahrerkarte
- Aufzeichnungen des laufenden Tages und der vorangegangenen 28
Kalendertage
- Bescheinigung des Arbeitgebers (arbeitsfreie Tage, § 20 FPersV),
handschriftliche Aufzeichnungen,
- ggf. Wiegescheine, ggf. Angaben zur Fahrtroute
Gibt der Fahrer die genannten Unterlagen nicht freiwillig heraus, kann
es zu einer Durchsuchung des Fahrzeugs und Beschlagnahme kommen!
Kontrollen der Behörden
Straßenkontrollen (Verhalten gegenüber Polizei/BAG)
Welche Angaben soll/muß ich gegenüber der Polizei/BAG machen?
Welche Pflichten hat das Fahrpersonal?
Ansonsten bei der Kontrolle keine Angaben und Ausführungen zum
Tatvorwurf!
Aufgabe der Polizei ist es, eine Ordnungswidrigkeit festzustellen.
Ihre Verantwortlichkeit und tatsächlichen Verstöße gegen Sozialvorschriften (und alle anderen Vorschriften) werden später geprüft!
Kontrollen der Behörden
Betriebskontrollen
Betriebskontrollen können stichprobenartig, aber auch aufgrund von im
Rahmen einer Straßenkontrolle festgestellten schweren Verstößen erfolgen!
Kontrollumfang ist größer als bei Straßenkontrollen:
- Einhaltung wöchentlicher Lenk- und Ruhezeiten
- Einhaltung der 14-tägigen Begrenzung der Lenkzeiten
Werden Verstöße offenbar, sollen die Behörden Nachforschungen anstellen,
ob eine Mitverantwortung anderer Beteiligter der Beförderungskette, wie
Verlader, Spediteure oder Subunternehmer vorliegt!
Pflichten des Unternehmers
Betriebskontrollen
Aufbewahrungspflichten (FPersG, FPersV, EU-Vorschriften)
Schaublätter, Ausdrucke, Daten aus digitalen Kontrollgeräten, sowie alle
Unterlagen aus Straßen- und Betriebskontrollen, Bescheinigung über
berücksichtigungsfreie Tage
Frist: 1 Jahr
(zu löschen bis zum 31.03. des Folgejahres)
Aufbewahrungspflichten (ArbZG, SGB IV)
insbesondere nach § 21 a Abs. 7 und 8 ArbZG
Frist: 2 Jahre
(zu löschen bis zum 31.03. des Folgejahres)
Pflichten des Unternehmers
Betriebskontrollen
Mitwirkungspflichten
Unternehmer sind grundsätzlich verpflichtet, der Behörde innerhalb einer gesetzten Frist Auskünfte zu erteilen und Unterlagen herauszugeben.
Praxistip 1:
Wenn das Aufforderungsschreiben der Behörde kommt, sofort alle vorhandenen Unterlagen prüfen, ob noch eine Aufbewahrungspflicht besteht!
Praxistip 2:
Niemand ist verpflichtet sich selbst zu belasten!
aber dann Durchsuchung der Betriebsräume möglich, deshalb sollte zunächst
Widerspruch eingelegt werden und über Rechtsanwalt Akteneinsicht beantragt
werden.
(Durchsuchung und Beschlagnahme nur zulässig, wenn Anfangsverdacht besteht)
Bußgeldvorschriften
Ein Überblick
Es gibt eine Vielzahl von möglichen Zuwiderhandlungen, deshalb hier nur
ein Überblick über die häufigsten Verstöße!
- Verstöße gegen Lenk-, Ruhezeiten und Lenkzeitunterbrechungen
- Verstöße gegen die Vorschriften von Arbeitszeitnachweisen
- Verstöße gegen Mitwirkungspflichten
Höchstgeldbußen:
Fahrer: 5.000,00 Euro
Unternehmer: 15.000,00 Euro
Bußgeldvorschriften
Verstöße gegen Lenk- und Ruhezeiten
Verstöße gegen Lenk-, Ruhezeiten und Lenkzeitunterbrechungen
Bußgeldvorschriften
Verstöße gegen Lenk- und Ruhezeiten
Verstöße gegen Lenk-, Ruhezeiten und Lenkzeitunterbrechungen
Bußgeldvorschriften
Verstöße gegen die Vorschriften von Arbeitszeitnachweisen
Verstöße gegen die Vorschriften von Arbeitszeitnachweisen
Bußgeldvorschriften
Verstöße gegen die Vorschriften von Arbeitszeitnachweisen
Verstöße gegen die Vorschriften von Arbeitszeitnachweisen
Bußgeldvorschriften
Verstöße gegen Mitwirkungspflichten
Verstöße gegen Mitwirkungspflichten
bezüglich Auskünfte und Herausgabe von Unterlagen
für Fahrer:
für Unternehmer:
Regelgeldbuße 250,00 Euro
Regelgeldbuße 750,00 Euro
Bußgeldvorschriften
Verantwortliche
Verstoß des Fahrers bedeutet nicht gleichzeitig auch Verstoß des
Unternehmers!
Trotzdem leiten einige Behörden sofort auch ein Verfahren gegen die Unternehmer ein (Aufsichtspflichtverletzung, Organisationsverschulden)
Unternehmer muß:
- Personal sorgfältig auswählen
- Personal aufklären, überwachen, Ermahnen, ggf. Sanktionen
- stichprobenartige Kontrollen
- kein Vorwurf an Unternehmer, wenn Fahrer tagelang unterwegs ist und er
erst später dessen Unterlagen bekommt
- häufig ergeben sich Verstöße aus konkreter Verkehrssituation
(Stau, Platzmangel, Verzögerung beim Be- und Entladen, Verweigerung der Annahme
verderblicher Güter. Hierfür ist der Unternehmer in aller Regel nicht verantwortlich)
Bußgeldvorschriften
Bußgeldrichtlinie
Bei Sozialvorschriften gilt eine Bußgeldrichtlinie, kein Bußgeldkatalog!
Konsequenz: Behörde muß jeden Einzelfall sorgfältig begründen und alle
objektiven und subjektiven Umstände ermitteln und berücksichtigen.
Regelsätze der Bußgeldrichtlinie gehen von vorsätzlicher Begehungsweise
aus!
Bußgeldvorschriften
Bußgeldrichtlinie und Konsequenzen
Ermäßigungen
- Qualität der Zuwiderhandlung (z. B. Umparken bei Nacht)
- Vorsatz/Fahrlässigkeit
- Wirtschaftliche Verhältnisse
- Einsicht des Betroffenen
Erhöhungen
- wiederholte Verstöße
- besondere wirtschaftliche Vorteile aus der Tat (Abschöpfung/Verfall)
Grundsätzlich keine Eintragung im Verkehrszentralregister („Flensburg“)
aber für Unternehmer ggf. Eintragung im Gewerbezentralregister!
Verjährung grundsätzlich zwei Jahre!
Konsequenzen
Was wird kontrolliert? Worauf kommt es an?
Bußgeldverfahren
ggf. mit gerichtlicher Verhandlung
Neue Entwicklung in jüngster Zeit bei Überladungen/Sozialvorschriften:
Verfall (§ 29 OWiG)
Abschöpfung des wirtschaftlichen Vorteils (§ 17 Abs. 4 OWiG)
Konsequenz: Bußgeldverfahren gegen den Fahrer wird regelmäßig eingestellt,
gegenüber dem Halter/dem Unternehmen wird der Gewinn abgeschöpft.
Rechtsschutzversicherung (RSV)
Sinn und Unsinn einer Rechtsschutzversicherung
RSV übernimmt die Kosten für:
- OWi-Verfahren (ohne Bußgeld)
- Rechtsanwalt
- Gerichtskosten/Sachverständigenkosten, etc.
Auf eine Verkehrsrechtsschutzversicherung
sollte keinesfalls verzichtet werden!
Denn:
Ein OWi-Verfahren versucht schnell Kosten zwischen 600,00 € und 800,00 €!
Ein Rechtsstreit wegen eines Unfalls kann bei unklarem Unfallhergang schnell über 5.000,00 €
kosten!
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